St. Gallen stellt Wolf-Konzept vor
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1 Tagblatt Online, 05. April :43:35 St. Gallen stellt Wolf-Konzept vor Wölfe in einem Zoo (Archiv) (Bild: Keystone) Der Kanton St. Gallen rüstet sich für das Zusammenleben mit dem Wolf. Seit im Herbst 2011 im Gebiet Kunkelspass und Calanda erstmals in der Schweiz ein ganzes Rudel Wölfe beobachtet wurde, häufen sich die Behördenanfragen besorgter Bürger. Wangs SG. "Wir müssen lernen, mit dem Wolf zu leben", sagte der St. Galler Regierungsrat Benedikt Würth am Freitag in Wangs bei der Vorstellung eines kantonalen Wolf-Konzepts. Darin ist beispielsweise festgelegt, wie Schafzüchter für gerissene Tiere entschädigt werden und wer sich um die Schäden kümmert. Beratung beim Herdenschutz Im Vordergrund stehe die Prävention, sagte Würth. Fachleute der nationalen Beratungsstelle für Herdenschutz AGRIDEA sollen den Tierhaltern zeigen, wie sie ihre Herden durch ausgebildete Herdenhunde schützen können. Am Landwirtschaftlichen Zentrum Salez SG wird eine Anlaufstelle für Herdenschutz geschaffen. Seit Mitte der 90er-Jahre wandern frei lebende Wölfe aus den italienisch-französischen Alpen in die Schweiz ein. Die Tendenz ist zunehmend. Laut der nationalen Forschungsstelle KORA leben heute zehn bis 20 Wölfe in der Schweiz - verteilt auf die Kantone VD, VS, FR, BE, LU, UR, OW, NW, SZ, SG GR und TI erstmals Nachwuchs
2 Seit Herbst 2011 streift erstmals ein Rudel Wölfe um den Kunkelspass und das Gebiet Calanda an der Grenze zwischen St. Gallen und Graubünden. Im vergangenen September wurden erstmals drei Jungwölfe nachgewiesen. Zurzeit umfasst das Rudel acht Tiere. Mit der Zuwanderung der Wölfe nahmen auch die Schäden an Nutztieren zu, vor allem an Schafen und Ziegen wurden Halter für 274 gerissene Tiere finanziell entschädigt seien es deutlich weniger gewesen, hiess es an der Medienkonferenz in Wangs. Es scheine, dass die Massnahmen zum Herdenschutz wirkten. (SDA) Tagblatt Online, 06. April :37:10 Neues Wolfsland wappnet sich Der Wolf kehrt nach St. Gallen zurück. Der Kanton legt nun ein Konzept für den Umgang mit den Raubtieren vor. Ein Experte des Bundes rechnet damit, dass sie in den nächsten 20 Jahren auch den Alpstein und die Voralpen besiedeln. ADRIAN VÖGELE WANGS. Das achtköpfige Wolfsrudel am Calanda scheint sich in seinem Gebiet wohl zu fühlen. «Wir nehmen an, dass einige der Tiere bis auf weiteres in der Region bleiben werden», sagt Reinhard Schnidrig, Leiter der Sektion
3 Jagd, Fischerei und Biodiversität im Bundesamt für Umwelt. Mittlerweile ist näheres zum Nachwuchs der beiden aus dem Wallis eingewanderten Wölfe bekannt: Es sind vier Männchen. Zum Rudel gehören zwei weitere Tiere, die genetisch noch nicht näher bestimmt sind. Es könnten zwei weitere Jungtiere sein, möglicherweise Weibchen. Bald wieder Nachwuchs? Dabei wird es kaum bleiben: Wolfspaare bekommen in der Regel jedes Jahr Junge. «Im Mai ist es bei den Calanda-Wölfen voraussichtlich wieder so weit», sagt Schnidrig. Üblicherweise verlassen die einjährigen Männchen das Rudel, sobald der neue Nachwuchs da ist. Auch die jungen Weibchen gehen auf Wanderschaft, allerdings