ERGEBNISPAPIER ZUM WORKSHOP 24 EEG UND SEINE FOLGEN FÜR DEN STROMMARKT VOM 10. MÄRZ 2016 IN BERLIN
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- Gertrud Morgenstern
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1 ERGEBNISPAPIER ZUM WORKSHOP 24 EEG UND SEINE FOLGEN FÜR DEN STROMMARKT VOM 10. MÄRZ 2016 IN BERLIN Berlin, 23. März 2016 Im Auftrag des Bundesverbandes WindEnergie e.v.
2 Inhalt Ziel der Veranstaltung... 3 Kernerkenntnisse des Workshops... 3 Hintergrund und Inhalte der Studien zu 24 EEG... 5 Kurze Geschichte der negativen Strompreise... 5 Kurze Geschichte des 24 EEG... 5 Kernergebnisse der Studien zu Auswirkungen des 24 EEG auf die Windenergie... 6 Rednerprotokoll... 7 Lenck (Energy Brainpool) (siehe Folien im Anhang)... 7 Klobasa (Fraunhofer ISI) (siehe Folien im Anhang)... 8 Credner (Clean Energy Sourcing) (siehe Folien im Anhang)... 8 Kluge (Bremer Landesbank) (siehe Folien im Anhang)... 9 Maurer (Consentec) (siehe Folien im Anhang) Podiumsdiskussion Offene Fragen/ ausstehende Analysen Agenda des Workshops vom 10. März 2016 von 13:00 bis 17:00 Uhr in Berlin 1) Funktion und Entwicklung negativer Preise im Strommarkt Thorsten Lenck, Energy Brainpool 2) Funktion und Entwicklung negativer Preise im Strommarkt" Dr. Marian Klobasa, Fraunhofer ISI 3) 24 im Praxis-Check Hartmut Kluge, Bremer Landesbank 4) Was tun mit 24? Dr. Christoph Maurer, Consentec 5) Diskussion (alle Referenten und Teilnehmer)
3 ZIEL DER VERANSTALTUNG Austausch zu den Auswirkungen des 24 EEG 2014/ 51 RefE EEG 2016 aus verschiedenen Blickwinkeln: Volkswirtschaftlich, aus Sicht der Finanzierer, im Direktvermarktungsbetrieb Möglichkeiten zur Reaktion auf den 24 EEG Kernproblem: Die Abschaffung des 24 EEG wird aufgrund der Vorgaben der EU Kommission und im Rahmen der UEBLL im Moment als nicht möglich angesehen. Aus diesem Grund müssen der Gesetzgeber wie die Marktakteure Strategien zum Umgang mit dem 24 EEG finden KERNERKENNTNISSE DES WORKSHOPS Der 24 EEG 2014 bzw. 51 Referentenentwurf des EEG 2016 (RefE EEG 2016) hat verschiedene negative Auswirkungen: Er erreicht insgesamt eine Verschlechterung der Stellung erneuerbarer Energien und erhöht Unsicherheiten im Markt. Mögliche Probleme umfassen: Kürzung der Vergütung für Anlagenbetreiber Investor-Unsicherheit und damit Erhöhung der Kosten für eine Finanzierung Ggf. Änderung der Vermarktungsstrategie betroffener Anlagen Unsicherheiten über Abschaltverhalten und über die Folgen für Markt und Netzstabilität Gefahr der Marktmanipulation durch Vermarktunsgsstrategien zur Vermeidung von 24 EEG induzierten Verlusten Widerspruch zum gesetzlichen Ziel einer Reduzierung von Treibhausgasen durch Nutzung erneuerbarer Energien, da die Stromerzeugung aus Erneuerbaren im Zuge von Strategien zur Vermeidung von -24-EEG-Ereignissen ggf. reduziert wird Ggf. zusätzlicher Zubau von Erneuerbare-Energie-Anlagen notwendig, um Erneuerbaren- Mengenziele zu erreichen (wenn eine Abschaltstrategie der Anlagen zur Vermeidung von -24- EEG-Verlusten angewandt wird) In der volkswirtschaftlichen Analyse ergeben sich Wohlfahrtsverluste durch die Verschiebung eines Teils der Konsumenten- zur Produzentenrente, sowie gleichzeitigem Verlust eines Teils der Renten (für eine detaillierte Erläuterung siehe Fraunhofer ISI (2015), Kapitel 4.1.), wenn eine Gebotsstrategie, wie in Fraunhofer ISI (2015), Kapitel 4.1. beschrieben, angewandt wird Steigende Anforderungen an die Aufrechterhaltung der Netzstabilität, wenn sich durch Handelsstrategien das Marktgeschehen vom Day-Ahead- in den Intradaymarkt verlagert Aufgrund der Komplexität des Problems Einführung von unkalkulierbaren Risiken Zahlreiche Unsicherheiten über das Auftreten negativer Preise, 6-Stunden-Perioden und vor allem über die Reaktion der Akteure erschweren eine Folgenabschätzung wissenschaftliche Untersuchungen kommen in den Analysen des Marktes bis 2040 je nach Annahmen über das Verhalten der betroffenen Anlagen zu differenzierten Ergebnissen. Die Erwartungen vergleichsweise geringer wirtschaftlicher Auswirkungen in der Studie des Konsortiums unter Leitung des Fraunhofer ISI beruhen insbesondere auf der Annahme streng rationalen Verhaltens der Marktteilnehmer. Ob sich die Marktteilnehmer tatsächlich streng rational verhalten werden, wurde im Workshop bezweifelt.
