DER BEITRAG STÄDTEBAULICHER ENTWÜRFE UND DES STÄDTEBAURECHTS ZUM KLIMASCHUTZ 02.Juli 2015 in Berlin
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- Käte Brauer
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2 Gliederung 1. Klimaschutz als Planungsziel 2. Leitlinien für den städtebaulichen Entwurf 3. Integration in den Entwurf 4. Umsetzung durch Städtebaurecht 5. Fazit
3 1. Klimaschutz als Planungsziel Handlungsebene Flächennutzungsplan Städtebaulicher Entwurf Bebauungsplan Städtebauliche Verträge Objektplanung Nutzerverhalten Einflussfaktoren Topographische Lage Nutzungsverteilung Anbindung Infrastruktur Städtebauliche Dichte Stellung der Gebäude Kompaktheit der Baukörper (A/V) Verschattung durch Gebäude Verschattung durch Topographie Verschattung durch Bepflanzung Dachform und Dachneigung Windschutz Energieversorgung Energetische Standards Baulicher Wärmeschutz Wärmebrücken Luftdichtigkeit Gebäudehülle Wasser- und Strombedarf Lüftungs- und Heizungsstrategie Einsparungspotential Heizenergiebedarf bis 40% (Ecofys 2009)
4 Gliederung 1. Klimaschutz als Planungsziel 2. Leitlinien für den städtebaulichen Entwurf 2.1 Verminderung der Wärmeverluste (kompakte Gebäude) 2.2 Passive Sonnenenergienutzung 2.3 Aktive Sonnenergienutzung 3. Integration in den Entwurf 4. Umsetzung durch Städtebaurecht 5. Fazit
5 2.1 Kompaktheit der Gebäude A/V-Verhältnis z.b. 0,25 Blockrandbebauung z.b. 1,0 klass. Einfamilienhaus Durch steigende Anforderungen der ENEV an Gebäudehülle sinkt Bedeutung der Kompaktheit Quelle: Solarfibel Baden-Württemberg
6 2.1 Kompaktheit der Gebäude abhängig von: Baukörperlänge Nicht weniger als m Ab 50 m keine Verbesserung Baukörpertiefe Nicht weniger als 10 m Ab m künstliche Belichtung erforderlich Verhältnis von Länge zu Tiefe 1/1 bis 3/2 bei EFH/DH Quelle: Solarfibel Baden-Württemberg
7 2.1 Kompaktheit der Gebäude Geschossigkeit Nicht weniger als 2-3 Geschosse Ab 6 Geschosse kaum Verbesserung Dachneigung Steilere Neigungen sind günstiger aber nur, wenn dadurch die nutzbare Wohnfläche erhöht wird (kein hohler Vogel ) Verhältnis Wohnfläche/Volumen ist entscheidend Quelle: Solarfibel Baden-Württemberg
8 2.2 Passive Sonnenenergienutzung Gebäudeorientierung Abweichung Hauptfassade bis +/- 30 zur Südausrichtung günstig Je geringer der Heizwärmebedarf, desto höher ist Einfluss der Gebäudeorientierung Erschließung der Reihenhäuser von NW-N-NO günstig Quelle: Solarfibel Baden-Württemberg
9 2.2 Passive Sonnenenergienutzung Verschattung durch Nachbargebäude Abstand ca. 2,5x zwischen Gebäudezeilen Verschattungswinkel > 20 Ab Abstand 3,5x kaum Verbesserung Verschattung durch Bäume Abstand ca. 2x der Baumhöhe Ab Abstand 2,5 x kaum Verbesserung Quelle: Solarfibel Baden-Württemberg
10 2.3 Aktive Sonnenenergienutzung Kollektoren Opt. Kollektorneigung ca. 30, Abweichung von Südrichtung bis 45% für Brauchwasser (Sommernutzung) Opt. Kollektorneigung 45-70, Abweichung von Südrichtung bis 15% für solare Heizung (Winterbetrieb). Röhrenkollektoren von Neigung unabhängig! Photovoltaik Opt. Neigung 22 bis 45 Dachneigung Abweichung von Südausrichtung weniger als 35 Quelle: Solarfibel Baden-Württemberg
11 2. Zusammenfassung der Leitlinien Kompaktheit der Gebäude (A/V-Verhältnis) Baukörperlänge Baukörpertiefe Baukörperhöhe Verhältnis von Länge zu Tiefe Passive Sonnenergienutzung Abweichung Hauptfensterflächen Erschließung von Reihenhäusern Abstände paralleler Gebäudezeilen Abstände von Bäumen zum Gebäude Aktive Sonnenenergienutzung Sommernutzung: optimale Kollektorneigung Abweichung von Südausrichtung Winternutzung: optimale Kollektorneigung Abweichung von Südausrichtung * Anmerkung: Röhrenkollektoren sind von der Dachneigung unabhängig > m > 10 m Ab 14 m künstliche Belichtung mind. 2 3 Geschosse 1/1 bis 3/2 bei EFH/DH + / - 30 zur Südausrichtung Von NW-N-NO günstig 2,5 x Höhe der Gebäude (Verschattungswinkel < 20) 2,0 x Höhe der Bäume < 30 (Flachkollektor)* 45 % für Brauchwasser < (Flachkollektor)* 15 % für solare Heizung
