Leistungsstörungen III

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1 Leistungsstörungen III Schlechtleistung, insbesondere Mängel im : Gewährleistung Lehrstuhl für Zivilrecht, Wirtschaftsrecht, Geistiges Eigentum Prof. Dr. Michael Hassemer

2 Schlechtleistung als Pflichtverletzung: Gesetzestechnik Es wird geleistet, aber die Leistung ist nicht, wie sie sein soll: entweder nicht vertragsgemäß ( wie vereinbart ) oder entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen Damit führt der Weg in den Besonderen Teil des Schuldrechts () und wieder zurück in Schuldrecht-AT vgl. 434, 437 BGB 323 BGB Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 2

3 Gewährleistungsrecht im SR-BT Schlechtleistung: bei (= Pflichtverletzung) insbesondere, 434 BGB (unser Thema exemplarisch) Werkvertragsrecht, 633 BGB Mietrecht, 536 ff. Qualitätshaftung Nicht: z. B. Dienstleistung, Bürgschaft, Gesellschaft Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 3

4 Allgemeines und besonderes Verbrauchsgüterkaufrecht Verbrauchsgüterkaufrecht: Verkauf beweglicher Sachen vom Unternehmer an den Verbraucher geregelt in 474 I BGB: b2c : 474 Begriff des Verbrauchsgüterkaufs; anwendbare Vorschriften (1) Verbrauchsgüterkäufe sind Verträge, durch die ein Verbraucher von einem Unternehmer eine bewegliche Sache kauft. ( ) Käuferschutzrecht ( Mindeststandard ) 475 I: halbzwingendes Recht zugunsten des Verbrauchers (Also im Verbrauchsgüterkaufrecht noch ein Sprung ) Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 4

5 Sachkauf: Grundmodell Rechtskauf und Kauf sonstiger Gegenstände ( 453 BGB): (1) Die Vorschriften über den Kauf von Sachen finden auf den Kauf von Rechten und sonstigen Gegenständen entsprechende Anwendung. Anwendung des s auf die Lieferung noch herzustellender Sachen, 651 BGB: Auf einen Vertrag, der die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen zum Gegenstand hat, finden die Vorschriften über den Kauf Anwendung. Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 5

6 Schlechtleistung als Pflichtverletzung Die Pflichtverletzung besteht aus zwei Elementen bei 433 Vertragstypische Pflichten beim Kaufvertrag (1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sachund Rechtsmängeln zu verschaffen. ( ) 434 1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei die vereinbarte Beschaffenheit hat. ( ) Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 6

7 Sachmangel Subjektiv-objektiver begriff: Wer entscheidet über die Sollbeschaffenheit? 434 1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache frei von Sachmängeln, 1. wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, sonst 2. wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 7

8 Sachmängel: Beschaffenheitsvereinbarungen Vereinbarte Beschaffenheit : Beschaffenheitsvereinbarungen als Willenserklärungen, 133, 157 BGB Falls Beschaffenheitsvereinbarungen vorhanden, kein Abgleiten in den objektiven begriff (vor allem b2b) Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 8

9 Übliche Performance : Werbeangaben, 434 I 2 BGB Zu der Beschaffenheit nach Satz 2 Nr. 2 gehören auch Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers ( 4 Abs. 1 und 2 des Produkthaftungsgesetzes) oder seines Gehilfen insbesondere in der Werbung oder bei der Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache erwarten kann, es sei denn, dass der Verkäufer die Äußerung nicht kannte und auch nicht kennen musste, dass sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in gleichwertiger Weise berichtigt war oder dass sie die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte. Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 9

10 Montage, 434 II BGB 2) Ein Sachmangel ist auch dann gegeben, wenn die vereinbarte Montage durch den Verkäufer oder dessen Erfüllungsgehilfen unsachgemäß durchgeführt worden ist. Ein Sachmangel liegt bei einer zur Montage bestimmten Sache ferner vor, wenn die Montageanleitung mangelhaft ist, es sei denn, die Sache ist fehlerfrei montiert worden. Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 10

11 Nochmals 434 BGB: Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei die vereinbarte Beschaffenheit hat. Zum allgemein 446 BGB: Mit der Übergabe der verkauften Sache geht die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung auf den Käufer über. ( ) Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 11

