Welche Personen werden als neue Selbständige bezeichnet?
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- Franz Stein
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1 Welche Personen werden als neue Selbständige bezeichnet? z Werkvertragsnehmer; z Freie Dienstnehmer, die nicht der ASVG-Versicherungspflicht unterliegen (weil sie zb wesentliche eigene Betriebsmittel verwenden); z Unternehmensberater, Versicherungsmathematiker, Schiedsrichter im Schiedsgerichtsverfahren; z Bildberichterstatter, Journalisten, Dolmetscher, Übersetzer, Psychologen, Psychotherapeuten, Physiotherapeuten und Logopäden, wenn sie nicht als Dienstnehmer gem 4 Abs 1 Z 1 ASVG oder gem 4 Abs 4 ASVG pflichtversichert sind; z Einzelunternehmer ohne Gewerbeberechtigung (zb Gutachter, Vortragende, Pfuscher); z Buchautoren; z mittätige Gesellschafter von Gesellschaften ohne Gewerbeberechtigung; z unechte stille Gesellschafter, wenn sie a) am Verlust beteiligt sind und die Verlusthaftung nicht auf einen ziffernmäßig bestimmten oder wenigstens bestimmbaren Betrag eingeschränkt ist, b) Geschäftsführungsbefugnisse innehaben oder c) sonstige Dienstleistungen in die Gesellschaft einbringen; z Hausverwalter; z Aufsichtsratsmitglieder (VwGH , 2000/08/0068); z Gesellschafter einer KEG (VwGH , 2005/08/0066). Ab welchem Jahreseinkommen besteht für die neuen Selbständigen Versicherungspflicht? Die in 2 Abs 1 Z 4 GSVG erfassten Personen unterliegen nur dann der Versicherungspflicht, wenn ihr Einkommen aus dieser Erwerbstätigkeit eine bestimmte Grenze übersteigt (Ver sicherungspflichtgrenze). ). Bis 31. Dezember 2015 gab es zwei Versicherungspflichtgrenzen. Seit Jänner 2016 gibt es nur mehr eine Versicherungspflichtgrenze. Die Versicherungspflichtgrenze ist eine Jahresgrenze und beträgt im Jahr E 4.988,64 1. Welche neuen Selbständigen sind auf Grund ihres Alters von der Pensionsversicherungspflicht ausgenommen? Männer, die bis geboren wurden, und Frauen, die bis geboren wurden, sind von der Versicherungspflicht in der Pensionsversicherung ausgenommen ( 273 Abs 8 GSVG). Zum Verständnis: Diese Ausnahme gilt nur für die Pensionsversicherungspflicht, nicht für die Krankenversicherungspflicht. 1 das 12fache der ASVG-Geringfügigkeitsgrenze 275
2 SOZIALVERSICHERUNG I. Versicherungspflicht und Beitragsrecht Welche Erwerbstätigkeiten führen seit 1. Jänner 2000 nicht mehr zu einer ASVG-Versicherung, sondern zu einer GSVG-Versicherung? Die Versicherungszuständigkeit wurde für die meisten bis 31. Dezember 1999 gem 4 Abs 3 ASVG den Dienstnehmern gleichgestellten Personen, wie selbständige Krankenpfleger, Lehrer, Erzieher, Bergführer, zu Arbeitspartien zusammengefasste Markthelfer etc, geändert. Eine solche Tätigkeit bewirkt seit 1. Jänner 2000 nicht mehr die ASVG-Versiche rungspflicht sondern die GSVG-Versicherungspflicht als neue Selbständige gem 2 Abs 1 Z 4 GSVG. Für selbständige Musiker und Artisten gilt diese Änderung seit 1. Jänner e) Abgrenzung der Versicherungspflicht gem 4 Abs 2 ASVG, 4 Abs 4 ASVG, 2 Abs 1 Z 4 GSVG Ein echter oder ein freier Dienstvertrag ist ein Dauerschuldverhältnis, ein Werkvertrag ist ein Zielschuldverhältnis. Worin besteht die Verpflichtung bei einem Dienstvertrag und worin besteht die Verpflichtung bei einem Werkvertrag? Bei einem Dienstvertrag besteht eine Verpflichtung zur Erbringung gattungsmäßig umschriebener Dienstleistungen, die im Lauf der Zeit abgerufen werden. Bei einem Werkvertrag verpflichtet sich der Vertragspartner zur Erbringung eines Werkes, welches