Inaugural-Dissertation. zur Erlangung des Grades eines Doktors der Naturwissenschaften in der Fakultät für Psychologie der RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM

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1 Experimentelle Untersuchung zur Wirksamkeit einer kombinierten Behandlung aus einem visuellen Explorationstraining und zusätzlicher afferenter Anbahnung bei visuellem Neglect Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Naturwissenschaften in der Fakultät für Psychologie der RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM vorgelegt von: Angela Schröder

2 Gedruckt mit Genehmigung der Fakultät für Psychologie der RUHR-UNIVERSITÄT Bochum Referent: Prof. Dr. Irene Daum Koreferent: Prof. Dr. Volker Hömberg Tag der mündlichen Prüfung:..4

3 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis 8 Seite Tabellenverzeichnis 3 Einleitung Theoretische Einführung 7. Definition 7. Auswirkungen und Stellenwert der Neglectsymptomatik 7.3 Inzidenz und Schweregrad des Neglects bei links- und rechtshemisphärisch geschädigten Patienten.4 Anatomie 9. Allgemeines klinisches Erscheinungsbild 3.6 Neglect in verschiedenen Modalitäten 4.6. Visueller Neglect Visuelle Exploration Lesen 7.6. Akustischer Neglect Sensibler und taktiler Neglect Motorischer Neglect 8.7 Neglect innerhalb verschiedener Referenzrahmen 9.8 Assoziierte Störungen 3.8. Anosognosie 3.8. Extinktion Primäre sensorische Defizite Räumliche Störungen Aufmerksamkeitsdefizite Zeitwahrnehmungstörungen Emotionale Begleitstörungen 34.9 Diagnostik des visuellen Neglects Standardisierte Testverfahren Differentialdiagnostik Neglect vs. Hemianopsie 37. Erklärungsansätze zum Neglect 4.. Aufmerksamkeitstheorien 4 8

4 Inhaltsverzeichnis Seite... Kinsbourne: Das orientational-bias -Modell 4... Heilman: Neglect als Folge einer Unterbrechung des Aktivierungssystems einer Hemisphäre...3 Mesulam: Neglect als Folge einer Störung des neuronalen Netzwerks einer Hemisphäre...4 Posner: Die Disengagement -Hypothese 44.. Repräsentationale Ansätze Bisiach: Neglect als Störung der mentalen inneren Repräsentation des Außenraumes... Rizzolatti: Die prämotorische Theorie des Neglects...3 Neglect als Folge einer verzerrten Repräsentation des Raumes..3 Transformationsansatz: Neglect als Folge einer gestörten Generierung eines egozentrischen, körperzentrierten Koordinatensystems (Karnath)..4 Cerebrale Balance-Theorien.. Welches Modell erklärt Neglect am besten? 3. Verlauf der Neglectsymptomatik 3. Warum Neglectrehabilitation? 4.3 Rehabilitation.3. Explorationstraining 6.3. Behandlung des Neglects durch Aktivierung grundlegender Aufmerksamkeitsfunktionen.3.3 Reduktion des Neglects durch Cueing-Techniken Behandlung des Neglects durch monokulare Abdeckung 6.3. Behandlung des Neglects durch Fresnel-Prismen Behandlung des Neglects durch kontraläsionale, sensorische Stimulation.3.6. Transcutane Nervenstimulation (TENS) Optokinetische Stimulation (OKS) Vestibuläre, kalorische Stimulation Nackenmuskelvibration Rumpfdrehung Repetitive periphere magnetische Stimulation (RPMS)

5 Inhaltsverzeichnis Seite Eigene Vorarbeiten Kritik an den bisherigen Studien 93.4 Herleitung der eigenen Fragestellungen 94. Ableitung der Hypothesen 97 3 Methoden Stichprobe Versuchsdurchführung 3.. Diagnostik 3... Diagnostik des visuellen Neglects 3... Ablauf der diagnostischen Untersuchung Darstellung der verwendeten Diagnostikaufgaben Linien durchstreichen Sterne durchstreichen Linien halbieren Abzeichnen Freies Zeichnen Lesen (ELEX Text A) Schreiben TAP-Neglect Auswertung der Diagnostikergebnisse über Gesamtscores 3... Kriterien für das Vorhandensein eines visuellen Neglects Zusatzdiagnostik Therapie 3... Therapieablauf 3... Das Therapieprogramm (ELEX) Sensible Anbahnung TENS (Transcutane Nervenstimulation) OKS (Optokinetische Stimulation) 3..3 Allgemeine Versuchsanordnung und -ablauf 3.3 Statistische Auswertung 4 3

6 Inhaltsverzeichnis Seite 3.4 Untersuchungsdesign 4 3. Operationalisierung 4 Ergebnisse 7 4. Neuropsychologische Hintergrundvariablen Alter der Versuchspersonen Zeit seit Läsion Schweregrad des Neglects Bildung Aufmerksamkeit: tonische und phasische Alertness Reaktionszeiten ohne Warnton Reaktionszeiten mit Warnton Phasische Alertness Gedächtnis Orientierung Auditiv-verbale Merkspanne Auditiv-verbale Arbeitsgedächtnisleistung Verbale deklarative Gedächtnisleistungen Unmittelbare Wiedergabe der Kurzgeschichten aus der WMS-R Verzögerte Wiedergabe der Kurzgeschichten aus der WMS-R Zusammenfassung Ergebnisse der Neglectdiagnostik Ergebnisse in den Untertests aus dem NET und dem Untertest Neglect aus der TAP Linien durchstreichen Analyse der Gruppendaten Analyse der Daten der einzelnen Versuchspersonen Sterne durchstreichen Analyse der Gruppendaten Analyse der Daten der einzelnen Versuchspersonen Linien halbieren Analyse der Gruppendaten 4

7 Inhaltsverzeichnis Analyse der Daten der einzelnen Versuchspersonen Seite Figuren zeichnen Beurteilerkonkordanz Analyse der Gruppendaten Analyse der Daten der einzelnen Versuchspersonen Freies Zeichnen Beurteilerkonkordanz Analyse der Gruppendaten Analyse der Daten der einzelnen Versuchspersonen Untertest Neglect aus der TAP Analyse der Gruppendaten Analyse der Daten der einzelnen Versuchspersonen 4.. Gesamtscore für das Linien durchstreichen, Sterne durchstreichen, Linien halbieren, Figuren abzeichnen, freie Zeichnen und den Neglect-Test (TAP) Gruppenauswertung Analyse der Daten der einzelnen Versuchspersonen 4..3 Ergebnisse in den alltagsrelevanten Verfahren (Lesen und Schreiben) Lesen Analyse der Gruppendaten Analyse der Daten der einzelnen Versuchspersonen Schreiben Analyse der Gruppendaten Analyse der Daten der einzelnen Versuchspersonen Gesamtscore für das Lesen und Schreiben Gruppenauswertung Analyse der Daten der einzelnen Versuchspersonen Diskussion der Untersuchung 6

8 Inhaltsverzeichnis. Selektion von TENS und OKS als sensorische Stimulationsverfahren Seite. Durchführung einer Kombinationstherapie 7.3 Zeitlicher Umfang der Therapie 8.4 Neuropsychologische Hintergrundvariablen: Soziodemographische Daten, klinische Daten und neuropsychologische Zusatzdiagnostik. Auswertung der Neglectdiagnostik.6 Bildung eines Gesamtscores für die Untertests aus dem NET und den Neglect-Test aus der TAP bzw. die alltagsrelevanten Leistungen Lesen und Schreiben.7 Effekte der verschiedenen Therapieformen Effekte des Explorationstrainings (Kontrollgruppe) 6.7. Effekte der kombinierten Behandlung aus einem Explorationstraining und einer kontraläsionalen TENS- Stimulation (TENS-Gruppe) Effekte der kombinierten Behandlung aus einem Explorationstraining und einer kontralateralen optokinetischen Stimulation (OKS-Gruppe) 4.8 Zusätzliche Effekte einer kontraläsionalen Stimulation 9.8. Vergleich der Kontroll- und der TENS-Gruppe 9.8. Vergleich der Kontroll- und der OKS-Gruppe 9.9 Unterschiedliche Effekte verschiedener Stimulationsformen: Vergleich der TENS- und der OKS-Gruppe. Transfer der Therapieeffekte auf alltagsrelevante Leistungen 3.. Effekte des Explorationstrainings (Kontrollgruppe) auf alltagsrelevante Leistungen (Lesen, Schreiben).. Effekte der kombinierten Behandlung aus Explorationstraining und zusätzlicher TENS-Stimulation (TENS-Gruppe) auf alltagsrelevante Leistungen (Lesen, Schreiben)..3 Effekte der kombinierten Behandlung aus Explorationstraining und zusätzlicher optokinetischer Stimulation (OKS-Gruppe) auf alltagsrelevante Leistungen (Lesen, Schreiben). Zusätzliche Effekte der kontraläsionalen Stimulation auf alltagsrelevante Leistungen.. Vergleich der Kontroll- und der TENS-Gruppe in alltagsrelevanten Leistungen (Lesen und Schreiben)

9 Inhaltsverzeichnis Seite.. Vergleich der Kontroll- und der OKS-Gruppe in alltagsrelevanten Leistungen (Lesen und Schreiben). Unterschiedliche Effekte verschiedener Stimulationsformen auf alltagsrelevante Leistungen: Vergleich der TENS- und der OKS- Gruppe Abgrenzung von therapieunabhängigen Faktoren und Effekten 4.3. Spontanremission 4.3. Retest-Effekte Primär sensorische Defizite 44.4 Zusammenfassende Diskussion der Effekte der verschiedenen Therapieformen. Ausblick 6 Zusammenfassung 3 7 Literaturverzeichnis 6 Anhang 4 7

10 Abbildungsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Seite Läsionslokalisation bei Patienten mit Schädigungen der rechten 9 Hemisphäre infolge von vaskulären Insulten (aus: Vallar und Perani, 986). Das kortikosubkortikale Netzwerk, das für das Auftreten der Neglectsymptomatik verantwortlich ist. (aus: Karnath, 3) 3 3 Schematische Darstellung des Aufmerksamkeitsmodells von 4 Kinsbourne zur Erklärung der Neglectsymptomatik (aus: Kerkhoff, 4) 4 Schematische Darstellung des Aufmerksamkeitsmodells von 44 Mesulam zur Erklärung der Neglectsymptomatik (aus: Kerkhoff, 4) Schematische Darstellung des Aufmerksamkeitsmodells von Posner 4 zur Erklärung der Neglectsymptomatik (aus: Kerkhoff, 4) 6 Modell der neuronalen Transformation der afferenten sensorischen Information in ein egozentrisch-körperbezogenes Koordinatensystem der Raumwahrnehmung (aus: Karnath, 997 a) 7 Darstellung der Ergebnisse von Sitzungen linksgerichteter OKS 76 zur Behandlung der Neglectdyslexie bei einem Patienten mit linksseitigem, multimodalem Neglect (aus: Kerkhoff, 4) 8 Bildschirmoberfläche im Untertest Neglect aus der TAP 7 9 Darstellung des ELEX-Arbeitsplatzes 7 Darstellung der verwendeten Muster im ELEX-Training 8 Plazierung der TENS-Elektroden Darstellung des OKS-Arbeitsplatzes 3 Darstellung der optokinetischen Stimulation (VS-Programm) 4 Alter in den drei Gruppen (Mittelwerte und Standardabweichungen) 7 Zeit seit Läsion in den drei Gruppen (Mittelwerte und 8 Standardabweichungen) 6 Schweregrad des visuellen Neglects in den drei Gruppen (Mittelwerte und Standardabweichungen) 9 8

11 Abbildungsverzeichnis 7 Bildung in Jahren in den drei Gruppen (Mittelwerte und Seite 3 Standardabweichungen) 8 Reaktionszeiten ohne Warnton in den drei Gruppen (Mittelwerte und 3 Standardabweichungen) 9 Reaktionszeiten mit Warnton in den drei Gruppen (Mittelwerte und 3 Standardabweichungen) Phasische Alertness in den drei Gruppen (Mittelwerte und 33 Standardabweichungen) Punktwerte in den allgemeinen Wissens- und Orientierungsfragen 34 aus der WMS-R in den drei Gruppen (Mittelwerte und Standardabweichungen) Auditiv-verbale Merkspanne in den drei Gruppen (Mittelwerte und 3 Standardabweichungen) 3 Auditiv-verbale Arbeitsgedächtnisleistung in den drei Gruppen 36 (Mittelwerte und Standardabweichungen) 4 Punktwerte im Untertest Logisches Gedächtnis I in den drei Gruppen 37 (Mittelwerte und Standardabweichungen) Punktwerte im Untertest Logisches Gedächtnis II in den drei 38 Gruppen (Mittelwerte und Standardabweichungen) 6 Anzahl der Auslassungen beim Linien durchstreichen zu den 39 Testzeitpunkten t bis t4 in der Kontrollgruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 7 Anzahl der Auslassungen beim Linien durchstreichen zu den 4 Testzeitpunkten t bis t4 in der TENS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 8 Anzahl der Auslassungen beim Linien durchstreichen zu den 4 Testzeitpunkten t bis t4 in der OKS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 9 Verlauf beim Linien durchstreichen von t zu t4 in den drei Gruppen 4 3 Darstellung der Verläufe der Einzelpersonen beim Linien 43 durchstreichen von t zu t4 getrennt für die drei Gruppen 9

12 Abbildungsverzeichnis 3 Anzahl der Auslassungen beim Sterne durchstreichen zu den Seite 4 Testzeitpunkten t bis t4 in der Kontrollgruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 3 Anzahl der Auslassungen beim Sterne durchstreichen zu den 46 Testzeitpunkten t bis t4 in der TENS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 33 Anzahl der Auslassungen beim Sterne durchstreichen zu den 47 Testzeitpunkten t bis t4 in der OKS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 34 Verlauf beim Sterne durchstreichen von t zu t4 in den drei Gruppen 47 3 Darstellung der Verläufe der Einzelpersonen beim Sterne 49 durchstreichen von t zu t4 getrennt für die drei Gruppen 36 Abweichung in mm beim Linien halbieren zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der Kontrollgruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 37 Abweichung in mm beim Linien halbieren zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der TENS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 38 Abweichung in mm beim Linien halbieren zu den Testzeitpunkten t 3 bis t4 in der OKS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 39 Verlauf beim Linien halbieren von t zu t4 in den drei Gruppen 3 4 Darstellung der Verläufe der Einzelpersonen beim Linien halbieren von t zu t4 getrennt für die drei Gruppen 4 Punkte beim Figuren abzeichnen zu den Testzeitpunkten t bis t4 in 8 der Kontrollgruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 4 Punkte beim Figuren abzeichnen zu den Testzeitpunkten t bis t4 in 9 der TENS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 43 Punkte beim Figuren abzeichnen zu den Testzeitpunkten t bis t4 in 6 der OKS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 44 Verlauf beim Figuren abzeichnen von t zu t4 in den drei Gruppen 6 4 Darstellung der Verläufe der Einzelpersonen beim Figuren 6 abzeichnen von t zu t4 getrennt für die drei Gruppen 46 Punkte beim freien Zeichnen zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der Kontrollgruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 64

13 Abbildungsverzeichnis Seite 47 Punkte beim freien Zeichnen zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der 6 TENS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 48 Punkte beim freien Zeichnen zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der 66 OKS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 49 Verlauf beim freien Zeichnen von t zu t4 in den drei Gruppen 66 Darstellung der Verläufe der Einzelpersonen beim freien Zeichnen 68 von t zu t4 getrennt für die drei Gruppen Anzahl der Auslassungen im Untertest Neglect aus der TAP zu den 7 Testzeitpunkten t bis t4 in der Kontrollgruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) Anzahl der Auslassungen im Untertest Neglect aus der TAP zu den 7 Testzeitpunkten t bis t4 in der TENS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 3 Anzahl der Auslassungen im Untertest Neglect aus der TAP zu den 7 Testzeitpunkten t bis t4 in der OKS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 4 Verlauf im Untertest Neglect aus der TAP von t zu t4 in den drei 7 Gruppen Darstellung der Verläufe der Einzelpersonen im Untertest Neglect 74 aus der TAP von t zu t4 getrennt für die drei Gruppen 6 Gesamtscore zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der Kontrollgruppe 77 (Mittelwerte und Standardabweichungen) 7 Gesamtscore zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der TENS-Gruppe 78 (Mittelwerte und Standardabweichungen) 8 Gesamtscore zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der OKS-Gruppe 79 (Mittelwerte und Standardabweichungen) 9 Verlauf des Gesamtscores von t zu t4 in den drei Gruppen 79 6 Darstellung der Verläufe der Einzelpersonen beim Gesamtscore von 84 t zu t4 getrennt für die drei Gruppen 6 Anzahl der Auslassungen und Fehler beim Lesen zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der Kontrollgruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 8

14 Abbildungsverzeichnis 6 Anzahl der Auslassungen und Fehler beim Lesen zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der TENS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 63 Anzahl der Auslassungen und Fehler beim Lesen zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der OKS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) Seite Verlauf beim Lesen von t zu t4 in den drei Gruppen 87 6 Darstellung der Verläufe der Einzelpersonen beim Lesen von t zu t4 getrennt für die drei Gruppen 66 Abstand vom linken Seitenrand beim Schreiben zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der Kontrollgruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 67 Abstand vom linken Seitenrand beim Schreiben zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der TENS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 68 Abstand vom linken Seitenrand beim Schreiben zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der OKS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 69 Verlauf beim Schreiben von t zu t4 in den drei Gruppen 93 7 Darstellung der Verläufe der Einzelpersonen beim Schreiben von t zu t4 getrennt für die drei Gruppen 7 Gesamtscore zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der Kontrollgruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 7 Gesamtscore zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der TENS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 73 Gesamtscore zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der OKS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 74 Verlauf des Gesamtscores von t zu t4 in den drei Gruppen 99 7 Darstellung der Verläufe der Einzelpersonen beim Gesamtscore von t zu t4 getrennt für die drei Gruppen 76 Verlauf des Gesamtscores von t zu t4 in den drei Gruppen 3 77 Verlauf des Gesamtscores von t zu t4 in den drei Gruppen

15 Tabellenverzeichnis Tabellenverzeichnis Seite Übersicht über soziodemographische und klinische Daten der 99 Patienten der Kontrollgruppe Übersicht über soziodemographische und klinische Daten der Patienten der TENS-Gruppe 3 Übersicht über soziodemographische und klinische Daten der Patienten der OKS-Gruppe 4 Ausprägungsgrad des Neglects in der Kontrollgruppe zum Zeitpunkt der Eingangsdiagnostik (t) Ausprägungsgrad des Neglects in der TENS-Gruppe zum Zeitpunkt der Eingangsdiagnostik (t) 6 Ausprägungsgrad des Neglects in der OKS-Gruppe zum Zeitpunkt der Eingangsdiagnostik (t) 7 Darstellung des verwendeten Untersuchungsparadigmas 8 Anzahl der Auslassungen beim Linien durchstreichen zu t und t4 43 sowie die Verbesserung von t zu t4 9 Anzahl der Auslassungen beim Sterne durchstreichen zu t und t4 49 sowie die Verbesserung von t zu t4 Abweichung in mm beim Linien halbieren zu t und t4 sowie die Verbesserung von t zu t4 Darstellung der Urteilerkonkordanz beim Figuren zeichnen, die 7 mittels Kendall-Tau-Analysen ermittelt wurde Anzahl der Punkte beim Figuren zeichnen zu t und t4 sowie die 6 Verbesserung von t zu t4 3 Darstellung der Urteilerkonkordanz beim freien Zeichnen, die 63 mittels Kendall-Tau-Analysen ermittelt wurde 4 Anzahl der Punkte beim freien Zeichnen zu t und t4 sowie die 68 Verbesserung von t zu t4 Anzahl der Auslassungen im Untertest Neglect aus der TAP zu t 74 und t4 sowie die Verbesserung von t zu t4 6 Ergebnisse der Faktorenanalysen getrennt für die Testzeitpunkte t- t4 (Kommunalitäten und Itemladungen auf den ersten Faktor) 76 3

16 Tabellenverzeichnis 7 Gesamtscore zu t und t4 sowie die Verbesserung von t zu t4 Seite 83 8 Anzahl der Auslassungen und Fehler beim Lesen zu t und t4 sowie 89 die Verbesserung von t zu t4 9 Abweichung in cm vom linken Seitenrand beim Schreiben zu t und 9 t4 sowie die Verbesserung von t zu t4 Ergebnisse der Faktorenanalysen getrennt für die Testzeitpunkte t- 97 t4 (Kommunalitäten und Itemladungen auf den ersten Faktor) Gesamtscore zu t und t4 sowie die Verbesserung von t zu t4 3 4

17 Einleitung Einleitung Die Anzahl der Veröffentlichungen zum Thema Neglect ist in den letzten Jahren enorm gestiegen. Dies belegt das steigende Interesse an diesem eindrücklichen und faszinierenden Krankheitsbild. Blickt man zurück auf etwa 3 Jahre Forschung und Entwicklung in der Neglectrehabilitation, so gibt es erhebliche Fortschritte im Verständnis der Störungsmechanismen wie auch in der Entwicklung neuer, wirksamerer Therapieverfahren. In den letzten Jahren wurden z.b. vielversprechende sensorische Stimulationstechniken zur Manipulation und Reduktion des Neglects entwickelt. Dennoch sind noch viele Fragen unbeantwortet, wie z.b., welche Therapiemethoden in der Neglectbehandlung besonders effektiv sind oder welches die effektivsten Behandlungskombinationen sind. In der vorliegenden Studie werden zwei sensorische Stimulationsformen, die Transcutane Nervenstimulation (TENS) und die optokinetische Stimulation (OKS) in Kombination mit einem Explorationstraining als Therapieverfahren eingesetzt und mit einem reinen Explorationstraining, welches als der verbreitetste Ansatz in der Rehabilitation des visuellen Neglets betrachtet werden kann, verglichen. Damit werden einerseits verschiedene Therapietechniken miteinander verglichen, andererseits wird auch ein weiterer Schritt in der Erforschung wirksamer Kombinationstherapien getan. Im folgenden theoretischen Teil der Arbeit erfolgen zunächst allgemeine Angaben zu Definition, Stellenwert und anatomischen Grundlagen des Neglects. Es folgt eine Einführung in die klinische Symptomatik. Dabei wird Neglect in verschiedenen Modalitäten (visuell, akustisch, sensibel, taktil und motorisch) näher erläutert, außerdem findet eine Darstellung häufig assoziierter Störungen wie z.b. der Anosognosie statt. Danach erfolgt in Kapitel.9 eine Darstellung der in der Neglectdiagnostik verwendeten Testverfahren. Weiter wird in diesem Rahmen auf die Differentialdiagnostik von Neglect und Hemianopsie eingegangen. Im Anschluß erfolgt eine Darstellung der wichtigsten theoretischen Erklärungsansätze: Hier werden Aufmerksamkeitstheorien (Kinsbourne, Heilman, Mesulam, Posner), repräsentationale Ansätze (Bisiach, Rizzolatti), die Transformationshypothese nach Karnath sowie Cerebrale Balance-Theorien (Payne et al.) vorgestellt und diskutiert.

18 Einleitung Schließlich erfolgt im Kapitel.3 eine Darstellung der existierenden Therapieansätze. Neben dem klassichen Explorationstraining werden Aufmerksamkeitstrainings, Cueing- Techniken, monokulare Abdeckung und der Einsatz von Fresnel-Prismen näher erläutert, bevor zu den im Rahmen der vorliegenden Untersuchung interessierenden sensorischen Stimulationsformen übergegangen wird. Hier werden neben TENS und OKS auch die kalorische Stimulation, Vibration, Rumpfdrehung und periphere magnetische Stimulation dargestellt. Die Herleitung der Fragestellungen ab dem Kapitel.4 markiert den Übergang zu dem empirischen Teil dieser Arbeit. Im Kapitel folgt die Diskussion der Ergebnisse. 6

19 Theoretische Einführung. Theoretische Einführung. Definition An individual with the neglect syndrome fails to report, respond, or orient to novel or meaningful stimuli presented to the side opposite a brain lesion. The individual is not considered to have the neglect syndrome if this failure can be attributed to either sensory or motor defects (Heilman et al., 98). Neglect bezeichnet demnach eine Verhaltensstörung bei hirngeschädigten Patienten, die vor allem durch das Nichtbeachten von Reizen auf der zur Läsion kontralateralen Seite charakterisiert ist. Voraussetzung für die Diagnose Neglect ist, daß eine primäre sensorische Beeinträchtigung (Hemianopsie, Hemianästhesie oder periphere Hörstörung) oder ein motorisches Defizit (Parese) als alleinige Erklärung für das festgestellte Defizit ausgeschlossen werden kann (Kerkhoff, 999, 4). Neglect wird heute als eine supramodale Störung verstanden, d.h. als eine Störung, die sich im visuellen, taktilen, auditiven und motorischen Bereich manifestiert. Die Vernachlässigung ist häufig in mehreren Modalitäten gleichzeitig ausgeprägt, kann aber auch nur eine Sinnesmodalität betreffen (Karnath, 997 a). Sind alle Sinnesqualitäten betroffen, so spricht man von einem multimodalen Neglect (Prosiegel, 99). Da das Krankheitsbild von klinischen Variablen wie dem Schweregrad der Störung, der Läsionslokalisation oder assoziierten Störungen moduliert wird, stellen Neglectpatienten eine heterogene Population dar (Rustenbach et al., ). Es handelt sich beim Neglect also nicht um ein einheitliches Konstrukt, sondern um ein Syndrom, bei dem verschiedene kognitive Leistungen in einem unterschiedlichen Ausmaß gestört sein können (Fels und Geissner, 996).. Auswirkungen und Stellenwert der Neglectsymptomatik Das Krankheitsbild hat weitreichende prognotische Konsequenzen. Die Patienten sind durch ihre Vernachlässigungssymptomatik sehr unfallanfällig (Herman, 99). Neglect ist zudem mit einer Vielzahl grundlegender Basisfähigkeiten des täglichen Lebens assoziiert. Neglect wirkt sich außerdem hinderlich auf traditionelle Rehabilitationsmaßnahmen aus (Diller und Riley, 993). Die Patienten benötigen durchschnittlich eine längere Rehabilitationsdauer und erlangen nur selten ihre 7

20 Theoretische Einführung vollständige Unabhängigkeit wieder (Barer, 99). Bei Neglect-Patienten zeigt sich eine verzögerte Erholung von Hemiplegien oer Haltungsproblemen. Trotz der Erholung von den unmittelbar sichtbaren Anzeichen eines Neglects ist ein erheblicher Anteil der Patienten insbesondere nach großen rechtshemisphärischen Läsionen in funktionalen Aktivitäten des täglichen Lebens (ADLs) erheblich beeinträchtigt, z.b. beim Rollstuhlfahren oder beim Lesen. Nur wenige Neglect- Patienten erholen sich so weit, daß sie ein unabhängiges Leben führen können oder sogar in ihren Job zurückkehren können (Kerkhoff, ). Neglect ist daher ein erheblicher negativer Prädiktor für die Erholung von einer Hirnschädigung (Kirk, ; Azouvi et al., ). Trotz verbesserter Behandlungsmethoden sind die Patienten gegen Ende des Rehabilitationsaufenthalts häufig noch beeinträchtigt. Es scheint unerläßlich und dringend erforderlich, möglichst früh mit einer fundierten und effektiven Rehabilitation der Neglectsymptomatik anzusetzen. Damit kann auch in anderen Bereichen eine Rehabilitation günstig beeinflußt, ein höheres Ausmaß an Lebensqualität erreicht und größtmögliche Selbständigkeit wiedererlangt werden (Rustenbach et al., )..3 Inzidenz und Schweregrad des Neglects bei links- und rechtshemisphärisch geschädigten Patienten Es gilt größtenteils als gesichert, daß eine Neglectsymptomatik weitaus häufiger und ausgeprägter nach Schädigungen der rechten, nichtsprachdominanten Hemisphäre auftritt als nach Läsionen der linken Hirnhälfte (Bisiach und Vallar, 988; Vallar und Perani, 986, 987). Umstritten ist allerdings, ob es sich bei den relativ seltenen Beobachtungen eines rechtsseitigen Neglects nicht um ein Untersuchungsartefakt handelt, da Aphasiker in der Regel von den Studien ausgeschlossen werden (Odgen, 98). In Abhängigkeit vom verwendeten Testkriterium zeigt sich kontraläsionaler Neglect bei etwa 33% der linkshemisphärisch geschädigten und mehr als % der rechtshemisphärisch geschädigten Patienten, wenn eine Testung innerhalb der ersten 7 Tage nach Läsion stattfindet. Drei Monate später sind dies immer noch % bzw. 33% (Kerkhoff,, ). Angaben hierzu variieren jedoch. Ein wesentlicher Grund hierfür ist die fehlende Übereinstimmung bezüglich des Assessments von Neglect 8

21 Theoretische Einführung (Azouvi et al., ). Bei rechtshemisphärisch geschädigten Patienten z.b. variieren die Angaben nach Bowen et al. (999) zwischen 3 und 8%. Auch die Erholung findet schneller und vollständiger nach links- als nach rechtshemisphärischen Läsionen statt (Stone et al., 99). Zusammengefaßt gibt es damit eine klare hemisphärische Asymmetrie, mit einer häufigeren, schwereren und länger andauernden Symptomatik nach rechtshemisphärischen Läsionen (Kerkhoff,, 3)..4 Anatomie Seit den frühen 4er Jahren wird das Neglect-Syndrom mit einer rechtsparietalen Schädigung assoziiert, wobei schon lange retrorolandische, im Parietallappen lokalisierte Läsionen als kritisch für das Auftreten von Neglect galten (Brain, 94). Vallar und Perani (986) fanden, daß Neglect häufiger mit retrorolandischen Schäden assoziiert ist als mit frontalen Läsionen. Die inferiore parietale Schleife (supramarginaler Gyrus) war dabei die Region, die am häufigsten bei Patienten mit kortikalen Läsionen und daraus resultierendem Neglect involviert war. 7 Patienten mit schwerem Neglect 6 Patienten mit leichtem bis mittelschwerem Neglect Abb. : Läsionslokalisation bei Patienten mit Schädigungen der rechten Hemisphäre infolge von vaskulären Insulten. Das Ausmaß der Überlappung ist durch die Stärke der Färbung dargestellt. (aus: Vallar und Perani, 986) 9

22 Theoretische Einführung Das Überlappungszentrum der Läsionen in einer Gruppe von Neglectpatienten in einer weiteren Untersuchung von Vallar und Perani (987) sowie von Vallar (993) umfaßte die parieto-temporo-okzipitale Übergangsregion. Das häufigste morphologische Korrelat der Neglectsymptomatik waren nach der Untersuchung von Vallar und Perani (987) Schädigungen, die den rechten inferioren parietalen Kortex (Brodmann Area 4,7). einbeziehen. Hier spielen nach Untersuchungen von Mesulam (98) vor allem Läsionen im Gebiet des Sulcus intraparietalis, dem Grenzsulcus zwischen dem kaudalen Abschnitt der Area 7 und den Areae 4 (Gyrus supramarginalis) und 39 (Gyrus angularis), eine Rolle. Ätiologisch sind ausgedehnte Mediainfarkte der zentralen und parietalen Astgruppe sowie ausgedehnte Posteriorinfarkte mediotemporal die häufigste Ursache des Auftretens einer Neglectsymptomatik (Kerkhoff, 999, 4). Neglect tritt auch, jedoch seltener, nach frontalen Läsionen auf (Damasio et al., 98). Der sogenannte frontale Neglect bildet sich im Unterschied zu anderen Formen jedoch rascher und fast vollständig zurück (Kerkhoff und Schindler, 997). Die kritischen, zu Neglect führenden Läsionen betreffen hier sowohl den dorsolateralen Frontallappen mit den Brodmann-Feldern 8,9 und 46 wie auch den medialen präfrontalen Kortex, etwa im hinteren Bereich des Sulcus cinguli (Area 4) (Vallar und Perani, 987). Dies paßt zu der Tatsache, daß starke afferente und efferente Verbindungen zwischen dem inferioren parietalen und dem präfrontalen Cortex bestehen (Matelli et al., 986). Neglect wurde dagegen bisher niemals bei reinen occipitalen Läsionen beschrieben (Kerkhoff, 3). Auch subkortikale Läsionen, welche den Thalamus (Nucleus centromedanius und parafascicularis, Intralaminarkerne, ventrale Pulvinar) oder die Basalganglien betreffen, können zu einem Neglect führen (Damasio et al., 98; Vallar, ). Vallar und Perani (986) fanden ebenfalls ein häufigeres Auftreten, wenn graue Kerne wie der Thalamus und die Basalganglien (lentikulärer Nucleus) betroffen waren, bei Beteiligung dieser Strukturen war jedoch auch eine große Anzahl negativer Fälle vorhanden. Läsionen, die auf die subkortikale weiße Substanz begrenzt waren, waren dagegen selten mit Neglect assoziiert. Möglicherweise ist jedoch nicht die Schädigung der Basalganglien oder des Thalamus selbst die Ursache für das Auftreten eines Neglects, sondern die hierdurch bedingte Reduktion des Stoffwechsels in frontalen und parietalen Arealen des Cortex (Baron et al., 986; Perani et al.,987). So konnten Demeurisse et al. (997) in einer HMPAO-

23 Theoretische Einführung Spect-Studie zeigen, daß bei Patienten mit Neglect nach rechtsseitiger subkortikaler Schädigung eine weit gestreute Reduktion des kortikalen Blutflusses in der rechten temporo-parietalen Region vorlag. Die Autoren schreiben subkortikalen Neglect daher einer kortikalen Deprivation von afferenten Inputs im posterioren Teil des Gehirns zu. Damasio et al. (98) gehen davon aus, daß alle Strukturen, deren Schädigung einen Neglect verursachen kann, zu einem anatomisch verbundenen System gehören, das der selektiven Aufmerksamkeit dient, und daß eine Läsion in jeder dieser Komponenten einen Neglect verursachen kann, jedoch mit leicht unterschiedlichen Charakteristika. Während z.b. nach einer parietalen Läsion eher die sensorischen Aspekte des Neglectsyndroms überwiegen, stehen nach einer Schädigung im frontalen Bereich eher die motorischen Aspekte im Vordergrund (vgl. auch Werth und v. Cramon, 986). Auch Vallar (993) nimmt an, daß Neglect durch die Unterbrechung komplexer neuronaler cortico-subkortikaler Verarbeitungskreise verursacht wird. Hauptkomponenten des neuronalen Netzwerks sind nach Ansicht des Autoren der infero-posterior parietale Cortex und thalamische Kerne, die mit dieser Region verbunden sind. Im Thalamus kommt der Pulvinar eine bedeutende Rolle zu, da sie Afferenzen von Strukturen erhält, die visuellen Input erhalten (u.a. Colliculus Superior, Occipitallappen). Der hauptsächliche Output aus der Pulvinar geht zum posterioren Parietallappen. Auch der Nucleus medialis dorsalis spielt eine wichtige Rolle, da er einen großen Anteil des thalamischen Inputs an die frontalen Augenfelder abgibt und Läsionen dieser Region einen schweren extrapersonalen Neglect beim Affen produzieren. Heilman et al. (98) unterscheiden zwischen zwei cortico-subcortikalen Schleifen: zum einen die temporo-parieto-occipitale Formation, die die perzeptuelle Verarbeitung des extrapersonalen Raumes vermittelt, und zum anderen die Formation, die den prämotorischen Cortex, den Gyrus cinguli anterioris, die Basalganglien und Thalamuskerne umschließt und für die Vorbereitung und Ausführung motorischer Reaktionen im extrapersonalen Raum verantwortlich ist. Im Gegensatz zu der weit akzeptierten Auffassung, daß Neglect mit Schädigungen des posterioren Parietallappens verbunden ist, gehen Karnath et al. () davon aus, daß beim Menschen ähnlich wie beim Affen der superiore temporale Cortex das neuronale Substrat des räumlichen Neglects ist. Die Autoren untersuchten im Gegensatz zu anderen Studien ausschließlich Patienten, die nur einen räumlichen Neglect, aber keine zusätzlichen primären sensorischen Defizite in Form eines Gesichtsfeldausfalls

24 Theoretische Einführung aufwiesen. Die Läsionsüberlappungen bei den Patienten waren auf den superioren temporalen Gyrus zentriert. Benachbarte Strukturen, die betroffen waren, waren der ventrale postzentrale Gyrus und das Operculum. Die Autoren fanden keine Evidenz für eine prädominate Beteiligung der inferioren parietalen Schleife oder der temporo-parieto-occipitalen Verbindung. Diese in anderen Studien angegebenen Läsionslokalisationen könnten nach Ansicht der Autoren daraus resultieren, daß in diesen Studien eine große Anzahl von Patienten eingeschlossen wurden, die zusätzlich zum Neglect visuelle Gesichtsfelddefekte aufwiesen. Bei Vallar und Perani (986) hatten z.b. 87% der Patienten zusätzlich Gesichtsfelddefekte. Die Autoren konnten die Ergebnisse anderer Studien replizieren: bei Einschluß von Patienten mit zusätzlichen Gesichtsfelddefekten fanden auch sie die inferiore parietale Schleife und die temporo-parieto-occipitale Verbindung als Zentrum der Läsionsüberlappungen. Karnath et al. () untersuchten in einer weiteren fmri-studie die Anatomie subkortikaler Läsionen bei Neglect-Patienten. Auch in diese Studie wurden nur Patienten ohne zusätzliche visuelle Gesichtsfelddefekte eingeschlossen. Die Analyse der Hirnläsionen zeigte, daß das Putamen, die Pulvinar und zu geringerem Ausmaß der Nucleus caudatus subkortikale Strukturen darstellen, die typischerweise mit räumlichem Neglect beim Menschen assoziiert sind. Diese Strukturen haben direkte anatomische Verbindungen zum superioren temporalen Gyrus, den Karnath et al. () als das neuronale Korrelat des räumlichen Neglects im menschlichen Cortex identifizierten. Die Autoren gehen davon aus, daß das rechte Putamen, der Nucleus caudatus, die Pulvinar und der superiore temporale Gyrus ein kohärentes cortico-subkortikales anatomisches Netzwerk in der Entstehung des räumlichen Neglects beim Menschen darstellen.

25 Theoretische Einführung Abb. : Das kortikosubkortikale Netzwerk, das für das Auftreten der Neglectsymptomatik verantwortlich ist. Die homogen grauen Markierungen stellen die Hirnschädigung von Patienten mit Neglect dar. (aus: Karnath, 3) Im allgemeinen wird ein sehr schwerer und multimodaler Neglect durch sehr große rechtsseitige Läsionen verursacht, die sowohl parietale, temporale und Regionen des occipitalen oder frontalen Cortex wie auch subkortikale Strukturen betreffen (Kerkhoff, 3).. Allgemeines klinisches Erscheinungsbild Im klinischen Alltag fallen vor allem akute Neglect-Patienten dadurch auf, daß sie Personen und Objekte nicht beachten oder sogar mit ihnen kollidieren, wenn diese sich auf der zur Läsion kontralateralen Seite befinden. Bei alltäglichen Routineaufgaben wie Anziehen, Körperpflege und Essen vernachlässigen Neglect-Patienten die kontraläsionale Hälfte: sie waschen, rasieren, kämmen oder schminken nur eine Körperund Gesichtshälfte oder ziehen nur eine Seite ordentlich an (Bisiach und Vallar, 988, 3

26 Theoretische Einführung ). Sie essen nur die Hälfte des Tellers leer und lassen Speisen auf der kontralateralen Tischseite unberührt (Weintraub und Mesulam, 989). Die Patienten weisen eine Körperorientierung zur ipsiläsionalen Seite auf, zeigen verminderte Augenund Kopfbewegungen zur kontraläsionalen Seite und reagieren nicht, wenn sie aus der kontraläsionalen Seite angesprochen werden (Bisiach und Vallar, ; Säring, 988). Akute Neglectpatienten halten sich beim Gehen in Räumen oder Gängen häufig ganz auf der ipsiläsional gelegenen Flurseite. Neglect-Patienten versäumen es, Wörter oder Wortteile auf der kontralateralen Seite zu lesen oder beschreiben nur eine Hälfte eines Blattes (Heilman, 979)..6 Neglect in verschiedenen Modalitäten.6. Visueller Neglect Ein Großteil der Literatur zum Neglect widmet sich der Neglectsymptomatik in der visuellen Modalität. Auch eine Vielzahl der typischen im Alltag zu beobachtenden Störungen spiegelt visuelle Neglectphänomene wider. Visueller Neglect zeigt sich vor allem in einer Beeinträchtigung des Explorationsverhaltens..6.. Visuelle Exploration Ein Defizit in der systematischen visuellen Exploration scheint einer der relevanten Faktoren zu sein, die zur visuellen, halbseitigen Vernachlässigung beitragen. Chedru et al. (973) untersuchten anhand electro-oculographischer Aufnahmen die visuelle Suche bei gesunden und hirngeschädigten Personen. Die Autoren konnten zeigen, daß gesunde Kontrollpersonen ein zirkuläres Suchmuster aufwiesen, das häufig im linken oberen Quadranten begann, während die Suche hirngeschädigter Patienten unsystematisch und irregulär war, häufig ipsiläsional begann und insbesondere kontraläsional mit einem höheren Zeitaufwand verbunden war. Patienten mit unilateralem Neglect suchten außerdem im linken Halbraum weniger als im rechten Halbfeld. Weintraub und Mesulam (988) konnten bei Patienten mit rechtshemisphärischer Hirnschädigung und Neglect im Vergleich zu Patienten mit linkshemisphärischer Hirnschädigung in Durchstreichaufgaben eine ausgeprägtere kontralaterale 4

27 Theoretische Einführung Vernachlässigung aufzeigen. Zudem zeigte sich ein variierender Grad der Vernachlässigung in Abhängigkeit vom Stimulusmaterial (mehr Auslassungen bei nonverbalem Material (Formen) als bei verbalem Material (Buchstaben)) und Anordnung der Stimuli (mehr Auslassungen bei randomisierter als bei strukturierter Anordnung). Insbesondere bei randomisierter Reizanordnung fanden die Autoren eine fehlerhafte, auf der rechten Seite beginnende Suchstrategie. Eine strukturierte Anordnung führte dagegen zu einer systematischeren und effizienteren Suche. Girotti et al. (983) untersuchten sakkadische Augenbewegungen auf eine voraussagbare Folge von Sehzielen sowie auf randomisierte und damit unvorhersehbare Lichtstimuli. Bei Patienten mit linksseitiger Vernachlässigung beobachteten die Autoren ein Fehlen der sakkadischen Reaktion bei % der Sehziele, eine Verlängerung der Reaktionszeiten sowie ein treppenartiges Muster im linken Halbfeld. In der vorhersehbaren Abfolge der Stimuli war die Okulomotorik nicht signifikant besser. Hornak (99) untersuchte die Augenbewegungen von Neglect-Patienten, die in einem komplett abgedunkelten Raum nach einem Lichtreiz suchten. Als Ergebnis zeigte sich, daß Fixationen nahezu komplett auf die rechte Seite von der Mittellinie begrenzt waren und innerhalb dieses Bereiches wiederum einen Bias nach rechts aufwiesen. Hornak konnte damit zeigen, daß sogar bei totaler Dunkelheit ohne einen visuellen Stimulus ein Bias der exploratorischen Augenbewegungen zu rechten Seite bestand. Eglin et al. (989) konnten in einer Untersuchung zur Auswirkung von Komplexität und Anzahl visueller Reize auf das Explorationsverhalten bei Neglectpatienten zeigen, daß die Suche nach Zielreizen auf der vernachlässigten Seite durch Distraktoren auf der intakten Seite verlangsamt wurde. Die Verlangsamung auf der vernachlässigten Seite war umso stärker, je anspruchsvoller die Suchaufgabe war und je höher die Anzahl der Items in der intakten Hälfte war. Behrmann et al. (997) konnten anhand von oculographischen Analysen zeigen, daß Neglect-Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen und Hemianopikern ohne Neglect weniger Fixationen und kürzere Suchzeiten auf der kontraläsionalen linken Seite aufwiesen. Sie starteten die Suche außerdem rechts von der Mittellinie und machten signifikant mehr und längere Fixationen auf der ipsiläsionalen Seite. Die Autoren konnten eine positive lineare Relation zwischen horizontaler Lokalisation eines Reizes und der Fixationsfrequenz aufzeigen. Das Fixationsmaximum lag jedoch nicht am äußeren rechten Rand. Dies erklären die Autoren damit, daß der Punkt der maximalen Fixation durch die egozentrische mittelsagittale Ebene determiniert wird.