12 Gliederung 1. Klimaschutz als Planungsziel 2. Leitlinien für den städtebaulichen Entwurf 3. Integration in den Entwurf 3.1 Beispiel Pohlhausen 3.2 Beispiel Lianhua 3.3 Beispiel Halle 4. Umsetzung durch Städtebaurecht 5. Fazit
13 3.1 Beispiel Solarsiedlung Pohlhausen Wettbewerb 1. Preis Quelle: Coersmeier GmbH
14 3.2 Beispiel Lianhua (China) Wettbewerbsbeitrag Quelle: DNR Daab Nordheim Reutler
15 3.2 Beispiel Lianhua (China) Energetische Optimierung Quelle: ANIA Consulting
16 3.3 Beispiel Halle Heide-Süd Wettbewerb 1. Rang Quelle: DNR Daab Nordheim Reutler Lageplan
17 3.3 Beispiel Halle Heide-Süd Wettbewerbsergebnis, städtebauliche Struktur Klimagerechte Optimierung? Quelle: DNR Daab Nordheim Reutler
18 Gliederung 1. Klimaschutz als Planungsziel 2. Leitlinien für den städtebaulichen Entwurf 3. Integration in den Entwurf 4. Umsetzung durch Städtebaurecht 4.1 allgemeiner Klimaschutz im BauGB 4.2 Klimaschutz als zu berücksichtigender Belang 4.3 Festsetzungen im Bebauungsplan 4.4 städtebauliche Verträge 5. Fazit
19 4.1 allgemeiner Klimaschutz im BauGB Zieltrias der Bauleitplanung gem. 1 (5) BauGB nachhaltige städtebauliche Entwicklung,... auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodenordnung Sicherung einer menschenwürdigen Umwelt, Schutz und Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen, Förderung von Klimaschutz und Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung
20 4.1 allgemeiner Klimaschutz als Planungsziel planungsrechtlicher Paradigmenwechsel 2004 Global denken, lokal handeln Grenzen des allgemeinen Klimaschutzes Bezug zum Bodenrecht muss gegeben sein (Art. 74 GG) Maßnahme muss gem. 1 (3) BauGB erforderlich sein (z.b. Klimaschutzkonzept)
21 4.2 Klimaschutz als zu berücksichtigender Belang 1 (6) BauGB: Bei der Aufstellung von Bauleitplänen sind insbesondere zu berücksichtigen: - die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie (Nr. 7 f.) - die Belange der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit (Nr. 8 e.) 1a (5) BauGB: Den Erfordernissen des Klimaschutzes soll sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen, Rechnung getragen werden. Der Grundsatz nach Satz 1 ist in der Abwägung nach 1 Absatz 7 zu berücksichtigen. Klimaschutz hat keine eingebaute Vorfahrt Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachten
22 4.3 Übersicht Festsetzung in Bebauungsplänen 1. Kompakte Baukörper 2. Südorientierung und Verschattungsfreiheit 3. Zentrale Energieversorgung 4. Verwendung von Energieträgern 5. Einsatz erneuerbarer Energien wie Solarenergie 6. Wärmedämmung
23 4.3 Festsetzung in Bebauungsplänen Kompakte Baukörper, Südorientierung, Verschattungsfreiheit ( 9 (1) Nr. 1-3 BauGB) Masterplan ehem. Feldpost Ausschnitt Bebauungsplan
24 4.3 Festsetzung in Bebauungsplänen Flächen für erneuerbare Energien oder KWK ( 9 (1) Nr. 12 BauGB) Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder KraftWärme-Kopplung + erlaubt z.b. die Festlegung von Standorten für zentrale Versorgungsanlagen wie z.b. BHKW - regelt die planungsrechtliche Zulässigkeit, nicht die Nutzungspflicht. Dazu kommunaler Anschluss- und Benutzungszwang oder Vertrag notwendig. Ausschnitt Bebauungsplan
25 4.3 Festsetzung in Bebauungsplänen Flächen für erneuerbare Energien oder KWK ( 9 (1) Nr. 12 BauGB) Umfrage: Werden Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft- Wärme-Kopplung zeichnerisch oder textlich festgesetzt? w urde nicht festgesetzt 86,9% zeichnerische Festsetzung 6,9% textliche Festsetzung 6,2% 1/3 aller Kommunen wendet Regelung an ca. 100 Beispiele Abb.: Häufigkeit von Festsetzungen für Flächen zu erneuerbaren Energien oder KWK in 757 Bebauungsplänen von 53 Kommunen
26 4.3 Festsetzung in Bebauungsplänen Verwendung von Energieträgern (9 (1) Nr. 23a BauGB) Gebiete, in denen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen + Kohlendioxid ist schädliche Umwelteinwirkung gem. 3 (1) BImSchG + Verwendungsverbot für fossile Brennstoffe möglich + Auch Auswahl zulässiger Brennstoffe möglich (Positivliste) - Aber nicht zugunsten einzelner Brennstoffe (Wettbewerbsverzerrung!) - Umstritten: Wahlrecht des EEWärmG durch Bebauungsplan beschränkbar?
