Optimierung Operations Research Spieltheorie
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- Helga Krämer
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2 Karl Heinz Borgwardt Optimierung Operations Research Spieltheorie Mathematische Grundlagen Springer Basel AG
3 Autor: Karl Heinz Borgwardt Institut für Mathematik Universität Augsburg Universitätsstrasse 14 D Augsburg Mathematical Subject Classification 90C05, 90C10, 90C20, 90C30, 90C35, 90C27, 90C25, 90D05, 90D06, 90D10, 90D12 Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Borgwardt, Karl Heinz: Optimierung, Operations Research, Spieltheorie : mathematische Grundlagen / Karl Heinz Borgwardt. - Basel; Boston ; Berlin : Birkhäuser, 2001 ISBN ISBN (ebook) DOI / Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts Springer Basel AG Ursprünglich erschienen bei Birkhäuser Verlag, Basel 2001 Ein Unternehmen der Fachverlagsgruppe Bertelsmannspringer Umschlaggestaltung: Micha Lotrovsky, Therwil, Schweiz Gedruckt auf säurefreiem Papier, hergestellt aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff. TCF o
4 Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Vorwort. Lineare Optimierung Uberblick. xii xvii 1 1 Einfiihrung 1.1 Optimierungsprobleme 1.2 Beispiele fur lineare Optimierungsprobleme 1.3 Bezeichnungen, Schreibweisen und Abkurzungen 1.4 Ubungsaufgaben Lineare Ungleichungssysteme 2.1 Das Lemma von Farkas und andere Alternativsatze. 2.2 Darstellungsformen und Transformationen 2.3 Ubungsaufgaben Grundlagen der Polyedertheorie 3.1 Konvexitat Der Satz von Caratheodory 3.3 Polyeder und polyedrische Kegel 3.4 Seitenflachen von Polyedern 3.5 Primitive Seitenflachen. 3.6 Ubungsaufgaben
5 vi Inhaltsverzeichnis 4 Erzeugung und Darstellung von Polyedern 4.1 Endliche Erzeugermengen Der Darstellungssatz von Weyl 4.3 Der Zerlegungssatz fur Polyeder. 4.4 Spitze Polyeder. 4.5 Ubungsaufgaben 5 Dualitat 5.1 Duale Probleme. 5.2 Dualitatssatze Satze yom komplementaren Schlupf. 5.4 Dualitat, Schattenpreise und Sensitivitatsanalyse 5.5 Ubungsaufgaben Das Simplexverfahren 6.1 Ein Verbesserungsalgorithmus. 6.2 Die Tableaumethode. 6.3 Bestimmung einer zulassigen Ecke 6.4 Sicherstellung der Endlichkeit des Verfahrens 6.5 Ubungsaufgaben. 7 Variationen des Simplexverfahrens 7.1 Das variablenorientierte Simplexverfahren 7.2 Restrikt. Algorithmus und duales Problem. 7.3 AuBerer Algorithmus fur das primale Problem. 7.4 Ein innerer Algorithmus fur das duale Problem 7.5 Ubungsaufgaben. 8 Verbesserungen am Simplexverfahren 8.1 Einsparmoglichkeiten beim Simplexverfahren 8.2 Revidiertes Simplexverfahren 8.3 Die Produktform der Inversen. 8.4 Beispiel Postoptimierung 8.6 Parametrische Optimierung 8.7 Ubungsaufgaben
6 Inhaltsverzeichnis vii 9 Komplexitiit des Simplexverfahrens 9.1 Die KodierungsUinge und Laufzeit. 9.2 Kodierungslangen fur Lin. Optimierung. 9.3 Die Nichtpolynomialitat von Simplexvarianten 9.4 Probabilistische Analyse des Simplexalgorithmus 10 Die Ellipsoidmethode 10.1 Abschatzungen fur die Ellipsoidmethode Ellipsoidmethode - ein polynomiales Verfahren. 