12 Beweislastumkehr im Verbrauchsgüterkauf, 476 BGB (Verbrauchsgüterkauf: b2c) 474 Begriff des Verbrauchsgüterkaufs; anwendbare Vorschriften (1) Verbrauchsgüterkäufe sind Verträge, durch die ein Verbraucher von einem Unternehmer eine bewegliche Sache kauft. Um einen Verbrauchsgüterkauf handelt es sich auch bei einem Vertrag, der neben dem Verkauf einer beweglichen Sache die Erbringung einer Dienstleistung durch den Unternehmer zum Gegenstand hat. (2) Für den Verbrauchsgüterkauf gelten ergänzend die folgenden Vorschriften dieses Untertitels.. ( ) 476 Beweislastumkehr Zeigt sich innerhalb von sechs Monaten seit ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des s unvereinbar. Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 12

13 Überblick 437 BGB ( Drehscheibe ): insgesamt vier Rechtsbehelfe des Käufers Das Gewährleistungsprogramm ist zweistufig: 1. Auf der ersten Stufe: Nacherfüllung Wenn die Nacherfüllung nicht innerhalb einer gesetzten Frist vorgenommen wird oder einer der Parteien unzumutbar ist, wird die zweite Stufe gezündet. 2. Auf der zweiten Stufe: a) Rücktritt oder b) Minderung als alternativ nebeneinander stehende Gestaltungsrechte. c) Auch der Schadensersatz statt der Leistung (bei Vertretenmüssen) ist subsidiär zur Nacherfüllung. Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 13

14 Nacherfüllung, 439, 437, 434 BGB: 1. Stufe der Gewährleistungsrechte 439 (1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des s oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. (2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen. ( ) Anspruchsgrundlage! Neulieferung oder Nachbesserung (Reparatur) (in der Praxis oft: Gattungs- oder Stückschuld) Käufer hat prinzipiell die Wahl. ( Paschastellung ): Zumutbarkeit? Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 14

15 Ausschluss der Nacherfüllung: Unzumutbarkeit für den Verkäufer 439 III BGB Geregelt als Einrede gegen den Anspruch auf Nacherfüllung, 439 I BGB (3) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung ( ) verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des s und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt. Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 15

16 Ausschluss der Nacherfüllung: Unzumutbarkeit für den Verkäufer Der Verkäufer kann die Nacherfüllung also insgesamt verweigern, wenn beide Formen der Nacherfüllung unverhältnismäßig kostenintensiv sind. Dann wird unmittelbar die zweite Stufe gezündet, also: Recht des Käufers zur Minderung oder Rücktrittsrecht (und Anspruch auf Kaufpreisrückzahlung aus 346 BGB) bei Vertretenmüssen: Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung, 280 I, III, 281 BGB Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 16

17 Rücktritt (allgemeines Leistungsstörungsrecht) 323 Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung 1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten. ( ) (5) [Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat.] Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist. Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 17

18 Entbehrlichkeit der Fristsetzung Unzumutbarkeit für den Käufer Wiederum unmittelbares Eingreifen der zweiten Stufe, jetzt allerdings, weil der Käufer dies so möchte: Keine Fristsetzung erforderlich. Bekannt: Entbehrlichkeit der Fristsetzung in den 281 II, 323 II BGB. Neu: 440 als kaufrechtliche Ergänzung dieser Vorschriften: Außer in den Fällen des 281 Abs. 2 und des 323 Abs. 2 bedarf es der Fristsetzung auch dann nicht, wenn ( ) die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen oder ihm unzumutbar ist. Eine Nachbesserung gilt nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen ( ). Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 18

19 Prüfungsschema: Rücktritt bei, 323, 437, 434 BGB 1. Kaufvertrag (= gegenseitiger Vertrag i. S. v. 323 BGB) 2. Fälligkeit der Leistung, 323, 271 BGB 3. Pflichtverletzung = Sachmangel bei ( 433, 434, 446, 476 BGB) = Schlechtleistung i. S. v. 323 I BGB 4. Fristsetzung oder deren Entbehrlichkeit ( 323 I, II, 440 BGB) 5. Erheblichkeit des s, 323 V 2 BGB (Beweislastumkehr) Über den Daumen: ab 5% Wertminderung erheblich Rückspiegel, Überholassistent 6. Rücktrittserklärung (Gestaltungsrecht) --- Rechtsfolge: nach Ausübung des Rücktrittsrechts Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises, 346 BGB Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 19

