Die PEG-Sonde Wann legen, wann nicht? Ihr Stellenwert in der Geriatrie Die ethische Dimension
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- Ingrid Baumhauer
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1 Die PEG-Sonde Wann legen, wann nicht? Ihr Stellenwert in der Geriatrie Die ethische Dimension Thomas Frühwald Abteilung für Akutgeriatrie Krankenhaus Hietzing mit Neurologischem Zentrum Rosenhügel, Wien Ernährung in Onkologie und Geriatrie Eine Frage der Ethik? Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Linz, PEG - Indikationen Nach: Grundsatzstellungnahme: Ernährung und Flüssigkeitsversorgung älterer Menschen, Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen e.v. (MDS) Essen, 2003 Eine Versorgung mit einer PEG ist indiziert wenn sie voraussichtlich länger als 2-4 Wochen erforderlich ist Bei Kontraindikationen/Intoleranz einer transnasalen Sonde auch für kürzere Zeiträume Der individuelle Nutzen muss unter Berücksichtigung der Grunderkrankung, des Krankheitsverlaufs, der Prognose, der zu erwartenden Lebensqualität u. des (mutmaßlichen) Willens des Patienten/der Patientin erkennbar sein. Seite 2 1
2 PEG - Indikationen Nach: Grundsatzstellungnahme: Ernährung und Flüssigkeitsversorgung älterer Menschen, Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen e.v. (MDS) Essen, 2003 Eine pflegerische Indikation zur Anlage sowie zur Beibehaltung einer PEG-Versorgung gibt es nicht. In der Praxis ist es aber häufig, dass bei bewusstseinsgestörten oder dementen Pat. die Entscheidung zur PEG durch Erwägungen der Pflegeerleichterung zumindest mitbestimmt wird... Ressourcenmangel, insb. Personalmangel, mangelhafte Kenntnisse bezüglich Verabreichung von Flüssigkeit und Nahrung spielen eine entscheidende Rolle - ebenso wie der Mangel an palliativer und ethischer Kompetenz... Seite 3 PEG Kontraindikationen fehlendes Einverständnis d. Pat. technisch - z.b. fehlende Diaphanoskopie (Alternative: sonographisch kontrolliert) passagenwirksame Magenausgangsstenose (Alternative: PEJ) Gerinnungsstörung Peritonitis peritoneale Karzinose Aszites schwere Psychosen finaler / präfinaler Zustand... < 4 Wo. Lebenserwartung? Seite 4 2
3 Komplikationen der PEG-Sonde Gesamtkomplikationsrate: 7-30% Methodenbedingte Letalität: 0-0,3% Schwere, akut therapiebedürftige Komplikationen: 0,5-4%: Aspiration Peritonitis Ileus Sepsis Abszesse Blutungen Kardio-pulmonale Ereignisse Wundinfektion: 5-15% Buried bumper = eingewachsene innere Halteplatte Blockage, Leakage Druckulzera am Stoma Diarrhoe, Erbrechen Seite 5 Negative prognostische Indikatoren für eine PEG-Sonde Lang A et al. Risk factors for mortality in patients undergoing percutaneous endoscopic gastrostomy. Endoscopy 2004;36: Grant MD et al. Gastrostomy placement and mortality among hospitalized Medicare beneficiaries. JAMA 1998;279: Alter >75J Männliches Geschlecht Diabetes mellitus COPD Fortgeschrittenes Ca Anamnese von Aspiration Harnwegsinfekt Niedriger BMI Hypoalbuminämie <3g/dl Hospitalisierung Immobilität - Bettlägerig Decubitus Delir Multimorbidität (Charlson Index >3) Somit sind einige der Zustände, die als Indikation betrachtet werden gleichzeitig Risikofaktoren für ein schlechteres Outcome - der Vorteil der Intervention darf zumindest in diesen Fällen angezweifelt werden... Plonk WM. To Peg or not to Peg. Practical Gastroenterology 2005;7:16-26 Seite 6 3
