Universität Hannover Grundlagen zur Betriebswirtschaftlichen. Verkehr- und Substanzsteuern Sommersemester 2011

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1 Universität Hannover Grundlagen zur Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre II: Verkehr- und Substanzsteuern StB Dipl.-Ök. Thorsten Vree

2 Agenda der 5. Veranstaltung Innergemeinschaftlicher Warenverkehr Innergemeinschaftlicher Erwerb Innergemeinschaftliche Lieferungen Versandhandel Innergemeinschaftliche/r Erwerb/Lieferung neuer Fahrzeuge Innergemeinschaftliches Verbringen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer Zusammenfassende Meldungen Fiskalvertretung Seite 2

3 Innergemeinschaftlicher Warenverkehr Bestimmungslandprinzip - Gewerbliche Abnehmer - Besteuerung nach dem Recht des Bestimmungslandes Ursprungslandprinzip - Private Verbraucher - Grds. Besteuerung nach dem Recht des Ursprungslandes - Ausnahmen bei Erwerb neuer Fahrzeuge und Versandhandel Seite 3

4 Innergemeinschaftlicher Erwerb Innergemeinschaftlicher Erwerb ( 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG) Umsetzung des Bestimmungslandprinzips bei unternehmerischen Abnehmern nach Einführung des Binnenmarktes Wirtschaftlich korrespondierend zum Tatbestand der innergemeinschaftlichen Lieferung, jedoch keine rechtliche Verknüpfung Seite 4

5 Innergemeinschaftlicher Erwerb - Tatbestandsmerkmale 1a Abs. 1 UStG Nr. 1 Gegenstand gelangt bei einer Lieferung von einem Mitgliedsstaat in einen anderen Mitgliedsstaat (...) Nr. 2 a Erwerber ist ein Unternehmer und der Gegenstand wird für sein Unternehmenerwirbt Nr. 3 a Lieferer ist ein Unternehmer und die Lieferung erfolgt im Rahmen seines Unternehmens gegen Entgelt O D E R U N D Nr. 2 b Erwerber ist eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder nicht für ihr Unternehmen erwirbt Nr. 3 b Lieferung ist im Bestimmungsmitgliedstaat nicht aufgrund der Sonderregelungen für Kleinunternehmer steuerfrei Seite 5

6 Innergemeinschaftlicher Erwerb - Erwerberkreis 1a Abs. 1 Nr. 2 UStG: Unternehmer u. nicht untern. jur. Pers. Ausnahmen - 1a Abs. 3 UStG: - sog. Schwellenerwerber oder Exoten, die die Erwerbsschwelle von ( der Erwerbe) im vorangegangenen Kalenderjahr nicht übersteigen und im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich nicht übersteigen werden und - nicht auf die Anwendung der Erwerbsschwelle verzichtet haben ( 1a Abs. 4 UStG). nicht Erwerb neuer Fahrzeuge und verbrauchsteuerpflichtiger Waren ( 1a Abs. 5 UStG) Seite 6

7 Innergemeinschaftlicher Erwerb - Erwerberkreis Schwellenerwerber / Exoten - 1a Abs. 3 Nr. 1 UStG: - Unternehmer, die nur vorsteuerschädlich steuerfreie Umsätze ausführen - Kleinunternehmer i.s.d 19 Abs. 1 UStG - Nichtunternehmerische tätige juristische Personen - Unternehmer, der den Gegenstand zur Ausführung von Umsätzen verwendet, die der Durchschnittsbesteuerung unterliegen Seite 7

8 Innergemeinschaftlicher Erwerb - Ortsbestimmung 3d UStG Grundsatz: Ort des Endes der Beförderung/Versendung ( 3d Satz 1 UStG) Verwendung einer anderen Umsatzsteuer-Identifikations-nummer als der des Bestimmungsmitgliedstaates führt zusätzlich zu Versteuerung im Mitgliedstaat der Ausstellung der USt-ID-Nr. bis nachgewiesen wird, dass ige im Bestimmungsmitgliedstaat besteuert doppelter ige ( 3d Satz 2 UStG) Seite 8

9 Innergemeinschaftlicher Erwerb Beispiele a) Der Getränkegroßhändler Jonas kauft monatlich Orangensaft bei einer spanischen Kelterei, Wein bei einem französischen Winzer und Bier bei einer tschechischen Brauerei zum Preis von etwa unter Verwendung seiner deutschen USt-ID-Nr. und lässt sich die Waren jeweils per Spediteur zusenden. b) Der Allgemeinarzt Schnupf kauft einen fabrikneuen PKW zum Preis von in Dänemark, um ihn für seine Hausbesuche zu verwenden. Seite 9