11 Innere-Punkte-Verfahren von Karmarkar 11.1 Der Algorithmus von Karmarkar 11.2 Beendigung des Verfahrens 11.3 Problemumformulierung 11.4 Ubungsaufgaben Ausblick Nichtlineare Optimierung Uberblick Einfiihrung in die konvexe Optimierung 12.1 Beispielhafte Problemstellungen Konvexe Mengen Konvexitat und Differenzierbarkeit 12.4 Optimierungseigenschaften Verallgemeinerungen der Resultate 12.6 Ubungsaufgaben. 13 Optimalitiitskriterien 13.1 Probleme ohne Nebenbedingungen 13.2 Probleme mit Ungleichungsrestriktionen 13.3 Constraint Qualifications Hinzunahme von Gleichheitsbedingungen 13.5 Ubungsaufgaben Dualitiit in der nichtlinearen Optimierung 14.1 Lagrange-Probleme Dualitatssatze Sattelpunkte Ubungsaufgaben
7 viii Inhaltsverzeichnis 15 Algorithmen 15.1 Konzeption und Konvergenz Komposition von Punkt-Menge-Abbildungen Grundsatzliche Anforderungen an Algorithmen 15.4 Ubungsaufgaben Eindimensionale Optimierung (Liniensuche) 16.1 Zusammenhang mit Nullstellenbestimmung 16.2 Direkte Suchmethoden fur den Minimalpunkt 16.3 Liniensuche durch Kurvenanpassung Abgeschlossenheit und Ungenauigkeit 16.5 Ubungsaufgaben. 17 Mehrdim. Suche ohne Nebenbedingungen 17.1 Allgemeine Verfugbarkeit von Funktionswerten 17.2 Mehrdimensionale Suche mit Ableitungen Methoden mit konjugierten Richtungen Quasi-Newton-Verfahren (Variable Metrik) 17.5 Ubungsaufgaben. 18 Verfahren fur restringierte Probleme 18.1 Straffunktionsverfahren (Penalty-Verfahren) 18.2 Barriere-Funktionen Methode von Zoutendijk Die Gradienten-Projektionsmethode von Rosen 18.5 Ubungsaufgaben. 19 Karmarkars Algorithmus aus nichtlinearer Sicht 19.1 Der skalierte steilste Abstieg (SSD) Problemformulierung und Erfolgsmessung Der Algorithmus von Karmarkar Die Komplexitat des Karmarkar-Algorithmus 20 Pfadverfolgungs-Methoden 20.1 Der zentrale Pfad eines LP Distanzmessung zum zentralen Pfad 20.3 Ein Newton-Verfahren auf Kern A Einige vorbereitende Lemmas Pfadfolgende Algorithmen und ihre Analyse 20.6 Auffinden eines Startpunktes und prob. Analyse. Ausblick
8 Inhaltsverzeichnis IX Ganzzahlige/Kombinatorische Optimierung Uberblick Ganzzahlige lineare Optimierung 21.1 Problemstellung Theorie der Ganzzahligen Optimierung Abschatzungen Allgemeines Branch- und Bound-Verfahren Ganzzahlige Optimierung mit Branch und Bound Schnittebenenverfahren Schnittebenengenerierung bei Standardproblemen Ubungsaufgaben Grundbegriffe der Graphentheorie 22.1 Graphen Grundlegende Zusammenhange Ubungsaufgaben Komplexitat von ProblemenjAlgorithmen 23.1 Kodierungslange, Probleme und Algorithmen (Wiederholung) Die Klassen IP' und NlP NIP'-vollstandige Probleme NIP'-schwere und NIP'-harte Probleme Ubungsaufgaben Aufspannende Untergraphen und Wege 24.1 AUg. kombinatorische Optimierungsprobleme Baume und Walder Kiirzeste Wege in Graphen Ubungsaufgaben Fliisse in Netzwerken 25.1 Maximalfhisse Das Maximalflussproblem als LP Fliisse mit minimalen Kosten Ubungsaufgaben Heuristiken 26.1 Das Rucksackproblem Das Traveling-Salesman-Problem Ubungsaufgaben 504 Ausblick