28 Theoretische Einführung Kim et al. (997) konnten in einer Analyse des Suchverhaltens in Aufgaben zur Linienhalbierung zeigen, daß gesunde Personen zunächst zum linken Ende der Linie gucken, dann nach rechts schauen und schließlich wieder nach links gerichtete Augenbewegungen zur Mitte der Linie vornehmen. Neglect-Patienten dagegen richten ihre Augenbewegungen zum rechten Ende der Linie, ohne eine weitere Suche oder eine nach links gerichtete Augenbewegung zur Mitte der Linie vorzunehmen. Karnath et al. (998 b) untersuchten Blick- und Kopfbewegungen sowie Bewegungen des Auges im Kopf bei Neglect-Patienten, wenn sie in einer randomisierten Konfiguration von Buchstaben auf der inneren Oberfläche einer sie umgebenden Kugel nach einem Buchstaben suchten. Wie gesunde Kontrollpersonen explorierten die Neglect-Patienten den Raum mit Blickbewegungen, Kopfbewegungen und Veränderungen der Position des Auges im Kopf. Das Zentrum der Exploration war jedoch nach rechts verschoben. Die durchschnittliche Horizontale des Blickes und der Kopfbewegungen lag rechts von der mittelsagittalen Ebene des Körpers und die durchschnittliche Auge-in-Kopf-Position lag rechts von der Mittellinie des Kopfes. Dies betraf nur die spontane Exploration, bei Aufforderung durch den Untersucher waren die Patienten in der Lage, ihren Blick, Kopf und Augen wie die Kontrollpersonen nach links oder rechts zu bewegen. Neglect-Patienten führen demnach genau wie gesunde Versuchspersonen visuelle (und auch taktile) Explorationsbewegungen in alle Richtungen aus. Im Gegensatz zu Gesunden ist jedoch die Verteilung der Explorationsbewegungen entlang der horizontalen Raumachse nicht symmetrisch um die sagittale Körpermittelebene nach links und rechts verteilt, sondern symmetrisch um ein zur ipsiläsionalen Seite verschobenes neues Explorationszentrum geordnet (Karnath, 3). Neben dieser horizontalen Verlagerung besteht nach Karnath (3, Karnath et al.,998 b) als weitere Störungskomponente eine veminderte Ausdehnung der Suchbewegungen um das verschobene Explorationszentrum entlang der horizontalen Raumachse. Insgesamt zeigt sich bei Neglect-Patienten ein Bild von fast abwesenden kontraläsionalen Blickbewegungen bei unsystematischen Sakkaden und gehäuften Fixationen im ipsiläsionalen Halbfeld. Über das gesamte Gesichtsfeld besteht eine Verlangsamung der Suchrate und eine schlechte Organisation der Exploration (Weintraub und Mesulam, 989). Neglectpatienten werden von den Reizen in ihrer ipsiläsionalen Raumhälfte oft wie magnetisch angezogen. Auf der ipsiläsionalen Seite suchen die Patienten wiederholt 6

29 Theoretische Einführung die gleichen Raumbereiche ab und können ihren Blick nur schwer in die kontraläsionale Raumhälfte richten. Viele Patienten in der Akutphase weisen auch eine nach ipsiläsional verschobene Augenposition (konjugierte Blickabweichung) im Ruhezustand auf (Kerkhoff, 4)..6.. Lesen Huber et al. (988) führten eine detaillierte Untersuchung des lauten Lesens von Texten bei linksseitiger Hemianopsie und linksseitigem Hemineglect durch. Die untersuchten Patienten zeigten trotz unterschiedlicher neuropsychologischer Störungsbilder ähnliche Such- und Lesestrategien auf. Lange Sakkaden zum linken Rand des Textes traten weder beim Suchen nach dem Satzanfang noch beim Zeilenwechsel auf. Der Wechsel von einer Zeile zur anderen erfolgte vielmehr als stereotyp verkürzte Sakkade, die auf die Mitte der nächsten Zeile gerichtet war. Daran schlossen sich nach links gerichtete Tastbewegungen an, d.h. Ketten kurzer Sakkaden und langer Fixationen. Der Rest der Zeile wurde damit solange rückwärts abgetastet, bis ein sprachlich plausibler Anschluß gefunden wurde, unabhängig vom tatsächlichen Beginn der Zeile. Die Neglectdyslexie äußert sich nach Karnath und Huber (99) im folgenden Erscheinungsbild: Beim Lesen werden Wörter auf der kontralateralen Seite, in der Regel Zeilenanfänge ausgelassen. Daneben zeigen sich eine Vernachlässigung einzelner Wortteile, Wortersetzungen sowie Buchstabenauslassungen und -ersetzungen. Oft fallen auch Probleme beim Zeilensprung auf..6. Akustischer Neglect Ein akustischer Neglect äußert sich darin, daß bei fehlendem primären sensorischen Defizit aus der linken Raumhälfte kommende Umweltgeräusche, Laute oder Stimmen, die bei Gesunden eine Orientierungsreaktion der Augen, des Kopfes und des Oberkörpers zur Schallquelle hin auslösen, nicht beachtet werden oder eine Orientierungsreaktion zur falschen rechten Seite auslösen (Karnath und Hartje, 997; Kerkhoff, 999, 4). Eine Richtung der Reaktion von der Tonquelle weg zur anderen Raumhälfte wird als akustische Allästhesie bezeichnet (Säring, 988). 7

30 Theoretische Einführung.6.3 Sensibler und taktiler Neglect Sensibler Neglect äußert sich dadurch, daß Patienten nicht auf kontraläsionale Berührungsreize reagieren, obwohl keine primäre Hemianästhesie der betroffenen Körperhälfte vorliegt. Reaktionen auf schmerzhafte Berührungen bleiben oft aus (Säring, 988, Kerkhoff, 4). Gelegentlich wird der Ort der Berührung falsch zugeordnet, d.h. Berührungen an der linken Körperseite werden so gedeutet, als wären sie rechtsseitig erfolgt (Allästhesie) (Kerkhoff, 999). Die subjektive taktile Körpermitte ist oft verschoben. Soll der Patient z.b. die subjektive Körpermitte mit dem Finger anzeigen, weicht diese in Richtung der ipsiläsionalen Seite von der objektiven Mittellinie ab (Kerkhoff und Schindler, 997). Beim taktilen Suchen mit der intakten Hand wird im kontraläsionalen Halbraum wenig, unsystematisch oder gar nicht gesucht. Im peripersonalen Raum, d.h. im Radius des Armes, zeigt sich ein reduziertes Explorationsverhalten im kontraläsionalen Halbraum..6.4 Motorischer Neglect Zu den motorischen Neglectformen gehören die direktionale Hypokinese und der motorische Neglect (Mattingley et al., 994b). Direktionale Hypokinesie bezieht sich auf die Schwierigkeit, zielgerichtete motorische Aktivitäten mit der ipsiläsionalen Hand in den kontraläsionalen Halbraum zu initiieren und durchzuführen. Dabei zeigt sich bei Bewegungen der ipsiläsionalen Hand oder des ipsiläsionalen Armes zum kontraläsionalen Halbraum eine verzögerte Bewegungsinitiierung und eine reduzierte Geschwindigkeit der Bewegung. Die Hypokinese äußert sich außerdem in verminderten Kopf- und Augenbewegungen zur Gegenseite. Diese Neglectform tritt jedoch nur selten auf (Kerkhoff, ). Heilman et al. (994) unterscheiden Akinesien (Unfähigkeit zu Bewegungen), Hypokinesien (verzögerte Bewegungen), Hypometrien (Bewegungen von verringerter Amplitude) und Impersistenz (Unfähigkeit, einen begonnenen Bewegungsablauf vollständig auszuführen). Unter motorischem Neglect wird der verminderte spontane Einsatz des kontraläsionalen Armes oder Beines verstanden, ohne daß dies allein durch eine Parese erklärbar ist. Typischerweise ist beim motorischen Neglect zu beobachten, daß die Patienten bei 8

31 Theoretische Einführung beidhändigen Aktivitäten kaum den kontraläsionalen Arm einsetzen, den Arm selten für Schutzreaktionen, z.b. bei einem drohenden Sturz einsetzen, der Arm beim Gehen nicht mitschwingt und der vernachlässigte Fuß beim Treppensteigen nicht aktiv mitbewegt, sondern nachgezogen wird (Kerkhoff, 999). Da die linken Körpergliedmaßen nicht spontan bewegt werden, kann der Eindruck einer Hemiparese entstehen (Karnath und Hartje, 997). Es ist daher bisweilen schwierig, einen motorischen Negelct von einer schweren Hemiparese bzw. Hemiplegie zu unterscheiden. Ein Unterscheidungskriterium besteht darin, daß sich bei einer schweren Hemiparese oder Hemiplegie eine konstante erhebliche motorische Beeinträchtigung findet, während beim motorischen Neglect im Spontanverhalten immer wieder auffällt, daß der Patient seine Gliedmaßen für kurze Momente gut bewegen kann. Einen motorischen Neglect zu erkennen, der eine schwere Hemiparese oder Hemiplegie begleitet, ist dagegen nahezu unmöglich (Prosiegel, 99)..7 Neglect innerhalb verschiedener Referenzrahmen Neglectphänomene treten bevorzugt innerhalb von raumbezogenem Verhalten auf. Dabei existieren jedoch multiple Referenzrahmen, innerhalb von denen Neglectphänomene auftreten können (Bisiach et al., 986). Betroffen ist in der Regel die linke Hälfte des Raumes, was aber als linksseitig definiert wird, ist abhängig von dem Referenzrahmen, auf den man sich bezieht. Kerkhoff () unterteilt unter Neglect subsumierte Defizite im Hinblick auf verschiedene Aspekte der räumlichen Kognition. Dabei unterscheidet er allozentrische, egozentrische und objektzentrierte Defizite. Allozentrischer Raum ist definiert durch die räumliche Beziehung zwischen zwei oder mehr Reizen im dreidimensionalen Raum. Eines der am häufigsten untersuchten allozentrischen Defizite ist die Linienhalbierung. Hierbei zeigt sich eine Abweichung zur ipsiläsionalen Seite. Egozentrische Defizite beziehen sich dagegen auf räumliche Defizite in Bezug zum Körper oder bestimmten Körperteilen (z.b. die subjektive Einschätzung der taktilen Körpermitte). Patienten mit Neglect zeigen eine ipsiläsional verschobene subjektive Mitte. Das visuelle und taktile Suchfeld sind zur ipsiläsionalen Seite verschoben, sogar, wenn kein externer Reiz vorhanden ist. 9

32 Theoretische Einführung Objektzentrierte Defizite bezeichnen halbseitige Defizite oder Auslassungen in der kontraläsionalen Hälfte eines Objekts. Eine typische Aufgabe zur Untersuchung objektzentrierter Defizite ist das freie Zeichnen oder Kopieren eines Objektes (z.b. Uhr, Blume etc.). Hierbei wird die linke Hälfte weggelassen. Auch Karnath et al. (998 a) schlagen die Unterscheidung von drei verschiedene Typen von Referenzsystemen vor: Neglect wird in Relation zur kontraläsionalen Seite des Körpers einer Person gesehen (egozentrischer oder beobachterzentrierter Referenzrahmen), in Bezug auf einzelne Objekte (objektzentrierter Referenzrahmen) und in Bezug zur Umgebung (umweltzentrierter Referenzrahmen). Ein egozentrischer Referenzrahmen repräsentiert Lokalisationen im Raum relativ zum Körper einer Person. Ein objektzentrierter Referenzrahmen definiert oben und unten anhand der intrinsischen Achsen eines Objektes. Ein umweltzentrierter Referenzrahmen integriert Schwerekraft und visuelle Reize, um Punkte in der Umwelt zu determinieren. Nach neueren Untersuchungen (vgl. Karnath und Niemeier ; Karnath, 3) handelt es sich bei der objektzentrierten und raumzentrierten Vernachlässigung aber nicht um zwei verschiedene Erkrankungen, sondern um verschiedene Ausprägungen derselben Störung. Je nachdem, ob ein Neglect-Patient sich gerade auf den ihn umgebenden Raum oder auf ein einzelnes, dort lokalisiertes Objekt konzentriert, findet man die kontralaterale Vernachlässigung entweder raumzentriert oder objektzentriert. Ein und derselbe physikalische Reiz an ein und derselben Stelle des Außenraumes kann also einmal beachtet und dann wieder vernachlässigt werden, je nachdem, ob dieser Reiz von dem Patienten als ipsilateral lokalisierter Bestandteil des ihn umgebenden Raumes oder als kontralateral lokalisierter Bestandteil eines einzelnen, dort lokalisierten Objektes wahrgenommen wird (Karnath und Niemeier, ). Galati et al. () untersuchten in einer fmri-studie die neuronale Basis der egozentrischen und allozentrischen Kodierung des Raumes bei Menschen. Aufgabe der Probanden war es, die Lokalisation eines visuellen Stimulus in Bezug auf den eigenen Körper oder ein Objekt zu beurteilen. Damit wurde die Aktivität bei zwei visuellräumlichen Aufgaben, die diese unterschiedlichen Referenzrahmen erfordern, verglichen. Die Autoren identifizierten ein bilaterales, jedoch hauptsächlich rechtshemisphärisch basiertes fronto-parietales Netzwerk, das in der egozentrischen Verarbeitung involviert war. Nur ein Teil dieser Regionen in Form eines weniger umfassenden unilateralen rechtshemisphärischen fronto-parietalen Netzwerkes war aktiv während der allozentrischen Verarbeitung. Dies stimmt mit der Beobachtung 3

33 Theoretische Einführung überein, daß die ipsiläsionale Verschiebung der mittelsagittalen Ebene mit extensiven rechtsseitigen parietalen Schädigungen einhergeht. Begrenztere parietale Läsionen können dagegen komplett das allozentrische System verschlechtern, das egozentrische Netzwerk jedoch aussparen. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß sich unter Neglect subsumierte Defizite im Hinblick auf unterschiedliche, oben dargestellte Referenzsysteme unterteilen lassen. Dabei kann es zu Dissoziationen von Neglectphänomenen in den einzelnen Referenzrahmen kommen (vgl. auch Kerkhoff, 4)..8 Assoziierte Störungen.8. Anosognosie Der Begriff der Anosognosie wurde von Babinski (94) eingeführt und bezieht sich auf die fehlende Einsicht (Awareness) in eine Erkrankung des eigenen Körpers, die die Folge einer Hirnschädigung darstellt (vgl. Poeck, 989; v. Cramon et al., 99). Zum Neglect gehört die Störung der Awareness als Kernmerkmal dazu (Kerkhoff, 999,, 4). Anosognosie tritt aber nicht ausschließlich bei Neglect, sondern z.b. auch bei einer Wernicke-Aphasie oder einer schweren Amnesie auf. Nach Poeck (997) beklagen sich Patienten mit Anosognosie nicht über ihren Funktionsausfall. Auf Befragung geben sie bagatellisierende Antworten oder bewerten z.b. eine nur halb abgezeichnete Abbildung als vollständig und zeigen sich durchaus zufrieden mit ihrer Kopie (Müller-Oehring und Schulte, 998)..8. Extinktion Extinktion bezeichnet ein Phänomen, bei dem unter doppelt simultaner Stimulation (DSS) der linken und rechten Körper- oder Gesichtshälfte ein Reiz im kontraläsionalen Halbraum nicht mehr beachtet wird, der bei einseitiger Darbietung dort richtig wahrgenommen wird (Kerkhoff, 999, 4). In der visuellen Modalität äußert sich Extinktion dadurch, daß von zwei visuellen Reizen oft nur der weiter in der intakten Raumhälfte gelegene Reiz beachtet wird. In der akustischen Modalität äußert sich dies dadurch, daß der Patient sich bevorzugt zur Schallquelle in der intakten Raumhälfte wendet, etwa wenn mehrere Personen sprechen. 3

34 Theoretische Einführung Bei bilateraler Berührung wird nur die Berührung auf der ipsiläsionalen Seite berichtet. Extinktion kann auch in verschiedenen Sinneskanälen auftreten (crossmodal), z.b. wenn gleichzeitig eine Ansprache von rechts und eine Berührung am linken Arm des Patienten erfolgen. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß Neglect und Extinktion zwei verschiedene, aber häufig assoziierte Phänomene darstellen (Kerkhoff, 999, 4). Extinktion ist eher als ein Integrationsdefizit zweier oder mehrerer sensorischer Informationen zu verstehen und daher als eine vom Neglect prinzipiell unabhängige Störung zu betrachten (Kerkhoff und Schindler, 997). Die Löschung eines Reizes in der Doppelstimulationsbedingung deutet auf eine limitierte Verarbeitungskapazität mit räumlicher ipsiläsionaler Präferenz hin (Müller- Oehring und Schulte, 998)..8.3 Primäre sensorische Defizite Aufgrund der anatomisch engen Nachbarschaft der zerebralen Regionen, deren Läsion typischerweise zu einer Neglectsymptomatik bzw. zu primären sensorischen Defiziten führt, treten beide Arten von Störungen häufig gemeinsam auf. Bei einem erheblichen Teil der Patienten mit Neglect bestehen daher z.b. gleichzeitig hemianopische Gesichtsfelddefekte (ca. 7% nach Vallar und Perani, 986) und oft auch Hemiparesen und halbseitige Sensibilitätsstörungen (Karnath und Hartje, 997). Eine genaue Abgrenzung von der Auswirkung von Basisdefiziten im Bereich der Wahrnehmung oder der Sensomotorik auf die beobachteten Verhaltensauffälligkeiten wird in den wenigsten Untersuchungen vorgenommen. Eine zusätzliche Schwierigkeit ergibt sich dadurch, daß insbesondere in den ersten Wochen nach einer Hirnschädigung eine genaue Untersuchung des Vorliegens bzw. eine Abgrenzung des Anteils einer solchen Basisstörung auch einem erfahrenen Untersucher oft nicht möglich ist (Säring, 988). Bzgl. der Abgrenzung von Gesichtsfeldausfällen sind standardperimetrische Untersuchungen, die einen konstant dargebotenen Fixationspunkt nutzen, z.b. nicht geeignet, um das visuelle Feld von Neglect-Patienten einzuschätzen (Walker et al., 99), da in dieser Bedingung ein Disengagement der Aufmerksamkeit vom Fixationspunkt notwendig ist, was eine Vernachlässigung linksseitiger Stimuli hervorruft und nicht auf eine Hemianopsie zurückzuführen ist. Halligan et al. (99) kamen in einer Studie jedoch zu dem Schluß, daß Gesichtsfeldausfälle die Stärke des visuellen Neglects nicht beeinflussen und 3

35 Theoretische Einführung Alltagsprobleme von Personen mit Gesichtsfeldausfällen und Neglect zumeist identisch sind..8.4 Räumliche Störungen Störungen in räumlichen Wahrnehmungsleistungen wie z.b. der Wahrnehmung von Winkeln, der subjektiven Vertikalen und Horizontalen, der subjektiven Geradeausrichtung sowie der Längen-, Abstands- und Formwahrnehmung treten häufig nach parietalen oder parietal-okzipitalen Läsionen auf (Kerkhoff, 999, 4). Da Neglectpatienten häufig Läsionen dieser Hirnregionen aufweisen, finden sich bei ihnen häufig auch räumliche Beeinträchtigungen. Diese wirken sich z.b. derart aus, daß der Patient eine abnorme Körperorientierung nach rechts aufweist (Pusher-Syndrom) (Kerkhoff, 999)..8. Aufmerksamkeitsdefizite Neglectpatienten weisen Einbußen in der selektiven Aufmerksamkeit auf, weshalb sie ihre Aufmerksamkeit nur schwer in die linke Raumhälfte richten können. Des weiteren ist die Daueraufmerksamkeit reduziert, so daß sie rasch ermüden. Ihre reduzierten Aufmerksamkeitsressourcen beeinträchtigen außerdem das parallele Durchführen mehrerer Tätigkeiten (geteilte Aufmerksamkeit) (Kerkhoff, 999, 4)..8.6 Zeitwahrnehmungsstörungen Zeitwahrnehmung beinhaltet das subjektive Einschätzen vergangener Zeit, das aktive Abschätzen eines Zeitraums in naher Zukunft und das Einschätzen des Zeitbedarfs für Handlungen, besonders, wenn diese mit der Fortbewegung im Raum verbunden sind. Viele Neglect-Patienten weisen bei diesen Aufgaben Defizite auf, die ihre Störungen in der räumlichen Dimension verstärken oder ungünstig damit interagieren (Kerkhoff, 4). 33

36 Theoretische Einführung.8.7 Emotionale Begleitstörungen Häufig liegt bei Neglectpatienten eine emotionale Indifferenz vor, d.h. die emotionalen Reaktionen sind wenig modulierbar und dem Krankheitszustand unangemessen (Kerkhoff, 999)..9 Diagnostik des visuellen Neglects Folgende Verfahren werden in der Diagnostik des visuellen Neglects häufig verwendet: Such- und Durchstreichaufgaben: Diese eignen sich gut für eine objektive und quantifizierende Diagnostik. Dabei sind z.b. zahlreiche unterschiedliche Buchstaben, Ziffern oder kleine geometrische Symbole unregelmäßig auf einem Blatt Papier verteilt. Der Patient soll alle Symbole einer bestimmten Art suchen und durchstreichen. Patienten mit Neglect lassen je nach Schweregrad und Stadium der Erkrankung einen mehr oder weniger großen Teil auf der kontralateralen Seite unberücksichtigt (vgl. Karnath, 997 a). Die Leistung der Patienten variiert außerdem abhängig von der Art des Stimulusmaterials, der Anzahl der Distraktoren sowie der Stimulusanordnung (randomisiert vs. strukturiert) (Hartman-Maeir und Katz, 994). Linienhalbierungsaufgaben: Dabei werden dem Patienten horizontale Linien vorgelegt, die anhand einer Markierung genau halbiert werden sollen. Ein linksseitiger Neglect äußert sich in einer Verlagerung der Halbierung zur rechten Seite (vgl. Karnath, 997 a). Die Tests variieren bzgl. der Anzahl, Länge und der Position der Linien. Kopieren oder freies Zeichnen von gegenständlichen Abbildungen (z.b. Blume oder Uhr) oder geometrischen Figuren (z.b. Stern): Dabei finden sich Kopien und Zeichnungen, bei denen ganze Teile auf der betroffenen Seite fehlen oder nur angedeutet sind. Beim Zeichnen einer Uhr kann z.b. das Ziffernblatt auf der betroffenen Seite unvollständig sein oder aber es werden Ziffern zur ipsiläsionalen Seite verschoben (vgl. Karnath, 997 a). Leseaufgaben: Dabei wird dem Patienten z.b. ein Text vorgelegt, den er laut vorlesen soll. Beim Lesen treten typische in Kapitel.6.. beschriebene Auslassungen und Fehler auf. 34

37 Theoretische Einführung Es gibt Hinweise darauf, daß die manifeste Ausprägung des visuellen Neglects deutlich von der Komplexität der Aufgabenstellung abhängt (Vanier et al., 99). Horner et al. (989) konnten zeigen, daß Neglect-Patienten bei verschiedenen Aufgabenstellungen, die freies Zeichnen, Abzeichnen, Lesen und Schreiben beinhalteten, unterschiedlich gut abschnitten. Auch Bisiach und Vallar () weisen darauf hin, daß bei der Anwendung von Testbatterien Dissoziationen auftreten können: so können sich bei einem Patienten bspw. in einer Durchstreichaufgabe, aber nicht in einer Linienhalbierungsaufgabe Hinweise auf einen Neglect ergeben, während ein anderer Patient in der Linienhalbierung, aber nicht beim Durchstreichen auffällig ist. Bezüglich der Sensitivität häufig eingesetzter klinischer Tests zur Neglectdiagnostik machten Azouvi et al. () folgende Aussagen: Die sensitivsten Testverfahren unter den herkömmlichen Tests waren der Bells Test (eine Aufgabe, die das Durchstreichen zufällig angeordneter kritischer Reize unter Distraktoren verlangt) sowie Lesen. Auch das Kopieren von Figuren erwies sich als sehr sensitiv. Bei der Linienhalbierung gab es einen Längeneffekt: lange Linien ( cm) waren zwei mal so sensitiv wie kurze Linien ( cm). Ein weiteres wichtiges Ergebnis war, daß die Einschätzung anhand verschiedener Tests sensitiver war als irgendein einzelner Test alleine. Dies deuteten die Autoren dahin, daß eine normgerechte Leistung in einem Test allein nicht hinreichend ist, um die Präsenz eines visuellen Neglects auszuschließen (vgl. auch Stone et al., 99). Die Sensitivität behaviouraler Assessments im alltäglichen Leben (z.b beim Essen, Ankleiden und Rollstuhl fahren) gaben Azouvi et al. () als höher an als die einzelner konventioneller Tests, sie ist aber vergleichbar mit der Sensitivität einer Batterie aus konventionellen Tests. Die Präsenz eines Neglects ist damit aufgabenabhängig (Stone et al., 99). Aufgaben, die eine starke visuelle Komponente besitzen sind am sensitivsten. Auch die automatische Orientierung nach rechts, wie das Beginnen am rechten Rand (z.b. bei Durchstreichaufgaben) ist einer der besten Indikatoren für einen Neglect (Azouvi et al., ). Dies alles zeigt, daß die genaue Erfassung des visuellen Neglects darauf beruhen muß, ein breites und verschiedenartiges Spektrum an Testaufgaben vorzugeben (Fels und Geissner, 996). 3

38 Theoretische Einführung Neglect kann zudem nicht nach einem Alles-oder-Nichts-Prinzip diagnostiziert werden. Visueller Neglect ist auf einem Kontinuum zwischen leichter und schwerer Ausprägung einzuordnen. Das Ausmaß der Vernachlässigung variiert mit dem Schweregrad und dem Stadium der Symptomatik (Karnath, 997 a). Sie kann so gering sein, daß nur wenig Gegenstände in der Peripherie der kontralateralen Seite nicht beachtet werden oder auch so stark, daß sich die Suchbewegungen nur auf die äußere Peripherie der ipsilateralen Seite beschränken. Die Auffassung, daß Neglect-Patienten bei der Exploration genau die Hälfte des Raumes, einer Vorlage etc. vernachlässigen, stellt nur einen Ausprägungsgrad zu einem bestimmten Zeitpunkt des Krankheitsverlaufes dar. Die Durchführung von standardisierten apparativen Verfahren oder von Papier-Bleistift- Tests zur Erfassung weiterer Leistungsbereiche, wie z.b. der Gedächtnisleistungen oder der allgemeinen Intelligenz kann bei Vorliegen eines Neglects aufgrund des Nichtbeachtens von kontralateral gelegenem Reizmaterial problematisch sein (Karnath, )..9. Standardisierte Testverfahren Eine Zusammenstellung von Aufgaben zur Neglectdiagnostik bietet der Behavioural Inattention Test (BIT) nach Wilson et al. (987), der auch in einer deutschen Bearbeitung (Neglect-Test, NET) nach Fels und Geissner (996) vorliegt. Der BIT besteht aus 6 Untertests, die von den Autoren zwei Gruppen zugeordnet werden, den konventionellen Subtests und den behaviouralen Subtests. Die konventionellen Subtests bestehen aus 6 Papier-Bleistift-Aufgaben, die sich in der Neglectdiagnostik seit langem bewährt haben. Hierzu gehört das Linien-, Buchstabenund Sterne ausstreichen, das Abzeichnen eines Sterns, eines Würfels und einer Blume, das freie Zeichnen einer Uhr und das Linien halbieren. Die behaviouralen Subtests sollen spezifische Schwierigkeiten, denen die Patienten im Alltag ausgesetzt sind, unter standardisierten Bedingungen repräsentieren. Hierzu gehört z.b. das Beschreiben vorgelegter Bilder, das Wählen länger werdender Telefonnummern, das Vorlesen einer Speisekarte und eines Zeitungsartikels, das Ablesen und Einstellen von Uhrzeiten, das Zeigen bestimmter Münzsorten, das Sortieren von Karten und das Nachfahren bestimmter Strecken mit dem Finger auf einer Landkarte. 36

39 Theoretische Einführung Hartman-Maeir und Katz (994) konnten in einer Studie zeigen, daß der BIT eine hohe Konstruktvalidität sowie ein hohe prädiktive Validität als funktionale Messung des unilateralen Neglects besitzt. Der Neglecttest (NET) ist die deutsche Bearbeitung des BIT, bei dem Untertests u.a. sprachlich bedingt adaptiert und überarbeitet wurden. Der NET setzt sich aus folgenden Aufgaben zusammen: Linien durchstreichen, Buchstaben ausstreichen, Sterne ausstreichen, Abzeichnen eines Sterns, einer Raute und einer Blume, Linien halbieren, freies Zeichnen einer Uhr, Beschreiben von Bildern (Menü, Waschbecken, Zimmer), Lesen einer Speisekarte, Lesen eines Zeitungsartikels, Ablesen einer digitalen Uhr, Ablesen einer analogen Uhr, Einstellen einer Uhr mit Ziffernblatt sowie Abschreiben einer Adresse..9. Differentialdiagnostik Neglect vs. Hemianopsie Hemianopsie und Hemineglect implizieren beide ein Nichtbeachten oder Nichtwahrnehmen von Informationen aus einer Gesichts- bzw. Raumhälfte. Die Differentialdiagnose ist daher insbesondere in der Frühphase häufig problematisch (Kerkhoff und Schindler, 997). Eine korrekte Differentialdiagnose ist jedoch sowohl für die Prognose des Patienten wie auch für eine spezifische Therapieplanung wichtig. Erschwerend kommt hinzu, daß etwa 7% aller Neglectpatienten zusätzlich einen Gesichtsfeldausfall haben (Vallar und Perani, 987). Das kombinierte Auftreten von Neglect und Hemianopsie zeigt sich insbesondere bei Patienten mit ausgedehnten Infarkten im Versorgungsgebiet der mittleren oder hinteren Hirnarterie. Halligan et al. (99) konnten jedoch bei 6 Testaufgaben zur Neglectdiagnostik keine signifikanten Differenzen zwischen Neglectpatienten mit und ohne zusätzlicher Hemianopsie finden. Daher ist im akuten Stadium selbst dem erfahrenen Untersucher kaum eine oder gar keine Abgrenzung möglich (vgl. auch Kap..8.3). Eine Abgrenzung zur Hemianopsie ohne Neglect ist jedoch anhand der im folgenden geschilderten Verhaltensbeobachtungen und Testergebnisse möglich (vgl. auch Kerkhoff und Schindler, 997). Keines der hier beschriebenen Merkmale ist jedoch für sich allein genommen ein absolut sicheres differentialdiagnostisches Kriterium. Erst die Gesamtbetrachtung dieser Merkmale ermöglicht in der Regel eine korrekte Diagnose. Anamnese und Awareness bzgl. der Defizite: Patienten mit homonymen Gesichtsfeldausfällen ohne Neglect berichten in der Anamnese sehr zutreffend über 37

40 Theoretische Einführung visuelle Beschwerden. Angaben von Neglect-Patienten sind dagegen häufig unpräziser, unzutreffender und weniger auf die Frage des Untersuchers bezogen. Tendenzen zur Konfabulation und Rationalisierung eigener Defizite finden sich bei Patienten mit reinen Gesichtsfeldausfällen selten, sind dagegen bei Patienten mit rechtshemisphärischen Läsionen und linksseitigem Neglect verbreitet. Ätiologie und Läsionslokalisation: Die häufigste ätiologische Ursache einer halbseitigen Negelctsymptomatik sind ausgedehnte Mediainfarkte meist der rechten, seltener der linken Großhirnhemisphäre (Vallar, 993). Homonyme Hemianopsien treten am häufigsten nach Läsionen im Bereich des Posterior-Stromgebietes auf (Zihl und von Cramon, 986). Links- und rechtsseitige Infarkte in diesem Stromgebiet sind etwa gleich häufig. Demgegenüber wird Neglect wesentlich häufiger und in einer ausgeprägteren Form nach rechtsseitigen als nach linksseitigen Läsionen beobachtet (Vallar und Perani, 986, 987). Modalitäten der Störung: Neglectpatienten unterscheiden sich von Hemianopikern häufig dadurch, daß sie zusätzlich halbseitige Defizite in anderen Modalitäten aufweisen (taktil, akustisch, sensibel). Homonyme Gesichtsfeldausfälle betreffen definitionsgemäß nur die visuelle Modalität. Extinktion: Extinktion kann nach Karnath (988) in der visuellen Modalität auch bei Stimuli auftreten, die im perimetrisch intakten Halbfeld dargeboten werden. Daher lassen sich Hemianopsie-Patienten, die im intakten Halbfeld keine Extinktion zeigen, von Neglect-Patienten bzw. Patienten mit Gesichtsfeldausfällen und assoziiertem Neglect unterscheiden: Letztere zeigen im intakten Halbfeld eine Vernachlässigung der relativ links gelegenen Reize, während Hemianopsie- Patienten kein solches Muster aufweisen. Zeichnen symmetrischer Figuren aus dem Gedächtnis: Bei Neglect-Patienten zeigen sich beim freien Zeichnen einer symmetrischen Figur wie z.b. einer Uhr aus dem Gedächtnis deutlich mehr Auslassungen auf der kontraläsionalen Seite als auf der ipsiläsionalen Seite. Dies kann als Störung der mentalen Repräsentation dieser Objekte interpretiert werden. Hemianopsie-Patienten ohne Neglect weisen kein halbseitiges Defizit im Abrufen objektzentrierter Figuren auf. Linienhalbierung: In der horizontalen Linienhalbierung teilen Hemianopsie- Patienten ohne Neglect asymmetrisch, und zwar so, daß die Teilungsmitte in über 9% der Fälle in das blinde Feld, also kontraläsional verschoben ist (Kerkhoff, 993). Neglect-Patienten zeigen auch eine asymmetrische Halbierungsleistung, 38

41 Theoretische Einführung jedoch verschieben sie die Mitte meist in den intakten, ipsiläsionalen Halbraum, also genau entgegengesetzt zu einem Patienten mit linksseitiger Hemianopsie (Heilman, et al., 98). Verschiebt der Patient die Mitte in das ipsiläsionale Halbfeld, so spricht dies für einen Neglect. Dies schließt jedoch nicht aus, daß zusätzlich eine Hemianopsie besteht, da beim Vorliegen beider Störungen in der Akutphase der Neglect ausschlaggebend ist und die Abweichungsrichtung in der Linienhalbierung determiniert. Modulation durch aufmerksamkeitsfördernde Reize (Cueing): Die Ausdehnung einer Hemianopsie verändert sich in der Regel nicht, wenn der Untersucher den Patienten bittet, seine hemianope Seite besonders zu beachten. Beim Neglect- Patienten dagegen führt die explizite Aufforderung, die vernachlässigte Seite so weit wie möglich abzusuchen, meist zu einer deutlichen Verbesserung der visuellen Exploration im vernachlässigten Halbraum. Dies kann durch verbale, akustische oder auffällige optische Reize passieren, die die Aufmerksamkeit in das vernachlässigte Halbfeld lenken. Solche aufmerksamkeitsrichtenden Reize verbessern die Neglectsymptomatik allerdings nur für die Zeit ihrer Darbietung. Die Grenze zwischen vernachlässigtem und intaktem Halbraum verläuft bei Neglect- Patienten damit fließend im Sinne eines Gradienten und kann durch vielfältige Reize moduliert werden. Dagegen ist die Grenze zwischen intaktem und blindem Gesichtsfeldbereich eher eine physikalische Grenze bezüglich der Wahrnehmung visueller Reize. Perimetrische Untersuchungstechniken: Neglect-Patienten fallen in der perimetrischen Untersuchung dadurch auf, daß sie häufig Probleme haben, die Fixation über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten, insbesondere, wenn die Läsion in den dorsolateralen Frontallappen reicht. Dann können Regionen der frontalen Augenfelder mitgeschädigt sein, so daß den Patienten die Unterdrückung reflektorischer Sakkaden insbesondere zu bewegten Reizen in der Gesichtsfeldperipherie schwer fällt (Butter et al., 988). Demgegenüber können Patienten mit einer Hemianopsie in der Regel für die Dauer einer Untersuchung gut fixieren und solche Reflexsakkaden gut unterdrücken. Eine weitere Unterscheidung ist hier die Auswirkung von Cueing. Bei einer reinen Hemianopsie stellt die Gesichtsfeldgrenze eine physikalische Grenze dar, die von geringen Meßwertabweichungen abgesehen immer gleich ausgeprägt ist. Bei Hemianopikern findet sich ein nahezu identisches Ergebnis, wenn der Untersucher in der kinetischen 39

42 Theoretische Einführung Perimetrie mit einem Testpunkt untersucht, der von außen nach innen wandert oder sich in umgekehrter Richtung von innen nach außen bewegt. Bei Neglect-Patienten dagegen kann das Ergebnis der beiden Methoden sehr unterschiedlich sein, wobei das Skotom gewöhnlich größer ausfällt, wenn man es von außen nach innen vermißt. Dies läßt sich leicht nachvollziehen: Bei einem von innen nach außen wandernden Reiz muß der Patient das Verschwinden eines bereits entdeckten Reizes signalisieren. Der sich zur Peripherie hin bewegende Reiz wirkt wie ein aufmerksamkeitsfördernder Reiz, die vernachlässigte Raumhälfte mehr zu beachten (cueing). Das Vorhandensein deutlich unterschiedlicher Skotomgrenzen weist auf neglectbedingte und nicht läsionsbedingte Gesichtsfeldeinbußen hin. Sehr variable Skotomgrenzen können auch als Ausdruck der schwankenden Aufmerksamkeitsleistungen der Neglectpatienten gewertet werden. Eine weitere Einflußquelle bei Neglectpatienten ist der Fixationspunkt, da bei paralleler Darbietung von zwei Reizen (Fixationspunkt und Testpunkt) einer der Punkte möglicherweise in Form einer Extinktion ignoriert wird. Daher kann die gleichzeitige Beachtung von Fixationspunkt und Testpunkt bei Neglectpatienten möglicherweise völlig unzutreffende Gesichtsfeldbefunde hervorbringen. Evozierte Potentiale: Bei der Untersuchung visuell evozierter Potentiale bei Neglectpatienten wurden sowohl im subjektiv intakten wie auch im vernachlässigten Halbfeld meist normale P-Amplituden auf Schachbrettmuster-Stimulation gefunden (Vallar et al., 99). Demgegenüber finden sich bei Patienten mit Hemianopsie bei einer Stimulation im blinden Halbfeld meist keine verwertbaren Potentiale bei normalen Potentialen nach Stimulation im intakten Halbfeld (Viggiano et al., 99). Darüberhinaus wurden Auffälligkeiten bei Neglectpatienten in der P3-Komponente visuell evozierter Potentiale beschrieben (Lhermitte, et al., 98). Die Differenzierung dieser Art ist jedoch häufig nicht durchführbar oder nur schwer zu bewerten, da bei Neglect-Patienten die Ergebnisse aufgrund der reduzierten Fähigkeit zur Fixation meist artefaktbehaftet sind.. Erklärungsansätze zum Neglect Die im folgenden dargestellten, gegenwärtig diskutierten Erklärungsansätze zum Neglect können sicherlich nur eine Auswahl unter den zahlreich vorhandenen Ansätzen 4

43 Theoretische Einführung darstellen. Ziel dieser Auswahl ist es, die wesentlichen Diskussionsschwerpunkte darzustellen. Folgende Modellvorstellungen werden derzeit diskutiert:.. Aufmerksamkeitstheorien... Kinsbourne: Das orientational-bias -Modell Kinsbourne nimmt ein Übergewicht der automatischen Orientierung der Aufmerksamkeit in ipsilateraler Richtung als Ursache der kontralateralen Vernachlässigung an. Die Grundannahme von Kinsbourne besteht darin, daß zwei antagonistisch arbeitende Vektoren existieren, die die Aufmerksamkeit auf die gegenüberliegende Seite des egozentrischen Raums lenken (Kinsbourne, 987, 993). Die beiden antagonistisch arbeitenden Vektoren halten sich annähernd im Gleichgewicht. Die Schädigung einer Hemisphäre führt dazu, daß der kontralateral orientierte Vektor beeinträchtigt wird und damit den konkurrierenden Vektor der anderen Hemisphäre nicht mehr inhibiert. Dieser erhöht dann seine Aktivität und es kommt zu einem Überwiegen der Aufmerksamkeitshinwendung zur ipsilateralen Seite. Abb. 3: Schematische Darstellung des Aufmerksamkeitsmodells von Kinsbourne zur Erklärung der Neglectsymptomatik. Unten sind jeweils schematisiert die beiden Hirnhälften dargestellt, darüber die visuelle Außenwelt mit linkem und rechtem 4

44 Theoretische Einführung Halbfeld. Das X in der rechten Hemisphäre symbolisiert die Läsion, die zum Neglect führt, das X weiter oben steht für den gestörten Aufmerksamkeitsprozeß. (aus: Kerkhoff, 4) Die Prädominanz der linksseitigen Neglectsymptomatik erklärt Kinsbourne damit, daß selbst bei Gesunden im Vergleich zur rechtsseitigen Ausrichtung eine leicht erhöhte linksseitige Ausrichtungstendenz zu beobachten ist, die im Falle einer kontralateralen Hirnschädigung disinhibiert wird und folglich zu größeren Verhaltensasymmetrien führt.... Heilman: Neglect als Folge einer Unterbrechung des Aktivierungssystems einer Hemisphäre In Heilmans Modell steht nicht die funktionelle Betrachtung der Störungsmechanismen im Vordergrund, sondern die neuroanatomischen Strukturen. Nach Heilmans Modell (Heilman und Watson, 977; Heilman et al., 98; Heilman et al., 987) ist jede Hemisphäre mit einem Aufmerksamkeitssystem ausgestattet, das sich aus einer komplexen reticulo-thalamo-kortico-limbischen Schleife zusammensetzt. Das aufsteigende retikuläre Aktivierungssystem des Mittelhirns führt zu einer ausgedehnten Anhebung des Aktivierungsniveaus des gesamtem Kortex einer Hemisphäre. Darüber hinaus übt es über die Modulation der Erregung thalamischer Kerngebiete Einfluß auf den Input sensorischer kortikaler Areale aus. In umgekehrter Richtung modulieren absteigende Fasern des Assoziationskortex die Aktivität des Thalamus und des retikulären Aktivierungssystems. Die Neglectsymptomatik entsteht nach Vorstellung der Autoren durch eine Unterbrechung des Schleifensystems einer Hemisphäre. Dabei kann die Schädigung an unterschiedlichen Stellen der Schleife lokalisiert sein. Die Unterbrechung führt zur Erniedrigung der Gesamtaktivierung dieser Hemisphäre und damit ihrer Aufmerksamkeitsfunktion für die kontralaterale Seite des Außenraumes. Orientierungsreaktionen zur kontralateralen Seite finden somit nicht mehr bzw. seltener statt. Um das wesentlich häufigere Auftreten bzw. die deutlichere Ausprägung nach rechtshemisphärischer Schädigung zu erklären, nehmen Heilman und Van den Abell (98) an, daß die linke Hemisphäre nur für Aufmerksamkeitsprozesse in den kontralateralen Raum zuständig ist, während die rechte Hemisphäre eine Dominanz für 4

45 Theoretische Einführung Aufmerksamkeitsmechanismen aufweist und diese Reizen im ipsilateralen und kontralateralen Raum zuwendet. Es kommt zu einer Vernachlässigung der linken Raumhälfte, da die linke Hemisphäre keine kompensatorische Aufmerksamkeitszuwendung zu ipsilateralen Reizen ausführen kann. Im Falle einer linksseitigen Hirnschädigung ist dagegen aufgrund der rechtsseitigen Dominanz eine weitgehende Kompensation möglich....3 Mesulam: Neglect als Folge einer Störung des neuronalen Netzwerks einer Hemisphäre Auch in Mesulams Theorie stehen die neuroanatomischen Strukturen im Vordergrund, die bei der räumlichen Orientierung von Aufmerksamkeitsprozessen beteiligt sind. Mesulam (98, 98, 998) nimmt an, daß die Verteilung gerichteter Aufmerksamkeit im Raum durch ein neuronales Netzwerk gesteuert wird, das den lateralen prämotorischen Cortex (frontale Augenfelder), den posterioren parietalen Cortex, den cingulären Cortex und subkortikal die Basalganglien und den Thalamus einschließt. Während die mehr anterior gelegenen Regionen für die Aufmerksamkeitsverlagerung und die Exploration des Raumes bedeutsam sind, sind die posterioren Regionen im parietalen Cortex für die Auswahl bedeutsamer Reize relevant. Neglectsymptomatik kann entsprechend diesem Modell durch die Zerstörung jeder einzelnen der durch das Netzwerk miteinander verbundenden Strukturen wie auch durch Schädigung der Faserverbindungen zwischen den Strukturen entstehen. In beiden Hemisphären arbeiten getrennte Mechanismen. Während die rechte Hemisphäre ein Netzwerk enhält, das die Aufmerksamkeit in den linken und rechten Halbraum ausrichtet, richtet das vergleichbare Netzwerk der linken Hemisphäre die Aufmerksamkeit nur in den rechten Halbraum. Genauso wie Heilman et al. (98) erklärt Mesulam das häufigere Auftreten der Neglectsymptomatik nach rechtshemisphärischer Schädigung also damit, daß die rechte Hemisphäre Aufmerksamkeitsprozesse im gesamten Außenraum steuert, während die linke Hemisphäre nur die kontralaterale Seite beeinflußt. 43

