Newsletter Practice Group Restrukturierung Sanierung Insolvenz
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- Lars Meyer
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1 Februar 2011 Newsletter Practice Group Restrukturierung Sanierung Insolvenz Keine Haftung trotz Hinterziehung von Sozialabgaben Zur Darlegungs- und Beweislast für positive Fortführungsprognose Auswirkungen des Urteils zur Kündbarkeit einer Patronatserklärung Der Praxis-Tipp: Vermeidung von Insolvenzrisiken bei Gegengeschäften... 4 BFH: Voraussetzungen für die steuerneutrale Abspaltung eines Teilbetriebs Unzulässige Fortsetzung einer GmbH nach Ablehnung der Insolvenzeröffnung mangels Masse... 5 Impressum Berlin Düsseldorf Essen Frankfurt am Main Hamburg München Brüssel London Mailand New York Palma de Mallorca Paris Sydney Zürich
2 Keine Haftung trotz Hinterziehung von Sozialabgaben Trotz Strafbarkeit unterbliebener Abführung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung erleidet der zuständige Versicherungsträger keinen Schaden, wenn die Beitragszahlung im Insolvenzverfahren erfolgreich angefochten worden wäre (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2010 IX ZR 247/09) Das Nichtabführen von Beiträgen zur Sozialversicherung kann für Geschäftsführer bekanntlich empfindliche Folgen haben. Der BGH stellte nunmehr erfreulicher Weise klar, dass aber auch ein tatsächlicher Schaden vorliegen muss. Zwar kann sich ein Arbeitgeber auch dann nach der Vorschrift des 266a Abs. 1 StGB strafbar machen, wenn pflichtgemäß entrichtete Zahlungen von dem Träger der Sozialversicherung später im Wege der Insolvenzanfechtung hätten zurückbezahlt werden müssen. Ein nach 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit 266a Abs. 1 StGB ersatzfähiger Schaden des Sozialversicherungsträgers entfällt jedoch, wenn pflichtgemäß geleistete Zahlungen anfechtungsrechtlich keinen Bestand gehabt hätten. Daran ändert nichts, dass der organschaftliche Vertreter einer zahlungsunfähigen Kapitalgesellschaft inzwischen einhellig als verpflichtet angesehen wird, die Arbeitnehmeranteile zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag abzuführen, selbst wenn dies die Gläubigergleichbehandlung im Insolvenzverfahren beeinträchtigt. Aus der Straftat und vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung kann ein ersatzfähiger Schaden allenfalls hergeleitet werden, wenn der Verletzungstatbestand einen solchen Erfolg voraussetzt, nicht bei dem hier gegebenen Handlungsunrecht. Auch aus der steuerlichen Vertreterhaftung nach den 69, 34 AO trotz Anfechtbarkeit der unterbliebenen Lohnsteuerabführung kann nicht umgekehrt geschlossen werden, gerade wegen der Haftung müsse auch ein entsprechender Schaden eingetreten sein. Autor: Prof. Dr. Peter Fissenewert fissenewert@buse.de Zur Darlegungs- und Beweislast für positive Fortführungsprognose Der Insolvenzverwalter muss lediglich die rechnerische Überschuldung anhand von Liquidationswerten darlegen. Die Darlegungs- und Beweislast für eine positive Fortführungsprognose mit der Folge einer Bewertung des Vermögens zu Fortführungswerten obliegt dem Geschäftsführer (BGH v , II ZR 151/09) Der Geschäftsführer einer überschuldeten oder zahlungsunfähigen GmbH muss unverzüglich Insolvenzantrag stellen ( 15a InsO). Für die Überschuldung gilt derzeit (noch bis Ende 2013) die folgende Definition: Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Die rechnerische Gegenüberstellung von Vermögen und Verbindlichkeiten allein begründet also (seit 2008) keine Antragspflicht mehr. Vielmehr muss eine negative Fort- 2
3 führungsprognose hinzu kommen. Danach war es schon immer die Pflicht des in die Haftung genommenen Geschäftsführers, darzulegen und zu beweisen, dass es realistische Fortführungschancen gibt. Die bloße Hoffnung, dass es besser wird, reicht nicht. Erforderlich ist neben dem subjektiven Fortführungswillen, dass der Geschäftsführer objektiv einen Ertragsund Finanzplan mit einem schlüssigen und realisierbaren Unternehmenskonzept für einen angemessenen Prognosezeitraum aufstellt so der Gesellschaftsrechtssenat des Bundesgerichtshofs. Dem vom Insolvenzverwalter in Anspruch genommenen Geschäftsführer half es nichts, als er geltend machte, solche Pläne würden von Wirtschaftsprüfern oder Beratern aufgestellt, kosteten zehn- oder zwanzigtausend Euro und seien auch nicht innerhalb der dreiwöchigen Maximalfrist zur Antragstellung zu haben. Genau so wenig ließ sich der BGH davon überzeugen, dass der Geschäftsführer die Insolvenz nicht mit Sicherheit