Erfahrungsbericht. Anreise und die Stadt Reading:

Transkript

1 Erfahrungsbericht Name: M ü n c h, T e r e s a Austauschjahr: 2013/14 Gastuniversität: University of Reading Stadt: Reading Land: Großbritannien Aus Spam-Schutzgründen wird die -Adresse nicht im Internet veröffentlicht, kann aber im Akademischen Auslandsamt erfragt werden. Ab Oktober 2013 verbrachte ich neun wunderbare Monate an der University of Reading. Von Anfang an wollte ich nicht wie die meisten Erasmus-Studenten nur für zwei, sondern für drei Trimester an einer englischen Hochschule studieren. Auch im Nachhinein würde ich mich wieder dafür entscheiden, so lange wie möglich an meiner Gast-Uni zu bleiben, da ich mich durch meinen längeren Aufenthalt viel intensiver in das studentische Leben dort integrieren konnte. Ich hatte nicht das Gefühl, nur Gast zu sein, sondern habe mich immer sehr heimisch und willkommen gefühlt. Anreise und die Stadt Reading: Am angenehmsten ist es, mit dem Flugzeug nach London Heathrow zu fliegen und von dort aus mit dem Shuttlebus nach Reading zu fahren. Allerdings ist Reading auch gut mit dem Direktzug von Gatwick Airport zu erreichen. Den Weg nach Reading von den anderen Londoner Flughäfen aus haben ich und einige meiner Besucher auch notgedrungen getestet, was überhaupt kein Problem war, solange man sich nicht, wie meine kleine Schwester, mit einem 30 Kilo schweren Koffer die Treppen zur Tube rauf und runter quälen muss. Reading ist eine ruhige Stadt, ca. 60 Kilometer westlich von London, die etwas kleiner als Augsburg ist. Allerdings wird Reading sehr viel stärker von seiner Uni und dem studentischen Leben geprägt. Die meisten Berufstätigen pendeln jeden Tag nach London, und viele verbringen auch ihre Freizeit am Wochenende dort. Wer in Museen, ins Theater, auf Konzerte, in den Zoo oder zu Ähnlichem gehen will, muss nach London fahren. Reading hingegen bietet für wirklich Interessierte eine Anzahl an kleineren Veranstaltungen wie Poetry Slams, Theaterund Film-Festivals, Musik- und Benefizveranstaltungen, allesamt von Studenten organisiert.

2 Zu Beginn stand ich der kleinstädtischen Atmosphäre Readings eher negativ gegenüber, da ich nicht zuletzt aus Kostengründen nicht jedes Wochenende nach London fahren wollte und bald das Gefühl bekam, in Reading schon alles erkundet zu haben. Doch nach und nach lernte ich zu schätzen, wie angenehm es ist, in einer kleinen Universitätsstadt zu leben. Egal wo ich hinging ich konnte immer sicher sein, dass ich Freunden und Bekannten aus der Uni begegnen würde. Auch ist es sehr angenehm, dass alle Studenten in fußläufiger Entfernung zueinander wohnen etwas, das ich so aus Augsburg nicht kannte und nun doch stark vermissen werde. Wohnen und Lebenshaltungskosten: Ich hatte mich von Anfang an gegen die Bewerbung für einen Wohnheimplatz entschieden. Dies lag schlicht daran, dass mir das Wohnheim mit bis zu 560 Pfund monatlich für neun Monate zu teuer war. Allerdings wäre es natürlich sehr viel einfacher und stressfreier gewesen, ins Wohnheim zu ziehen. Stattdessen suchte ich mir über das Internet ein Zimmer in einem shared house, also einer WG. In Reading ist es normal, dass Studenten sich kleine Reihenhäuser für 12 Monate (Juli bis Ende Juni) mieten. Für mein Zimmer in einer 5er-WG zahlte ich kalt 360 Pfund. Mit meinem Haus, das für englische Verhältnisse in gutem Zustand war, hatte ich sehr Glück, weniger hingegen mit zwei meiner Mitbewohnerinnen, die nie Interesse zeigten, sich mit ihren neuen Mitbewohnern anzufreunden. Dafür hatte ich aber sehr viel Spaß mit meiner italienischen Mitbewohnerin, in der ich sofort eine gute Freundin fand. Womit ich anfänglich nicht gerechnet hatte, war die doch beträchtliche Menge an Geld, die ich monatlich ausgab. Natürlich war mir immer bewusst, dass England teuer ist, insbesondere wenn man während seiner Zeit dort viele Ausflüge machen möchte und allgemein ein sozialer Mensch ist, der gerne mit Freunden etwas unternimmt. Vor allem die ersten Wochen können in dieser Hinsicht sehr chaotisch werden, da sich erst eine Routine einpendeln muss. Lebensmittel sollte man möglichst bei ASDA, Tesco oder Sainsbury kaufen, der Supermarkt auf dem Campus ist sehr teuer! Auch die Cooperatives sind für ihre hohen Preise bekannt, allerdings erhält man bei ihnen 10 % Rabatt, wenn man eine NUS-Card (erhältlich auf dem Campus) besitzt. Diese lohnt sich auf jeden Fall, da man Studentenrabatte in vielen Geschäften bekommt. Ein zusätzlicher Kostenfaktor in den ersten Tagen war, dass ich mich erst einmal vor Ort mit Geschirr, Kochutensilien, Bettdecke, Kopfkissen und ähnlichem ausstatten musste. Weder Wohnheime noch WGs stellen diese Dinge für gewöhnlich zur Verfügung. Auch im Nachhinein würde ich es wieder so machen, da ich nicht wüsste, wie ich dies alles aus Augsburg

