Grundkurs Soziologie (GK I) BA Sozialwissenschaften
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- Magdalena Roth
- vor 6 Jahren
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1 Grundkurs Soziologie (GK I) BA Sozialwissenschaften Programm der heutigen Sitzung 1. Habermas und die kritische Theorie der Frankfurter Schule 2. Referat: Soziale Ungleichheit und Pierre Bourdieu GK Soziologie I - Saša Bosančić, M.A. 1
2 Kritische Theorie bei Adorno/Horkheimer Negative Dialektik = Menschheitsgeschichte ist Verfalls- und keine Fortschrittsgeschichte Hauptebenen der Kritik Kritik des Erziehungsideals: Erziehung dient primär dazu, Affektkontrolle herauszubilden ( Beherrschung der inneren Natur ) Kapitalismuskritik: den Individuen wird ein authentisches Verhältnis zu sich selbst unmöglich gemacht, da man nur ihre Arbeitskraft als Tauschobjekt (Ware) braucht. Wissenschaftskritik: Wissenschaft ist nur ein Herrschaftsinstrument, um a. die Natur zu beherrschen und auszubeuten b. den Menschen zu disziplinieren ( Selbstversklavung ) Vernunftkritik: Vernunft ist pervertiert, da sie auf die bloße technische Verbesserung der materiellen Selbsterhaltung reduziert ist technisch-instrumentelle Vernunft GK Soziologie I - Saša Bosančić, M.A. 2
3 Habermas` Grundannahmen Negative Geschichtsphilosophie vs. politisch-historischer Optimismus Geschichte jedoch weder Fortschritts- noch Verfallsgeschichte, sondern zu jeder Zeit Einheit widersprüchlicher Tendenzen Trotz aller Widersprüche gibt es eine Entwicklungslogik: Sperrklinkeneffekt (erreichte Entwicklungen sind nur schwer rückgängig zu machen) Habermas verwirft auch die Wissenschaftskritik Er hält daran fest, dass die Wissenschaften die einzige gesellschaftliche Instanz sind, die verbindliches und kritisches Wissen produzieren kann Habermas ist irritiert von der radikalen Vernunft- und Rationalitätskritik Er will Vernunft in der anthropologischen kommunikativen Grundstrukturen verankern Grundidee: Rationalitätspotential der menschlichen Sprache GK Soziologie I - Saša Bosančić, M.A. 3
4 Theorie kommunikativen Handelns (1981) Sprechhandlung Weltbezug Geltungsanspruch Handlungstyp Kritik? Konstativ Objektive Welt Wahrheit Teleologisches Handeln (strategisch/instrumentell) Falsifikation? Regulativ Soziale Welt Normative Richtigkeit Normenreguliertes Handeln Berechtigung? Repräsentativ Subjektive Welt Wahrhaftigkeit/ Aufrichtigkeit Dramaturgisches Handeln Authentisch? Kommunikativ Bezug zu übrigen 3 Sprechhandl. Verständlichkeit Kommunikatives Handeln Diskurs GK Soziologie I - Saša Bosančić, M.A. 4
5 Diskursethik Habermas gibt die Rahmenbedingungen an, wie in vernünftiger Konsens im Diskurs erzielt werden kann Ideale Sprechsituation: Jeder Diskursteilnehmer muss die Chance haben, sich auf objektive, soziale und subjektive Welt zu beziehen Der Diskurs muss herrschaftsfrei sein Nur bei der Orientierung an dieser Diskursethik ist es möglich, rationale Ergebnisse zu erzielen Habermas begründet somit die Vernunft / Rationalität neu Er zielt nicht auf eine inhaltliche Begründung Vielmehr gibt Habermas die formalen Bedingungen an, unter denen Rationalität entstehen kann Somit kann er auch den Ort angeben, von dem aus gesellschaftliche Kritik möglich ist (die Frankfurter Schule der ersten Generation unter Adorno/Horkheimer konnte dies nicht) GK Soziologie I - Saša Bosančić, M.A. 5