bei Vertragsabschluss konkretisiert ist (ausführlich dazu VwGH , 2005/08/0082). Bewirkt die Verwendung von wesentlichen eigenen Betriebsmitteln das Vorliegen eines Werkvertrags? Nein. Richtet sich die Vereinbarung auf die Erbringung fortlaufender Arbeitsleistungen und das Vertragsverhältnis endet nicht mit der Herstellung eines bestimmten Werks, liegt ein freier Dienstvertrag und kein Werkvertrag vor. Erfolgt die Arbeitsleistung unter Verwendung wesentlicher eigener Betriebsmittel, löst dieser freie Dienstvertrag aber nicht die Versicherungspflicht gem 4 Abs 4 ASVG sondern gem 2 Abs 1 Z 4 GSVG aus (VwGH , 2012/08/0163, ARD 6339/2/2013). Handelt es sich beim Ankauf einer gesamten Opernproduktion um Dienstverträge oder um einen Werkvertrag? Kauft ein Festspielveranstalter von einer ausländischen Produktionsfirma eine gesamte Opernproduktion in der Weise, dass gegen ein Pauschalentgelt das gesamte Ensemble zur Verfügung gestellt wird, wobei im Pauschalentgelt auch die Kosten für von der Produktionsfirma gestellte Requisiten, Möbel, Schuhwerk, Masken, Perücken und anderes enthalten sind, handelt es sich um einen echten Werkvertrag zwischen dem österreichischen Festspielveranstalter und der Produktionsfirma und nicht um eine Werkvertragsüberlassung, sodass die von der ausländischen Produktionsfirma zur Verfügung gestellten Künstler nicht Dienstnehmer des österreichischen Festspielveranstalters sind. Es wurde die gesamte Opernproduktion einschließlich der Regis- 276
3 seure und Produktionsleiter zugekauft. Die Künstler unterliegen nicht den Weisungen des Festspielveranstalters, sondern des Regisseurs (VwGH , 2007/08/0123, ARD 6204/8/2012). Wann unterliegt ein Unternehmensberater der ASVG-Versicherungspflicht? Liegt die Tätigkeit eines Versicherten in der Durchführung von qualifizierten Beratungstätigkeiten (Analyse des Pflegebedarfs, Verhandlungen mit den Landesregierungen über den Pflegebedarf, Zusammenarbeit mit den Gemeinden für den Bereich Pflege, Standortsuche, Erstellung des Budgets etc), würde sich die Ausübung eines vereinbarten generellen Vertretungsrechts nachteilig auf die Qualität der vom Versicherten zu leistenden Beratungstätigkeiten auswirken. Hat der Versicherte von der vereinbarten generellen Vertretungsbefugnis nicht Gebrauch gemacht und wurde außerdem auch ein sanktionsloses Ablehnungsrecht weder vereinbart noch jemals ausgeübt, so besteht aufgrund der persönlichen Arbeitspflicht Versicherungspflicht gem 2 Abs 1 Z 1 ASVG VwGH , 2013/08/0191, ARD 6403/12/2014). Kann es sich bei der Tätigkeit als Bauarbeiter um einen Werkvertrag handeln? Nein. Bei einem Werkvertrag wird ein gewährleistungstauglicher Erfolg geschuldet. Eine Leistung, die nicht bei Vertragsabschluss im Vorhinein eindeutig bestimmt, sondern erst später an Ort und Stelle festgelegt wird (Trockenbauarbeiten), ist kein Werk und kann keine Grundlage einer Gewährleistung sein. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Auch eine Gewerbeberechtigung des Arbeitnehmers ändert in diesem Fall nichts (VwGH , 2008/09/0292). Auch Personen, die sich mittels eines Werkvertrags zum Verspachteln von Gipskartonplatten verpflichten, eine fixe Arbeitszeit einhalten müssen, pro m 2 entlohnt werden, das Baumaterial vom Auftraggeber erhalten und eine Gewerbeberechtigungen für das Verspachteln von Gipskartonplatten besitzen, sind echte Dienstnehmer. Der Besitz einer solcher Gewerbeberechtigung dient oftmals der Verschleierung abhängiger Beschäftigungsverhältnisse, was ein Missbrauch