10 Innergemeinschaftliche Lieferungen Innergemeinschaftliche Lieferungen Unternehmerische Abnehmer Beförderungs- /Versendungsfälle Abholfälle = Bestimmungslandprinzip Umsetzung durch 6a Abs. 1 UStG Private Abnehmer und Exoten Beförderungs-/Versendungsfälle Abholfälle = grds. Ursprungslandprinzip Ausnahmen: - 3c UStG bei Überschreiten v. Lieferschwellen in Beförderungs- und Versendungsfällen - 6a Abs. 1 Nr. 2 lit. c) UStG bei Lieferung neuer Fahrzeuge Seite 10

11 Innergemeinschaftliche Lieferungen - Tatbestandsmerkmale 6a Abs. 1 UStG Nr. 1 Unternehmer oder Abnehmer befördert/versendet Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet Nr. 2a Abnehmer ist Unternehmer und hat unternehmerisch erworben O D E R Nr. 2b Abnehmer ist juristische Person, die nichtunternehmerisch erwirbt O D E R Nr. 2c Abnehmer ist bei einer Lieferung eines neuen Fahrzeugs jeder andere Erwerber Nr. 3 Erwerb unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften den Umsatzbesteuerung Seite 11

12 Innergemeinschaftliche Lieferungen Besonderheiten bei innergemeinschaftlichen Lieferungen Möglichkeit der Be- oder Verarbeitung vor Lieferung im Auftrag des Abnehmers ( 6a Abs. 1 S. 2 UStG) Ortsbestimmung 3 Abs. 6 Satz 1 UStG = Beginn der Beförderung/Versendung der Waren Seite 12

13 Innergemeinschaftliche Lieferungen Nachweispflichten ( 6a Abs. 3 UStG) Besondere Rechnungshinweise gem. 14a UStG Materielle Voraussetzung für Steuerfreiheit der ig Lieferung ist Buch- und Belegnachweis gem. 17a bis 17c UStDV: u.a. Aufzeichnung der USt-ID-Nr. des Abnehmers, Versandnachweis/ Empfangsbestätigung/Versicherung über die Verbringung der Waren in einen anderen Mitgliedstaat Vertrauensschutz bei unrichtigen Angaben des Abnehmers, die der Leistende bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte ( 6a Abs. 4 UStG) Seite 13

14 Innergemeinschaftliche Lieferungen Beispiele a) Die Continental AG verkauft Autoreifen an Peugeot in Frankreich und versendet die Reifen per Spedition von Deutschland nach Frankreich. Peugeot verwendet gegenüber Conti ihre französische USt-ID Nr. b) Wie a, allerdings verwendet Peugeot anstelle dessen ihre italienische USt-ID-Nr. c) Ein deutscher Edelmetallhändler liefert Edelmetalle an Peugeot, die die Metalle per Spedition zu einem deutschen Unternehmer, das Autokatalysatoren herstellt, bringen lässt. Peugeot verwendet ihre französische USt-ID-Nr. Nach Herstellung der Autokatalysatoren gelangen die Autokats nach Frankreich. Seite 14

15 Versandhandel 3 c UStG als besondere Ortbestimmungsregelung Durchbrechung des Grundsatzes des Ursprungslandprinzips bei privaten Erwerbern Abnehmer ist Privatperson oder Exot Transport der Ware durch den leistenden Unternehmer Überschreiten der Lieferschwelle des Bestimmungsmitgliedstaates (idr ) oder bei Verzicht auf ihre Anwendung erfolgt Besteuerung nach Bestimmungslandprinzip Umsatzsteuerliche Registrierungsverpflichtung des Leistenden im Bestimmungsmitgliedstaat Seite 15

16 Versandhandel Beispiele a) Der Däne Jesperson kauft einen Heimtrainer sowie eine Jeans aus dem neuen Ottokatalog und erhält die Waren nach Überweisungseingang vom Ottoversand nach Hause gesandt. Otto liefert ansonsten Waren im Wert von pro Jahr an Privatkunden in Dänemark. b) Jesperson ist zu Besuch in Hamburg und kauft dort günstig zwei Rolf Benz-Sofas zum Preis von insgesamt ein. Da er öfters in Hamburg ist, holt er beim nächsten Besuch die Sofas mit seinem Transporter persönlich ab. Seite 16

17 Innergemeinschaftliche/r Lieferung/Erwerb neuer Fahrzeuge Neue Fahrzeuge Erwerb im Gemeinschaftsgebiet durch Lieferung im Gemeinschaftsgebiet durch Unternehmer u.a. Privatperson u.a. Untern. / Privatpers. u. a. 1a UStG 1b UStG 2, 2a UStG 6a (1) Nr. 2c UStG Bestimmungslandprinzip Seite 17

