Advanced Process Control in der industriellen Praxis
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- Hella Kolbe
- vor 8 Jahren
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1 Advanced Process Control in der industriellen Praxis Bernd-Markus Pfeiffer Intern / siemens.com/answers
2 Was ist Prozess-Automatisierung? Automatisierung verfahrenstechnischer Anlagen in verschiedenen Branchen. Anforderungen: Hohe Betriebssicherheit und Verfügbarkeit Dauerbetrieb kein CPU-Stopp des Automatisierungssystems möglich Mittleres bis großes Mengengerüst Strukturiertes Engineering mit Anlagen-Hierarchie Zentrales, strukturiertes Bedienen und Beobachten Offene Kommunikation und Anbindung an die Betriebsleitebene Integration von intelligenten Feldgeräten Seite 2
3 Prozess-Automatisierung in verschiedenen Branchen Basis-Chemie Biotreibstoffe Brauereien Zement Chemische Fasern Molkereien Glas Industriegase Metalle und Bergbau Öl und Gas Pharma Poly-Silikon Papier und Zellstoff Spezialchemie Wasser und Abwasser Seite 3
4 Standard-Regelungsstrukturen in Prozessleitsystemen PID-Regelkreis Regler mit Split-Range-Ausgang Kaskadenregelung Seite 4 Verhältnisregelung
5 Advanced Process Control: Begriffsdefinition Höhere Regelungsverfahren und Methoden der Prozessführung verfahrenstechnischer Anlagen, mit dem Ziel der Beherrschung komplexer Prozesse, der Minimierung des Ressourceneinsatzes und/oder Maximierung des Ertrags unter Einhaltung anlagentechnischer Randbedingungen, d. h. ohne mechanischen Umbau. Bei APC-Projekten werden Elemente aus verschiedenen Teilgebieten der Automatisierungstechnik genutzt und integriert, u. a. theoretische Modellbildung und Simulation, experimentelle Prozessidentifikation, moderne Regelungs- und Steuerungstechnik, angewandte Statistik, künstliche Intelligenz. (ausschnittsweise zitiert aus Begriffsdefinition APC des GMA-Fachausschusses 6.22) Prozessoptimierung mit regelungstechnischen Methoden Seite 5
6 Nutzen von APC-Applikationen für Anlagenbetreiber Standardabweichungen werden minimiert (typisch um bis zu 75 %, d. h. auf 25 % des ursprünglichen Wertes) und Störungen werden schneller ausgeregelt Ausbeute wird erhöht (typisch um 2 bis 10 %) Durchsatz wird deutlich gesteigert (typisch um 1 bis 5 %) bei konstanter Produktqualität Energieverbrauch wird deutlich reduziert (typisch um 3 bis 10 %) ebenso wie der Rohstoffeinsatz Manuelle Eingriffe sind signifikant seltener erforderlich das führt zu einer spürbaren Reduzierung der Operator-Belastung Übergänge zwischen verschiedenen Arbeitspunkten werden optimiert, d. h. schnellerer Arbeitspunktwechsel und geringere Produktionsfehlzeit Lebensdauer der Anlage wird mit der bestehenden Automatisierung erhöht bei gleichzeitig weniger Instandhaltungsaufwand Das Prozessverständnis wird dank Modellierung und Prädiktion verbessert Input (Kosten) senken! Output (Erlöse) steigern! Seite 6
7 Das Potential der Anlage ausreizen mit Advanced Process Control PV PV_HiLim SP bisherige Prozessführung mit APC optimierte Prozessführung 1. Schritt: Prozessführung und Regelung verbessern geringere Schwankungen (Varianz) weniger schwankungsbedingte Verluste z. B. Energieverbrauch 2. Schritt: kleinere Varianz ermöglicht, Sollwerte näher an kritische Toleranzen zu fahren ( ), ohne diese zu verletzen weitere, deutliche Kosten/Energie- Einsparungen! Seite 7
8 Externe APC-Tools gekoppelt an Prozessleitsystem APC OS Faceplates Basic Controls OS Clients APC Engineering and Runtime SW (OPC Client) Engineering Station ES OS-LAN Ethernet Vorteile Offen für bestehende Lösungen des Kunden (bevorzugte Kunden-Tools) Offen für APC-Tools anderer Hersteller (nicht enthalten in PCS 7) Standard-Vorgehensweise für große APC- Aufträge Seite 8 APC Communication Function Blocks Automation System OS-Server (redundant) Industrial Ethernet / Fast Ethernet
