Tic-Störung im Kindes- und Jugendalter
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- Reinhardt Kolbe
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1 Tic-Störung im Kindes- und Jugendalter Dipl.-Psych. K. Woitecki Institut Köln der Christoph-Dornier-Stiftung für Klinische Psychologie am Klinikum der Universität zu Köln Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters Direktor: Universitätsprofessor Dr. G. Lehmkuhl
2 Inhalt 1. Symptomatik 2. Ursache 3. Diagnostik 4. Indikation 5. Verhaltenstherapie: THICS
3 1. Symptomatik 2. Ursache 3. Diagnostik 4. Indikation 5. Verhaltenstherapie: THICS
4 Symptome Definition Unwillkürliche, plötzliche, schnelle, wiederholte, nicht-rhythmische stereotype Bewegung Nicht zweckgerichtet Subjektiv als sinnlos/ störend empfunden
5 Symptome Variationen von Tics Art, Intensität, Häufigkeit und Dauer Qualität: motorisch/vokal Komplexität: einfach/komplex Zunahme: Emotionale Beteiligung (Angst, Ärger, Freude) Stress Ermüdung Abnahme: Konzentration Ablenkung Entspannung
6 Symptome Einteilung der Tics motorisch vokal einfach z.b. Blinzeln, Schulterzucken, Kopfrucken z.b. Räuspern, Pfeifen, Husten komplex z.b. Hüpfen, Klatschen, Berühren z.b. Wörter, Sätze Besonderheiten Echokinesie, Kopropraxie Palialie, Echolalie, Koprolalie
7 Symptome Sensomotorische Phänomene Sensomotorisches Vorgefühl: Kribbeln, Stechen, Jucken das durch Tic- Ausführung vorübergehend verschwinden kann Sensomotorisches Nachgefühl: einige Patienten berichten über Nachgefühle, den Tic nicht richtig ausgeführt zu haben, was zu einer willentlichen Tic-Wiederholung führen kann Diese Phänomene treten nicht bei jedem Tic auf finden sich häufiger bei älteren Patienten und bei komplexen Tics
8 Symptome Unterdrückbarkeit Tics werden normalerweise als nicht unterdrückbar erlebt Können aber meist zumindest für kurze Zeit, mitunter bis zu mehreren Stunden lang unterdrückt werden Meist für ältere Patienten und bei komplexeren Tics besser möglich
9 Klassifikation ICD-10 Diagnose wichtigste Kriterien ICD-10- Ziffer Vorübergehende Tic- Störung des Kindesalters Chronische motorische oder vokale Tic-Störung Kombinierte vokale und multiple motorische Tics (Tourette-Syndrom) Sonstige bzw. nicht näher bezeichnete Tic- Störung Vollständiges und endgültiges Verschwinden der meist nur motorischen Tics nach spätestens einem Jahr länger als 1 Jahr dauernde chronische motorische oder chronische vokale Tics länger als 1 Jahr dauernde motorische und vokale Tics erfüllt nicht die Kriterien der vorgenannten Störungen, wie z.b. Dauer mehr als 4 Wochen, Beginn der Tics vor dem 18. Lebensjahr F 95.0 F 95.1 F 95.2 F 95.8/ F95.9
10 Tourette-Syndrom (F95.2) Gilles des la Tourette ( )
11 Tourette-Syndrom (F95.2) Symptomatik: - auch die vokalen Tics sind oft multipel - Koprolalie in einem Drittel aller Fälle - häufig komplexe motorische Tics (auch Echopraxie, Kopropraxie) Beginn: - in der Kindheit oder der Adoleszenz. Durchschnittsalter bei Beginn: 7 Jahre, meist beginnt die Störung vor Vollendung des 14. Lebensjahres Verlauf: - gewöhnlich gibt es eine Vorgeschichte motorischer Tics, bevor sich vokale Tics entwickeln - Symptome verschlechtern sich häufig während der Adoleszenz - üblicherweise persistiert die Erkrankung bis ins Erwachsenenalter - in manchen Fällen schwächen sich die Symptome in der Adoleszenz und im Erwachsenenalter ab - in anderen Fällen verschwinden die Symptome schon im frühen Erwachsenenalter