46 Theoretische Einführung Abb. 4: Schematische Darstellung des Aufmerksamkeitsmodells von Mesulam zur Erklärung der Neglectsymptomatik. Unten sind jeweils schematisiert die beiden Hirnhälften dargestellt, darüber die visuelle Außenwelt mit linkem und rechtem Halbfeld. Die beiden X in der rechten Hemisphäre symbolisieren die Läsionen, die zum Neglect führen, wobei eine Läsion des anterioren Systems zu einem qualitativ anderen Neglect führt als eine Läsion des posterioren Systems. Kleine, nach rechts deutende Pfeile an jedem visuellen Reiz deuten die Aufmerksamkeitszuwendung der linken Hemisphäre zur rechten Seite von der gegenwärtigen Fixation an, während bidirektionale Pfeile um jeden Reiz herum die Aufmerksamkeitszuwendung der rechten Hemisphäre zu beiden Seiten von der aktuellen Fixation andeuten. (aus: Kerkhoff, 4)...4 Posner: Die Disengagement -Hypothese Posner und Rafal (987) stellen eine Störung der Verlagerung der Aufmerksamkeit in kontralateraler Richtung in den Vordergrund ihres Erklärungsansatzes. In mehreren Versuchsbedingungen registrierten die Autoren Reaktionszeiten auf visuelle Stimuli, die drei, sechs oder neun Grad peripher von einem zentralen Fixationspunkt unilateral im linken und rechten visuellen Feld dargeboten wurden. Jeder Darbietung ging ein Hinweisreiz voraus, der im direkten Umfeld von einer der möglichen Stimuluslokalisationen aufleuchtete. Durch den Hinweisreiz sollte bei konstanter Fixation die mentale Aufmerksamkeit an einen der möglichen Darbietungsorte verlagert werden. In 4% der Fälle erfolgte die Reizdarbietung an der angedeuteten Stelle, in 44

47 Theoretische Einführung 6% der Fälle wurde der Reiz an einer der übrigen Positionen dargeboten. Der Testreiz konnte in diesen Fällen entweder innerhalb eines visuellen Halbfeldes links oder rechts von dem durch den Hinweisreiz induzierten Aufmerksamkeitsfokus lokalisiert sein oder aber auch im anderen visuellen Halbfeld erscheinen. Die Autoren beobachteten, daß die Reaktionszeiten bei den untersuchten Neglectpatienten mit parietalen Läsionen unabhängig vom visuellen Halbfeld oder der Raumhälfte, in der die Reize dargeboten wurden, immer dann signifikant länger waren, wenn die Testreize vom jeweiligen Aufmerksamkeitsfokus in kontralateraler Richtung lokalisiert waren. Entscheidend war nach Posner und Mitarbeitern danach, daß der Patient zur Wahrnehmung des Reizes eine Verlagerung fokaler Aufmerksamkeit von dem gegenwärtigen Fokus in kontralateraler Richtung vornehmen mußte. Posner und Mitarbeiter (Posner et al.,98; Posner et al., 984; Posner und Rafal, 987) unterscheiden drei Teiloperationen der mentalen Verlagerung fokaler Aufmerksamkeitsprozesse:.) die Lösung der Aufmerksamkeit vom gegenwärtigen Fokus (disengagement),.) die Verschiebung der Aufmerksamkeit (movement) und 3.) die erneute Fokussierung auf ein neues Ziel (engagement). Da Posner et al. beobachteten, daß Patienten mit parietalen Läsionen immer dann beeinträchtigt waren, wenn sie die Aufmerksamkeit von einem Objekt lösen und zu einem anderen verlagern mußten, das sich in kontraläsionaler Richtung zu dem ersten Objekt befand, nehmen die Autoren beim Neglect eine spezifische Störung des Disengagements an. Abb. : Schematische Darstellung des Aufmerksamkeitsmodells von Posner zur Erklärung der Neglectsymptomatik. Unten sind jeweils schematisiert die beiden 4

48 Theoretische Einführung Hirnhälften dargestellt, darüber die visuelle Außenwelt mit linkem und rechtem Halbfeld. Das X in der rechten Hemisphäre symbolisiert die Läsion, die zum Neglect führt, das X weiter oben steht für den gestörten Aufmerksamkeitsprozeß. (aus: Kerkhoff, 4) Ähnlich wie Heilman geht Posner von einer lateralen Organisation der Aufmerksamkeitsprozesse aus, wobei jede Hemisphäre die Kontrolle über die Aufmerksamkeitsausrichtung in den kontralateralen Halbraum hat. Die Aufmerksamkeitsprozesse sind jedoch nach Posner nicht symmetrisch in beiden Hemisphären angeordnet (Posner et al., 984). Auch Posner stellt die Hypothese auf, daß die linke Hemisphäre nur Aufmerksamkeitsverlagerungen in den kontralateralen Halbraum kontrolliert, während die rechte Hemisphäre die Aufmerksamkeitsausrichtung zu beiden Seiten kontrolliert... Repräsentationale Ansätze... Bisiach: Neglect als Störung der mentalen inneren Repräsentation des Außenraumes Ein weiteres Konzept zur Erklärung der unilateralen Vernachlässigung bei Neglectpatienten stellt das Konzept einer Störung der inneren Repräsentation des Außenraumes dar (Bisiach et al., 98; Bisiach und Vallar, 988). Grundannahme dieser Hypothese ist, daß jeder bewußten Wahrnehmung zunächst eine mentale Repräsentation der sensorischen Eindrücke vorausgeht. Mentale Repräsentationen entstehen dabei durch aktuelle sensorische Afferenzen oder durch die Aktivierung von Gedächtnisengrammen (Bisiach und Luzatti, 978). In dem richtungsweisenden Experiment stellten sich Bisiach und Luzatti (978) die Frage, ob bei Neglect-Patienten eine Vernachlässigung auch in der mentalen Repräsentation des Raumes vorhanden ist. Sie ließen ihre Neglect-Patienten mit rechtsparietaler Hirnschädigung sich den Mailänder Domplatz aus zwei sich räumlich gegenüberliegenden Perspektiven zunächst mental vorstellen und dann beschreiben. Dabei zeigte sich, daß die Patienten in beiden Fällen nur die Gebäude und Details auf der rechten Seite des vorgestellten Bildes nannten, während die Details der linken Seite vernachlässigt oder in einem abweisenden Tonfall erwähnt wurden. Nach dem Wechsel 46

49 Theoretische Einführung der mentalen Perspektive konnte die zunächst vernachlässigte Seite wiedergegeben werden, während die zuerst beschriebene Seite nun vernachlässigt wurde. Dieses Experiment zeigt also, daß die Vernachlässigung nicht allein in Perzeption und Handlung, sondern auch in der mentalen Vorstellung des Raumes zu finden ist. Im klinischen Alltag läßt sich ein ähnliches Phänomen beobachten, wenn Patienten beim Zeichnen einfacher Figuren aus dem Gedächtnis deren linke Hälfte nur unzureichend ausführen (Kerkhoff und Schindler, 997).... Rizzolatti: die prämotorische Theorie des Neglects Auch Rizzolatti et al. (Rizzolatti und Berti, 99; Rizzolatti und Camarda, 987; Rizzolatti und Gallese, 988) betrachten Neglect als eine Störung der inneren Repräsentation des Außenraumes, allerdings unter Verwendung des Konzeptes Aufmerksamkeit. Die Autoren entwickelten eine prämotorische Theorie der Aufmerksamkeit, die von einer funktionell und anatomisch sehr engen Beziehung motorischer und aufmerksamkeitsspezifischer Prozesse ausgeht. Die Annahme einer gemeinsamen Programmierung motorischer und aufmerksamkeitsspezifischer Prozesse stützen die Autoren vor allem auf folgende Beobachtungen: Zum einen traten bei den von ihnen untersuchten Primaten motorische Defizite nach Zerstörung von Hirnarealen auf, die typischerweise auch zur Vernachlässigung von Reizen bzw. Aufmerksamkeitsstörungen führten. Zum anderen betrafen die Aufmerksamkeitsstörungen, die durch diese Läsionen hervorgerufen wurden, dieselben Regionen des Tierkörpers bzw. denselben Teil des Außenraumes, in dem auch die motorischen Defizite beobachtet wurden. Die Autoren beschreiben damit eine gestörte Planung und Ausführung von Bewegungen zur kontralateralen Seite des Außenraumes bzw. zur kontralateralen Körperseite bei den von ihnen untersuchten Primaten. Auch bei hirngeschädigten Patienten mit Neglect wurde wiederholt von Beeinträchtigungen der Perzeption von Informationen wie auch der Exekution von Bewegungen und Handlungen im kontralateralen Teil des Außenraumes berichtet (z.b. Heilman et al., 98). Die Autoren wenden sich gegen das Konzept eines einzigen, supramodalen Prozessors zur Orientierung fokaler Aufmerksamkeit im Außenraum und postulieren, daß verschiedene Teile des Außenraumes durch unterschiedliche Hirnstrukturen repräsentiert werden, deren gemeinsame Hauptfunktion die Übersetzung sensorischer 47

50 Theoretische Einführung Information in motorische Handlungen ist. Die Neglectsymptomatik wird durch den Ausfall eines bzw. mehrerer Teilsysteme erklärt, die an der inneren Repräsentation des Außenraumes beteiligt sind. Die Schädigung dieser Hirnstruktur(en) und der damit verbundene Ausfall der neuronalen Repräsentation eines Teils des Außenraumes führt zu der räumlich umschriebenen Vernachlässigungssymptomatik bei den Patienten (Rizzolatti und Berti, 99). Im Assoziationscortex finden sich im Gegensatz zum sensorischen und motorischen Primärcortex nicht nur die jeweils kontralaterale, sondern die ipsilaterale und kontralaterale Körperseite bzw. Raumhälfte repräsentiert. Rizzolatti et al. (98) nehmen an, daß die beiden Raumhälften nicht homogen repräsentiert sind, sondern jeweils einen Gradienten aufweisen: die neuronale Repräsentation beschränkt sich mit dem Übergang von der Mitte zur Peripherie in zunehmendem Maße auf die kontralaterale Hälfte. Die äußere linke Peripherie ist damit fast ausschließlich in der rechten Hemisphäre repräsentiert, die äußere rechte Peripherie umgekehrt in der linken Hemisphäre. Rizzolatti et al. (98) basieren ihre Annahmen auf Ergebnisse vom postarcuaten Cortex des Affen, einem der Bereiche, die den egozentrischen Raum repräsentieren. 9% der Neurone haben ausschließlich kontralaterale, 3% ausschließlich ipsilaterale und 68% bilaterale Felder. Bilaterale Felder liegen immer über der Mittellinie und haben ein variables horizontales Ausmaß. Daraus folgt, daß die Raumrepräsentation in der lateralen Peripherie fast ausschließlich vom kontralateralen Cortex abhängt. Zur Mittellinie hin ist die Aufteilung zwischen beiden Hemisphären dagegen nahezu gleich. Diese Form der Repräsentation des egozentrischen Raumes ist sehr wahrscheinlich auch beim Menschen vorhanden, wobei hier angenommen wird, daß der ipsi-kontralaterale Gradient stärker in der linken als in der rechten Hemisphäre vorhanden ist. Entfällt die linkshemisphärische Komponente, so zeigt sich bei der verbleibenden Komponente ein milder Gradient. Entfällt dagegen die rechtshemisphärische Komponente, so verursacht der verbleibende Gradient Phänomene einer Mißrepräsentation der linken Seite des egozentrischen Raumes. Eine unilaterale Läsion würde damit das gesamte visuelle Halbfeld betreffen, wobei die Vernachlässigung maximal den äußeren kontralateralen Teil und am wenigsten den äußeren ipsilateralen Teil beeinträchtigt. Defizite bei Neglectpatienten sollten danach nicht nur in der zur Körpermittellinie kontralateral gelegenen Raumhälfte vorzufinden sein, sondern auch in Teilen der ipsilateralen Hälfte zu beobachten sein. Von derartigen 48

51 Theoretische Einführung zusätzlichen Defiziten auf der zur Läsion ipsilateralen Seite berichten z.b. Weintraub und Mesulam (989) sowie Gainotti et al. (99)....3 Neglect als Folge einer verzerrten Repräsentation des Raumes Neuere Modelle gehen anstatt eines vollständigen Verlusts der mentalen Repräsentation einer Raum- oder Körperseite von einer verzerrten Repräsentation des Raumes entlang der Horizontalen als mögliche Ursache für einen Neglect aus. Diese Dimension ist danach entweder gestaucht oder gedehnt. So vermuten Halligan und Marshall (99) z.b. eine lineare, den ganzen Außenraum betreffende Kompression des Außenraumes: Die Autoren vergleichen die veränderte Repräsentation mit der Veränderung, die eine am rechten Ende fixierte Spiralfeder erfährt, wenn sie mit gleichförmiger Kraft von links eingedrückt wird. Andere Autoren nehmen eine anisometrisch veränderte Raumrepräsentation an (vgl. auch Bisiach et al., 996). Die Autoren gehen davon aus, daß die horizontale Raumdimension bei den Patienten auf der kontraläsionalen Seite gedehnt und auf der ipsiläsionalen Seite gestaucht ist. Bisiach et al. (996) vermuten, daß diese anisometrische Verzerrung möglicherweise einer logarithmischen Transformation entspricht...3 Transformationsansatz: Neglect als Folge einer gestörten Generierung eines egozentrischen, körperzentrierten Koordinatensystems (Karnath) Die Hypothese, daß Neglect aus einer Verschiebung des egozentrischen Referenzrahmens zur Läsionsseite resuliert, wurde von Jeannerod und Mitarbeitern (z.b. Jeannerod und Biguer, 987) entwickelt und von Karnath (994a, 997a) fortgeführt. Karnath (994 a,b,997 a) führt die Neglectsymptomatik auf eine gestörte neuronale Erzeugung eines egozentrischen, körperzentrierten Koordinatensystems zurück. Für visuomotorische Explorationsleistungen, die Bestimmung der Körperposition und Orientierung im Raum sowie für akkurates motorisches Verhalten im Raum ist die Transformation afferenter Signale von verschiedenen peripheren Sinnesorganen (z.b. Retina, Muskelspindeln der Halsmuskulatur, Cupulae des Vestibularapparates) in ein egozentrisches, körperbezogenes Referenzsystem wichtig (Karnath, 994 a). Bei der 49

52 Theoretische Einführung Planung einer Bewegung zu einem Ziel im Außenraum verändern sich z.b. in der normalen Alltagssituation die Position von Kopf und Augen nahezu jeden Moment, obwohl die räumliche Position des Zieles in Bezug auf den Körper vielfach konstant bleibt. Um zielgerichtete Bewegungen schnell und präzise auch bei häufig wechselnder Perspektive und verändertem Blickwinkel immer wieder ausführen zu können, überführt unser Gehirn daher das retinale Abbild bzw. die retinalen Koordinaten eines Zieles in ein stabileres, körperbezogenes Referenzsystem (vgl. auch Karnath und Hartje, 997). Um zu solchen egozentrischen Koordinaten zu gelangen, muß die afferente retinale Information mit den Signalen über die Augenposition im Kopf sowie über die Kopfposition kombiniert werden (Karnath, 997 a). Dabei wird die Augenposition über propriozeptive Signale der Augenmuskeln und der Efferenzkopie oder Reafferenz vermittelt und die Kopfposition über propriozeptive Signale aus den Wirbelgelenken der oberen Halswirbelsäule und der Halsmuskulatur. Zusätzlich geben Afferenzen aus dem vestibulären System Auskunft über die Summe von Körper- und Kopfbewegungen im Raum. Neben visuellen, vestibulären und propriozeptiven Signalen ist die Integration auditiver und taktiler Informationen von Bedeutung. Abb. 6: Modell der neuronalen Transformation der afferenten sensorischen Information in ein egozentrisch-körperbezogenes Koordinatensystem der Raumwahrnehmung. (aus: Karnath, 997 a) Im Rahmen der Transformationshypothese wird angenommen, daß die neuronale Transformation der sensorischen Information in eine egozentrisch-körperbezogenes

53 Theoretische Einführung Koordinatensystem beeinträchtigt ist (Karnath, 994a, 997a; Ventre et al., 984). Dabei geht die Koordinatentransformation mit einem systematischen Fehler einher, der zu einer Abweichung des egozentrischen Referenzsystems zur ipsiläsionalen Seite führt. Vallar (997) und Karnath (997 c) schlagen vor, daß diese Transformation mit einem Fehler derart einhergeht, daß Geradeaus nicht, sondern + bis + ipsiläsional liegt. Nach Karnath (997 c) kommt es zu einer Rotation des gesamtem egozentrischen Referenzsystems um die vertikale Körperachse zur ipsiläsionalen Seite, während Vallar (997) eine versetzte egozentrische mittelsagittale Repräsentation in Beziehung zur Rumpfmittellinie annimmt. Die Annahme von Karnath impliziert, daß eine rechtsseitige Verschiebung der subjektiven Geradeauslinie im vorderen Raum und eine linksseitige Verschiebung im Hinterraum vorhanden ist, während Vallars Annahme eine ähnliche Verschiebung im vorderen und hinteren Raum um - ipsiläsional nach rechts impliziert. Neben der Rotation des egozentrischen Referenzsystems um die vertikale Köperachse zur ipsiläsionalen Seite nimmt Karnath (994 a, 997 c) eine spezifische Verkleinerung entlang der horizontalen Raumachse an. Folge der Abweichung des egozentrischen Referenzsystems zur ipsiläsionalen Seite ist die Verschiebung des visuomotorischen Explorations- und Handlungsfeldes in dieselbe Richtung. Daraus resultieren die sich ergebenden Verhaltensauffälligkeiten und kontralateralen Vernachlässigungserscheinungen zum einen, zum anderen kann eine Abweichung der subjektiv empfundenen Orientierung des eigenen Körpers von dessen tatsächlicher Position resultieren (Karnath, 994b). Für diese Hypothese spricht, daß eine Manipulation der an der Erstellung des egozentrischen Raumkoordinatensystems beteiligten Informationskanäle zu einer Kompensation der Neglectsymptomatik führt. Beispiel hierfür sind die vestibuläre kalorische Stimulation, die optokinetische Stimulation sowie die propriozeptive Stimulation der posterioren Halsmuskulatur durch Vibration (vgl. hierzu Kapitel.3.6.;.3.6.3;.3.6.4). Durch derartige Stimulationsformen kann die Vernachlässigungssymptomatik deutlich verbessert oder sogar vorübergehend aufgehoben werden. Es wird angenommen, daß die vestibuläre, optokinetische und propriozeptive Stimulation zu einer Korrektur der Koordinatentransformation und damit einer Reorientierung des egozentrischen Referenzsystems führt (Karnath, 997 b).

54 Theoretische Einführung Der Prozess der multimodalen Integration findet in und um den parietalen Cortex herum statt. Dies ist die Region, in der rechtshemisphärische Läsionen vorherrschend zu Neglect führen...4 Cerebrale Balance-Theorien Bei den Cerebrale Balance-Theorien handelt es sich um einen physiologisch orientierten Ansatz. Sprague (966) konnte in einem Experiment zeigen, daß bei Katzen eine durch eine cortikale Läsion verursachte Hemianopsie dadurch verbessert werden kann, daß der Colliculus Superior auf der entgegengesetzten Seite abgetragen wird oder die intertektalen Kommissuren durchtrennt werden. Payne et al. (Lomber und Payne, 996; Payne et al., 996) führten reversible Deaktivierungsstudien durch, bei denen sie den posterioren mittel-suprasylvanischen Cortex oder den Colliculus Superior bei Katzen lokal kühlten. Die Autoren konnten zeigen, daß die Kühlung dieser Strukturen einen ausgeprägten visuellen Neglect im kontralateral zur Kühlung gelegenen Halbraum erzeugte. Eine subsequente Kühlung der homotopischen Region der anderen Hemisphäre hob den Neglect komplett auf. Die Autoren folgerten, daß der posteriore mittel-suprasylvanische Cortex und der Colliculus Superior essentiell für eine normale Detektion von und Orientierung zu visuellen Zielen sind und unilateraler visueller Neglect aus einem Ungleichgewicht der Aktivität in den beiden Hemisphären auf kortikaler oder subkortikaler Ebene resultiert. Für das Neglect-Modell beim Menschen bedeutet dies, daß nicht das absolute Aktivitätsniveau, sondern das Verhältnis der Aktivität innerhalb cerebraler Strukturen einer Hemisphäre wie auch zwischen den beiden Hemisphären eine entscheidende Rolle spielt (vgl. auch Kerkhoff, ). Dieser Ansatz hat Implikationen für die Entwicklung von Behandlungsansätzen: Danach müßten Methoden verwendet werden, die durch spezifische sensorische Stimulation entweder die geschädigte Hemisphäre stärken oder die intakte Hemisphäre schwächen. Ein Ansatz ist die optokinetische Stimulation eines visuellen Halbfeldes, die kortikale und / oder subkortikale Strukturen der kontralateralen Hemisphäre aktiviert (Pizzamiglio et al., 99; Brandt et al., 998; Dieterich et al., 998) (s. auch Kapitel.3.6.).

55 Theoretische Einführung.. Welches Modell erklärt Neglect am besten? Wenn man die multiplen und dissoziierbaren Phänomene des räumlichen Neglects und die großen Läsionen betrachtet, erscheint es sehr unwahrscheinlich, daß irgendein Modell alle Eigenschaften erklären kann. Jedes Modell kann eher einige Eigenschaften erklären und andere wiederum nicht und umgekehrt (Kerkhoff, ). Daher erscheinen wechselseitige Einflüsse zwischen den Theorien fruchtbarer, als strikte Trennungen zwischen den verschiedenen Ansätzen zu ziehen. Für das Management der erkrankten Patienten ist es wichtig, inwieweit die vorgeschlagenen Neglecttheorien praktikable und wirksame Behandlungsverfahren generieren können. Dies gelingt für die Transformationsansätze besser als für die anderen Modelle. Auf den Transformationsansätzen basierend sind inzwischen viele effektive Behandlungsverfahren entstanden, wie z.b. die optokinetische Stimulation (vgl. auch Kerkhoff, 4).. Verlauf der Neglectsymptomatik Neglect zeigt sich häufiger und in schwererer Ausprägung direkt nach dem Eintreten und innerhalb der ersten Wochen der Erkrankung. Verlaufsuntersuchungen zeigen, daß sich die klinisch-manifeste Symptomatik in ca. 7% der Fälle innerhalb von 6 Monaten zurückbildet. Erholung tritt häufiger und schneller nach links- als nach rechtshemisphärischer Schädigung auf. Des weiteren findet sie nach einem frontalen Neglect schneller als nach einem parietalen Neglect statt. Weiter findet Erholung nach großen Läsionen oder diffusen Hirnatrophien seltener statt als nach fokalen rechtshemisphärischen Läsionen (Kerkhoff, ). Im rückgebildeten Stadium finden sich häufig noch subtile Anzeichen wie z.b. eine Extinktion. Diese tritt erst in Situationen auf, in denen zeitgleich mit einem kontralateralen Reiz ein weiterer Reiz auf der ipsilateralen Seite auftritt. Der Patient wendet sich dann dem ipsilateralen Reiz zu und vernachlässigt den kontralateralen Reiz. Gerade solche Reizkonstellationen treten bei beruflichen und alltäglichen Aktivitäten jedoch häufig auf und sind daher problematisch (Karnath,997 a). Die Neglectsymptomatik kann jedoch auch Monate oder sogar Jahre nach einer Hirnschädigung nahezu unverändert oder in gebessertem Zustand persistieren (Karnath, 3

56 Theoretische Einführung 997 a). Ab der Erkrankungsdauer von einem halben Jahr wird davon ausgegangen, daß es sich um einen chronischen Neglect handelt, d.h. die Wahrscheinlichkeit von Spontanremissionseffekten, also behandlungsunabhängigen Besserungen der Symptomatik, ist als gering einzustufen (Rustenbach et al., ; Heilman et al., 993; Säring, 988). Bisher ist nur wenig über Mechanismen bekannt, die eine Spontanremission ermöglichen. Die wenigen Bildgebungsstudien bei Menschen zeigen, daß Neglect nach fokalen rechtsseitigen Läsionen des frontalen oder parietalen Cortex mit einem umfassenden Rückgang der metabolischen Aktivität in derselben Hemisphäre verbunden ist. Eine behaviorale Erholung geht einher mit einer Normalisierung der Aktivität des neuronalen Netzwerkes für räumliche Aufmerksamkeit, das sowohl kortikale wie auch subkortikale Regionen umfaßt (Kerkhoff,, 3). Levine et al. (986) konnten in einer Studie zeigen, daß sowohl die Größe der Läsion wie auch das Ausmaß prämorbid vorhandener kortikaler Atrophie die Rückbildung des Neglects beeinflußt. Die Autoren schlußfolgern, daß die Menge der ungeschädigten Hirnmasse kritisch für den Neglectverlauf ist, wobei vermutlich nicht nur die rechte, sondern auch die linke Hemisphäre eine wichtige Rolle spielt, da bei bereits geschädigter linker Hemisphäre eine geringere und unvollständigere Erholung stattfindet. Als mögliche anatomische Grundlage diskutieren die Autoren eine durch das Corpus callosum stattfindende Reequilibration.. Warum Neglectrehabilitation? Die häufige Ansicht, daß eine Neglectbehandlung sich aufgrund des günstigen Spontanverlaufs nicht lohnt, trifft in dieser generellen Formulierung nicht zu (vgl. Karnath, 997 b). Tritt die Neglectsymptomatik z.b. in Kombination mit einer Parese auf derselben Seite auf, so ist bei der Behandlung dieser im Vergleich zur Behandlung von Paresen bei Patienten ohne Neglect mit erheblichen Schwierigkeiten zu rechnen. Erfolge durch die krankengymnastische Behandlung stellen sich nur zögerlich oder gar nicht ein, so daß es zu längeren Rehabilitationsaufenthalten kommt oder die Patienten in großem Umfang pflegebedürftig bleiben. Vorrangiges Ziel aller therapeutischen Bemühungen muß die Verbesserung der Alltagsleistungen des Patienten sein, damit dieser zunehmend selbständiger sein Leben bewältigen kann (Kerkhoff, 4). 4

57 Theoretische Einführung Es scheint daher unerläßlich und dringend erforderlich, möglichst früh mit einer fundierten und effektiven Rehabilitation der Neglectsymptomatik anzusetzen. Dies kann dazu führen, daß in anderen Bereichen eine Rehabilitation günstig beeinflußt, ein höheres Ausmaß an Lebensqualität erreicht und größtmögliche Selbständigkeit wiedererlangt werden (Rustenbach et al., ). Eine explizite Bereinigung um Spontanremissionseffekte hat in den bisherigen Studien nicht stattgefunden. Es ist ethisch jedoch auch nicht zu vertreten, Patienten mit schwerwiegenden Störungen, wie sie nach Hirnschädigung beobachtet werden, unbehandelt zu lassen (Wilson, 993). Hierzu sollte außerdem bedacht werden, daß die Wirkungsweise neuropsychologischer Rehabilitation sich auch und gerade auf die Unterstützung und Maximierung von Spontanremission bezieht (Bochmann, 998), eine Bereinigung um diesen Faktor also zu einer Unterschätzung der Effektivität neuropsychologischer Interventionen führen würde (vgl. auch Rustenbach et al., )..3 Rehabilitation Neglect gehört mit zu den am schwersten zu behandelnden Störungsbildern, unter anderem wegen der fehlenden Awareness der Patienten und der vielfältigen Begleitstörungen (Kerkhoff, 999). Ein einschränkender Faktor ist u.a. die häufig deutlich eingeschränkte Dauerbelastbarkeit, der Patient kann oft nicht länger als - Minuten beansprucht werden. Zusätzlich sind die Patienten meist durch äußere Reize in der nicht vernachlässigten Hälfte erhöht ablenkbar. Daneben liegt häufig eine deutliche Beeinträchtigung selbstgenerierten Verhaltens vor, die eine kontinuierliche Fremdanregung erfordert (Säring, 988). Daher weisen Neglectpatienten ein schlechteres Rehabilitationsergebnis als andere Patientengruppen auf (Paolucci et al., 998). Säring (988) sowie Prosiegel (99) nennen als Grundprinzip für den Umgang mit Neglect sowie für die Neglecttherapie zwei Stichwörter: Multimodale Stimulation der betroffenen Raum- und Körperhälfte Anregung zur aktiven Exploration der betroffenen Raum- und Körperhälfte Dies sollte bereits bei pflegerischen Aktivitäten beginnen: Das Bett eines Neglect- Patienten sollte so stehen, daß interpersonale Aktionen wie auch Interaktionen mit Objekten auf der betroffenen Seite stattfinden (Heilman, 979). Alle pflegerischen Aktivitäten sollten von der betroffenen Seite her erfolgen.

58 Theoretische Einführung Viele therapeutische Strategien in der neuropsychologischen Rehabilitation beruhen darauf, mit dem Patienten Übungen durchzuführen, die eine vermehrte und aktive Hinwendung der Aufmerksamkeit zur kontraläsionalen Seite verlangen (Karnath, 997b, ). Für eine differenzierte Neglecttherapie erscheint es darüberhinaus sinnvoll, visuelle von motorischen Vernachlässigungsphänomenen zu trennen und ein modalitätsspezifisches Training einzuleiten (Müller-Oehring und Schulte, 998). Im folgenden werden Therapieverfahren zur Behandlung des visuellen Neglects vorgestellt..3. Explorationstraining Das Training des räumlichen Absuchens der extrapersonalen Welt, sogenanntes Scanning, kann als der älteste und verbreitetste Interventionsansatz angesehen werden. Ein derartiges Training verbindet kompensatorische Strategien zur Reorientierung der Aufmerksamkeit in die kontraläsionale Raumhälfte mit behavioralen Interventionen. Der Vermittlung einer systematischen und geordneten Explorationsstrategie kommt dabei eine zentrale Rolle zu (Rustenbach et al., ). Verschiedene visuelle Explorationsverfahren werden in vielen Kliniken als Standardverfahren mit dem Ziel der Verbesserung der Suchstrategien, einer Verminderung der Auslassungen und einer Steigerung des Suchtempos (Kerkhoff, ) durchgeführt. Im folgenden soll eine Auswahl von Studien zu diesem Behandlungsansatz dargestellt werden. Eine der ersten Studien, die sich mit dieser Behandlungsstrategie beschäftigte, war von Weinberg und Mitarbeitern (977). Als Trainingsmaterial verwendeten die Autoren Texte, die am linken Rand mit einer Ankerlinie, d.h. einer vertikalen Markierung entlang des Textrandes versehen waren. Die Patienten sollten beim Lesen des Textes mit Hilfe dieser Ankerlinie den Beginn jeder Zeile aufsuchen. Ein weiteres Hilfsmittel war, daß jede Zeile am Beginn und am Ende mit einer Zeilennummer versehen war. Durch die Nummerierung sollte ein Überspringen von Zeilen vermieden werden. Während des Trainings wurden die Hilfen sukzessive reduziert. Ziel war, das gestörte Explorationsverhalten zu trainieren, indem die Patienten den Kopf und die Augen vermehrt zur vernachlässigten Seite wenden mußten. Eine Kontrollgruppe erhielt ein unspezifisches Training. Als Ergebnis zeigten sich signifikante Verbesserungen über 6

59 Theoretische Einführung eine große Spannbreite verschiedener Tests mit unterschiedlicher Nähe zu den geübten Aufgaben. Die Kontrollgruppe zeigte dagegen keine Verbesserungen. Noch ein Jahr später konnten signifikante Unterschiede zwischen Experimental- und Kontrollgruppe gefunden werden, die zum einen für einen überdauernden Effekt sprachen, zum anderen für das Persistieren ineffektiver Explorationsstrategien bei Patienten ohne neglectspezifische Behandlung. Kerkhoff et al. (99) behandelten neben 9 Hemianopikern 3 Neglectpatienten mit dem Explorationstraining am ELEX-Gerät. Es konnte ein signifikantes Behandlungsergebnis in Form einer Erweiterung der Augenbewegungen in den ehemals vernachlässigten Bereich gefunden werden. Pizzamiglio et al. (99) führten bei 3 Patienten mit chronischem Neglect nach rechtshemisphärischer Schädigung ein Training durch, das die Reduktion des Explorationsdefizits zum Ziel hatte. Das Training bestand aus 4 Übungseinheiten: visuell-räumliche Exploration, Lese- und Kopieraufgaben, Kopieren von Strichzeichnungen auf einer Punktematrix und die Beschreibung von Objekten. Das Training umfasste 4 Sitzungen. Am Ende der Therapie wiesen die Patienten signifikante Verbesserungen in den verwendeten Neglecttests auf. Die Ergebnisse auf einer semi-strukturierten Skala zur funktionalen Evaluation wiesen auf eine Ausweitung der exploratorischen Verbesserungen auf Situationen hin, die denen des alltäglichen Lebens ähnelten (z.b. Servieren von Tee, Beschreiben von Räumen). Im Gegensatz dazu verbesserten die Patienten sich nur wenig in visuell-räumlichen Tests. Dies weist nach Ansicht der Autoren auf die Spezifität des Trainings in Bezug auf die Reduktion von Explorationsdefiziten hin. Ein Teil der Patienten wurde wenige Monate nach Beendigung der Therapie erneut untersucht und wies stabile Ergebnisse sowohl in den Standard-Neglecttests wie auch in den funktionalen Tests auf. Wagenaar et al. (99) untersuchten bei Neglect-Patienten die Transfereffekte eines visuellen Explorationstrainings. Die Patienten wurden gemäß einem B-C-B-D-Design therapiert, wobei während der B-Phasen Ergotherapie, in der C-Phase ein Explorationstraining und in der D-Phase ein Lesetraining stattfand. In jeder Interventionsphase wurde mindestens drei mal die Leistung anhand einer computerisierten Explorationsaufgabe, einer Linienhalbierungsaufgabe und einer Buchstabendurchstreichaufgabe eingeschätzt. Zusätzlich wurde das Fahren mit dem Rollstuhl beurteilt. Bei vier der fünf Patienten zeigte sich ein positver Effekt des Explorationstrainings auf das visuelle Explorationsverhalten. Dieser Effekt war jedoch 7

60 Theoretische Einführung begrenzt auf die Aufgabe, die trainiert wurde. Über die Gruppe zeigte sich keine Evidenz für einen Transfer der Effekte des visuellen Explorationstrainings auf die Leistung in den weiteren Diagnostikaufgaben bzw. auf das Fahren mit dem Rollstuhl. Damit zeigte sich kein Transfer des visuellen Explorationstrainings auf ADLs (Activities of daily living). Antonucci et al. (99) führten in einer randomisierten Gruppenstudie ein spezifisches Neglecttraining durch. Die Autoren trainierten das visuelle Explorationsverhalten auf 96 x 8 großen Projektionsflächen. Aufgabe der Patienten war es, vorgegebene Ziffern zu suchen, wobei der Aufmerksamkeitsfocus sukzessiv nach links geführt wurde, indem die Zielreize immer weiter links auftauchten, bis sie randomisiert im ganzen Feld dargeboten wurden. Daneben wurden Lese-, Kopier- und Bildbeschreibungsaufgaben durchgeführt. Nach der 8-wöchigen Therapie zeigten sich signifikante Verbesserungen in verschiedenen Standard-Neglecttests (u.a. Buchstaben durchstreichen, Satzlesetest). Die Autoren konnten außerdem eine Generalisierung der Therapieffekte auf Situationen feststellen, die denen des alltäglichen Lebens ähnelten. Eine zweite Gruppe von Patienten, die für denselben Zeitraum ein unspezifisches kognitives Training erhielt, zeigte diese Leistungsveränderungen nicht, so daß die Ergebnisse nicht auf eine kognitive Stimulation zurückgeführt werden konnten. Diese zweite Gruppe erhielt im Anschluß an die 8 Wochen unspezifischen kognitiven Trainings dieselbe spezifische Neglecttherapie und wies die gleichen positiven Veränderungen auf wie die Gruppe, die die spezifische Therapie direkt ab Beginn der Rehabilitation erhielt. Die Autoren schlußfolgerten, daß die Effektivität einer spezifischen Neglectherapie unabhängig von der Größe des Zeitintervalls seit der Läsion zu sein scheint. Kerkhoff und Heldmann (997) führten eine Cross-Over-Studie mit 3 Patienten durch, die zunächst an einer sechswöchigen Neglecttherapie und anschließend für einen Zeitraum von 4 Wochen an einer visuell-räumlichen Therapie teilnahmen. Während der Neglecttherapie wurden visuelle Explorations- und Lesestrategien geübt. Dabei wurden in einem ersten Schritt große sakkadische Augenbewegungen an einem Fernsehbildschirm trainiert, in einem zweiten Schritt wurde auf großformatige Suchvorlagen übergegangen. Lesen wurde geübt, indem zunächst einzelne kurze Worte einzeilig auf dem PC-Bildschirm dargeboten wurden und sukzessiv die Länge der Worte wie auch die Zeilenanzahl erhöht wurde. 8

61 Theoretische Einführung In der räumlichen Therapie wurden Aufgaben zur visuellen Linienorientierung (Orientierung unterschiedlich geneigter Balken identisch einstellen) am Bildschirm mit verbalem Feedback durch den Therapeuten durchgeführt. Während der Neglecttherapie zeigten sich signifikante Verbesserungen in der visuellen Exploration in Form einer Vergrößerung der Blickfeldausdehnung um % und einer Reduktion der Suchzeit um % sowie im Lesen, jedoch nicht in visuell-räumlichen und räumlich-konstruktiven Leistungen. Während der räumlichen Therapie ergaben sich deutliche Verbesserungen in der visuellen Linienorientierung, in der mentalen Winkeltransposition, im horizontalen Schreiben, in der analogen Uhrzeitwahrnehmung sowie in einem räumlichkonstruktiven Test, jedoch nicht in neglectspezifischen Testverfahren. Die Autoren schlußfolgerten aufgrund der behandlungsspezifischen Effekte, daß die Behandlung der visuellen Raumexploration und des Lesens in einer Neglecttherapie zu signifikanten Verbesserungen in diesen Bereichen führt und Verbesserungen in alltagsrelevanten Leistungen wie Textlesen einschließt, die auch nach der Beendigung der Therapie stabil bleiben. Da die während der Neglecttherapie erzielten Verbesserungen phasenspezifisch waren, demonstrieren sie nach Kerkhoff und Heldmann (997) die Wirksamkeit der gewählten Behandlungsstrategie. Die hier aufgeführten Studien berichten insgesamt überwiegend von positiven Ergebnissen mit den angewandten Trainingsmethoden. In einer Metaanalyse zur Effektivität experimenteller und rehabilitativer Interventionen bei visuellem Neglect geben Rustenbach et al. () für die Behandlung anhand von Explorationsverfahren eine mittlere Effektstärke von,96 Standardabweichungen oder eine Verbesserung um 33,4 Prozentränge an. Dies bedeutet bspw., daß ein durchschnittlicher Patient nach der Intervention eine Symptomatik aufweist, die leichter ist, als bei 83,4 % der Patienten vor der Intervention. Damit zeigt sich eine bedeutsame und überdurchschnittliche Reduzierung des Neglects durch Explorationstrainings. Auch Cicerone et al. () führen auf, daß der relative Erfolg dieser Therapiemaßnahmen gut belegt ist. Es sind allerdings zahlreiche Behandlungssitzungen (3-4) notwendig, um einen signifikanten Leistungszuwachs zu erzielen. Auch Kerkhoff (4) empfiehlt insgesamt mindestens 3 Sitzungen à 4 Minuten, wobei Sitzungen pro Woche stattfinden sollten. Vor dem Hintergund immer kürzerer Liegezeiten (durchschnittlich 4-6 Wochen) wird die Zeitspanne für den Therapeuten jedoch kontinuierlich kürzer, in der er eine signifikante Verbesserung des Neglects 9

62 Theoretische Einführung erzielen muß. Zudem erfordert das Scanningtraining das Erlernen einer bewußten Kompensationsstrategie beim Patienten. Dies ist jedoch infolge mangelnder Einsicht oft schwierig (Schindler et al., ). Karnath (997 b) sowie Lennon (994) merken kritisch an, daß häufig stimulusspezifische Trainingseffekte erzeugt werden und eine Generalisierung auf andere Verhaltensbereiche ausbleibt. Verschiedene Studien zum visuellen Explorationstraining konnten trainingsbedingte Verbesserungen nur in Aufgaben nachweisen, die der Trainingsprozedur ähnelten (Gouvier et al., 987; Wagenaar et al., 99; Bergego et al., 997). Ein weiteres Problem ist die bisher nur selten vorgenommene Beurteilung der zeitlichen Stabilität der Trainingserfolge (Karnath, 997 b). Insgesamt bleibt die Effizienz des Explorationstrainings bei Neglect-Patienten damit trotz zahlreicher Studien mit positiven Ergebnissen kontrovers..3. Behandlung des Neglects durch Aktivierung grundlegender Aufmerksamkeitsfunktionen Bei diesem Ansatz wird vermutet, daß das posteriore Aufmerksamkeitssystem beim Neglect zerstört ist und eine systematische mehrstufige Therapie der Daueraufmerksamkeit einen neglectreduzierenden Effekt hat (Robertson et al., 99). Robertson et al. konnten bei allen ihren Patienten durch eine Steigerung der Vigilanz über verbales Selbstinstruktionstraining eine bedeutsame Reduktion in mindestens zwei von vier Neglecttests erreichen, jedoch in keiner visuell-räumlichen Kontrollaufgabe (z.b. Linienorientierung). In einer weiteren Untersuchung überprüften Robertson et al. (998), inwiefern eine Erhöhung der phasischen Alertness den linksseitigen Neglect verbessern kann. Ausgeprägte rechtshemisphärische Läsionen führen neben einem räumlichen Neglect auch zu einer Verschlechterung der tonischen Alertness. Zwar werden die beiden Defizite getrennt behandelt, nach Ansicht der Autoren ist aber auch eine gemeinsame Betrachtung möglich. Die Autoren konnten ihre Hypothese bestätigen. Patienten mit Neglect nach rechtshemisphärischer Läsion sollten beurteilen, ob ein visuelles Ereignis auf der linken Seite einem vergleichbaren Ereignis auf der rechten Seite voranging oder folgte. Die Patienten bemerkten das linksseitige Ereignis jeweils im Durchschnitt um eine halbe Sekunde später als das rechtsseitige. Dieses räumliche Ungleichgewicht im zeitlichen Verlauf der visuellen Awareness konnte durch einen Warnton, der die 6