4 Postulierter Nutzen der PEG - Ernährung Verbesserung der Lebensqualität Sicherung der Grundpflege Ausreichende Versorgung mit Flüssigkeit und Nährstoffen Verhinderung einer Katabolie, Exsikkose Leichtere Medikamentenapplikation Vorraussetzung für therapeutische u. rehabilitative Maßnahmen Verbesserung der Mobilität, ATL- Fähigkeit Erhalt von Körpersubstanz und Muskelmasse Verhinderung von Druckulzera Seite 7 Nutzen der PEG Ernährung? Der PEG-Mythos... Umfrage bei 416 ÄrztInnen (primary care physicians) über deren Glauben bezüglich PEG-Nutzen: weniger Aspirationspneumonien (76,4%) längere Überlebenszeit (61,4%) besserer Ernährungsstatus (93,7%) besserer funktioneller Status (27,1%) Shega JW et al. Barriers to limiting the practice of feeding tube placement in advanced dementia. J Pall Med. 2003;6(5): Seite 8 4
5 PEG Nutzen? insb. bei Pat. mit Demenz Derzeitige Evidenzlage Cervo FA et al, Geriatrics 2006, 6, kein Vorteil im Überleben (Mortalität gleich, ob mit oder ohne PEG) kein Vorteil in der Aspirationsprophylaxe keine Reduktion der Infektionsrate (Pneumonien) keine Verhinderung von Dekubitus, eher höhere Dekubitusinzidenz kein Nachweis einer Verbesserung der Lebensqualität höhere Rate an sonden-assoziierten Komplikationen eventuell weniger Pflegezuwendung mehr freiheitsbeschränkende Maßnahmen u. Sedierung Seite 9 PEG - Nutzen? Derzeitige Evidenzlage Cave! Die Studienlage ist nicht befriedigend... Bessere, prospektive, gut randomisierte, kontrollierte Untersuchungen wären erforderlich. Der fehlende Nachweis eines Nutzens bedeutet nicht den Nachweis eines fehlenden Nutzens. The absence of proof is no proof of absence Synofzik M. PEG-Ernährung bei fortgeschrittener Demenz. Nervenarzt 2007;78: Seite 10 5
6 PEG bei Demenz Keine Evidenz, dass die PEG-Sondenernährung bei Pat. mit fortgeschrittener Demenz folgende Parameter verbessert: Überlebenszeit Inzidenz von Aspirationspneumonien Inzidenz von Decubitalulzera Infektionsrate Lebensqualität Ernährungsstatus Finucane T et al. Tube feeding in patients with advanced dementia: a review of the evidence. JAMA 1999;282: Gillick MR. Rethinking the role of tube feeding in patients with advanced dementia. NEJM 2000;342: Die Anlage einer PEG Sonde verbessert nicht die Prognose von Pat. mit fortgeschrittener Demenz: die 6-Monatsmortalität bleibt mit 50% bei Pat. mit oder ohne PEG-Sonde gleich. Meier DE et al. High short-term mortality in hospitalized patients with advanced dementia: lack of benefit of tube feeding. Ann Int Med. 2001;161: Seite 11 PEG bei Demenz Trend zur Zunahme der Mortalität nach PEG-Anlage bei Pat. mit Demenz Murphy LM et al. Percutaneous endoscopic gastrostomy does not prolong survival in patients with dementia. Arch Int Med. 2003;163: PEG-Sonde bei Pat. mit Demenz in Pflegeheimen war signifikant assoziiert mit: höherer Komplikationsrate freiheitsbeschränkenden Maßnahmen mehr Notaufnahmen im KH Li I. Feeding tubes in patients with severe dementia. Am Fam Phys. 2002;65: Odon SR et al. Emergency department visits by demented patients with malfunctioning feeding tubes. Surg Endo.2003;117: Seite 12 6