12 Epidemiologie Einfache Ticstörung 4 12% Chronische Ticstörungen 3 4% Tourette-Syndrom % Tritt familiär gehäuft auf Jungen häufiger betroffen (3:1)
13 Komorbiditäten Chronische Ticstörung/Tourette-Störung: 50% hyperkinetische Störung -> entwickelt sich meist vor der Tic-Symptomatik häufig depressive Symptomatik häufig sozialer Rückzug Beeinträchtigte soziale Anpassung, schulische und berufliche Leistungsfähigkeit z.b.: - Ablehnung durch andere - Furcht vor dem Auftreten von Tics in sozialen Situationen; in schweren Fällen können die Tics selbst die täglichen Aktivitäten wie Schreiben und Lesen beeinträchtigen. Tourette-Störung: Häufung von Zwangsstörungen/zwanghaften Verhaltensweisen -> teilweise fließender Übergang von Tics zu Zwängen selbstverletzendem Verhalten
14 Inhalt 1. Symptomatik 2. Ursache 3. Diagnostik 4. Indikation 5. Pharmakotherapie 6. Verhaltenstherapie: THICS
15 Ätiologie Verhaltensgenetik Molekulargenetik Erworbene biologische Faktoren Neuroanatomie Neurochemie Neurophysiologie Neuropsychologie Psychosoziale Umgebung
16 Ätiologie Inhibitionsmodell Frontalkortex Kompensation Basalganglien Motor- Kortex Spontanentladung Motorische Programme Eigenhemmung Tics Rothenberger et al. (2003)
17 Ätiologie funktionales Störungsmodell
18 Verlauf Beginn meist zwischen dem 2. und 15. Lbj. Median bei 6-7 Jahren Zu Beginn einfache motorische Tics vokale Tics meist 2-4 Jahre später Stärkste Ausprägung um das Lebensjahr Spontanremissionsraten: einfache/multiple Tics 50-70% Tourette-Syndrom 3-40%
19 Inhalt 1. Symptomatik 2. Ursache 3. Diagnostik 4. Indikation 5. Verhaltenstherapie: THICS
20 SBB-TIC 1
21 SBB-TIC 2
22 SBB-TIC 3
23 SBB-TIC 4
24 DCL-TIC
25 DCL-TIC
26 Inhalt 1. Symptomatik 2. Ursache 3. Diagnostik 4. Indikation 5. Verhaltenstherapie
27 Beratung und Verlaufskontrolle... ist bei milden, nicht chronifizierten Tic- Symptomen indiziert, wenn die Tic-Symptomatik höchstens 6 Monate andauert und wenn sie eine geringe Intensität hat und wenn keine ausgeprägten, komorbiden Störungen vorliegen. ist Tic-Symptomatik stärker ausgeprägt, ohne hinreichende Behandlungscompliance Verlaufskontrolle + Maßnahmen zum Aufbau einer Behandlungscompliance
28 Primäre symtomzentrierte verhaltenstherapeutische Behandlung... ist bei psychosozialer Beeinträchtigung und mittlerer Symptomstärke indiziert, wenn Dauer der Tic-Symptomatik > 6 Monate und geringe bis mittlere Intensität oder wenige Tics und schnelle Symptomminderung nicht dringend erforderlich wenn bei Patienten/Bezugsperson hinreichende Compliance oder aufgebaut werden kann verhaltenstherapeutische Behandlung auch dann indiziert, wenn die Compliance für eine indizierte medikamentöse Therapie fehlt
29 Pharmakotherapie... ist bei psychosozialer Beeinträchtigung indiziert, wenn Tic-Symptomatik hohe Intensität, sehr komplex und aus vielen Tics besteht oder wenn schnelle Symptomminderung dringend erforderlich ist oder wenn keine Compliance für primäre Verhaltenstherapie oder diese nicht (hinreichend) erfolgreich war und wenn bei Patienten/Bezugsperson hinreichende Compliance oder aufgebaut werden kann
30 Kombiation Pharmako- und Verhaltenstherapie... ist dann indiziert, wenn bei primärer Indikation von Pharmakotherapie durch die Pharmakotherapie alleine keine hinreichende Symptomminderung erreicht werden konnte oder wenn bei primärer Indikation von Verhaltenstherapie durch die Verhaltenstherapie alleine keine hinreichende Symptomminderung erreicht werden konnte und wenn eine Compliance für eine zusätzliche Verhaltens- bzw. Pharmakotherapie besteht oder aufgebaut werden kann.