9 x Inhaltsverzeichnis Spieltheorie Uberblick. 27 Einleitung und Begriffsbildung 27.1 Zweck der Spieltheorie 27.2 Klassifikationen Ubungsaufgaben Mathematische Modelle fur Spiele 28.1 Der Informationsbegriff Spiele in extensiver Form 28.3 Spiele in Normalform Gemischte Strategien Spiele in expliziter Form 28.6 Ubungsaufgaben 29 Gleichgewichtspunkte 29.1 Die Konzeption Existenz von Gleichgewichtspunkten I Existenz von Gleichgewichtspunkten II Existenz von Gleichgewichtspunkten III 29.5 Zweckdienlichkeit gemischter Strategien 29.6 Diskussion des Lasungskonzepts Ubungsaufgaben Zweipersonen-Nullsummenspiele 30.1 Gleichgewichtstiberlegungen 30.2 Reduktion von 2-PNSS Bayes-Strategien Minimax-Strategien Definite Zweipersonen-Nullsummenspiele Ubungsaufgaben Zweipersonen-Nullsummenspiele 31.1 Minimax-Strategien Gemischte Strategien bei 2-PNSS in Matrixform 31.3 k x I-Matrixspiele und ihre Lasung als LP Elementare Lasungsmethoden bei Matrixspielen Ubungsaufgaben
10 Inhaltsverzeichnis xi 32 Zweipersonen-Nichtkonstantsummenspiele 32.1 Nichtkoop. 2-PNKSS Kooperative Spiele ohne Drohungen 32.3 Kooperative Spiele mit Drohungen 32.4 Ubungsaufgaben n-personenspiele 33.1 Kooperative n-personenspiele Koalitionsinterne Auszahlungsaufteilungen Stabile Mengen Der Shapley-Wert Ubungsaufgaben Ausblick... Literaturverzeichnis Index
11 Abbildungsverzeichnis 1.1 Geometrische Veranschaulichung Unzulassigkeit Unbeschranktheit des Zulassigkeitsbereichs Mehrere Optimalpunkte Alternative I im Farkas-Lemma Alternative II im Farkas-Lemma Extremalpunkte Satz von Caratheodory Redundanz Entfernen redundanter Restriktionen Okonomisches Beispiel Veranderung der Ungleichung (2) Veranderung der Ungleichung (3) Entartungssituation Verlauf des Verbesserungsalgorithmus und Polarkegeleigenschaft der Zielfunktion Flexibel orientierte Hilfsrestriktionen Klee-Minty-Polyeder primales und polares Polyeder Schattenecken Schnitt der Facetten von Y mit LH(u, v) im Hintergrund und im Vordergrund Ellipsoid Ein Iterationsschritt der Ellipsoidmethode Fortschrittsrichtungen
12 xiv Abbildungsverzeichnis Beispiel. Stiitzhyperebenen.. Illustration X, x, u, u. Epigraph und Hypograph. Subgradient und Supergradient Illustration Illustration Illustration Illustration Konvexitatseigenschaften Konvexitatseigenschaften Beispiel: strikt quasikonvex, nicht quasikonvex Konvexitatseigenschaften Gradientenabstiegsrichtungen und verbessernde Richtungen. Illustration zur Abstandminimierung Illustration zum Fritz-John-Beispiel KKT-Punkte Tangentialkegel. Konstruktion weiterer CQ's. Kegel der zulassigen Richtungen Kegel der annehmbaren Richtungen Illustration zum Lagrange-Problem Dualitatsliicke Beispiel (c). Beispiel (d).. Beispiel (e).. zusammengesetzte Abbildungen Idee des Newton-Verfahrens.. Schwierigkeiten beim Newton-Verfahren. Problemfall fiir das Newton- Verfahren. Nachteil bei der Sekantenmethode. Funktionsbeispiele zur Unimodalitat. Newton-Verfahren zur Kurvenanpassung Approximation mit Regula Falsi..... Kurvenanpassung, Konstellation der Funktionswerte I. Kurvenanpassung, Konstellation der Funktionswerte II Lage des Vergleichspunktes X4 Lage des Vergleichspunktes X4 Prozenttest... Armijo's Regel. Goldstein-Test
13 Abbildungsverzeichnis xv Zyklisches Abstiegsverfahren... Die Methode von Hooke und Jeewes. Methode des steilsten Abstiegs. Newton-Verfahren Illustration Illustration zu Beispiel 1 Illustration zu Beispiel 2 Illustration zu Beispiel 3 Barriere-Funktion.... Illustration der Hilfsfunktion Zulassige Richtungen... Tangentialrichtung und Korrekturbewegung Benutzung der Fast-Straffen-Restriktionen Illustration zum Beispiel Projizierter Gradient. Behandlung von nichtlinearen Nebenbedingungen Illustration zum Beispiel