der Gewerbeordnung ist (VwGH , 2010/08/0129, ARD 6206/7/2012). Unterliegen Aufsteller von Zeitungsständern der ASVG-Versicherungspflicht oder der GSVG-Versicherungspflicht? Das Aufstellen, Befüllen und Einsammeln der für den Zeitungsverkauf bestimmten Selbstbedienungstaschen löst auch dann die Versicherungspflicht gem 4 Abs 1 Z 1 ASVG aus, wenn die Beschäftigung aufgrund eines so genannten GSVG-Vertrags erfolgt und dem Beschäftigten ein generelles Vertretungsrecht vertraglich eingeräumt ist, er von dieser Befugnis aber niemals Gebrauch macht und er in die vom Dienstgeber bestimmte Ablauforganisation eingebunden ist (VwGH , 2013/08/0258, ARD 6437/13/2015). 277
4 SOZIALVERSICHERUNG I. Versicherungspflicht und Beitragsrecht Handelt es sich bei Durchführung von Schreibarbeiten zu Hause um einen freien Dienstvertrag oder um einen Werkvertrag? Besteht die vertragliche Verpflichtung darin, auf Abruf zu Hause Schreibarbeiten bis zu einem bestimmten Höchstausmaß pro Monat zu verrichten, wobei die Entlohnung nach der Zahl der geschriebenen Seiten erfolgt, so sind die zu erbringenden Leistungen nur gattungsmäßig umschrieben. Es wird dadurch die Versicherungspflicht gem 4 Abs 4 ASVG ausgelöst. Daran ändert sich auch nichts, wenn die Auftragnehmerin berechtigt ist, Aufträge abzulehnen (VwGH , 2001/08/0045). Der Verwaltungsgerichtshof führte dazu aus: 1. Beim Werkvertrag kommt es auf das Ergebnis der Arbeitsleistung an, das eine geschlossene Einheit darstellt und bereits im Vertrag konkretisiert wurde. Wurde die zu erbringende Leistung nicht schon im Vertrag selbst konkretisiert, liegt kein Werkvertrag vor. 2. Der Werkvertrag begründet ein Zielschuldverhältnis. Die Verpflichtung besteht darin, die genau umrissene Leistung zu erbringen. Mit der Erbringung der Leistung endet das Vertragsverhältnis. 3. Die Vertragspflicht beim freien Dienstvertrag umfasst Dienstleistungen, bei welchen die Einräumung eines Gestaltungsrechtes des Bestellers wesentlicher Bestandteil des Vertrages ist. Der Vertrag wird noch nach Vertragsabschluss, also bei der Vertragserfüllung, vom Auftraggeber durch Abruf der jeweiligen Einzelleistungen konkretisiert. Schuldet der Schriftleiter einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift ein Werk oder Dienstleistungen? z Umfasst die Tätigkeit des Herausgebers und Schriftleiters einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift ¾ die Beurteilung von eingereichten Manuskripten, ¾ fallweise auch die Kontaktaufnahme mit den Autoren zur fachlichen Diskussion, ¾ die Akquisition von Fachbeiträgen ¾ sowie die Möglichkeit, Fachaufsätze zu veröffentlichen und z erhält der Schriftleiter für die Lieferung des bereits fertigen Inhalts zwecks Veröffentlichung in der Fachzeitschrift einen fixen Betrag pro Werk, wird nicht die Herstellung eines abgeschlossenen Werkes, sondern die Erbringung von Dienstleistungen im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses geschuldet. Da eine Bindung an Weisungen hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und arbeitsbezogenes Verhalten fehlt, handelt es sich um einen die Versicherungspflicht gem 4 Abs 4 ASVG begründenden freien Dienstvertrag (VwGH , 2002/08/0204, ARD 5664/5/2006). Welche Vereinbarung steht einem Werkvertrag auf jeden Fall entgegen? Ein Konkurrenzverbot. Liegt ein Konkurrenzverbot vor, handelt es sich bei der Tätigkeit eines Journalisten mit einer eigenen betrieblichen Struktur, der nur für ange- 278