31 Inhalt 1. Symptomatik 2. Ursache 3. Diagnostik 4. Indikation 5. Verhaltenstherapie: THICS
32 Verhaltenstherapeutische Behandlungstechniken Grundsätzlich gilt: Verhaltenstherapie bei Ticstörungen soll spontan verwendete Selbstkontrollstrategien aufgreifen, modifizieren und systematisieren Folgende Methoden kommen zum Einsatz: 1. Selbstbeobachtung 2. Entspannungstechniken 3. Kontingenzmanagement 4. Massierte Übungen (massed negative practice) 5. Umleiten von Tics 6. Modifikation sensomotorischer Vorgefühle 7. Kombinationsbehandlung der Reaktionsumkehr (habit reversal) schließt Techniken 1-3 ein
33 Stand der Forschung des Habit Reversal Trainings (HRT) Carr & Chong (2005): Metaanalyse (12 Studien) Symptomreduktion bei 94% (90 Teilnehmer) Verdellen et al. (2004): signifikante Symptomreduktion bei 18 Tourette-Patienten Wilhelm et al. (2003): HRT wirksamer als supportive Psychotherapie (N = 32 Erwachsene) Piacentini et al. (2002): HRT signifikante Verbesserung (N = 25 Kinder/Jugendliche)
34 Aims of Treatment Research Piacentini et al. (2010) Behavior Therapy for Children With Tourette Disorder. A Randomized Controlled Trial. JAMA 303: K. Woitecki
35 CBIT-Studie: Behandlung Therapie: 8 Sitzungen (2x 90 Min. + 6 x 60 Min.) in 10 Wochen Reaktionsumkehr-Therapie: Schwerpunkt auf Awareness Training und Competing Response Training Zusätzlich Entspannungstraining, funktionale Interventionen (Identifikation auslösender Stimuli ) Kontrollgruppe: Psychoedukation und Diskussion Informationen über Tic-Störungen Besprechung von Problemen im Umgang mit Tics ohne konkrete Anweisungen
36 Wirksamkeit: Tic-Schweregrad (YGTSS, klinisches Urteil) Effektstärken (Cohen s d) nach 5 Wochen: 0,54 nach 10 Wochen: 0,68 Ähnliche Effekte für motorische und vokale Tics Piacentini et al. (2010) Behavior Therapy for Children With Tourette Disorder. A Randomized Controlled Trial. JAMA 303: K. Woitecki
37 Wirksamkeit: Beeinträchtigung (YGTSS, klinisches Urteil) Effektstärken (Cohen s d) nach 5 Wochen: 0,47 nach 10 Wochen: 0,57 CGAS Effektstärken (Cohen s d) nach 10 Wochen: 0,64 Piacentini et al. (2010) Behavior Therapy for Children With Tourette Disorder. A Randomized Controlled Trial. JAMA 303: K. Woitecki
38 Wirksamkeit: Symptomatik Elternurteil Effektstärken (Cohen s d) nach 5 Wochen: 0,28 nach 10 Wochen: 0,30 Piacentini et al. (2010) Behavior Therapy for Children With Tourette Disorder. A Randomized Controlled Trial. JAMA 303: K. Woitecki
39 CBIT-Studie: Schlussfolgerungen Die Behandlung ist wirkungsvoll bei Kindern und Jugendlichen mit mittlerem bis größerem Schweregrad sowohl im (maskierten) klinischen Urteil als auch im Elternurteil Die Effekte bleiben stabil im 6-Monate-Follow-up bei jenen, die positiv auf die Behandlung reagierten Die Reduktion um 7,6 Punkte in YGTSS (=31% von Baseline-Werte) liegt nur geringfügig unter den Effekten antipsychotischer Medikation bei Kindern mit Tourette-Störung
40
41 THICS-Studie: Behandlungsdesign Minimalintervention Intensivintervention Woitecki, K. & Döpfner, M. (2011). Die Wirksamkeit der Reaktionsumkehr-Behandlung bei Kindern und Jugendlichen mit chronischen Tic-Störungen eine Pilotstudie. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie (akzeptiert zur Publikation) K. Woitecki
