Predigten von Pastorin Andrea Busse

Transkript

1 Predigten von Pastorin Andrea Busse Predigt: Das große Gastmahl Mt 22, 1-14 Gnade sei mit euch und Friede. Gott gebe uns ein Wort für unser Herz und ein Herz für sein Wort. Er segne unser Reden und Hören. Amen. Liebe Gemeinde, heute will ich Ihnen die Geschichte einer Geschichte erzählen in mehreren Szenen. Es ist nicht irgendeine Geschichte. Immerhin geht es um das Himmelreich, und es ist Jesus höchstpersönlich, der sie zum ersten Mal erzählt hat. Ich stelle mir das so vor: Wir haben das Jahr 30 n. Chr. Jesus zieht durch das Land und predigt: er predigt davon, dass Gott die Menschen liebt, dass er sie zu sich einlädt. Jesus predigt und predigt, er redet sich sozusagen den Mund fusselig, weil diese Einladung so wichtig ist, entscheidend für das ganze Leben. Manche verstehen, wovon er spricht, sie nehmen die Einladung an. Sie geben alles auf und folgen Jesus nach. Andere finden das seltsam, was dieser Wanderprediger von sich gibt. Sie haben sich Gott ganz anders vorgestellt. Sie verstehen nicht, was Jesus sagt und lebt: nämlich, dass in Jesus Gott selbst gekommen ist, dass er nie so nahe war wie jetzt, dass es jetzt darum geht, die Einladung anzunehmen. Außerdem gibt es schließ lich noch andere Dinge im Leben als die Religion, anderes ist ihnen wichtig, im Endeffekt sogar wichtiger. Oder es fehlt einfach die Zeit, Jesus genauer zuzuhören, sich damit zu beschäftigen, vielleicht später mal. Kommt ja nicht so drauf an, auf einen Tag, eine Woche, eine Jahr. Aber Jesus kommt es darauf an. Und so predigt er weiter. Eines Tages erzählt er dabei die Geschichte vom Himmelreich: Das Himmelreich ist wie ein König, der ein großes Fest feiern will. Er bereitet alles vor und dann schickt er seine Boten aus und lädt ein. Aber das Unglaubliche passiert: Die Geladenen sagen einer nach dem anderen ab. Sie haben Wichtigeres zu tun das glauben sie zumindest. Sie

2 - 2 - schlagen die Einladung in den Wind. Da befiehlt der König, an ihrer Stelle die ersten Besten von den Straßen zu holen. Die kommen auch. Und mit ihnen feiert er ein rauschendes Fest. Die nächste Szene: Es ist Jahre später: Jesus predigt nicht mehr. Er ist gekreuzigt, gestorben und auferstanden. Jetzt sind es seine Jünger und Jüngerinnen, Apostel wir Paulus, die durchs Land reisen und predigen. Und auch sie machen die Erfahrung: Mache glauben dem, was sie predigen, und andere nicht. Und plötzlich ist da ein neues Problem: Was ist mit den Heiden, die gläubig werden? Jesus war doch Jude, er wollte doch keine neue Religion gründen, er wollte dem Volk Israel von ihrem Gott erzählen. Wer gehört denn wirklich nun zu den Eingeladenen? In den ersten Gemeinden gab es riesige Konflikte um die Frage: Wer soll missioniert werden: nur Juden oder auch Heiden? Und da erinnern sich die Jünger an das Gleichnis vom Himmelreich. Das scheint genau in ihre Situation zu passen und so wird es wieder erzählt, ein klein wenig anders: Das Himmelreich ist wie ein König, der ein großes Fest feiern will. Er bereitet alles vor und dann schickt er seine Boten aus und lädt ein. Aber das Unglaubliche passiert: Die Geladenen sagen ab. Da schickt er die Boten wieder aus: Sagt den Gästen: Das Essen ist zubereitet, die Ochsen und das Mastvieh geschlachtet, alles ist bereit, kommt doch! Aber die Gäste missachten die Einladung. Der eine geht auf seinen Acker, der andere zu seinen Geschäften, keiner kommt. Da sagt der König zu seinen Boten: Geht auf die Straßen, an die Hecken und Zäune und ladet zu meinem Fest, wen ihr findet. Viele kommen und der König feiert mit ihnen sein rauschendes Fest. Sie merken, diesmal lädt der König die, die auf seiner Gästeliste stehen, gleich zweimal ein. Und die sagen nicht nur ab, sondern sie benehmen sich richtig schofelig. Jeder hat eine Ausrede parat. Daran sieht man, wie sehr die ersten Gemeinden sich dafür recht fertigen mussten, dass sie unter den Juden wenig Erfolg hatten, und dafür umso mehr bei den sogenannten Heiden. Die dritte Szene: Es ist sagen wir mal 80 n. oder 100 n.chr. Etwas Entscheidendes ist seitdem passiert: Im Jahr 70 haben die Truppen des Titus Jerusalem in Brand gesteckt und den Tempel der Juden zerstört. Und plötzlich taucht in unserem Gleichnis eine seltsame kleine Zwischenepisode auf, die so gar nicht zu passen scheint: Der König lädt ein, die Geladenen sagen ab das kennen Sie inzwischen schon aber dann wird s brutal:

3 - 3 - Etliche aber griffen seine Knechte und töteten sie. Da ward der König zornig und schickte seine Heere aus und brachte diese Mörder um und zündete ihre Stadt an. Und dann geht es weiter wie gehabt die nächsten Gäste werden geladen, kommen, feiern. Während also das Essen dampfend auf dem Tisch steht, führt der König mal eben einen kleinen Krieg. Das passt natürlich alles nicht zusammen. Aber es passt zu dem, was die Gemeinden damals erfahren haben: nämlich dass sie die Boten, die zu Gott einladen verhöhnt wurden, verfolgt, z.t. getötet. Die ersten Christenverfolgungen haben begonnen. Und manche Christen haben sich dann wohl gehässig darüber gefreut, dass es den Juden - denen, die ihrer Botschaft keinen Glauben geschenkt haben - an den Kragen ging. Dass die Römer Jerusalem mitsamt Tempel zerstört hatten, das schien ihnen wie ein Gottesgericht für deren Unglauben. Gott als Rachewerkzeug für das, was sie selbst erlitten haben. Das ist eine der Stellen in der Bibel, wo wir es mit Antijudaismus zu tun haben. Und dass der eine sehr unheilvolle Geschichte angetreten hat, das muss ich hier nicht weiter erläutern. Der Judenhass hat eine lange Geschichte, die sich sogar in der Bibel findet. Traurig, aber wahr. Szene Nr. 4 Gleiche Zeit, aber anderer Ort. Matthäus steht nicht draußen auf den Plätzen und predigt, er sitzt an seinem Tisch und schreibt. Er sammelt all die Geschichten, die man von Jesus weiß, denn die letzten Zeitzeugen sterben und man will die Erinnerung bewahren. Auch das Gleichnis vom Himmelreich soll nicht verloren gehen. Und so schreibt er, was er gehört hat, aber nicht nur das. Er fügt etwas hinzu. Da sitzen sie alle, die von den Hecken und Zäunen, und feiern fröhlich. Da kommt der König herein und entdeckt einen Menschen, der kein hochzeitliches Kleid anhat. Und er sagt zu ihm: Wie bist du hereingekommen, wenn du kein hochzeitliches Kleid anhast? Der Gast verstummt. Da spricht der König zu seinen Dienern: bindet ihm Hände und Füße und werft ihn in die Finsternis hinaus. Und da wird Heulen und Zähneklappern sein. Denn viele sind berufen, wenige aber sind auserwählt. Mit Matthäus geht da nicht einfach die Phantasie durch. Er ist auch nicht ein Fan der passenden Kleiderordnung. Wenn Leute von den Hecken und Zäunen geholt werden, haben sie eh keine Chance, sich schick zu machen. Trotzdem hat Matthäus allen Grund, das zu schreiben. In seiner Gemeinde geht es nicht mehr um Judenmission oder Heidenmission. Seine Gemeinde hat ganz andere Probleme: Anfangs waren die christlichen Gemeinden überzeugte, leidenschaftliche Anhänger von Jesus. Viele haben alle Bindungen gekappt, Nachteile in Kauf genommen, um sich taufen zu lassen und mit dazu zu gehören. Aber in der Gemeinde von Matthäus ist das nicht mehr so. Das ist ein bunt gemischter Haufen eigentlich wie bei uns heute - manche sind mehr, andere weniger überzeugt, die einen setzen sich mit ihrem ganzen Leben für die Botschaft ein, manche liebäugeln nur ein bisschen und gucken sich das so aus der Distanz an. Matthäus will klar machen:

4 - 4 - Nur weil ihr zu den Eingeladenen gehört, und zu denen, die der Einladung gefolgt sind, nur weil ihr hier am Tisch der Gemeinde sitzt, seid ihr noch lange nicht wirklich angekommen. Ob ihr wirklich in der Nähe Gottes seid, ob ihr wirklich ausgelassen mit ihm feiern könnt, das hängt davon ab, WIE ihr da seid. Und natürlich geht es da nicht um Äußerlichkeiten, sondern um die innere Einstellung. Stelle ich mich wirklich auf das Fest ein? Will ich dazu gehören? Das Festgewand ist nur ein Bild dafür. Das ist die Geschichte der Geschichte, soweit wir sie verfolgen können. Sie führt uns Wege und auch Abwege der christlichen Predigt vor. Jesus hat eingeladen, er hat klar gemacht, alle sind gemeint, alle haben Zugang zu Gott. Es kommt nur auf eines an: wer feiern will, der muss auch kommen. Später wurde aus der Einladung zu einem Fest eine Drohung mit Heulen und Zähneklappern. Schade eigentlich. Trotzdem ist klar, dass die Christen und Christinnen später nicht mehr Wort für Wort das predigen können, was Jesus damals gesagt hat Verkündigung muss sich verändern, muss in die jeweilige Situation hinein sprechen, sonst ist sie tot. Da fehlt uns also noch eine letzte Szene. Wie würde die Geschichte heute klingen? Wie müssten wir sie heute erzählen, damit sie uns etwas zu sagen hat? Ich denke, jede und jeder von uns würde unterschiedlich erzählen, andere Akzente setzen. Ich mache mal einen Versuch: Das Himmelreich gleicht einem König, der zu einer Feier einlädt. Er schickt seine Boten aus, sie sollen zu dem Fest einladen. Aber viele wollen nicht kommen: Die einen sagen: Wir haben zu viel zu tun. Die Arbeit, die Familie, ich brauche auch einfach mal meine Ruhe für Feste habe ich im Moment keine Zeit. Da kann ich immer noch hingehen, wenn ich alt bin. Andere werden deutlicher: Ein Fest? Das wird bestimmt so eine lahme Veranstaltung mit langen Vorträgen, das kenn ich doch, da habe ich keine Lust zu. Die nächsten sagen: Der König lädt ein? Ach, gibt s den noch, ich dachte für den interessiert sich eh keiner mehr. Und manche denken wohl auch heimlich: Dieser Bote ist so gehetzt und unfreundlich das kann ja ein tolles Fest werden, da will ich gar nicht hin. Und so sagen viele ab. Die Boten aber kehren frustriert zum König zurück. Herr, keiner will unserer Einladung folgen. - Es ist nicht eure Einladung, tröstet sie der König da, Es ist meine. Deswegen lasst euch nicht beirren: Ladet alle ein, die ihr findet. Geht an die Hecken und Zäune. Manch einer der Boten denkt bei sich: Wie kann er Leute einladen, die er gar nicht kennt? Wir sind doch eigentlich eine Hausgemeinschaft wieso kommen hier Fremdlinge?

5 - 5 - Verehrter König, mag manch einer fragen: An den Hecken und Zäunen, da sitzen schon komische Gestalten. Wollen wir die wirklich haben, passen die hierher in dieses Haus? Aber der König hält an seinem Auftrag fest und schickt seine Boten immer wieder aus. Um mehr Erfolg zu haben, überlegen sich die Boten ein schickes Design für die Einladung und gute PR Maßnahmen. Da muss man sich natürlich besser organisieren, wer wofür zuständig ist, wer die Einladungsschreiben aufsetzt und wer sie verschickt, wer die Adresslisten verwaltet und und und viel Organisationskram ist zu bedenken bei so einem bedeutenden Fest. Und vor lauter Organisationskram vergessen die Boten manchmal das dampfende Essen, das auf dem Tisch steht und das rauschende Fest, das wartet. Aber viele laden auch mit großer Begeisterung ein, alle, die sie treffen. So kommen im Endeffekt viele, viele Menschen. Manch einer der Eingeladenen mag zögerlich sein und sich fragen: Passe ich da hin? Bin ich schick genug angezogen? Oder andersherum: Wer wird wohl mein Tischnachbar, hoffentlich hat er ein ordentliches Hochzeitsgewand an. Ja vielleicht diskutieren manche Gäste jetzt die Kleiderordnung. Aber schließlich sitzen sie am Tisch beim König und feiern. Und alle sind erstaunt, denn es ist ganz anders, als sie es sich vorgestellt hatten. Noch viel, viel besser als in der Einladung versprochen. Es wird wirklich gefeiert. Die Stimmung ist ausgelassen und fröhlich. Jeder fühlt sich wohl. Und das beste ist der König selbst: dass er da ist, dass er nah ist, das macht alles so himmlisch. Sie sind dankbar, dass sie die Einladung angenommen haben, dass sie sich ganz darauf eingelassen haben, sie hätten sonst in ihrem Leben den Himmel verpasst. Liebe Gemeinde, wir alle sind eingeladen. Egal, wie beschäftigt wir gerade sind, egal, welches Gewand wir tragen. Wir sind eingeladen zu einem rauschenden, fröhlichen Fest. Um Antwort wird gebeten. Amen