vorhergesehen haben wollte. Die Erkennbarkeit der Insolvenzreife reiche aus und ein Verschulden werde vermutet. Im Ergebnis muss der betroffene Geschäftsführer wohl über Euro, die er seit Insolvenzreife ausgegeben hatte, an den Insolvenzverwalter erstatten. Autorin: Rechtsanwältin Susanne Lehr Auswirkungen des Urteils zur Kündbarkeit einer Patronatserklärung BGH, Urteil vom II ZR 296/08 Verspricht die (mittelbare) Muttergesellschaft in einer Patronatserklärung gegenüber ihrer bereits in der Krise befindlichen Tochtergesellschaft, während eines Zeitraumes, der zur Prüfung der Sanierungsfähigkeit erforderlich ist, auf Anforderung zur Vermeidung von deren Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung deren fällige Verbindlichkeiten zu erfüllen, kann diese Erklärung mit Wirkung für die Zukunft gekündigt werden, wenn die Parteien nach den Umständen des Einzelfalls ein entsprechendes Kündigungsrecht vereinbart haben. Die Patronatserklärung kann während der Sanierungsprüfung die ideale Lösung sein. Der Tochter ermöglicht sie die Überlebensfähigkeit während der Sanierungsprüfung. Für die Mutter führt sie weder zu einer bilanziellen noch Liquiditätsbelastung. Darüber hinaus eröffnet sie ihr die Chance, sich jederzeit vor weiteren Verbindlichkeiten durch Kündigung der Erklärung zu schützen. Die Formulierung der Patronatserklärung ist mit besonderer Sorgfalt vorzunehmen. Die zeitliche Geltungsdauer der Erklärung ist explizit in den Erklärungstext mit aufzunehmen. Im Detail ist festzuhalten, auf welchen Zeitraum und welche Forderungen sich die Einstandspflicht konkret erstreckt. Gleichzeitig sind die einzelnen Voraussetzungen für die Kündigung und eine Regelung im Hinblick auf die vor der Kündigung begründeten Verbindlichkeiten in der Erklärung festzuhalten. Autor: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht Dr. Holger-René Bruckhoff, LL.M. 3
4 Der Praxis-Tipp Vermeidung von Insolvenzrisiken bei Gegengeschäften Insbesondere im Verlags- und Medienbereich stellen sich häufig Unternehmen gegenseitig gleichwertige Sachleistungen zur Verfügung, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums abgerufen und durch Zahlungsverrechnung also ohne Geldfluss abgewickelt werden (Gegen-/ Barter -Geschäft). Diese Geschäfte haben, da sie oft den eigenen Umsatz erhöhen sollen, bisweilen ein sehr großes Volumen! (BGH, v II ZR 296/08) Die geplante Zahlungsverrechnung scheitert aber im Zeitpunkt der Insolvenz eines Vertragspartners: Verpflichtungen vor der Insolvenz können nicht mit Forderungen nach Insolvenzeintritt verrechnet werden ( 96 InsO). Bei Eintritt der Insolvenz wird also der Insolvenzverwalter die Leistungen des Vertragspartners weiter anbieten und hierfür das vereinbarte Entgelt verlangen, während das Entgelt für die an den solventen Vertragspartner bereits erbrachten Leistungen lediglich nach der Insolvenzquote berücksichtigt wird! Das als unentgeltlich geplante Gegengeschäft wird zum finanziellen Fiasko! Es ist daher bei der Gestaltung eines solchen Vertrages unbedingt darauf zu achten, dass dieser im Falle der (drohenden) Insolvenz eines Vertragspartners sofort beendet wird, damit keine weitergehende Verpflichtung zur Leistungsabnahme besteht. Außerdem müssen Mechanismen eingebaut werden, durch die die bisher bereits gegenseitig erbrachten Leistungen gleichwertig verrechnet werden, um eine sich hieraus ergebende Zahlungspflicht zu vermeiden. Autor: Rechtsanwalt Steuerberater Stefan Buschmann buschmann@buse.de BFH: Voraussetzungen für die steuerneutrale Abspaltung eines Teilbetriebs (BFH, Urteil vom , IR 96/08, DStR 2010, 1517) Nach Auffassung des BFH kann die Abspaltung eines Teilbetriebs nur dann steuerneutral vorgenommen werden, wenn sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen auf den übernehmenden Rechtsträger übertragen werden. Die bloße Vermietung ist dabei nicht ausreichend (I R 96/08). Damit bestätigt der BFH die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung im sog. Umwandlungssteuererlass. Im Streitfall wurden Vermögensgegenstände und Arbeitsverträge auf die übernehmende Gesellschaft übertragen. Die Grundstücke, auf denen die übernehmende Gesellschaft ihren Fertigungsbetrieb unterhielt, waren hingegen von der Übertragung ausdrücklich ausgenommen. Hierüber wurde lediglich ein Mietvertrag abgeschlossen, der unter Einhaltung einer Frist von 12 Monaten zum Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden konnte. 4
