Erfahrungsbericht. zum Auslandsstudienabschnitt an der Pontificia Universidad Católica de Chile Februar 2007 bis Februar 2008

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1 Erfahrungsbericht zum Auslandsstudienabschnitt an der Pontificia Universidad Católica de Chile Februar 2007 bis Februar 2008 Martin Lemmich Universität Ulm Diplomstudiengang Wirtschaftsmathematik Ich stimme einer Veröffentlichung dieses Berichtes und der Weitergabe meiner adresse an interessierte Studenten durch das International Office Ulm sowie das Baden-Württemberg-STIPENDIUM zu

2 Bewerbung und Vorbereitung Bereits im Herbst 2005 erkundigte ich mich beim International Office der Universität Ulm nach einem Platz in einem der Austauschprogramme nach Südamerika, erfuhr jedoch, dass die Frist für 2006 bereits abgelaufen war und für 2007 eine Bewerbung bis zum September 2006 ausreichend ist. Ich bewarb mich letztendlich für zwei Austauschsemester an der Pontificia Universidad Católica de Chile in Santiago de Chile. Dass ich dieses exotische Ziel gewählt habe, lag daran, dass ich in einem spanisch-sprachigen Land studieren, andererseits aber nicht in Europa bleiben wollte. Letztendlich gab den Ausschlag, dass mit Chile bereits ein Programm existierte und dass Chile eines der landschaftlich faszinierendsten Länder Südamerikas ist. Bestätigt wurde ich in meiner Entscheidung durch die positive Berichte einer Kommilitonin, die bereits in 2006 an dem Programm teilnahm. Für die Bewerbung waren ein kurzes Motivationsschreiben, ein Transcript of records, ein Nachweis der Spanischkenntnisse und das Gutachten eines Dozenten erforderlich. Insgesamt ist der Aufwand sehr gering und sollte keinen davon abhalten sich um einen Austausch zu bemühen. Besonders bedanke ich mich bei Herrn Dr. Gerhard Baur, der mir bereitwillig ein Gutachten erstellte und bei Herrn Dr. Francisco Uzcanga, der mich bereits aus den Spanischkursen kannte und nach einem kurzen Testgespräch das notwendige Sprachzeugnis ausstellte. Im Herbst erhielt ich dann die Mail von Frau Baur mit der Einladung zum Auswahlgespräch im International Office. Da sie versäumt hatte zu erwähnen, dass alle Adressaten bereits für ihr jeweiliges Programm akzeptiert wurden, war ich doch vorher etwas nervös und es herrschte am vereinbarten Termin eine seltsame Stimmung unter den wartenden Studenten, da keiner so recht wusste, ober er sich nun gegenüber den anderen behaupten müsse. Beim Gespräch selbst lüftete Frau Baur dann dieses Geheimnis und nach einer kurzen Vorstellung aller Austauschanwärter (von denen nur zwei nach Chile wollten, davon ich als einziger bereits im ersten Semester 2007) wurde das weitere Vorgehen zur Visumsbeantragung besprochen. Frau Baur war dabei etwas überrascht, dass ich bereits im Februar gehen wollte obwohl dies aus meiner Bewerbung hervorging. Sie versprach jedoch sich darum zu kümmern, dass meine Unterlagen rechtzeitig bei der PUC eingehen, und letztendlich hat dann doch alles ohne Probleme funktioniert. Für ein Studentenvisum benötigt man einige Dokumente, wie ein polizeiliches Führungszeugnis, ein Dokument, das die Finanzierung der Reise bescheinigt (z.b. eine Bestätigung der Eltern für die anfallenden Kosten ggf. aufzukommen), einen gültigen Reisepass, eine amtliche Bescheinigung, dass man nicht unter ansteckenden Krankheiten leidet (z.b. vom Amtsarzt, oder vom Hausarzt und vom Amt bescheinigen lassen, dass dieses zugelassener Arzt ist), einige Passfotos, sowie die Zulassung der 1