3 hätte mitnehmen sollen. Anfang September bieten viele Geschäfte zumindest Rabatte für Studenten an. Universität: Die Universität Reading besitzt eine beeindruckende Campusanlage, die zu den schönsten in England zählt. Whiteknights Campus ist 1,3 km² groß und verfügt über einen See, Gärten und mit Bäumen bestandene und vor allem unendlich weite Grünflächen, die im summer term ihren größten Reiz entfalten. Darüber hinaus hat der Campus auch noch einen eigenen Supermarkt, Buchladen, Friseur, ein Postamt, Starbucks-Filialen, Pubs und einen Club. Was auch immer man von der englischen Trink- und Feierfreudigkeit halten mag, diese sind einfach Bestandteil des angelsächsischen Uni-Lebens. Deswegen sollte man sich nicht die Gelegenheit entgehen lassen, sich die schlechten Teamnamen beim wöchentlichen Pub-Quiz anzuhören oder sich die schrägen Outfits der allseits beliebten Motto-Parties in der Union anzusehen. Für ihren unerschütterlichen Sinn für Humor und ihre Art, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen, muss man die Engländer einfach mögen. Inwieweit man bei solchen Abenden mitmachen möchte, kann hier jeder selbst entscheiden. Da ich auch öfter mit Freundinnen unterwegs war, die überhaupt keinen Alkohol trinken, kann ich sagen, dass der Gruppenzwang hierzu eher geringer ist als in Deutschland. Auch ist es kein Problem, zu einer Motto- oder Kostümpartie ohne besonderes Outfit zu gehen. Auch wenn Briten oftmals eher reserviert wirken, so freuen sie sich doch, einen zu sehen und einen schönen Abend miteinander zu verbringen. Kurse: Das akademische Jahr an englischen Universitäten teilt sich auf drei Trimester auf. In Reading werden während der ersten beiden Terms, autumn und spring term, die Lehrveransta l- tungen abgehalten. Manche Kurse dauern zwei Trimester, andere nur eines. Letztere haben dann selbstverständlich eine höhere Wochenstundenanzahl. Während des summer term finden hingegen nur Kurse zur Prüfungsvorbereitung und die Prüfungen selbst statt. Für einige wenige Kurse solche, die speziell für Gaststudenten vorgesehen sind werden Prüfungen bereits nach Ende des autumn bzw. spring term abgehalten. Vom Niveau her sind die Kurse ähnlich anspruchsvoll wie in Augsburg, weshalb Kurse für das zweite oder dritte Jahr in der Modulsignatur befindet sich immer eine Ziffer, die angibt, in welchem Lernjahr man diesen Kurs besuchen sollte kein Problem darstellen sollten. Allerdings gestaltet sich die Leitungserhebung doch anders als bei uns. Referate sind sehr selten und meist auch inhaltlich nicht beson-

