Wolfgang Beywl. Unterrichtsintegrierte Selbst-Evaluation. Kantonale Tagung für Schulleitungen 28. März 2012 Aarau
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1 Wolfgang Beywl Unterrichtsintegrierte Selbst-Evaluation Kantonale Tagung für Schulleitungen 28. März 2012 Aarau
2 Ziele Teilnehmende können den Ansatz unterrichtsintegrierter Selbstevaluation... grob skizzieren wichtige Teilschritte benennen als wichtig für die Unterrichtsentwicklung begründen Elemente seiner schulischen Einführung identifizieren Tagung Gute Bildungsevaluationen - PH FHNW, Institut Weiterbildung und Beratung/Professur Bildungsmanagement - Wolfgang Beywl
3 übersicht Übersicht Präsentation Vorstellung Verschränkung von Unterrichten und Untersuchen Evaluative Sicht auf Unterricht Acht Planungs- und Umsetzungsschritte der Selbst-Evaluation Beispiele für «Knacknüsse» aus dem Unterricht Checkpunkte für herausfordernde s.m.a.r.t. Ziele Rahmensetzung für Selbst-Evaluation durch Schulleitung Mini-Glossar 3
4 Vorstellung Wolfgang Beywl 1988: Promotion «Evaluation des Berufswahlunterrichts an Hauptschule» 1996: Modellprojekt «Selbstevaluation in der Kinder- und Jugendhilfe» (bis 1998) 1997: Gründung «Univation Institut für Evaluation» GmbH, Köln 1999: Gründungsvorstand Gesellschaft für Evaluation DeGEval (D, A) bis 2007 Übersetzung der Handbuches «Standards der Bildungsevaluation» Leitung Kommission «Evaluationsstandards» der DeGEval 2001: Unterrichtsprojekt mit Klasse 4: «Wir bewerten unsere Schule» 2004: Studienleiter MAS-Programm «Evaluation» Universität Bern (bis 2009) 2010: Berufung auf die Professur Bildungsmanagement am IWB PH FHNW 2011: Evaluation des Deutschen Schulpreises (für Robert-Bosch-Stiftung) 2012: Start des CAS «Bildungsevaluation» PH FHNW und Universität Bern Forschung & Entwicklung zum Aufbau von Evaluationsvermögen an Schulen 4
5 Verschränktes Unterrichten-Untersuchen Selbst-Evaluation = Unterrichten und Untersuchen Unterricht durchführen (Praxisstrang) Selbst Evaluation soll den eigenen Unterricht zielgerichtet verbessern /stabilisieren beschreiben bewerten Unterricht untersuchen (Untersuchungssstrang) Selbst Evaluation soll über eigenen Unterricht Informationen gewinnen/absichern (pädagogisch & didaktisch handeln) (systematisch untersuchen) Unterricht Untersuchung integriert = gleichzeitig, gegenseitig stützend, in einem Zug 5
6 Ausgangslage Dass Lehrpersonen ihren Unterricht systematisch selbst evaluieren ist mir als SL sehr wichtig Bitte markieren Sie Ihre Position: mit einem Punkt und Namenskürzel (z. B. wbe) ist mir als SL nicht wichtig bindet bei LP viel Zeit erfordert bei LP kaum Zeit 6
7 Wichtigkeit SE Stärke ausgewählter Einflussfaktoren auf die Lernresultate (learning outcomes) von SchülerInnen Positive Einflüsse schwache mittlere starke Negative Einflüsse Micro-Teaching d=0.88 Kleine Auswahl aus Hatties 138 Faktoren 3 Feedback Schü Lp d= Weiterbildung d= Sozioök. Status d= Schulleitung d= Lp-Ausbildung d= Fernseh -konsum d= Schulwechsel d= Lp-Selbstevaluation d=0.90 je länger die horizontale Seite, desto grösser die Effektstärke Quelle: Hattie, John A. C. (2008): Visible learning : a synthesis of meta-analyses relating to achievement. London: Routledge. (Auswertung von 816 Meta-Analysen zu Studien mit insgesamt 83 Millionen Schülern und Schülerinnen) Institut Weiterbildung und Beratung - Wolfgang Beywl 7
8 Vergleich: Selbstevaluation der (ganzen) Schule unterrichtsintegrierte Selbstevaluation
9 Evaluativer Blick auf Unterricht Lernresultate Unterrichts- Intervention Lernausgangslage Unterricht sichtbar machen 9
10 Lernhandeln Vorbereitung Beteiligung Selbststeuerung Präsentation Essay schreiben Evaluative Sicht auf Unterricht Grundelement des Unterrichts aus Evaluationssicht - Unterrichten und Lernen als Gemeinschaftsleistung - (vereinfacht/schematisch) Lernresultate Kompetenzausprägung Kompetenzzuwachs Lehrhandeln Informierender Unterrichtseinstieg (IU) Demonstration Lehrgespräch Gruppenanleitung Medien Schulbuch Arbeitsblätter Videos Selbstlernsoftware 10
11 8-schrittiges Schema Der Praxisstrang eigenen Unterrichtens Unterrichten (Praxisstrang) Konzept Unterrichtsintervention Resultat Output / Outcome / Impact