9 Ins Prozessleitsystem integrierte APC-Funktionen APC OS Faceplates Operation & Control Basic Controls APC Engineering Tool Modellierung und Test OS Clients Engineering Station ES Vorteile Vollständig integriert in Simatic PCS 7: gleiches Erscheinungsbild in Engineering und Betrieb APC-Funktionen standardmäßig in PCS 7 enthalten (keine Zusatzkosten für Lizenzen) Hohe Verfügbarkeit für APC durch Nutzung von redundanten Controllern Seite 9 APC-Runtime-Bausteine Runtime-Berechnungen OS-LAN Industrial Ethernet / Fast Ethernet OS-Server (redundant) Automation System
10 APC-Tools für Prozessleitsystem SIMATIC PCS 7 External Softsensor INCA Sensor MPC full-blown INCA, DMC+, o.a. Embedded Smith MPC lean/large Predictor 4x4 / 10x10 Override Control PID Tuning PID Tuner Control Performance Monitoring Lead-Lag Feed-Forward Control Gain Scheduling PID Tuning INCA SIMULATION PID-Tuner SIMIT Softsensor NeuroSystems Fuzzy Control FuzzyControl++ Adaptive Contr. ADCO SIMULATION SIMBApro Seite 11 PCS 7 Standard PCS 7 AddOns
11 MPC: Model Predictive Control Model Internal Model Control, d. h. Regler enthält ein vollständiges dynamisches Prozessmodell Predictive Vorausschauende Fahrweise basierend auf modellbasierten Prädiktionen Control Regelungsproblem wird als Optimierungsproblem formuliert und gelöst Seite 12
12 Funktionsweise eines prädiktiven Reglers Prädiktion der freien Bewegung: Regler erkennt zukünftige Abweichungen (z. B. Überschreitung des max. zulässigen Qualitätswertes) Sollwert Regelgröße (CV) Regler reagiert schon vor dem Eintreten der Abweichung! Stellgröße (MV) Vergangenheit (gemessene Werte) Aktueller Zeitpunkt k Seite 13 Zukunft (prädizierte Werte) k+n c k+n p Zeit t
13 APC-Tools in Simatic PCS 7: Modellbasierte Prädiktivregelung Leistungsfähigste APC-Funktion: Mehrgrößenregler für zahlreiche verkoppelte Stell- und Regelgrößen bzw. zur Koordination unterlagerter PID-Regler Regelung basiert auf linearen Prozess- Modellen, die durch Experimente am realen Prozess identifiziert werden Schlanke Lösung, einfach anzuwenden Weder Kommunikations-Überwachung noch Backup-Strategien notwendig Skalierbares Konzept für embedded MPC: Funktionsbaustein ModPreCon ab PCS 7 V7.1, bis 4x4x1, mehrere Instanzen pro CPU möglich Funktionsbaustein MPC10x10 ab PCS 7 V8.1, bis zu 10x10x4 mit dynamischer Online- Optimierung Seite 14
14 MPC-Funktionsbaustein im CFC (Continuous Function Chart): PID Look&Feel MPC Standard-Funktionsbaustein Controlled Variables Disturbance Compensation Setpoint-Prefilter MV Constraints Tracking Mode Setpoints Manual Values Operation Mode Seite 15
15 MPC mit integrierter ökonomischer Arbeitspunktoptimierung Spezifikation des Gütekriteriums Zielfunktion J= p MV1 *MV1 +p MV2 *MV2 +p CV1 *CV1 +p CV2 *CV2 +J0 hängt linear von Stell- und Regelgrößen des MPC ab, z. B. - wirtschaftlicher Ertrag des Anlagenbetriebs pro Zeiteinheit [ /h] max. - spezifische Kosten bzw. Energieverbrauch [ /t] min. typischer Anwendungsfall: p MVi * MVi = Preis [ /t] * Durchfluss [t/h] MVi : Manipulated Variable i, p MVi : Preis von MVi CVi : Manipulated Variable i, p CVi : Preis von CVi J0 : Anteil der Zielfunktion, der nicht von MVi und CVi abhängt. Optimierung Ober- und Untergrenzen für Sollwerte im Bildbaustein definieren und als Nebenbedingungen für Optimierer verwenden Ober- und Untergrenzen für Stellgrößen werden ohnehin vom Regler eingehalten (keine separaten Grenzwerte für Optimierer) Automatische Umformung des Gütekriteriums: mit Hilfe des inversen stationären Prozessmodells die Abhängigkeiten von Stellgrößen durch Abhängigkeiten von Regelgrößen ersetzen. Seite 16