20 BGH, : TÜV neu : Die Klägerin hatte am von dem beklagten Autohändler einen 13 Jahre alten Opel Zafira mit einer Laufleistung von km zum Preis von Euro gekauft. Entsprechend der im Kaufvertrag getroffenen Vereinbarung ( HU neu ) war am Tag des Fahrzeugkaufs die Hauptuntersuchung (TÜV) durchgeführt und das Fahrzeug mit einer TÜV-Plakette versehen worden. Bereits während der Heimfahrt der Klägerin versagte der Motor mehrfach. Die Klägerin erklärte die Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung, hilfsweise den Rücktritt wegen erheblicher Korrosion an den Bremsleitungen. Der Beklagte wandte ein, dass die Klägerin ihm keine Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben habe und der Rücktritt deshalb unwirksam sei. Der BGH hat der Klage der Käuferin stattgegeben. Ihr Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises ergebe sich aus dem von ihr hilfsweise erklärten Rücktritt. Das gekaufte Fahrzeug war mangelhaft, weil es sich aufgrund der ohne weiteres erkennbaren Korrosion nicht in einem Zustand befand, der die Erteilung einer TÜV-Plakette rechtfertigte. Die Klägerin sei auch ohne vorherige Fristsetzung zum Rücktritt berechtigt, weil eine Nacherfüllung für sie nach 440 Satz 1 Alt. 3 BGB unzumutbar war. Angesichts der beschriebenen Umstände habe die Klägerin nachvollziehbar jedes Vertrauen in die Zuverlässigkeit und Fachkompetenz des beklagten Gebrauchtwagenhändlers verloren und müsse sich nicht auf eine Nacherfüllung durch ihn einlassen. Der Händler könne sich auch nicht auf die TÜV- Untersuchung berufen, denn der TÜV gelte in solchen Fällen als Erfüllungsgehilfe des Händlers, der sich mögliche Fehler des TÜV zurechnen lassen müsse. Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 20

21 Alles so schön bunt hier BGH, Der Käufer hatte im März 2005 bei einem in Florida/USA ansässigen Unternehmen einen Pkw Chevrolet Corvette für rund $ bestellt. Über die gewünschte Farbe war er sich zuerst nicht ganz im Klaren gewesen. Das von der Verkäuferin gelieferte Fahrzeug weist nicht, wie schließlich in der Bestellung angegeben, eine Lackierung in Le Mans Blue Metallic auf, sondern ist schwarz. Der Käufer erklärt den Rücktritt und verweigert die Bezahlung. In den ersten beiden Instanzen bekam die Verkäuferin Recht: Die Gerichte stützten ihre Entscheidung darauf, dass das Rücktrittsrecht nach 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen sei, weil die Lieferung einer schwarzen statt einer blauen Corvette keine erhebliche Pflichtverletzung darstelle. (???) Die Revision des Käufers hatte Erfolg: Der BGH entschied auf einen erheblichen Sachmangel, und zwar auch dann, wenn vom Käufer zunächst auch eine andere Fahrzeugfarbe in Betracht gezogen worden war. Die Lackfarbe bestimme wesentlich das Erscheinungsbild eines Kraftfahrzeugs und gehöre deshalb für den Käufer zu den maßgeblichen Gesichtspunkten seiner Kaufentscheidung. Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 21

22 Minderung, 441, 437 BGB 441 BGB: (1) Statt zurückzutreten, kann der Käufer den Kaufpreis durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer mindern. Der Ausschlussgrund des 323 Abs. 5 Satz 2 findet keine Anwendung. ( ) (3) Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln. (4) Hat der Käufer mehr als den geminderten Kaufpreis gezahlt, so ist der Mehrbetrag vom Verkäufer zu erstatten. ( ) Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 22

23 Minderung, 441, 437 BGB Alternativ neben dem Rücktritt ( 441 I 1 BGB) Wiederum Gestaltungsrecht Voraussetzungen der Minderung sind denen des Rücktritts gleichgestellt Einzige Abweichung ist, dass auch ein unerheblicher zur Minderung berechtigt ( 441 I S. 2 BGB) Also identisches Prüfungsschema mit der Ausnahme der Erheblichkeit Anspruchsgrundlage für Teil-Rückforderung des Kaufpreises: 441 IV BGB Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 23

24 Schadensersatz statt der Leistung, 281, 280, I, III, 437, 434 BGB 281 I BGB (schon bekannt): (1) Soweit der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat. ( ) Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 24

25 Prüfung Schadensersatz, 281, 280 III, I, 437, 434 BGB 1. Schuldverhältnis (= Kaufvertrag, 311 I, 433) 2. Fälligkeit der Leistung, 281, Pflichtverletzung = bei, 433, 434, 446, 476 BGB (= Schlechtleistung) 4. Vertretenmüssen, 280 I 2, Fristsetzung bzw. Entbehrlichkeit, 281 I, II, 440 BGB --- Rechtsfolge: Schadensersatz statt der Leistung (positives Interesse) Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 25

