Tschechische Flugzeugbauer ziehen neue Aufträge an Land

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1 Tschechische Flugzeugbauer ziehen neue Aufträge an Land Robuste Maschinen in Schwellenländern gefragt / Fachkräftemangel könnte Höhenflug der Branche ausbremsen / Von Gerit Schulze Prag (gtai) - Die Luftfahrtindustrie ist auch in Tschechien relativ unabhängig von Konjunkturschwankungen. Die Umsätze steigen kontinuierlich, und bei den über 100 Unternehmen gehen Aufträge aus aller Welt ein. Neben Komponenten für die großen Hersteller Airbus, Boeing und Embraer produziert die Branche weiterhin erfolgreich kleine Nischenflugzeuge. Zuletzt wurden auch zwei Elektroflieger entwickelt, die im Batteriebetrieb unterwegs sind. Tschechiens Flugzeugindustrie hat die beiden Rezessionsjahre 2012 und 2013 fast unbeschadet überstanden. Nun startet die Branche durch zu neuen Höhenflügen. Laut staatlicher Agentur für Wirtschafts- und Investitionsförderung CzechInvest produzieren 135 Betriebe im Land Luftfahrzeuge und Komponenten, davon etwa 35 im Kerngeschäft. Nach Schätzungen von Jan Chmelik, Branchenmanager bei CzechInvest, beschäftigt der Sektor Mitarbeitende und erzielt einen Jahresumsatz von rund 15 Mrd. Tschechischen Kronen (Kc, 540 Mio. Euro, Jahresdurchschnittskurs 2014: 1 Euro = 27,53 Kc). "Tschechische Unternehmen sind ein wichtiger Bestandteil der Wertschöpfungskette für die internationale Flugzeugindustrie geworden", erklärt Spezialist Chmelik. Sie liefern nach Nordamerika, Westeuropa, Russland und Asien. Kennziffern der tschechischen Luftfahrtindustrie (in Mio. Euro; Veränderung in %) *) Kennziffer Veränderung 2013/12 Umsatz davon mit Luftfahrttechnik Exporterlöse Betriebsergebnis Investitionen *) nur Mitglieder des Verbands der tschechischen Luftfahrtindustrie (SCLP), auf die nach Verbandsangaben zwei Drittel des Branchenumsatzes entfallen Quelle: SCLP Der größte einheimische Hersteller Aero Vodochody wurde 2014 von PricewaterhouseCoopers zu den zehn am schnellsten wachsenden Unternehmen der globalen Luftfahrtindustrie gezählt. Vom Umsatz her gehört die Firma aus Odolena Voda bereits zu den 100 größten Herstellern der Welt. Die Umsätze sind in den letzten Jahren steil nach oben geschossen, allein 2013 um ein Drittel auf umgerechnet fast 150 Mio. Euro. Bis 2018 erwartet die Geschäftsführung dank der gefüllten Auftragsbücher eine weitere Verdoppelung. Von der Expansion bei Aero Vodochody profitieren auch deutsche Unternehmen. So hat der niedersächsische Maschinenbauer Broetje-Automation 2014 eine CNC-gesteuerte Nietanlage geliefert. Mit einer Investition von 100 Mio. Kc war es der teuerste Einzelauftrag, den Aero Vodochody bislang vergeben hatte. Die Deutsche Telekom hat mit ihrer Marke T-Systems eine Softwarelösung zum rechnergestützten Konstruieren von Hubschrauber- und Flugzeugteilen programmiert. 1