63 Theoretische Einführung phasische Alertness erhöhte, korrigiert werden. Die Autoren konnten damit zeigen, daß eine phasische Aktivierung den räumlichen Bias der perzeptuellen Awareness korrigieren kann. Die verschiedenen Ansätze zur Behandlung des Neglects durch Aktivierung von Aufmerksamkeitsfunktionen zeigen einmal mehr die multifaktoriellen Grundlagen und somit auch vielfältigen Ansatzpunkte für eine effektive Neglecttherapie (Müller- Oehring und Schulte, 998)..3.3 Reduktion des Neglects durch Cueing-Techniken Beim Cueing werden visuelle und auditive Hinweisreize auf der kontraläsionalen Seite appliziert, die eine Reizzuwendung zur vernachlässigten Seite zum Ziel haben. Genutzt werden z.b. visuelle Cues in Form von meist farbigen Strichen oder Punkten (Ankerreize) auf der Reizvorlage. Auch die eigenen Gliedmaßen können als Cue fungieren. Insbesondere die aktive Bewegung des kontraläsionalen Armes kann zu einer Reduktion der Neglectsymptomatik führen (Robertson et al., 99; Robertson und North, 993), wobei kontrovers diskutiert wird, ob die Verbesserung auf ein perzeptuelles Cueing oder eine hemisphärische Aktivierung zurückzuführen ist. Robertson et al. (99) untersuchten drei Patienten, bei denen sie eine Gliedmaßen- Aktivierung kontralateral zur Hirnläsion in der Rehabilitation des visuellen Neglects therapeutisch nutzten. Einen der Patienten trainierten sie beispielsweise, seinen Arm immer am linken Rand jeglicher Aktivität zu plazieren und zu halten. Der Patient hatten seinen Arm immer erst zu finden, d.h. visuell zu lokalisieren, bevor er mit einer Aufgabe begann. Die Autoren konnten anhaltende Verbesserungen des Neglects anhand dieser Methode erzielen. Eskes et al. (3) konnten in einer Studie aufzeigen, daß sowohl die aktive wie auch die passive Bewegung von kontraläsionalen Gliedmaßen (Drücken eines Knopfes bzw. funktionale Elektrostimulation (FES)) zu einer Verbesserung der Explorationsverhaltens auf der linken Seite führte. Als zugrundeliegenden Mechanismus diskutieren die Autoren, daß die Aktivierung als ein Cue fungiert, der multiple räumliche Repräsentationen aktiviert und damit die Aufmerksamkeit zu dieser Seite erhöht. Da sowohl aktive wie auch passive Bewegung als Cue fungiert, könnte der Effekt nach 6

64 Theoretische Einführung Ansicht von Eskes et al. auf aktiven motorischen Output, propriozeptiven Input oder beides zurückzuführen sein. Einen verbalen Hinweisreiz kann auch die eindringliche und anhaltende verbale Instruktion darstellen, sich der zuvor vernachlässigten Seite zuzuwenden und sich auf die Bearbeitung der dort gestellten Aufgaben zu konzentrieren. Die Neglectsymptomatik läßt sich so aber nur für kurze Zeit kompensieren. Unmittelbar nach Beendigung der externen Stimulation stellt sich der pathologische Zustand wieder ein (Karnath, )..3.4 Behandlung des Neglects durch monokulare Abdeckung Die Abdeckung des ipsilateralen Auges basiert auf der Annahme, daß retinale Einflüsse auf den Colliculus Superior hauptsächlich durch das kontralaterale Auge moduliert werden (Posner und Rafal, 987). Die Abdeckung sollte somit die Einflüsse des linken Auges auf den linken Colliculus Superior stärken. Diese Aktivierung würde die Hemmung durch den rechten Colliculus Superior aufheben und dadurch eine stärkere kontraläsionale Zuwendung der Augenbewegungen und der Aufmerksamkeit bewirken. Butter und Kirsch (99) konnten anhand dieser Technik eine Reduktion der Neglectsymptomatik beobachten, die jedoch nicht überdauernd war..3. Behandlung des Neglects durch Fresnel-Prismen Rossetti et al. (998) untersuchten die Effekte einer Prismen-Adaptation auf verschiedene Neglectsymptome. Die Prismen induzierten eine Verschiebung des visuellen Feldes um nach rechts. Alle Patienten waren bei einer solchen optischen Verschiebung des visuellen Feldes nach rechts beim Zeigen der Körpermittellinie mit der Hand sowie in klassischen neuropsychologischen Testverfahren (Linienhalbierung, Durchstreichaufgaben, Kopieraufgaben) verbessert. Vor der Adaptation war die subjektive Geradeauslinie bei den Neglect-Patienten nach rechts verschoben, nach der Adaptation war die pathologische Abweichung deutlich verbessert. Die Verbesserung dauerte noch mindestens Stunden nach der Entfernung der Prismen an. Frassinetti et al. () untersuchten weiter, ob diese kurzfristige Verbesserung, die infolge von Prismenadaptation gefunden wurde, in eine langfristige Verbesserung überführt werden kann. Als Vorteil der Prismen-Adaptation gaben die Autoren an, daß 6

65 Theoretische Einführung die Behandlung auf einem Bottom-Up-Mechanismus basiert, welcher keine Awareness der Schwierigkeiten bei den Patienten erfordert. Genutzt wurde dabei, daß eine anfänglich bestehende Desorganisation des visuomotorischen Verhaltens nach der Prismenanbringung durch einen Prozess einer visuomotorischen Adaptation korrigiert wird. Die kompensatorische Konsequenz dieser Adaptation ist eine Verschiebung visueller und propriozeptiver Repräsentationen, die sich in einem typischen visuomotorischen Bias zeigt, dem sogenannten Nacheffekt. Personen weichen dabei systematisch mit den adaptierten Gliedmaßen in Richtung entgegen der Verschiebung durch die Prismen ab. Sieben Patienten mit rechtshemisphärischer Läsion und linksseitigem Neglect wurden mal pro Tag für einen Zeitraum von Wochen mit Prismen behandelt. Die Behandlung setzte sich zusammen aus Zeigeaufgaben, bei denen die Patienten auf Zielreize an drei verschiedenen Lokalisationen (links, rechts, Mitte) mit und ohne visuelle Kontrolle (Hand und Arm nicht verdeckt/ verdeckt) mit dem Finger zeigen sollten. Die Patienten trugen Prismen, die eine Verschiebung des visuellen Feldes um nach rechts induzierten. Eine diagnostische Einschätzung fand vor dem Treatment sowie zwei Tage, eine Woche und fünf Wochen nach der Behandlung anhand verschiedener Neglecttests statt. Eine Kontrollgruppe aus nicht behandelten Patienten wurden zu denselben Zeitpunkten untersucht. Als Ergebnis zeigte sich eine Verbesserung infolge der Prismenadaptation, die sich auch Wochen nach der Behandlungsperiode noch zeigte. Die Verbesserung zeigte sich in Standardtests wie auch behavioralen Tests (BIT, Durchstreich-, Leseaufgaben, Raumbeschreibung). Die Kontrollpatienten zeigten dagegen keine Verbesserung. Die Verbesserung zeigte sich nur bei Patienten, die einen Adaptationseffekt sowie einen Nacheffekt in der Zeigeaufgabe aufwiesen. Damit zeigte sich, daß die Prismenadaptation eine produktive Form darstellt, um langandauernde Verbesserungen in der Neglectbehandlung zu erreichen..3.6 Behandlung des Neglects durch kontraläsionale, sensorische Stimulation In den letzten Jahren wurden vielversprechende sensorische Stimulationstechniken zur Manipulation und Reduktion des Neglects entwickelt. Diese Stimulationsformen haben gemeinsam, daß kontraläsional jeweils ein zusätzlicher afferenter Input gegeben wird. Die Beobachtung, daß z.b. während vestibulärer, optokinetischer und propriozeptiver Stimulation der posterioren Halsmuskulatur sowohl die Fehlbestimmung der 63

66 Theoretische Einführung Orientierung des Körpers wie auch die kontralaterale Vernachlässigungssymptomatik deutlich verbessert werden können, erscheint therapeutisch sehr interessant. Vorläufer neuerer, z.t. bereits entwickelter Therapieverfahren sind experimentelle Ergebnisse zur kurzfristigen Modulation von Neglectphänomenen durch sensorische Stimulation. Im folgenden werden die bisherigen Ergebnisse zur Auswirkung verschiedener Stimulationsformen auf unterschiedliche Neglectsymptome näher dargestellt Transcutane Nervenstimulation (TENS) Der hauptsächliche klinische Anwendungsbereich von transcutaner Nervenstimulation, welche in der Applikation von Wechselstromimpulsen besteht, ist die Schmerzbehandlung. Bei TENS handelt es sich um einen sensorischen Input, der afferente Nervenfasern aktiviert. TENS stellt dabei einen propriozeptiven Input für Afferenten mit großem Durchmesser dar. Karnath (99b) untersuchte 4 Neglect-Patienten mit einer Durchstreich- und einer Kopieraufgabe vor, während und nach einer TENS-Stimulation im linken posterioren Nackenbereich. Der Autor konnte nur geringe Effekte der TENS-Stimulation auf die Leistung in Diagnostikaufgaben finden. Dies führt der Autor darauf zurück, daß TENS afferente Nervenfasern im Gegensatz zur Vibration nur unselektiv aktiviert. Mit einer Nackenvibration konnte der Autor dagegen Erfolge in Form einer verbesserten Leistung in den Aufgaben erzielen (s. Kapitel.3.6.4) Vallar et al. (99 b) untersuchten in 3 Experimenten den Effekt transcutaner Nervenstimulation auf linksseitigen visuell-räumlichen Neglect anhand einer visuomotorischen Explorationsaufgabe (Buchstaben durchstreichen). Die Autoren konnten in einem ersten Experiment zeigen, daß die linksseitige Nackenstimulation bei 93% der Patienten zu einer vorübergehenden Verbesserung der Defizite führte, während eine Stimulation im rechten Nackenbereich keine positiven Effekte hatte bzw. sogar bei 64% der Patienten zu einer Verschlechterung führte. In einem weiteren Experiment konnten die Autoren zeigen, daß die Stimulation im linken Nackenbereich auch zu einer Verbesserung führte, wenn Kopfbewegungen anhand einer Kinnstütze verhindert wurden. Dies sollte die Erklärung ausschließen, daß der Effekt von TENS darauf zurückzuführen ist, daß eine linksseitige Rotation des Kopfes ausgelöst wird. 64

67 Theoretische Einführung In einem dritten Experiment zeigte sich, daß eine Stimulation der linken Hand und des linken Nacken vergleichbare positive Effekte hatte. Die Autoren schlußfolgerten, daß die Stimulation im linken Nackenbereich oder der linken Hand den linksseitigen visuellen Neglect möglicherweise durch eine nonspezifische Aktivierung der kontralateralen rechten Hemisphäre verbessert. Dennoch ist nach Ansicht der Autoren auch eine Erklärung im Sinne eines spezifischen Effekts möglich. Dies wäre kompatibel mit neurophysiologischen Studien von Grüsser et al. (99 a, b). Die Autoren fanden beim Affen vestibuläre Neuronen im parietoinsularen vestibulären Cortex, die auch auf somatosensorische Stimulation reagieren. Diese polymodalen vestibulären Einheiten partizipieren an der Verarbeitung und Integration verschiedener Inputquellen und tragen zum Aufbau und zur Erneuerung internaler Repräsentationen des Körpers und der Kopfposition im Raum bei. In diesem Sinne könnte die somatosensorische Stimulation spezifische direktionale Effekte auf die egozentrischen Koordinaten des extrapersonalen Raumes haben, möglicherweise auch zusätzlich zu einer non-spezifischen Aktivierung der rechten Hemisphäre. Als mögliche neuronale Basis geben die Autoren linkshemisphärische Einheiten mit bilateralen rezeptiven Feldern an, die durch die linksseitige somatosensorische Stimulation aktiviert werden. Vallar et al. (996) untersuchten in einer weiteren Studie die Effekte von TENS auf Defizite in der taktilen Wahrnehmung kontralateral zur hemisphärischen Läsion bei zehn rechtshemisphärisch geschädigten und vier linkshemisphärisch geschädigten Patienten. Die somatosensorischen Defizite erholten sich vorübergehend und teilweise nach kontralateraler TENS-Stimulation im Nackenbereich bei allen rechtshemisphärisch geschädigten Patienten mit und ohne Neglect, bei einem linkshemisphärisch geschädigten Patienten mit Neglect, jedoch nicht bei Patienten mit linksseitiger Schädigung ohne Neglect. Neben der defizitären takilen Wahrnehmung verbesserte sich auch der visuell-räumliche Neglect. Bei ipsilateraler Stimulation eines rechtshemisphärisch geschädigten Patienten verschlechterte sich das Defizit. Als Erklärung gaben die Autoren an, daß das Treatment über einen afferenten sensorischen Pfad räumliche Repräsentationen des Körpers moduliert, welche pathologisch zur Läsionsseite verzerrt sind. Der modulatorische Effekt ist richtungsspezifisch: die defekte interne Repräsentation der kontraläsionalen Seite wird teilweise wiederhergestellt und führt damit zu einer Verbesserung der gestörten taktilen 6

68 Theoretische Einführung Wahrnehmung oder aber weiter verschlechtert und führt zu einer Verschlechterung des Defizits. Als mögliche neuronale Basis gaben die Autoren wie in der vorherigen Studie polymodale vestibuläre Einheiten an, wie sie von Grüsser et al. (99 a,b) im parietoinsulären vestibulären Cortex des Affen beschrieben wurden. Die Autoren interpretierten die Ergebnisse dieser Studie dahingehend, daß die Stimulation räumliche Repräsentationen höherer Ordnung beeinflußt und es sich nicht um eine nonspezifische und generelle Aktivierung der ungeschädigten Regionen der betroffenen Hemisphäre handelt. Grund für diese Annahme war, daß die positiven Effekte nur auf den extrapersonalen Neglect und damit verbundene Störungen begrenzt waren, sich aber nicht auf andere Defizite wie z.b. eine Aphasie auswirkten und sich bei Patienten mit linksseitiger Schädigung ohne Neglect kein Effekt zeigte. Pizzamiglio et al. (996) untersuchten bei 4 Patienten die therapeutischen Effekte einer TENS-Stimulation der linken Nackenmuskeln in Verbindung mit einem nonspezifischen Treatment im Vergleich zu einem spezifischen Rehabilitationsparadigma. Die TENS-Behandlung fand neben einer generellen kognitiven Intervention (Puzzle, Kartenspiele, Schach) statt. Das spezifische Training fand in Anschluß an die acht Wochen genereller kognitiver Intervention und TENS statt und beinhaltete ein visuelles Explorationstraining, Lese- und Kopieraufgaben sowie Figurenbeschreibungen. Beide Treatments wurden jeweils acht Wochen lang durchgeführt. Die unspezifische kognitive Intervention in Verbindung mit TENS hatte einen positiven Effekt bei zwei der vier Patienten. Das spezifische Treatment führte dagegen zu einer größeren Verbesserung der Störung bei allen vier Patienten. Die Autoren schlußfolgerten, daß eine effektive Behandlung des Neglects ein Paradigma erfordert, das eine spezifische Behandlung anhand von verschiedenen visuell-räumlichen Explorationsaufgaben und ein systematisches Feedback an die Patienten bzgl. ihres Erfolgs beinhaltet. Ein auf eine sensorische Stimulation begrenztes Vorgehen ruft zwar eine kurzfristige Verbesserung von wenigen Minuten hervor, hat aber keine vergleichbaren Langzeiteffekte. Dennoch konnte bei einem Teil der Patienten unter TENS ein reduzierter Bias nach rechts beobachtet werden. Die Autoren interpretierten dieses Ergebnis dahingehend, daß hier durch eine ausgedehnte Wiederholung dieses Stimulus, der neuronale Systeme aktiviert, die an der Organisation der egozentrischen Repräsentation beteiligt sind, eine 66

69 Theoretische Einführung Konsolidierung präexistierender interneuronaler Verbindungen stattfindet, welche den durch die Läsion verursachten Bias kompensieren. Guariglia et al. (998) untersuchten die Auswirkungen einer TENS-Stimulation sowohl im linken wie auch rechten posterioren Nackenbereich auf eine Reihe von Aufgaben zur mentalen Vorstellung bei Patienten mit linksseitigem Neglect. Als Aufgaben wurden die Beschreibung eines bekannten Platzes aus der Vorstellung, das freie Zeichnen von Objekten wie auch eine Aufgabe zum Vergleich abstrakter Figuren, die sich hinter einem Fenster bewegten und von denen jeweils nur ein Teil sichtbar war, genommen. Die Autoren konnten zeigen, daß TENS im linken Nackenbereich signifikante Verbesserungen der Leistungen auf der linken Seite mentaler Repräsentationen von Objekten (Zeichnungen, Formvergleich) wie auch auf der linken Seite von Raumvorstellungen (Beschreibung von Plätzen) erzeugte. Eine signifikante Verschlechterung der Leistung bei rechtsseitiger Stimulation konnten die Autoren nicht finden. Nach Ansicht der Autoren wird bei der Beschreibung bekannter Plätze aus dem Gedächtnis ein anderes Vorstellungssystem genutzt als beim abstrakten Formvergleich durch Vorstellung. Die Autoren interpretierten die Ergebnisse dahingehend, daß die durch TENS induzierte Modifikation sowohl Vorstellungssysteme beeinflußt, die an der Objekt- wie auch an der Raumrepräsentation beteiligt sind. Nico (999) führte eine Studie durch, in der hirngeschädigte Patienten mit Extinktion vor, während und nach einer TENS-Stimulation doppelte taktile Stimuli (Berührung der Hand links, rechts oder beidseitig) berichten sollten. Bei einer Applikation im Nackenbereich kontralateral zur cerebralen Läsion zeigte sich eine signifikante Auswirkung auf die Leistung der Patienten in Form vermehrter Detektionen kontraläsionaler doppelter Stimuli. Ähnliche Effekte zeigten sich bei einer optokinetischen Stimulation (s. Kapitel.3.6.) Eine tendenziell verschlechterte Leistung war zu beobachten, wenn die sensorische Stimulation auf der ipsiläsionalen Seite appliziert wurde. Damit zeigten sich klare richtungsspezifische Effekte. Nach Nico ist Extinktion damit zumindest teilweise auf eine zentrale Verschlechterung der Raumkodierung oder aber einen Aufmerksamkeitsbias zurückzuführen, da eine Beeinflussung durch eine sensorische Stimulation möglich ist. Da keine komplette Remission der Extinktion stattfand, ist nach Ansicht des Autoren aber eine primäre sensorische Komponente denkbar. 67

70 Theoretische Einführung Guariglia et al. () führten eine Studie durch, in der sie die Existenz separater Systeme für die Verarbeitung geometrischer und non-geometrischer räumlicher Informationen untersuchten. Angenommen wurde die Verarbeitung zwei verschiedener Typen von Informationen: zum einen geometrische Eigenschaften wie die Form der Umwelt und zum anderen non-geometrische Eigenschaften wie visuelle Informationen (z.b. Farbe). Zwölf Neglect-Patienten bekamen die Aufgabe, sich in einem Raum zu reorientieren, indem sie nur geometrische Informationen nutzten (in dem Raum wurden alle visuellen Hinweisreize bis auf die Länge der Wände eliminiert, indem die Wände mit weißen Tüchern verdeckt wurden) oder aber relevante visuelle Hinweisreize nutzten (hier war an einer Wand eine rote Täfelung sichtbar). Die Patienten sahen einen gelben Regenmantel in einer Ecke des Raumes liegen und sollten nach mehrfacher Drehung im Rollstuhl im und gegen den Uhrzeigersinn und mit verbundenen Augen schließlich angeben, in welcher Ecke der Mantel vorher gelegen hatte. Dies fand ohne und mit TENS-Stimulation im linken posterioren Nackenbereich statt. Ohne TENS-Stimulation waren alle Patienten stark verschlechtert in der Kodierung geometrischer Informationen, hatten aber geringere Schwierigkeiten in der Kodierung non-geometrischer Informationen (Farbe). TENS verbesserte die Fähigkeit, formbasierte Repräsentationen zu kodieren (Reorientierung im weißen Raum), aber es war ineffektiv bei nongeometrischen Informationen wie der Farbe (Raum mit visuellem Hinweisreiz). Die Ergebnisse unterstützen nach Ansicht der Autoren die Annahme, daß verschiedene, unabhängige neuronale Systeme unterschiedlichen Typen der Raumrepräsentation dienen. Das formbasierte Orientierungssytem kann durch TENS moduliert werden. Pérennou et al. () führten eine Studie durch, in der sie die untersuchten, ob Neglect-Patienten im Vergleich zu Patienten ohne Neglect bzw. gesunden Kontrollpersonen eine schlechtere Haltungskontrolle haben und ob latente Haltungskapazitäten vorhanden sind, die durch eine geeignete somatosensorische Stimulation aufgedeckt werden. Die Autoren führten eine dynamische Gleichgewichtsaufgabe durch, die darin bestand, auf einer sich lateral bewegenden Holzplatte aufrecht sitzen zu bleiben. TENS wurde dabei im kontraläsionalen Nackenbereich appliziert. Als Ergebnis fanden die Autoren, daß Patienten mit Neglect verglichen mit anderen Patienten und Kontrollpersonen eine größere Haltungsinstabilität aufweisen. Diese konnte systematisch durch TENS-Stimulation reduziert werden. Bei Patienten ohne Neglect war dieser Effekt nicht zu beobachten. 68

71 Theoretische Einführung Die Autoren schlußfolgerten, daß Neglect einen gravierenden Einfluß auf die Körperstabilisierung entgegen der Schwerekraft hat. Diese Haltungsinstabilität ist durch eine geeignete somatosensorische Manipulation vorübergehend (für ca. Minuten) zu beeinflussen. Der Gewinn an Körperstabiliät, der systematisch bei Neglectpatienten, nicht aber bei Personen ohne Neglect auftrat, legte nach Ansicht der Autoren eine neglectbezogene Komponente der Haltungsinstabilität nahe. Insgesamt gibt es damit eine Reihe von Untersuchungen, die einen positiven Effekt von TENS auf die Neglectsymptomatik bzw. mit Neglect assoziierte Störungen belegen konnten. Daneben gibt es aber auch vereinzelte Untersuchungen, die keinen Effekt einer transcutanen Nervenstimulation nachweisen konnten. Inwiefern TENS einen positiven Effekt auf Neglect hat, wird daher kontrovers diskutiert. Auch zugrundeliegende Mechanismen werden unterschiedlich diskutiert (z.b. unspezifische Aktivierung vs. Modulation der gestörten Generierung des egozentrischen Koordinatensystems). Bei den hier dargestellten Untersuchungen wurden zudem nur kurzfristige Effekte untersucht. Keine Studie hat sich bisher damit beschäftigt, ob ein wiederholter Einsatz von TENS im Rahmen einer Neglecttherapie zu einer überdauernden Verbesserung der Neglectsymptomatik führen kann, wie es bei anderen sensorischen Stimulationsverfahren bereits vereinzelt untersucht wurde (vgl. Kapitel.3.6.;.3.6.4;.3.6.) Optokinetische Stimulation (OKS) Eine optokinetische Stimulation findet anhand homogener, aus vielen gleichen Einzelsymbolen bestehender Muster statt, die sich in horizontaler Richtung kohärent in eine Richtung bewegen. Ab einer bestimmten Bewegungsgeschwindigkeit lösen diese einen optokinetischen Nystagmus mit der langsamen Phase in Bewegungsrichtung aus. Pizzamiglio et al. (99) untersuchten die Auswirkung eines sich bewegenden Hintergrundmusters auf die Leistung in einer Linienhalbierungsaufgabe bei Patienten mit rechtshemisphärischer Hirnschädigung mit und ohne Neglect und bei gesunden Kontrollpersonen. Ziel war es, eine Modifikation der räumlichen Koordinaten bei gesunden Personen und bei rechtshemisphärisch geschädigten Patienten ohne Neglect zu induzieren wie auch eine Kompensation des räumlichen Bias bei Neglect herbeizuführen. Die Reize des Hintergrundmusters bewegten sich horizontal nach rechts oder links und induzierten einen optokinetischen Nystagmus mit der langsamen Phase 69

72 Theoretische Einführung kohärent mit der Bewegungsrichtung und einer schnellen Phase zurück zur initialen Fixation. Zusammen mit dem optokinetischen Nystagmus wurde bei allen drei Gruppen eine Verschiebung der subjektiven Mittellinie je nach Bewegungsrichtung nach links oder rechts im Vergleich zu einer Bedingung mit fixiertem Hintergund erzeugt. Das Vorhandensein einer fokalen Hirnschädigung an sich modifizierte oder vergrößerte den Effekt, der sich bei Gesunden zeigte, nicht. Die Patienten mit Neglect wiesen jedoch eine größere Beeinflußbarkeit durch die optokinetische Stimulation auf. Hier zeigte sich eine größere Verschiebung des Mittelpunkts nach rechts (bei Bewegung nach rechts) als nach links (bei Bewegung nach links). Ohne OKS zeigte sich bei den Neglect-Patienten eine rechtsseitige Abweichung, die durch einen nach rechts bewegten Hintergrund noch verstärkt wurde. Bei linksseitiger OKS war bei Patienten mit linksseitigem Neglect in der Linienhalbierungsaufgabe die subjektive Teilungsmitte nahe der objektiven Mitte. Die Autoren interpretierten die Ergebnisse dahingehend, daß der optokinetische Reflex ein visuovestibulärer Mechanismus ist, der zur Generierung eines körperzentrierten Koordinatensystems beiträgt und damit den systematischen Fehler und die Abweichung des räumlichen Referenzrahmens durch linksseitige OKS bei den Neglect-Patienten ausgleicht. Vallar et al. (993a) untersuchten die Effekte einer optokinetischen Stimulation auf Störungen des Positionssinns des Armes bei 3 Patienten ( Patienten mit rechtshemisphärischer Schädigung und Neglect, rechtshemisphärisch geschädigte Patienten ohne Neglect, linkshemisphärisch geschädigte Patienten). Als Kontrollgruppe dienten Normalpersonen. Der gestörte Positionssinn war am stärksten bei Patienten mit rechtshemisphärischer Schädigung und Neglect ausgeprägt, bei denen kontralateraler und ipsilateraler Arm betroffen waren. Optokinetische Stimulation war nur bei rechtshemisphärisch geschädigten Patienten mit Neglect effektiv. Hier führte eine Stimulation mit einer nach links gerichteten Bewegung, also kontralateral zu der Seite der hemisphärischen Läsion, zu einer Verbesserung des defizitären Positionssinns des kontralateralen und im geringeren Umfang auch des ipsilateralen Armes, während die Stimulation mit einer nach rechts gerichteten Bewegung zu einer Verschlechterung der Leistung führte. So konnten die Patienten bei linksgerichteter OKS besser einschätzen, in welche von vier verschiedenen Positionen ihr linker bzw. rechter Arm gerade vom Untersucher positioniert worden war (Die Patienten konnten den Arm nicht sehen). Die Autoren 7

73 Theoretische Einführung interpretierten die Ergebnisse dahingehend, daß der defizitäre Positionssinn bei Neglectpatienten eine nicht-sensorische Komponente aufweist, die in Beziehung zum Neglect steht und durch optokinetische Stimulation beeinflußbar ist. Diese nichtsensorische Komponente besteht in einer ipsilateralen Verschiebung der egozentrischen Repräsentation. Eine Interpretation im Sinne einer generellen hemisphärischen Aktivierung schlossen die Autoren aufgrund der direktionalen Spezifität aus. Vallar et al. (99a) untersuchten in einer weiteren Studie die Effekte von OKS auf den gestörten Positionssinn des Armes in der horizontalen und vertikalen Ebene. Aufgabe war die Einschätzung vier verschiedener Positionen des Armes in horizontaler und vertikaler Richtung. Sowohl in der horizontalen Ebene wie auch in der vertikalen Ebene und in beiden Armen verbesserte eine Stimulation mit der Bewegungsrichtung kontralateral zur Läsionsseite die Störung, während eine Stimulation in ipsilateraler Richtung das Defizit verschlechterte. Die Autoren interpretierten die Ergebnisse dahingehend, daß der defizitäre Positionssinn zumindest teilweise aus einer ipsilateralen Verzerrung des egozentrischen Koordinatensystems resultiert, wobei sowohl die horizontale wie auch die vertikale Dimension, also das gesamte System der räumlichen Koordinaten betroffen ist und durch richtungsspezifische OKS beeinflußbar ist. Mattingley et al. (994 a) untersuchten Patienten mit rechtshemisphärischer Hirnschädigung und linksseitigem Neglect sowie gesunde Kontrollpersonen mit einer horizontalen Linienhalbierungsaufgabe am Bildschirm. Die Linien wurden am Bildschirm vor einem neutralen Hintergrund, einem statischen Punktemuster oder einem sich langsam bewegendem zufällig verteilten Punktemuster präsentiert. In der Bewegungsbedingung bewegten sich die Punkte über das gesamte Display entweder nach links oder nach rechts in einer Geschwindigkeit, die keinen optokinetischen Nystagmus oder perzeptuelle Nacheffekte hervorrief. Die Kontrollpersonen arbeiteten in allen Bedingungen akkurat und es zeigten sich nur minimale Effekte der verschiedenen Hintergrundbedingungen. Patienten mit linksseitigem Neglect dagegen waren sensitiv für die nach links gerichtete Hintergrundbewegung und wiesen in dieser Bedingung im Vergleich zu einem neutralen, statischen oder sich nach rechts bewegenden Hintergrund eine signifikante Verschiebung der Halbierungsfehler nach links auf. Es traten dagegen keine signifikanten Effekte der nach rechts gerichteten Bewegung im Vergleich zur neutralen oder statischen Bedingung auf. Das Ausmaß, in dem die Patienten für die nach links 7

74 Theoretische Einführung gerichtete Hintergrundbewegung empfänglich waren, stand nicht in Zusammenhang mit der Schwere des Neglects. Das Profitieren von der nach links gerichteten Bewegung könnte nach Ansicht der Autoren die Aktivität erhaltener Bewegungsverarbeitungsmechanismen reflektieren, die Input an ein ansonsten dysfunktionales Aufmerksamkeitssystem geben. Die Patienten müssen dabei die fokale Aufmerksamkeit nicht willentlich verlagern, sondern die Hintergrundbewegung lenkt die fokale Aufmerksamkeit automatisch nach links. Die OKS hat daher nach Ansicht der Autoren einen hohen Nutzen für die Rehabilitation des Neglects. Karnath (99a) untersuchte die Effekte von OKS auf die gestörte Wahrnehmung der Körperorientierung bei drei Patienten mit rechtshemisphärischer Schädigung und visuellem Neglect nach links. Aufgabe der Patienten war es, einen Laserpunkt auf die Position auszurichten, von der sie annahmen, daß sie exakt geradeaus von ihrem Körper lag. Ohne Stimulation wurde die sagittale Mittelebene des Körpers rechts von der objektiven Orientierung markiert. Die horizontale Verschiebung der sagittalen Mittelebene ließ sich jedoch reduzieren durch eine Bewegung der Umgebung nach links (OKS mit einer Geschwindigkeit von 3 /s auf der gesamten inneren Oberfläche einer Kabine, in der sich die Patienten befanden) und verschlechterte sich bei einer Bewegung nach rechts. Karnath interpretierte den positiven Effekt der OKS als eine Korrektur des neuronalen Koordinatentransformationsprozesses durch einen asymmetrischen Input an den sensorischen Organen, der den systematischen Fehler und die Abweichung des räumlichen Referenzrahmens ausgleicht. Vallar et al. (997) konnten in einer Studie bei zwei rechtshemisphärisch geschädigten Patienten mit linksseitigem visuellen Neglect zeigen, daß eine optokinetische Stimulation mit der Bewegungsrichtung nach links vorübergehend zu einer Verbesserung der motorischen Schwäche der linken Hand führte. Eine Stimulation mit der Bewegungsrichtung nach rechts hatte keinen Effekt. Bei zwei linkshemisphärisch geschädigten Patienten beeinflußte die optokinetische Stimulation die motorische Schwäche der rechten Hand unabhängig von der Bewegungsrichtung nicht. Die optokinetische Stimulation fand anhand von zufällig verteilten Punkten auf einer großen Leinwand (3 cm x cm) statt. Die Bewegungsgeschwindigkeit wurde so gewählt, daß ein optokinetischer Nystagmus ausgelöst wurde. 7

75 Theoretische Einführung Als Erklärung schlugen die Autoren vor, daß die kontraläsionalen motorischen Defizite bei Patienten mit linksseitigem Neglect eine neglectbezogene Komponente aufweisen, die wie andere Aspekte des Neglectsyndroms durch eine optokinetische Stimulation verbessert werden kann. Die Mechanismen schließen dabei möglicherweise eine temporäre Restoration der räumlichen Koordinaten körperlicher Repräsentationen ein, die pathologisch zur Seite der Läsion abweichen. Als mögliche neuronale Basis betrachteten die Autoren eine Aktivierung von Zellen im parieto-insulären Cortex und im somatosensorischen Cortex über vestibuläre Kerne und die Pulvinar. Nico (999) führte eine Studie an hirngeschädigten Patienten durch, die eine Extinktion aufwiesen und vor, während und nach einer optokinetischen Stimulation doppelte taktile Stimuli (Berührung der Handoberfläche links, rechts oder beidseitig) berichten sollten. Die OKS fand anhand von Lichtpunkten statt, die sich mit einer Geschwindigkeit von 6 /s nach links oder rechts bewegten und einen optokinetischen Nystagmus auslösten. Bei einer Applikation kontralateral zur cerebralen Läsion zeigte sich eine signifikante Auswirkung auf die Leistung der Patienten in Form einer vermehrten Detektion kontraläsionaler doppelter Stimuli: Patienten mit linksseitiger taktiler Extinktion nahmen bei einer Doppeltsimultan-Stimulation signifikant mehr Berührungen an der linken Hand wahr. Ähnliche Ergebnisse zeigten sich bei einer TENS-Stimulation (s. Kapitel.3.6.). Eine tendenziell verschlechterte Leistung war zu beobachten, wenn die sensorische Stimulation auf der ipsiläsionalen Seite appliziert wurde. Damit zeigten sich klare richtungsspezifische Effekte. Extinktion ist damit nach Ansicht des Autoren zumindest teilweise auf eine zentrale Verschlechterung der Raumkodierung oder aber einen Aufmerksamkeitsbias zurückzuführen, da eine Beeinflussung durch eine sensorische Stimulation möglich ist. Kerkhoff et al. (999) untersuchten die Auswirkung von visueller Hintergrundbewegung auf Störungen der Längenwahrnehmung bei Neglect-Patienten. Sechs Neglect-Patienten und sechs gesunde Kontrollpersonen wurden anhand einer Längenbeurteilungsaufgabe untersucht. Alle Neglect-Patienten wiesen in der Baseline (unbewegter Hintergrund) eine signifikante perzeptuelle Unterschätzung der horizontalen Balken im linken Halbfeld auf. Eine langsame Bewegung der Hintergrundreize (7, /s) zur rechten, ipsiläsionalen Seite verstärkte das Defizit leicht, aber nicht signifikant, während eine nach links gerichtete Hintergrundbewegung die Längeneinschätzung normalisierte bzw. sogar zu einer Überkompensation führte. Die 73

76 Theoretische Einführung Bewegungsgeschwindigkeit war dabei zu langsam, um einen Nystagmus auszulösen. Der facilitatorische Effekt resultierte damit nicht aus okulomotorischer Aktivität. Eine kohärente Hintergrundbewegung konnte damit vorübergehend die gestörte Wahrnehmung der horizontalen Objektgröße verbessern. Als eine mögliche Erklärung gaben die Autoren an, daß die nach links gerichtete Hintergrundbewegung die Ausrichtung der Aufmerksamkeit nach links erleichtert. Eine weitere kompatible Hypothese sahen die Autoren darin, daß die Bewegung die Generierung einer egozentrischen Raumrepräsentation faziliert, indem sie einen direktionalen visuellen Input zur gestörten Repräsentation liefert. Kerkhoff () führte eine Studie durch, in der er perzeptuelle Störungen der Größenund Distanzwahrnehmung sowie deren Modifizierbarkeit bei Neglectpatienten untersuchte. In einem ersten Experiment konnte Kerkhoff zeigen, daß Neglect-Patienten im Gegensatz zu links- oder rechtshemisphärisch geschädigten Patienten ohne Neglect Störungen des wahrgenommenen visuellen Raumes aufweisen, wenn sie die Extension einer horizontalen Distanz (Distanzeinschätzung zwischen Objekten: Raumstörung) wie auch die horizontale Größe eines Objekts (Vergleich der Länge zweier Linien: Größenstörung) beurteilen sollen. Dies zeigt, daß Neglect-Patienten perzeptuelle Störungen der räumlichen Verarbeitung in der horizontalen Ebene innerhalb von Objekten (Größe) wie auch zwischen Objekten (Distanz) aufweisen. Bei der Größenschätzung zeigte sich dabei eine Überschätzung der horizontal verlängerten Objekte im kontraläsionalen Halbraum verglichen zu einem Referenzstimulus im ipsiläsionalen Halbraum. Auch bei einer horizontalen Distanzaufgabe zeigte sich eine signifikante Überschätzung der nach links gerichteten Distanz. In einem zweiten Experiment untersuchte Kerkhoff die Modifizierbarkeit dieser Störungen durch eine langsame visuelle Hintergrundbewegung (7, /s). Eine nach links gerichtete Hintergrundbewegung führte vorübergehend zu einer Normalisierung der horizontalen Größen- und Distanzkodierung bei Neglectpatienten, während eine Bewegung nach rechts das Defizit in der Distanzaufgabe, jedoch nicht in der Größenaufgabe signifikant verstärkte. Kerkhoff interpretierte diese Ergebnisse im Sinne multipler räumlich-perzeptueller Störungen bei Neglect-Patienten, die durch visuelle Bewegung und Aufmerksamkeit beeinflußbar sind. Als mögliche Erklärung nannte der Autor die Fazilitierung der Aufmerksamkeitsausrichtung zu den vernachlässigten Regionen. Als alternative 74

77 Theoretische Einführung Erklärung nannte Kerkhoff die Fazilitierung der Generierung einer egozentrischen Raumrepräsentation durch die Versorgung der zerstörten Repräsentation bei Neglect- Patienten mit direktionalen, visuellen Inputs. Die räumlich-perzeptuellen Störungen sind nach Ansicht des Autoren eng mit Neglect verbunden, verursachen diesen aber nicht. Die enge Verbindung ist wahrscheinlich auf die Schädigung benachbarter kortikaler Strukturen zurückzuführen. Kerkhoff et al. () führten eine erste Therapiestudie zur Wirksamkeit repetitiver optokinetischer Stimulation bei Patienten mit multimodalem Neglect durch. Die Autoren sahen als Vorteil eines solchen sensorischen Stimulationsverfahrens, daß es im Gegensatz zu traditionellen Explorationsansätzen keine bewußte Übernahme einer Kompensationsstrategie erfordert, was wiederum eine in der Regel nicht vorhandene Awareness voraussetzt. Als Nachteil bisheriger Studien zur optokinetischen Stimulation führten die Autoren an, daß diese nur temporäre Effekte erzeugen konnten. Zur Überprüfung dauerhafter Effekte repetitiver OKS führten die Autoren daher eine Pilotstudie an 3 Patienten mit linksseitigem Neglect durch. Die repetitive OKS fand anhand des VS-Programms (Marquardt und Kerkhoff, 998) statt. Es wurden zwischen 3 und 7 Quadrate dargeboten, die sich kohärent mit der gleichen Geschwindigkeit nach links bewegten. Die Driftgeschwindigkeit variierte dabei zwischen /s und 3 /s. Pro Therapiesitzung fanden 4 Einheiten OKS à Minuten statt. Während des gesamten Zeitraumes erhielten die Patienten zusätzlich Standardneglecttherapie (visuelles Explorationstraining 3x pro Woche) sowie eine ergotherapeutische, krankengymnastische und kognitiv-neuropsychologische Behandlung. Es fanden insgesamt Einzelsitzungen innerhalb von 4 Tagen statt. Eine Einschätzung der Leistung erfolgte vor der Therapie, nach der Therapie sowie in einem Follow-Up nach 4 Tagen. Zur Leistungseinschätzung diente eine Leseaufgabe sowie eine Messung der subjektiven Geradeausrichtung. Die Autoren konnten beim Lesen eine deutliche Reduktion der Auslassungen nach der Therapie demonstrieren. Die subjektive Geradeausrichtung war nach Therapiesitzungen nahezu normalisiert. In beiden Bereichen blieb der Effekt auch im Follow-Up stabil. 7

78 Theoretische Einführung Abb. 7: Darstellung der Ergebnisse von Sitzungen linksgerichteter OKS zur Behandlung der Neglectdyslexie bei einem Patienten mit linksseitigem, multimodalem Neglect. (aus: Kerkhoff, 4). Die Autoren konnten damit einen multimodalen Stimulationscharakter der Methode nachweisen und langfristige Effekte erzielen. Als Mechanismus nahmen die Autoren an, daß OKS zahlreiche kortikale (temporoparietaler und vestibulärer Kortex, Insel) und subkortikale Hirnregionen (Basalganglien) aktiviert, die mit multimodaler sensorischer Integration befaßt sind. Die Autoren wiesen jedoch darauf hin, daß noch ausführlichere Therapiestudien notwendig sind. Kontrollierte und randomisierte Gruppenstudien zur Wirksamkeit dieser Therapiemethode im Vergleich zu anderen Therapieverfahren des Neglects sind derzeit in Arbeit (Kerkhoff, 4). Kerkhoff (3) diskutiert in einem weiteren Übersichtsartikel als mögliche Mechanismen für die Verbesserungen, daß ein Teil des neuronalen Netzwerks, das durch OKS aktiviert wird, nicht von der Läsion betroffen ist und durch repetitive OKS aktiviert werden konnte. Bildgebende Studien stützen nach Ansicht des Autors die Auffassung, daß nicht geschädigte Regionen im rechtshemisphärischen kortikalen Netzwerk eine behaviorale Erholung vom Neglect bewirken (z.b. Pizzamiglio et al., 998). Als wichtigen Aspekt der Behandlung führt Kerkhoff (3) weiter auf, daß die Durchführung langsamer Augenfolgebewegungen den rechten parieto-temporalen Cortex aktiviert. Die beobachtete Verbesserung könnte daher aus der Stimulation mit multiplen, sich bewegenden Reizen, der Durchführung langsamer Augenfolgebewegungen oder aus beiden Komponenten resultieren. 76

79 Theoretische Einführung Dieterich et al. (998) analysierten in einer fmri-studie die Effekte einer optokinetischen Stimulation mit und ohne Unterdrückung des optokinetischen Nystagmus durch eine Fixation bei Normalpersonen (Rechtshänder). Horizontale und vertikale optokinetische Stimulation aktivierten dieselben visuellen, okulomotorischen und vestibulären kortikalen und subkortikalen Regionen in beiden Hemisphären. Das Ausmaß der Aktivierung in jeder Hemisphäre war unabhängig von der Stimulusrichtung. Alle aktivierten Regionen, die kortikale okulomotorische Strukturen repräsentieren (occipitotemporaler Cortex, posteriorer parietaler Cortex, präzentraler und posteriorer medianer frontaler Gyrus, präfrontaler Cortex, medialer Teil des superioren frontalen Gyrus) sowie subkortikale okulomotorische Strukturen (Nucleus caudatus, Putamen, Globus pallidus, und paramedianer Thalamus) waren während der optokinetischen Stimulation sowie während der Unterdrückung des optokinetischen Nystagmus durch Fixation aktiviert. Die Aktivierung war jedoch signifikant stärker beim optokinetischen Nystagmus als bei der Unterdrückung durch Fixation. Die Unterdrückung des optokinetischen Nystagmus durch Fixation führte zu einer erhöhten Aktivierung im supplementären Augenfeld und im anterioren cingulaten Gyrus, zu einer unveränderten Aktivierung im visuellen Cortex, einer reduzierten Aktivität in den meisten okulomotorischen Arealen und einer unterdrückten Aktivierung in der anterioren und posterioren Insula und im Thalamus. Boileau et al. () führten eine fmri-studie durch, in der sie die Überlappung von Aktivität während OKS und einer Mittellinienberechnung untersuchten. Die Aufgabe bestand darin, anhand eines Knopfdrucks aufzuzeigen, wann ein Lichtpunkt für die Person in der Mitte der Geradeausebene war. Von dieser Aufgabe wurde angenommen, daß sie eine Operation darstellt, die in enger Beziehung zu der mentalen Repräsentation des Raumes der Person steht. Annahme der Autoren war, daß die Hirnregionen, die eine überlappende Aktivität während der Mittellinienberechnung und OKS zeigen, die anatomischen Regionen darstellen, durch die anhand sensorischer Stimulation eine temporäre Verbesserung des Neglects sowie eine Modulation der Position der Mittellinie erzeugt wird. Die Autoren konnten zeigen, daß der rechte posteriore parietale Cortex und der frontale Cortex in beiden Aufgaben involviert waren. Dabei war die anatomisch-funktionale Überlappung vorherrschend im rechten posterioren Parietalcortex. Dies ist die anatomische Region, in der multimodale sensorische und motorische Signale verbunden werden und egozentrische räumliche Information aufgebaut wird. Erholung vom Neglect durch OKS wird damit durch eine Reaktivierung 77

