DIE HAFTUNG DES GMBH-GESCHÄFTSFÜHRERS. Dr. Friedrich Filzmoser Mag. Dr. Rudolf Oberschneider

Transkript

1 DIE HAFTUNG DES GMBH-GESCHÄFTSFÜHRERS Dr. Friedrich Filzmoser Mag. Dr. Rudolf Oberschneider Juni 2016

2 DIE HAFTUNG DES GMBH-GESCHÄFTSFÜHRERS

3 Dieser Band ist im WKO-Shop der WKO Oberösterreich erhältlich. T I F E wko-shop@wkooe.at W Kostenbeitrag: EUR 10,50 (inkl. USt) Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck auch auszugsweise nur mit Quellenangabe und nach vorheriger Rücksprache. Trotz sorgfältiger Prüfung der Beiträge in dieser Broschüre sind Fehler nicht auszuschließen, und die Richtigkeit des Inhalts ist daher ohne Gewähr. Eine Haftung des Verlages oder der Autoren ist ausgeschlossen. Bestellnummer: 2976 ISBN: IMPRESSUM: Medieninhaber, Verleger: BgA WKO-Shop der WKO Oberösterreich Herausgeber: Service-Center der WKO Oberösterreich Hessenplatz 3, 4020 Linz Autoren: Dr. Friedrich Filzmoser überarbeitet: Mag. Dr. Rudolf Oberschneider Herstellung: Graphik-Druck Neudorfhofer GmbH, 4360 Grein Stand: Juni 2016

4 Inhaltsverzeichnis I. Allgemeines Begriff der Geschäftsführung Sorgfaltsmaßstab Kernbereiche der Geschäftsführungsagenden Dienstnehmerhaftpflichtgesetz unanwendbar... 2 II. Haftung gegenüber Gläubigern Insolvenzfälle Weitere typische Haftungstatbestände gegenüber Gesellschaftsgläubigern... 4 III. Haftung gegenüber der Gesellschaft Verletzung von Weisungen der Generalversammlung Verlust von mehr als der Hälfte des Stammkapitals Verletzung des Gesellschaftsvertrages Verstöße gegen die Treuepflicht Weitere haftungsbegründende Verstöße... 7 IV. Haftung gegenüber den Gesellschaftern V. Haftung in Steuer- und Sozialversicherungsangelegenheiten Ausfallshaftung für Steuerschulden der GmbH Haftung für Lohnsteuerschulden Haftung für Sozialversicherungsbeiträge... 12

5 VI. Haftung der Geschäftsführer für strafbare Handlungen VII. Mögliche Haftungsbeschränkungen Entlastung der Geschäftsführer Haftung für Abgaben und Sozialversicherungsbeiträge Bestellung verantwortlicher Beauftragter nach 9 VStG Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß 23 Arbeitsinspektionsgesetz Abschluss einer entsprechenden Haftpflichtversicherung Zurücklegung der Geschäftsführung Anhang Muster: Abberufung/Neubestellung (Gesellschafterbeschluss) Abberufung (Gesellschafterbeschluss) Musterzeichnungserklärung Löschung und Neueintragung von Geschäftsführern (Firmenbuchgesuch) Löschung des abberufenen oder zurückgetretenen Geschäftsführers (Firmenbuchgesuch) Abkürzungen... 28