3 Universität in Chile. Es empfiehlt sich, frühzeitig damit anzufangen, diese Sachen zu besorgen, man sollte allerdings auch darauf achten, dass z.b. das Führungszeungis bei der Visabeantragung nicht zu alt sein darf. Sobald man all diese Unterlagen an das zuständige Konsulat (in München für Wohnsitz in Bayern oder Baden-Württemberg) geschickt hat, wird man nach wenigen Tagen benachrichtigt, dass man sich das Visum nun abholen kann. Relativ günstige Flüge über Madrid findet man bei der chilenischen Fluglinie LAN ( (Ein-)Leben in Chile Ich kam relativ kurz vor Studienbeginn in Chile an. Im nachhinein ist das zu empfehlen, da man normalerweise die meisten neuen Bekanntschaften erst an der Universität knüpft. Auch fand ich es besser am Ende meines Aufenthaltes Zeit zum Reisen zu haben, als ich schon deutlich besser Spanisch konnte und einiges über das Land wusste. Die ersten Wochen wohnte ich bei einem Chilenen, den ich vorher über das Internet kennengelernt hatte. Normalerweise ist es kein grosses Problem in Santiago eine Wohnung zu finden. An der Uni gibt es viele Aushänge, und falls man schon Kontakt zu Studenten aus Chile hat, erfährt man oft schnell von freien Zimmern in Studenten-WGs. So fand ich meine Wohnung auch über die Freundin eines Freundes meines Bekannten. Das Mieten einer Wohnung läuft meist sehr unbürokratisch, die Miete wird häufig bar bezahlt, und ein Mietvertrag ist nicht unbedingt üblich. Studium an der PUC Da ich in Deutschland schon scheinfrei war, nutzte ich die Gelegenheit durch die Wahl meiner Vorlesungen Lateinamerika etwas näher kennenzulernen. Ich besuchte dort während der beiden Semester Kurse für das Certificado académico en América Latina contemporana, einer Art Nebenfachabschluss in lateinamerikanischen Studien. Für mich bestand das Programm aus zwei Vorlesungen in Wirtschaft, einer in Geschichte, einer in Politik und einem fächerübergreifenden Seminar (Name irreführend, ist eigentlich auch eine Vorlesung) über Kultur, Geografie und Politik Lateinamerikas. Die Vorlesungen waren durchaus mit einem gewissen Arbeitsaufwand verbunden, da sehr viel Lektüre und teilweise auch eine eigenständige Hausarbeit erwartet wurde. Allerdings fand ich alle Vorlesungen sehr interessant, und auch ohne Vorwissen in den entsprechenden Disziplinen problemlos zu bestehen (einzig in den Wirtschaftsvorlesungen ist Vorwissen nötig). Neben diesen Vorle- 2