80 Theoretische Einführung des neuronalen Netzwerks erzeugt, das verantwortlich ist für die Elaboration der egozentrischen Referenz. Eine solche Strategie kann der Neglectbehandlung dienen. Die Studie zeigte damit das neuroanatomische Substrat auf, daß in der Verbesserung des Neglects durch vestibuläre Stimulation involviert ist. Insgesamt gibt es damit zahlreiche Studien, die eine Modifizierbarkeit unterschiedlicher Neglectsymptome bzw. mit Neglect assoziierter Störungen durch OKS belegen. Dabei ist es offenbar nicht notwendig, einen optokinetischen Nystagmus auszulösen. Kerkhoff et al. () z.b. konnten zeigen daß eine langsame Bewegung der Stimuli (7, /s) vollständig ausreicht, um bei Neglectpatienten eine Normalisierung in perzeptuellen Neglectaufgaben zu erreichen. Dies zeigt an, daß die motorische Komponente des optokinetischen Nystagmus, die bei Stimulation mit schnell bewegten Reizen vorhanden ist, für einen modulatorischen Effekt auf den Neglect offenbar nicht zwingend notwendig ist (vgl. auch Mattingley et al., 994 a; Kerkhoff, 3). Ein Großteil der bisherigen Studien untersuchte nur kurzfristige modulatorische Effekte von OKS auf Neglect. In einer ersten Pilotstudie mit 3 Patienten konnten Kerkhoff et al. () jedoch auch langfristige Effekte der repetitiven OKS bei multimodalem Neglect nachweisen. Damit erscheint ein Einsatz der Methode in der Rehabilitation des Neglects als vielversprechend. Hier sind jedoch weitere Studien mit einer größeren Patientenzahl notwendig Vestibuläre, kalorische Stimulation Eine kalorische Stimulation wird anhand der Einführung von kaltem bzw. warmem Wasser in den äußeren Gehörgang durchgeführt. Dabei wird ein vestibulo-ocularer Reflex mit der langsamen Phase des Nystagmus zum stimulierten Ohr (bei Eiswasser) bzw. vom stimulierten Ohr weg (bei Warmwasser) ausgelöst. Erstmals berichtete Silberpfennig (94) von einer durch einen vestibulären Nystagmus mit der langsamen Komponente nach links induzierten Verbesserung des Lesens bei einem Patienten mit nach rechts gerichteter Blickabwendung aufgrund eines Tumors im rechten Frontallappen. Rubens (98) untersuchte die Auswirkung von kalorischer Stimulation bei 8 Patienten mit linksseitigem Neglect auf die Leistung in visuellen Neglecttests sowie auf die Blickausrichtung nach links. Zur kalorischen Stimulation verwendete Rubens cm³ warmes oder kaltes Wasser, das langsam innerhalb von einer Minute in den äußeren 78

81 Theoretische Einführung Gehörgang eingeführt wurde. Die vestibuläre Eiswasser-Stimulation erzeugte einen vestibulo-ocularen Reflex mit der langsamen Phase des Nystagmus zum stimulierten Ohr. Zusätzlich kam es durch die vestibulospinale Aktivität zu einer Drehung des Kopfes in dieselbe Richtung wie die langsame Phase des Nystagmus. Denselben Effekt erzeugte eine Warmwasser-Stimulation des rechten Ohres. Als Ergebnis konnte der Autor im Vergleich zur Prästimulationsphase aufgrund der kalorischen Stimulation eine Verbesserung in den verwendeten Neglect-Tests (Personen zählen, Lesen, Linien durchstreichen) sowie in der Blickwendung nach links auf Aufforderung aufzeigen. Diese Verbesserung zeigte sich schneller und war intensiver bei linksseitiger Kaltwasserstimulation als bei rechtsseitiger Warmwasserstimulation. Rechtsseitige Kaltwasser- bzw. linksseitige Warmwasserstimulation führte dagegen zu einer Verschlechterung der Leistung. In der Poststimulationsphase Minuten nach der kalorischen Stimulation kehrte die Leistung jedoch wieder zum Ausgangsniveau zurück. Rubens konnte damit aufgrund eines kalorisch induzierten Reflexes mit der langsamen Phase des Nystagmus entgegengesetzt zum pathologischen Bias vorübergehende signifikante Verbesserungen in der Fähigkeit, den Blick nach links zu wenden sowie in visuellen Neglecttests erreichen. Eine Verbesserung aufgrund eines unspezifischen Arousals durch den unangenehmen Kaltwasserstimulus hielt Rubens dabei für unwahrscheinlich, da die rechtsseitige Eiswasserstimulation sogar zu einer Verschlechterung führte. Friberg et al. (98) führten eine Messung von Veränderungen des regionalen cerebralen Blutflusses (rcbf) während vestibulärer Stimulation mit warmem Wasser (44 ) durch, die einen Nystagmus mit der schnellen Phase zur stimulierten Seite erzeugte. Die Autoren fanden ein einzelnes kortikales Areal im posterioren superioren Bereich des Temporallappens, das eine konsistente fokale Aktivierung in der Hemisphäre kontralateral zur stimulierten Seite aufwies. Die Autoren fanden dabei keine interhemisphärischen Differenzen. Friberg et al. (98) gingen davon aus, daß es sich hier um die primäre Projektionsarea des vestibulären Systems handelt. Cappa et al. (987) untersuchten die Auswirkung kalorischer Stimulation auf personalen Neglect (Berührung der linken Hand mit der rechten Hand), extrapersonalen Neglect (Kreise und Linien durchstreichen) sowie Anosognosie bzgl. einer Hemiplegie (Grad der Bemerkung der Defizite). Die Autoren konnten bei allen 4 untersuchten Neglect- Patienten eine Verbesserung des personalen und extrapersonalen Neglects feststellen, 79

82 Theoretische Einführung die jedoch nach Minuten zum Ausgangsniveau zurückkehrte. Die Verbesserung der Anosognosie konnte bei von 4 Patienten erzielt werden und hielt hier noch mehrere Tage an. Als mögliche Mechanismen der Verbesserung zogen die Autoren eine ipsilaterale kortikale Aktivierung oder aber eine Aktivierung der intakten kontralateralen Hemisphäre in Betracht. Sie hielten es aber für wahrscheinlicher, daß der durch ein Ungleichgewicht der beiden vestibulären Systeme erzeugte Rückgang der Symptome auf die linke, ungeschädigte Hemisphäre zurückzuführen war. Dies unterstützt nach Meinung der Autoren die Hypothese, daß die linke Hemisphäre im Falle einer ausgedehnten, irreversiblen Schädigung der rechten Hemisphäre dazu neigt, die Defizite zu kompensieren. Vallar et al. (99) führten bei drei Patienten mit linksseitigem Neglect eine vestibuläre Stimulation anhand einer kalten Stimulation des linken Ohres mit cm³ Eiswasser bzw. einer warmen Stimulation des externen Gehörgangs des rechten Ohres mit cm³ Warmwasser (4 ) jeweils für Minute durch. Die Stimulation führte zu einem horizontalen Nystagmus sowie einer posturalen und kinetischen Abweichung nach links. Auswirkungen wurden auf extrapersonalen Neglect (Aufheben von Plastikbällen, die links und rechts vom Patienten lagen), personalen Neglect (Berührung der linken Hand mit der rechten Hand), Anosognosie (Einschätzung der Awareness auf einer Skala) sowie somatosensorische Defizite (Hemianästhesie, Wahrnehmung der Berührung der Hände) eingeschätzt. Die Autoren konnten eine temporäre Verbesserung des extrapersonalen Neglects und des personalen Neglects aufzeigen. Auch die Hemianästhesie verbesserte sich. Ein Effekt auf die Anosognosie zeigte sich nur bei zwei der drei Patienten. Die Leistungen waren 3 Minuten nach der Stimulation wieder auf dem Prästimulationsniveau, wobei sich die Verbesserung der Hemianästhesie erst nach 6 Minuten wieder auf das Baseline-Niveau reduzierte. Die Autoren konnten damit zusätzlich einen Effekt auf somatosensorische Defizite aufweisen. Sie schlußfolgerten, daß Aufmerksamkeitsfaktoren bei Neglect-Patienten eine wichtige Rolle in der Entwicklung zunächst offenbar primärer sensorischer Defizite spielen, die vor diesem Hintergrund aber als defekter Zugang zur bewußten Verarbeitung interpretiert werden müssen. Rode et al. (99) untersuchten die Auswirkungen vestibulärer Stimulation (Kaltwasser-Stimulation des linken Ohres) auf extrapersonalen Neglect 8

83 Theoretische Einführung (Blickabweichung, Linien durchstreichen), personalen Neglect (Berührung der linken Hand mit der rechten Hand), Anosognosie (Awareness bzgl. der Hemiplegie) und Somatoparaphrenie (Reduktion somatoparaphrenischer Illusionen). Neben Verbesserungen des personalen und extrapersonalen Neglects fanden die Autoren einen temporären Rückgang der Hemiplegie wie auch der Somatoparaphrenie. Die Autoren konnten damit zeigen, daß eine vestibuläre Aktivierung nicht nur in einer Verbesserung von Neglectphänomenen resultiert, sondern auch eine Reihe von häufig assoziierten Beeinträchtigungen beeinflußt. Die Autoren interpretierten die Ergebnisse dahingehend, daß der vestibuläre Input zum Aufbau des egozentrischen Raumes beiträgt. Dies erklärt sowohl die aufgrund vestibulärer Stimulation vorhandene Verschiebung des egozentrischen Referenzrahmens bei Gesunden wie auch die Reduktion der kontraläsionalen Verschiebung bei Neglect-Patienten. Vallar et al. (993b) untersuchten die Effekte vestibulärer kalorischer Stimulation auf somatosensorischen Neglect und taktile Extinktion kontralateral zur hemisphärischen Läsion bei rechts- und linkshemisphärisch geschädigten Patienten. Nach der Stimulation zeigten rechtshemisphärisch geschädigte Patienten eine temporäre partielle Reduktion der linksseitigen Hemianästhesie und Extinktion. Rechtsseitige somatosensorische Defizite nach linkshemisphärischer Hirnschädigung wurden durch die vestibuläre Stimulation dagegen nicht beeinflußt. Die temporäre Erholung von den somatosensorischen Defiziten war unabhängig vom Vorhandensein eines visuellräumlichen Neglects. Die Autoren nahmen an, daß die somatosensorischen Defizite und die Extinktion nach rechtshemisphärischer Schädigung eine nicht-sensorische oder perzeptuelle Komponente aufweisen, die durch vestibuläre Stimulation positiv beeinflußbar ist. Als mögliche Mechanismen nahmen die Autoren eine Wiederherstellung der normalen Korrespondenz zwischen somatotopischer und egozentrischer Repräsentation des Körpers an. Karnath (994 b) ließ drei Neglect-Patienten mit einem Laser-Pointer die Position anzeigen, die ihrer Meinung nach exakt geradeaus von ihrem Körper lag. Sowohl bei Licht wie auch im Dunkeln verlagerten die Neglect-Patienten die subjektive sagittale Mittelebene ca. nach rechts von der objektiven Ausrichtung. Die horizontale Verschiebung nach rechts ließ sich durch eine kalorische vestibuläre Stimulation (Eiswasser im linken Ohr) temporär kompensieren. Ähnliche Effekte zeigten sich bei einer Nackenmuskelvibration links. Bei Kombination der kalorischen Stimulation und der Nackenmuskelvibration addierten sich die Effekte, wenn beides linksseitig 8

84 Theoretische Einführung durchgeführt wurde, bzw. neutralisierten sich, wenn die Eiswasser-Stimulation links und die Nackenvibration rechts stattfand. Die Ergebnisse unterstützen nach Ansicht des Autoren die Hypothese, daß afferente Informationen von verschiedenen Input-Kanälen simultan zur Ausarbeitung des egozentrischen Koordinatensystems genutzt werden, welches beim Neglect zur ipsiläsionalen Seite abweicht. Karnath et al. (996) untersuchten in einer weiteren Studie die Augenbewegungen von gesunden Kontrollpersonen und drei Patienten mit linksseitigem Neglect, während diese in kompletter Dunkelheit nach einem nicht existierenden Stimulus suchten. Bei den Neglect-Patienten zeigte sich ein Bias und eine Begrenzung der ocularen Raumexploration nahezu ausschließlich nach rechts von der mittelsagittalen Ebene. Die räumliche Verteilung der Augenbewegungen veränderte sich vorübergehend deutlich durch eine linksseitige kalorische Stimulation mit Eiswasser. Der Bereich der Exploration vergrößerte sich signifikant zur kontraläsionalen Seite und das Explorationsmaximum verschob sich in dieselbe Richtung. Bei gesunden Kontrollpersonen rief die die kalorische Stimulation ein neglectähnliches Muster hervor, d.h. einen Bias zu einer Seite von der mittelsagittalen Ebene im Raum. In Relation zur subjektiv wahrgenommenen mittelsagittalen Ebene waren die Augenbewegungen symmetrisch zu beiden Seiten vom subjektiven Geradeaus verteilt. Dies galt für Neglectpatienten wie auch für gesunde Kontrollpersonen. Die Autoren sahen die Ergebnisse als weitere Unterstützung der Hypothese an, daß der vestibuläre Input direkt zur Ausarbeitung der zentralen Repräsentation des egozentrischen Raumes beiträgt. Bottini et al. (994) führten eine PET-Studie mit dem Ziel durch, die zentralen vestibulären Projektionen beim Menschen zu identifizieren. Die Autoren führten eine kalorische Stimulation mit kaltem Wasser im linken und rechten äußeren Gehörgang durch. Sie fanden bei linksseitiger kalter Stimulation eine Aktivierung in der temporoparietalen Verbindung, der posterioren Insula, im Putamen, im anterioren cingulaten Cortex und im primären sensorischen Cortex der rechten Hemisphäre. Bei rechtsseitiger Stimulation mit kaltem Wasser zeigte sich eine Aktivierung der gleichen Strukturen in der linken Hemisphäre. Dies unterstützte die Annahme der Autoren, daß es sich dabei um die zentralen Projektionen des vestibulären Systems handelt. Neglect als Defizit der räumlichen Exploration entsteht nach Ansicht der Autoren aufgrund einer langanhaltenden Asymmetrie der Aktivierung der Netzwerke der rechten und linken Hemisphäre. Vestibuläre Stimulation führt zu einer Aktivierung verbleibender 8

85 Theoretische Einführung Strukturen des Netzwerkes der rechten Hemisphäre und so zu einer symmetrischen Aktivierung über beide Hemisphären. Dies ermöglicht den Patienten eine normale Aufmerksamkeitszuwendung zur Umgebung, solange der Effekt der vestibulären Stimulation anhält. In einer weiteren PET-Studie untersuchten Bottini et al. (99) die neurophysiologischen Effekte einer vestibulären Stimulation auf die Hemianästhesie bei einer Patientin mit rechtsseitiger Hirnschädigung. Die Autoren vermuteten, daß die Hemianästhesie sich bei kalorischer Stimulation des vestibulären Systems vorübergehend erholt. Tatsächlich konnte nach der vestibulären Stimulation eine Awareness für taktile Stimuli beobachtet werden, die 3 Minuten anhielt. Die Autoren konnten zeigen, daß Berührungssignale und vestibuläre Signale bei gesunden Personen Projektionen zum Putamen, der Insula, der somatosensorischen Area II, dem prämotorischen Cortex und dem supramarginalen Gyrus teilen. Bei der untersuchten Patientin war ein Teil dieses Regionen (rechtes Putamen und Insula) von der Läsion ausgespart und maximal aktiv, wenn Berührungs- und vestibuläre Stimulation kombiniert wurden. Die Autoren schlußfolgerten, daß Neglect mit einer asymmetrischen Aktivierung in den Hirnregionen verbunden ist, in welche das vestibuläre und das Berührungssystem gemeinsame afferente Projektionen teilen. Folglich kann eine gestörte Berührungswahrnehmung (Hemianästhesie) als ein Resultat einer gestörten Körperrepräsentation angesehen werden. Suzuki et al. () führten eine fmri-studie durch, in der sie kortikale und subkortikale Aktivierungen während einer kalorischen Stimulation untersuchten. Die Untersuchung identifizierte den insulären Gyrus, den intraparietalen Sulcus, den superioren temporalen Gyrus, den Hippocampus und den Thalamus als Regionen, die durch kalorische Stimulation aktiviert werden. Die Aktivierung im intraparietalen Sulcus mit rechtshemisphärischer Dominanz führen die Autoren darauf zurück, daß diese Region sowohl eine okulomotorische Projektion wie auch einen vestibulären Input erhält. Rode et al. () verglichen in einer Studie die Effekte von unilateraler und bilateraler vestibulärer kalorischer Stimulation bei Patienten mit rechtsseitiger Hirnschädigung. Sie fanden heraus, daß Neglect sich nach linksseitiger Stimulation verbesserte und nach rechtsseitiger Stimulation verschlechterte. Nach bilateraler vestibulärer Stimulation zeigte sich dagegen keine Modifikation des Neglects. 83

86 Theoretische Einführung Die Autoren führten den Effekt auf die spezifische Aktivierung subkortikaler und kortikaler Strukturen zurück, die vestibuläre Informationen integrieren. Linksseitige Stimulation hebt nach Ansicht der Autoren die Verschiebung der egozentrischen Koordinaten nach rechts auf, indem sie eine symmetrische Aktivierung in den neuronalen Mechanismen aufbaut, die die interne Repräsentation des egozentrischen und personalen Raumes unterstützen. Storie-Baker et al. (997) führten eine EEG-Studie durch, in der sie Veränderungen aufgrund linksseitiger kalorischer Stimulation mit Eiswasser bei Patienten mit rechtsseitiger Hirnschädigung untersuchten. Die Autoren konnten aufgrund der kalorischen Stimulation eine erhöhte kortikale Aktivierung in beiden Hemisphären feststellen. Diese zeigte sich in Form einer höheren Aktivität schneller Wellen und einer reduzierten Aktivität langsamer Wellen, wobei die Erhöhung der Aktivierung in der rechten Hemisphäre größer war. Dies unterstützt nach Ansicht der Autoren die attention-arousal-hypothese nach Heilman et al. (98), die besagt, daß eine Verringerung des rechtshemisphärischen Hypoarousal auch bei erhöhter linkshemisphärischer Aktivierung auftreten kann, wobei die Erhöhung in der rechten Hemisphäre größer als in der linken Hemisphäre sein muß. Insgesamt gibt es damit eine Reihe von Untersuchungen, die kurzfristige positive Effekte einer vestibulären kalorischen Stimulation auf die Neglectsymptomatik und damit assoziierte Störungen nachweisen konnten. Langfristige Effekte wurden bisher nicht nachgewiesen. Ein repetitiver Einsatz der kalorischen Stimulation im Rahmen der Neglectrehabilitation erscheint aufgrund der damit verbundenen Nebeneffekte wie Schwindel und Übelkeit eher nicht möglich Nackenmuskelvibration Biguer et al. (988) untersuchten in einer Studie die Effekte einer Nackenmuskelvibration auf die visuelle Wahrnehmung von Bewegung und Richtung bei gesunden Personen. Die Autoren führten eine Vibration des linken posterioren Nackenmuskels mit einer festen Frequenz von Hz bei unterschiedlicher Vibrationsamplitude durch und untersuchten die Effekte auf die Wahrnehmung eines kleinen, stationären, zentral auf der Mittellinie des Körpers dargebotenen Lichtpunktes in der Dunkelheit. 84

87 Theoretische Einführung Die Personen berichteten während der Vibration subjektiv von einer visuellen Illusion in Form einer kontralateralen Verschiebung des visuellen Reizes. Zeigebewegungen zu dem Lichtpunkt hin waren ebenfalls kontralateral verschoben, die Probanden zeigten zu der Position, an der sie den Zielreiz subjektiv wahrnahmen. - Sekunden nach Beginn der Vibration wurde keine Verschiebung mehr wahrgenommen, dann berichteten die Probanden jedoch eine Bewegung des Reizes in dieselbe Richtung, in der vorher eine Verschiebung wahrgenommen wurde. Die Größe der Verschiebung sowie der reinen Bewegungsillusion waren abhängig von der Amplitude der Vibration: je größer die Amplitude, desto größer z.b. die Verschiebung der Zeigebewegung. Es bestand kein Zusammenhang mit einer Augen- oder Kopfbewegung. Die Autoren erklärten die Effekte der Nackenvibration damit, daß die propriozeptiven Signale von den Nackenmuskeln an der Elaboration der Koordinaten des visuellen Raumes beteiligt sind. Der Input von den Nackenmuskelpropriozeptoren, insbesondere den Muskelspindeln, partizipiert an der Elaboration des körperzentrierten visuellen Raumes und beeinflußt die Verarbeitung von Richtung und Bewegung. Die Propriozeptoren tragen zur Ausarbeitung bei, indem sie Signale nutzen, um die Haltung des Kopfes in Relation zum Rumpf sowie die Geschwindigkeit der Bewegung relativ zum Rumpf zu berechnen. Eine Veränderung des propriozeptiven Inputs von den Nackenmuskeln verändert die körperzentrierte Repräsentation des visuellen Raumes. Eine Vibration der Nackenmuskeln führt zu einer Entladung der afferenten Muskelspindeln, welche das Nervensystem als eine Verlängerung der Nackenmuskeln interpretiert. Ein normaler Umstand, unter dem dies passiert, ist die Bewegung des Kopfes relativ zum Körper. Daher wird das vibrationsinduzierte Signal als eine Veränderung der Kopfposition oder Bewegungsgeschwindigkeit relativ zum Körper gedeutet. Da die Augen im Kopf aber stationär sind und das Signal ihrer Position die reale Situation reflektiert, resultiert das Signal der Kopfrotation in der Registration einer Blickwendung nach rechts. Zusammenfassend kann eine Vibration der Nackenmuskeln damit unabhängig voneinander die zentrale Repräsentation der momentanen Blickrichtung und das Signal der Geschwindigkeit, mit der diese Richtung sich ändert, beeinflussen. Karnath et al. (993) konnten bei 3 Patienten mit ausgeprägtem visuellen Neglect anhand einer Vibration im linken posterioren Nackenbereich ebenfalls eine Reduktion der Neglectsymptomatik in einer Aufgabe zur Detektion und Identifikation tachistoskopisch dargebotener Reize im kontraläsionalen linken Halbfeld aufzeigen. 8

88 Theoretische Einführung Eine unspezifische Stimulation der linken Seite in Form einer Vibration der linken Handmuskeln führte dagegen zu keinem Effekt. Damit konnten die Autoren zeigen, daß die durch Vibration erzeugte Entladung, die als Verlängerung der Nackenmuskeln gedeutet wird, zu einer Remission des visuellen Neglects führt. Als zugrundeliegenden Mechanismus nahmen die Autoren eine Verschiebung der subjektiven räumlichen Lokalisation der sagittalen Mittelebene in kontraläsionaler Richtung und eine korrespondierende Veränderung des egozentrischen Koordinatensystems, das für die visuomotorische Koordination und die Raumexploration notwendig ist, an. Eine Studie von Karnath (994 b), die kalorische Stimulation und Nackenmuskelvibration kombinierte, wurde bereits im Kapitel dargestellt. Karnath (99a) verglich in einer weiteren Studie an 4 Neglect-Patienten die Effekte von Vibration im linken Nackenbereich, TENS im linken Nackenbereich und einer Vibration der Handmuskeln der linken Hand. Karnath untersuchte die Leistungen in einer Durchstreich- und in einer Kopieraufgabe vor, während und nach der Stimulation. Als Ergebnis zeigte sich bei allen Patienten eine Verbesserung aufgrund der Nackenmuskelvibration, während TENS und die Vibration der linken Hand nur geringe oder gar keine Effekte hatten. Das Ergebnis bestätigte nach Ansicht von Karnath, daß der Effekt der Nackenmuskelvibration nicht als Arousal oder Aktivierung aufgrund unspezifischer sensorischer Stimulation der kontraläsionalen Seite gewertet werden kann. Vielmehr bestätigte es seiner Ansicht nach die Annahme, daß der Effekt der Nackenmuskelvibration durch die vorherrschende Aktivierung von Ia- Nervenfasern (Muskelspindeln) und ihr spezifisches Mitwirken bei der zentralen Repräsentation des egozentrischen Raumes induziert wird. Theoretisch erklärte Karnath die Auswirkungen der Nackenmuskelvibration anhand seines im Kapitel..3 erläuterten Ansatzes, wonach Neglect als eine Störung der Generierung eines körperzentrierten Koordinatensystems verstanden wird. Der kompensatorische Effekt der Nackenvibration ist damit auf den Einfluß dieser auf die zentrale Repräsentation des egozentrischen Raumes zurückzuführen. Karnath et al. (996) untersuchten den Einfluß von linksseitiger Nackenmuskelvibration (neben linksgerichteter kalorischer Stimulation, vgl. auch Kap ) auf die Augenbewegungen von gesunden Kontrollpersonen und von drei Neglectpatienten mit rechtshemisphärischer Schädigung, während diese in kompletter Dunkelheit nach einem nicht existierenden Stimulus suchten. Bei den Neglect-Patienten zeigte sich ein Bias nach rechts und eine Begrenzung der ocularen Raumexploration fast ausschließlich auf 86

89 Theoretische Einführung die rechte Seite von der mittelsagittalen Ebene. Diese räumliche Verteilung der Augenbewegungen veränderte sich vorübergehend deutlich durch eine linksseitige Nackenmuskelvibration. Der Bereich der Exploration vergrößerte sich signifikant zur kontraläsionalen Seite und das Explorationsmaximum verschob sich in dieselbe Richtung. Bei gesunden Kontrollpersonen rief die nackenpropriozeptive Stimulation ein neglectähnliches Muster hervor, d.h. einen Bias zu einer Seite von der mittelsagittalen Ebene im Raum. In Relation zur subjektiv wahrgenommenen mittelsagittalen Ebene waren die Augenbewegungen dabei symmetrisch zu beiden Seiten verteilt. Dies galt sowohl für Neglectpatienten wie auch für die gesunde Kontrollgruppe. Die Ergebnisse unterstützen nach Ansicht der Autoren die Hypothese, daß der nackenpropriozeptive Input direkt zur Ausarbeitung der zentralen Repräsentation des egozentrischen Raumes beiträgt. Schindler et al. () untersuchten im Rahmen einer Therapiestudie, ob es sich bei der Nackenmuskelvibration um eine effektive Technik zur Neglectrehabilitation handelt. Die Autoren führten eine Cross-over Studie durch, in der die Effekte eines visuellen Explorationstrainings alleine oder in Kombination mit einer Nackenmuskelvibration an zwei Gruppen von Patienten mit linksseitigem Neglect evaluiert wurden. Jede Gruppe erhielt Sitzungen Explorationstraining und Einheiten einer kombinierten Behandlung aus Explorationstraining und Nackenmuskelvibration. Um therapeutische Effekte von Spontanremission abzugrenzen, ging der Treatment-Phase eine Baseline- Periode von 3 Wochen voraus. Danach erhielt die Hälfte der Patienten Einheiten Explorationstraining und im Anschluß Einheiten kombiniert aus einem Explorationstraining und einer kontraläsionalen Nackenvibration. Die andere Gruppe erhielt die gleichen Behandlungen in umgekehrter Reihenfolge. Die Effekte der Behandlung wurden in Hinsicht auf verschiedene Aspekte der Neglectsymptomatik wie die verschlechterte Wahrnehmung der egozentrischen Mittellinie, Explorationsdefizite in der visuellen und taktilen Modalität und die beeinträchtigte visuelle Größendiskrimination eingeschätzt. Der Transfer auf Aktivitäten des alltäglichen Lebens wurde anhand einer Leseaufgabe und einem Fragebogen zu neglectbedingten alltäglichen Problemen eingeschätzt. Alle Variablen wurden 6 mal eingeschätzt: es fanden 3 baseline-messungen, zwei post-treatment-messungen und eine follow-up- Messung nach zwei Monaten statt. Als Ergebnis konnten die Autoren zeigen, daß die Kombinationsbehandlung dem Explorationstraining weit überlegen war. Es zeigte sich eine spezifische und anhaltende Reduktion der Neglectsymptome in der visuellen 87

90 Theoretische Einführung Modalität, ein Transfer auf die taktile Modalität sowie eine Verbesserung in Aktivitäten des alltäglichen Lebens. Die Verbesserung zeigte sich auch noch Monate nach Beendigung der Behandlung. Das Explorationstraining führte zu geringeren Verbesserungen in der visuellen Exploration ohne signifikanten Transfer auf andere Aufgaben. Die Autoren schlußfolgerten daher, daß die Nackenmuskelvibration einen entscheidenden Faktor in der Rehabilitation des räumlichen Neglects darstellt und eine langanhaltende Erholung induziert, wenn sie unterstützend zu einem konventionellen Explorationstraining angewandt wird. Die Autoren erklärten die Effekte damit, daß die Vibration des Nackens das egozentrische Referenzsystem für räumlich-motorische Transformationen manipuliert, indem sie das Kopf-auf-dem-Rumpf-Signal verändert. Bottini et al. () verglichen in einer PET-Studie an gesunden Personen die Effekte einer Nackenvibration des linken posterioren Nackenbereiches und einer vestibulären kalorischen Stimulation. Die Nackenvibration fand mit einer Frequenz von 8 Hz und einer Amplitude von,4 mm statt und wurde solange durchgeführt, bis sie eine Bewegungsillusion eines zentral präsentierten Lichtreizes hervorrief. Die Autoren konnten zeigen, daß die somatosensorische Area des perisylvanischen Cortex einschließlich Insula und retroinsularem Cortex, die temporoparietale Verbindung und die somatosensorische Area II sowohl bei Nackenvibration wie auch bei vestibulärer Stimulation Aktivität aufwiesen, wobei die kalorische Stimulation eine größere Aktivierung in einigen Regionen hervorrief. Die Autoren schlugen daher vor, daß diese anatomischen Regionen anhand einer Integration durch Konvergenz verschiedener afferenter Inputs zur egozentrischen Repräsentation des Raumes beitragen. Zusammengefaßt gibt es damit zahlreiche Studien, die einen positiven, kurzfristigen Effekt der Nackenvibration auf die Neglectsymptomatik aufzeigen konnten. In einer Therapiestudie konnten Schindler et al. () außerdem zeigen, daß es sich bei einer Nackenvibration, die zusätzlich zu einem herkömmlichen Explorationstraining stattfindet, um einen effektiven Behandlungsansatz mit langfristigen Effekten handelt Rumpfdrehung Karnath et al. (99) führten eine Studie durch, in der sie untersuchten, welches egozentrische Koordinatensystem die Grenze zwischen der gestörten kontralateralen und der normalen ipsilateralen Seite bei Neglect-Patienten determiniert. Basierend auf der Beobachtung, daß bei Patienten mit linksseitigem Neglect Reaktionszeiten für 88

91 Theoretische Einführung Sakkaden zu Reizen, die in dem linken visuellen Feld präsentiert wurden, signifikant länger waren, wurden Reize randomisiert im linken und rechten Gesichtsfeld dargeboten und die sakkadischen Reaktionszeiten verglichen. Beginnend mit der Standard-Körperposition, bei der die Mittellinie des Kopfes, Rumpfes und des Gesichtsfeldes parallel und gerade zur Mitte des Projektionsfeldes ausgerichtet waren, wurde die räumliche Beziehung zwischen der Orientierung des Kopfes, der Rumpfmittellinie und der Lokalisation des Zielreizes systematisch variiert, während die retinale Projektion des Reizes konstant gehalten wurde. Das Defizit in den sakkadischen Reaktionszeiten zum linken Gesichtfeld konnte durch eine Rumpfdrehung nach links kompensiert werden, bei der sowohl Reize im linken Gesichtsfeld wie auch Reize im rechten Gesichtsfeld zur rechten, ipsilateralen Seite des Rumpfraumes projiziert wurden. Diese Ergebnisse zeigten, daß die räumliche Orientierung der Rumpfmittellinie unsere normale Raumwahrnehmung in einen egozentrischen linken und egozentrischen rechten Sektor teilt und daß dies der entscheidende Faktor ist, der die vernachlässigte kontralaterale Raumhälfte bei Neglect-Patienten determiniert. Die Rumpfmittellinie konstituiert nach Karnath et al. (99) den physikalischen Anker für die Kalkulation des internen egozentrischen Koordinatenrahmens, der die Repräsentation der Körperposition in Bezug auf externale Objekte determiniert. Die Autoren nahmen an, daß die Verlängerung der linken posterioren Nackenmuskeln durch die Rumpfdrehung zusammen mit dem Signal der Position des Auges im Kopf zu einer kompensatorischen Verschiebung der displazierten egozentrischen Koordinaten der internen Präsentation der Körperposition führte. Eine Interaktion der Kopf-auf-Rumpf und Auge-im-Kopf- Signale mußte angenommen werden, da die Nackenmuskeln auch bei einer Drehung des Kopfes verlängert werden, aber nur bei einer Rumpfdrehung der kompensatorische Effekt beobachtet werden konnte. Diese beiden Konditionen unterscheiden sich bzgl. der Induktion verschiedener Auge-im-Kopf-Signale. Karnath et al. (993) untersuchten in einer weiteren Studie die Effekte einer Rumpfdrehung um auf die Detektion und Identifikation von tachistoskopisch dargebotenen Reizen, die im kontraläsionalen linken Halbfeld bei aufrechter Position des Rumpfes mit Kopf- und Blickrichtung geradeaus, in die Mitte der Projektionsfläche, vernachlässigt wurden. Sie fanden eine signifikante Reduktion der Neglectsymptomatik durch die Rumpfdrehung um nach links. Einen unspezifischen Effekt konnten die Autoren ausschließen, da ein durch das Drehen des Kopfes um nach links induziertes propriozeptives Signal keinen kompensatorischen Effekt hatte. Wie die 89

92 Theoretische Einführung Effekte der Nackenvibration, die die Autoren in dieser Studie ebenfalls nachweisen konnten (vgl. Kapitel.3.6.4), führen die Autoren die Reduktion des Neglects durch die Rumpfdrehung auf eine Verschiebung der subjektiven räumlichen Lokalisation der sagittalen Mittelebene in kontraläsionaler Richtung und eine korrespondierende Veränderung des egozentrischen Koordinatensystems zurück. Schindler und Kerkhoff (997) untersuchten Patienten mit linksseitigem visuellen Neglect nach rechtshemisphärischer Schädigung mit einer Linienhalbierungs- und einer Leseaufgabe unter verschiedenen Bedingungen: Kopf und Rumpf nach geradeaus gerichtet, Kopf oder Rumpf um nach links gedreht und Kopf oder Rumpf um nach rechts gedreht. Der Blick war dabei jeweils nach geradeaus gerichtet. Patienten mit rechtshemisphärischer Läsion ohne Neglect und Normalpersonen dienten als Kontrollgruppen. Als Ergebnis zeigte sich bei allen Neglectpatienten im Gegensatz zu der oben beschriebenen Studie von Karnath et al. (993) sowohl aufgrund einer linksseitigen Rumpf- wie auch einer Kopfdrehung eine signifikante Reduktion der Linienhalbierungs- und Lesefehler im Vergleich zu den anderen 3 Bedingungen und den Kontrollpersonen. Die Autoren interpretierten die Modulation des Neglects durch die Kopf- oder Rumpfrotation als Bestätigung der Hypothese, daß eine gestörtes egozentrisches Koordinatensystem zum Neglect führt. Neglect wird damit moduliert durch Kopf- und Rumpforientierung im Raum. Dies steht in Einklang mit einer polysensorischen Raumkodierung in kopf- und rumpfzentrierten Koordinatenrahmen im parietalen und parieto-occipitalen Cortex des Affen. Die Ergebnisse zeigen nach Ansicht der Autoren, daß bei Neglect-Patienten die Grenze zwischen intaktem und zerstörtem Halbraum nicht nur durch die internale Repräsentation der Körpermittellinie, sondern auch durch die Mittellinienebene des Kopfes determiniert wird. Wiart et al. (997) untersuchten, inwiefern eine Kombination aus einem herkömmlichen Explorationstraining und einer Rumpfdrehung während der Durchführung des Trainings einen effektiven Rehabilitationsansatz darstellt. Die Autoren untersuchten Patienten, bei denen das Krankheitsereignis vor weniger als drei Monaten stattgefunden hatte sowie Patienten mit chronischem Neglect (Zeit seit Läsion > 6 Monate). Die Patienten wurden randomisiert der Experimental- und der Kontrollgruppe zugeordnet. Die Experimentalgruppe ( Patienten) erhielt einen Monat lang jeden Tag Stunde lang ein Explorationstraining mit zusätzlicher Rumpfdrehung, während die Kontrollgruppe ( Patienten) an einem herkömmlichen neurorehabilitativen Programm teilnahm (Ergotherapie etc.), so daß die Therapiedauer gleich war. Eine Einschätzung der 9

93 Theoretische Einführung Leistungen erfolgte am Tag, Tag 3 (Posttherapie) und am Tag 6 (Follow-Up) anhand von herkömmlichen Neglecttests und anhand des FIM (Functional Independence Measure), um Auswirkungen auf den ADL-Bereich zu erfassen. Als Ergebnis fanden die Autoren, daß die Neglecttests wie auch der FIM-Wert sich signifikant mehr in der Experimental- als in der Kontrollgruppe verbesserten. Auch einen Monat nach Beendigung der Therapie zeigte sich eine gleichbleibende Leistung. Die Autoren konnten die positiven Effekte auch bei chronischen Neglect-Patienten erzielen. Als mögliche Erklärung gaben die Autoren einen synergistischen Effekt zwischen axialer Rotation, die eine spezifische motorische, vestibuläre und cerebelläre Aktivierung hervorruft, und klassischer explorativer Reorientierung an, welche das kognitive und visuelle System aktiviert. Spinelli und Di Russo (996) führten eine Untersuchung durch, in der sie visuelle steady-state-potentiale bei 4 Neglectpatienten aufnahmen, während sie entweder das linke oder rechte Halbfeld stimulierten. In der Standardbedingung, mit Kopf und Körper geradeaus zum Stimulus gerichtet, waren die VEPs des linken Halbfeldes verzögert. Wenn der Körper jedoch nach links gedreht wurde, waren die Latenzen der beiden Halbfelder vergleichbar. Keine Effekte einer Rumpfrotation zeigten sich bei Patienten mit linksseitiger Hirnschädigung ohne Neglect. Die Autoren interpretierten die Ergebnisse dahingehend, daß sensorische Afferenzen von den Nackenmuskeln die veränderte occipitale Aktivität bei Neglect-Patienten ausgleichen. Insgesamt konnten damit in mehreren Studien positive Effekte einer Rumpfdrehung auf die Neglectsymptomatik aufgezeigt werden. Im Rahmen einer Therapiestudie konnten auch langfristige Effekte einer kombinierten Behandlung aus Explorationstraining und Rumpfdrehung nachgewiesen werden, die einem herkömmlichen neurorehabilitativen Programm überlegen waren Repetitive periphere magnetische Stimulation (RPMS) Einen neuen, physiologisch orientierten Ansatz zur Neglectbehandlung stellt Kerkhoff (,, 3) mit der somatosensorischen magnetischen Stimulation der kontraläsionalen Hand vor. Diese Idee basiert auf der Beobachtung, daß etwa 9% der Neglect-Patienten auf der linken Körperseite hemiparetisch oder hemiplegisch sind und daraus eine Deprivation von somatosensorischem Input (wie z.b. Berührungen, 9

94 Theoretische Einführung Objektoberflächen etc.) resultiert, die Monate oder gar Jahre nach der Läsion andauert. Daraus resultiert bei Patienten mit taktiler Extinktion bezogen auf die Hand, die die Extinktion betrifft, eine verringerte Aktivität im ipsiläsionalen sekundären somatosensorischen Cortex. Periphere repetitive magnetische Stimulation stellt eine starke und schmerzfreie somatosensorische Stimulation der dorsalen Handoberfläche dar. Sie führt zu einer starken Aktivierung der primären und sekundären somatosensorischen Cortices. Kerkhoff () testete in einer ersten Studie an 4 Patienten mit linksseitiger taktiler Extinktion, ob eine einmal durchgeführte RPMS (mit 4 einzelnen Magnetimpulsen innerhalb von Minuten) zu einer signifikanten Verbesserung der taktilen Extinktion führte. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, die keine magnetische Stimulation erhielt, zeigte sich in der Experimentalgruppe nach einer Sitzung RPMS ein Zuwachs der Identifikationsrate von bilateralen taktilen Stimuli um 8%. Da die Testung 3 Minuten nach Beendigung der RPMS stattfand, handelte es sich dabei nicht um einen kurzfristigen Effekt, sondern um einen die Stimulation überdauernden Effekt. Kerkhoff nimmt aufgrund des Ergebnisses dieser Pilotstudie an, daß mehrfache RPMS-Sitzungen zu einem größeren und permanenteren Effekt führen könnten Eigene Vorarbeiten Schröder et al. (998) untersuchten im Rahmen einer Therapiestudie die Effekte eines kompensatorischen Trainings mit gleichzeitiger sensibler Anbahnung auf die Rückbildung von zerebralen Sehstörungen. Die Behandlungsgruppe setzte sich aus Neglect-Patienten und Hemianopikern zusammen. Die Patienten erhielten halbstündige Sakkaden- und Blickbewegungstrainings am Computer, zusätzlich fand in Sitzungen eine Stimulation in Form eines zusätzlichen taktilen, propriozeptiven oder vestibulären afferenten Inputs (z.b. Rumpfdrehung, TENS) kontralateral zur Läsion statt. Die Patienten erhielten im Rahmen eines Baseline-Designs (A-B-A) zunächst drei Trainingseinheiten ohne Stimulation (Baseline), dann Trainingseinheiten mit Stimulation (Treatment) und im Anschluß drei weitere Trainingseinheiten ohne Stimulation (Baseline). Jeder Patient erhielt die Form der Stimulation, auf die er am stärksten ansprach. Als Ergebnis zeigte sich eine signifikante Reduktion des Wahrnehmungsdefizits durch das Treatment. Die Autoren konnten damit einen Effekt 9

95 Theoretische Einführung auf die Rückbildung dokumentieren, wenn neben dem kompensatorischen Training zusätzliche afferente Stimuli auf der kontraläsionalen Seite appliziert wurden..3.7 Kritik an den bisherigen Studien Insgesamt konnten bereits zahlreiche Studien positive, häufig jedoch nur temporäre Effekte verschiedener Formen von kontraläsionaler Stimulation nachweisen. In einigen Bereichen konnte auch bereits der Nutzen einer repetitiven sensorischen Stimulation als effektive Rehabilitationsmethode nachgewiesen werden (Nackenvibration, Rumpfdrehung, OKS). Dennoch besteht in diesem Bereich weiterer Forschungsbedarf. Daß Neglect-Patienten trotz verbesserter Therapiemethoden gegen Ende eines Rehabilitationsaufenthalts noch erheblich beeinträchtigt sind, zeigt, daß die Bemühungen um effektive Therapiemethoden nur teilweise effektiv sind. Daher ist die weitere wissenschaftliche Entwicklung von effektiven Behandlungsmethoden in diesem Gebiet dringend erforderlich (Kerkhoff,, 3), um ein maximales Ergebnis für die Patienten zu erzielen. Die bisher gefundenen Effekte sensorischer Stimulation auf die Neglectsymptomatik können in der Zukunft helfen, solche effektiven, systematischen Rehabilitationstechniken zu entwickeln. Eine effektive Kombination verschiedener Therapien ist auch daher dringend notwendig, da die für eine stationäre oder ambulante Behandlung verfügbare Zeit begrenzt ist (häufig weniger als 6 Wochen). Da 6 Wochen Behandlung mit einer einzelnen Therapieform in der Regel nicht ausreichend sind, um Patienten mit schwerem Neglect vollständig zu rehabilitieren, könnten Kombinationen von physiologischen und/ oder behavioralen Ansätzen möglicherweise zu einem besseren Ergebnis führen (Kerkhoff, 3). Kerkhoff formuliert damit für zukünftige Studien die offene Frage, wie verschiedene Behandlungsansätze effektiv kombiniert werden können. Eine systematische Therapie mittels oben beschriebener Stimulationsarten wurde zwar bereits mehrfach in Einzelfällen mit Erfolg unternommen, bislang aber nur vereinzelt an einer größeren Anzahl an Patienten erprobt (vgl. auch Karnath, ). Weiter untersucht werden sollte, ob die Kombination solcher Stimulationsformen mit einem konventionellen Explorationstraining zu einer Steigerung des Therapierefolges beitragen kann (Karnath, 994 a; Karnath, 997 b; Karnath und Hartje, 997). Bisher existieren lediglich zwei Studien, die sich einer kombinierten Behandlung aus 93

