Raster-Tunnel-Mikroskopie
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- Lukas Bieber
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1 Universität Potsdam Institut für Physik Physikalisches Praktikum für Fortgeschrittene 2001 F 7 Raster-Tunnel-Mikroskopie Zielstellung Das Prinzip der Rastertunnelmikroskopie ist relativ einfach: Eine feine Metallnadel wird dicht an eine elektrisch leitende Oberfläche herangebracht. Die quantenmechanischen Wellenfunktionen der Elektronen auf der Oberfläche eines Festkörpers fallen nach außen hin exponentiell ab. Bei ausreichend kleinen Abständen von etwa 0,5nm zwischen der Metallspitze und der Probenoberfläche können sie überlappen. Aufgrund des Tunneleffektes gelangen dann Elektronen von einem Metall ins andere. Legt man zwischen Probe und Spitze eine externe Spannung an, die bei Metalloberflächen etwa 0,1V und bei Halbleiteroberflächen ungefähr 2V betragen muß, so fließt über den äußeren Stromkreis ein resultierender Tunnelstrom von etwa 1 na. Mittels piezoelektrischer Stellelemente kann man die Metallnadel nahe genug an die Oberfläche heranbringen und auch rastermäßig über die Oberfläche hinwegführen. Dabei bewirken kleinste Änderungen des Abstandes beispielsweise durch eine atomare Stufe auf der Probenoberfläche merkliche Änderungen des Tunnelstromes. Vielfach benutzt man dabei den Tunnelstrom zur Regelung des Abstandes zwischen Metallspitze und Probenoberfläche. Das hierfür am Stellelement erforderliche Regelspannungssignal ist ein Maß für die Topografie der Oberfläche. Die Möglichkeit mittels piezoelektrischer Elemente Auslenkungen im Bereich von Atomdurchmessern einzustellen, liefert in Verbindung mit der feinen Nadelspitze und der exponentiellen Abhängigkeit des Tunnelstromes vom Abstand eine sehr hohe Auflösung in der Richtung senkrecht als auch parallel zur Oberfläche. Mit dem Raster-Tunnel-Mikroskop (STM) steht somit ein Instrument zur Verfügung, mit dessen Hilfe einzelne Atome auf Oberflächen sichtbar gemacht werden können. Die hier möglichen Untersuchungen mit dem STM vermitteln einen unmittelbaren Eindruck von der molekularen und elektronischen Struktur verschiedener Materialoberflächen. 1
2 Experimentelle Aufgabenstellung: 1. Es ist eine neue Spitze aus PtIr- oder Wolfram-Draht einzusetzen. 2. Mittels eines holografisch erzeugten Goldgitters (2400 Linien/mm) ist das Raster-Tunnel-Mikroskop zu kalibrieren. Evtl. ist ein Kalibrierfaktor festzulegen und bei den folgenden Untersuchungen zu berücksichtigen. 3. Eine Graphitoberfläche ist zu präparieren. Durch atomare Auflösung sind die Gitterkonstanten von Graphit (Abstände zwischen benachbarten Atomen in einer Ebene) zu ermitteln. Der Abstand zwischen zwei Gitterebenen ist zu bestimmen, indem bei geringerer Auflösung eine Bruchkante zwischen zwei Ebenen gesucht und vermessen wird. 4. Entsprechende Untersuchungen sind an präparierten Molybdän- Disulfid-(MoS 2 -)Probenoberflächen vorzunehmen. 5. Zur Verbesserung der Darstellung sind die möglichen Bildbearbeitungstechniken zu nutzen (Filter, 3-dimensionale Bilddarstellung, Querschnittsdiagramm, Kontrastverbesserung). Ausgewählte Ergebnisse der Bildbearbeitung sind zu dokumentieren (Ausdruck oder Abspeichern in einer anzugebenden Datei oder auf Diskette). Hinweise zur Versuchsdurchführung 1. Der ISTM-Kopf Obwohl stabil und kompakt aufgebaut, ist der STM-Kopf ein empfindliches Präzisionsinstrument und muß deshalb sorfältigst behandelt werden. Zur Erzielung bestmöglichster Ergebnisse ist eine schwingungsgedämpfte Auflage zu verwenden. Selbst akustische Schwingungen können die Führung der Metallspitze im Angströmbereich über die Probenoberfläche erheblich stören. 2. Einsetzen der Metallspitze und der Probe in den ISTM-Kopf 2.1 Drehknopf "Sample Position" soweit in Uhrzeigersinn drehen bis sich die entsprechende Anzeige knapp über den unteren Fensterrand befindet. 2.2 Mittels "Coarse Retract" (ISTM Control Electronics) Anzeige "Tip Position" in die obere Fensterhälfte bringen. 2