Zulassigkeitsbereich und Losungspunkte von LP und ILP Zulassigkeitsbereich eines gemischtganzzahligen Problems. Unterschiede bei der Bildung der konvexen Riille. Losungsbaum. Illustration zum Beispiel Ein Beispiel zur Intervallschachtelung Beispiel zum Algorithmus von Dijkstra Komplikation durch Auftauchen eines negativ bewerteten Kreises Beispiel zum Algorithmus von Moore-Bellman Ein Fluss in einem Netzwerk Illustration Illustration Die Restriktionen zum Flussmaximierungsproblem Pfadreduktion 1 Pfadreduktion 2 Pfadreduktion 3 Pfadreduktion 4 Pfadreduktion 5 Netzwerk... Augmentierendes Netzwerk. Neues Netzwerk. Neues augmentierendes Netzwerk Neues Netzwerk. Neues augmentierendes Netzwerk
14 XVI Abbildungsverzeichnis NN. DNN NA NI. CI. FI. ST CH Beispiel fur das extreme Versagen von NN Zweieraustausch.. Beispiele zu 3-0pt.. 2-Knoten-Opt Matching und Tour I-Baum-Relaxierung. Touren, Untertouren und Teilbelegungen Spielbaum. Vereinfachtes Halzchen-Spiel Informationsmengen 1. Informationsmengen 2. Informationsmengen 3. Strategiezuordnung Teilspielabtrennung Sattelpunkt... Graphische Darstellung von 2 x l-spielen Darstellung zum obigen Beispiel Illustration zur Nash-Lasung Alternativen-Erweiterung... Die Bereiche A und A'... Situation nach Transformation Paretorand und monotone Verhandlungslasung. Die Verhandlungs16sungen bei unterschiedlichen Basispunkten Illustration zum Beispiel 2 Stabile Mengen 1 Stabile Mengen
15 Vorwort Nahezu alle Lebensbereiche sind von dem Bestreben durchdrungen, bestmoglich zu handeln und zu entscheiden. Diese Intention lasst sich auch tibertragen auf die Absicht, angestrebte Ziele oder Wirkungen mit geringstmoglichem Aufwand zu erreichen, also moglichst effektiv zu handeln. In jedem Fall soll eine ZielgroJ3e so gut wie moglich gestaltet werden, wahrend bestimmte Nebenbedingungen einzuhalten sind. Der Mathematik und den Mathematikern gibt diese Erkenntnis die Anregung, tiber Optimierungsprobleme nachzudenken. Dabei ist die Grundlage eine quantifizierende Modellierung der Entscheidungs- und Aktionsmoglichkeiten, die zur Verftigung stehen. In dieses Modell mtissen weiter die Auswirkungen der Entscheidungen auf die ZielgroJ3e und auf die Einhaltung der Nebenbedingungen eingehen. Auf diese Weise muss es rechnerisch moglich werden, jeweils den Wert der ZielgroJ3e zu messen und tiber die ZugehOrigkeit zum Bereich der zulassigen Losungsvorschlage zu entscheiden. 1st diese Modellierung gelungen, dann ist es eine weitere Aufgabe der Mathematik, Rechenverfahren zu entwickeln, die nun den besten der zulassigen Vorschlage ausfindig machen. Dabei steht zunachst einmal die Exaktheit der Losung im Vordergrund. Allerdings muss dieser Wunsch in vielen Bereichen abgewogen werden mit dem Ziel, in moglichst kurzer Rechenzeit ein Ergebnis zu erhalten. Viele Probleme konnten in endlicher Zeit erschopfend behandelt werden, jedoch wtirde das oft einen nicht mehr vertretbaren Rechenaufwand auslosen. Deshalb befasst sich die Mathematik der Optimierung und des Operations Research auch mit der Komplexitat der auftretenden Probleme und der Zur Losung eingesetzten Algorithmen. Wahrend es Optimierungsrechnungen schon immer in versteckter Form gab, hat dieses mathematische Fach seit der Einftihrung der Simplexmethode kurz vor 1950 eine enorme Bedeutung erlangt. Die mathematische Weiterentwicklung und die elektronische Datenverarbeitung haben es ermoglicht, dass heute Probleme mit riesigen Datenmengen bewaltigt werden konnen. Dnd dies resultiert vor allen Dingen auf geschickt entwickelten Algorithmen. Durch sie ist Optimierung im Hochtechnologie-Zeitalter zu einem unverzichtbaren Instrumentarium geworden, auf das sich die technische und zivilisatorische Entwicklung sttitzt.
