Die Roll-out-Scorecard: Prozessinnovationen erfolgreich realisieren
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- Hansl Baumgartner
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1 Artikel für die Zeitschrift Management und Qualität Die Roll-out-Scorecard: Prozessinnovationen erfolgreich realisieren Von Thomas Ulrich & Katharina Pierschalik Führungsinstrumente, wie die Balanced Scorecard (BSC), sind im Rahmen der Strategieumsetzung in vielen Unternehmen erfolgreich im Einsatz. An ihre Grenzen stoßen Sie jedoch bei der Umsetzung umfänglicher Prozessinnovationen. Mit diesen klassischen Ansätzen ist der Roll-out der innovativen Prozesse parallel in vielen Standorten nicht abzubilden. Der erhoffte Geschäftserfolg bleibt in vielen Fällen aus. Um Prozessinnovationsprojekte erfolgreich und ergebnisorientiert zu führen, ist die Roll-out-Scorecard eine geeignete und gut zu handhabende Methode. In der heutigen Zeit der Globalisierung und des zunehmenden Wandels sehen sich viele Unternehmen einer stark steigenden Wettbewerbsintensität ausgesetzt. Hinzu kommen sich verkürzende Konjunkturzyklen mit immer stärkeren Ausschlägen. Die strukturelle Innovationsfähigkeit von Organisationen ist vor diesem Hintergrund ein zentraler Erfolgsfaktor. Die Ausrichtung der Geschäftsprozesse an der Unternehmensstrategie ist ein wesentlicher Beitrag zur profitablen Positionierung im Wettbewerb. 1 Geschäftsziele sicher erreichen Das Ziel ist die Erreichung der vereinbarten Geschäftsziele. Aus diesem Grund werden auch Prozessinnovationsprojekte definiert und umgesetzt [vgl. GLS04, S. 191]. Der Rollout ist die abschließende Phase in Prozessinnovationsprojekten. Nach der erfolgreichen Einführung der betriebsreifen Soll-Ablauforganisation an den Standorten ist das Prozessinnovationsprojekt beendet und die Verantwortung an die Linienorganisation übergeben. Während die vorausgehenden Phasen in einem Prozessinnovationsprojekt, Ist-Aufnahme, Ist-Analyse, Soll-Konzeptionierung und Pilotierung 1, in der Regel noch erfolgreich durch- 1 Für die Prozessdarstellung ist die Methode OMEGA zu empfehlen (nachzulesen in [GHKS06, S. 230ff]). Seite 1 von 8
2 geführt werden, ist die Steuerung des flächendeckenden Roll-outs von Prozessinnovationen eine der schwierigsten Aufgaben. 2 Den Roll-out führen Die Roll-out-Scorecard komplettiert das Instrumentarium von Führungssystemen. Mit ihr kann der Fortschritt der Implementierung der neuen Prozesse geführt werden. Dieses Steuerungsinstrument integriert ausgewählte Kennzahlen des Unternehmensführungssystems und operative Kennzahlen lokaler Roll-out-Projekte (Grafik 1). MS1 MS2 MS1 MS2 Lokales Roll- MS1 out Projekt MS2 1 Lokales Roll- out Projekt 2 Lokales Roll- out Projekt 3 Grafik 1: Monitoring umfassender Roll-out-Projekte Die Führungsebene wird durch die vier Dimensionen der Balanced Scorecard symbolisiert. Die Kennzahlen, die aus der BSC in die Roll-out-Scorecard einfließen, sind der Geldfluss und der Fortschritt nach KPIs 2. Weitere Kennzahlen der Roll-out-Scorecard, die Mitarbeiterqualifizierung und der Prozessimplementierungsgrad, sind Ergebnisse aus den lokalen Roll-out-Projekten. Die Roll-out-Scorecard ist im Detail in Grafik 2 abgebildet. Sie ermöglicht sowohl die Sicht des Organisationsbereichs auf die Zielerreichung je Land (Organisationssicht) als auch die Sicht des Prozessinnovationsprojekts auf den Grad der Prozessimplementierung (Projekt- 2 KPIs (Key Performance Indicators) sind Kennzahlen, die die Leistung und/oder Ergebnisqualität von Prozessen wiedergeben [vgl. GPW09, S. 332]. Seite 2 von 8
3 sicht). In diesem Beispiel handelt es sich um Länder, je nach Projektinhalt können aber auch Standorte oder Abteilungen betrachtet werden. Grafik 2: Beispiel Roll-out-Scorecard Die Prozessinnovationsprojekte werden nach ihrer Hebelwirkung auf die zu erzielenden Ergebnisse gewichtet. Kriterien für die Hebelwirkung von Prozessen können zum Beispiel der prozentuale Anteil an der Durchlaufzeit, der prozentuale Anteil an den Qualitätsproblemen oder die Wirkung auf die Kosten sein. Der Fortschritt des Roll-outs wird pro Prozessinnovationsprojekt und Standort in die Felder der Scorecard eingetragen. Anschließend wird der Roll-out-Fortschritt je Land aus den gewichteten Zielerreichungsgraden der Hauptgeschäftsprozesse errechnet. Seite 3 von 8