5 Wegen der nur mietweisen Überlassung der Grundstücke entschied der BFH, dass kein Teilbetrieb übertragen worden ist. Als Folge hiervon waren sämtliche übertragenen Wirtschaftsgüter mit dem Verkehrswert anzusetzen und der sich errechnende Spaltungsgewinn rückwirkend im steuerlichen Übertragungszeitraum zu erfassen. Hinweis: Die übereinstimmende Sichtweise von BFH und Finanzverwaltung wird sich oftmals als Umwandlungssperre herausstellen, wenn die Mitübertragung von Grundstücken zivilrechtlich nicht gewollt ist. Grundsätzlich ist zwar bereits der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums ausreichend, ob davon im Einzelfall auszugehen ist, bedarf aber einer verbindlichen Zusage des Finanzamtes. Autorin: Wirtschaftsprüferin Steuerberaterin Gabriele Erhart Unzulässige Fortsetzung einer GmbH nach Ablehnung der Insolvenzeröffnung mangels Masse Mit Beschluss vom hat das Oberlandesgericht Köln entschieden, dass im Falle einer Auflösung einer GmbH wegen rechtskräftiger Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse nach 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG, eine Fortsetzung der Gesellschaft auf der Grundlage eines Gesellschafterbeschlusses nicht möglich ist. Eine entsprechende Eintragung im Handelsregister kommt nach dem Beschluss des OLG auch dann nicht in Betracht, wenn die Anmeldung eine Versicherung der Geschäftsleitung enthalte, dass die Stammeinlagen der Gesellschaft erneut voll eingezahlt worden seien, die von den Gesellschaftern eingezahlten Beträge endgültig zur freien Verfügung der Geschäftsführung stünden und das Vermögen der Gesellschaft in Höhe der derzeit noch aktuellen Stammkapitalziffer noch vorhanden und nicht mit Verbindlichkeiten vorbelastet sei. Zum einen ergebe sich aus dem Wortlaut des 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG, dass im Falle der Auflösung bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens unter bestimmten Voraussetzungen eine Fortsetzung der Gesellschaft möglich ist. Im Umkehrschluss daraus lasse sich anhand einer systematischen Auslegung ableiten, dass dies im Falle des 60 Abs.1 Nr. 5, der die Fortsetzung im Wortlaut nicht vorsieht, gerade nicht möglich sein soll. Zum anderen stellt das OLG auf die Bereinigungsfunktion der Auflösungsvorschriften ab: Eine vermögenslose Gesellschaft solle danach im öffentlichen Interesse möglichst rasch beendet werden und nicht durch einfachen Fortsetzungsbeschluss wieder werbend tätig werden können. Eine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser Frage steht jedoch weiterhin aus. Autor: Rechtsanwalt Sebastian Tietz tietz@buse.de 5
6 Impressum Die in diesem Newsletter enthaltenen Informationen, Rechtsansichten und Meinungen sind nicht als eine umfassende rechtliche Darstellung gedacht. Sie können eine individuelle, auf die Besonderheiten des Einzelfalls bezogene rechtliche Beratung nicht ersetzen. Herausgeber: Buse Heberer Fromm Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft Ihre Ansprechpartner im Bereich Restrukturierung Sanierung Insolvenz: Berlin Wolfgang Babeck Sabine Feindura Prof. Dr. Peter Fissenewert Alexander Herbert Susanne Lehr Sebastian Noack Ramona Stadler Telefon: + 49 (0) Telefax: + 49 (0) berlin@buse.de Düsseldorf Holger-René Bruckhoff Kurt G. Sondermann Telefon: + 49 (0) Telefax: + 49 (0) duesseldorf@buse.de Frankfurt am Main Stephan Schleitzer Sebastian Tietz Telefon: + 49 (0) Telefax: + 49 (0) frankfurt@buse.de Hamburg Stefan Buschmann Christian Pothe Telefon: + 49 (0) Telefax: + 49 (0) hamburg@buse.de München Jörn Ehrsam Gabriele Erhart Udo Wisswede Telefon: + 49 (0) Telefax: + 49 (0) muenchen@buse.de Autoren dieser Ausgabe Prof. Dr. Peter Fissenewert, Berlin Susanne Lehr, Berlin Dr. Holger-René Bruckhoff, LL.M., Düsseldorf Stefan Buschmann, Hamburg Gabriele Erhart, München Sebastian Tietz, Frankfurt Redaktion Buse Heberer Fromm Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft 2011 Weitere Informationen: Die Kanzlei Buse Heberer Fromm ist eine der großen, unabhängigen Kanzleien in Deutschland. An sechs deutschen Standorten Berlin, Düsseldorf, Essen, Frankfurt am Main, Hamburg und München sowie in acht Repräsentanzen im Ausland Brüssel, London, Mailand, New York, Palma de Mallorca, Paris, Sydney und Zürich beraten mehr als 120 Berufsträger nationale und internationale Mandanten auf allen Gebieten des Wirtschafts- und Steuerrechts. Als mittelstandsorientierte Kanzlei legt Buse Heberer Fromm dabei höchsten Wert auf die individuelle Betreuung ihrer Mandanten, persönliche Beratung und Kontinuität der Mandantenbeziehungen. 6
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