3 2.3 Mittels einer Pinzette frisch präparierte Spitze in richtiger Position in den Tip-Holder einsetzen. 2.4 Tip-Holder vorsichtig mit dem konischen Ende in die obere magnetische Halterung einsetzen (Pinzette benutzen!). Auf richtigen Sitz achten! 2.5 Probenhalterung mit aufmontierten Probenteller vorsichtig in die untere magnetische Schlittenführung einfügen. Probenoberfläche und Spitze dürfen sich nicht berühren. Falls erforderlich ist nach 2.1 die Spitze weiter anzuheben oder nach 2.2 die magnetische Probenführung abzusenken. 2.6 Nachdem Probe und Spitze richtig in Ihrer Halterung sitzen, Drehknopf "Sample Position" soweit gegen den Uhrzeigersinn drehen bis die Distanz Spitze-Probenoberfläche ca 0,5 mm beträgt. Die weitere Annäherung erfolgt vom ISTM-Steuergerät. 3. ISTM Control Electronics Das Bedienfeld des elektronischen Steuergerätes untergliedert sich in drei Bereiche: 3.1 Tunneling controls BIAS VOLTAGE: Spannung zwischen Tip und Probe von 0 bis ±10 VDC wählbar, kann durch Tastendruck auf LED Display angezeigt werden. REFERENCE CURRENT: Sollwert des Tunnelstromes von 0 bis 100 ma wählbar, kann durch Tastendruck auf LED Display angezeigt werden. SERVO LOOP RESPONSE: zum optimalen Ansteuern des Aktuators A Z während des Betriebes. TIME CONSTANT: z.b. auf Min. gesetzt bedeutet, daß A Z entsprechend schnell dem Oberflächenprofil folgt. GAIN: z.b. auf Max gesetzt bedeutet, daß jede Veränderung des Tunnelstromes maximal auf A Z zurückwirkt. FILTER: z.b. auf Max. gesetzt bedeutet, daß aus der Ansteuerspannung für A Z die zumeist hohen Störfrequenzen durch Filtern stark unterdrückt werden. 3
4 3.2 Scan/Offset Controls MAGNIFICATION: ermöglicht das Zoomen des ausgewählten Scan- Bereiches: z.b. x SCAN = y SCAN = A. Hieraus lassen sich folgende Scanbereiche auswählen: MAGNIFICATION x SCAN y SCAN A o A o A o 5000 A o A o 3000 A o A o 200 A o A o 40 A o X-, Y-SCHIEBESCHALTER: ermöglichen das kontrollierte Verschieben der Probe im ISTM-Meßkopf in x- und y-richtung zum Aufsuchen eines geeigneten Untersuchungsareals. Diese Probenbewegung ist in Abhängigkeit von den Betriebsbedingungen nur innerhalb bestimmter Grenzen möglich. Eine LED-Anzeige signalisiert, daß der Schiebeschalter sich außerhalb des möglichen Steuerbereiches befindet. 3.3 Tip Approach Controls COARSE RETRACT: zum Anheben der Spitze, z.b. vor einem Probenwechsel. Die Anzeige "Tip-Position" darf sich dabei nicht aus dem Anzeigefenster bewegen. Dies kann zu Störungen am Schrittmotor führen. FINE RETRACT (PZT)/AUTO APPROACH (TUNNELING): Wird diese Taste unmittelbar nach COARSE RETRACT betätigt, so nähert der Schrittmotor die Spitze langsam der Probenoberfläche bis auf Tunneldistanz an. Währenddessen blinkt eine LED-Anzeige. Sie leuchtet gleichmäßig sobald der Tunnelstrom einsetzt. Dieser kann auf dem LED- Display zur Anzeige gebracht werden. Wird in diesem Betriebszustand die Taste FINE RETRACT)/AUTO APPROACH ein zweites Mal betätigt, so wird die Spitze (durch eine Spannung an A Z ) zurückgefahren, ohne daß hierzu der Schrittmotor aktiviert wird. Nochmaliges Betätigen 4