5 nommene Artikel entlohnt wird, um einen freien Dienstvertrag (VwGH , 2008/08/0034, WIKU 7/2010, Seite 10). Wodurch unterscheiden sich echter Dienstvertrag und freier Dienstvertrag? Beim echten Dienstvertrag (Versicherungspflicht gem 4 Abs 2 ASVG) liegt persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit vor, beim freien Dienstvertrag (Versicherungspflicht gem 4 Abs 4 ASVG) liegt nur wirtschaftliche Abhängigkeit, nicht aber persönliche Abhängigkeit vor. Die freie Zeiteinteilung eines Beschäftigten ist nicht das maßgebende Kriterium, ob ein abhängiges echtes Dienstverhältnis oder ein freies Dienstverhältnis vorliegt. Nur wenn dem Auftraggeber keinerlei Weisungs- und Kontrollrechte in Bezug auf Arbeitsabläufe zustehen, gilt das entscheidende arbeitsbezogene Verhalten als unabhängig (VwGH , 2001/08/0097). Für den OGH liegt ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal darin, wie sehr der Dienstnehmer in den Betrieb eingegliedert ist und wie weit für ihn die Möglichkeit besteht, den Ablauf der Arbeit selbständig zu regeln und jederzeit zu ändern. Bringt es der faktische Arbeitsablauf zwangsläufig mit sich, dass der Dienstnehmer in den Betrieb und in das Betriebsgeschehen fest integriert ist, ist ein freier Dienstvertrag gar nicht möglich (OGH , 9 Ob A 96/06t). Liegt keine organisatorische Eingliederung in den Betrieb vor, wird die Tätigkeit auch nicht durch Richtlinien bestimmt und besteht auch keine Kontrollmöglichkeit, welche die persönliche Bestimmungsfreiheit eines Vortragenden einschränkt, dann fehlt die persönliche Abhängigkeit und es liegt kein echter Dienstvertrag, sondern ein freier Dienstvertrag vor (VwGH , 2009/08/0123, PVP 12/2011 Seite 331). Wann führt die Erteilung von Weisungen dazu, dass ein echter Dienstvertrag vorliegt? Bei den Weisungen gibt es zwei Varianten: a) Weisungen in Bezug auf das Arbeitsverfahren. Die Judikatur bezeichnet diese Weisungen als sachliche Weisungen, die auch bei Werkverträgen oder freien Dienstverträgen vorkommen. b) Weisungen in Bezug auf das arbeitsbezogene Verhalten. Die Judikatur bezeichnet diese Weisungen als persönliche Weisungen Für das Vorliegen von persönlicher Abhängigkeit haben Weisungen in Bezug auf das Arbeitsverfahren und die Arbeitsergebnisse geringe Bedeutung, maßgebend sind Weisungen in Bezug auf das arbeitsbezogene Verhalten (VwGH , 2009/08/0123 (WIKU 14/2011 Seite 26) Welche Weisungen betreffen vorwiegend das arbeitsbezogene Verhalten? Typische Beispiele für Weisungen hinsichtlich des arbeitsbezogenen Verhaltens sind: z Einschulung in die Tätigkeit, z Einhaltung interner Vorgangsweisen und Hierarchien, 279
6 SOZIALVERSICHERUNG I. Versicherungspflicht und Beitragsrecht z Einhaltung von Dienstplänen, z Vorgabe des Einsatzortes, z Zuweisung der Arbeit nach den Bedürfnissen des Betriebes, z Art und Weise der Arbeitszeiterfassung, z Dokumentation des Arbeitsergebnisses bzw. bestehende Berichtspflicht. (NÖDIS 4/2010). Schließt ein jederzeitiges Ablehnungsrecht von Arbeitsleistungen die persönliche Abhängigkeit aus? Nein. Das jederzeitige Ablehnungsrecht führt nicht zur Sozialversicherungspflicht gem 4 Abs 4 ASVG. Ist ein Dienstnehmer aufgrund eines mit dem Dienstgeber abgeschlossenen Rahmendienstvertrages berechtigt, Arbeitsleistungen an einzelnen Arbeitstagen sank ti onslos abzulehnen, liegt kein durchgehendes sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vor. Die Sozialversicherungspflicht (als echter Dienstnehmer) besteht in diesem Fall nur an den tatsächlichen Beschäftigungstagen (VwGH , 2002/08/0216, ARD 5674/8/2006). Wie