4 Das Verhalten der Direktvermarkter in der Vermarktung erneuerbarer Energien wird sich nach Meinung des Direktvermarkters Clens aus heutiger Sicht nicht ändern, da die Nachteile einer Abregelung von Anlagen zur Verlustreduzierung oder um eine -24-EEG-Situation zu verhindern überwiegen. Hier zu nennen sind kartellrechtliche Verstöße, Marktmanipulation und hohe Kosten durch die Handelsstrategie. Dagegen geht das Fraunhofer ISI in seiner Studie von einer Verhaltensänderung in Form von Geboten zu 0 EUR/MWh, in Perioden aus, die potenziell ein -24-EEG-Ereignis darstellen können. Dies würde zu einer Abschaltung eines Teils der Kapazitäten bei negativen Strompreisen führen. Strategien zur Vermeidung von 24 EEG erzeugen Free-Rider -Situationen (dt. Trittbrettfahrer- Problem), in denen eine Anlage nicht an einer kollektiven Abschaltung teilnimmt, um von den daraus resultierenden Marktkonditionen zu profitieren. Ein ähnliches Free-Rider -Problem erzeugt der Abschluss einer Versicherung gegen -24-EEG-Verluste. Sowohl Eigen- als auch Fremdkapitalgeber reagieren nicht mit einem Investitions-Stop in von 24 EEG betroffene Anlagen im Moment überwiegt eine pragmatische Herangehensweise, d. h. bspw. eine Vorbereitung auf eventuell nötige Änderungen in der Projektfinanzierung. Der 51 des RefE EEG 2016 sieht vor, den 24 EEG dahin gehend anzupassen, als dass sowohl die Auktionspreise der Day-Ahead-Auktion als auch die durchschnittlichen mengengewichteten Preise im Intradayhandel der jeweiligen Stunde für die Ermittlung einer Vergütungskürzung Erneuerbarer- Energie-Anlagen herangezogen werden. In der derzeitigen Formulierung im Referentenentwurf wird jedoch Spielraum gelassen, welche Börsenprodukte des Intraday-Handels in eine Betrachtung einbezogen werden (nur Stundenprodukte oder zusätzlich auch Viertelstundenprodukte). Werden sowohl Viertelstunden- als auch Stundenprodukte berücksichtig, sinkt die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines -24-EEG-Ereignisses stark. Als effizienteste Lösung wird die Streichung des 24 EEG (resp. 51 RefE EEG 2016) aus dem Gesetz gesehen. Alternativ wird eine Kompensation von Erlösausfällen durch den Gesetzgeber sowie eine Einführung konditionaler Gebot an der EPEX Spot vorgeschlagen jedoch sind auch diese mit Nachteilen wie einer Erhöhung des bürokratischen Aufwands bei der Erneuerbaren-Förderung und Marktverzerrung an der Strombörse verbunden. Die Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien (UEBLL), auf welchen der 24 EEG beruht, sind bis 2020 verbindlich. Im Rahmen der Weiterentwicklung der Richtlinien nach 2020 besteht eventuell die Chance einer Änderung der EU-Vorgaben und einer Abschaffung des 24 EEG. Eine Argumentation im Rahmen der politischen Arbeit der Akteure gegen den 24 EEG sollte sich nicht in den Nachteilen der Marktakteure (bspw. Vergütungsverluste, Vermarktungsrisiken) begründen, sondern auf volkswirtschaftliche Belange (bspw. Wohlfahrtsverlust) abzielen. Die Wohlfahrtsverluste im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung zu analysieren und zu quantifizieren steht noch aus. Die Flexibilisierung des Strommarktes kann das Auftreten von -24-EEG-Ereignissen reduzieren.