5 dieser Taste aktiviert sofort wieder den Tunnelprozeß, ohne daß hierzu die zeitaufwendige Annäherung der Spitze durch den Schrittmotor erfolgen muß. 4. Arbeitsweise des Raster-Tunnel-Mikroskops 4.1 Mode konstanten Tunnelstroms (Topografic) In dieser Betriebsart wird durch die Elektronik der Tunnelstrom I T möglichst konstant auf einer durch den Referenzstrom I R vorgegebenen Wert gehalten. Während die Spitze zeilenförmig über die Oberfläche geführt wird (scanning) wird der durch das Oberflächenprofil beeinflußte Tunnelstrom ständig gemessen und mit dem Sollwert I R verglichen. Die Abweichung I = I T -I R erzeugt eine Spannung für den Aktivator A Z, der die Spitze senkrecht zur Probenoberfläche bewegen kann, und zwar so lange bis sich I T hinreichend an I R angenähert hat. Somit ist die Bildinformation in der Steuerspannung für A Z enthalten. In dieser Betriebsart setze man: - Gain control auf Maximum (maximale Rückkopplung von I auf A Z ), - Filter control auf Maximum (zur Vermeidung von Schwingung infolge zu starker Rückkopplung), - Time Constant auf Minimum (minimale Zeitkonstante für A Z ). 4.2 Mode konstanter Abtasthöhe (Current) Hierbei wird die Spitze in einer konstanten mittleren Höhe über die Probenoberfläche gescannt. Da die Spitze dem Oberflächenprofil nicht folgen muß, spielen Trägheitseffekte des Aktivators A Z keine Rolle, so daß hohe Scangeschwindigkeiten gewählt werden können. Die Bildinformation steckt in der durch das Oberflächenprofil bewirkten Modulation des Tunnelstroms. In dieser Betriebsart werden vornehmlich hinreichend glatte Oberflächen (z.b. Schichtstruktur des Grafit) untersucht, da durch zu starke Unebenheiten einerseits die Tunneldistanz leicht überschritten werden kann, andererseits aber auch ein Crash der Spitze an der Oberfläche erfolgen kann. In dieser Betriebsart setze man: - Filter control auf Maximum, - Gain control auf Minimum, - Time Constant auf Maximum. 5
6 5. Bildverarbeitung Zur weiteren Nutzung bietet sich eine umfangreiche Palette elektronischer Bildverarbeitungstechniken an: - Dreidimensionale perspektivische Bilddarstellung, - Ausgabe eines Linienscans zwischen zwei beliebig im Bildfeld zu wählenden Punkten, - Zooming, d.h. vergrößerte Darstellung ausgewählter Bildbereiche, Darstellung eines Bildhistogramms, - verschiedene Techniken der Kontrastverbeserung. Ebenso stehen mehrere z.t. recht anspruchsvolle Filtertechniken zur Verfügung, z.b.: - Wiener Filter: löst die durch den Scanprozeß hervorgerufene Zeilenstruktur des Bildes auf. Die Wirkung kann dramatisch sein, Vorsicht bei der Auswahl der Filterparameter. - FFT (Fourier Transformation): transformiert die Bildinformationen in ein zweidimensionales Frequenzbild (f x,f y ). Die niedrigsten Frequenzen sind in Bildmitte dargestellt. Die höheren f x sind symmetrisch zum rechten bzw. linken Bildrand verschoben, die höheren f y entsprechend zum oberen bzw. unteren Bildrand. - Tiefpaß: Durch ein möglichst symmetrisch zum Frequenzzentrum ausgewählten rechteckigen Bildauschnitt kann ein Tiefpaß definiert werden, der aus dem FFT-Bild alle höheren (Stör)frequenzen unterdrückt. - IFFT: Durch eine anschließende inverse Fourier-Transformation wird der Bildinhalt nur noch aus den oben ausgewählten Frequenzen rekonstruiert. - Bandsperre: Auf ähnliche Weise läßt sich durch ein ausgewähltes Rechteck symmetrisch zu einem beliebigen anderen FFT-Bildpunkt eine Bandsperre festlegen. In diesem Fall werden zur Bildrekonstruktion (IFFT) nur die Frequenzen außerhalb dieses Rechtecks genutzt. 6
7 Literatur [1] Burleigh, ISTM Workbook (spez. Kap.4). [2] Burleigh, Operating Manual and Quick-Start Procedures [3] K. Hamann, M. Hietschold, Raster-Tunnel-Mikroskopie, Kap. 2.1, 3.1, 3.2, 4.31, 4.41, , Akademieverlag, [4] H.-J. Güntherod, R. Wiesendanger, Scanning Tunneling Microscopy (2 bändig), Springer Verlag. [5] Scanning Tunneling Microscopy, Herausgegegeben von H. Neddermeyer, Kluwer Academie Publishers. 7
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