4 3 Mit dem 5-Felder-Modell zum Erfolg Der Fortschritt des Roll-outs wird anhand des 5-Felder-Modells geführt (Grafik 3). Grafik 3: 5-Felder-Modell Durch den Pfeil wird die zwingende Reihenfolge des Roll-outs dargestellt Sie beginnt mit der Qualifizierung der Mitarbeiter beginnt und endet mit der Erreichung der Betriebsreife. Die Felder Grad der Mitarbeiterqualifizierung und Grad der Prozessimplementierung haben ihren Ursprung in den lokalen Roll-out-Projekten, die Felder Fortschritt nach KPI und Geldfluss werden durch die der Führungsebene bereitgestellt (vgl. Grafik 1). Im Folgenden werden die fünf Felder charakterisiert. 3.1 Grad der Mitarbeiterqualifizierung Der Grad der Mitarbeiterqualifizierung gibt den quantitativen Fortschritt der Mitarbeiterschulungen an. Er ergibt sich aus der Anzahl der geschulten Mitarbeiter im Verhältnis zu der Anzahl der zur Schulung vorgesehenen Mitarbeiter. Durch Prozess-, Fach- und Verhaltensschulungen ist zu gewährleisten, dass die Mitarbeiter die neuen Prozesse kennen, danach arbeiten und sich mit ihnen identifizieren [vgl. GPW09, S 341]. Die Mitarbeiterqualifizierung ist somit Ausgangspunkt und Grundvoraussetzung für den Prozess-Roll-out. Diese Messung lässt sich anhand von Feedback-Bögen, die nach den Schulungen auszufüllen sind, einfach und schnell durchführen. Seite 4 von 8
5 3.2 Grad der Prozessimplementierung Der prozentuale Grad der Prozessimplementierung gibt den Fortschritt der Umsetzung der Soll-Ablauforganisation an. Dieser wird über Prozessaudits ermittelt. Mittels individueller Fragenkataloge zum Prozess wird validiert, ob der Prozess erstens in der Organisation definiert und zweitens wirksam in der Praxis ist. Anhand dessen können Rückschlüsse auf den Schulungserfolg getroffen werden. Abschließend wird der Implementierungsgrad in Prozent ermittelt. Der Durchschnitt dieser Ergebnisse wird je Hauptgeschäftsprozess aggregiert und ergibt den Grad der Prozessimplementierung. 3.3 Fortschritt nach KPI Der Fortschritt nach KPI gibt die Erreichung der Prozessziele je Land mit Hilfe von festgelegten Kennzahlen an. Zu jedem Hauptgeschäftsprozess sind Prozessziele und Kennzahlen zur Messung der Zielerreichung definiert. Der Fortschritt nach KPI wird über die Process-Scorecard gemessen (Grafik 4). Grafik 4: Beispiel Process-Scorecard Dabei wird ein gewichteter Durchschnitt der Zielerreichungsgrade in Prozent der KPIs je Hauptgeschäftsprozess errechnet. Mit der Process-Scorecard lassen sich verschiedene Standorte gegenüberstellen und miteinander vergleichen. Die Grafik 4 zeigt ein Anwendungsbeispiel einer Process-Scorecard, indem für einen Prozess die Standorte Deutschland und Polen betrachtet werden. Das Prozessziel Angebotserfolgsquote hat in diesem Beispiel mit 30% die größte Hebelwirkung. Die Spalten geben pro Land das Ziel im Vergleich zum aktuellen Stand und dem erreichten Vorjahresdurchschnitt an. Die geplante Verbesserung ist die Differenz aus Ziel und Vorjahr. Der Grad der Zielerreichung errechnet sich aus dem Verhältnis der aktuellen Verbesserung zu der geplanten Verbesserung. Die Seite 5 von 8
6 KPIs sind so gewählt, dass ein Ländervergleich zulässig ist. Beispielsweise sind die Zielwerte für die Angebote pro Mitarbeiter identisch, während die Anzahl der Gesamtangebote der Standortgröße angepasst ist. 3.4 Geldfluss Der Fortschritt nach Geldfluss gibt die monetäre Zielerreichung des Prozessinnovationsprojektes an. Die Kennzahl, die pro Hauptgeschäftsprozess ermittelt wird, ist der prozentuale Erreichungsgrad im Verhältnis zur Projekt- und Geschäftsplanung. Zu diesem Zweck ist das Prozessinnovationsprojekt in die Gewinn- und Verlustrechnung des jeweiligen Landes aufgenommen worden. So werden der Finanzbedarf und die Wirtschaftlichkeit des Projekts ermittelt [vgl. GPW09, S. 346]. Zu berücksichtigen ist, dass nicht alle Effekte in voller Gänze während der Roll-out-Phase wirksam werden. Beispielsweise wird sich der KPI 1.7 Liefertreue Produkte (vgl. Grafik 4) durch die Wirkung der Prozessinnovation