5 HINTERGRUND UND INHALTE DER STUDIEN ZU 24 EEG KURZE GESCHICHTE DER NEGATIVEN STROMPREISE Ursprünglich befand sich die Untergrenze für Gebote in der Day-Ahead Auktion der EPEX Spot bei 0 EUR/MWh. Marktteilnehmer konnten ihren Strom folglich nur zu positiven Preisen anbieten, sodass für die Akteure keine Möglichkeit bestand, unterhalb dieses Preisniveaus um eine Teilnahme am Markt zu konkurrieren. Ergab sich ein Schnittpunkt der Angebots- und Nachfragekurve bei 0 EUR/MWh, wurde durch die EPEX Spot eine Pro-rata-Zuteilung, d. h. anteilige Zuteilung, der Gebote vorgenommen, die zu einer ineffizienten Verteilung der Kapazitäten führte. Aus diesem Grund wurde die Gebotsuntergrenze im Jahr 2008 zunächst auf EUR/MWh, später auf -500 EUR/MWh herab gesetzt. Nach einer ersten Phase mit stark negativen Preisen, wurden die Marktteilnehmer für das Phänomen sensibilisiert und in 2010 und 2011 traten deutlich weniger solcher Situationen auf. Seit 2012 jedoch nehmen die negativen Preise aufgrund des fortschreitenden Ausbaus der erneuerbaren Energien in Kombination mit den bestehenden Inflexibilitäten im Stromsystem (technische Restriktionen der Kraftwerke ebenso wie operative und gesetzliche Rahmenbedingungen) sowohl im Day-Ahead Markt als auch Intraday wieder zu. KURZE GESCHICHTE DES 24 EEG Der 24 im EEG 2014 sieht vor, für Erneuerbare-Energie-Anlagen, die ab dem in Betrieb gehen, eine Reduzierung der Marktprämie auf null vorzunehmen, wenn die Stromerzeugung der Anlagen in einen Zeitraum fällt, in dem die Spotmarktpreise sechs oder mehr Stunden in Folge negative Werte aufweisen. Die Fortschreibung des 24, nun 51 im RefE EEG 2016, wird diese Regelung voraussichtlich um die Angabe spezifizieren, dass es sich um einen Zeitraum handeln muss, in dem sowohl Day-Ahead-Auktionspreise als auch die mengengewichteten Intraday-Preise in der entsprechenden Stunde negativ sind. Ausstehend ist die Klärung, welche Produkte des Intraday- Marktes mit in die Berechnung einfließen (Stunden- und Viertelstundenprodukte oder ausschließlich Stundenprodukte). In nachfolgender Tabelle ist dargestellt, wie häufig -24-EEG-Ereignisse bzw. wie häufig -51-RefE-EEG-Ereignisse in der Vergangenheit aufgetreten wären (Angabe in Stunden, die betroffen sind). * Kopplung von DA und einstündigen ID-Preisen, ** Kopplung von DA und viertelstündigen ID-Preisen Tabelle 1: Historische Betrachtung von -24-EEG- bzw. -51-RefE-EEG-Ereignissen, dargestellt ist die Anzahl an betroffenen Stunden, Quelle: Energy Brainpool Da der 24 EEG auf einer Vorgabe der EU-Kommission in Form der Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien (UEBLL) fußt, ist der Spielraum des deutschen Gesetzgebers hier stark eingeschränkt.