6 Differenzierung der Lebenswelt In vormodernen Gesellschaften gab es die Unterscheidung System/Lebenswelt nicht Entstehung der kapitalistischen Marktwirtschaft und der Nationalstaaten führt dazu, dass sich zwei Systeme aus der Lebenswelt ausdifferenzieren System Medium Politik (staatlich-administrativer Apparat) Macht (Organisationsmedium) Ökonomie Geld (Tauschmedium) GK Soziologie I - Saša Bosančić, M.A. 6
7 Entkopplung Für Habermas haben sich in der soziokulturellen Evolution nur zwei Systeme ausgebildet: Wirtschaft und Politik. Diese Systeme haben sich zunehmend aus dem Bereich der unmittelbaren gesellschaftlichen Interaktion gelöst sie unterscheiden sich immer stärker von der alltäglichen verständigungsorientierten Kommunikation eben dadurch, dass die Kommunikationsmedien Geld und Macht von der Lebenswelt entkoppelt sind Starke Entkopplung der Ökonomie: Verwendung Geld braucht keine lebensweltliche Begründung mehr Schwache Entkopplung der Politik: Legitimation von Macht ist an lebensweltliche Kommunikation rückgebunden (z.b. durch Wahlen) GK Soziologie I - Saša Bosančić, M.A. 7
8 Primat der Lebenswelt Primat der Lebenswelt bei Habermas Lebenswelt ist wichtiger ( umfassenderes Ordnungsprinzip ), da sich die Systeme aus der Lebenswelt ausdifferenziert haben und da Sie an diese zurückgebunden sind (Legitimität von Macht, Private Haushalte) Primat der Systeme bei Luhmann und Parsons d.h. Systeme haben sich vollständig aus der Lebenswelt entkoppelt Sie funktionieren nur nach Ihrer eigenen Logik und sind nicht mehr an die Lebenswelt zurückgebunden Menschen kommt nur insofern eine Bedeutung zu, als sie in Teilsysteme eingebunden sind Bei Parsons erfüllen Menschen durch die Internalisierung von Werten und Normen und die Übernahme von Rollen Systemerfordernisse Bei Luhmann spielen Menschen nur insofern eine Rolle, als sie durch ihre Kommunikation an einem bestimmten Subsystem teilnehmen GK Soziologie I - Saša Bosančić, M.A. 8
9 System und Lebenswelt Gesellschaft ist nicht nur als Systemzusammenhang zu verstehen (wie bei Luhmann oder Parsons) Gesellschaft kann auch nicht nur als Lebenswelt konzipiert werden (wie z.b. im Symbolischen Interaktionismus) Lebenswelt und System muss zusammen betrachtet werden einerseits die Systeme und die funktionalen Logiken andererseits die Lebenswelt der Menschen, in dem die kulturelle Reproduktion stattfindet In der Gesellschaft muss ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen System und Lebenswelt geben, ein Gleichgewicht zwischen: dem Rationalitätspotential der menschlichen Sprache und dem Effizienzbedürfnis der Systeme GK Soziologie I - Saša Bosančić, M.A. 9
10 Kolonialisierung der Lebenswelt Das Gleichgewicht zwischen System und Lebenswelt ist in modernen Gesellschaften gestört Kolonialisierungsthese Systeme haben sich zunächst entwickelt, um die Lebenswelt zu entlasten, und zwar in den Bereichen der Organisation (Politik) und der Reproduktion (Wirtschaft) Die funktionalen Logiken der Systeme dringen zunehmend in die Lebenswelt ein und drohen eine Übermacht zu erlangen. Habermas schreibt dazu, dass die funktionalen Imperative der Systeme wie Kolonialherren in eine Stammesgesellschaft eindringen Systemrationales Handeln dringt zunehmend in die Lebenswelt ein, wobei diese Ort verständigungsorientierter Kommunikation sein sollte GK Soziologie I - Saša Bosančić, M.A. 10
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