6 I. Allgemeines 1. Begriff der Geschäftsführung Geschäftsführung ist die gesamte unternehmerische Planung und Leitung der Gesellschaft, inklusive Buchführung und Rechnungslegung. Die Geschäftsführung umfasst auch die Vertretung der Gesellschaft nach außen. Im Gegensatz zum Vertretungsrecht kann die verbleibende Geschäftsführungsbefugnis durch Satzung oder Gesellschafterbeschluss beschränkt, insbesondere durch Ressortverteilungen näher geregelt werden. Manche Geschäftsführungspflichten aber können nicht delegiert werden (z.b. Buchführungspflicht, Aufstellung des Jahresabschlusses, Antragspflicht Insolvenzverfahren u. dgl.), Überwachungs- und Kontrollpflichten im Hinblick auf den (die) anderen Geschäftsführer bleiben jedenfalls auch bei Geschäftsverteilung bestehen. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, haften diese grundsätzlich solidarisch für die Einhaltung ihrer Pflichten. 2. Sorgfaltsmaßstab Die Geschäftsführung ist mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes zu besorgen, d.h. es werden die Kenntnisse und Fähigkeiten vorausgesetzt, die der Geschäftszweig üblicherweise erfordert. Auf das Fehlen entsprechender Kenntnisse kann sich der Geschäftsführer nicht mit schuldbefreiender Wirkung berufen. 3. Kernbereiche der Geschäftsführungsagenden Entwicklung sachgerechter Grundsätze der Geschäftspolitik 1

7 Aufbau einer Organisation zur optimalen Förderung des Gesellschaftszwecks Aufbau eines Informationssystems betreffend entscheidungsrelevanter betriebswirtschaftlicher Daten. Bei Bestehen eines Aufsichtsrates ist von den Geschäftsführern mindestens einmal jährlich über grundlegende Fragen der künftigen Geschäftspolitik zu berichten (inklusive Vorschaurechnung über die künftige Vermögens-, Finanz- und Ertragslage). Weiters ist der Aufsichtsrat regelmäßig mindestens vierteljährlich über Gang und Lage des Unternehmens in den sogenannten Quartalsberichten zu informieren ( 28a GmbHG) sowie über wesentliche Umstände für die Rentabilität und Liquidität in Sonderberichten. Die Quartalsberichte sind an jedes Aufsichtsratsmitglied schriftlich zu erstatten. ordnungsgemäße Buchhaltung Vermeidung eines Ungleichgewichts von Kapitalausstattung und unternehmerischer Tätigkeit bei chronischen Verlusten das Ergreifen entsprechender Gegenmaßnahmen bis hin zur Empfehlung der Betriebseinstellung an die Gesellschafter, notfalls Einleitung eines Insolvenzverfahrens Unternehmensplanung und -entwicklung 4. Dienstnehmerhaftpflichtgesetz unanwendbar Die Begünstigungen des DHG gelten für Geschäftsführer nicht, auch wenn sie Dienstnehmer sind. Der Geschäftsführer haftet daher auch bei leichter Fahrlässigkeit grundsätzlich unbeschränkt. 2

8 II. Haftung gegenüber Gläubigern Ausnahmsweise haften die Geschäftsführer auch Dritten, insbesondere Gläubigern der Gesellschaft gegenüber unmittelbar, wenn Schutzvorschriften verletzt werden. Derartige Vorschriften können auch im Verwaltungsrecht begründet sein. 1. Insolvenzfälle Wird trotz Überschuldung (nach Verkehrswerten) und Fehlens einer fundierten positiven Fortbestehensprognose oder trotz Zahlungsunfähigkeit nicht rechtzeitig ein Insolvenzverfahren eingeleitet ( 69 Insolvenzordnung - IO), haften die Geschäftsführer persönlich für den Quotenschaden das ist jener Nachteil, der darin liegt, dass zu spät das Verfahren eingeleitet wurde und daher die Quote für die einzelnen Gläubiger niedriger ausfällt oder (bei sogenannten "Neugläubigern") sogar für den Vertrauensschaden das ist jener Nachteil für den Vertragspartner, der nicht entstanden wäre, wäre dieser über die bereits bestehende Insolvenz vom Geschäftsführer informiert worden und er daher gar kein Geschäft abgeschlossen hätte. Darüber hinaus kann eine persönliche Haftung der Geschäftsführer insbesondere durch (vorsätzliche oder fahrlässige) Gläubigerbegünstigung, Schädigung fremder Gläubiger, grobe Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen usw. entstehen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass fahrlässige Krida nicht mehr strafbar ist! 3