6 KERNERGEBNISSE DER STUDIEN ZU AUSWIRKUNGEN DES 24 EEG AUF DIE WINDENERGIE Energy Brainpool geht in einer Berechnung für den BWE und den Finanziererbeirat mit dem Fundamentalmodell Power2Sim von einer starken Zunahme von -24-EEG-Ereignissen bis 2040 aus. Jedoch ist die Entwicklung von vielfältigen Faktoren abhängig. Hier zu nennen sind bspw. der tatsächliche Ausbau erneuerbarer Energien, die Entwicklung und Flexibilisierung des konventionellen Kraftwerksparks sowie die Fähigkeit des Stromsystems insgesamt, Überschussstrommengen zu integrieren. In der Studie untersucht wurde zunächst ein konservatives Szenario mit heutiger Strommarktflexibilität, d.h. geringe Stromspeichermöglichkeiten sowie hohe Inflexibilität im Kraftwerksbetrieb. Weitere Szenarien, in denen die Flexibilität des Systems variiert wurde, zeigen einen Rückgang von -24-EEG-Ereignissen bei Zunahme der Flexibilität. Jedoch verliert eine durchschnittliche Anlage trotz hoher Flexibilität des Systems (Absenkung des Inflexibilitätssockels bis auf 5 Gigawatt in 2040) je nach Inbetriebnahmejahr (untersucht wurden Anlagen mit Inbetriebnahmejahr von 2016 bis 2020) rund 10 bis 15 Prozent der Einnahmen über die Nutzungsdauer. In der Studie von Energy Brainpool wird im Gegensatz zur Studie des Fraunhofer ISI davon ausgegangen, dass alle betroffenen Anlagen trotz 24 EEG den kompletten erzeugten Strom zum negativen Marktwert an der Börse anbieten. Eine Abschaltung der Anlagen findet bei negativen Preisen oberhalb des negativen Marktwertes folglich nicht statt. Die in der Studie dargestellten Verluste stellen die Summe der Vergütungen dar, die die Anlage aufgrund von 24 EEG in 6-Stunden- Intervallen nicht erhält. Dagegen sind die zusätzlichen Verluste durch den Verkauf zu negativen Strompreisen nicht berücksichtigt worden. Eine Abschaltstrategie zur Vermeidung von -24-EEG- Verlusten findet keine Anwendung. Energy Brainpool unterstellt folglich keinerlei strategisches Verhalten des Anlagenkollektivs, was unter den Gesichtspunkten der Marktmanipulation sowie der Free-Rider-Problematik (Anlage zieht einen Vorteil daraus, als einzige nicht an einer Abschaltung teilzunehmen und in der Folge zu positiven Preisen einspeisen zu können) realistisch erscheint. Regelung_EnergyBrainpool.pdf Ein Konsortium unter Leitung des Fraunhofer ISI hat ebenfalls eine Untersuchung zu den Auswirkungen vorgenommen. Die Herangehensweise der Studie unterscheidet sich grundsätzlich von der der Energy Brainpool-Studie, weshalb auch die Ergebnisse voneinander abweichen. Da zudem unterschiedliche Auswertungen vorgenommen wurden, ist ein direkter Vergleich der Studien nicht möglich. In der Studie wurde eine Residuallastuntersuchung über verschiedene Wetterjahre und ein unterschiedliches Maß an Inflexibilität im System vorgenommen, anhand derer die Bandbreite des Auftretens von -24-EEG-Ereignissen bestimmt wurde. In der Studie wird davon ausgegangen, dass die von 24 EEG betroffenen Anlagen in einer Situation, in der ein -24-EEG-Ereignis vermutet wird, ihre Strommengen zu 0 EUR/MWh in den Markt bieten. Diese Strategie führt zu einer Konkurrenz um die Teilnahme am Markt bei eben diesem Preis. Mittels Pro-rata Zuteilung der Mengen durch die Börse wird entschieden, welche Erzeuger einen Zuschlag erhalten. Ein Teil der Anlagen erhält in diesem Verfahren keinen Zuschlag, kann nicht am Markt teilnehmen und schaltet ab bzw. versucht alternativ die Mengen im Intraday-Markt zu veräußern. Eine -24-EEG-Situation kann durch diese Handelsstrategie vermieden werden, sodass die übrigen im Markt befindlichen Anlagen keine Verluste