16 xviii Vorwort Unter dem Begriff "Optimierung" wird vor allem der Komplex der Rechenverfahren und ihrer Theorie gesehen. "Operations Research" benutzt diese Verfahren dann als Handwerkszeug und beschaftigt sich mit ihrer Einsetzbarkeit bei realen Umsetzungen, z.b. auch bei der Modellierung und der Auslotung des erforderlichen Kompromisses zwischen Rechengenauigkeit und Rechenzeitaufwand. Diese mehr ganzheitliche Sicht fragt also danach, was man mit Optimierung erreichen kann, wo ihr Einsatz sinnvoll ist, wie verhisslich die verftigbaren Informationen sind und was eigentlich die angestrebten Ziele, Beschrankungen und idealen L6sungskonzepte sind. Natiirlich sind die so beschriebenen Grenzen zwischen Optimierung und Operations Research ftie13end. Optimierung und Operations Research stellen ein Herzstiick der Studiengange zur Wirtschaftsmathematik dar. Vielerorts (so auch hier in Augsburg) gibt es Vorlesungsserien, in denen die verschiedenen Teilgebiete getrennt behandelt werden. So lese ich in dieser Reihenfolge die Vorlesungen "Lineare Optimierung", "Nichtlineare Optimierung", "Ganzzahlige und kombinatorische Optimierung" und "Spieltheorie", wobei auf Grund meiner individuellen Forschungsrichtung oft noch eine Erganzungsvorlesung zut Linearen und Nichtlinearen Optimierung hinzukommt. Der Inhalt dieser Schrift orientiert sich am Verlauf dieser Vorlesungen. Hieraus ergeben sich auch meine Absichten beim Schreiben. Es handelt sich hier nicht urn ein Fachbuch, das in Form eines Nachschlagewerkes viele Seitenzweige eines Gebietes bis hin zu den aktuellen Entwicklungen abdeckt. Statt dessen strebe ich ein eigentliches "Vorlesungsbuch" an, das eher den Charakter einer Vorlesungsmitschrift aufweist. Der Schwierigkeitsgrad richtet sich nach der Vorgabe, dass Studenten ab dem dritten Semester mit dem Stoff klarkommen sollten. Als Voraussetzungen ben6tigt der Leser Vorkenntnisse aus Analysis I und II sowie aus Linearer Algebra I und II. In geringem Ma13e wird auch elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung gebraucht. Alles Weitere wird selbsttragend entwickelt. Daran interessierte Dozenten k6nnen diese VOrlesungen komplett oder auch in ausgewahlten Teilen iibernehmen. Aber auch zum Selbststudium und als Begleitmaterial zu Vorlesungen vergleichbaren Inhalts diirfte das Buch geeignet sein. Der Inhalt richtet sich an Wirtschaftsmathematiker und Mathematiker, sowie an Informatiker, Wirtschaftswissenschaftler, Ingenieure und Naturwissenschaftler, die an den mathematischen Grundlagen Interesse haben. Auf verstehbare, aber mathematisch saubere und vollstandige Weise soll der Stoff prasentiert werden. Es geht nicht nur urn die Vorstellung von anwendbaren Rechenmethoden, sondern auch urn deren Funktionsweise und urn eine nachvollziehbare, beweismabige Absicherung ihrer Richtigkeit. Dieser Ansatz unterscheidet sich aber auch von dem in mathematisch sehr tiefen Fachbiichern, bei denen die L6sung hochdimensionierter Realprobleme und deren technische Handhabung im Vordergrund stehen. Das Ziel ist also eine gute Verstehbarkeit ohne Abstriche an der Prazision. Eine gro13e Anzahl von Ubungsaufgaben, ausfiihrlich beschriebenen Beispielen und von vielen erlauternden Abbildungen soll diesen Zweck unterstiitzen. Dariiber hinaus