2 Gute Zahlen vorweisen kann auch die südmährische Aircraft Industries - Hersteller des größten tschechischen Flugzeugs L-410. Der zweimotorige Schulterdecker bietet Platz für 19 Passagiere und wird schon seit über 45 Jahren produziert, inzwischen in einer modernisierten Version. Im Jahr 2014 hat Aircraft Industries 16 dieser Maschinen hergestellt und verkauft. Die Umsätze lagen bei 65 Mio. Euro. Zuletzt waren weitere Aufträge aus Nepal, Mosambik und Algerien eingegangen. Nigeria will drei Flieger zur Sicherung seiner Staatsgrenze erwerben. Für das laufende Jahr hofft das Unternehmen, mindestens 19 Flugzeuge zu vertreiben. Perspektivisch ist eine Jahresproduktion von bis zu 30 Einheiten geplant. Einen Großauftrag aus den USA vermeldete Czech Sport Aircraft aus Kunovice im Frühjahr Das Unternehmen soll 16 Leichtflugzeuge vom Typ SportCruiser liefern. Zunehmendes Interesse am asiatischen Markt Als neue Absatzregion rückt der asiatische Markt ins Blickfeld. Maschinenbauer PBS Velka Bites hat Ende 2014 mit der chinesischen Hongdu Aviation Industry Group vereinbart, Hilfstriebwerke für ein neues Passagierflugzeug zu entwickeln. Ab 2020 könnten die Tschechen solche Energieaggregate ins Reich der Mitte liefern. Ein anderer Hersteller, Jihlavan aus Jihlava, will zusammen mit ostasiatischen Partnern Sport- und Trainingsflugzeuge für den chinesischen Markt entwerfen. Einen solventen Geldgeber aus Asien hat der südmährische Hersteller Evektor an Land gezogen. Die malaysische Gesellschaft Aspirasi Pertiwi will 4 Mrd. Kc in das Unternehmen aus Kunovice investieren. Mit der Kapitalspritze soll das Evektor-Modell EV-55 Outback den Sprung auf die Weltmärkte schaffen. Aspirasi Pertiwi finanziert laut Presseberichten die weitere Entwicklungsarbeit, Lizenzierungen und den Start der Serienproduktion in zwei Jahren. Nach Unternehmensangaben will Evektor schon 2015 rund 7 Mio. Euro in Bearbeitungs- und Umformmaschinen investieren, um seine Fertigungskapazitäten zu erhöhen. Die zweimotorige Turboprop-Maschine EV-55 Outback kann 14 Passagiere oder knapp zwei Tonnen Fracht transportieren. Sie ist besonders für unbefestigte Posten geeignet. Ein erster Auftrag über vier Flugzeuge ging bereits von Flugtaxibetreibern aus Malaysia ein. Als Bremse für den Aufschwung im tschechischen Flugzeugbau erweist sich der Fachkräftemangel, sagt Alice Undusova, Geschäftsführerin des Verbands der tschechischen Luftfahrtindustrie SCLP. Es fehlten vor allem Absolventen der Mittelschulen mit technischer Ausbildung. "Unsere Mitgliedsfirmen müssen daher viel Geld investieren, um den Nachwuchs für die Arbeit an den Maschinen vorzubereiten. Eine solche Trainingsphase kann schnell Kronen kosten." Der Verband sucht zusammen mit der tschechischen Regierung nach Möglichkeiten, das Problem zu entschärfen. Unter anderem soll mehr Werbung für technische Ausbildungsberufe gemacht werden. Über Studenten für Luft- und Raumfahrt eingeschrieben Im Ingenieurbereich sorgen die Universitäten des Landes für einen steten Nachschub an Luftfahrtspezialisten. Laut CzechInvest sind zurzeit rund Studenten in Fachrichtungen zur Luft- und Raumfahrt eingeschrieben. Die wichtigsten Ausbildungsstätten sind die Tschechische Technische Universität CVUT in Prag und die TU Brno. Ein zentrales Bindeglied zwischen Wirtschaft und Forschung ist das Institut für Luft- und Raumfahrtforschung und -tests (VZLU) in Prag. Die bereits 1922 gegründete Einrichtung gehört dem Staat und erbringt Entwicklungsdienstleistungen für die Flugzeugindustrie. Ein eigener Windkanal ermöglicht umfangreiche Testreihen. Über 80 in Tschechien entwickelte Flugzeugmodelle wurden hier vor der Inbetriebnahme auf Herz und Nieren geprüft. Dass die Zusammenarbeit zwischen Hochschulforschung und Wirtschaft klappt, zeigt das Elektroflugzeug VUT 051 Ray. Es wurde von Studenten der TU Brno mit dem Sportflugzeug-Hersteller Jihlavan entwickelt. Im Sommer 2014 hob das emissionsfreie Gefährt zum Jungfernflug ab. "Eine Serienproduktion ist vorerst nicht geplant. 2