96 Theoretische Einführung Explorationstraining und Nackenvibration (Schindler et al., ) bzw. Rumpfdrehung (Wiart et al., 997) widmen. Daneben haben bisher kaum vergleichende Studien stattgefunden haben, die zwei oder mehr Therapieformen miteinander vergleichen (vgl. auch Pierce und Buxbaum, ). Dies fand bisher lediglich für kalorische Stimulation und Vibration (Karnath, 994 b; Bottini et al., ) sowie für TENS und Vibration (Karnath, 99 a) statt. Welche Verfahren sich besonders für eine Kombination anbieten und welche dafür ungeeignet sind, ist bislang also nicht systematisch erprobt worden. Dies ist eine dringende Aufgabe zukünftiger Therapieforschung (Kerkhoff, 4). Zusammenfassend besteht im Bereich der Neglectrehabilitation noch ein hoher Forschungsbedarf, um effektivere Behandlungsmethoden, möglicherweise in Form von Kombinationstherapien, als die bisher verwendeten Therapieformen zu entwickeln..4 Herleitung der eigenen Fragestellungen Für die vorliegende Studie wurden aus den bisher dargestellten Behandlungsmethoden des visuellen Neglects folgende selektiert: Explorationstraining, TENS-Stimulation im linken posterioren Nackenbereich (in Kombination mit einem Explorationstraining) und optokinetische Stimulation (in Kombination mit einem Explorationstraining). Folgende Fragestellungen wurden basierend auf den theoretischen Vorüberlegungen formuliert:. Verbesserungseffekte der verschiedenen Therapieformen Aus den im Theorieteil dargestellten Studien zu den hier verwendeten Therapieformen ergeben sich Hinweise darauf, daß jede der hier verwendeten Therapieformen (Explorationstraining, TENS-Stimulation, optokinetische Stimulation) sich positiv auf die visuelle Neglectsymptomatik auswirkt. Ausgehend von den Therapieerfolgen, die verschiedene Autoren anhand eines visuellen Explorationstrainings bei Neglect-Patienten nachweisen konnten (vgl. auch Kap..3.) ist zu vermuten, daß sich dieser Erfolg auch in der vorliegenden Studie replizieren läßt. Weiter gibt es zahlreiche Studien, die Effekte von TENS im linken posterioren Nackenbereich bzw. einer linksgerichteten OKS auf die Neglectsymptomatik nachweisen konnten (vgl. Kap..3.6.;.3.6.). Ein Großteil der bisherigen Studien beschäftigte sich vor allem mit temporären Effekten nach einmaliger Stimulation, für 94

97 Theoretische Einführung die optokinetische Stimulation existiert aber bereits eine Pilotstudie, die zeigen konnte, daß OKS sich bei repetitivem Einsatz auch als Therapieverfahren eignet (Kerkhoff et al., ). Daher ergibt sich die Fragestellung, ob sich bei Neglect-Patienten eine Verbesserung der visuellen Neglectsymptomatik aufgrund der hier verwendeten Therapieformen (Explorationstraining, Explorationstraining + TENS-Stimulation, Explorationstraining + OKS) finden läßt.. Zusätzliche Effekte einer kontraläsionalen Stimulation Aus den theoretischen Vorüberlegungen ergibt sich der Grundgedanke einer kombinierten Behandlung des visuellen Neglects mit einem herkömmlichen Explorationstraining, das in vielen Kliniken als Standardtherapieverfahren eingesetzt wird, und einer zusätzlichen kontraläsionalen Stimulation (TENS, OKS). Die Kombination solcher Stimulationsformen mit einem konventionellen Explorationstraining kann möglicherweise zu einer Steigerung des Therapieerfolges beitragen. Eine kombinierte Therapie aus einem herkömmlichen Explorationstraining und kontraläsionaler Stimulation wurde bisher nur für die Nackenvibration (Schindler et al., ) und die Rumpfdrehung (Wiart et al., 997) systematisch untersucht und erwies sich hier als effizienter Behandlungsansatz. Daher ergibt sich die Fragestellung, ob eine kontraläsionale Stimulation (TENS/ OKS) einen zusätzlichen Effekt im Sinne einer weiteren Steigerung des Therapieerfolges im Vergleich zum reinen Explorationstraining herbeiführen kann. 3. Unterschiedliche Effekte verschiedener Stimulationsformen Bisher haben nur wenige vergleichende Studien stattgefunden, die zwei Therapieformen miteinander vergleichen. Für die hier verwendeten Stimulationsformen existieren keine vergleichenden Studien. Hier gibt es nur separate Studien, die die Effizienz beider Stimulationsformen unabhängig voneinander aufzeigen konnten, wobei die TENS- Stimulation kontrovers diskutiert wird und bisher nicht als Therapieverfahren verwendet wurde (vgl. Kap..3.6.) und für die optokinetische Stimulation zumindest als Therapieverfahren bisher nur eine Pilotstudie existiert (vgl. Kap..3.6.). Eine 9

98 Theoretische Einführung Vergleichbarkeit der Therapieformen ist damit nicht gegeben. Gerade dies scheint aber relevant bei der Auswahl geeigneter Therapieformen für den visuellen Neglect. Daher ergibt sich die Fragestellung, ob die hier verwendeten Stimulationsformen unterschiedliche Effekte aufzeigen. 4. Transfer der Therapieeffekte auf alltagsrelevante Leistungen Ziel einer Therapie ist es, für den Patienten das Ausmaß der Lebensqualität zu steigern und eine größtmögliche Selbständigkeit im Alltag wieder zu erlangen. Der Erfolg einer Rehabilitationsmaßnahme wird damit maßgeblich davon bestimmt, inwieweit sich trainingsbedingte Verbesserungen auch positiv auf Schwierigkeiten im Alltag auswirken. Eine Therapiemaßnahme kann daher nur als effizient bezeichnet werden, wenn sie auch Probleme im Alltag reduzieren kann. Zwei dieser Alltagsprobleme bei Neglect-Patienten sind das Lesen (Neglectdyslexie: Auslassungen/ Ersetzen von Anfangsbuchstaben und -silben bzw. von Wörtern auf der linken Seite) und das Schreiben (Beschreiben einer Vorlage am rechten Seitenrand). Daraus ergibt sich die Fragestellung, ob bei den Patienten eine trainingsinduzierte Verbesserung dieser alltagsrelevanten Leistungen vorzufinden ist.. Zusätzliche Effekte der kontraläsionalen Stimulation auf alltagsrelevante Leistungen Sind zusätzliche Effekte eine afferenten Anbahnung vorhanden und findet ein Transfer der Therapieeffekte auf alltagsrelevante Leistungen statt, ist zu vermuten, daß sich auch in diesem Bereich ein zusätzlicher Effekt der Stimulation zeigt. Daraus ergibt sich die Fragestellung, ob sich ein zusätzlicher Verbesserungseffekt im Bereich alltagsrelevanter Leistungen aufgrund der kontraläsionalen Stimulation (OKS, TENS) zeigt. 6. Unterschiedliche Effekte verschiedener Stimulationsformen auf alltagsrelevante Leistungen Sind unterschiedliche Effekte der beiden Stimulationsformen vorhanden und findet ein Transfer der Therapieeffekte auf alltagsrelevante Leistungen statt, ist zu vermuten, daß 96

99 Theoretische Einführung sich die beiden unterschiedlichen Stimulationsforman auch im Bereich alltagsrelevanter Leistungen verschieden auswirken. Daraus ergibt sich die Fragestellung, ob sich unterschiedliche Effekte der beiden Stimulationsformen (TENS, OKS) im Bereich alltagsrelevanter Leistungen zeigen.. Ableitung der Hypothesen Insgesamt dient die Untersuchung damit der Überprüfung von 6 Hypothesen:. Hypothese: Es zeigen sich Verbesserungseffekte der verschiedenen Therapieformen (Explorationstraining, Explorationstraining + TENS, Explorationstraining + OKS).. Hypothese: Es zeigen sich zusätzliche Verbesserungseffekte der kontraläsionalen Stimulation (TENS, OKS). 3. Hypothese: Es zeigen sich unterschiedliche Effekte verschiedener Stimulationsformen (TENS, OKS). 4. Hypothese: Es zeigt sich ein Transfer der Verbesserungseffekte der verschiedenen Therapieformen (Explorationstraining, Explorationstraining + TENS, Explorationstraining + OKS) auf alltagsrelevante Leistungen.. Hypothese: Es zeigen sich zusätzliche Verbesserungseffekte der kontraläsionalen Stimulation (TENS, OKS) auf alltagsrelevante Leistungen. 6. Hypothese: Es zeigen sich unterschiedliche Effekte verschiedener Stimulationsformen (TENS, OKS) auf alltagsrelevante Leistungen. 97

100 Methoden 3 Methoden 3. Stichprobe An der Untersuchung nahmen insgesamt 3 Patienten (8 Männer und Frauen) teil. Die Patientenstichprobe setzte sich ausschließlich aus Patienten der neurologischen Abteilung der St. Mauritius Therapieklinik Meerbusch zusammen. Die Probanden waren zwischen 3 und 83 Jahren alt, das durchschnittliche Alter betrug 6,43 Jahre. In die Studie wurden ausschließlich rechtshändige Patienten mit unilateraler rechtshemisphärischer Schädigung und einem linksseitigen, mindestens mittelschwer ausgeprägten visuellen Neglect integriert. Es wurden nur Patienten mit einmaligen fokalen Läsionen in die Studie aufgenommen. Die Läsionen mußten radiologischdiagnostisch durch eine Computer- oder Kernspintomographie abgesichert sein. Die individuellen Läsionen wurden durch Auswertungen der CT-Bilder durch Neurologen verifiziert. Die Zeit seit Läsion durfte höchstens 3 Monate (9 Tage) betragen, um sicherzustellen, daß die Zeit seit Läsion nicht zu stark zwischen den Patienten variierte und keine Vermischung von Patienten mit akutem und chronischem Neglect stattfand. Die Patienten wurden drei verschiedenen Gruppen zugeordnet: Gruppe erhielt ein Explorationstraining (Kontrollgruppe), Gruppe erhielt ein Explorationstraining kombiniert mit einer TENS-Stimulation (TENS-Gruppe) und Gruppe 3 erhielt ein Explorationstraining kombiniert mit einer OKS-Stimulation (OKS-Gruppe). Die Zuteilung zu den Gruppen erfolgte randomisiert. Die Kontrollgruppe bestand aus 7 Männern und 3 Frauen. Die Patienten waren zwischen 9 und 8 Jahren alt, das durchschnittliche Alter lag bei 68,4 Jahren. Die Zeit seit Läsion lag zwischen und 6 Tagen (Mittelwert: 37,8 Tage). Die TENS-Gruppe bestand aus Männern und Frauen. Die Patienten waren zwischen 3 und 79 Jahren alt, das durchschnittliche Alter betrug 6,6 Jahre. Die Zeit seit Läsion lag zwischen 3 und Tagen, die durchschnittliche Zeit seit Läsion betrug 3,6 Tage. Die OKS-Gruppe bestand aus 6 Männern und 4 Frauen. Die Patienten waren zwischen und 83 Jahren alt (Mittelwert: 67,3 Jahre). Die Zeit seit Läsion lag zwischen und 7 Tagen (Mittelwert: 36, Tage). Im folgenden wird eine Übersicht über soziodemographische und klinische Daten der einzelnen Patienten getrennt für die drei Gruppen gegeben. 98

101 Methoden VP-Nr. Geschlecht Alter Ätiologie Lokalisation ZsL (Tage) m 8 MCA par-temp 77 w 68 MCA par 3 m 7 MCA par 4 m 9 MCA par-temp 6 m 6 MCA par-temp 68 6 m 7 MCA par-temp 4 7 w 6 ICB BG 4 8 m 6 M-PCA temp-occ 8 9 m 76 ICB BG 3 w 63 MCA par-temp 48 MW 68,4 43,8 Tab. : Übersicht über soziodemographische und klinische Daten der Patienten der Kontrollgruppe (Abkürzungen: ZsL = Zeit seit Läsion (bei Beginn der Therapie), m = männlich, w = weiblich, MW = Mittelwert, ICB = Intracerebrale Blutung, MCA = Mediainfarkt (middle cerebral artery infarction), M-PCA = Media-/Posteriorinfarkt (middle-posteriorcerebral artery infarction), BG = Basalganglien, occ/ par/ temp = occipital/ parietal/ temporal) 99

102 Methoden VP-Nr. Geschlecht Alter Ätiologie Lokalisation ZsL (Tage) m 7 MCA par-temp 7 m 48 MCA par-temp 3 m 6 ICB par-occ 36 4 w 67 M-PCA par-occ 9 w 79 MCA par 39 6 m 74 MCA par-temp 3 7 w 9 ICB temp BG 6 8 w 9 ICB temp BG 9 w 4 M-PCA par-temp 4 m 3 MCA par-temp 3 MW 6,4 4,6 Tab. : Übersicht über soziodemographische und klinische Daten der Patienten der TENS-Gruppe (Abkürzungen: ZsL = Zeit seit Läsion (bei Beginn der Therapie), m = männlich, w = weiblich, MW = Mittelwert, ICB = Intracerebrale Blutung, MCA = Mediainfarkt (middle cerebral artery infarction), M-PCA = Media-/Posteriorinfarkt (middle-posteriorcerebral artery infarction), BG = Basalganglien, occ/ par/ temp = occipital/ parietal/ temporal)

103 Methoden VP-Nr. Geschlecht Alter Ätiologie Lokalisation ZsL (Tage) m ICB temp 7 m 68 MCA par-temp 39 3 w 77 ICB par-occ 6 4 m 83 MCA par-temp 84 w 67 ICB BG 6 m 9 MCA BG 7 w 9 MCA par-temp 8 m 7 MCA par 39 9 w 6 MCA par-temp 38 3 m 74 M-PCA temp-occ 3 MW 67,4 33,8 Tab. 3: Übersicht über soziodemographische und klinische Daten der Patienten der OKS-Gruppe (Abkürzungen: ZsL = Zeit seit Läsion (bei Beginn der Therapie), m = männlich, w = weiblich, MW = Mittelwert, ICB = Intracerebrale Blutung, MCA = Mediainfarkt (middle cerebral artery infarction), M-PCA = Media-/Posteriorinfarkt (middle-posteriorcerebral artery infarction), BG = Basalganglien, occ/ par/ temp = occipital/ parietal/ temporal) 3. Versuchsdurchführung 3.. Diagnostik 3... Diagnostik des visuellen Neglects Eine Untersuchung des visuellen Neglects fand anhand der Untertests Linien durchstreichen, Sterne durchstreichen, Linien halbieren, Abzeichnen und freies Zeichnen aus dem NET (Neglect-Test nach Fels und Geissner, 996), dem Untertest Neglect aus der Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung nach Zimmermann und Fimm (99), dem Lesetext A des ELEX-Handbuches (Zihl und Kerkhoff, 987) sowie dem Schreiben eines Satzes nach Diktat statt.

104 Methoden Eine Gesichtfelduntersuchung zur Differenzierung zwischen Patienten, die nur einen visuellen Neglect aufweisen, und Patienten, die zusätzlich zum Neglect eine Hemianopsie aufweisen, erfolgte nicht (zur näheren Begründung s. Kap..3.3) Ablauf der diagnostischen Untersuchung Die Durchführung der oben aufgeführten Testverfahren erfolgte in folgender Reihenfolge: Linien durchstreichen, Sterne durchstreichen, Linien halbieren, Abzeichnen, Freies Zeichnen, ELEX-Text A, Schreiben, TAP-Neglect. Bei der Durchführung der Untertests aus dem NET wurden die Testmaterialien mittig vor dem Patienten plaziert. Beim Linien durchstreichen, Sterne durchstreichen und Linien halbieren lag die DIN Seite im Querformat vor dem Patienten, beim Abzeichnen und beim freien Zeichnen dagegen im Hochformat. Zur Bearbeitung wurde die dominante rechte Hand benutzt. Der Untersucher saß dem Patienten gegenüber. Zusätzlich zu der Instruktion, die in den folgenden Kapiteln bei der Aufgabenbeschreibung dargestellt wird, wurde der Patient aufgefordert, die Beendigung einer Aufgabe durch Niederlegen des Bleistifts zu signalisieren. Der Lesetext wurde ebenfalls zentral vor dem Patienten plaziert. Beim Schreiben wurde eine DIN Blatt im Querformat mittig vor den Patienten gelegt. Bei der Durchführung der TAP-Diagnostik wurde ein Computer mit einem 4 Zoll Monitor benutzt. Die Patienten saßen in einem Abstand von cm in zentraler Position vor dem Bildschirm. Die Reaktionstaste lag so vor den Patienten auf dem Tisch, daß sie gut erreichbar war. Die Patienten wurden darauf hingewiesen, daß sie die Taste auf einem gekennzeichneten roten Punkt im vorderen Bereich drücken sollten und die Finger zur schnellen Reaktion bereits über der Taste halten sollten. Einem permanenten Drücken der Taste wurde vorgebeugt, indem ein längeres Drücken die Meldung Bitte Finger von der Taste auf dem Bildschirm auslöste. Zur Reaktion wurde die dominante Hand benutzt. Der Untersucher saß dabei rechts neben dem Patienten. Insgesamt wurde zu vier Testzeitpunkten (t bis t4, siehe Kap. 3.4) mit den Aufgaben Diagnostik betrieben. Die Messungen zu t, t und t3 erfolgten in einem Abstand von - Tagen zwischen den einzelnen Testzeitpunkten, während zwischen der Messung zu t3 und t4 7-8 Tage lagen. Die einzelnen Testsitzungen dauerten jeweils 3-4 Minuten.

105 Methoden Darstellung der verwendeten Diagnostikaufgaben Linien durchstreichen Beim Linien durchstreichen (NET) wurde den Patienten eine Seite mit 4 Linien à mm dargeboten. Die Linien waren gleichmäßig in 7 Spalten angeordnet (siehe Anhang A). Aufgabe der Patienten war es, alle Linien, die sie sahen, durchzustreichen. Folgende Instruktion wurde den Patienten gegeben: Auf dieser Seite sehen Sie eine Menge Linien. Mit diesem Stift sollen sie alle Linien durchstreichen, die Sie auf dieser Seite sehen. Als Ergebnis erhält man die Anzahl ausgelassener Linien Sterne durchstreichen Bei dieser Aufgabe aus dem NET wurde den Patienten ein Blatt vorgelegt, auf dem große Sterne, 6 kleine Sterne, 3 Buchstaben und Wörter verstreut abgebildet sind (siehe Anhang ). Der Patient bekam dabei die Aufgabe, alle kleinen Sterne durchzustreichen. Den Patienten wurde folgende Instruktion gegeben: Auf dieser Seite sehen Sie große und kleine Sterne. Jedesmal, wenn Sie einen kleinen Stern sehen, streichen Sie ihn aus. Es dürfen nur die kleinen Sterne durchgestrichen werden. Große Sterne, Buchstaben und Wörter dürfen nicht durchgestrichen werden. Als Ergebnis erhält man die Anzahl ausgelassener kleiner Sterne Linien halbieren Auf diesem Aufgabenblatt aus dem NET sind drei horizontale Linien von jeweils, cm Länge treppenförmig über die gesamte Seite verteilt (siehe Anhang A3). Die Patienten wurden aufgefordert, getrennt für jede Linie jeweils die Mitte zu bestimmen und diese mit einem Strich zu markieren. Die Patienten bekamen folgende Instruktion: Auf dieser Seite sehen Sie drei Linien. Schauen Sie sich jede Linie an und zeichnen Sie bei jeder Linie genau die Mitte ein. 3

106 Methoden Als Ergebnis wurde bei den drei Linien die Abweichung von der Mitte in mm ausgemessen und addiert. Eine Abweichung nach rechts wurde als positiver Wert gewertet, eine Abweichung nach links dagegen als negativer Wert Abzeichnen Auf diesem Aufgabenblatt aus dem NET sind auf der linken Hälfte untereinander drei Zeichnungen (Stern, Raute, Blume) abgebildet (s. Anhang ). Die Patienten sollen jede Abbildung in ein jeweils rechts daneben befindliches freies Feld abzeichnen. Den Patienten wurde folgende Instruktion gegeben: Auf der linken Seite dieses Blattes sehen Sie drei Zeichnungen: einen Stern, eine Raute und eine Blume. Ich bitte Sie jetzt, alle drei Zeichnungen, so gut Sie können, in die freien Kästchen zu zeichnen. Als Auswertung sieht der NET eine Bewertungssystem vor, nach dem für jede Zeichnung maximal drei Punkte vergeben werden (s. Anhang A). Dieses Auswertungssystem wurde in der vorliegende Studie jedoch lediglich für die Bestimmung des Schweregrads des Neglects verwendet. Für die Auswertung der Testzeitpunkte t bis t4 wurde das System revidiert und ergänzt (zur näheren Begründung s. Kap..). Daher wurden in der vorliegenden Untersuchung folgende Auswertungskriterien verwendet: Stern: - Geschlossene Gestalt: Punkt - Vier Zacken: Punkt - Korrekte Anordnung der Zacken: Punkt - Gleichgewicht der linken und rechten Hälfte der Figur: Punkt Raute: - Geschlossene Gestalt: Punkt - Mittellinie vorhanden: Punkt - Vier Seiten vorhanden: Punkt - Gleichgewicht der linken und rechten Hälfte der Figur: Punkt Blume - Als Blume erkennbar: Punkt 4

107 Methoden - Zusammenhängende und geschlossene Gestalt: Punkt - Vorhandensein von Blüte, Blättern und Stengel (Anzahl spielt keine Rolle): Punkt - Gleichgewicht der linken und rechten Hälfte der Figur: Punkt Damit ergeben sich bei Addition der Punkte für die drei Figuren insgesamt mögliche Punkte. Die Auswertung anhand der genannten Kriterien erfolgte durch zwei unabhängige Auswerter. In den Fällen, in denen die beiden Auswerter nicht übereinstimmten, wurde ein dritter Auswerter hinzugezogen. Als Ergebnis wurde in diesem Fall der Punktwert genommen, den zwei der drei Auswerter vergaben. Es gab keinen Fall, in dem der dritte Auswerter von beiden anderen Auswertern abwich. Die Tabelle im Anhang gibt eine Übersicht über die Punktvergabe der einzelnen Auswerter sowie die Fälle, in denen ein dritter Auswerter hinzugezogen werden mußte Freies Zeichnen Hierbei wurde den Patienten ein leeres Blatt mit der Aufforderung vorgelegt, eine große Uhr mit Zeigern und Ziffernblatt zu zeichnen. Die Instruktion lautete wie folgt: Sie haben hier ein leeres Blatt vor sich. Zeichnen Sie jetzt bitte eine große Uhr mit Ziffern und Zeigern. Achten Sie darauf, daß die Uhr wirklich vollständig ist. Der NET gibt bei dieser Aufgabe ein Auswertungsschema vor, daß die Vergabe von drei möglichen Punkten vorsieht (s. Anhang A7). Dieses Auswertungssystem wurde für die vorliegende Studie ebenfalls nur für die Bestimmung des Schweregrads des Neglects verwendet. Für die Auswertung der Testzeitpunkte t bis t4 wurde das System revidiert und ergänzt (zur näheren Begründung s. Kap..). Daher wurden in der vorliegenden Untersuchung folgende Auswertungskriterien verwendet: - Kompletter, geschlossener Kreis: Punkt - Ziffern (-) vollständig: Punkt - Vorhandene Ziffern korrekt angeordnet: Punkt - Zeiger vorhanden: Punkt - Gleichgewicht der linken und rechten Hälfte der Figur: Punkt

108 Methoden Damit waren maximal Punkte zu erreichen. Die Auswertung anhand der genannten Kriterien erfolgte ebenfalls durch zwei unabhängige Auswerter. In den Fällen, in denen die beiden Auswerter nicht übereinstimmten, wurde ein dritter Auswerter hinzugezogen. Als Ergebnis wurde in diesem Fall der Punktwert genommen, den zwei der drei Auswerter vergaben. Es gab keinen Fall, in dem der dritte Auswerter von beiden anderen Auswertern abwich. Die Tabelle im Anhang A8 gibt eine Übersicht über die Punktvergabe der einzelnen Auswerter sowie die Fälle, in denen ein dritter Auswerter hinzugezogen werden mußte Lesen (ELEX Text A) Der Lesetext A aus dem Handbuch zum ELEX-Gerät besteht aus 76 Wörtern (s. Anhang A9). Aufgabe der Patienten war es, den Text laut vorzulesen. Die Patienten erhielten folgende Instruktion: Bitte lesen Sie den vor Ihnen liegenden Text laut in für Sie angenehmer Lesegeschwindigkeit vor. Ausgewertet wurden Fehler und Auslassungen. Diese wurden in der Auswertung addiert. Pro Wort wurde höchstens ein Fehler bzw. eine Auslassung berechnet. Damit waren maximal 76 Auslassungen und Fehler möglich. Zusätzlich gelesene Wörter, die nur sehr selten auftraten, wurden nicht bewertet. Auch die Lesezeit wurde nicht bewertet (zur näheren Begründung s. Kap..) Schreiben In dieser Aufgabe sollten die Patienten folgenden Satz auf ein im Querformat mittig vor ihnen liegendes x9,7 cm großes leeres Blatt (Din ) schreiben: Heute ist ein schöner Tag. Die Patienten erhielten folgende Instruktion: Bitte schreiben Sie folgenden Satz auf das vor Ihnen liegende Blatt: Heute ist ein schöner Tag. Zur Auswertung wurde der Abstand des äußersten linken Wortes vom linken Blattrand gemessen. Dabei wurde in Anlehnung an Berego et al. (997) der Cut-off-Wert bei 4, cm angesetzt. 6

109 Methoden TAP-Neglect Ziel der Neglectprüfung aus der TAP nach Zimmermann und Fimm (99) ist es, in einem groben Scanning auf eine neglectbedingte Vernachlässigung einer Raumhälfte zu prüfen. Die Prüfung betrifft nach beiden Seiten je 7 Winkelgrad in der Horizontalen und je Winkelgrad in der Vertikalen. Bei der Neglectprüfung ist die Anzahl der Reize auf 44 ( pro Quadrant) festgelegt. Es ist eine Maske von Zahlenreizen vorgegeben, zwischen denen ein kritischer Reiz erscheint. Bei den kritischen Reizen handelt es sich um in Zufallspositionen und zufällig variierenden Intervallen nacheinander auftauchende einzelne, rasch wechselnde Zahlen, die als flackernder Reiz wahrgenommen werden. Das Erscheinen eines Reizes ist von dem Probanden mit einem Tastendruck zu beantworten. Bei der Prüfung einer bestimmten Position zählt der Reiz in / Sekunden hoch und verschwindet mit dem Tastendruck des Patienten oder aber bei Nichtreagieren nach einer maximalen Darbietungszeit von drei Sekunden, nach der der Reiz als nicht gesehen gilt. Die Vorgabe einer Maske von Zahlenreizen, zwischen denen der kritische Reiz erscheint, basiert auf der Annahme, daß bei Vorliegen eines Neglects die visuelle Aufmerksamkeit im ipsiläsionalen Halbfeld gebunden wird, so daß es zu einer Extinktion der Reize im kontraläsionalen Halbfeld kommt. Zur Fixationskontrolle dient eine zweite Aufgabe: der Proband hat wechselnde Buchstaben zu benennen, die in einem quadratischen Fenster in der Mitte des Bildschirms erscheinen. Abb. 8: Bildschirmoberfläche im Untertest Neglect aus der TAP 7

110 Methoden Das Programm sieht zu Beginn der Untersuchung folgende Instruktion auf dem Bildschirm vor: Bei dieser Untersuchung haben Sie zwei Aufgaben: Die erste Aufgabe: In der Mitte des Bildschirms erscheint ein Quadrat. In diesem Quadrat ist ein Buchstabe, der von Zeit zu Zeit wechselt. Bitte nennen Sie jeweils diesen Buchstaben. Die zweite Aufgabe: Wenn außerhalb des Quadrats schnell wechselnde Zahlen erscheinen, drücken Sie bitte so schnell wie möglich auf die Taste vor Ihnen. Bitte schauen Sie während des gesamten Versuchs auf den Buchstaben im Quadrat. In der vorliegenden Untersuchung wurde die Aufgabenstellung jedoch verändert. Grund hierfür ist, daß das gleichzeitige Beachten von einem Buchstaben in der Mitte, der mündlich benannt werden muß und Zahlen außerhalb, die per Tastendruck zu beantworten sind, eine komplexe Aufmerksamkeitsanforderung darstellt. Diese kann von Neglect-Patienten mit in der Regel erheblichen Aufmerksamkeitsstörungen nicht bewältigt werden. Eine derartige Aufgabenstellung resultiert in zahlreichen Fehlern wie z.b. dem Beantworten des Buchstabenwechsels per Tastendruck, dem Benennen von Zahlen oder aber auch der fehlenden Reaktion auf Zahlen, weil die Aufmerksamkeit gerade auf den Buchstaben gerichtet ist und eine Teilung der Aufmerksamkeit nicht möglich ist. Zum anderen können Neglectpatienten in der Regel nicht fixieren. Dies stellt gerade bei schwerer Ausprägung einen Teil der Störungssymptomatik dar. Eine Aufgabenstellung vorzugeben, die eine solche Leistung erfordert, erschien daher nicht sinnvoll. Daher wurde die schriftliche Instruktion durch folgende mündliche Instruktion des Untersuchers ersetzt: Sie sehen gleich eine Maske mit Zahlen. Wenn zwischen diesen Zahlen schnell wechselnde Zahlen erscheinen, die wie ein flackernder Reiz aussehen, drücken Sie bitte so schnell wie möglich auf die Taste vor Ihnen. In der Mitte sehen Sie außerdem ein Quadrat mit sich von Zeit zu Zeit ändernden Buchstaben. Dieses Quadrat brauchen sie nicht zu beachten. Vor der Testung wurde mindestens ein Vorversuch durchgeführt, um ein Aufgabenverständnis sicherzustellen. Bei dieser Form der Untersuchung wurde damit eine Exploration zugelassen. Dies erscheint sinnvoll, weil beim visuellen Neglect anders als beim Gesichtsfeldausfall 8

111 Methoden keine physikalische Grenze vorhanden ist, ab der nichts mehr gesehen wird und deren Erfassung damit durch Augenbewegungen verfälscht wird, sondern auch bei freier Exploration eine Vernachlässigung von kontraläsionalen Reizen auftritt. Als Ausgabe erhält man nach Beenden der Testung eine Kopie des Bildschirms mit den Reaktionszeiten (in ms) für alle untersuchten Positionen sowie eine Kennzeichnung in Form einer für die Positionen, an denen der Reiz nicht entdeckt wurde. Als statistische Ausgabe erhält man Median, Mittelwert und Streuung der Reaktionszeiten sowie die Anzahl nicht gesehener Reize getrennt für die beiden Gesichtsfelder sowie die einzelnen Quadranten. Das Beispiel einer Bildschirmausgabe sowie einer statistischen Ausgabe ist im Anhang A dargestellt. Für die vorliegende Untersuchung wurden nur die Auslassungen verwendet, wobei hier ein Gesamtwert durch Addition der Auslassungen beider Gesichtsfelder berechnet wurde. Die Reaktionszeiten wurden in der vorliegenden Studie nicht in die Auswertung einbezogen (zur näheren Begründung s. Kap..) Auswertung der Diagnostikergebnisse über Gesamtscores Für die statistische Auswertung der Ergebnisse der verschiedenen verwendeten Neglect- Tests wurden zwei Gesamtscores entwickelt: der erste Gesamtscore umfaßte die Tests Linien durchstreichen, Sterne durchstreichen, Linien halbieren, Figuren abzeichnen, freies Zeichnen und den Neglect-Test aus der TAP (zur näheren Begründung siehe Kap..6). Der Score wurde wie folgt für die einzelnen Tests berechnet: Linien durchstreichen: Anzahl der durchgestrichenen Linien/ 4 (Anzahl der vorhandenen Linien) Sterne durchstreichen: Anzahl der durchgestrichenen Sterne/ 6 (Anzahl der vorhandenen Sterne) Linien halbieren: (33 (mögliche Gesamtabweichung nach rechts in mm summiert für die drei Linien) -Abweichung nach rechts von der Mitte)/ 33 Figuren abzeichnen: Anzahl der erzielten Punkte/ (Anzahl der möglichen Punkte) Freies Zeichnen: Anzahl der erzielten Punkte/ (Anzahl der möglichen Punkte) TAP-Neglect: Anzahl der Reize, auf die reagiert wurde/ 44 (Anzahl der vorhandenen Reize). 9

112 Methoden Damit ergab sich ein möglicher Gesamtscore von 6. Ein Gesamtscore für die alltagsrelevanten Leistungen Schreiben und Lesen wurde getrennt von den übrigen Verfahren berechnet, da die alltagsrelevanten Leistungen einer separaten Fragestellung zugeordnet sind (zur näheren Begründung siehe auch hier Kap..6). Der Score wurde wie folgt für die beiden Tests berechnet: Lesen: Anzahl der gelesenen Wörter/ 76 (Anzahl der vorhandenen Wörter) Schreiben: (, (mögliche Gesamtabweichung vom linken Seitenrand in cm) Abweichung vom linken Seitenrand )/, Damit ergab sich ein möglicher Gesamtscore von Kriterien für das Vorhandensein eines visuellen Neglects Um Kriterien für das Vorhandensein eines visuellen Neglects zu entwickeln, wurde auf den NET zurückgegriffen. Dieser erfordert die Umrechnung der Rohwerte der einzelnen Untertests in Standardwerte. Die Standardeinzelwerte werden zu einem Standardsummenwert aufsummiert. Anhand des Standardsummenwerts läßt sich dann anhand von Punktwertbereichen ableiten, ob es sich bei der vorhandenen Ausprägung um eine gering ausgeprägte Form eines visuellen Neglects bzw. einen Neglect- Verdacht, einen deutlich ausgeprägten visuellen Neglect oder eine sehr deutlich ausgeprägte, schwere Form eines Neglects handelt. In Anlehnung an das Auswertungsschema des NET wurde für die selektierten Untertests ebenfalls eine Umwandlung der Rohwerte in Standardeinzelwerte vorgenommen. Die Tabelle im Anhang A stellt die Umrechnungstabelle aus dem NET zur Transformation der Rohwerte in Standardwerte für die hier selektierten Untertests dar. In Anlehnung an das Auswertungsschema des NET wurden für die reduzierte Anzahl von Untertests folgende Punktwertbereiche eingeteilt: -9, entspricht einer sehr deutlich ausgeprägten, schweren Form eines visuellen Neglects 3-, entspricht einem deutlich ausgeprägten visuellen Neglect 6-68 entspricht einer gering ausgeprägten Form eines visuellen Neglects bzw. einem Neglect-Verdacht In die Studie wurden nur Patienten mit einer deutlichen bzw. schwer ausgeprägten Form eines visuellen Neglects eingeschlossen, um sicher zu stellen, daß ein visueller Neglect

113 Methoden vorhanden war und der Ausprägungsgrad zwischen den Patienten nicht zu stark variierte. Die folgenden Tabellen geben die Standardsummenwerte und die damit verbundenen Ausprägungsgrade für die einzelnen Gruppen zum ersten Testzeitpunkt (t) wieder. Im Anhang A befindet sich eine Übersicht über Standardeinzelwerte der einzelnen Versuchspersonen, aus denen die Standardsummenwerte resultieren. Patient Nr. Standardsummenwert Ausprägungsgrad 49, deutlich ausgeprägt, deutlich ausgeprägt 3 44, deutlich ausgeprägt 4 4 schwer 3 deutlich ausgeprägt 6 schwer 7, schwer 8, schwer 9, schwer 9 schwer Mittelwert 8,9 Tab. 4: Ausprägungsgrad des Neglects in der Kontrollgruppe zum Zeitpunkt der Eingangsdiagnostik (t)

114 Methoden Patient Nr. Standardsummenwert Ausprägungsgrad 9, schwer 9, schwer 3 7 schwer 4 4 schwer 3 schwer 6 6 schwer 7 3 deutlich ausgeprägt 8 8 deutlich ausgeprägt 9, schwer 4 deutlich ausgeprägt Mittelwert 4,7 Tab. : Ausprägungsgrad des Neglects in der TENS-Gruppe zum Zeitpunkt der Eingangsdiagnostik (t) Patient Nr. Standardsummenwert Ausprägungsgrad 4, schwer 43 deutlich ausgeprägt 3 8, schwer 4 49, deutlich ausgeprägt 7, schwer 6 49, deutlich ausgeprägt 7 3 deutlich ausgeprägt 8 4 schwer 9 6, schwer 3 46 deutlich ausgeprägt Mittelwert 3,7 Tab. 6: Ausprägungsgrad des Neglects in der OKS-Gruppe zum Zeitpunkt der Eingangsdiagnostik (t)

115 Methoden Für die Untertests Figuren zeichnen und freies Zeichnen wurde für die Bestimmung des Schweregrads des Neglects das Auswertungsschema des NET benutzt. Die Auswertung erfolgte durch zwei unabhängige Auswerter. In den Fällen, in denen die beiden Auswerter nicht übereinstimmten, wurde ein dritter Auswerter hinzugezogen. Als Ergebnis wurde in diesem Fall der Punktwert genommen, den zwei der drei Auswerter vergaben. Es gab keinen Fall, in dem der dritte Auswerter von beiden anderen Auswertern abwich. Anhang A gibt daher zusätzlich eine Übersicht über die Punktvergabe der einzelnen Auswerter sowie die Fälle, in denen ein dritter Auswerter hinzugezogen werden mußte. Weiter gibt es im Anhang A eine Übersicht über die Ergebnisse der Urteilerkonkordanzanalysen für den. und. Rater (Kendall-Tau) Zusatzdiagnostik Der neuropsychologischen Diagnostik bei Neglect-Patienten sind aufgrund der Vernachlässigungssymptomatik Grenzen gesetzt. So muß bei der Bearbeitung visueller Vorlagen immer davon ausgegangen werden, daß Artefakte aufgrund des Nichtbeachtens von Reizen kontralateral zur Läsion vorhanden sind. In der vorliegenden Untersuchung wurden daher folgende Verfahren zur Zusatzdiagnostik gewählt, die nicht oder nur gering durch die Vernachlässigung beeinflußt werden. TAP (Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung) nach Zimmermann und Fimm, 99, Untertest Alertness: Die Untersuchung besteht darin, daß die Reaktionszeit auf einen visuellen Reiz mit und ohne einen akustischen Warnreiz erfaßt wird. Bestimmt wird damit die einfache Reaktionszeit (tonische Alertness) wie auch die phasische Alertness, d.h. die Fähigkeit, in Erwartung eine Reizes das Aufmerksamkeitsniveau zu steigern. Die Durchführung erfolgt nach einem ABBA-Design (A=Durchführung ohne Warnreiz, B= Durchführung mit Warnreiz). Die Anzahl der Reize pro Serie beträgt. Trials, bei denen schon auf den Warnton reagiert wurde, oder Reizdarbietungen ohne Reaktion werden wiederholt. Der Proband erhielt folgende Instruktion auf dem Bildschirm, die ihm vom Untersucher wegen möglicher Fehler aufgrund der Neglectdyslexie vorgelesen wurde: Bei dem folgenden Versuch wird die Reaktionszeit bestimmt: Ihre Aufgabe ist es, so schnell wie möglich auf die Taste zu drücken, wenn ein Kreuz auf dem Bildschirm erscheint. Bitte beachten Sie: Der Versuch wird auf zwei Arten durchgeführt: 3

116 Methoden. Auf dem Bildschirm erscheint ein Kreuz. Bitte drücken Sie die Taste bei Erscheinen des Kreuzes!. Es ertönt ein Warnton und erst dann erscheint das Kreuz. Bitte drücken sie die Taste erst bei Erscheinen des Kreuzes! Als statistische Ausgabe erhält man Median, Mittelwert und Streuung der Reaktionszeiten, die Anzahl richtiger und ausgelassener Reaktionen, Antizipationen und Ausreißer getrennt für die Durchgänge ohne und mit Warnton sowie einen Kennwert für die phasische Alertness, der angibt, wie gut der Proband von dem antizipierenden Warnton profitieren konnte. Das Beispiel einer Auswertung ist im Anhang A3 abgebildet. In der vorliegenden Untersuchung wurden die Reaktionszeiten ohne Warnton, die Reaktionszeiten mit Warnton sowie die phasische Alertness in die Auswertung einbezogen. WMS-R (Wechsler Gedächtnistest - revidierte Fassung, deutsche Adaptation nach Härting, Markowitsch, Neufeld, Calabrese, Deisinger und Kesseler, ): Untertests Orientierung, Zahlen nachsprechen vorwärts und rückwärts, Logisches Gedächtnis I und II Orientierung: Hierbei wird der Proband gebeten, Fragen zur persönlichen, zeitlichen und örtlichen Orientierung zu beantworten (siehe Anhang A4). Als Ergebnis ist ein maximaler Gesamtwert von 4 Punkten möglich. Zahlenspanne: Dieser Test besteht aus zwei Aufgabentypen, der Zahlenspanne vorwärts und der Zahlenspanne rückwärts. Bei der Zahlenspanne vorwärts werden dem Probanden Zahlenfolgen wachsender Länge vorgelesen, die dieser im unmittelbaren Anschluß wiederholen soll. Bei der Zahlenspanne rückwärts soll der Proband die Zahlenfolgen in genau umgekehrter Reihenfolge repetieren (siehe Anhang A). Für die Zahlenspanne vorwärts wurde dem Patienten folgende Instruktion gegeben: Ich werde Ihnen jetzt einige Zahlen vorsprechen. Wenn ich fertig bin, sprechen Sie bitte genauso nach. Bei der Zahlenspanne rückwärts lautete die Instruktion: Ich werde Ihnen jetzt noch einmal Zahlen vorsprechen. Wenn ich fertig bin, sollen Sie diesmal die Zahlen in genau umgekehrter Reihenfolge wiederholen. Wenn ich also -8 sage, dann müßten sie 8- antworten. Der Proband erhält für jede richtig wiederholte Folge Punkt. Vorwärts wie rückwärts ist damit jeweils ein maximaler Gesamtwert von Punkten zu erreichen. 4

117 Methoden Logisches Gedächtnis I und II: Beim Untertest Logisches Gedächtnis I wird der Proband gebeten, im direkten Anschluß an das Vorlesen einer Geschichte diese nachzuerzählen (siehe Anhang A6). Der Proband erhielt dabei folgende Instruktion: Ich lese Ihnen nun eine kurze Geschichte vor. Bitte hören Sie sorgfältig zu, versuchen Sie, diese Geschichte zu merken und anschließend möglichst genau wiederzuerzählen. Vor dem Lesen einer zweiten Geschichte wurde dem Patienten mitgeteilt, daß jetzt dasselbe Vorgehen mit einer anderen, ebenso langen Geschichte wiederholt werde. Nach der Nacherzählung wurde der Proband außerdem darauf hingewiesen, daß später noch einmal nach den Geschichten gefragt werde. Eine Auswertung fand anhand der Auswertungstabellen im WMS-Manual statt. Als Ergebnis ist ein maximaler Gesamtwert von Punkten möglich. Die Durchführung der verzögerten Textreproduktion (Logisches Gedächtnis II) erfolgte 3 Minuten nach der Durchführung des Logischen Gedächtnisses I. Dem Probanden wurde folgende Instruktion gegeben: Können Sie sich noch an die Geschichten erinnern, die ich Ihnen vorgelesen habe? Bitte erzählen Sie noch einmal alles, was Ihnen von den Geschichten noch einfällt. Fangen Sie mit der ersten Geschichte an. Waren dem Probanden eine oder beide Geschichten nicht erinnerlich, wurden folgende Hilfestellungen gegeben: In einer Geschichte ging es um eine Frau, die beraubt wurde bzw. In einer Geschichte ging es um einen Mann, der einen Unfall auf der Autobahn hatte. Auch in dieser Version waren gemäß der Auswertungstabellen im WMS-Manual maximal Punkte möglich. 3.. Therapie 3... Therapieablauf Jeder Patient erhielt Therapieeinheiten Explorationstraining. Eine Therapieeinheit umfaßte 4 Durchgänge (bzw. Durchgänge in der OKS-Gruppe) ELEX-Training (s. Näheres hierzu in Kap. 3...) und dauerte zwischen und 4 Minuten. Die Kontrollgruppe erhielt ein Explorationstraining ohne zusätzliche Stimulation. Die TENS-Gruppe erhielt während des Explorationstrainings eine zusätzliche TENS- Stimulation. Das TENS-Gerät wurde Minuten vor Therapiebeginn angebracht und die