12 8-schrittiges Schema wird synchronisiert mit dem Untersuchungsstrang des Beschreibens und Bewertens Unterrichten (Praxisstrang) Konzept Untersuchen (Untersuchungsstrang) Informations -gewinnung Resultat Unterrichtsintervention Evaluationsplanung Ergebnisvermittlung
13 8-schrittiges Schema... ergibt eine 8-schrittige unterrichtsintegrierte Selbst-Evaluation Unterrichten 1. Anlass der Evaluation klären Untersuchen Konzept 3. Lehrziele festlegen 4. Unterrichtsintervention planen 2. Gegenstand bestimmen 5. Fragestellung formulieren Evaluationsplanung zyklisch Unterrichtsintervention 6. Datenerhebung planen 7. Daten erheben - bewerten Informationsgewinnung Resultat 8. Ergebnisse rückmelden und nutzen Ergebnisvermittlung
14 Details zu Schritt 1 Motivierender Anlass = Knacknuss etwas in meinem Unterricht (oder auch etwas Unterrichtsnahes), was mich stört oder ärgert (aber nicht so stark, dass es mich geradezu lähmt) wobei es mir wichtig ist, dass sich diese Situation verbessert; es würde mich entlasten, es ginge mir besser, ich würde mich noch professioneller und wirksamer erleben; meine/unsere Klasse usw. käme weiter. der Weg zur Lösung kann durch mein eigenes Handeln gebahnt werden, mit dem ich die Situation verändere/das Handeln Anderer beeinflusse wovon ich Zuversicht habe, dass ich es lösen kann, wenn ich mich darauf konzentriere, also gezielt Massnahmen einleite wobei ich als Lehrperson die Zuständigkeit habe, es (im Rahmen des Leitbildes/Qualitätsrahmens der Schule) und der mir zur Verfügung stehenden Ressourcen autonom zu lösen 14
15 Details zu Schritt 1 Lohnende Anlässe (Knacknüsse): sehr heterogene Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler (SuS) "Störungen" einzelner SuS; erlebte Provokationen passive Klasse / wenig Aktive SuS lenken andere ab/lassen sich ablenken wenig Interesse der SuS für den Stoff wenig intensive Vorbereitung der SuS (z. B. durch Hausaufgaben) SuS bearbeiten Aufgaben nicht/falsch schwacher Kontakt LP mehrere SuS während der Lektion wenig Bereitschaft v. SuS, effektiv in Gruppen zu arbeiten viele SuS finden den roten Faden zwischen den Lektionen nicht ungerichtete, flatterige Diskussionen in der Klasse zu wenig Zeit - zu viel Stoff SuS verstehen die Textaufgaben im Mathebuch nicht Unsicherheit was SuS wirklich gelernt haben. Fallen Ihnen weitere Knacknüsse des Unterrichtens ein, von denen Lehrpersonen öfter berichten? 15
16 Detailziele herausfordernd & s.m.a.r.t. formulieren Details zu Schritt 3 herausfordernd: der angestrebte zukünftige Zustand macht einen bedeutsamen Unterschied zu dem, der sich von selbst, ohne Dazutun, einstellt. s - spezifisch konkretes Teilziel ist angegeben; m - messbar Grad der Zielerreichung läßt sich beobachten (zumindest indirekt messen) a - akzeptabel + es ist (auf der Basis Leitbild, Schulprogramm ) vertretbar, dass dieses Ziel verfolgt wird; r - realistisch das Ziel ist unter gegebenen finanziellen, personellen,... Rahmenbedingungen erreichbar; t - terminiert Zeitpunkt, zu dem das Ziel erreicht sein soll, ist festgelegt verlangt nicht, dass das Ziel von allen Beteiligten allen gleichermaßen akzeptiert ist; man kann es jedoch legitimerweise einfordern 16
17 Schritte 5 bis 8 Fragestellung steuert Datenerhebung 5 Fragestellung steuert 6/7 Datenerhebung generiert 8 Ergebnisse beantworten die
18 Beispiel : Begriffsnetze erarbeiten mit der Insel der BWL Unterricht: Grundlagen der BWL mit 15 berufstätigen Studierenden im Abendunterricht (18.00 bis 21.15) Knacknuss: wg. Tageszeit und Stofffülle wenig aktive Beteiligung Ziele: bisher inaktive Teilnehmende beteiligen sich in Unterrichtssequenzen durch Wortmeldungen und Fragen // am Ende jeder Sequenz können Studierende als Gruppe min. 80% der in behandelten BWL-Begriffe mit eigenen Worten erläutern // alle Studierende bestehen anschliessende schweizerische Prüfung Intervention & Erhebung: Sequenz-Sets mit Schlüsselbegriffen auf C-6 Karten Erarbeiten stehend um Tisch mit Insel -Plakat Anlegen in Zonen // Anwenden auf Fallstudie // Gegen Schluss erneutes Erläutern und Legen der Karten Dokumentation: Foto am Anfang und am Ende Beispiel 18