18 Innergemeinschaftliche/r Lieferung/Erwerb neuer Fahrzeuge Lieferung eines neuen Fahrzeugs - Definition nach 1b Abs. 2 UStG: Land-, Wasser- und Luftfahrzeuge, die bestimmte Ausstattungs- und Nutzungsmerkmale erfüllen (Motorstärke, Größe, Kilometerleistung, Alter etc.) Lieferung durch Unternehmer an Privatpersonen - Als ig Lieferung steuerfrei ( 6a Abs. 1 Nr. 2 lit. c) UStG) - Erwerb unterliegt Besteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat ( 1b UStG) Seite 18

19 Innergemeinschaftliche/r Lieferung/Erwerb neuer Fahrzeuge Lieferung von Privatpersonen an Privatpersonen - Fiktive Unternehmereigenschaft der liefernden Privatpersonen ( 2a UStG) - Als ig Lieferung steuerfrei ( 6a Abs. 1 Nr. 2 lit. c) UStG) - Erwerb unterliegt Besteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat ( 1b UStG) - Sonderregelung für Vorsteuerabzug ( 15 Abs. 4a UStG) Deklarationspflichten der liefernden Privatperson ( 16 Abs. 4a UStG) Fahrzeugeinzelbesteuerung bei der erwerbenden Privatpersonen ( 16 Abs. 5a, 18 Abs. 5a und Abs. 10 UStG) Seite 19

20 Innergemeinschaftliche/r Lieferung/Erwerb neuer Fahrzeuge Beispiele a) Uta aus München fährt im Mai nach Italien in den Urlaub und sieht dort bei einem FIAT-Händler den brandneuen Alfa Brera, den sie nach kurzen Verhandlungen für netto kauft und mit ihm nach Beendigung ihres Urlaubes am 15. Juni nach Deutschland fährt. b) Im August entdeckt sie ihren Traumwagen und verkauft den Brera, der bis dato nur km gefahren wurde, für an ihre italienische Freundin in Rom. Seite 20

21 Innergemeinschaftliches Verbringen 3 Abs. 1a UStG / 1a Abs. 2 UStG Unternehmer verbringt Gegenstand nicht nur vorübergehend zu eigenen unternehmerischen Zwecken in einen anderen Mitgliedstaat Fiktion einer innergemeinschaftlichen Lieferung mit Steuerbefreiung im Ursprungsland ( 6a Abs. 2 UStG) Fiktiver innergemeinschaftlicher Erwerb ( 1a Abs. 2 UStG) führt zur Erwerbsbesteuerung im Bestimmungsland Umsatzsteuerliche Registrierungsverpflichtung des Unternehmers im Bestimmungsmitgliedstaat Seite 21

22 Innergemeinschaftliches Verbringen Beispiele a) Ein polnischer Zulieferer der Volkswagen AG bringt Teile in das bei VW in WOB unterhaltene Lager. VW entnimmt die Teile bei Bedarf und schreibt dem Polen den Kaufpreis gut. b) Zur Ausführung einer Werkleistung bringt der deutsche Unternehmer U sein Werkzeug in die Niederlande. Nach Beendigung der Arbeiten bringt er das Werkzeug nach Deutschland zurück. Seite 22

23 Umsatzsteuer-Identifikationsnummer Kontrolle und Überwachung des innergemeinschaftlichen Warenund Dienstleistungsverkehrs im Binnenmarkt Gibt Auskunft über Status des Abnehmers (Unternehmer) Vergabe der USt-IdNr. durch lokale Behörden (Bundeszentralamt für Steuern) an Unternehmer und nichtunternehmerische juristische Personen bzw. Schwellenerwerber, die die Erwerbsschwelle überschreiten oder auf ihre Anwendung verzichten ( 27a UStG) Bestätigungsverfahren ( 18e UStG) Vertrauensschutzregelung ( 6a Abs. 4 UStG) Folgen der Verwendung einer USt-ID-Nr. Seite 23

24 Zusammenfassende Meldungen Verpflichtung zur vierteljährlichen Aufstellung über innergemeinschaftliche Warenlieferungen, innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte in den Fällen des 25b Abs. 2 UStG und über im übrigen Gemeinschaftsgebiet ausgeführte sonstige Leistungen für die der im anderen MS ansässige Leistungsempfänger dort die Steuer schuldet ( 18a UStG) unter Angabe der belieferten USt-ID- Nrn. und der Summe der jeweils an die USt-ID-Nrn. erbrachten Leistungen Kontrolle der ordnungsgemäßen Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs durch Abgleich über Zentralrechner der lokalen Finanzbehörden mit Informationsaustausch über erkannte Abweichungen Aufklärung der Abweichungen im Rahmen von Umsatzsteuer- Sonderprüfungen Seite 24