118 Methoden Stimulation erfolgte während der gesamten Sitzung. Die Therapie dauerte damit ebenfalls zwischen und 4 Minuten. Die OKS-Gruppe erhielt zusätzlich zum Explorationstraining eine optokinetische Stimulation. Da diese nicht zeitgleich zum Explorationstraining erfolgen konnte, erhielt diese Gruppe nur Durchgänge ELEX-Training, zusätzlich zum ELEX-Training aber x Minuten optokinetische Stimulation in folgender zeitlicher Anordnung: OKS/ ELEX/OKS. Damit ergab sich eine mit den anderen Gruppen vergleichbare Therapiezeit (3-4 Minuten). Die Therapie erfolgte x pro Woche über einen Zeitraum von 4 Wochen. Einzelne Ausfalltermine z.b. aufgrund von Erkrankungen der Patienten wurden zugelassen, wobei die Anzahl der Ausfalltage maximal 3 Tage in Folge und Tage über den gesamten Aufenthalt umfassen durfte, andernfalls wurden die Patienten aus der Studie ausgeschlossen Das Therapieprogramm (ELEX) Das Explorationstraining wurde am ELEX-Gerät (Zihl und Kerkhoff, 987) durchgeführt. Die Therapie fand in einem abgedunkelten Raum statt. Die Reizdarbietung erfolgte auf einem 3,cm x 4cm großen Fernsehbildschirm. Bei dem Explorationstraining werden auf dem Fernsehbildschirm ein Fixationszeichen und zusätzliche Zufallszeichen dargestellt. Die Zufallszeichen werden in verschiedenen Mustern für wählbare Zeiten dargeboten und erscheinen in zufälliger Reihenfolge. In der vorliegenden Untersuchung wurde als Fixationspunkt ein weißes,, cm x, cm großes Rechteck gewählt. Als weitere Zufallszeichen wurden gelbe Quadrate mit einer Größe von, cm x, cm gewählt. Daneben wurden pro Trainingsdurchgang 3-4 Sonderzeichen () dargeboten, die zusätzlich an verschiedenen Musterpositionen auftauchten und auf die nicht reagiert werden sollte. Die Hintergrundfarbe war dunkelblau. Das ELEX-Therapieprogramm bietet verschiedene Grundmuster für das Explorationstraining an. Für die vorliegende Untersuchung wurden die Grundmuster, -6, -6 und -6 verwendet. Bei den Mustern, und gehören jeweils 6 Zufallszeichenpositionen zum Muster dazu, wobei die gewählte Musterhäufigkeit pro Zufallszeichenposition bei 9 lag. Damit tauchten insgesamt 4 Reize (zuzüglich 3-4 Sonderzeichen) auf. Das Muster 6

119 Methoden besteht aus Zufallszeichenpositionen, die gewählte Musterhäufigkeit pro Zufallszeichenposition lag hier bei. Damit tauchten insgesamt Reize (zuzüglich 3-4 Sonderzeichen) auf. Ein Zufallsprogramm bestimmte die Reihenfolge der Darbietung der Zufallszeichen innerhalb eines Trainingsdurchgangs. Alle Punkte eines Musters wurden gleich häufig dargeboten. Beim Muster liegt der Fixationspunkt in der rechten oberen Ecke des Bildschirms, beim Muster liegt der Fixationspunkt rechts in der Mitte, beim Muster liegt der Fixationspunkt in der rechten unteren Ecke des Bildschirms und beim Muster liegt der Fixationspunkt in der Mitte des Bildschirms. Beim Muster saßen die Patienten in zentraler Position vor dem Bildschirm und bei den Mustern, und am rechten Bildschirmrand. Die Patienten saßen 6 cm vom Bildschirm entfernt. Abb. 9: Darstellung des ELEX-Arbeitsplatzes In jeder Sitzung wurden in der Kontrollgruppe und in der TENS-Gruppe alle 4 Bedingungen durchgeführt. In der OKS-Gruppe wurde in jeder Therapiesitzung die Bedingung und zusätzlich eines der Muster,, in abwechselnder Reihenfolge dargeboten. Die verwendeten Muster sind in der folgenden Abbildung dargestellt: 7

120 Methoden Muster Muster Muster Muster Abb.: Darstellung der verwendeten Muster im ELEX-Training 8

121 Methoden Die Darbietungszeit der Reize betrug im ersten Durchgang Sekunden. Beantwortete der Patient mehr als 9% der Reize per Tastendruck, wurde die Darbietungszeit auf die nächst kürzere Zeit reduziert. Dabei gab es folgende Abstufungen: Sek.;, Sek.; Sek;, Sek.; Sek.; ms; ms; ms. Die Pausenzeit zwischen den einzelnen Reizdarbietungen variierte zwischen und 4 Sekunden. Ziel der Therapie war es, die Patienten zu gezielten Suchbewegungen mit den Augen zu veranlassen. Aufgabenstellung war daher, ausgehend vom Fixationspunkt auf der linken Seite anhand großer Blickbewegungen nach auftauchenden Reizen zu suchen und auf gesehene Reize per Tastendruck zu reagieren. Die Patienten erhielten folgende Instruktion: Sie sehen direkt vor sich einen weißen Punkt, den Sie anschauen sollen. Links von diesem Punkt auf dem Bildschirm können an verschiedenen Stellen einzelne weitere Punkte in gelber Farbe auftauchen. Ihre Aufgabe ist es daher, ausgehend von diesem Punkt den Bildschirm auf der linken Seite nach weiteren gelben Punkten abzusuchen. Wenn Sie einen Punkt gesehen haben, drücken Sie bitte den unteren roten Knopf der Fernbedienung. Schauen Sie dann wieder auf den weißen Punkt und beginnen Sie von dort aus die Suche erneut. Vereinzelt können auch kleine Gesichter (sogenannte Smilies ) auf dem Bildschirm auftauchen. Bei diesen Reizen sollen Sie die Taste nicht drücken. Zusätzlich wurden die Patienten bei fehlender Exploration zur linken Seite mündlich durch den Untersucher aufgefordert, die Seite mehr abzusuchen. Auf die Darbietung eines Warntons vor dem Erscheinen der Reize, wie es das Programm ermöglicht, um eine Suche anhand großer Augenbewegungen zu initiieren, wurde verzichtet, da dieser bei Neglect-Patienten häufig zu einer Reaktion auf den Ton, aber nicht zur Suche nach den visuellen Reizen führt. Daher wurde die im ELEX- Handbuch vorgegebene Instruktion leicht verändert. Der Kopf der Patienten wurde nicht fixiert, da gerade zu Beginn der Behandlung eine Zuwendung zur linken Hälfte anhand einer Kopfbewegung ein erstes Anzeichen für eine verbesserte Zuwendung zur vernachlässigten Seite darstellt. Mit zunehmender Verbesserung der Aufmerksamkeitszuwendung in den vernachlässigten Halbraum wurden die Patienten aber vermehrt angewiesen, den Kopf gerade zu halten und per Augenbewegungen zu suchen. 9

122 Methoden Als Ergebnis wird am Ende eines Trainingsdurchgangs in einer Auswertung dargestellt, wie oft (in %) und wie schnell (Mittelwert und Standardabweichung) auf die Zufallszeichen die Taste gedrückt wurde. Weiter wird angegeben, wieviel Zusatzzeichen erzeugt wurden und wie oft bei einem Zusatzzeichen fehlerhafterweise die Taste gedrückt wurde. Folgende Therapieergebnisse der einzelnen Patienten sind im Anhang A7 dargestellt: Darbietungszeit, Richtige in %, Fehler und Reaktionszeiten (Mittelwerte). Die Patienten erhielten außerdem eine Rückmeldung auf dem Fernsehbildschirm darüber, wie oft sie an jeder einzelnen Zufallszeichenposition auf eine Reizdarbietung per Tastendruck reagiert hatten Sensible Anbahnung TENS (Transcutane Nervenstimulation) Zur Transcutanen Nervenstimulation wurde ein Gerät der Firma Smith und Nephew verwendet. Die verwendeten Elektroden hatten einen Durchmesser von 4 x 6 cm. Die TENS-Stimulation erfolgte mit einer Frequenz von Hz und einer Pulsbreite von µs (vgl. auch Pizzamiglio et al., 996). Die Intensität wurde an der Empfindung des Patienten ausgerichtet. Der Patient wurde dabei aufgefordert, bei einer langsamen Erhöhung der Intensität anzugeben, wann er ein angenehmes Kribbeln im Nacken verspürte (vgl. auch Karnath, 99 b). Diese Einstellung wurde während der laufenden Therapieeinheit beibehalten. Die subjektiv als angenehm empfundene Einstellung schwankte zwischen den Patienten, aber auch intraindividuell zwischen den einzelnen Sitzungen. Die Elektroden wurden Minuten vor Beginn der Therapie angelegt und die Stimulation wurde während der gesamtem Therapieeinheit beibehalten. Die positive Elektrode wurde auf dem Nackenmuskel plaziert, die negative Elektrode wurde im zentralen oberen Schulterbereich angebracht (vgl. auch Guariglia et al., ). Die Stimulation erfolgte auf der kontraläsionalen (linken) Körperhälfte.

123 Methoden Abb. : Plazierung der TENS-Elektroden OKS (Optokinetische Stimulation) Zur optokinetischen Stimulation wurde das Programm VS (Marquardt und Kerkhoff, 998) verwendet. Eine optokinetische Stimulation wird hier durch die Einstellung eines Hintergrunds ermöglicht, bei dem sich Reize kohärent in eine Richtung bewegen. Bei der Stimulation wurde ein 4-Zoll-Monitor verwendet. Die Patienten saßen in einem Abstand von cm am rechten Bildschirmrand. Um Kopfbewegungen anstelle von Augenbewegungen zu vermeiden, wurde eine Kinnstütze verwendet. Abb. : Darstellung des OKS-Arbeitsplatzes Bei den sich bewegenden Reizen handelte es sich um weiße Quadrate mit einer Größe von Pixeln, die sich auf einem schwarzen Hintergrund mit einer Geschwindigkeit von 7, /s kohärent nach links bewegten (vgl. auch Kerkhoff, ).

124 Methoden Abb. 3: Darstellung der optokinetischen Stimulation (VS-Programm) Die Patienten erhielten die Aufgabe, den Quadraten hinterherzuschauen (Augenfolgebewegungen) sowie nach Möglichkeit für einige Sekunden am linken Bildschirmrand innezuhalten, bevor sie wieder zurück zum rechten Bildschirmrand blickten (vgl. auch Kerkhoff,, 4). Die Instruktion lautete wie folgt: Schauen Sie den Symbolen hinterher, die sich nach links bewegen. Versuchen Sie, sich an einem Symbol mit Ihren Augen festzuhalten und lassen Sie sich davon zur linken Seite hinüberziehen. Wenn Sie mit Ihrem Blick an der linken Seite angelangt sind, versuchen Sie, dort mit dem Blick einige Sekunden zu verweilen. Danach kehren Sie mit dem Blick zum rechten Bildschirmrand zurück und wiederholen die Übung. Der Untersucher saß seitlich von den Patienten und kontrollierte die Augenfolgebewegungen der Patienten. Die OKS fand in einem abgedunkelten Raum statt und erfolgte pro Sitzung mal Minuten Allgemeine Versuchsanordnung und ablauf Verwendete Instrumente und die Bedingungen, unter denen Diagnostik, Therapie und zusätzliche Anbahnung stattfanden, wurden der Übersicht halber bereits in den Kapiteln 3.., 3.. und dargestellt. Einzelheiten zur Gesamtorganisation und Einbettung in das Untersuchungsdesign finden sich in Kapitel 3.4 wieder.

125 Methoden Untersuchungsort waren die Räume Z.33 und Z.4 in der St. Mauritius Therapieklinik in Meerbusch, wobei im Raum Z.33 die Therapie sowie die Neglectuntersuchung aus der TAP stattfanden, während im Raum Z.4 die übrigen Diagnostikverfahren (Linien durchstreichen, Sterne durchstreichen, Linien halbieren, Figuren zeichnen, freies Zeichnen, Lesen und Schreiben) durchgeführt wurden. Die Untersuchung fand im Zeitraum vom Anfang November bis Ende Dezember 3 statt. Ergänzend ist weiter zu erwähnen, daß die Therapie als Bestandteil der allgemeinen therapeutischen Aktivitäten der Patienten während des Klinikaufenthalts in ihren Behandlungsplan integriert wurde. Die Patienten erhielten während des Trainings Ergound Physiotherapie, jedoch keine weiteren neuropsychologischen Therapien. Den Patienten und ihren Angehörigen wurde als Zielsetzung der Therapie eine Verbesserung der Vernachlässigungssymptomatik nach links und daraus resultierender Beeinträchtigungen im Alltag vermittelt. Zusätzlich wurden die Patienten darüber aufgeklärt, daß die Ergebnisse der Therapie im Rahmen einer Doktorarbeit verwendet werden und ihre Daten entsprechend den Datenschutzrichtlinien vertraulich behandelt werden. Die Einwilligung wurde über die im Anhang A8 dargestellte Einverständniserklärung festgehalten. Allen Patienten wurde am ersten Untersuchungstag die Einverständniserklärung ausgehändigt. Der Text wurde dabei laut vorgelesen. Eine Einverständniserklärung mit der Untersuchung war also Voraussetzung für die Teilnahme an der Studie. Hinsichtlich der Hypothesen waren die Patienten naiv. Sie wurden erst nach Beendigung des Experiments über die Hypothesen aufgeklärt. Die Ergebnisse zu den einzelnen Testzeitpunkten wurden den Patienten jeweils unmittelbar nach der Testung mitgeteilt, eine Bewertung der Ergebnisse im Hinblick auf die Hypothesen fand erst im Anschluß an die Untersuchung statt. Unabhängig von ihrer Leistung wurden alle Patienten während der Therapie gelobt und motiviert Es wurde darauf geachtet, daß ausreichend lange Pausen innerhalb der Sitzungen gewährt wurden. 3

126 Methoden 3.3 Statistische Auswertung Die Daten wurden zunächst deskriptiv mittels einer explorativen Datenanalyse ausgewertet. Dabei erfolgte eine Überprüfung der Normalverteilung (Komogorov- Smirnov-Test) und der Varianzhomogenität (Levine-Test). Für die Auswertung der neuropsychologischen Hintergrundvariablen wurden bei Nichterfüllung der Voraussetzungen für eine parametrische Auswertung Kruskal- Wallis-Tests durchgeführt, ansonsten erfolgten einfaktorielle Varianzanalysen. Die Auswertung der Ergebnisse der Neglectdiagnostik erfolgte non-parametrisch (exakter Mann-Whitney-U-Test, Wilcoxon Test), da die Voraussetzungen für eine parametrische Auswertung (Normalverteilung und Varianzhomogenität) nicht erfüllt waren. Da hier Mehrfachvergleiche stattfanden, wurden sequentielle Bonferroni- Korrekturen nach Holm (979) vorgenommen. Bei Verfahren, die eine Bewertung durch mehrere Beurteiler erforderten, wurde die Beurteilerkonkordanz mittels Kendall-Tau-Analysen bewertet. Zur Überprüfung, ob den verwendeten Testverfahren eine oder mehrere Dimensionen zugrunde liegen, wurden Faktorenanalysen durchgeführt. Die deskriptive und interferenzstatistische Auswertung erfolgte mittels des Computerprogramms SPSS, Version, unter Windows. Allen Analysen wurde ein Signifikanzniveau von α=, zugrundegelegt. 3.4 Untersuchungsdesign Jeder Patient erhielt Therapieeinheiten Explorationstraining mit einem Zeitumfang von bis 4 Minuten. Der Zeitumfang variierte vor allem aufgrund der unterschiedlichen Darbietungszeiten der Reize (vgl. auch Kapitel 3...). Die Kontrollgruppe erhielt ein Explorationstraining ohne zusätzliche Stimulation. Die TENS-Gruppe erhielt während des Explorationstrainings eine zusätzliche TENS- Stimulation. Die OKS-Gruppe erhielt zusätzlich zum Explorationstraining eine optokinetische Stimulation. Da diese nicht zeitgleich zum Explorationstraining stattfinden konnte, die Therapiedauer in den einzelnen Bedingungen aber vergleichbar sein sollte, erhielt diese Gruppe nur Durchgänge ELEX-Training (im Gegensatz zu vier Durchgängen in den anderen Gruppen), zusätzlich zum ELEX-Training aber x Minuten optokinetische 4

127 Methoden Stimulation. Dies erfolgte in folgender zeitlicher Verteilung: OKS / ELEX / OKS. Damit ergab sich in dieser Gruppe vergleichbar mit den anderen Gruppen eine Therapiezeit von 3-4 Minuten. Die diagnostische Einschätzung der visuellen Neglectsymptomatik erfolgte zu vier Zeitpunkten: Vor der Therapie (t, Prä-Therapie), innerhalb der Therapie (t, nach Therapieeinheiten, Verlaufsdiagnostik), nach der Therapie (t3, Post-Therapie, nach Sitzungen) sowie eine Woche nach Beendigung der Therapie (t4, Follow-Up, zur Einschätzung eines überdauernden Effekts). Die Diagnostik fand anhand der oben beschriebenen Diagnostikverfahren statt. Während der Diagnostik fand zu keinem Zeitpunkt eine Stimulation statt. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über das verwendete Untersuchungsparadigma. Gruppe t Therapie t Fortsetzung t3 t4 (Follow- (Prä- ( (innerhalb Therapie (Post- Up, eine Therapie) Sitzungen) Therapie) ( Therapie) Woche nach Sitzungen) Ende der Therapie) Kontrolle Diagnostik Exploration Diagnostik Exploration Diagnostik Diagnostik TENS Diagnostik Expl. + TENS Diagnostik Expl. + TENS Diagnostik Diagnostik OKS Diagnostik Expl. +OKS Diagnostik Expl. +OKS Diagnostik Diagnostik Tab. 7: Darstellung des verwendeten Untersuchungsparadigmas 3. Operationalisierung Im folgenden soll ein zusammenfassender Überblick über die Operationalisierung der unabhängigen Variablen (UV) und der abhängigen Variablen (AV) für die verschiedenen Hypothesen gegeben werden:. Hypothese: Effekt der Therapien UV: Durchführung der Therapien AV: Ergebnisse der Diagnostik in der Kontroll-, TENS- und OKS-Gruppe. Hypothese: Zusätzliche Effekte der kontraläsionalen Stimulation UV: zusätzliche afferente Anbahnung (TENS- und OKS-Gruppe)

128 Methoden AV: Ergebnisse der Diagnostik in der TENS und OKS-Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe 3. Hypothese: Unterschiedliche Effekte verschiedener Stimulationsformen (TENS/ optokinetische Stimulation) UV: verschiedene Formen der afferenten Anbahnung (TENS/ OKS) AV: Ergebnisse der Diagnostik in der TENS- im Vergleich zur OKS-Gruppe 4. Hypothese: Transfer der Therapien auf alltagsrelevante Leistungen UV: Durchführung der Therapien AV: Ergebnisse der Diagnostik (Lesen, Schreiben) in der Kontroll-, TENS- und OKS- Gruppe. Hypothese: Zusätzliche Effekte der kontraläsionalen Stimulation auf alltagsrelevante Leistungen UV: zusätzliche afferente Anbahnung (TENS- und OKS-Gruppe) AV: Ergebnisse der Diagnostik (Lesen, Schreiben) in der TENS- und OKS-Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe 6. Hypothese: Unterschiedliche Effekte verschiedener Stimulationsformen (TENS/ optokinetische Stimulation) auf alltagsrelevante Leistungen UV: verschiedene Formen der afferenten Anbahnung (TENS/ OKS) AV: Ergebnisse der Diagnostik (Lesen, Schreiben) in der TENS- im Vergleich zur OKS-Gruppe. 6

129 Ergebnisse 4 Ergebnisse 4. Neuropsychologische Hintergrundvariablen 4.. Alter der Versuchspersonen Das durchschnittliche Alter in der Kontrollgruppe betrug 68,4 (± 7,3) Jahre, in der TENS-Gruppe betrug das durchschnittliche Alter 6,4 (± 4,6) Jahre und in der OKS- Gruppe 67,4 (±,79) Jahre (jeweils Standardabweichung in Klammern). Abb. 4: Alter in den drei Gruppen (Mittelwerte und Standardabweichungen) Die drei Gruppen unterschieden sich nicht signifikant hinsichtlich ihres Alters (F=,6, df=, p=,8). 4.. Zeit seit Läsion Die durchschnittliche Zeit seit Läsion in Tagen betrug in der Kontrollgruppe 43,8 (± 3,6) Tage, in der TENS-Gruppe 4,6 (± 9,6) Tage und in der OKS-Gruppe 33,8 (± 6,43) Tage. 7

130 Ergebnisse Abb..: Zeit seit Läsion in den drei Gruppen (Mittelwerte und Standardabweichungen) Die drei Gruppen unterschieden sich nicht signifikant hinsichtlich der Zeit seit Läsion (χ²=,4, df=, p=,86) Schweregrad des Neglects Der durchschnittliche Schweregrad des visuellen Neglects betrug in der Kontrollgruppe 8,9 (±,8) Punkte, in der TENS-Gruppe 4,7 (± 8,83) Punkte und in der OKS- Gruppe 3,7 (± 6,) Punkte. 8

131 Ergebnisse Abb. 6: Schweregrad des visuellen Neglects in den drei Gruppen (Mittelwerte und Standardabweichungen) Die drei Gruppen unterschieden sich nicht signifikant hinsichtlich des Schweregrads des Neglects (F=,489, df=, p=,69) Bildung Die durchschnittliche Bildung in Jahren betrug in der Kontrollgruppe, (±,93) Jahre, in der TENS-Gruppe,7 (±,4) Jahre und in der OKS-Gruppe, (±,9) Jahre. 9

132 Ergebnisse Abb. 7: Bildung in Jahren in den drei Gruppen (Mittelwerte und Standardabweichungen) Die drei Gruppen unterschieden sich nicht signifikant hinsichtlich der Bildung in Jahren (χ²=3, df=, p=,89). Eine Übersicht über die Bildung der Einzelpersonen liefert die Tabelle im Anhang A Aufmerksamkeit: tonische und phasische Alertness 4... Reaktionszeiten ohne Warnton Die durchschnittlichen Reaktionszeiten ohne Warnton in dem Untertest Alertness aus der TAP betrugen in der Kontrollgruppe 68,3 (± 93,) ms, in der TENS-Gruppe 7,3 (± 34,7) ms und in der OKS-Gruppe 48,7 (± 3,) ms. 3

133 Ergebnisse Abb. 8: Reaktionszeiten ohne Warnton in den drei Gruppen (Mittelwerte und Standardabweichungen) Die drei Gruppen unterschieden sich nicht signifikant hinsichtlich der Reaktionszeiten ohne Warnton (F=,77, df=, p=,479). Eine Übersicht über die Reaktionszeiten ohne Warnton bei den Einzelpersonen liefert die Tabelle im Anhang Reaktionszeiten mit Warnton Die durchschnittlichen Reaktionszeiten mit Warnton in dem Untertest Alertness aus der TAP betrugen in der Kontrollgruppe 37, (± 49,66) ms, in der TENS-Gruppe 46,7 (± 6,8) ms und in der OKS-Gruppe 44, (±,4) ms. 3

134 Ergebnisse Abb. 9: Reaktionszeiten mit Warnton in den drei Gruppen (Mittelwerte und Standardabweichungen) Die drei Gruppen unterschieden sich nicht signifikant hinsichtlich der Reaktionszeiten mit Warnton (F=,888, df=, p=,43). Eine Übersicht über die Reaktionszeiten mit Warnton bei den Einzelpersonen liefert die Tabelle im Anhang Phasische Alertness Der durchschnittliche Kennwert für die phasische Alertness in dem Untertest Alertness aus der TAP betrug in der Kontrollgruppe,76 (±,68), in der TENS-Gruppe,8 (±,87) und in der OKS-Gruppe,9 (±,88). 3

135 Ergebnisse Abb. : Phasische Alertness in den drei Gruppen (Mittelwerte und Standardabweichungen) Die drei Gruppen unterschieden sich nicht signifikant hinsichtlich des Kennwertes für die phasische Alertness (F=,7, df=, p=,983). Eine Übersicht über die Kennwerte für die phasische Alertness bei den Einzelpersonen liefert die Tabelle im Anhang Gedächtnis Orientierung Der durchschnittliche Punktwert in den allgemeinen Wissens- und Orientierungsfragen aus der WMS-R betrug in der Kontrollgruppe, (±,87), in der TENS-Gruppe, (±,7) und in der OKS-Gruppe,4 (±,6). 33

136 Ergebnisse Abb. : Punktwerte in den allgemeinen Wissens- und Orientierungsfragen aus der WMS-R in den drei Gruppen (Mittelwerte und Standardabweichungen) Die drei Gruppen unterschieden sich nicht signifikant hinsichtlich des Punktwerts in den allgemeinen Wissens- und Orientierungsfragen (χ²=,494, df=, p=,474). Eine Übersicht über die Punktwerte der Einzelpersonen liefert die Tabelle im Anhang Auditiv-verbale Merkspanne Die durchschnittliche Anzahl richtig reproduzierter Ziffernfolgen in dem Untertest Zahlenspanne vorwärts aus der WMS-R betrug in der Kontrollgruppe 6,4 (±,), in der TENS-Gruppe,6 (±,7) und in der OKS-Gruppe 6, (±,69). 34

137 Ergebnisse Abb. : Auditiv-verbale Merkspanne in den drei Gruppen (Mittelwerte und Standardabweichungen) Die drei Gruppen unterschieden sich nicht signifikant hinsichtlich der Anzahl der Ziffernsequenzen, die sie wiedergeben konnten (χ²=,66, df=, p=,436). Eine Übersicht über die Anzahl richtig reproduzierter Ziffernfolgen der Einzelpersonen liefert die Tabelle im Anhang Auditiv-verbale Arbeitsgedächtnisleistung Die durchschnittliche Anzahl richtig reproduzierter Ziffernfolgen in umgekehrter Reihenfolge in dem Untertest Zahlenspanne rückwärts aus der WMS-R betrug in der Kontrollgruppe 3,4 (±,6), in der TENS-Gruppe,6 (±,7) und in der OKS-Gruppe 3, (±,88). 3

138 Ergebnisse Abb. 3: Auditiv-verbale Arbeitsgedächtnisleistung in den drei Gruppen (Mittelwerte und Standardabweichungen) Die drei Gruppen unterschieden sich nicht signifikant hinsichtlich der Anzahl der Ziffernsequenzen, die sie in umgekehrter Reihenfolge wiedergeben konnten (χ²=3,46, df=, p=,77). Eine Übersicht über die Anzahl richtig reproduzierter Ziffernfolgen in umgekehrter Reihenfolge der Einzelpersonen liefert die Tabelle im Anhang Verbale deklarative Gedächtnisleistungen Unmittelbare Wiedergabe der Kurzgeschichten aus der WMS-R Die durchschnittliche Gedächtnisabrufleistung in Punkten bei sofortiger Wiedergabe in dem Untertest Logisches Gedächtnis I aus der WMS-R betrug in der Kontrollgruppe 9,6 (± 6,6), in der TENS-Gruppe,6 (± 8,6) und in der OKS-Gruppe, (±,43). 36

139 Ergebnisse Abb. 4: Punktwerte im Untertest Logisches Gedächtnis I in den drei Gruppen (Mittelwerte und Standardabweichungen) Die drei Gruppen unterschieden sich nicht signifikant hinsichtlich der unmittelbaren Reproduktionsleistung (χ²=,39, df=, p=,3). Eine Übersicht über die unmittelbare Reproduktionsleistung der Einzelpersonen im Untertest Logisches Gedächtnis I aus der WMS-R liefert die Tabelle im Anhang Verzögerte Wiedergabe der Kurzgeschichten aus der WMS-R Die durchschnittliche Gedächtnisabrufleistung in Punkten bei verzögerter Wiedergabe in dem Untertest Logisches Gedächtnis II aus der WMS-R betrug in der Kontrollgruppe 3, (±,78), in der TENS-Gruppe 9,6 (±,99) und in der OKS-Gruppe 9,3 (± 4,9). 37

140 Ergebnisse Abb. : Punktwerte im Untertest Logisches Gedächtnis II in den drei Gruppen (Mittelwerte und Standardabweichungen) Die drei Gruppen unterschieden sich nicht signifikant hinsichtlich der verzögerten Reproduktionsleistung (χ²=,3, df=, p=,344). Eine Übersicht über die verzögerte Reproduktionsleistung der Einzelpersonen im Untertest Logisches Gedächtnis II aus der WMS-R liefert die Tabelle im Anhang Zusammenfassung Bei keiner der neuropsychologischen Hintergrundvariablen zeigten sich signifikante Differenzen zwischen den Gruppen. 4. Ergebnisse der Neglectdiagnostik Für die Ergebnisse der Neglectdiagnostik erfolgt zunächst eine rein deskriptive Darstellung der Ergebnisse in den einzelnen Testverfahren sowohl für die Gruppen wie auch für die einzelnen Versuchspersonen. Danach erfolgt eine gruppenstatistische Auswertung für zwei über die Verfahren berechnete Gesamtscores, zum einen für die Untertests aus dem NET und den Neglect-Test aus der TAP, zum anderen für die alltagsrelevanten Verfahren Lesen und Schreiben. 38

141 Ergebnisse 4.. Ergebnisse in den Untertests aus dem NET und dem Untertest Neglect aus der TAP 4... Linien durchstreichen 4... Analyse der Gruppendaten Die durchschnittliche Anzahl von Auslassungen beim Linien durchstreichen betrug in der Kontrollgruppe zum Testzeitpunkt t, (±,9). Von t zu t zeigte sich eine Verringerung der Auslassungen auf (±,3), zu t3 zeigte sich unverändert eine durchschnittliche Anzahl von (±,6) Auslassungen und von t3 zu t4 eine weitere Verringerung auf durchschnittlich 9,4 (± 7,9) Auslassungen. Eine Übersicht über die Testergebnisse der Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang 4. Abb. 6: Anzahl der Auslassungen beim Linien durchstreichen zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der Kontrollgruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) In der TENS-Gruppe betrug die durchschnittliche Anzahl von Auslassungen zum Testzeitpunkt t,6 (±,66) und verringerte sich von t zu t auf durchschnittlich 8,6 (± 8,64) Auslassungen. Von t zu t3 zeigte sich eine weitere Reduktion auf 39

142 Ergebnisse durchschnittlich,3 (± 7,9) Auslassungen, von t3 zu t4 zeigte sich eine leichte Erhöhung auf durchschnittlich,7 (± 8,) Auslassungen. Eine Übersicht über die Testergebnisse der Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang 4. Abb. 7: Anzahl der Auslassungen beim Linien durchstreichen zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der TENS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) In der OKS-Gruppe betrug die durchschnittliche Anzahl von Auslassungen zum Testzeitpunkt t, (±,48) und reduzierte sich von t zu t auf durchschnittlich, (±7,9) Auslassungen. Von t zu t3 zeigte sich eine weitere Reduktion auf durchschnittlich (±,98) Auslassungen, zu t4 betrug die durchschnittliche Anzahl von Auslassungen,9 (± 3,3). Eine Übersicht über die Testergebnisse der Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang 4. 4

143 Ergebnisse Abb. 8: Anzahl der Auslassungen beim Linien durchstreichen zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der OKS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) Eine vergleichende Darstellung der Verläufe von t zu t4 in den 3 Gruppen liefert die folgende Abbildung: 8 6 Anzahl der Auslassungen Kontrollgruppe TENS-Gruppe OKS-Gruppe t t t3 t4 Testzeitpunkt Abb. 9: Verlauf beim Linien durchstreichen von t zu t4 in den drei Gruppen 4

144 Ergebnisse 4... Analyse der Daten der einzelnen Versuchspersonen Eine Analyse der Daten der einzelnen Versuchspersonen fand anhand einer Verlaufsdarstellung vom Testzeitpunkt t zum Testzeitpunkt t4 statt, d.h. anhand des Gesamtverlaufs einschließlich überdauerndem Effekt. Der Gesamtverlauf wurde gewählt, da nicht nur der Verlauf vom Beginn bis zum Ende der Therapie (also von t zu t3) relevant erscheint, sondern ein überdauernder Effekt über den Abschluß der Therapie hinaus maßgebend ist und die Effektivität einer Therapiemaßnahme entscheidend mitbestimmt. Die folgende Tabelle gibt getrennt für die drei Gruppen eine Übersicht über die Anzahl der Auslassungen zu t und t4 sowie die Verbesserung von t und zu t4, d.h. um wieviel sich die Auslassungen reduziert haben. t t4 Verbesserung Kontrollgruppe Mittelwert: 3, TENS-Gruppe Mittelwert: 9,9 4

145 Ergebnisse OKS-Gruppe Mittelwert: 3,3 Tab. 8: Anzahl der Auslassungen beim Linien durchstreichen zu t und t4 sowie die Verbesserung von t zu t4 (Verbesserung bedeutet Verminderung um x Auslassungen). Negative Zahlen bedeuten eine Verschlechterung von t zu t4. Graphisch lassen sich die Verläufe der Einzelpersonen getrennt für die drei Gruppen wie folgt darstellen: 4 3 Anzahl der Auslassungen 3 Kontrollgruppe TENS-Gruppe OKS-Gruppe Abb. 3: Darstellung der Verläufe der Einzelpersonen beim Linien durchstreichen von t zu t4 getrennt für die drei Gruppen In der Kontrollgruppe zeigten sich damit bei Personen Verschlechterungen von t zu t4 um bzw. Auslassungen mehr, bei zwei Probanden zeigte sich ein gleichbleibendes Ergebnis von t zu t4 und bei 6 Personen zeigten sich Verbesserungen, und zwar um, 43

146 Ergebnisse 3, 4,, 8 und 6 Auslassungen weniger zu t4 als zu t. Durchschnittlich zeigte sich damit in der Kontrollgruppe von t zu t4 eine Verbesserung in Form einer Reduktion um 3, Auslassungen. In der TENS-Gruppe zeigte sich bei einem Probanden eine Verschlechterung von t zu t4 um Auslassungen mehr, bei 9 Personen zeigten sich dagegen Verbesserungen, und zwar um,, 3, 4, 9, 6, 8, und 8 Auslassungen weniger zu t4 als zu t. Durchschnittlich zeigte sich damit in der TENS-Gruppe von t zu t4 eine Verbesserung in Form einer Reduktion um 9,9 Auslassungen. In der OKS-Gruppe zeigte sich bei einem Probanden eine Verschlechterung von t zu t4 um Auslassung mehr, bei einem Probanden zeigte sich ein gleichbleibendes Ergebnis von t zu t4 und bei 8 Personen zeigten sich Verbesserungen, und zwar um,,, 6,,, 3 und 3 Auslassungen weniger zu t4 als zu t. Durchschnittlich zeigte sich damit in der OKS-Gruppe von t zu t4 eine Verbesserung in Form einer Reduktion um 3,3 Auslassungen Sterne durchstreichen 4... Analyse der Gruppendaten Die durchschnittliche Anzahl von Auslassungen beim Sterne durchstreichen betrug in der Kontrollgruppe zum Testzeitpunkt t 3,4 (± 6,6). Von t zu t zeigte sich eine Verringerung der Auslassungen auf 9, (±,9), von t zu t3 verringerte sich die durchschnittliche Anzahl weiter auf 6, (± 6,) Auslassungen, von t3 zu t4 zeigte sich eine leichte Erhöhung auf durchschnittlich 6,7 (± 4,39) Auslassungen. Eine Übersicht über die Testergebnisse der Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang. 44

147 Ergebnisse Abb. 3: Anzahl der Auslassungen beim Sterne durchstreichen zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der Kontrollgruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) In der TENS-Gruppe betrug die durchschnittliche Anzahl von Auslassungen zum Testzeitpunkt t 3,7 (±,83) und verringerte sich von t zu t auf durchschnittlich,7 (± 7,) Auslassungen. Von t zu t3 zeigte sich eine weitere Reduktion auf durchschnittlich 9,3 (± 7,83) Auslassungen, von t3 zu t4 zeigte sich eine leichte Erhöhung auf durchschnittlich 9,7 (± 8,) Auslassungen. Eine Übersicht über die Testergebnisse der Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang. 4

148 Ergebnisse Abb. 3: Anzahl der Auslassungen beim Sterne durchstreichen zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der TENS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) In der OKS-Gruppe betrug die durchschnittliche Anzahl von Auslassungen zum Testzeitpunkt t 8 (±,63) und reduzierte sich von t zu t auf durchschnittlich,9 (± 8,) Auslassungen. Von t zu t3 zeigte sich eine weitere Reduktion auf durchschnittlich 6, (±,47) Auslassungen, zu t4 betrug die durchschnittliche Anzahl von Auslassungen ebenfalls 6, (± 7,). Eine Übersicht über die Testergebnisse der Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang. 46

149 Ergebnisse Abb. 33: Anzahl der Auslassungen beim Sterne durchstreichen zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der OKS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) Eine vergleichende Darstellung der Verläufe von t zu t4 in den 3 Gruppen liefert die folgende Abbildung: 3 3 Anzahl der Auslassungen Kontrollgruppe TENS-Gruppe OKS-Gruppe t t t3 t4 Testzeitpunkt Abb. 34: Verlauf beim Sterne durchstreichen von t zu t4 in den drei Gruppen 47

150 Ergebnisse 4... Analyse der Daten der einzelnen Versuchspersonen Eine Analyse der Daten der einzelnen Versuchspersonen fand wie in Kap anhand einer Verlaufsdarstellung vom Testzeitpunkt t zum Testzeitpunkt t4 statt. Die folgende Tabelle gibt getrennt für die drei Gruppen eine Übersicht über die Anzahl der Auslassungen zu t und t4 sowie die Verbesserung von t und zu t4, d.h. um wieviel sich die Auslassungen reduziert haben. t t4 Verbesserung Kontrollgruppe Mittelwert:, Mittelwert: 48

151 Ergebnisse OKS-Gruppe Mittelwert,9 Tab. 9: Anzahl der Auslassungen beim Sterne durchstreichen zu t und t4 sowie die Verbesserung von t zu t4 (Verbesserung bedeutet Verminderung um x Auslassungen). Negative Zahlen bedeuten eine Verschlechterung von t zu t4. Graphisch lassen sich die Verläufe der Einzelpersonen getrennt für die drei Gruppen wie folgt darstellen: 6 Anzahl der Auslassungen 4 3 Kontrollgruppe TENS-Gruppe OKS-Gruppe Abb. 3: Darstellung der Verläufe der Einzelpersonen beim Sterne durchstreichen von t zu t4 getrennt für die drei Gruppen In der Kontrollgruppe zeigten sich damit bei 3 Personen Verschlechterungen von t zu t4 um 9, 8 und 3 Auslassungen mehr, bei einem Probanden zeigte sich ein gleichbleibendes Ergebnis von t zu t4 und bei 6 Personen zeigten sich Verbesserungen, 49

152 Ergebnisse und zwar um, 3,, 6, 6 und 3 Auslassungen weniger zu t4 als zu t. Durchschnittlich zeigte sich damit in der Kontrollgruppe von t zu t4 eine Verbesserung in Form einer Reduktion um,7 Auslassungen. In der TENS-Gruppe zeigte sich bei drei Probanden ein gleichbleibendes Ergebnis von t zu t4, bei 7 Personen zeigten sich Verbesserungen, und zwar um 6, 7, 8,, 9 und 47 Auslassungen weniger zu t4 als zu t. Durchschnittlich zeigte sich damit in der TENS-Gruppe von t zu t4 eine Verbesserung in Form einer Reduktion um Auslassungen. In der OKS-Gruppe zeigten sich bei allen Probanden Verbesserungen, und zwar um 4,,, 3, 3, 3, 6, 3, 34 und 43 Auslassungen weniger zu t4 als zu t. Durchschnittlich zeigte sich damit in der OKS-Gruppe von t zu t4 eine Verbesserung in Form einer Reduktion um,9 Auslassungen Linien halbieren Analyse der Gruppendaten Die durchschnittliche Abweichung in mm nach rechts von der Linienmitte beim Linien halbieren betrug in der Kontrollgruppe zum Testzeitpunkt t 37,4 (± 84,64). Von t zu t zeigte sich eine leichte Erhöhung der Abweichung auf 4 (± 7,9) mm, von t zu t3 verringerte sich die Abweichung wieder leicht auf 37 (± 78,76) mm, von t3 zu t4 zeigte sich eine weitere Reduktion auf durchschnittlich 9 (± 67,8) mm. Eine Übersicht über die Testergebnisse der Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang 6.

153 Ergebnisse Abb. 36: Abweichung in mm beim Linien halbieren zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der Kontrollgruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) In der TENS-Gruppe betrug die durchschnittliche Abweichung in mm zum Testzeitpunkt t 43, (± 79,34) und verringerte sich von t zu t auf durchschnittlich 99 (± 93,43) mm Abweichung. Von t zu t3 zeigte sich eine weitere Reduktion auf durchschnittlich 83, (± 89,66) mm, von t3 zu t4 zeigte sich eine Erhöhung auf durchschnittlich 9,8 (± 9,6) mm Abweichung. Eine Übersicht über die Testergebnisse der Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang 6.

154 Ergebnisse Abb. 37: Abweichung in mm beim Linien halbieren zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der TENS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) In der OKS-Gruppe betrug die durchschnittliche Abweichung im mm zum Testzeitpunkt t,4 (± 8,9) und reduzierte sich von t zu t auf durchschnittlich 74,9 (± 74,) mm Abweichung. Von t zu t3 zeigte sich eine weitere Reduktion auf durchschnittlich 7 (± 7,34) mm, zu t4 betrug die durchschnittliche Abweichung in mm 4,3 (± 44,89). Eine Übersicht über die Testergebnisse der Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang 6.