7 realisieren. In diesem Rahmen führen die Untersuchungen zum Ergebnis, dass in 2035 mit einer verbleibenden Inflexibilität von 3 Gigawatt im Mittel lediglich 3 Prozent der Strommengen von 24 EEG betroffenen Anlagen aufgrund der beschriebenen Abschaltung nicht vergütet werden. Die Studie geht folglich von einem strategischen Verhalten des Anlagenkollektivs aus, welches zur Verlustminimierung des Kollektivs führt. Ob sich die Marktteilnehmer tatsächlich strategisch verhalten werden, wurde im Workshop kritisch hinterfragt ohne abschließende Klärung. blob=publicationfile&v=2 REDNERPROTOKOLL LENCK (ENERGY BRAINPOOL) (SIEHE FOLIEN IM ANHANG) Negative Preise entstehen aktuell nicht aufgrund eines Überschusses an erneuerbarem Strom, sondern aufgrund der Inflexibilität vor allem konventioneller Marktakteure (Regelleistungsverpflichtungen, technische Beschränkungen, operative Hemmnisse, Verpflichtungen in anderen Märkten, v. a. Wärme). Die Studie von Energy Brainpool zeigt bis zum Jahr 2040 eine starke Zunahme von negativen Preisen sowie -24-EEG-Ereignissen und damit einen Verlust von 10 bis 15 Prozent der Einnahmen über den Förderzeitraum für eine Windenergieanlage, die in den Jahren zwischen 2016 und 2020 in Betrieb geht. 51 RefE EEG 2016 nimmt Bezug zum Intraday-Markt, jedoch wurde noch nicht genau spezifiziert, welche Produkte in die Berechnung eingehen. Wird in 51 RefE EEG 2016 eine Kombination von Day- Ahead- und Intraday-Preisen (stündliche und viertelstündliche Produkte) umgesetzt, reduzieren sich nach einer ersten Abschätzung von Energy Brainpool die -24-EEG-Ereignisse zukünftig um den Faktor 1 bis 10. Bei weiterer Degression der anzulegenden Werte und ggf. steigenden Strompreisen wird der Betrag der Marktprämie kleiner. Daher können gerade für neuere Anlagen zukünftig vermehrt Situationen mit negativen Preise auftreten, die nicht mehr durch die Marktprämie der Anlage kompensiert werden können. Durch ein Abschalten der Anlage in diesen Situationen können die Kosten, die ansonsten durch den Verkauf von Strom zu negativen Preisen entstünden, reduziert werden. Zur Bewertung der Anlage unter Berücksichtigung solcher Situationen hat Energy Brainpool für Anlagen in der sonstigen Direktvermarktung oder außerhalb des EEG den Vermarktungswert entwickelt, der im Gegensatz zum üblicherweise verwendeten Marktwert diese Kosteneinsparungen durch das Abschalten berücksichtigt. Auch für Anlagen in der geförderten Direktvermarktung lohnt sich das Abschalten insgesamt, wenn die Kosteneinsparung unter Berücksichtigung der variablen Betriebskosten größer ist als die entgangene Marktprämienzahlung. Die Bewertungsmethodik mit dem Vermarktungswert kann daher auf Anlagen in der geförderten Direktvermarktung übertragen werden unter spezieller Berücksichtigung der -24-EEG-Situationen und der entgangenen Marktprämienerlöse bei Abschaltung. Da durch das Abschalten der Anlagen in der genannten Situation Kosten eingespart werden können, ist der Vermarktungswert höher als der bisher üblicherweise verwendete Marktwert - wie viel höher, bleibt zu untersuchen. Ob der Anlagenbetreiber oder der Direktvermarkter vom höheren Vermarktungswert profitiert, hängt von der Ausgestaltung der Direktvermarktungsverträge ab.
8 KLOBASA (FRAUNHOFER ISI) (SIEHE FOLIEN IM ANHANG) Eine historische Auswertung der Kombination von Day-Ahead- und stündlichen Intraday-Produkten ergibt eine Halbierung des Auftretens negativer Preise im Spotmarkt (dargestellt sind die Anzahl der Stunden, die im jeweiligen Markt negativ waren; die Anzahl Stunden mit zeitgleichem Auftreten in beiden Märkten in der letzten Zeile): Tabelle 2: Häufigkeit des Auftretens negativer Preise am Spotmarkt, Quelle: Fraunhofer ISI Von 24 EEG betroffene Anlagen werden ihr Verhalten anpassen, um -24-EEG-Ereignisse zu vermeiden. Die Anpassungsstrategien beruhen auf Preisprognosen und können deshalb zu Fehleinschätzungen führen: Die Anlagen passen ihre Vermarktungsstrategie an, obwohl kein -24-EEG-Ereignis vorliegt Die Anlagen können das -24-EEG-Ereignis nicht vorhersehen und müssen die Vergütungskürzung hinnehmen Dabei wird angenommen, dass Anlagen bei Prognose eines -24-EEG-Ereignisses ihre Erzeugungsmengen zu 0 EUR/MWh in die Day-Ahead-Auktion bieten, es zu einer Pro-rata-Zuteilung kommt und sie die dort nicht veräußerten Strommengen im Intraday-Markt verkaufen. Ein Nachteil ist der Anstieg der Vermarktungsrisiken bei einer Verschiebung von Mengen in den Intraday-Markt, da hier zumeist lediglich Restmengen zu teilweise deutlich volatileren Preisen als im Day-Ahead-Markt gehandelt werden. Regelmäßige Pro-rata-Zuteilung