16 Vorgehensweise für lean MPC: Implementierungsschritte in Simatic PCS 7 PCS 7 Specialist ES Station PCS 7 V 7.0 SP1 MPC Engineering Tool xxx.csv SIMATIC Manager Drag&Drop FB into CFC Connect FB with I/Os Prepare Trend Display Plant Test Insert External Source Compile Reset Identify Model Design Controller Simulate Controller Export SCL Code Model.SCL MPC Engineering Seite 17
17 Engineering-Effizienz durch wiederholbare Elemente EM Durchflussregelung CM PID-Regler CM Stetigventil CMT Control Module Type: Messstellentyp EM Equipment Module: Technische Funktion EM Temperaturregelung Kaskade EM Temperaturregelung Split range EM Füllstandsregelung Unit Apparat, z. B. Reaktor Seite 18
18 Wiederholbare APC-Elemente für Simatic PCS 7 Equipment Modules: Techn. Funktionen Durchflussregelung über Ventil Verhältnisregelung Füllstandsregelung Druckregelung mit Split-Range Temperaturregelung Kaskadenregelung ph-wert-regelung (ggf. mit MPC) In Vorbereitung: Grob-/Feinstromregelung Pumpenansteuerung mit Verrieglung und Überwachung (PumpMon) Durchflussregelung mit Ventilüberwachung (ValveMon) Unit Templates: Apparate Destillationskolonne mit MPC Rührkesselreaktor Polymerisationsreaktor mit MPC Fermenter Wirbelschichttrockner mit MPC In Vorbereitung sind: Reverse-Osmosis-Unit (Meerwasserentsalzung) mit MPC Kläranlagen-Belebungsbecken mit MPC Glas-Ofen mit MPC Download von: support.automation.siemens.com Seite 19
19 Unit Template Wirbelschichttrockner MPC CV1: Moisture Product CV2: Temperature Product MV1: Flow Hot Air MV2: Temperature Hot Air DV1: Moisture Educt DV2: Moisture Fresh Air DV3: Throughput MPC Seite 20
20 Wirbelschichttrockner mit Störungen der Edukt-Feuchte: Benchmarking PID versus MPC Seite 21
21 MPC mit integrierter ökonomischer Arbeitspunktoptimierung, Beispiel Wirbelschichttrockner Ziel: für jeden Durchsatz automatisch optimalen Arbeitspunkt unter Einhaltung von Nebenbedingungen für Produktqualität (Restfeuchte, Temperatur) finden Gütekriterium: wirtschaftlicher Ertrag des Anlagenbetriebs pro Zeiteinheit [ /h] Kosten für Rohstoff und Energie: thermischer Energieverbrauch (Heizdampf für die Erwärmung der Zuluft) Stromverbrauch für Heißluftgebläse und Zellradschleuse Erlöse für Produkt: Produkt wird nach Gewicht verkauft, so dass nicht nur Durchsatz, sondern auch Restfeuchte des Produkts Einfluss auf Erlöse hat Zahlenwerte für HDPE-Trockner (High Density Poly-Ethylen): 1300 /t Erlös für Produkt 0,15 /kwh Stromkosten 28 /t Kosten für Heizdampf 30 % Edukt-Feuchte 1 % Produkt-Feuchte 92 C Produkt-Temperatur 30 t/h Durchsatz 6 t/h Massenstrom Heißluft Zielfunktion aufstellen, die linear von Stell- und Regelgrößen des MPC abhängt Lösung mit LP-Optimierer im MPC-Baustein. Seite 22
22 Ergebnis Arbeitspunktoptimierung Wirbelschichttrockner Optimierung einschalten MPC-Sollwerte fahren an Optimierungsgrenzen Produktfeuchte so hoch wie möglich: minimaler Energiebedarf, maximales Produktgewicht. Heißlufttemperatur an Obergrenze: wirtschaftlich vorteilhafter als höherer Luftmassenstrom da Heizdampf billigerer Energieträger als Strom für Kompressor. Wirtschaftlicher Ertrag steigt um 2,6 % Seite 23
23 Fazit APC-Verfahren sind entscheidende Hebel zur Verbesserung der Anlagen-Performance hinsichtlich Produktqualität, Produktivität und Wirtschaftlichkeit, Operabilität und Verfügbarkeit, Umweltschutz und Energieeffizienz. Durch leitsystemintegrierte Implementierung mit Standard-Funktionsbausteinen sind APC-Lösungen jetzt sehr viel leichter realisierbar. Die Erschließung neuer Applikationsfelder z. B. mit Simulationsstudien/Laborversuchen bietet interessante Möglichkeiten auch für Kooperationen mit Hochschulen. Seite 24
24 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Bernd-Markus Pfeiffer Key Expert Automation&Control Technologies PD TI ATS TM2 2 bernd-markus.pfeiffer@siemens.com Seite 25
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