auf Ihre öffentliche Konsultation Finanzielle Eingliederung Ein Konto Für Jedermann vom (MARKT/H3/MI D(2009) nehmen wir wie folgt Stellung:
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- Berthold Keller
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1 Stellungnahme zum Konsultationspapier Ein Girokonto für Jedermann Sehr geehrte Damen und Herren, auf Ihre öffentliche Konsultation Finanzielle Eingliederung Ein Konto Für Jedermann vom (MARKT/H3/MI D(2009) nehmen wir wie folgt Stellung: Frage 1: Teilen Sie das globale Ziel der Kommission, dass jeder EU-Bürger bzw. EU- Gebietsansässiger ab einem bestimmten Datum Zugang zu einem regulären Bankkonto haben sollte? Wie können die Hauptherausforderungen zur Erreichung dieses Ziels aussehen? Antwort: Die Kontolosigkeit ist nicht nur Folge, sondern führt auch zu weiterer finanzieller und sozialer Ausgrenzung. Daher teilt das iff die Ansicht der Kommission, dass jeder EU-Bürger ein Konto haben sollte, über den der notwendige Zahlungsverkehr abgewickelt werden kann. Die Erfahrung aus Deutschland zeigt, dass eine bloße freiwillige Selbstverpflichtung der Anbieter keine Besserung der Lage bei der Kontolosigkeit bringt. Daher ist eine gesetzliche Regelung auf der Grundlage einer europäischen Regelung anzustreben. Die Bedeutung eines Girokontos in Deutschland Im Jahr 2003 tätigte in Deutschland jeder Einwohner durchschnittlich 163 unbare Transaktionen, d.h. Überweisungen, Lastschriften Kartenorder und Scheckzahlungen. Die privaten Haushalte wickeln ihre regelmäßigen Zahlungen nahezu ausschließlich über das Girokonto ab. Hierzu gehören die Zahlung der Miete, der Strom-, Wasser- und Telekommunikationsrechnungen und die Entgegennahme des Arbeitseinkommens. Auch soziale Transferleistungen werden ganz überwiegend über das Girokonto abgewickelt. Das Girokonto ist somit wie ein Personalausweis im Wirtschaftsverkehr und für die Integration auf dem Arbeitsmarkt unentbehrlich. Über diese Bedeutung des Girokontos besteht bei den beteiligten Gruppen weitgehende Einigkeit. Bereits 1995 sprach der Zentrale Kreditausschuss (ZKA), in dem die fünf Spitzenverbände der deutschen Kreditwirtschaft zusammengeschlossen sind, die Empfehlung aus, allen Bevölkerungsgruppen ein so genanntes Girokonto für Jedermann bereitzustellen. Zur Situation der Kontolosigkeit in Deutschland In Deutschland werden neben normalen Girokonten mit Überziehungsmöglichkeit auch Girokonten auf Guthabenbasis ohne Überziehungsmöglichkeit genutzt. Daneben nutzt ein Teil der Bevölkerung das Girokonto Dritter zum Teil für den eigenen Zahlungsverkehr. Einem Teil der Bevölkerung steht gar kein Girokonto zur Verfügung. Repräsentative Erhebungen zur Kontolosigkeit gibt es in Deutschland nicht. Dem iff liegen Zahlen zur Situation von Menschen in Schuldnerberatungsstellen in den Jahren vor. Ausgewertet wurden ca Haushalte, die in diesem Zeitraum in Deutschland die Hilfe einer Beratungsstelle in Anspruch nahmen. Im Ergebnis zeigt sich, dass trotz der Einführung des Kontos auf Guthabenbasis und der ZKA-Empfehlung der Anteil der Kontolosigkeit bei Menschen in Schuldnerberatungsstellen nicht verringert hat. Ziemlich konstant verfügen 1/5 der Ratsuchenden über kein eigenes Konto.