17 Vorwort xix enthiilt der Text neben den "offiziellen Ubungsaufgaben" auch viele Anregungen zu erganzenden Beweisfuhrungen. Gleichzeitig soil ein moglichst breites Spektrum abgedeckt werden. Das kann naturlich nur durch eine (subjektiv gepragte) Auswahl geschehen. Jeder Teil beginnt mit einem Uberblick uber die besprochenen Themen und die hauptsachlich benutzten Literaturquellen. Am Ende jedes Teiles steht dann jeweils ein Ausblick auf weitere Themen dieses Gebietes und dafur nutzliche Informationsquellen. Nun soil in aller Kurze noch etwas zu den vier Einzelteilen gesagt werden. In der Linearen Optimierung geht es urn die Maximierung oder Minimierung einer linearen Zielfunktion unter Einhaltung von endlich vielen Nebenbedingungen, die in Form von linearen Gleichungen oder Ungleichungen beschrieben werden. Anknupfend an die Lineare Algebra werden hier das Lemma von Farkas, die Theorie der Polyeder und die Dualitatstheorie entwickelt. Danach werden zwei Varianten des Simplexverfahrens vorgestellt. Die erste arbeitet auf volldimensionalen Polyedern, resultierend aus Ungleichungsnebenbedingungen, und ermoglicht deshalb eine gute geometrische Illustration. Die zweite (wohl bekanntere) ist dazu aquivalent, aber zugeschnitten auf Probleme mit Gleichungen und Vorzeichenbedingungen. Diese Variante ist fur die geometrische Vorstellung weniger geeignet, weil sie in hoherdimensionalen Raumen bzw. mit unterdimensionalen Polyedern arbeitet. Danach folgen weitere Aspekte der Linearen Optimierung, wie Variationen der Aufgabenstellung oder andere Losungsmethoden, wobei es vor allem urn die Komplexitat geht. Diese etwas anspruchsvolleren Inhalte verlagere ich oft in die erwahnte Erganzungsvorlesung. Als zweiter Teil wird die Nichtlineare Optimierung prasentiert. Hier geht es urn entsprechende Problem16sungstechniken, aber diesmal entfallen die Vorzuge, die lineare Probleme aufweisen. Der Name Nichtlineare Optimierung ist insofern etwas irrefuhrend, als hier eine Verallgemeinerung der Problemstellung vorgenommen wird. Ich bin hier yom Speziellen zum Allgemeinen gegangen, habe also der Linearen Optimierung einen eigenen (ersten) Teil gewidmet, urn dem Stellenwert dieses deutlich einfacheren Spezialfalls fur den Einsatz in praktischen Problemen gerecht zu werden. Daneben erlauben Lineare Optimierungsprobleme viel effizientere Bearbeitungstechniken als Nichtlineare, so dass die Methoden sich grundsatzlich unterscheiden und in der Linearen Optimierung Probleme mit extrem hoheren Dimensionen bearbeitbar sind. In diesem zweiten Teil werden zunachst Nichtlineare Probleme analysiert und es werden Optimalitatskriterien entwickelt. Danach folgt die Vorstellung von Losungskonzepten fur eindimensionale, mehrdimensionale und restringierte Optimierungsaufgaben. Dieser Teil benutzt das Buch von Bazaraa et al. [3] als Leitfaden. Bei der Ganzzahligen Optimierung im dritten Teil werden Probleme obiger Art angegangen, aber gleichzeitig wird noch die Forderung nach ganzzahligen Losungsvorschlagen erhoben. Entsprechend sind in der kombinatorischen Optimierung bestimmte Kombinationen aus einer endlichen Menge zugelassen, und die beste da-