7 Ernährungsprobleme und PEG bei Demenz Nahrungsaufnahme = letzte ATL, die bei Demenz behindert wird. Essapraxie, allg. Rückzug, Anorexie, Abulie, Desinteresse an Nahrung sind Symptome fortgeschrittener Demenz (können aber auch Symptome einer begleitenden Depression sein - der Versuch einer antidepressiven Therapie ist gerechtfertigt). Modifizierung des Essens und der Rahmenbedingungen, des Ambientes in dem gegessen wird sind effektiv, aber bedürfen Ressourcen, insb. in Institutionen. Die Entscheidung gegen die PEG ist nicht eine zwischen PEG und nicht Ernähren bzw. Verhungern! Alternatives Nahrungsangebot und Hilfe beim Essen müssen intensiviert fortgesetzt werden... Seite 13 The Clinical Course of Advanced Dementia Mitchell SL et al; NEJM 2009; 361: Prospektive Studie über 18 Monate, 323 PH-Pat., Ø 85,3a, fortgeschrittene Demenz: GDS 7 (u.a. Nicht-Erkennen v. Angehörigen, Wortzerfall, Inkontinenz, Immobilität...) mittlere Überlebenszeit: 478 d (wie fortgeschrittener Tumor, NYHA IV) Mortalität n. 6 Mo.: 25%, nach 18 Mo. : 54,8% wenig sentinel events wie Zerebralinsult, Myokardinfarkt, Fraktur... häufigste unmittelbar kausale Situationen: Pneumonie, St.febrilis, Ernährungsprobleme, dann 6-Monatsmortalität 40-50% bei Pat. in dieser Situation müsste der Tod antizipierbar und Palliative Care indiziert sein... Trotzdem wurden auch 3 Monate ante mortem bei 40,7% belastende Interventionen wie Akuthospitalisierungen, parenterale Therapien, Sondennahrung durchgeführt... Seite 14 7
8 PEG-Sonden bei Patienten mit fortgeschrittener Demenz - Warum noch immer so häufig? Gillick MR et al, J Am Med Dir Ass, 2008, 9(5), Das Thema der Sondenernährung bei fortgeschrittener Demenz wird oft nur als ein moralisches präsentiert, nicht als ein gleichzeitig auch wissenschaftlich-medizinisches... Den Angehörigen geht es um eine pflegende, empathische Zuwendung ( caring ) diese ist empirischen Untersuchungen und darauf basierenden Argumenten nicht leicht zugänglich... Hilfreich könnte es sein, den Angehörigen den symbolischen Wert der Ernährung zu bestätigen, ihnen aber zu zeigen, dass er auch durch alternative Möglichkeiten der Nahrungsreichung befriedigt werden kann. Seite 15 CFO - Comfort Feeding Only Palecek EJ et al. Comfort Feeding Only: A Proposal to Bring Clarity to Decision-Making Regarding Difficulty with Eating for Persons with Advanced Dementia. JAGS 2010, 58, Problemstellung: derzeit keine Evidenz, dass PEG Sonden die Mortalität, das Aspirationsrisiko, die Überlebensqualität verbessern trotzdem: Zunahme d. PEG Rate bei Pat. mit Demenz die meisten PH Pat./Bewohner haben keine Verfügungen zum Thema künstliche Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr der Verzicht auf künstliche Ernährung u. Flüssigkeitsgabe wird zu oft als Verordnung v. Nahrungs- und Flüssigkeitskarenz missverstanden PH fürchten Kontrollbehörden, die eine Gewichtsabnahme bei Bewohnern als Pflegemangel sehen PEG s dagegen als Beweis, dass alles gemacht wurde, um der Malnutrition zu begegnen Seite 16 8
9 CFO - Comfort Feeding Only Palecek EJ et al. Comfort Feeding Only: A Proposal to Bring Clarity to Decision-Making Regarding Difficulty with Eating for Persons with Advanced Dementia. JAGS 2010, 58 Lösungsvorschlag: Klare Sprachregelung, Betonung patientenzentrierter Betreuungsziele wenn indiziert u. v. Pat. akzeptiert: Comfort Feeding Only Verordnung Sicherung d. Wohlbefindens d. Pat. durch individuellen Ernährungsplan: vorsichtige, einfühlsame Hilfe beim Essen ( Hand feeding ) alternatives Nahrungsangebot (Fingerfood etc.) Seite 17 