2 Die Selbstverpflichtung der Anbieter hat zwar zu einer Erhöhung der Zahl der Konten auf Guthabenbasis geführt (nach deren Angaben von 1,1 Mio gesamt im Jahr 1999 auf mehr als 2 Mio im Jahr 2007), dies erfolgte aber anscheinend zu Lasten der regulären Girokonten, wie obenstehende Grafik verdeutlicht. Rechnet man den Anteil der Kontolosigkeit bei Ratsuchenden auf die Anzahl der überschuldeten Haushalte hoch, ergibt sich je nach Schätzung eine Zahl von etwa bis Haushalten in Deutschland, die keinen Zugang zu einem Girokonto haben. Frage 2: Stimmen Sie der Darstellung der Ursachen und Folgen der finanziellen Ausgrenzung zu? Bringen Sie bitte weitere Informationen bei, falls vorhanden. Antwort: Eine Hauptursache der Kontolosigkeit in Deutschland ist nach Ansicht des iff die Kontokündigung durch den Anbieter wegen Pfändungen von Gläubigern. Pfändungen sind besonders häufig bei überschuldeten Haushalten anzutreffen. Überschuldung als ein Risiko der modernen Kreditgesellschaft führt damit häufig auch zur Kontolosigkeit. Als Hauptgrund von Kontokündigungen sehen die Verbraucherverbände wie auch die Bankwirtschaft die Kontopfändung. Nach Aussagen der Kreditwirtschaft und der AG SBV (Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatung der Verbände) wurden in ca. 60% der Fälle Konten wegen bestehender Kontenpfändungen gekündigt. Kontenpfändungen erfolgen zumeist bei überschuldeten Haushalten, deren Anzahl in Deutschland zwischen 1,8 Mio und 3,5 Mio geschätzt wird bei insgesamt etwa 39 Mio Haushalten. Die freiwillige Selbstverpflichtung zur Bereitstellung eines Kontos auf Guthabenbasis durch den Zentralen Kreditausschuss hat daran nichts geändert. Dort heißt es (Zitat): Das Kreditinstitut ist nicht verpflichtet, ein Girokonto für den Antragsteller zu führen, wenn dies unzumutbar ist. In diesem Fall darf die Bank auch ein bestehendes Konto kündigen. Unzumutbar ist die Eröffnung oder Fortführung einer Kontoverbindung insbesondere, wenn ( ) die bezweckte Nutzung des Kontos zur Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr nicht
3 gegeben ist, weil z.b. das Konto durch Handlungen vollstreckender Gläubiger blockiert ist oder ein Jahr lang umsatzlos geführt wird ( ). Wegen der bestehenden rechtlichen Regelungen kommt es bei Pfändungsversuchen durch Gläubiger zu einer faktischen Blockade des Girokontos und damit zur Kündigungsmöglichkeit. Hilfe könnte hier zum einen eine Änderung der Rechtslage schaffen, wie sie momentan in der deutschen Gesetzgebung vollzogen werden soll. Die geplante Einführung eines so genannten P-Kontos (Pfändungsschutzkonto) soll die Blockademöglichkeit durch Gläubiger verhindern und so indirekt auch die Kündigungsmöglichkeit der Banken einschränken. Daneben würden sich alle Massnahmen, die geeignet sind, die Überschuldung in Deutschland zu reduzieren, nach Ansicht des iff indirekt auch positiv auf die Kontolosigkeitsquote auswirken. Frage 3: Denken Sie, dass es möglich ist, das legitime Ziel eines Finanzdienstleisters, und zwar das Streben nach Profit, mit einer evtl. sozialen Verpflichtung gegenüber ausgegrenzten Gruppen zu verbinden? Sollten sich Finanzdienstleister stärker sozial in der Gesellschaft engagieren, insbesondere wenn es um die Bekämpfung der finanziellen Ausgrenzung geht? Die Möglichkeit, soziale Verantwortung und Profitstreben miteinander zu verbinden, ist nicht neu. Das Prinzip der Vertragsfreiheit wird bereits in verschiedenen Bereichen der Darseinsfürsorge in Deutschland zu Gunsten der Verbraucher durchbrochen: so unterliegen die Anbieter bei Strom, Wasser und Energie in Deutschland bereits jetzt unter bestimmten Voraussetzungen dem Kontrahierungszwang. Ähnliches ist bei der Bereitstellung eines Bankkontos auch vorstellbar. Die Bedeutung des Zugangs zum Bargeldlosen Zahlungsverkehr ist vergleichbar mit der Bedeutung von Wasser und Energie. Frage 4: Werden Ihrer Erfahrung nach freiwillige Verhaltenskodizies in den Fällen, in denen sie vorhanden sind, gut angewendet? In Deutschland hat die Empfehlung des ZKA nicht nachweisbar zu einer Reduzierung der Kontolosigkeit, zumindest bei den Menschen in Schuldnerberatungsstellen, geführt. Das Ziel der Empfehlung, Menschen mit einem Girokonto zu versorgen, wurde nicht erreicht. Statt dessen erhöhte sich die Verbreitung von Konten mit eingeschränkter Funktionalität. Frage 5: Sollten alle Dienstleister verpflichtet werden, allen Bürgern in der EU reguläre Bankkonten anzubieten? Es sollte keine starre Verpflichtung der Anbieter geben. Die Verpflichtung sollte einem Stufenplan, ähnlich dem amerikanischen Modell folgen. In einem ersten Schritt sollten die Anbieter verpflichtet werden die Ablehnungsgründe offenzulegen. Zudem sollte Überschuldung und seine Folgen als Ablehnungsgrund ausgeschlossen werden. Frage 6: Sollten diese Konten auf einer kommerziellen Basis oder auf einer Basis ohne Erwerbscharakter angeboten werden, d.h. kostenlos sein? Falls Sie letztere Option bevorzugen, würden Sie dann die Kosten tragen? Die Konten sollten auf einer kommerziellen Basis angeboten werden, da sie Dienstleistungen darstellen, die Geld kosten. Dabei sollte aber gewährleistet sein, dass die Lage der finanziell bereits Ausgegrenzten nicht zu Wucher führen kann. Hierfür sind unter Umständen klare (Preis-) Richtlinien notwendig. Die Kosten des Girokontos sollten für Bedürftige über staatliche Transferleistungen, ähnlich wie bei der Miete, übernommen werden. Frage 7: Könnte die Rolle der alternativen kommerziellen Anbieter und der Finanzdienstleister ohne Erwerbscharakter bei der Bekämpfung der finanziellen Ausgrenzung verstärkt werden? Was könnte getan werden, dass noch mehr derartige Dienstleister reguläre Bankkonten zur Verfügung stellen?