19 Ausgangslage (Incomes) Dokumentation zur «Insel der BWL» Resultate (Outcomes) Beispiel 19
20 Einführung in die Schule Zu schaffende Voraussetzungen für Selbstevaluation nur im Notfall allein, besser mit kritischen Freunden/im Unterrichtsteam die Selbstevaluation planen Instrumente wenn immer möglich vortesten besser zu viel als zu wenig Schutz der Daten/der Ergebnisse; am besten mit Unterschriften oder in einer Vereinbarung «Vertrauenskultur» (s. Folie unten: Verhaltenskodex der Kreisschule Mittleres Wynental) 21
21 Einführung in die Schule Wie kommen Lehrpersonen an Selbstevaluationsinstrumente? Es wird ein Set von acht bis zehn gut beschriebenen Instrumenten bereitgestellt; Unterrichtsmethoden z. B. aus dem kooperativen Lernen werden auf Erweiterbarkeit um Datenerhebung geprüft es gibt Fallbeispiele durchgeführter Selbstevaluationen aus Schulen mit Dokumentation der Instrumente es werden situativ im Unterrichtsteam / im Tandem passende Instrumente entworfen (setzt Erfahrung mit dem Set voraus). mit der Zeit kann LP ohne grosse Vorbereitung passendes Instrument zuschneiden und einsetzen 22
22 Prinzipien der schulischen Einführung Einführung in die Schule Längerfristige Einführungsphase: auf minimal zwei Jahre angelegt mit Absichtserklärung zu Fortsetzung; vom «Projekt» zum «Standardprozess». Einfügen in bereits laufende Verfahren: Nutzung vorhandener Gefässe (z. B. Unterrichtsteams); Teil des Berufsauftrages von LP. Schulinterner Kompetenzaufbau: Ein oder zwei LP erwerben Kompetenzen zur Beratung in Selbstevaluation (kombinierbar mit z. B. Rolle als Q-Beauftragte u.ä.); mässige und degressive Unterstützung durch Externe. Wahlpflichtangebot: Schulleitung verpflichtet jede LP z.b. 1x pro Semester dem Kollegium ein Ergebnis aus (gemeinsamer) Unterrichtsentwicklung zu präsentieren; kann, muss keine Selbstevaluation sein. Themenwahl autonom. Hoher Vertrauens- und Datenschutz: Originaldaten bleiben in Verfügung der LP; vereinbarte Stufen der Ergebnisweitergabe (z. B. dokumentierte Besprechung mit Vertrauensperson... Vorstellen auf Präsentationstag Veröffentlichung in Zeitschrift). 23
23 Einführung in die Schule I. Bedeutsame Gestaltungsspielräume für Unterricht sind eröffnet II. Spezifische Evaluationsaufgabe ist mit Lehrpersonen vereinbart III. Verantwortung für Entscheide definitiv bei Unterrichtenden IV. Eigentum an Daten und Pflicht zum Berichten sind vereinbart V. Transparenz und Vertrauen als Grundlage stets gefördert VI. Ressourcen sind gesprochen Rahmen für Selbst-Evaluation klären = Aufgabe der Schulleitung VII. Kompetente interne oder externe Selbst-Evaluationsberatung verfügbar DeGEval, Gesellschaft für Evaluation (2004): Empfehlungen zur Anwendung der Standards für Evaluation im Handlungsfeld der Selbstevaluation. Alfter: DeGEval.[ Vision: Schulinternes QM schafft Raum für selbstgesteuerte Evaluation durch Lehrpersonen, verstärkt ihre Professionalität und ihr Wohlbefinden; diese fördert lernende Organisation Schule 24
24 Einführung in die Schule Beispiel für einen Verhaltenskodex Eine solche von allen Lehrpersonen unterzeichnete und getragene Erklärung ist eine sichere Basis für eine nachhaltige unterrichtsintegrierte Selbstevaluation. Es könnte ergänzt werden: Wir halten die Bestimmungen des Datenschutzes strikt ein. Wenn wir Daten bei Schülerinnen und Schülern, Eltern und anderen Beteiligten erheben, holen wir ihr informiertes Einverständnis ein. 25
25 Materialien / Kontakt Literatur Beywl, Wolfgang/Bestvater, Hanne/Friedrich, Verena (2011): Selbstevaluation in der Lehre. Ein Wegweiser für sichtbares Lernen und besseres Lehren. Münster: Waxmann. Mit einem «Taschenset» von sieben konvivialen Erhebungsinstrumenten sowie fünf Fallbeispielen aus der Hochschullehre Praxisbeispiel Schule Beywl, Wolfgang/Härri, Roland (2012): Effizientes und effektives Lerncoaching während der Planarbeit im Mathematikunterricht. Fallbeschreibung einer unterrichtsintegrierten Selbstevaluation, IWB PH FHNW, Aarau, 6 Seiten. Kontakt wolfgang.beywl@fhnw.ch Telefon:
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