42 Wirksamkeit: Tic-Symptomatik Elternbeurteilung Effektstärke 0.95 Woitecki, K. & Döpfner, M. (2011). Die Wirksamkeit der Reaktionsumkehr-Behandlung bei Kindern und Jugendlichen mit chronischen Tic-Störungen eine Pilotstudie. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie (akzeptiert zur Publikation) K. Woitecki
43 Vergleich MI mit II im Eltern- und Selbsturteil für wöchentliche Beobachtung K. Woitecki
44 Kontrollierbarkeit im Eltern- und Selbsturteil Effektstärken Elternurteil: 1.46 Selbsturteil: 0.50 K. Woitecki
45 Behandlungszufriedenheit Eltern- und Selbsturteil K. Woitecki
46 Schlussfolgerungen Starke Veränderungen auf allen relevanten Variablen während des Therapiezeitraums Effekte bleiben nach 3 Monate-Katamnese stabil Zusätzliche spezifische Effekte durch Intensivtherapieintervention ließen sich nur in der Selbstbeurteilung und Selbstbeobachtungsbögen finden Insgesamt starke Schwankungen der Symptomatik Grenzen, da begrenzte Stichprobengröße und kein Vergleich zu einer randomisierten Kontrollgruppe
47 Funktionales Störungsmodell und verhaltenstherapeutische Ansatzpunkte
48 Aufbau THICS Exploration Psychoedukation Selbstwahrnehmungstraining Entspannung Training inkompatibler Reaktionen Bewältigung residualer Tic-Symptome
49 Selbstwahrnehmungstraining (awareness training) Ziel: Sensibilisierung des Patienten für seine Tics und deren Beeinflussbarkeit durch innere und äußere Reize
50 Selbstwahrnehmungstraining Selbstbeobachtung Beschreibung der Tic- Reaktionen Training der Reaktionserkennung Training zur Wahrnehmung früher Anzeichen einer Tic- Reaktion Training der Wahrnehmung situativer Einflüsse
51 Selbstwahrnehmungstraining Selbstbeobachtung
52 Selbstbeobachtung
53 Selbstwahrnehmungstraining Selbstbeobachtung Beschreibung der Tic- Reaktionen
54 Beschreibung der Tic-Reaktion Herausarbeitung des Ablaufs einzelner Tics
55 Beschreibung der Tic-Reaktion
56 Selbstwahrnehmungstraining Selbstbeobachtung Beschreibung der Tic- Reaktionen Training der Reaktionserkennung
57 Training der Reaktionserkennung Patient gibt Codewort/Zeichen, nachdem er einen Tic ausgeführt hat
58 Selbstwahrnehmungstraining Selbstbeobachtung Beschreibung der Tic- Reaktionen Training der Reaktionserkennung Training zur Wahrnehmung früher Anzeichen einer Tic- Reaktion
59 Training Wahrnehmung früher Anzeichen Tic unterdrücken Rückmeldung wenn Vorgefühl erkennbar Patient soll sein Code/Zeichen kurz vor Tic- Ausführung geben
60 Ich gegen den Tic
61 Selbstwahrnehmungstraining Selbstbeobachtung Beschreibung der Tic- Reaktionen Training der Reaktionserkennung Training zur Wahrnehmung früher Anzeichen einer Tic- Reaktion Training der Wahrnehmung situativer Einflüsse
62 Training Wahrnehmung situativer Einflüsse
63 Aufbau THICS Exploration Psychoedukation Selbstwahrnehmungstraining Entspannung Training inkompatibler Reaktionen Bewältigung residualer Tic-Symptome
64 Entspannungsverfahren Ziel: Allgemeine Reduktion von Stress und Anspannung Unterbrechung des Teufelskreises: Stress vermehrte Tics noch höherer Stress noch mehr Tics Möglichst Entspannungsverfahren auch als Selbstkontrolltechnik anwenden! Methoden: Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson Autogenes Training Atemübungen Bildhaftes Vorstellen beruhigender Szenen