Entscheidung zur Ernährung durch eine PEG Sonde Angus F et al, Am J Gastroenterol 2003 Soll auf der Basis der Beurteilung, ob sie dem individuellen Pat. einen Nutzen bringt geschehen Individueller Patientennutzen ethisch durch zwei Faktoren bestimmt: medizinischer (objektiver) Nutzen Sinn u. Nutzen wie er v. Patienten bestimmt wird (ev. durch seinen Vorsorgebevollmächtigten) Die ethische Verpflichtung, künstliche Ernährung anzubieten basiert auf der medizinischen Indikation, der Durchführbarkeit im gegebenem Rahmen und dem potentiellen Nutzen für den Pat. Künstliche Ernährung ist eine medizinische Therapie, sie braucht eine medizinische Indikation, ohne diese ist der Arzt nicht verpflichtet, sie durchzuführen, od. fortzusetzen Seite 18 9
10 Entscheidung zur Ernährung durch eine PEG Sonde Angus F et al, Am J Gastroenterol 2003 Spezielle Aspekte der Entscheidungsfindung: emotionelle Komponente, die das Vorenthalten der künstl. Ernährung auch in der Situation der fortgeschrittenen Demenz als Verhungern - Lassen wahrnehmen lässt diesbezügliche ärztliche Voreingenommenheit Druck seitens selbst unter Druck stehender Pflegestrukturen PEG-Ernährung hat symbolische Bedeutung: wird (von Angehörigen) ev. als letztes Möglichkeit, Pflege u. Zuwendung anzubieten gesehen religiöse Aspekte kulturelle Aspekte Seite 19 Ethische Entscheidungsfindung in der Medizin Marckmann G, in der Schmitten J, 2010 Prinzipien Ethische Grundlagen des Therapieverzichts Ethische Voraussetzungen Kriterien f. Therapieverzicht Benefizprinzip Non- Malefizprinzip Nutzen für den Patienten (Indikation) Nutzlosigkeit, Vergeblichkeit (Futility) Autonomie Einwilligung d. Pat. Keine Einwilligung d. Pat. individualethisch Gerechtigkeit Fairer Einsatz knapper Ressourcen Geringer Grenznutzen bei hohen Grenzkosten, insb. wenn kostengünstigere Alternative vorhanden sozialethisch Seite 20 10
11 Zum Thema autonomer Patientenwille Gian Domenico Borasio, 2006 Vor den Überlegungen über den Patientenwillen sollte immer die Frage der allgemeinen medizinischen Indikation geklärt sein. Diese kann mit zwei Fragen geklärt werden. gibt es ein vernünftiges Therapieziel (z.b. Lebensverlängerung)? ist dieses Ziel auch realistisch? Erst wenn diese Fragen mit ja beantwortet wurden, kann man zur individuellen Indikationsprüfung schreiten und fragen, ob dieses Therapieziel mit dem deklarierten, oder mutmaßlichen Patientenwillen auch übereinstimmt. Die Frage nach dem Patientenwillen ist oft irelevant, weil es schon an der allgemeinen Indikation für die geplanten medizinischen Interventionen mangelt. Seite 21 Entscheidungsmodell zur Evaluation einer PEG-Ernährung bei fortgeschrittener Demenz. Nach Synofzik M. PEG-Ernährung bei fortgeschrittener Demenz. Nervenarzt 2007;78: PEG-Ernährung bei fortgeschrittener Demenz? Individuelle Nutzen-Schadensrisiko-Abwägung durch Palliativteam u./od. Ethik-Konsil (Berücksichtigung einzelner Prognosefaktoren) Nutzen > Schaden Nutzen = Schaden Nutzen < Schaden Nutzen << Schaden PEG anbieten & empfehlen PEG anbieten & offen lassen PEG anbieten & abraten PEG nicht anbieten PatientInnen-Präferenzen PEG-Ernährung PEG-Versuch Orale Ernährung Seite 22 11