bei einem Schnittpunkt aus Angebot und Nachfrage bei 0 EUR/MWh im Day-Ahead Markt zeugt nicht von einem funktionierenden Markt (mit dieser Begründung wurde an der EPEX Spot die Möglichkeit geschaffen, negative Gebote abzugeben). CREDNER (CLEAN ENERGY SOURCING) (SIEHE FOLIEN IM ANHANG) 24 EEG aus Sicht der Direktvermarkter die Perspektive liegt eher im Heute, der zeitliche Fokus im Vergleich zu den Studien ist eher kurzfristig (kommende 3-5 Jahre). Mögliche Reaktionen in der Direktvermarktung, um ein -24-EEG-Ereignis (unter der Annahme einer Umsetzung des jetzigen 51 RefE EEG, d.h. der Einbeziehung der Stundenprodukte des Intraday- Marktes) zu umgehen, sind mit großen Risiken behaftet: Da eine Vermarktung Day-Ahead auf einer Prognose beruht und die Auktion zu einem Zeitpunkt für alle Stunden gleichzeitig stattfindet, ist eine Fehleinschätzung nach Abschluss der Day-Ahead- Auktion im Day-Ahead-Markt nicht mehr zu korrigieren Um einem -24-EEG-Ereignis nach der Vermarktung in der Day-Ahead-Auktion aktiv entgegen zu wirken, ist ein Abschalten der Anlage und Zurückkauf der am Day-Ahead Markt veräußerten
9 Mengen im Intraday-Markt möglich. Die zusätzliche Nachfrage im Intraday kann die Preise heben und einen Ausfall der Marktprämie für alle nicht abgeschalteten Anlagen durch Vermeiden des - 24-EEG-Ereignisses verhindern. Diese Strategie ist jedoch mit hohen Kosten verbunden: der Verkauf der Strommengen im Day- Ahead zu negativen Preisen sowie der Rückkauf der Mengen im Intraday führt zur doppelten Bezahlung für diese Strommengen Der Anlagenbetreiber müsste den Direktvermarkter in diesem Fall für die Aufwendungen entschädigen. Ob diese Strategie kartellrechtlich zulässig und zudem lohnenswert ist, ist fraglich. Aus heutiger Sicht hat der Direktvermarkter keinen Anreiz, bei -24-EEG-Ereignissen Anlagen abzuschalten. Eine Ausnahme stellen Stunden mit Preisen unterhalb des negativen Marktwertes dar. Direktvermarktungsverträge garantieren der Anlage den durchschnittlichen Marktwert des Stroms. Die Marktprämie erhält der Anlagenbetreiber vom Anschlussnetzbetreiber der Direktvermarkter ist also nicht in 24 EEG involviert. Entfällt die Marktprämie, erhält die Anlage noch immer den durchschnittlichen Marktwert vom Direktvermarkter, da auch in den -24-EEG-Stunden die Strommengen in die Berechnung des Marktwertes einfließen. Der Strom in den -24-EEG-Stunden wird also vom Direktvermarkter dennoch vergütet, die Vergütung in Summe jedoch (stark) reduziert. Schaltet ein Direktvermarkter eine Anlage ab, so muss nach heutiger Vertragslage die entgangene Marktprämie dem Anlagenbetreiber als Entschädigung gezahlt werden. Abschalten der Anlage lohnt sich für den Direktvermarkter also lediglich, wenn der Strompreis geringer als die negative Marktprämie ausfällt. Eine Abschaltung zur Vermeidung von -24-EEG-Ereignissen führt für den Direkvermarkter folglich zu Mehrkosten. Abgesprochene Abschaltungen zur Vermeidung einer -24-EEG-Situation sind aus rechtlicher Sicht (u. a. Marktmanipulation) äußert fragwürdig. Es ergibt sich folglich weder aus dem bisherigen 24 EEG noch aus der vorgesehenen Anpassung in 51 RefE EEG eine rationale Handlungsstrategie für Direktvermarkter. Zur Vermeidung von -24-EEG-Ereignissen ist die Flexibilisierung des Stromsystems notwendig, nicht ein durch den Direktvermarkter gesteuertes Abschalten. KLUGE (BREMER LANDESBANK) (SIEHE FOLIEN IM ANHANG) Der 24 EEG sorgt aus Sicht eines Finanzierers oder Investors einer betroffenen Erneuerbare-Energie- Anlage für Unsicherheiten: einerseits ist unklar, ob 24 EEG 2014 bzw. 51 RefE EEG 2016 über die gesamte Laufzeit der Anlage beibehalten wird; andererseits existieren verschiedene Meinungen zu den Folgen des 24 EEG. Wenn die Banken den 24 EEG als starkes Risiko einstuften, würde sich dies in Risikoaufschlägen bemerkbar machen. Bisher ist dies jedoch nicht oder nur in geringem Umfang zu beobachten. Einige Banken führen hingegen Szenarioanalysen durch und prüfen Sensitivitäten, um die Unsicherheiten abzustecken. Zudem können Anpassungen in der Amortisationsstruktur der Projektfinanzierung erfolgen.