65 Aufbau THICS Exploration Psychoedukation Selbstwahrnehmungstraining Entspannung Training inkompatibler Reaktionen Bewältigung residualer Tic-Symptome
66 Training inkompatibler Reaktionen Training inkompatibler Reaktionen Kontingenzmanagement Generalisierungstraining
67 Training inkompatibler Reaktionen (competing response training) Zentrale Methode des Behandlungsprogramms Ziel: Einübung einer motorischen Gegenbewegung zur Tic-Reaktion, die gegen das Auftreten des Tics gerichtet ist Merkmale der Gegenbewegung: Für jeden Tic eine spezifische Gegenbewegung Nach Möglichkeit der Tic-Bewegung entgegen gerichtet 1-2 Minuten aufrecht zu erhalten Weitgehend unauffällig durchführbar
68 Training inkompatibler Reaktionen (competing response training) Durchführung: Meist isometrische Anspannung der Antagonisten Erst in der Therapiesitzung einüben Gegenreaktion etwa ein bis zwei Minuten lang ausführen, wenn ein Tic-Impuls wahrgenommen oder ein Tic ausgeführt wird Nacheinander Gegenbewegungen für verschiedene Tics erarbeiten
69 Training inkompatibler Reaktionen (competing response training) Durchführung zu Hause: Erst mit konkreten Zeiten beginnen (jeden Tag 30 Minuten) Oder konkreten Situationen (immer beim Essen) Oder konkreten Räumlichkeiten (immer in der Küche) Nach und nach ausweiten
70 Beispiele: Tic: Training inkompatibler Reaktionen (competing response training) Schulterwerfen nach oben Vokaler Tic mit Mund (Geräusch, Wort, Satz) Vokaler Tic mit Nase Blinzeln Kopf zurückwerfen Lippen verziehen Finger oder Hand Augenbrauen hochziehen Ellbogen schlagen Nase rümpfen
71 Training inkompatibler Reaktionen (competing response training) Beispiele: Tic Gegenbewegung Schulterwerfen nach oben Vokaler Tic mit Mund (Geräusch, Wort, Satz) Vokaler Tic mit Nase Blinzeln Kopf zurückwerfen Die Schulter wird mit leichter Anspannung für eine Minute nach unten gezogen. Den Mund schließen und eine Minute lang langsam durch die Nase ein- und ausatmen (Ausatmung länger als Einatmung, z.b. 5 Sekunden ein und 7 Sekunden aus). Der Atemstrom soll beim Wechseln Ein- Ausatmung zu keiner Zeit abreißen. Gleichzeitig Versuch, Muskeln zu entspannen. Mund öffnen und durch den Mund ein- und ausatmen. Auch hier soll der Atemstrom zu keiner Zeit abreißen. Die Augen ganz weit öffnen oder Augen in einem langsamen Rhythmus auf- und zumachen (ein Augenschlag pro 3-5 Sekunden) und ungefähr alle 5-10 Sekunden den Blick zusätzlich nach unten zu wenden. Genickmuskeln anspannen und währenddessen Kinn langsam senken. Kopf in einer geraden Position, Augen nach vorne gerichtet halten.
72 Training inkompatibler Reaktionen (competing response training) Beispiele: Tic Lippen verziehen Finger oder Hand Augenbrauen hochziehen Ellebogen schlagen Nase rümpfen Gegenbewegung Lippen aufeinander legen und leicht zusammenpressen. Im Stehen: Hände vor dem Oberkörper falten und Hände zusammendrücken Im Sitzen: Hände auf Oberschenkel mit leicht gespreizten Fingern drücken Augenbrauen leicht hinunterziehen. Stirnmuskeln gerade so viel anspannen, dass Augenbrauen nicht hochziehen können. Ellebogen seitlich an Körper halten und leicht anpressen. Oberlippe nach unten ziehen und leicht Lippen aufeinander pressen.