12 Künstliche Ernährung am Lebensende? Einige Anmerkungen... Die meisten Menschen die in der Terminalphase zu essen u. zu trinken aufhören verspüren keinen Hunger und Durst (ev. nur initial) McCann RM et al. Comfort care for terminally ill patients: the appropriate use of nutrition and hydration. JAMA, 1994; 272: Die terminale Anorexie und Dehydration induzieren Ketose, Urämie und Endorphin-Ausschüttung - dies kann als den Sterbeprozess erleichternd betrachtet werden Trotzdem wird die künstliche Ernährung als letzte lebenserhaltende Maßnahme abgesetzt. 25% der PH-Bewohner mit Demenz in den USA sterben mit einer liegenden, bis zum Schluss benutzten PEG- Sonde... Mitchell SL et al. Dying with advanced dementia in the nursing home. Arch Int Med. 2004;164: Seite 23 Künstliche Ernährung am Lebensende? Einige Anmerkungen... Notwendige Unterscheidung zwischen Nicht-essen-können und Nicht-essen-wollen Nicht-essen-wollen: möglicherweise Ausdruck eines langsamen Abschieds vom Leben, von beginnender Todesnähe... Ablehnung der Nahrung die letzte verbliebene Möglichkeit der Selbstbehauptung in einer Situation, die man nicht will... Heubel F. Lebt der Mensch vom Brot allein? Ethik Med. 2007;19:55-56 Der Verlust der Kontrolle über die eigenen Lebensumstände ist etwas, was man anscheinend mehr fürchtet als den Schmerz, als das Sterben. Möglicherweise induziert auch ein gewisser sozialer Druck die Nahrungsablehnung als einen dann nicht ganz so selbst gewählten Weg... Seite 24 12
13 Kritische Anmerkungen zur Praxis der PEG Ernährung von schwer dementen Patienten: mit der Hand oder mit der PEG - Sonde? Mitchell SL et al. Tube-feeding versus hand-feeding nursing home residents with advanced dementia: A cost comparison. 2003; J Am Med Dir Ass. 4: Pat., 11 mit PEG-Sonde (84,3 ± 6,0J), 11 ohne (90,2 ± 9,1J) Kostenvergleich: Pflegeaufwand, Arztvisiten, Hospitalisierungen, Diagnostik, parenterale Therapien, PEG-Eingriff... refundierte Kosten f. Ernährungstherapie (durchschnittlich): Pat. ohne PEG: $ 959 /Pat./J Pat. mit PEG: $ /Pat./J reale Kosten der Ernährungsintervention (durchschnittlich): Pat. ohne PEG: $ /Pat./J Pat. mit PEG: $ /Pat./J (bei weniger Pflegeaufwand ) Seite 25 Kritische Anmerkungen zur Praxis der PEG Ernährung schwer dementer Patienten: mit der Hand od. mit PEG - Sonde? Mitchell S: Financial Incentives for Placing Feeding Tubes in Nursing Home Residents with Advanced Dementia. JAGS 51: , 2003 (Editorial) im US System lukrieren die PH-Betreiber an Pat. mit PEG Sonde signifikant mehr ökonomische Argumente für die PEG - Sonde... Nursing Homes bevorzugen Aufnahme v. Pat. mit bereits liegender PEG -Sonde... Diskussion der notwendigen Zeitressourcen um dementen Pat. beim Essen zu helfen und der daraus entstehenden ökonomischen Zwänge...a conservative estimate of the time necessary to conscientiously hand feed a severely demented person is min. per day... The time necessary to deliver food through a feeding tube: minutes... A potentially perverse fiscal incentive to insert feeding tubes... Seite 26 13