4 sungen, die ich mir als Pflichtprogramm vorgenommen hatte, besuchte ich auch die Sportvorlesungen Montañismo (Bergsteigen) I und II. Der Professor Ernesto Olivares ist ein erfahrener Bergsteiger, der unter anderem schon mehrere 8000er (auch den Mount Everest) bestiegen hat oder auch die Antarktis durchquert hat. Trotzdem betreut er mit unglaublicher Hingabe und Einsatz seine Studenten. Gerade in diesen Vorlesungen konnte ich viele Freundschaften mit Chilenen und anderen Ausländern knüpfen. Praktikum Im Anschluss an mein Studium nutzte ich die Gelegenheit, meinen Aufenthalt in Chile noch etwas zu verlängern und nebenbei ein Praktikum zu absolvieren. Über einen Bekannten in Chile hatte ich die Gelegenheit mich am Ministerio de Educación (Bildungsministerium) zwei Monate lang mit der Erstellung und Verwaltung von Datenbanken zur Auswertung diverser Bildungsförderungsmassnahmen zu beschäftigen. Das Praktikum war interessant und die Mitarbeit in einer recht jungen Abteilung die nur aus Chilenen bestand war äusserst angenehm. Auch ausserhalb der Arbeit traf man sich gelegentlich, z.b. zum Essen oder Fussballspielen. Leider war im Budget der Abteilung kein Posten für Praktikanten vorgesehen, so dass das Praktikum unbezahlt war. Trotzdem bin ich froh, diese Erfahrung gemacht zu haben. Reisen Die einfachste Möglichkeit, Reisen zu unternehmen und Kontakt zu Chilenen oder anderen Ausländern herzustellen, ist über die Comisión de Acogida. Dies ist eine Organisation von (meist chilenischen) Studenten, die Reisen, Ausflüge, aber auch Partys organisieren, um die ausländischen Studenten besser zu integrieren und ihnen die Möglichkeit zu geben, das Land besser kennenzulernen. So war ich ein langes Wochenende mit der Comisión in La Serena, einer Stadt etwa 500 km nördlich von Santiago und einen Tag in der Kupfermine El Teniente, der grössten unterirdischen Mine der Welt. Des weiteren habe ich mit Freunden eine Reise nach Buenos Aires und Iguazu unternommen, und war etwas im Süden von Chile unterwegs. Der chilenische Reiseführer Turistel enthält zum Beispiel interessante Reisetipps. Innerhalb Chiles, aber auch zu anderen Städten Südamerikas gibt es ein gut ausgebautes Netz an günstigen Reisebussen, aber es gibt auch immer wieder gute Angebote an Flügen. Eine Zugverbindung gibt es nur von Santiago nach Süden (bis Temuco), und das auch nur wenige Male in der Woche. 3

5 Praktische Tipps Wenn man wie ich alleine nach Chile kommt ist wohl die erste grosse Herausforderung, neue Leute kennenzulernen und sich einen neuen Freundeskreis aufzubauen. Es empfielt sich, sich möglichst schnell ein Handy zu besorgen, da dies die einfachste Möglichkeit zur Kommunikation ist. Des weiteren werden vor allem zu Beginn des Semesters eine Vielzahl an Kennenlern-Partys veranstaltet, die ihrem Namen durchaus gerecht werden. Vor allem die Veranstaltungen der Comisión de Acogida sind durchweg zu empfehlen. Nicht abschrecken lassen, wenn die Verständigung auf spanisch am Anfang noch nicht so gut klappen sollte! Der einzige Weg, das zu verbessern ist viel zu reden und nicht sich nur mit Deutschen zu unterhalten. Ein weiterer Weg die Sprache und gleichzeitig Chilenen kennenzulernen ist das Sprach-Tandem, bei dem man sich regelmässig mit einem Chilenen, der deutsch lernen möchte trifft. Chile ist für lateinamerikanische Verhältnisse ein sehr sicheres Land. Dennoch ist es nicht auszuschliessen, dass trotzdem mal was passiert. Man sollte tagsüber gerade auf belebten Plätzen seine Wertsachen gut im Auge behalten und nachts z.b. unbeleuchtete Strassen meiden und lieber mal mit dem Taxi fahren. Besitzt man ein Konto bei der Deutschen Bank, so kann man an den Automaten der Scotiabank gebührenfrei Geld abheben. Fazit Insgesamt habe ich in Chile eine unglaublich schöne Zeit verbracht, und die Entscheidung für den Auslandsaufenthalt nie bereut. Chile ist möglicherweise das Land Südamerikas in dem man den Kulturunterschied zu Europa und den USA am wenigsten merkt, dafür ist es einzigartig in seiner landschaftlichen Vielfalt. Während dieses Austauschjahres habe ich mich in Chile verliebt und werde mit Sicherheit noch weitere Male dort vorbeischauen. Dieser Erfahrungsbericht gibt natürlich nur einen kleinen und oberflächlichen Einblick, ich hoffe jedoch er ist trotzdem hilfreich. Für weitere Fragen oder einfach mal ein Gespräch stehe ich jedem Interessierten gerne zur Verfügung. 4