4 ders gut, da viele Studenten in Reading kaum Übung mit Referaten haben. Auch umfangre i- che Hausarbeiten werden nicht verlangt, stattdessen werden über den term verteilt mehrere, meist zwei Essays geschrieben, die je nach akademischem Jahr sechs bis zehn Seiten lang sein müssen. Neben Seminaren in Literaturwissenschaft und Sprachwissenschaft belegte ich auch einen Übersetzungskurs Deutsch-Englisch über das German department. Dieser Kurs gefiel mir mit am meisten, da er vom Niveau der zu übersetzenden Texte her konstant war und mich die Deutschstudenten, die selber gerade ihr Auslandsjahr hinter sich hatten, sehr liebevoll aufnahmen. Reisen und Freizeit: Da Reading noch im Speckgürtel Londons liegt, kommt man auch in den Genuss einer hervorragenden Zuganbindung nach London (ca. 40 Minuten nach London Paddington) und nach Westengland. Reisen bietet sich somit regelrecht an, vor allem wenn man die Young Persons Railcard (kostet einmalig 30 Pfund für 12 Monate) nutzt, mit der man ein Drittel weniger für die Zugtickets zahlen muss. Den Preis der Railcard hat man bereits mit fünf Fahrten nach London bzw. einer längeren Strecke, wie zum Beispiel nach Bristol, wieder hereingeholt. Als Erasmus-Student hat man zugegebenermaßen mehr Freizeit, als man gewöhnt ist. Deswegen sollte man unbedingt in der Fresher's Week auf dem Society Fair und dem Sports Fair vorbeischauen. Dort stellen sich in der ersten Woche alle Societies und Sportclubs der Uni vor und geben Interessierten Auskunft über ihre Aktivitäten und Schnupperstunden. Allein zu sehen, wie viele unterschiedliche Angebote es gibt, macht super Spaß. Reading hat übrigens auch seine eigene Quidditch-Mannschaft! Es sieht vielleicht auf den ersten Blick nicht so aus, aber Quidditch ist anstrengender und aggressiver, als man denkt. Vor allem der Beitritt zur Erasmus-Society ist zu empfehlen, da diese nicht nur viele kostengünstige Ausflüge anbietet, sondern auch, besonders zu Beginn, viele Socials veranstaltet, bei denen man viele tolle Austauschstudenten kennenlernt und sich sehr schnell in die Gruppe integrieren kann. Ich würde außerdem jedem raten, sich daneben noch anderen Societies, Clubs oder Gruppen anzuschließen, da die Erasmus-Society die einzige ist, in der man keine Briten kennenlernen wird. Und jeder Englischstudent sollte natürlich versuchen, sich mit Muttersprachlern anzufreunden und so sein Englisch zu verbessern. Meine Erfahrung ist, dass man in Societies sehr viel leichter Kontakte zu Engländern bekommt als in den Seminarstunden. Ich bin neben der Erasmus-Society auch noch der English-Society und der Drama- Society beigetreten. Überall wurde ich sehr herzlich aufgenommen und habe nicht nur wirk-

5 lich viele Muttersprachler kennengelernt, sondern auch viel über Engländer und ihre kleinen Eigenheiten aus erster Hand erfahren. Ich würde jedem, der die Chance bekommt ins Ausland zu gehen, raten, so viel wie nur irgend möglich aus seiner Zeit dort zu machen, Neues auszuprobieren und sich auch auf Ungewohntes einzulassen. Aus meiner Zeit in Reading nehme ich viele schöne Erinnerungen, wertvolle Erfahrungen, verbesserte Sprachkenntnisse und tolle neue Freundschaften mit.