erst etwas später. Wohin sich die jungen Wölfe wenden werden, ist offen. So oder so ist Schnidrig überzeugt, dass sich die Tiere in den nächsten zwanzig Jahren von der südlichen St. Galler Kantonsgrenze bis in den Alpstein und die Voralpen ausbreiten und neue Rudel bilden werden dort, wo sie gute Wildbestände vorfinden. «Mit dem Wolf leben lernen» Der Kanton St. Gallen bereitet sich schon seit einiger Zeit auf die Rückkehr der Raubtiere vor. Gestern hat Volkswirtschaftsdirektor Beni Würth das «Konzept Wolf St. Gallen» präsentiert, welches das Amt für Natur, Jagd und Fischerei sowie das Landwirtschaftsamt gemeinsam ausgearbeitet haben. «Patentrezepte im Umgang mit einem Wolfsrudel können wir heute nicht bieten», sagt Würth. Es fehle noch an Erfahrung, und der Grat zwischen den Interessen des Naturschutzes und jenen der Landwirtschaft sei schmal. Doch für den Regierungsrat ist klar: «Wir müssen lernen, mit dem Wolf zu leben.» Die natürliche Ausbreitung der Art sei eine Tatsache. Das Konzept, das auf dem nationalen Wolfskonzept basiert, regelt die Zuständigkeiten unter den Ämtern und Organisationen, etwa was die Beobachtung der Wölfe und den Schutz der Nutztiere betrifft. Zudem ist das Vorgehen bei Schäden an Nutztieren festgelegt. Wie im Rest der Schweiz gilt auch in St. Gallen nach wie vor: Wird ein Nutztier gerissen, und stellt der Wildhüter fest, dass ein Wolf am Werk war, bezahlt der Staat den Schaden 80 Prozent der Bund, 20 Prozent der Kanton Schafe auf den Alpen Damit es möglichst nicht dazu kommt, verstärkt der Kanton die Präventionsarbeit: Das landwirtschaftliche Zentrum in Salez (LZSG) baut eine Anlaufstelle für den Herdenschutz auf. Sie steht Tierhaltern und Alpbewirtschaftern ab sofort zur Verfügung. «Da wir damit rechnen müssen, dass mehrere Wölfe gemeinsam unterwegs sind, wird der Herdenschutz sehr anspruchsvoll», sagt Markus Hobi, Leiter des LZSG. Im Kanton St. Gallen werden auf 35 Alpen etwa Schafe gesömmert. Über Hirten verfügen gemäss aktuellem Stand nur zwei Alpen, beide mit grossen Herden: Sie zählen zusammen über 1500 Tiere. «Für grössere Herden sind Herdenschutzmassnahmen eher finanzierbar als für kleine», sagt Hobi. Die kritische
4 Grenze liege bei etwa 700 Tieren. Im Kanton St. Gallen zählen allerdings nur 46 Prozent der Alpen mehr als 500 Schafe. Jedoch zahlt es sich aus, dass die meisten hiesigen Alpbewirtschafter mittlerweile mit Umtriebsweiden arbeiten. Das heisst, sie lassen die Schafe in eingezäunten Koppeln grasen, deren Standorte immer wieder gewechselt werden. Auf solchen Weiden lassen sich die Tiere leichter vor Wölfen schützen als beispielsweise auf Standweiden, auf denen sie sich frei bewegen. «Hier hat St. Gallen gegenüber anderen Kantonen einen Vorteil», sagt Reinhard Schnidrig. Eingreifgruppe steht bereit Nur auf wenigen St. Galler Alpen ist der Einsatz von Hirten und Herdenschutzhunden in diesem Sommer bereits sicher, weitere Abklärungen laufen. Falls die Wölfe auf einer Alp unerwartet Schafe reissen, kann der Kanton St. Gallen auf die Hilfe des Bundes zählen: Die landwirtschaftliche Beratungsstelle Agridea verfügt über eine Herdenschutz-Eingreifgruppe. Sie