4 Durch die Stärkung alternativer Finanzdienstleister besteht die Gefahr der Nischenökonomie und der Ausgrenzung der Betroffenen. Konten sind keine Sozialleistung, sondern eine Wirtschaftsleistung. Daher sollte versucht werden, die Bevölkerung mit herkömmlichen Girokonten zu versorgen. Das System der Banken und der Regulierung ist einem alternativen, unkontrollierten System vorzuziehen. Frage 8: Sollten die Regulierungsbehörden gehalten sein, die Auswirkungen der Rechtsvorschriften auf die von der finanziellen Ausgrenzung bedrohten Gruppen mit zu berücksichtigen? Ja. Frage 9: Wie können sich die öffentlichen Behörden am Wirksamsten an der Bekämpfung der finanziellen Ausgrenzung beteiligen? (...) Die Städte und Gemeinden könnten ihre Bankkontakte und Verträge davon abhängig machen, inwieweit ein Anbieter die Bevölkerung beim Zugang zu Finanzdienstleistungen nicht diskriminiert. Sie könnten zudem ein Berichtssystem einführen, welches auch soziale Komponenten erfasst, ähnlich des CRA in den USA). Sie könnten zudem eine Blacklist veröffentlichen von Instituten, die durch Diskriminierung auffallen ( Naming, Blaming, Shaming ). Die öffentlichen Behörden könnten durch Bürgschaften für einen Kontoüberziehungskreditrahmen (Kleinkredite) die Ausbreitung des grauen Kapitalmarkts eindämmen. Frage 10: Sollte das Thema der finanziellen Eingliederung auf EU-Ebene behandelt werden? Wie könnten die Zuständigkeiten und die Kompetenzen zwischen der nationalen und der EU-Ebene aufgeteilt werden? Wie könnte/ sollte die Rolle der Kommission aussehen? Die Anti-Diskriminierungs-Richtlinie könnte sozial erweitert werden. Zudem empfielt sich die regelmäßige Berichterstattung über den Kontozugang. Frage 11: Was könnte die Kommission tun, um mögliche Schwierigkeiten bei der Grenzübergreifenden Eröffnung regulärer Bankkonten zu beheben? Grenzüberschreitende Konten sind nicht unbedingt sinnvoll. Girokonten sollten nah am Wohnort des Verbrauchers geführt werden, um die individuellen und regionalen Bedürfnisse und Besonderheiten abbilden zu können. Die EU sollte nicht Motor eines Mc Donald Kontos werden. Frage 12: Sollte der Begriff der finanziellen Eingliederung auch andere Finanzdienstleistungen als die Bereitstellung von Bankkonten umfassen? Ja, der Begriff der finanziellen Eingliederung sollte auch auf den Zugang zu Krediten ausgeweitet werden. Der zeitliche Transport von Arbeitseinkommen ist für die Investition in die eigenen Zukunft in der modernen arbeitsteiligen Gesellschaft insbesondere für sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen unerlässlich.
5 Mit freundlichen Grüßen Michael Knobloch Bank- und Kapitalmarktrecht Rechtsanwalt 040/ =================================== Institut für Finanzdienstleistungen e.v. (iff) Rödingsmarkt 31/33, Hamburg Vorstand: Prof. Dr. Marlis Dürkop-Leptihn Vereinsregister: Hamburg, VR-Nr Sincerely yours, Michael Knobloch Banking and Capital Markets Law Attorney at Law 0049/40/ =================================== iff institute for financial services reg. ass. (IFF) address: Rödingsmarkt 31/33, Hamburg management: Prof. Dr. Marlis Dürkop-Leptihn register of associations: Hamburg, VR-Nr
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