155 Ergebnisse Abb. 38: Abweichung in mm beim Linien halbieren zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der OKS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) Eine vergleichende Darstellung der Verläufe von t zu t4 in den 3 Gruppen liefert die folgende Abbildung: 6 4 Abweichung in mm Kontrollgruppe TENS-Gruppe OKS-Gruppe t t t3 t4 Testzeitpunkt Abb. 39: Verlauf beim Linien halbieren von t zu t4 in den drei Gruppen 3

156 Ergebnisse Analyse der Daten der einzelnen Versuchspersonen Eine Analyse der Daten der einzelnen Versuchspersonen fand auch hier anhand einer Verlaufsdarstellung vom Testzeitpunkt t zum Testzeitpunkt t4 statt. Die folgende Tabelle gibt getrennt für die drei Gruppen eine Übersicht über die Abweichung in mm zu t und t4 sowie die Verbesserung von t und zu t4, d.h. um wieviel sich die Abweichung von der Mitte nach rechts von t zu t4 reduziert hat. t t4 Verbesserung Kontrollgruppe Mittelwert 8,4 TENS-Gruppe Mittelwert:,4 4

157 Ergebnisse OKS-Gruppe Mittelwert: 7, Tab. : Abweichung in mm beim Linien halbieren zu t und t4 sowie die Verbesserung von t zu t4 (Verbesserung bedeutet Verminderung der Abweichung um x mm). Negative Zahlen bedeuten eine Verschlechterung von t zu t4. Graphisch lassen sich die Verläufe der Einzelpersonen getrennt für die drei Gruppen wie folgt darstellen: 4 Abweichung in mm Kontrollgruppe TENS-Gruppe OKS-Gruppe Abb. 4: Darstellung der Verläufe der Einzelpersonen beim Linien halbieren von t zu t4 getrennt für die drei Gruppen

158 Ergebnisse In der Kontrollgruppe zeigten sich bei Personen Verschlechterungen von t zu t4 auf eine um 49, 3, 3, 6 und mm höhere Abweichung von der Mitte. Bei den übrigen Probanden zeigten sich von t zu t4 Verbesserungen, und zwar um eine um 9,, 34, 39 und 6 mm geringere Abweichung von der Mitte. Durchschnittlich zeigte sich damit in der Kontrollgruppe von t zu t4 eine Verbesserung auf eine 8,4 mm geringere Abweichung. In der TENS-Gruppe zeigte sich bei zwei Probanden eine Verschlechterung von t zu t4 auf 46 und 8 mm mehr Abweichung, bei 8 Personen zeigten sich Verbesserungen, und zwar um, 7,, 8, 6, 78, 9 und 6 mm weniger Abweichung. Durchschnittlich zeigte sich damit in der TENS-Gruppe von t zu t4 eine Verbesserung auf eine,4 mm geringere Abweichung von der Mitte. In der OKS-Gruppe zeigten sich bei allen Probanden Verbesserungen, und zwar auf eine um, 4, 7, 37, 4, 74, 3,, 4 und 34 mm geringere Abweichung von der Mitte zum Testzeitpunkt t4. Durchschnittlich zeigte sich damit in der OKS-Gruppe von t zu t4 eine Verbesserung auf eine 7, mm geringere Abweichung Figuren zeichnen Beurteilerkonkordanz Die unter Verwendung von Urteilerkonkordanzanalysen (Kendall Tau) überprüfte Übereinstimmung des. und. Raters ergab, daß die Beurteilungen der beiden Auswerter konkordant waren, d.h. sie stimmten in großem Umfang bzgl. der Punktvergabe beim Abzeichnen der Figuren überein. Die folgende Tabelle stellt die Konkordanzmaße nach Kendall dar, wobei ein Wert von eine völlige Konkordanz widerspiegelt, während der Wert Diskordanz wiedergibt. 6

159 Ergebnisse Figur Testzeitpunkt Kendall Tau Signifikanz Stern Raute Blume t.934. t.89. t3.84. t4.87. t.83. t.866. t3.84. t4.83. t.78. t.89. t3.86. t4.86. Tab.: Darstellung der Urteilerkonkordanz beim Figuren zeichnen, die mittels Kendall-Tau-Analysen ermittelt wurde Analyse der Gruppendaten Die durchschnittliche Punktzahl beim Figuren zeichnen betrug in der Kontrollgruppe zum Testzeitpunkt t,3 (± 3,77). Von t zu t zeigte sich eine leichte Erhöhung der durchschnittlichen Punktzahl auf,9 (±,69), von t zu t3 verringerte sich die Punktzahl wieder leicht auf, (±,84), von t3 zu t4 zeigte sich eine Erhöhung auf durchschnittlich 6 (±,67) Punkte. Eine Übersicht über die Testergebnisse der Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang 7. 7

160 Ergebnisse Abb. 4: Punkte beim Figuren abzeichnen zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der Kontrollgruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) In der TENS-Gruppe betrug die durchschnittliche Punktzahl zum Testzeitpunkt t 3,6 (±,7) und erhöhte sich von t zu t auf durchschnittlich 6, (± 4,7) Punkte. Von t zu t3 zeigte sich eine weitere Erhöhung auf durchschnittlich 6,7 (± 3,4) Punkte, von t3 zu t4 zeigte sich erneut eine Erhöhung auf durchschnittlich 7,4 (± 3,68) Punkte. Eine Übersicht über die Testergebnisse der Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang 7. 8

161 Ergebnisse Abb. 4: Punkte beim Figuren abzeichnen zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der TENS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) In der OKS-Gruppe betrug die durchschnittliche Punktzahl zum Testzeitpunkt t, (± 3,39) und erhöhte sich von t zu t auf durchschnittlich 8,3 (±,63) Punkte. Von t zu t3 zeigte sich eine weitere Erhöhung auf durchschnittlich,7 (±,7) Punkte, zu t4 betrug die durchschnittliche Punktzahl,3 (± ). Eine Übersicht über die Testergebnisse der Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang 7. 9

162 Ergebnisse Abb. 43: Punkte beim Figuren abzeichnen zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der OKS- Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) Eine vergleichende Darstellung der Verläufe von t zu t4 in den 3 Gruppen liefert die folgende Abbildung: Punkte Kontrollgruppe TENS-Gruppe OKS-Gruppe t t t3 t4 Testzeitpunkt Abb. 44: Verlauf beim Figuren abzeichnen von t zu t4 in den drei Gruppen 6

163 Ergebnisse Analyse der Daten der einzelnen Versuchspersonen Die folgende Tabelle gibt getrennt für die drei Gruppen eine Übersicht über die Anzahl der Punkte zu t und t4 sowie die Verbesserung von t und zu t4, d.h. um wieviel sich die Punktzahl von t zu t4 erhöht hat. t t4 Verbesserung Kontrollgruppe Mittelwert:, TENS-Gruppe Mittelwert: 3,8 6

164 Ergebnisse OKS-Gruppe Mittelwert:,7 Tab. : Anzahl der Punkte beim Figuren zeichnen zu t und t4 sowie die Verbesserung von t zu t4 (Verbesserung bedeutet Erhöhung der Punktzahl um x Punkte). Negative Zahlen bedeuten eine Verschlechterung von t zu t4. Graphisch lassen sich die Verläufe der Einzelpersonen getrennt für die drei Gruppen wie folgt darstellen: 8 Punkte 6 4 Kontrollgruppe TENS-Gruppe OKS-Gruppe Abb. 4: Darstellung der Verläufe der Einzelpersonen beim Figuren abzeichnen von t zu t4 getrennt für die drei Gruppen In der Kontrollgruppe zeigten sich damit bei Personen Verschlechterungen von t zu t4 in Form einer Reduktion um 3,,, und Punkt(e). Bei zwei Probanden zeigte sich ein gleichbleibendes Ergebnis, bei den übrigen 3 Probanden zeigten sich von t zu t4 6

165 Ergebnisse Verbesserungen, und zwar um 3, 4 und Punkte. Durchschnittlich zeigte sich damit in der Kontrollgruppe von t zu t4 eine Verbesserung um, Punkte. In der TENS-Gruppe zeigte sich bei einem Probanden eine Verschlechterung von t zu t4 um einen Punkt, bei einer Person zeigte sich ein gleichbleibendes Ergebnis und bei 8 Personen zeigten sich Verbesserungen, und zwar um,,,, 6, 7, 7 und 9 Punkte. Durchschnittlich zeigte sich damit in der TENS-Gruppe von t zu t4 eine Verbesserung um 3,8 Punkte. In der OKS-Gruppe zeigten sich bei allen Probanden Verbesserungen, und zwar um,, 3, 4, 6, 6, 6, 7, 8 und 9 Punkte. Durchschnittlich zeigte sich damit in der OKS- Gruppe von t zu t4 eine Verbesserung um,7 Punkte Freies Zeichnen 4... Beurteilerkonkordanz Die unter Verwendung von Urteilerkonkordanzanalysen (Kendall Tau) überprüfte Übereinstimmung des. und. Raters ergab, daß die Beurteilungen der beiden Auswerter konkordant waren, d.h. sie stimmten in großem Umfang bzgl. der Punktvergabe beim freien Zeichnen überein. Die folgende Tabelle stellt die Konkordanzmaße nach Kendall dar, wobei ein Wert von eine völlige Konkordanz widerspiegelt, während der Wert Diskordanz wiedergibt. Testzeitpunkt Kendall Tau Signifikanz t.7. t.93. t3.83. t Tab.3: Darstellung der Urteilerkonkordanz beim freien Zeichnen, die mittels Kendall- Tau-Analysen ermittelt wurde 63

166 Ergebnisse 4... Analyse der Gruppendaten Die durchschnittliche Punktzahl beim freien Zeichnen betrug in der Kontrollgruppe zum Testzeitpunkt t,7 (±,6). Von t zu t zeigte sich eine leichte Reduktion der durchschnittlichen Punktzahl auf, (±,97), von t zu t3 erhöhte sich die Punktzahl wieder leicht auf,8 (±,3), zu t4 lag die durchschnittliche Punktzahl weiter bei,8 (±,9). Eine Übersicht über die Testergebnisse der Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang 8. Abb. 46: Punkte beim freien Zeichnen zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der Kontrollgruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) In der TENS-Gruppe betrug die durchschnittliche Punktzahl zum Testzeitpunkt t, (±,88) und erhöhte sich von t zu t auf durchschnittlich,8 (±,6) Punkte. Von t zu t3 zeigte sich eine weitere, leichte Erhöhung auf durchschnittlich,9 (±,9) Punkte, von t3 zu t4 zeigte sich erneut eine Erhöhung auf durchschnittlich 3,4 (±,6) Punkte. Eine Übersicht über die Testergebnisse der Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang 8. 64

167 Ergebnisse Abb. 47: Punkte beim freien Zeichnen zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der TENS- Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) In der OKS-Gruppe betrug die durchschnittliche Punktzahl zum Testzeitpunkt t,6 (±,7) und erhöhte sich von t zu t auf durchschnittlich 3,6 (±,7) Punkte. Von t zu t3 zeigte sich eine weitere Erhöhung auf durchschnittlich 4,3 (±,8) Punkte, zu t4 betrug die durchschnittliche Punktzahl weiter 4,3 (±,67). Eine Übersicht über die Testergebnisse der Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang 8. 6

168 Ergebnisse Abb. 48: Punkte beim freien Zeichnen zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der OKS- Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) Eine vergleichende Darstellung der Verläufe von t zu t4 in den 3 Gruppen liefert die folgende Abbildung: 4, 4 Punkte 3, 3,,, Kontrollgruppe TENS-Gruppe OKS-Gruppe t t t3 t4 Testzeitpunkt Abb. 49: Verlauf beim freien Zeichnen von t zu t4 in den drei Gruppen 66

169 Ergebnisse Analyse der Daten der einzelnen Versuchspersonen Die folgende Tabelle gibt getrennt für die drei Gruppen eine Übersicht über die Anzahl der Punkte zu t und t4 sowie die Verbesserung von t und zu t4, d.h. um wieviel sich die Anzahl der Punkte von t zu t4 erhöht hat. t t4 Verbesserung Kontrollgruppe Mittelwert:, TENS-Gruppe Mittelwert:,3 67

170 Ergebnisse OKS-Gruppe Mittelwert:,7 Tab. 4: Anzahl der Punkte beim freien Zeichnen zu t und t4 sowie die Verbesserung von t zu t4 (Verbesserung bedeutet Erhöhung der Punktzahl um x Punkte). Negative Zahlen bedeuten eine Verschlechterung von t zu t4. Graphisch lassen sich die Verläufe der Einzelpersonen getrennt für die drei Gruppen wie folgt darstellen: 4 Punkte 3 Kontrollgruppe TENS-Gruppe OKS-Gruppe Abb. : Darstellung der Verläufe der Einzelpersonen beim freien Zeichnen von t zu t4 getrennt für die drei Gruppen In der Kontrollgruppe zeigten sich bei 3 Personen Verschlechterungen von t zu t4, und zwar um, und Punkt(e) weniger. Bei drei Probanden zeigte sich ein 68

171 Ergebnisse gleichbleibendes Ergebnis, bei den übrigen 4 Probanden zeigten sich von t zu t4 Verbesserungen, und zwar um,, und Punkte mehr. Durchschnittlich zeigte sich damit in der Kontrollgruppe von t zu t4 eine Verbesserung um, Punkte. In der TENS-Gruppe zeigte sich bei zwei Probanden ein gleichbleibendes Ergebnis und bei 8 Personen zeigten sich Verbesserungen, und zwar um,,,,,, und 3 Punkte. Durchschnittlich zeigte sich damit in der TENS-Gruppe von t zu t4 eine Verbesserung um,3 Punkte. In der OKS-Gruppe zeigte sich bei einem Probanden ein gleichbleibendes Ergebnis, bei 9 Personen zeigten sich Verbesserungen, und zwar um,,,,,, 3, 3 und 4 Punkte. Durchschnittlich zeigte sich damit in der OKS-Gruppe von t zu t4 eine Verbesserung um,7 Punkte Untertest Neglect aus der TAP Analyse der Gruppendaten Die durchschnittliche Anzahl von Auslassungen im Untertest Neglect aus der TAP betrug in der Kontrollgruppe zum Testzeitpunkt t 3, (±,83). Von t zu t zeigte sich eine Reduktion der durchschnittlichen Anzahl an Auslassungen auf 7,3 (±,8), von t zu t3 zeigte sich eine Erhöhung auf (±,6) Auslassungen, zu t4 lag die durchschnittliche Anzahl von Auslassungen bei 6, (±,74). Eine Übersicht über die Testergebnisse der Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang 9. 69

172 Ergebnisse Abb. : Anzahl der Auslassungen im Untertest Neglect aus der TAP zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der Kontrollgruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) In der TENS-Gruppe betrug die durchschnittliche Anzahl von Auslassungen in der Neglecttestung aus der TAP zum Testzeitpunkt t 3, (±,6) und reduzierte sich von t zu t auf durchschnittlich 6,3 (± 3,38) Auslassungen. Von t zu t3 zeigte sich eine weitere Reduktion auf durchschnittlich 4 (± 3,3) Auslassungen, von t3 zu t4 zeigte sich eine weitere Reduktion auf 3, (± 4,96) Auslassungen. Eine Übersicht über die Testergebnisse der Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang 9. 7

173 Ergebnisse Abb. : Anzahl der Auslassungen im Untertest Neglect aus der TAP zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der TENS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) In der OKS-Gruppe betrug die durchschnittliche Anzahl von Auslassungen in der Neglecttestung aus der TAP zu t,7 (±,8) und reduzierte sich von t zu t auf durchschnittlich 7, (± 3,4) Auslassungen. Von t zu t3 zeigte sich eine weitere Reduktion auf durchschnittlich,3 (±,9) Auslassungen, zu t4 betrug die durchschnittliche Anzahl von Auslassungen,6 (±,). Eine Übersicht über die Testergebnisse der Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang 9. 7

174 Ergebnisse Abb. 3: Anzahl der Auslassungen im Untertest Neglect aus der TAP zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der OKS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) Eine vergleichende Darstellung der Verläufe von t zu t4 in den 3 Gruppen liefert die folgende Abbildung: Auslassungen Kontrollgruppe TENS-Gruppe OKS-Gruppe t t t3 t4 Testzeitpunkt Abb. 4: Verlauf im Untertest Neglect aus der TAP von t zu t4 in den drei Gruppen 7

175 Ergebnisse Analyse der Daten der einzelnen Versuchspersonen Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Anzahl der Auslassungen im Untertest Neglect aus der TAP zu t und t4 sowie die Verbesserung von t und zu t4, d.h. um wieviel sich die Anzahl der Auslassungen von t zu t4 reduziert hat. t t4 Verbesserung Kontrollgruppe Mittelwert: 7,3 TENS-Gruppe Mittelwert: 9,9 73

176 Ergebnisse OKS-Gruppe Mittelwert: 9, Tab. : Anzahl der Auslassungen im Untertest Neglect aus der TAP zu t und t4 sowie die Verbesserung von t zu t4 (Verbesserung bedeutet Verminderung um x Auslassungen). Negative Zahlen bedeuten eine Verschlechterung von t zu t4. Graphisch lassen sich die Verläufe der Einzelpersonen getrennt für die drei Gruppen wie folgt darstellen: Anzahl der Auslassungen Kontrollgruppe TENS-Gruppe OKS-Gruppe Abb. : Darstellung der Verläufe der Einzelpersonen im Untertest Neglect aus der TAP von t zu t4 getrennt für die drei Gruppen 74

177 Ergebnisse In der Kontrollgruppe zeigte sich bei einer Person eine Verschlechterung von t zu t4, und zwar um Auslassungen mehr. Bei den übrigen 9 Probanden zeigten sich von t zu t4 Verbesserungen, und zwar in Form einer Reduktion um, 3, 3, 4, 9, 9,, 3 und Auslassungen. Durchschnittlich zeigte sich damit in der Kontrollgruppe von t zu t4 eine Verbesserung in Form einer Reduktion um 7,3 Auslassungen. In der TENS-Gruppe zeigte sich bei Personen eine Verschlechterung von t zu t4, und zwar um bzw. Auslassung(en) mehr. Bei einem Probanden zeigte sich ein gleichbleibendes Ergebnis. Bei den übrigen 7 Personen zeigten sich Verbesserungen, und zwar um 7,,, 7, 7, 7 und 9 Auslassungen weniger. Durchschnittlich zeigte sich damit in der TENS-Gruppe von t zu t4 eine Verbesserung in Form einer Reduktion um 9,9 Auslassungen. In der OKS-Gruppe zeigte sich bei einer Person eine Verschlechterung von t zu t4, und zwar um Auslassungen mehr. Bei allen weiteren 9 Probanden zeigten sich Verbesserungen, und zwar um, 4, 4, 8,, 3, 6, 8 und 9 Auslassungen weniger. Durchschnittlich zeigte sich damit in der OKS-Gruppe von t zu t4 eine Verbesserung in Form einer Reduktion um 9, Auslassungen. 4.. Gesamtscore für das Linien durchstreichen, Sterne durchstreichen, Linien halbieren, Figuren abzeichnen, freie Zeichnen und den Neglect-Test (TAP) Zur Orientierung, ob den Testaufgaben eine oder mehrere Dimensionen zugrundeliegen, wurde eine exploratorische Faktorenanalyse durchgeführt. Der Eigenwertverlauf (8,9% der Varianz sind zu t durch den ersten Faktor erklärbar, zu t sind 6,97%, zu t3 69,63% und zu t4 7,8% der Varianz durch den ersten Faktor erklärbar) deutet auf eine einfaktorielle Variablenstruktur hin. Daher wurden die Aufgaben als zu einer einzigen Dimension gehörig betrachtet und zur Auswertung für die verwendeten Untertests aus dem NET sowie den Neglect-Test aus der TAP ein Gesamtscore gebildet. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Ergebnisse der Faktorenanalysen (Kommunlitäten und Itemladungen auf den ersten Faktor) getrennt für die Testzeitpunkte t bis t4: 7

178 Ergebnisse t t t3 t4 Faktorladunnalitädunnalitädunnalitädung Kommu- Faktorla- Kommu- Faktorla- Kommu- Faktorla- Kommunalität Linien durchstreichen Sterne durchstreichen Linien halbieren Figuren zeichnen freies Zeichnen TAP- Neglect,864,747,883,779,868,74,9,93,869,76,884,78,99,86,896,8,789,6,868,74,877,77,899,89 -,79,76 -,87,683 -,894,799 -,94,87 -,6,39 -,486,36 -,637,46 -,76,77,667,44,738,44,766,87,78,69 Tab. 6: Ergebnisse der Faktorenanalysen getrennt für die Testzeitpunkte t-t4 (Kommunalitäten und Itemladungen auf dem ersten Faktor) 4... Gruppenauswertung Der durchschnittliche Gesamtscore betrug in der Kontrollgruppe zum Testzeitpunkt t 3,4 (±,38). Von t zu t zeigte sich eine leichte Erhöhung auf 3,38 (±,34), von t zu t3 zeigte sich eine weitere Erhöhung des Gesamtscores auf 3,49 (±,43), zu t4 lag der durchschnittliche Gesamtscore bei 3,47 (±,). Eine Übersicht über die Gesamtscores sowie deren Zusammensetzung aus den Ergebnissen der einzelnen Testverfahren bei den Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang A3. 76

179 Ergebnisse Abb. 6: Gesamtscore zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der Kontrollgruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) In der TENS-Gruppe betrug der durchschnittliche Gesamtscore zum Testzeitpunkt t,89 (±,3) und erhöhte sich von t zu t auf durchschnittlich 3,77 (±,466). Von t zu t3 zeigte sich eine weitere Erhöhung auf durchschnittlich 4,7 (±,433), zu t4 zeigte sich ein durchschnittlicher Gesamtscore von 4,7 (±,89). Eine Übersicht über die Gesamtscores sowie deren Zusammensetzung aus den Ergebnissen der einzelnen Testverfahren bei den Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang A3. 77

180 Ergebnisse Abb. 7: Gesamtscore zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der TENS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) In der OKS-Gruppe betrug der durchschnittliche Gesamtscore zu t 3,4 (±,3) und erhöhte sich von t zu t auf durchschnittlich 4,3 (±,877). Von t zu t3 zeigte sich eine weitere Erhöhung auf durchschnittlich,4 (±,), zu t4 betrug der durchschnittliche Gesamtscore, (±,3). Eine Übersicht über die Gesamtscores sowie deren Zusammensetzung aus den Ergebnissen der einzelnen Testverfahren bei den Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang A3. 78

181 Ergebnisse Abb. 8: Gesamtscore zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der OKS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) Eine vergleichende Darstellung der Verläufe von t zu t4 in den 3 Gruppen liefert die folgende Abbildung: 6 Gesamtscore 4 3 Kontrollgruppe TENS-Gruppe OKS-Gruppe t t t3 t4 Testzeitpunkt Abb. 9: Verlauf des Gesamtscores von t zu t4 in den drei Gruppen Da die Voraussetzungen für einen parametrische Auswertung der Daten nicht erfüllt waren, wurde eine nonparametrische Auswertung per Mann-Whitney-U-Tests und 79

182 Ergebnisse Wilcoxon-Tests durchgeführt. Der Gesamtscore zum Testzeitpunkt t unterschied sich in den drei Gruppen nicht signifikant voneinander (Kontrollgruppe/ TENS-Gruppe: U=4, p=,739; Kontrollgruppe/ OKS-Gruppe: U=49, p=,97; TENS-Gruppe/ OKS- Gruppe: U=39, p=,436), so daß ein vergleichbares Ausgangsniveau gegeben war. Zum Vergleich der drei Gruppen wurden zunächst die relevanten Differenzen zwischen folgenden Testzeitpunkten berechnet: t-t (Verlauf innerhalb der ersten Therapiehälfte), t3-t (Verlauf vom Beginn bis zum Ende der Therapie), t4-t (Gesamtverlauf einschließlich überdauerndem Effekt über die Therapie hinaus), t3-t (Verlauf innerhalb der zweiten Therapiehälfte). Eine Übersicht über die Differenzwerte liefert die Tabelle im Anhang A3. Dann erfolgte ein Vergleich der Differenzwerte zwischen den Gruppen per Mann-Whitney-U-Tests. Es wurde eine α-adjustierung per sequentieller Bonferroni-Korrektur nach Holm (vgl. hierzu Holm, 979; Bortz, 999; Sankoh et al., 997) durchgeführt (α zwischen,4 und,6). Diese wurde einer herkömmlichen Bonferroni-Korrektur vorgezogen, da diese sehr konservativ und damit in der Regel zu streng ist. Beim Vergleich der Kontroll- und der TENS-Gruppe zeigte sich für die Differenz t3-t ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen, alle weiteren Differenzen unterschieden sich nicht signifikant zwischen den beiden Gruppen (t-t: U=,, p=,9; t3-t: U=4, p=,; t4-t: U=, p=,3; t3-t: U=3, p=,97). Damit zeigte sich eine höhere Zunahme des Gesamtscores von t zu t3, also vom Beginn bis zum Ende der Therapie, in der TENS- als in der Kontrollgruppe. Es zeigte sich kein Unterschied bzgl. des langfristigen Effekts vom Beginn der Therapie bis eine Woche nach Beendigung der Therapie, auch der Verlauf innerhalb der Therapie unterschied sich nicht zwischen den beiden Gruppen. Beim Vergleich der Kontroll- und der OKS-Gruppe zeigte sich für die Differenzen t- t, t3-t und t4-t ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen (t-t: U=, p=,; t3-t: U=7, p=,; t4-t: U=3, p=,4). Die Differenz t3-t unterschied sich nicht statistisch signifikant zwischen Kontroll- und OKS-Gruppe (t3-t: U=7, p=,). Damit zeigte sich von t zu t3, also vom Beginn bis zum Ende der Therapie eine signifikant höhere Zunahme des Gesamtscores in der OKS-Gruppe als in der Kontrollgruppe. Die signifikant höhere Zunahme des Gesamtscores in der OKS- Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe zeigte sich auch zwischen t und t4, das heißt, vom Beginn der Therapie bis zum Follow-Up eine Woche nach Ende der 8

183 Ergebnisse Therapie, also auch überdauernd. Vom Verlauf innerhalb der Therapie zeigte sich in der OKS-Gruppe eine signifikant höhere Verbesserung von t zu t, also innerhalb der ersten Therapiesitzungen, während der Verlauf sich von t zu t3, also innerhalb der nächsten Therapiesitzungen, nicht signifikant zwischen den Gruppen unterschied. Beim Vergleich der TENS- und der OKS-Gruppe zeigte sich für keine der Differenzen ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen (t-t: U=4, p=,48; t3-t: U= 3, p=,9; t4-t: U=4, p=,9; t3-t: U=34, p=,47). Die beiden Gruppen unterschieden sich damit nicht signifikant bzgl. Therapieeffekten und -verlauf. Neben dem Vergleich zwischen den Gruppen wurde der Verlauf innerhalb der Gruppen für jede der Gruppen anhand von Wilcoxon Tests überprüft. Folgende Testzeitpunkte wurden miteinander verglichen: t/t (Verlauf innerhalb der ersten Therapiehälfte), t/t3 (Verlauf vom Beginn bis zum Ende der Therapie), t/t4 (Gesamtverlauf einschließlich überdauerndem Effekt über die Therapie hinaus), t/t3 (Verlauf innerhalb der zweiten Therapiehälfte), t3/t4 (Verlauf innerhalb einer Woche nach Beendigung der Therapie). Es wurde für jede der drei Gruppen eine α-adjustierung per sequentieller Bonferroni- Korrektur nach Holm durchgeführt (α zwischen, und,). In der Kontrollgruppe ergab sich bei den anhand von Wilcoxon-Tests durchgeführten Vergleichen zwischen den 4 Testzeitpunkten bei keinem der Paarvergleiche ein statistisch signifikantes Ergebnis (t/t: Z=-,74, p=,3; t/t3: Z=-98, p=,39; t/t3: Z=-,663, p=,8; t3/t4: Z=-,886, p=,9). Damit war in der Kontrollgruppe kein statistisch signifikanter Therapieeffekt zu verzeichnen. In der TENS-Gruppe zeigte sich mit Ausnahme des Paarvergleichs t3/t4 bei allen Paarvergleichen ein statistisch signifikantes Ergebnis (t/t: Z=-,99, p=,9; t/t3: Z=-,83 p=,; t/t4: Z=-,99, p=,9; t/t3: Z=-,93, p=,; t3/t4: Z=-,74, p=,47). Damit zeigte sich in der TENS-Gruppe eine statistisch signifikante Verbesserung vom Beginn bis zum Ende der Therapie wie auch vom Beginn bis zum Follow-Up eine Woche nach Beendigung der Therapie, was einen überdauernden Therapieeffekt dokumentiert. Vom Verlauf innerhalb der Therapie zeigte sich sowohl innerhalb der ersten Therapiesitzungen wie auch in der zweiten Therapiehälfte eine statistisch signifikante Verbesserung. Von t3 zu t4 zeigte sich keine statistisch 8

184 Ergebnisse signifikante Veränderung mehr, d.h. es trat nach Beendigung der Therapie weder eine weitere Verbesserung noch eine erneute Verschlechterung auf. Auch in der OKS-Gruppe zeigte sich bei allen Paarvergleichen mit Ausnahme des Paarvergleichs t3/t4 ein statistisch signifikantes Ergebnis (t/t: Z=-,83, p=,; t/t3: Z=-,83, p=,; t/t4: Z=-,83, p=,; t/t3: Z=-,93, p=,; t3/t4: Z=-,37, p=,7). Damit zeigte sich in der OKS-Gruppe eine statistisch signifikante Verbesserung vom Beginn bis zum Ende der Therapie wie auch vom Beginn bis zum Follow-Up eine Woche nach Beendigung der Therapie, was einen überdauernden Therapieeffekt dokumentiert. Vom Verlauf innerhalb der Therapien zeigte sich sowohl innerhalb der ersten Therapiesitzungen wie auch in der zweiten Therapiehälfte eine statistisch signifikante Verbesserung. Von t3 zu t4 zeigte sich keine statistisch signifikante Veränderung mehr, d.h. es trat nach Beendigung der Therapie weder eine weitere Verbesserung noch eine erneute Verschlechterung auf Analyse der Daten der einzelnen Versuchspersonen Eine Analyse der Daten der einzelnen Versuchspersonen fand wie in den vorangegangenen Kapiteln anhand einer Verlaufsdarstellung vom Testzeitpunkt t zum Testzeitpunkt t4 statt. Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Höhe des Gesamtscores zu t und t4 sowie die Verbesserung von t und zu t4, d.h. um wieviel sich der Gesamtscore von t zu t4 erhöht hat. 8

185 Ergebnisse t t4 Verbesserung Kontrollgruppe 4,779 4,3 -,66 4,73 4,94,89,4 4,983 -,7,99 3,76,8 3,44 3,6 -,3,464 3,3,67,78 4,74,36,7,98,7,67,36 -,,86,934,8 Mittelwert:,398 TENS-Gruppe,8,73 3,4,73,6,99,943 4,48,37,79,773,64,4,7,96,4,6 -,87 3,79,6,7 3,8 4,493,7 3,89,4,6 4,87,79,43 Mittelwert:,48 OKS-Gruppe,97 4,444,37 4,67,46,849,46,8 3,336 3,96 4,9,948,893 4,38 3,4 4,6,67,97,67 4,78,,849,87,738,77,8,34 4,67,97,97 Mittelwert:,97 Tab. 7: Gesamtscore zu t und t4 sowie die Verbesserung von t zu t4 (Verbesserung bedeutet Erhöhung des Gesamtscores). Negative Zahlen bedeuten eine Verschlechterung von t zu t4. 83

186 Ergebnisse Graphisch lassen sich die Verläufe der Einzelpersonen getrennt für die drei Gruppen wie folgt darstellen: 6 4 Gesamtscore 3 Kontrollgruppe TENS-Gruppe OKS-Gruppe Abb. 6: Darstellung der Verläufe der Einzelpersonen beim Gesamtscore von t zu t4 getrennt für die drei Gruppen In der Kontrollgruppe zeigte sich bei 4 Personen eine Verschlechterung von t zu t4, und zwar auf einen um,3;,66;, und,7 Punkte reduzierten Gesamtscore. Bei den übrigen 6 Probanden zeigten sich von t zu t4 Verbesserungen, und zwar in Form einer Erhöhung des Gesamtscores um,89;,7;,8;,8;,36 und,67 Punkte. Durchschnittlich zeigte sich damit in der Kontrollgruppe von t zu t4 eine Verbesserung in Form einer Erhöhung des Gesamtscores um,398. In der TENS-Gruppe zeigte sich bei einer Person eine Verschlechterung von t zu t4, und zwar auf einen um,87 reduzierten Gesamtscore. Bei den übrigen 9 Probanden zeigten sich von t zu t4 Verbesserungen, und zwar in Form einer Erhöhung des Gesamtscores um,64;,96;,7;,7;,43;,37;,6;,99 und 3,4 Punkte. Durchschnittlich zeigte sich damit in der TENS-Gruppe von t zu t4 eine Verbesserung in Form einer Erhöhung des Gesamtscores um,48 Punkte. In der OKS-Gruppe zeigten sich bei allen Probanden von t zu t4 Verbesserungen, und zwar in Form einer Erhöhung des Gesamtscores um,849;,97;,948;,97;,37; 84

187 Ergebnisse,;,34;,738; 3,4 und 3,336 Punkte. Durchschnittlich zeigte sich damit in der OKS-Gruppe von t zu t4 eine Verbesserung in Form einer Erhöhung des Gesamtscores um,97 Punkte Ergebnisse in den alltagsrelevanten Verfahren (Lesen und Schreiben) Lesen Analyse der Gruppendaten Die durchschnittliche Anzahl von Auslassungen und Fehlern beim Lesen betrug in der Kontrollgruppe zum Testzeitpunkt t 83,4 (± 4,3). Von t zu t zeigte sich eine Reduktion der durchschnittlichen Anzahl an Auslassungen/ Fehlern auf 73, (± 4,), von t zu t3 zeigte sich eine weitere Reduktion auf 67, (± 37,67) Auslassungen/ Fehler, zu t4 lag die durchschnittliche Anzahl von Auslassungen und Fehlern bei 6,9 (± 3,44). Eine Übersicht über die Testergebnisse der Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang A3. Abb. 6: Anzahl der Auslassungen und Fehler beim Lesen zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der Kontrollgruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 8

188 Ergebnisse In der TENS-Gruppe betrug die durchschnittliche Anzahl von Auslassungen und Fehlern beim Lesen zum Testzeitpunkt t 7,8 (± 46,8) und reduzierte sich von t zu t auf durchschnittlich 3, (± 39,88) Auslassungen/ Fehler. Von t zu t3 zeigte sich eine weitere Reduktion auf durchschnittlich 4, (±,44) Auslassungen/ Fehler, zu t4 zeigte sich ebenfalls eine durchschnittliche Anzahl von 4, (± ) Auslassungen/ Fehlern. Eine Übersicht über die Testergebnisse der Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang A3. Abb. 6: Anzahl der Auslassungen und Fehler beim Lesen zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der TENS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) In der OKS-Gruppe betrug die durchschnittliche Anzahl von Auslassungen und Fehlern zu t 67 (± 4,) und reduzierte sich von t zu t auf durchschnittlich 4,9 (± 8,3) Auslassungen/ Fehler. Von t zu t3 zeigte sich eine weitere Reduktion auf durchschnittlich,7 (± 8,3) Auslassungen/ Fehler, zu t4 betrug die durchschnittliche Anzahl von Auslassungen und Fehlern 7,6 (± 6,7). Eine Übersicht über die Testergebnisse der Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang A3. 86

189 Ergebnisse Abb. 63: Anzahl der Auslassungen und Fehler beim Lesen zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der OKS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) Eine vergleichende Darstellung der Verläufe von t zu t4 in den 3 Gruppen liefert die folgende Abbildung: 9 Anzahl der Auslassungen/ Fehler Kontrollgruppe TENS-Gruppe OKS-Gruppe t t t3 t4 Testzeitpunkt Abb. 64: Verlauf beim Lesen von t zu t4 in den drei Gruppen 87

190 Ergebnisse Analyse der Daten der einzelnen Versuchspersonen Die folgende Tabelle gibt getrennt für die drei Gruppen eine Übersicht über die Anzahl der Auslassungen und Fehler beim Lesen zu t und t4 sowie die Verbesserung von t und zu t4, d.h. um wieviel sich die Anzahl der Auslassungen und Fehler von t zu t4 reduziert hat. t t4 Verbesserung Kontrollgruppe Mittelwert:, TENS-Gruppe Mittelwert: 7,3 88

191 Ergebnisse OKS-Gruppe Mittelwert: 49,6 Tab. 8: Anzahl der Auslassungen und Fehler beim Lesen zu t und t4 sowie die Verbesserung von t zu t4 (Verbesserung bedeutet Verminderung der Anzahl der Auslassungen und Fehler um x Auslassungen/Fehler). Negative Zahlen bedeuten eine Verschlechterung von t zu t4. Graphisch lassen sich die Verläufe der Einzelpersonen getrennt für die drei Gruppen wie folgt darstellen: 8 6 Anzahl der Fehler / Auslassungen Kontrollgruppe TENS-Gruppe OKS-Gruppe Abb. 6: Darstellung der Verläufe der Einzelpersonen beim Lesen von t zu t4 getrennt für die drei Gruppen 89

192 Ergebnisse In der Kontrollgruppe zeigte sich bei einer Person eine Verschlechterung von t zu t4, und zwar um 4 Auslassungen bzw. Fehler mehr. Bei den übrigen 9 Probanden zeigten sich von t zu t4 Verbesserungen, und zwar in Form einer Reduktion um, 9,,, 7, 3, 38, 4 und 44 Auslassungen/ Fehler. Durchschnittlich zeigte sich damit in der Kontrollgruppe von t zu t4 eine Verbesserung in Form einer Reduktion um, Auslassungen und Fehler. In der TENS-Gruppe zeigten sich bei allen Personen Verbesserungen, und zwar um 7,, 3, 36, 47, 64, 83, 99 und 6 Auslassungen/ Fehler weniger. Durchschnittlich zeigte sich damit in der TENS-Gruppe von t zu t4 eine Verbesserung um 7,3 Auslassungen und Fehler weniger. In der OKS-Gruppe zeigten sich ebenfalls bei allen Personen Verbesserungen, und zwar um, 7, 7,, 4, 8, 77, 79, 8 und 88 Auslassungen/ Fehler weniger. Durchschnittlich zeigte sich damit in der OKS-Gruppe von t zu t4 eine Verbesserung in Form einer Reduktion um 49,6 Auslassungen und Fehler Schreiben Analyse der Gruppendaten Der durchschnittliche Abstand vom linken Seitenrand beim Schreiben betrug in der Kontrollgruppe zum Testzeitpunkt t,96 (±,3) cm. Von t zu t zeigte sich eine geringe Reduktion des Seitenabstands auf,93 (±,8) cm, von t zu t3 sich eine weitere Reduktion auf 9,94 (±,84) cm Abstand, zu t4 lag der durchschnittliche Seitenabstand nach links bei 9,64 (±,7) cm. Eine Übersicht über die Testergebnisse der Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang A33. 9

193 Ergebnisse Abb. 66: Abstand vom linken Seitenrand beim Schreiben zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der Kontrollgruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) In der TENS-Gruppe betrug der durchschnittliche Abstand vom linken Seitenrand beim Schreiben zum Testzeitpunkt t,7 (±,37) cm und reduzierte sich von t zu t auf durchschnittlich 9,7 (±,36) cm Abstand. Von t zu t3 zeigte sich eine weitere Reduktion auf durchschnittlich 7,84 (±,6) cm, zu t4 zeigte sich eine weitere Abnahme des Abstands auf 7,38 (±,7) cm. Eine Übersicht über die Testergebnisse der Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang A33. 9

194 Ergebnisse Abb. 67: Abstand vom linken Seitenrand beim Schreiben zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der TENS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) In der OKS-Gruppe betrug der durchschnittliche Abstand vom linken Seitenrand beim Schreiben zu t,4 (±,6) cm und reduzierte sich von t zu t auf durchschnittlich 7,7 (± 4,3) cm. Von t zu t3 zeigte sich eine weitere Reduktion auf durchschnittlich, (± 4,3) cm, zu t4 betrug der durchschnittliche Seitenabstand nach links, (± 4,) cm. Eine Übersicht über die Testergebnisse der Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang A33. 9

195 Ergebnisse Abb. 68: Abstand vom linken Seitenrand beim Schreiben zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der OKS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) Eine vergleichende Darstellung der Verläufe von t zu t4 in den 3 Gruppen liefert die folgende Abbildung: Abstand in cm Kontrollgruppe TENS-Gruppe OKS-Gruppe t t t3 t4 Testzeitpunkt Abb. 69: Verlauf beim Schreiben von t zu t4 in den drei Gruppen 93

196 Ergebnisse Analyse der Daten der einzelnen Versuchspersonen Die folgende Tabelle gibt getrennt für die drei Gruppen eine Übersicht über den Abstand vom linken Seitenrand in cm beim Schreiben zu t und t4 sowie die Verbesserung von t zu t4, d.h. um wieviel sich der Abstand vom linken Rand von t zu t4 reduziert hat. t t4 Verbesserung Kontrollgruppe 7,3 4,4,9 9,3 9,4 -, 8,4 7,,,7 9,,,4 9, 4, 3, 9,4 3,8 9,3 -,3,7 3, -,4 3,8 3,,7,8,8 Mittelwert:,4 TENS-Gruppe,7 3, 7,,7 9,4,3 3, 8, 9,7 8,6, 3, 6,4 6,8 4,9,9 4 7, 4, 3, 7,8,4,7,,6 8,3 4,8 3, Mittelwert: 3,69 94

197 Ergebnisse OKS-Gruppe,6 7,7,9 9,8, 4,7,7 3,8 6,9,4 9,4 3 3, 9, 3,9 7,8, 7,6 9, 9, 9, 9, 3,8,9,9 7,3 3, 4, Mittelwert:,7 Tab. 9: Abweichung in cm vom linken Seitenrand beim Schreiben zu t und t4 sowie die Verbesserung von t zu t4 (Verbesserung bedeutet Verminderung der Abweichung vom linken Rand um x cm). Negative Zahlen bedeuten eine Verschlechterung von t zu t4. Graphisch lassen sich die Verläufe der Einzelpersonen getrennt für die drei Gruppen wie folgt darstellen: 6 4 Abstand in cm Kontrollgruppe TENS-Gruppe OKS-Gruppe Abb. 7: Darstellung der Verläufe der Einzelpersonen beim Schreiben von t zu t4 getrennt für die drei Gruppen In der Kontrollgruppe zeigten sich bei 3 Personen Verschlechterungen von t zu t4, und zwar um,3;,4 und, cm mehr Abstand vom linken Rand zu t4 als zu t. Bei den 9

198 Ergebnisse übrigen 7 Probanden zeigten sich von t zu t4 Verbesserungen, und zwar in Form einer Reduktion des Abstands um,7;,;,; ;,9; 3,8 und 4, cm. Durchschnittlich zeigte sich damit in der Kontrollgruppe von t zu t4 eine Verbesserung in Form einer Reduktion des Abstands vom linken Seitenrand um,4 cm. In der TENS-Gruppe zeigten sich bei allen Probanden von t zu t4 Verbesserungen, und zwar in Form einer Reduktion des Abstands um,;,6;,3;,4; 3; 3,; 4; ; 6,8 und 7, cm. Durchschnittlich zeigte sich damit in der TENS-Gruppe von t zu t4 eine Verbesserung in Form einer Reduktion des Abstands vom linken Seitenrand um 3,69 cm. In der OKS-Gruppe zeigten sich ebenfalls bei allen Probanden von t zu t4 Verbesserungen, und zwar in Form einer Reduktion des Abstands um,9;,9; 3; 3,9; 4,; 4,7; 6,9; 7,6; 9, und 9, cm. Durchschnittlich zeigte sich damit in der OKS-Gruppe von t zu t4 eine Verbesserung in Form einer Reduktion des Abstands vom linken Seitenrand um,7 cm Gesamtscore für das Lesen und Schreiben Zur Orientierung, ob den Testaufgaben eine oder mehrere Dimensionen zugrundeliegen, wurde auch hier eine exploratorische Faktorenanalyse durchgeführt. Der Eigenwertverlauf (7,83% der Varianz sind zu t durch den ersten Faktor erklärbar, zu t sind 68,%, zu t3 76,% und zu t4 77,8% der Varianz durch den ersten Faktor erklärbar) deutet auf eine einfaktorielle Variablenstruktur hin. Daher wurden die Aufgaben als zu einer einzigen Dimension gehörig betrachtet und zur Auswertung für für das Lesen und Schreiben ebenfalls ein Gesamtscore gebildet. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Ergebnisse der Faktorenanalysen (Kommunlitäten und Itemladungen auf den ersten Faktor) getrennt für die Testzeitpunkte t bis t4: 96

199 Ergebnisse t t t3 t4 Faktorladunnalitädunnalitädunnalitädung Kommu- Faktorla- Kommu- Faktorla- Kommu- Faktorla- Kommunalität Lesen,87,78,88,68,87,76,88,778 Schreiben,87,78,88,68,87,76,88,778 Tab. : Ergebnisse der Faktorenanalysen getrennt für die Testzeitpunkte t-t4 (Kommunlitäten und Itemladungen auf den ersten Faktor) Gruppenauswertung Der durchschnittliche Gesamtscore für das Lesen und Schreiben betrug in der Kontrollgruppe zum Testzeitpunkt t,9 (±,338). Von t zu t zeigte sich eine leichte Erhöhung auf,6 (±,88), von t zu t3 zeigte sich eine weitere Erhöhung des Gesamtscores auf,7 (±,3), zu t4 lag der durchschnittliche Gesamtscore bei,6 (±,77). Eine Übersicht über die Gesamtscores sowie deren Zusammensetzung aus den Ergebnissen der einzelnen Testverfahren bei den Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang A34. Abb. 7: Gesamtscore zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der Kontrollgruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) 97

200 Ergebnisse In der TENS-Gruppe betrug der durchschnittliche Gesamtscore zum Testzeitpunkt t,3 (±,99) und erhöhte sich von t zu t auf durchschnittlich,4 (±,97). Von t zu t3 zeigte sich eine weitere Erhöhung auf durchschnittlich,6 (±,6), zu t4 zeigte sich ein durchschnittlicher Gesamtscore von,63 (±,8). Eine Übersicht über die Gesamtscores sowie deren Zusammensetzung aus den Ergebnissen der einzelnen Testverfahren bei den Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang A34. Abb. 7: Gesamtscore zu den Testzeitpunkten t bis t4 in der TENS-Gruppe (Mittelwerte und Standardabweichungen) In der OKS-Gruppe betrug der durchschnittliche Gesamtscore zu t, (±,9) und erhöhte sich von t zu t auf durchschnittlich,496 (±,3). Von t zu t3 zeigte sich eine weitere Erhöhung auf durchschnittlich,664 (±,3), zu t4 betrug der durchschnittliche Gesamtscore,698 (±,38). Eine Übersicht über die Gesamtscores sowie deren Zusammensetzung aus den Ergebnissen der einzelnen Testverfahren bei den Einzelpersonen zu den vier Testzeitpunkten liefert die Tabelle im Anhang A34. 98

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