3 Wir wollten einfach die Möglichkeiten eines Elektroantriebs für die Luftfahrt zeigen", erklärt Dalibor Cervinka vom Entwicklungsteam. Kommerzieller packt Hersteller Evektor das Thema an. Schon ein Jahr vor den Studenten aus Brno hatte das Unternehmen mit dem SportStar EPOS+ ein Sportflugzeug mit Elektromotor vorgestellt. Es kann etwa eine Stunde in der Luft bleiben und verursacht nur ein Viertel der Treibstoffkosten herkömmlicher Maschinen. Eine Drohne zur Baustellen- und Pipelineüberwachung wiederum hat das Technische Institut für die Luftverteidigung zusammen mit dem Geodäsieunternehmen CCE Praha entwickelt. Auch Polizei und Feuerwehr könnten das unbemannte Fluggerät nutzen, teilte das Forschungsinstitut mit. Eine Serienproduktion soll in Kürze starten. Marktvolumen der Luftfahrtindustrie in Tschechien, in Mio. Euro; Veränderung in % *) Veränderung 2013/12 Lokale Produktion 520,1 646,4 24,3 Import 468,4 344,7-26,4 Export 551,6 666,4 20,8 Marktvolumen 436,9 324,7-25,7 *) Umsätze aus eigenen Erzeugnissen und Dienstleistungen + Import - Export, laufende Preise der NACE-Position 30.3 Luft- und Raumfahrzeugbau, zugrunde gelegte Wechselkurse: 2012: 1 Euro = 25,143 Kc, 2013: 1 Euro = 25,974 Kc Quellen: Tschechisches Statistikamt, Ministerium für Industrie und Handel, Eurostat, Berechnungen von Germany Trade & Invest 3

4 Importe von Flugzeugtechnik nach Tschechien (in Euro; Veränderung in %) Warengruppe (SITC) Veränderung 2014/13 Kolbenverbrennungsmotoren für Luftfahrzeuge (713.1) ,9.davon aus Deutschland ,8 Hubschrauber(792.1) ,4.davon aus Deutschland 25 k.a. 20 k.a. Starrflügelflugzeuge und andere Luftfahrzeuge bis kg (792.2) ,4.davon aus Deutschland k.a. k.a k.a. Starrflügelflugzeuge und andere Luftfahrzeuge von kg bis kg (792.3) ,9.davon aus Deutschland k.a. k.a. k.a. k.a. Starrflügelflugzeuge und andere Luftfahrzeuge über kg (792.4) ,6.davon aus Deutschland k.a. k.a. k.a. k.a. Startvorrichtungen, Ballone und Luftschiffe, Segelflugzeuge, Hanggleiter (792.8) ,9.davon aus Deutschland ,7 Propeller und Rotoren, Fahrgestelle, andere Teile (792.9) ,1.davon aus Deutschland ,5 Sitze für Luftfahrzeuge (821.11) ,1.davon aus Deutschland ,0 Armaturenbrettuhren für Kraftfahrzeuge, Flugzeuge, Schiffe (885.71) ,2.davon aus Deutschland ,7 Insgesamt ,2.davon aus Deutschland ,2 Quelle: Tschechisches Statistikamt 4

5 Exporte von Flugzeugtechnik aus Tschechien (in Euro; Veränderung in %) Warengruppe (SITC) Veränderung 2014/13 Kolbenverbrennungsmotoren für Luftfahrzeuge (713.1) ,9.davon nach Deutschland ,1 Hubschrauber(792.1) ,9.davon nach Deutschland k.a. k.a. Starrflügelflugzeuge und andere Luftfahrzeuge bis kg (792.2) ,9.davon nach Deutschland ,2 Starrflügelflugzeuge und andere Luftfahrzeuge von kg bis kg (792.3) ,0.davon nach Deutschland k.a. k.a. k.a. k.a. Starrflügelflugzeuge und andere Luftfahrzeuge über kg (792.4) ,1.davon nach Deutschland k.a. k.a. k.a. k.a. Startvorrichtungen, Ballone und Luftschiffe, Segelflugzeuge, Hanggleiter (792.8) ,1.davon nach Deutschland ,6 Propeller und Rotoren, Fahrgestelle, andere Teile (792.9) ,7.davon nach Deutschland ,8 Sitze für Luftfahrzeuge (821.11) ,9.davon nach Deutschland 28 k.a. k.a. k.a. Armaturenbrettuhren für Kraftfahrzeuge, Flugzeuge, Schiffe (885.71) ,8.davon nach Deutschland ,5 Insgesamt ,7.davon nach Deutschland ,4 Quelle: Tschechisches Statistikamt (S.Z.) 5

6 Regina Wippler GTAI KONTAKT Regina Wippler +49 (0) Ihre Frage an uns Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck auch teilweise nur mit vorheriger ausdrücklicher Genehmigung. Trotz größtmöglicher Sorgfalt keine Haftung für den Inhalt Germany Trade & Invest Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. 6