besteht aus vier Hirten und 15 Schutzhunden, eine Art «Feuerwehr», die auf betroffenen Alpen eingesetzt wird, bis diese den Schutz vor den Raubtieren selber übernehmen können. «Vorbildliches Vorgehen» Das Vorgehen des Kantons St. Gallen sei vorbildlich, sagt Schnidrig. «Oft reagieren die Behörden erst auf den Wolf, wenn bereits grössere Schäden zu beklagen sind. St. Gallen geht präventiv und mit kühlem Kopf vor.» Dass gar der zuständige Regierungsrat aktiv mitwirke, habe er bisher nur im Kanton Bern erlebt. «Wenn der Kanton St. Gallen so weitermacht, wird er die Rückkehr des Wolfs gut meistern.» Tagblatt Online, 08. April :07:00 Regierung rechnet mit weiteren Wölfen Wolf im Park Bruderhaus in Winterthur. (Bild: Urs Jaudas)
5 In den nächsten Jahren sei mit der Bildung weiterer Wolfsrudel zu rechnen, hält die St. Galler Regierung mit Blick auf die Wölfe am Calanda fest. Die Wiederbesiedlung einer Region durch den Wolf erfolgt in drei Phasen. REGULA WEIK ST. GALLEN. Die Frage, wann der Wolf in weiteren Gebieten des Kantons St. Gallen heimisch wird, ist offen. Denkbar ist es. Auch, dass er bis zum Alpstein vorstösst und sich weitere Rudel bilden. Die St. Galler Regierung hat sich frühzeitig gewappnet: Sie hat am Freitag das kantonale Wolfskonzept vorgestellt (Ausgabe vom 6. April). In ihrer Antwort auf einen politischen Vorstoss der Gossauer CVP-Kantonsrätin und Bäuerin Seline Heim klärt sie weitere Fragen. Etwa zur Wiederansiedlung des Raubtieres. Diese erfolgt so die Erfahrungen mit Wölfen in den Nachbarländern in drei Phasen. Zunächst wandern vorwiegend junge männliche Tiere ein auf der Suche nach einem geeigneten Territorium. Dort, wo sie genug Nahrung finden, werden sie sesshaft. Danach ziehen weibliche Tiere nach, es bilden sich Paare. In der letzten Phase schliesslich pflanzt sich der Wolf regelmässig fort und breitet sich über weitere Gebiete aus. Prognose schwierig «Die Ausbreitung des Wolfs in der Schweiz befindet sich mit der Bildung eines Rudels am Calanda im Übergang zwischen der ersten und der zweiten Phase», hält die St. Galler Regierung fest. Und: Es sei in den nächsten Jahren mit der Bildung weiterer Rudel zu rechnen. Wann wird dies der Fall sein? Die Regierung wagt keine Prognose. «Die Entwicklung verläuft sehr dynamisch», begründet sie. Prognosen, wann ein bestimmtes Gebiet besiedelt sein wird, seien mit grosser Unsicherheit behaftet. Nur soviel: «Wir werden genau beobachten, wie sich die Situation der Wölfe am Calanda weiter entwickelt.» Und wenn sich ein Wolf auf St. Galler Kantonsgebiet unflätig verhält und ein Schaf reisst? Deswegen kann er nicht abgeschossen werden. Die Abschusskriterien sind national klar geregelt. Der Kanton kann dann eine Bewilligung zum Abschuss erteilen wenn ein Wolf innert eines Monats 25 oder mehr Tiere reisst oder innert vier Monaten mindestens 35 Nutztiere. Keine leichte Beute Ziel der Massnahmen sei, einen «möglichst konfliktarmen Umgang» mit dem Wolf zu erreichen, so die Regierung. Und weiter: «Der Wolf muss lernen, dass Nahrung in der Nähe des Menschen und insbesondere Nutztiere keine leichte Beute sind.»
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