Einsteigen um jeden Preis?
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- Gerda Esser
- vor 6 Jahren
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1 n FRAGEN AN DIE BEWERBUNGSEXPERTIN Einsteigen um jeden Preis? Oft wird geraten, den Berufseinstieg auch über unterqualifizierte Jobs zu suchen. Ist das grundsätzlich zu empfehlen? Antje Schultheis: Diese Frage ist sehr komplex und deshalb schwierig für alle Berufsgruppen pauschal zu beantworten. Wichtig zu unterscheiden ist: Um welche Branche, welche Fachrichtung, welchen Abschluss geht es? Bachelor, Master oder Diplom bieten unterschiedliche Einstiegsschneisen. Dementsprechend gibt es Stellenzuschnitte, die sich anbieten und welche, die sich eigentlich verbieten. Für Bachelorabsolventen der BWL oder Naturwissenschaften ist der Arbeitsmarkt mittlerweile bereit, angemessene Stellen auszuschreiben, im geistes- und sozialwissenschaftlichen Bereich bieten Arbeitgeber Berufseinsteigern häufig nur gering bezahlte Sachbearbeiterstellen an. Für einen Bachelorabsolventen sind dies wertvolle Arbeitserfahrungen, aber als Sprungbrett in eine Referententätigkeit dient es nicht. Denn eine Sachbearbeitungsstelle wird oft nur mit TVÖD 8 oder 9 vergütet und rein formal gibt es in einem Ministerium oder in quasi-öffentlichen Organisationen wie z.b. dem DAAD nicht die Möglichkeit, drei Gehaltsstufen zu überspringen hin zu einer Referentenstelle mit der Vergütungsgruppe TVöD 12 oder 13. Ein B.A. Absolvent könnte nun nach ersten Berufserfahrung noch einen Master aufsatteln und sich dann erneut auf höherer Ebene bewerben. Ein Master-, Magister- oder Diplomabsolvent kann sich jedoch aus dem unterqualifizierten Einstieg als Sachbearbeiter in einer Behörde rein formal selten weiterentwickeln. Problem eines unterqualifizierten Einstiegs ist aber nicht nur die berufliche Stagnation und inhaltliche Unterforderung, sondern zusätzlich auch, dass sich Arbeitnehmer weniger zutrauen und sich dies auch bei der Aufgabenverteilung widerspiegelt. Insbesondere Mütter nehmen häufig unterqualifzierte Teilzeitstellen an, bei denen sie systematisch von interessanten Dienstreisen oder größeren Projektkonzeptionen ferngehalten werden oder sich an diese nicht heranwagen. Wichtig ist es, bei einer Ausschreibung und einem Vorstellungsgespräch die Tätigkeitsbereiche, Aufgaben und Verantwortungsbereiche beim Arbeitgeber gut zu sondieren, um für sich Entwicklungschancen auszuloten. Unterqualifzierung ist die eine Seite der Medaille, die andere ist die Unterbezahlung. Eine Unterbezahlung lässt sich natürlich auch geschickt einkleiden. Die am meisten überstrapazierte Form ist das (un- oder unter-)bezahlte Praktikum. Dies bietet sich für B.A- Absolventen noch an, während ein Master oder Diplomabsolvent sich nur dann auf ein ZUR AUTORIN Dr. Antje Schultheis ist freiberufliche Beraterin und Coach für berufliche Ent- wicklungsprozes- se und lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Bonn. Außerdem arbeitet sie als Trainerin und Lehrbeauftragte an Universitäten, für Stiftungen und freie Bildungsträger. Antje Schultheis veranstaltet auch Seminare und Workshops, unter anderem zum Thema Berufseinstiegsstrategien im entwicklungspolitischen NGO-Bereich. Mehr Infos unter Praktikum einlassen sollte, wenn Aussichten auf Übernahme bestehen und möglichst nach ca. sechs Monaten eine Gehaltserhöhung und Überführung in ein festes Arbeitsverhältnis erfolgen kann. Eine angemessenere Form des gering bezahlten Einstiegs ist eine Traineestelle, die einen Ausbildungsauftrag impliziert und als Investition in die neue Arbeitskraft gesehen werden kann, was gerade für Masterabsolventen und Diplomanden und im Einzelfall auch für Promovierte in Frage kommt. Hier steht die Absicht im Vordergrund, dass der Neue sich einarbeiten und seinen Mehrwert unter Beweis stellen soll, sodass sich eine Übernahme für den Arbeitgeber lohnt. Vor allem in jungen und kleinen aber auch gemeinnützigen Organisationen ist das Budget für Personal meist sehr knapp bemessen, auch wenn es sich um qualifizierte Tätigkeiten handelt. Gleichwohl muss man für sich eine untere Schmerzgrenze definieren, von der man leben kann. In Branchen wie z.b. dem Medienund Agenturwesen ist es auch üblich, eine begrenzte Zeit unterbezahlt einzusteigen, in der man als neuer Mitarbeiter möglichst auch zusätzliche Projektmittel oder Kunden akquiriert, sodass langfristig ein solides Gehalt gezahlt werden kann. Was aber, wenn sich so gar nichts auftut auf dem Arbeitsmarkt? Für die oft mehrmonatige Bewerbungszeit brauchen Sie einen langen Atem und natürlich Geld. Versuchen Sie sich kurz nach dem Studium eher noch durch einen temporären (Studenten-)Job über Wasser zu halten als dass Sie vorschnell unterqualifiziert einsteigen. Als Plan B können Sie sich parallel weiterbilden und auch ehrenamtliche oder freiberufliche Projekte angehen, woraus häufig eine Projektmitarbeit entstehen kann. Denn gerade im Non-Profit Bereich hat sich die Strategie als erfolgreich erwiesen über eine ehrenamtliche Mitarbeit oder eine freie Mitarbeit einzusteigen und dann eine Festanstellung zu erhalten. Websites zum Gehaltscheck: und 1 hrsg. vom Wissenschaftladen Bonn e.v.,reuterstr.157,53113 Bonn
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