erst verbessern, wenn die Fertigungsaufträge gemäß des historischen Ist-Prozesses abgewickelt sind. 3.5 Betriebsreife Soll-Ablauforganisation Die Betriebsreife ist eine Managemententscheidung. Die Freigabe erfolgt gemeinsam durch die Führung der Linienorganisation und die Projektleitung, unter der Voraussetzung der Erreichung von 80% in den vorangehenden vier Feldern. Ist die Betriebsreife von allen Prozessen in den betroffenen Standorten erreicht worden, wird die Verantwortung an die Linienorganisation übergeben und das lokale Roll-out-Projekt beendet. Die Erreichung der weiteren 20% der Prozessziele liegt somit in der Zuständigkeit der Linienorganisation im Rahmen der kontinuierlichen Verbesserung. 4 Immer besser werden Die Roll-out-Scorecard ist ein Instrument, das in Führungssysteme, wie die Balanced Scorecard, integriert wird. Es ermöglicht den gesamthaften Überblick über alle Prozesse an allen Standorten, sowohl aus Projekt- als auch aus Organisationssicht. Das Projekt trägt die Verantwortung für die erfolgreiche Implementierung der Prozesse und die Organisation für die Erreichung der Geschäftsziele. Mit diesem Zusammenspiel gelingt der Spagat zwischen der Umsetzung strategischer Maßnahmen und dem operativen Prozess-Roll-out. Durch die Fokussierung auf die Zielerreichung, die permanente Ausrichtung der Aktivitäten Seite 6 von 8
7 an den Kennzahlen und die klare Zuweisung der Verantwortlichkeiten ist die Roll-out- Scorecard das geeignete Werkzeug zur Realisierung von Prozessinnovationen. Mit dem Roll-out der Prozessinnovation ist das Projektziel erreicht, ein kontinuierlicher interner Prozessbenchmark ist jedoch auch weiterhin durchzuführen. Zu diesem Zweck kann die vorgestellte Process-Scorecard ideal eingesetzt werden, um die Erreichung der Prozessziele nach KPI weiterhin zu verfolgen. Eine permanente Weiterentwicklung der Geschäftsprozesse und die Fokussierung auf die Geschäftsziele werden so auch zukünftig sichergestellt. Literatur [GPW09] Gausemeier, Jürgen; Plass, Christoph; Wenzelmann, Christoph: Zukunftsorientierte Unternehmensgestaltung. Carl Hanser Verlag, München/Wien, 2009 [GHKS06] Gausemeier, Jürgen; Hahn, Axel; Kespohl, Hans D.; Seifert, Lars: Vernetzte Produktentwicklung Der erfolgreiche Weg zum Global Engineering Networking. Carl Hanser Verlag, München/Wien, 2006 [GLS04] Gausemeier, Jürgen; Lindemann, Udo; Schuh, Günther: Planung der Produkte und Fertigungssysteme von morgen. VDMA Verlag, Frankfurt, 2004 Die Autoren Thomas Ulrich Dipl.-Ing. Thomas Ulrich ist Partner bei der UNITY. Herr Ulrich ist im internationalen Programm -und Projektmanagement tätig. In seinem Tätigkeitsfeld kann er auf langjährige Erfahrungen in den Bereichen Unternehmensentwicklung, Prozess- und Organisationsmanagement und IKT-Management zurückblicken. Seit mehr als 15 Jahren führt Herr Ulrich erfolgreich Projekte in der Automobil- und Automobilzuliefererindustrie, dem Maschinen- und Anlagenbau und in der Fertigungsindustrie insbesondere zur Implementierung von Prozessinnovationen. Seite 7 von 8
8 Katharina Pierschalik Dipl-Kffr. (FH) Katharina Pierschalik ist Beraterin des Competence Centers Produktions- und Logistikmanagement bei der UNITY. Frau Pierschalik ist vornehmlich im Umfeld des Prozess- und Projektmanagements tätig. Zu ihren Branchenschwerpunkten zählen die Automobil- und Zulieferbranche sowie die Fertigungsindustrie. Über die UNITY Die UNITY ist eine technologieorientierte Unternehmensberatung für Strategien, Prozesse, Technologien und Systeme. Die Schwerpunkte der Beratungsleistungen sind: die Kunden von der innovativen Produktidee bis zum Erfolg im Markt zu unterstützen, eine hohe Produktivität in der Leistungserstellung sicherzustellen und Veränderungsprozesse der Kunden durch technisches und betriebswirtschaftliches Fachwissen sowie durch geschäftsorientiertes Prozess- und IT-Management erfolgreich zu gestalten. Zu den Kunden zählen mittelständische Unternehmen sowie internationale Industriekonzerne. Niederlassungen befinden sich in Berlin, Hamburg, München, Paderborn und Stuttgart sowie in Kairo, Wien und Zürich. Seite 8 von 8
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