weit reicht die Bindungswirkung an ein rechtskräftiges Gerichtsurteil? Das kommt darauf an, worüber im gerichtlichen Verfahren als Hauptfrage entschieden wurde. Wurde in einem früheren arbeitsgerichtlichen Verfahren über das Dienstverhältnis nicht als Hauptfrage, sondern nur als Vorfrage entschieden (zur Feststellung eines bestimmten Entgeltanspruchs), tritt hinsichtlich der Versicherungspflicht (echter Dienstnehmer oder freier Dienstnehmer) keine Bindungswirkung ein (VwGH , 2005/08/0142). Kann neben einem echten Dienstvertrag zum selben Arbeitgeber auch ein freier Dienstvertrag bestehen? Sachverhalt: ein Innendienstmitarbeiter einer Versicherungsanstalt vermittelt auch Versicherungsverträge. Neben einem echten Dienstvertrag (versichert gem 4 Abs 1 Z 1 ASVG) ist ein freier Dienstvertrag (versichert gem 4 Abs 4 ASVG) zum selben Arbeitgeber nicht immer ausgeschlossen. Das setzt aber voraus, dass z keine zeitliche und inhaltliche Verschränkung vorliegt (die beiden Tätigkeiten völlig getrennt werden können) und z für den freien Dienstvertrag die Kriterien des 4 Abs 4 ASVG erfüllt sind (sich der freie Dienstnehmer zum Tätigwerden verpflichtet hat). Verwendet der Arbeitnehmer einen Teil seiner Dienstzeit mit Zustimmung seines Arbeitgebers für eine Tätigkeit, die vom selben Dienstgeber durch Zahlung von Provisionen zusätzlich honoriert wird, liegt eine zeitliche Verschränkung vor, welche 280
7 eine Trennung der Tätigkeiten in einen abhängigen Dienstvertrag und in einen freien Dienstvertrag ausschließt. Der Umstand, dass die zeitliche Verschränkung nicht die gesamte Vermittlungstätigkeit umfasst, ändert daran nichts (VwGH , 2004/08/0039 und VwGH , 2005/08/0132). Der Verwaltungsgerichtshof geht in fast allen diesbezüglichen Erkenntnissen von einem einheitlichen Dienstverhältnis aus. Dasselbe gilt für eine angestellte Friseurin, die im Friseursalon ihres Dienstgebers auch Seminare zwecks Vermittlung friseurtechnischer Fertigkeiten abhält (VwGH , 2013/08/0160, ARD 6416/17/2014). Welche Auswirkungen hat ein benötigter, aber nicht vorhandener Gewerbeschein auf die Versicherungspflicht? Keine. Ist ein Gewerbeschein für die selbstständige Ausübung einer Tätigkeit zwar notwendig, aber nicht vorhanden, kann keine Versicherungspflicht gem 2 Abs 1 Z 1 GSVG eintreten (kein Mitglied einer Wirtschaftskammer). Es wird daher das Vorliegen einer Versicherungspflicht gem 4 Abs 4 ASVG geprüft (VwGH , 2005/08/0082). Ist die Krankenkasse berechtigt, bei Beurteilung der Sozialversicherungspflicht von einer früheren Vorgangsweise abzuweichen? Ja. Auch wenn Werkverträge bei früheren Beitragsprüfungen unbeanstandet gelassen wurden, kann bei der nächsten Beitragsprüfung die Krankenkasse zu einem anderen Ergebnis kommen, da bei Beurteilung der Pflichtversicherung der Krankenkasse kein Vollzugsspielraum zukommt (VwGH , 2001/08/0053). Arbeitsmediziner Ein Arbeitsmediziner, f) Versicherungsgruppen-ABC z der die Durchführung arbeitsmedizinischer Begehungen gem 78 ASchG in einem bestimmten Gebiet im Umfang vorgegebener Jahresbegehungsstunden übernimmt, z für den der Ablauf der Arbeit klar vorgegeben ist, Weisungsgebundenheit und Berichtserstattungspflicht besteht, z der keine generelle Vertretungsberechtigung besitzt z und verpflichtet ist, sich einschulen zu lassen und jährlich an Qualitätssicherungsmaßnahmen im Ausmaß von 30 Stunden teilzunehmen, ist Dienstnehmer gem 4 Abs 1 Z 1 ASVG (VwGH , 2013/08/0121, ARD 6466/12/2015). 281
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