18 xx Vorwort von soli ermittelt werden. Hier gibt es starke Querbeziehungen zur Graphentheorie. Eine vollstandige Enumeration der hier zuliissigen Losungskandidaten bzw. eine exakte Ermittlung des Optimums scheitert oft daran, dass die dazu benotigte Rechenzeit tiber alle MaBen mit der Problemdimension wachst. Deshalb spielt in diesem Teil (wie schon im ersten Teil) die Komplexitatstheorie eine wichtige Rolle. Auch wird versucht, die Idee von Annaherungsverfahren, die in angemessener Zeit arbeiten, zu vermitteln. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass im Bereich des Operations Research eine gute Annaherung in vertretbarer Zeit der Erfolgsorientierung oft besser entspricht als eine langwierige Suche nach einer exakten Losung. Dieser Teil orientiert sich als Teilauswahl an den Augsburger Vorlesungen meines ehemaligen Kollegen Grotschel. Der letzte Teil, die Spieltheorie, hier oft als Operations Research II gelesen, stellt einmal eine Brticke zum stochastisch orientierten Teil von Operations Research her. Andererseits tritt nun dessen bewertende, ganzheitliche und modellierende Komponente in den Vordergrund. Hier wird auch wieder optimiert, aber gleichzeitig von verschiedenen Entscheidungstragern, und die sind sich in der Regel nicht dartiber einig, in welcher Weise dies geschehen soli. Dabei geht es weniger urn genaue quantitative Auswertungen, als urn die angemessene Modellierung von Konfliktsituationen, urn deren Darstellung und Analyse, die Erarbeitung von verntinftigen Losungskonzepten und das Gewinnen von Handlungsvorschlagen. Eine Vorbildfunktion ftir diesen Teil hatte das Buch von Rauhut et al. [51]. Ich habe den hier zugrundeliegenden Vorlesungszyklus mittlerweile siebenmal gehalten. Entstanden ist die schriftliche Fassung aus vier Vorlesungsskripten, die von studentischen Hilfskriiften verfasst wurden: Marianne Rauh und Simone Beil (Lineare Optimierung), Jtirgen NieBner und Stefan Holland (Nichtlineare Optimierung), Konstanze Wulf und Stefan Fischer (Ganzzahlige und Kombinatorische Optimierung) und Simone Beil (Spieltheorie). Allen bin ich sehr dankbar ftir ihre wertvolle und kompetente Hilfe. Ein herzlicher Dank ergeht auberdem noch an Simone Beil ftir genaues Korrekturlesen. Zu danken ist auch ftir die Untersttitzung meiner Lehrveranstaltungen und die Hilfestellung bei der technischen Anfertigungdieser Arbeit meinen Mitarbeiterinnen Gabriele Hofner und Petra Huhn. Und ein grobes Pensum an Schreibarbeit, vor allem in der Schlussphase der Fertigstellung, hat Frau Margit Brandt, unsere Lehrstuhlsekretarin, tibernommen. Herzlichen Dank daftir. Vor allem aber richtet sich mein Dank an Petra Huhn, ohne deren kompetente und zeitintensive wissenschaftliche, organisatorische und technische Hilfe diese Gesamtfassung nicht hatte entstehen konnen. Augsburg, im Marz 2000 Karl Heinz Borgwardt
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