26 Vertretenmüssen 280 I 2 BGB Sorgfaltspflichten des Verkäufers: keine grundsätzliche Pflicht zur Untersuchung von Massenartikeln. Zu vertreten auch: Übernahme einer selbständigen Garantie, 276 I 1 BGB, insbesondere zugesicherte Eigenschaften Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 26

27 Schadensersatz statt der Leistung, 281, 280, I, III, 437, 434 BGB Die Verkäuferin lieferte Rosinen an einen Hersteller von Cerealien-Frühstücksprodukten. Das Endprodukt kommt in europaweit in den Einzelhandel. In vereinzelten Packungen in Irland wurden Glassplitter entdeckt. Grund hierfür war eine einzelne zersprungene Glühbirne im Unternehmen der Rosinenlieferantin. Hierdurch wurde ein Bruchteil der Rosinen mit Glassplittern kontaminiert. Die gesamte Serie von Frühstücksprodukten musste zurückgerufen werden. Einziges Käuferinteresse: Schadensersatz Fraglich insbesondere Vertretenmüssen (Hier dagegen entschieden: Keine Pflicht zur Untersuchung von Massenartikeln) Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 27

28 BGH: Foto mit Standheizung Der Verkäufer hatte im Internet ein Auto mit einem Foto beworben. Auf dem Foto war eine Standheizung zu erkennen, die in der Fahrzeugbeschreibung jedoch nicht als Ausstattungsmerkmal aufgeführt war. Der Verkäufer hatte die Standheizung vor der Übergabe an den Käufer ausgebaut. Nachdem der Käufer feststellte, dass die Standheizung fehlte, ließ er eine Standheizung einbauen und verklagte den Verkäufer auf Ersatz der Kosten. Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 28

29 Mach s noch mal, Sam! AG München, Eine 17-jährige Münchnerin ließ sich ohne Wissen ihrer Eltern auf die Handgelenk-Innenseite für 50 ein koptisches Kreuz tätowieren. Das Geld stammte aus ihrer gelegentlichen Tätigkeit in einer Eisdiele. Nach etwa einer Woche erklärte sie gegenüber dem Betreiber des Studios, die Tätowierung sei schief. Sie wolle, dass das Tattoo mittels eines Lasers entfernt werde. Dies lehnte der Betreiber des Studios jedoch ab. Die Kundin habe wohl selbst versucht, die (inzwischen ausgewaschene und verkrustete) Tätowierung zu entfernen. Er sei gerne bereit, das Tattoo nachzubessern. Nach ihrem 18. Geburtstag erhob sie Klage auf Erstattung der Kosten für eine Laserbehandlung in Höhe von 799. Die Klage wurde abgewiesen: Vor dem Rücktritt stehe die Nachbesserung, 635 BGB (Recht zur zweiten Andienung im Werkvertragsrecht). Diese sei auch dann zu dulden, wenn sie einen erneuten körperlichen Eingriff beinhalte. Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 29

30 Nicht behebbare Mängel Viktor verkauft Kuno einen Gebrauchtwagen als unfallfrei. Der Wagen hat jedoch einen Unfallvorschaden. Kuno verlangt Schadensersatz statt der Leistung. Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 30

31 im Verbrauchsgüterkauf 475 Abweichende Vereinbarungen (1) Auf eine vor Mitteilung eines s an den Unternehmer getroffene Vereinbarung, die zum Nachteil des Verbrauchers von den 433 bis 435, 437, 439 bis 443 sowie von den Vorschriften dieses Untertitels abweicht, kann der Unternehmer sich nicht berufen. Die in Satz 1 bezeichneten Vorschriften finden auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. ( ) Achtung: Verbrauchsgüterkaufrecht gilt nur für b2c! Insbesondere Gebraucht-Kfz. Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 31