14 The Influence of Nursing Home Culture on the Use of Feeding Tubes Lopez RP et al, Arch Intern Med. 2010; 170(1):83-88 Fokussierte ethnographische, qualitative Studie, 2 Nursing Homes. PEG-Sonden bei Bew./Pat. m. fortgeschrittener Demenz: high use NH: bei 51,8% low use NH: bei 10,7% 80 St. direkte Beobachtung + 30 semistrukturierte Interviews m. MA Erhoben wurden u.a.: räumliche Situation, Ablauf der Mahlzeiten, Entscheidungsprozesse beim Ernährungsthema, diesbezügliche Werte low use NH: heimelige Atmosphäre, Essen als wichtige Komponente des Tagesablaufs betrachtet, ausreichend Personal, alternative Darreichungsformen, advance care planning inkl. palliative Option high use NH: spitalsähnliche Atmosphäre, weniger Personal, Staff meinte PEG-Sonden minimieren Aspiration, schützen vor behördlicher Kritik bei Kontrollen des Ernährungssatus d. Bewohner The NH culture influences the approach to feeding in advanced cognitive impairment... Seite 27 Empfehlungen für die Praxis DGEM, Guidelines Clinical Nutrition (CN) Geriatrie, 2012 (in press) Assistierte orale Nahrungszufuhr (persönliche Unterstützung, Supplemente) oft schwierig, langwierig, herausfordernd... Orale Ernährung bedeutet nicht nur Nahrungszufuhr sie hat signifikante psychologische und soziale Funktionen, ermöglicht sensorisches Erleben (Gerüche, Geschmack), vermittelt Genuss u. Zufriedenheit Ethisch inakzeptabel (auch in Zeiten geringer finanzieller und personeller Ressourcen) künstliche Ernährung nur zwecks Erleichterung der Pflege und Zeitersparnis zu initiieren Pharmakologische Sedierung bzw. mechanische Fixierung d. Pat. zur Sicherstellung der künstl. Ernährung sind inakzeptabel Seite 28 14
15 Empfehlungen für die Praxis DGEM, Guidelines Clinical Nutrition (CN) Geriatrie, 2012 (in press) Zu klärende Fragen: Wird der Zustand d. Pat., die Prognose durch Ernährungsintervention (z.b. PEG) besser? Hat d. Pat. eine unheilbare Erkr., wobei jedoch seine Lebensqualität, seine pos. subjektive Befindlichkeit durch die Ernährungsintervention erhalten, bzw. verbessert werden kann? Steht die Ernährungsintervention im Einklang mit dem deklarierten, oder dem mutmaßlichen Willen d. Pat.? Erlauben die Rahmenbedingungen ein adäquates Management der künstl. Ernährung? Seite 29 Die Entscheidungsfindung zur PEG Dinand C et al, in: Versorgungs - Report Gesundheit im Alter, Günster C et al Hrsg., 2012 Seite 30 15
16 Zusammenfassung 1: PEG - Empfehlungen für die Praxis Auf der Basis vorhandener Evidenz kann die PEG-Sondenanlage nur in folgenden Situationen empfohlen werden: frühe Stadien von HNO-Tumoren Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) maligne Speiseröhrenobstruktion Zerebralinsult mit mind. 1 Monat persistierender Schluckstörung Gesicherte Indikationen zur PEG-Sonde gelten ohne Einschränkung auch für den hochbetagten (geriatrischen) Patienten unter Berücksichtigung seiner individuellen Gesamtsituation. Ärzte sollten eine PEG nur auf Basis von Evidenz basierten Indikationen empfehlen, anordnen bzw. durchführen Seite 31 Zusammenfassung 2: PEG - Empfehlungen für die Praxis Die PEG soll nicht angewandt werden um einer ev. schwierigen Diskussion über Prognose und Zweck der Betreuung und Pflege auszuweichen Ärzte sind nicht verpflichtet sinn- und nutzlose therapeutische Maßnahmen durchzuführen - auch nicht auf Wunsch von Patienten, Angehörigen, Kollegen Beim derzeitigen Stand des Wissens nach Kriterien der evidence based Medizin ist die Indikation zur PEG-Sonde bei geriatrischen Pat. mit fortgeschrittener Demenz sehr kritisch und individuell zu stellen Rechtzeitige Willenserklärungen d. Pat. wären von Nutzen Um die übermäßige Rate an PEG einzudämmen sind zu empfehlen: Evidenz-basierte Empfehlungen Palliativ- und Ethik-Konsultationen Seite 32 16
17 Danke! 17
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