27 4.3 Festsetzung in Bebauungsplänen Maßnahme für erneuerbare Energien oder KWK ( 9 (1) Nr. 23 b BauGB) Gebiete, in denen bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche oder sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme- Kopplung getroffen werden müssen + Neu: Photovoltaikanlagen als technische Maßnahmen z.b. auf Lärmschutzwänden festsetzbar - Umstritten: Wahlrecht des EEWärmeG durch Festsetzung einer 100% solaren Deckungsrate beschränkbar? - Problematisch: Nachweis der Verhältnismäßigkeit, Berücksichtigung auch der wirtschaftlichen Zumutbarkeit
28 4.3 Festsetzung in Bebauungsplänen Maßnahme für erneuerbare Energien oder KWK ( 9 (1) Nr. 23 b BauGB) Umfrage: Werden Gebiete im Bebauungsplan zeichnerisch oder textlich festgesetzt, in denen bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche oder sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen? zeichnerische Festsetzung 0,1% w urde nicht festgesetzt 94,5% textliche Festsetzung 5,4% Wenige Solarstädte Regelung läuft leer Abb.: Häufigkeit von Festsetzungen für Maßnahmen zu erneuerbaren Energien oder KWK in 757 Bebauungsplänen von 53 Kommunen
29 4.3 Festsetzung in Bebauungsplänen Wärmedämmung ( 9 (1) Nr. 24 BauGB) bauliche und sonstige technische Vorkehrungen... zur Vermeidung... von schädlichen Umwelteinwirkungen...im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes + Anforderungen dürfen über EnEG / EnEV hinausgehen - Problem: Spätere Verschärfung fachgesetzlicher Grenzwerte - Umstritten: Anwendbarkeit mangels bodenrechtlichen Bezugs Festsetzung wird wegen dieser Rechtsunsicherheiten in der Praxis selten angewendet
30 4.3 Nachrichtliche Übernahme in Bebauungsplänen Anschluss- und Benutzungszwang zum Zwecke des Klima- und Ressourcenschutzes ( 9 (4) b BauGB) Gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden. 16 EEWärmeG Anschluss- und Benutzungszwang Die Gemeinden und Gemeindeverbände können von einer Bestimmung nach Landesrecht, die sie zur Begründung eines Anschluss- und Benutzungszwangs an ein Netz der öffentlichen Nah- oder Fernwärmeversorgung ermächtigt, auch zum Zwecke des Klima- und Ressourcenschutzes Gebrauch machen.
31 4.3 Nachrichtliche Übernahme in Bebauungsplänen Anschluss- und Benutzungszwang zum Zwecke des Klima- und Ressourcenschutzes ( 9 (4) b BauGB) Umfrage: Werden gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen? w urde nicht übernommen 92% nachrichtliche Übernahme 8% selten angewendet wegen fehlender gemeindlicher Regelung Abb.: Häufigkeit der Übernahme gemeindlicher Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang in 757 Bebauungsplänen von 53 Kommunen
32 4.4 Städtebauliche Verträge 11 (1) Satz 2 Nr. 4 und 5 BauGB Errichtung und Nutzung von Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung Anforderungen an die energetische Qualität von Gebäuden + Vertragsgegenstände können z.b. sein: Verpflichtung zur Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung Energiekennwerte (z.b. Primärenergiefaktor) + Rechtlich risikoarmes Planungsinstrument - fehlende Druckmittel der Gemeinden Beispiel Passivhaussiedlung Energiepark in ehem. Kaserne Werk Motor - Nicht praktikabel bei Vielzahl von betroffenen Eigentümern
33 4.4 Städtebauliche Verträge Umfrage: Haben städtebauliche Verträge oder Durchführungsverträge Anlagen und Einrichtungen für erneuerbare Energien oder KWK oder Anforderungen an die energetische Qualität von Gebäuden (z.b. Energiekennwerte) zum Gegenstand? 11 (1) Nr. 4 Erneuerbare Energien oder KWK Vertragsinhalt kein Vertragsinhalt 11 (1) Nr. 5 energetische Qualität von Gebäuden Vertragsinhalt kein Vertragsinhalt Anzahl Bebauungspläne Abb.: Häufigkeit von Verträgen zum Klimaschutz in 757 Bebauungsplänen von 53 Kommunen
34 5. Fazit Städtebauliche Entwürfe können einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung leisten Dazu müssen sie in den städtebaulichen Entwurfsprozess integriert werden, nicht nachträglich als Auflage einfließen Zur Umsetzung des Klimaschutzes wird das Städtebaurecht von den Kommunen z.t. wegen bestehender rechtlicher Unsicherheiten nicht ausgeschöpft Aufgabe der Praxis: Gestaltungsspielräume stärker nutzen!
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