32 BGH, : Keine Garantie Die Klägerin kaufte vom Beklagten am ein gebrauchtes Wohnmobil (Baujahr 1986) zu einem Preis von Euro. Der Beklagte hatte das Fahrzeug selbst gebraucht erworben. Im Kaufvertrag heißt es Für das Fahrzeug besteht keine Garantie. An der Windschutzscheibe des Wohnmobils befand sich eine gelbe Umweltplakette (Feinstaubplakette Schadstoffgruppe 3). Bei der Ummeldung des Fahrzeugs erhielt die Klägerin keine neue gelbe Plakette. Die Herstellerfirma des Wohnmobils teilte ihr auf Nachfrage mit, dass der Motor des Fahrzeugs keine Euronorm erfülle, dieses deshalb als nicht schadstoffarm eingestuft werde, eine Plakette nicht zugeteilt werden könne und auch eine Umrüstung nicht möglich sei. Die Klägerin forderte den Beklagten mit Schreiben vom unter Fristsetzung zur Rückabwicklung des Kaufvertrages auf. Ihre Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises hatte jedoch keinen Erfolg. Denn die Parteien, die beide als Verbraucher gehandelt hätten, hätten durch die Klausel für das Fahrzeug besteht keine Garantie" die Gewährleistung wirksam ausgeschlossen. Die von den Parteien als juristischen Laien gewählte Formulierung Garantie sei bei verständiger Würdigung als ein solcher zu verstehen, 133, 157 BGB. Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 32

33 Zwingendes Verbrauchsgüterkaufrecht Verbrauchsgüterkaufrecht (b2c) ist zu weiten Teilen zwingend. (Gilt sogar für 439.) Im unternehmerischen Verkehr (b2b) kann hingegen vertraglich abgewichen werden. Der zwingende Charakter der Gewährleistung im Verbrauchsgüterkauf erstreckt sich auch auf gebrauchte Sachen. Beispiel professioneller Gebrauchtwagenhandel: gar kein Haftungsausschluss möglich! Einziger Weg: Beschaffenheitsvereinbarungen, in die der Zustand der Kaufsache i. S. v. 434 I S. 1 BGB als vertragsgemäß mit aufgenommen ist. Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 33

34 Der des Letztverkäufers Das Problem: falle im Verbrauchsgüterkauf: Der Letztverkäufer hat im Gewährleistungsfall im Zweifel selbst mangelhafte Ware von seinem Lieferanten erhalten (und der von seinem etc.). Also wird der Letztverkäufer versuchen, seinen Lieferanten aus 437 BGB in Anspruch nehmen, beispielsweise wenn der Letztkäufer (Verbraucher) zurückgetreten ist, aber: Wer trägt die Aufwendungen der Rückabwicklung? (Nochmalige) Fristsetzung in der Lieferkette erforderlich? Beweislastumkehr? Allgemein: in der Lieferkette gilt kein Verbrauchsgüterkaufrecht (b2b). Der Letztverkäufer steht also mit einem Bein (als Schuldner) im zwingenden Recht und mit dem anderen (als Gläubiger) in der Vertragsfreiheit. Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 34

35 bezeichneten Rechte des Unternehmers gegen den Unternehmer, der ihm die Sache verkauft hatte 478 BGB (1) Wenn der Unternehmer die verkaufte neu hergestellte Sache als Folge ihrer haftigkeit zurücknehmen musste oder der Verbraucher den Kaufpreis gemindert hat, bedarf es für die in 437 (Lieferant), wegen des vom Verbraucher geltend gemachten s einer sonst erforderlichen Fristsetzung nicht. (2) Der Unternehmer kann beim Verkauf einer neu hergestellten Sache von seinem Lieferanten Ersatz der Aufwendungen verlangen, die der Unternehmer im Verhältnis zum Verbraucher nach 439 Abs. 2 zu tragen hatte, wenn der vom Verbraucher geltend gemachte bereits beim Übergang der Gefahr auf den Unternehmer vorhanden war. (3) In den Fällen der Absätze 1 und 2 findet 476 mit der Maßgabe Anwendung, dass die Frist mit dem Übergang der Gefahr auf den Verbraucher beginnt. (4) Auf eine vor Mitteilung eines s an den Lieferanten getroffene Vereinbarung, die zum Nachteil des Unternehmers von den 433 bis 435, 437, 439 bis 443 sowie von den Absätzen 1 bis 3 und von 479 abweicht, kann sich der Lieferant nicht berufen, wenn dem Rückgriffsgläubiger kein gleichwertiger Ausgleich eingeräumt wird. Satz 1 gilt unbeschadet des 307 nicht für den Ausschluss oder die Beschränkung des Anspruchs auf Schadensersatz. Die in Satz 1 bezeichneten Vorschriften finden auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. (5) Die Absätze 1 bis 4 finden auf die Ansprüche des Lieferanten und der Übrigen Käufer in der Lieferkette gegen die jeweiligen Verkäufer entsprechende Anwendung, wenn die Schuldner Unternehmer sind. Zivilrecht 20 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 35