73 Der schlaue Trick gegen jeden Tic
74 Training inkompatibler Reaktionen Training inkompatibler Reaktionen Kontingenzmanagement Generalisierungstraining
75 Kontingenzmanagement Ziele: Positive Verstärkung einzelner Behandlungsschritte Förderung der Behandlungsmotivation des Patienten Direkte Symptomreduktion Methoden: Soziale Verstärkung und Anerkennung Token-Systeme Response-Cost-Verfahren
76 Training inkompatibler Reaktionen Training inkompatibler Reaktionen Kontingenzmanagement Generalisierungstraining
77 Generalisierungstraining Ziel: Unterstützung der in der Therapiesitzung erworbenen Techniken auf das natürliche soziale Umfeld Methoden: So lange in der Sitzung üben, bis entsprechende Methode beherrscht wird Konkrete Hilfestellungen zur Umsetzung im Alltag Positive Verstärkung der Umsetzung
78 Aufbau THICS Exploration Psychoedukation Selbstwahrnehmungstraining Entspannung Training inkompatibler Reaktionen Bewältigung residualer Tic-Symptome
79 Bewältigung Unterstützung ist bei der Krankheitsbewältigung als Bestandteil der Psychotherapie unverzichtbar. Wichtige Themen: Psychoedukation: Verlauf, Prognose, Harmlosigkeit Wie erkläre ich meine Tics - in der Schule - gegenüber Fremden Rollenspiel Kognitive Umstrukturierung, wenn Tics zu Selbstabwertung führen verstärkte Ticsymptomatik im häuslichen Umfeld Reframing: Das ist ein Kompliment an Sie. Ihr Kind fühlt sich zu Hause so wohl, dass es sich traut den Tics freien Lauf zu lassen.
80 Grenzen des Verfahrens Motivation wichtiger und kritischer Punkt Umsetzung im Alltag kann schwierig sein Nicht alle Patienten profitieren von dem Verfahren Häufig kann nur Kontrolle über einzelne Situationen verbessert werden Völlige Symptomfreiheit kann nicht erwartet werden
81 Literatur Bätz, K. & Döpfner, M. (2009). Tic-Störungen. In F. Petermann (Hrsg.), Fallbuch der klinischen Kinderpsychologie und -psychotherapie (3. Aufl.). Göttingen: Hogrefe. Döpfner, M. (1993). Tics. In H.-C. Steinhausen & M. von Aster (Hrsg.), Handbuch Verhaltenstherapie und Verhaltensmedizin bei Kindern und Jugendlichen (2. Aufl. S ). Weinheim.: Beltz, Psychologie-Verlags-Union. Döpfner, M., Rössner, V., Woitecki, K. & Rothenberger, A. (2010). Tic-Störungen. Göttingen: Hogrefe. Döpfner, M. & Rothenberger, A. (2008). Tic-Störungen. In F. Petermann (Hrsg.), Lehrbuch der Klinischen Kinderpsychologie (6. vollst. veränd. Aufl.; S ). Göttingen: Hogrefe. Müller-Vahl, K. (2010). Tourette-Syndrom und andere Tic-Erkrankungen. Berlin: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. Piacentini JC, Woods DW, Scahill L, Wilhelm S, Peterson AL, Chang S, Ginsburg GS, Deckersbach T, Dziura J, Levi-Pearl S, Walkup JT (2010). Behavior Therapy for Children With Tourette Disorder. A randomized Controlled Trial. Journal of the American Medical Association. 303: Woods, D. W., Piacentini, J. C., Chang, S. W., Deckersbach, T., Ginsburg, G. S., Perterson, A.L., Scahill, L. D., Walkup, J. T. &Wilhelm, S. (2008) Managing Tourette Syndrome, A Behavioral Intervention For Children And Adults. New York: Oxford University Press.
82 Literatur Woitecki K, Döpfner M (2011). Die Wirksamkeit der Reaktionsumkehr-Behandlung bei Kindern und Jugendlichen mit chronischen Tic-Störungen eine Pilotstudie. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. 39(6): Woitecki K, Döpfner M (2012). Veränderung komorbider Symptome und subjektiver Beeinträchtigung bei einer Reaktionsumkehr-Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit chronischen Tic-Störungen eine Pilotstudie. Zeitschrift für Kinderund Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. 40(3): Woitecki, K.& Döpfner, M. (2013). Therapieprogramm Tic-Störungen (THICS). Göttingen: Hogrefe (in Vorbereitung). Für Betroffene: Hartung, S. (1995)....sonst bin ich ganz normal: Leben mit dem Tourette-Syndrom. Hamburg: Rasch und Röhring. Huber, C. (2008). Vom Gewitter bis zum Sonnenschein. Pro BUSINESS Verlag. Scholz, A. & Rothenberger, A. (2001). Mein Kind hat Tics und Zwänge: Erkennen, verstehen und helfen beim Tourette-Syndrom. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Döpfner, M., Rössner, V., Woitecki, K. & Rothenberger, A. (2010). Ratgeber Tic- Störungen. Göttingen: Hogrefe.
83 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Tic-Störungen. Dr. Katrin Woitecki, Dipl.-Psych.
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