10 Im Zuge der Finanzierung eines Projekts wirkt sich der 24 EEG auf den Kapitaldienstdeckungsgrad (Debt Service Coverage Ratio, DSCR) und die Eigenkapitalrendite aus beide sinken je nach Szenario unterschiedlich stark. Banken führen Regelungen in Kreditverträge ein, um bei absehbarer Veränderung der Erlösstruktur durch 24 EEG rechtzeitig reagieren und Verhandlungen über die Anpassung der Finanzierungsbedingungen vornehmen zu können je eher eine Anpassung erfolgt, desto mehr Spielraum bleibt. Eine steilere ADSCR-Kurve (Annual Debt Service Coverage Ratio) in der Finanzierungsstruktur, d. h. höhere Tilgung am Anfang und größere Kapitaldienstüberdeckung in der zweiten Finanzierungsdekade scheinen sich als Vorsorge durchzusetzen. Die Projektfinanzierung generell wird nicht durch 24 EEG in Frage gestellt Banken und Finanzierer richten sich vielmehr auf die potenziellen Folgen des 24 EEG ein. MAURER (CONSENTEC) (SIEHE FOLIEN IM ANHANG) Die in den Jahren 2016 und 2017 errichteten Anlagen sind den Auswirkungen des 24 EEG ohne wirtschaftliche Anpassungsmöglichkeiten ausgesetzt, da sie eine vorgegebene Marktprämie erhalten und nicht in Ausschreibungen ihren Preis inkl. kalkulierter Verluste erzielen können (Anmerkung: ggf. sind auch im Zuge der Ausschreibungen keine Risikoanpassungen durchzusetzen, wenn der Konkurrenzdruck entsprechend hoch ausfällt) Volkswirtschaftliche Dimension des 24 EEG: Die EU Kommission scheint negative Preise im Strommarkt als Zeichen für eine Stromschwemme zu halten, ähnlich wie Butterberge und Milchseen, und möchte sie deshalb vermeiden. Erneuerbare Energien im Strommarkt sind explizit gewünscht um die Erneuerbaren-Ziele zu erreichen einer grünen Kilowattstunde wird ein höherer Wert beigemessen, als einer grauen dies wird jedoch preislich nicht sichtbar. Durch 24 EEG wird die falsche Technologie benachteiligt. Erfolgt eine Abregelung von Erneuerbare-Energie-Anlagen im Zuge des 24 EEG, so ist zur Erreichung des Grünstrom-Mengenziels eine zusätzliche Produktion zu anderer Zeit nötig dies ist nicht nur ineffizient, sondern sorgt auch für eine Schlechterstellung aller konventionellen Marktteilnehmer, da durch mehr Erneuerbare der Strompreis im Durchschnitt gesenkt wird. Die Marktakteure bieten ihre erneuerbaren Mengen bei Prognose eines -24-EEG-Ereignisses zu 0 EUR/MWh an. Wenn das Kollektiv der betroffenen Anlagen groß genug ist, und sich ein Schnittpunkt von Angebot und Nachfrage durch eine pro-rata-zuteilung beim Preis von 0 EUR/MWh bildet, kommt es in der volkswirtschaftlichen Analyse zu einer Umverteilung von Konsumenten- zu Produzentenrente, was mit einem Wohlfahrtsverlust einhergeht. Eine Handelsstrategie, die zu einer Verlagerung von Geboten aus dem Day-Ahead- in den Intraday-Markt führt, hat einen systematischen Preisunterschied zwischen beiden zur Folge. Dieser beruht jedoch nicht auf fundamentalen Unterschieden zwischen den Märkten wie bspw. neue Wetterinformationen, ungeplante Kraftwerksaufälle, Nachfrageänderungen, etc. Strategisches Handeln zwischen beiden Märkten führt damit zu einer Marktverzerrung. Dies ist vor allem für den
11 Day-Ahead-Preis kritisch, da dieser als Referenz für den Terminmarkt, das Market-Coupling und die daraus resultierenden Fahrpläne von den ÜNB zum Netzbetrieb usw. genutzt wird Handlungsoptionen: Die vier Probleme des 24 EEG (Wohlfahrtsverlust, Erlöseinbußen, Bewirtschaftungsrisiko und ineffizientes Preissignal) können nur durch die Abschaffung des 24 EEG gelöst werden. Als zweitbeste Lösung wird eine Kompensation für nicht eingespeiste Mengen eingeschätzt, die einhergeht mit der Einführung konditionaler Gebote an der EPEX Spot (kein Stromverkauf, wenn ein -24-EEG-Ereignis eintritt, Verkauf wenn nicht). Als drittbeste Lösung wird eine Kompensation für ein bestimmtes Mengenkontingent in Kombination mit der Einführung konditionaler Gebote vorgeschlagen. Eine Änderung der Referenzbasis für 24 EEG (statt Day-Ahead ausschließlich Betrachtung des Intraday-Marktes) sorgt für eine bessere Abschätzung von -24-EEG-Ereignissen, die über die Tagesgrenzen hinweg auftreten im Day-Ahead werden diese erst in der Folgeauktion sichtbar. PODIUMSDISKUSSION Explizite Versicherung gegen den 24 EEG durch den Direktvermarkter ist nicht vorstellbar, da ein Direktvermarkter kein Versicherungsunternehmen ist. Maximal vorstellbar ist ein Versprechen über die Auszahlung der Marktprämie auch in -24-EEG-Stunden dies ist jedoch mit hohem eigenen Risiko verbunden. Externe Versicherer könnten nur über kurze Zeiträume Versicherungen anbieten, eine Versicherung über die gesamte Anlagenlebenszeit ist mit unkalkulierbarem Risiko behaftet. Eine Versicherung ergibt zudem nur Sinn, wenn die drohenden Ausfälle kritische Höhen erreichen Vergleich mit Wetterderivaten, die heute auch nicht im Übermaß zum Einsatz kommen. Das Problem des 24 EEG befindet im Moment nur auf Anlagenseite, nicht auf Seite des Direktvermarkters. Trotzdem sind allein die Direktvermarkter in der Lage, auf -24-EEG-Ereignisse zu reagieren. Negative Preise sind ein Signal von Inflexibilität sie sollten dem Markt als Signal erhalten bleiben, um so Investitionen in Flexibilität anzuregen. Wird durch den -24-EEG eine Motivation geschaffen, Erneuerbare-Energie-Anlagen abzuschalten und negative Preise zu vermeiden, wirkt dies einer Flexibilisierung des Systems entgegen. Eine Kompensation von -24-EEG-Ausfällen, die so gestaltet ist, dass sie die Anlage im Falle der Abschaltung in -24-EEG-Situationen kompensiert, würde hier zusätzlich die Flexibilisierung des Stromsystems behindern. Eine Abschaltung von Anlagen in -24-EEG-Fällen kann zudem nicht nur aus Markt- sondern auch aus Netzsicht Probleme nach sich ziehen je nach Umfang und Reaktion der betroffenen Anlagen. Politischer Arbeitsprozess aktuell: 51 RefE EEG muss noch juristisch u. a. bezüglich seiner Vereinbarkeit mit EU-Recht geprüft werden und befindet sich im Gesetzgebungsprozess (Artikel 9 Strommarktgesetz)
12 OFFENE FRAGEN/ AUSSTEHENDE ANALYSEN Wie oft kommen -24-EEG-Situationen in Zukunft vor und welche Handelsprodukte/ Indizes aus dem Intraday-Markt sollten in die Feststellung des Vorliegens einer -51-RefE EEG- Situation einfließen? Welcher Akteur wird sich nach welchen Rationalitäten verhalten? Gibt es Unterschiede in der Betroffenheit windstarker und windschwacher Windparks? Untersuchung der rechtlichen Aspekte einer Änderung der Vermarktungsstrategie zur Vermeidung eines -24-EEG-Ereignisses, insbesondere hinsichtlich Kartellrecht und Recht gegen Wettbewerbsbeschränkung (GWB)
13 ÜBER ENERGY BRAINPOOL Energy Brainpool ist der unabhängige Marktspezialist für die Energiebranche mit Fokus auf den Strom- und Energiehandel in Europa. Unsere Expertise umfasst die Analyse, Prognose und Fundamentalmodellierung der Strompreise, individuelle Beratungsangebote und Studien sowie Experten-Schulungen und Trainings für die Energiebranche. Energy Brainpool verbindet Wissen und Kompetenz mit Praxiserfahrung im Bereich der regelbaren und fluktuierenden erneuerbaren Energien. Energy Brainpool GmbH & Co. KG Brandenburgische Straße 86/ Berlin Tel.: Fax: Autorin: Marie-Louise Heddrich Consultant Tel.: marie.heddrich@energybrainpool.com Projektleiter: Thorsten Lenck Senior Manager Tel.: thorsten.lenck@energybrainpool.com Energy Brainpool GmbH & Co. KG, Berlin Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne die Zustimmung des Herausgebers unzulässig und strafbar. Das gilt vor allem für Vervielfältigungen in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrokopie oder ein anderes Verfahren), Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Inhalte findet eine Haftung ohne Rücksicht auf die Rechtsnatur des Anspruchs nicht statt. Sämtliche Entscheidungen, die auf Grund der bereitgestellten Informationen durch den Leser getroffen werden, fallen in seinen Verantwortungsbereich.
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