Nutzen von Qualitätssicherungsmaßnahmen in der Softwareentwicklung

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1 Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Lehrstuhl für Software Engineering Prof. Dr. Barbara Paech Nutzen von Qualitätssicherungsmaßnahmen in der Softwareentwicklung Eine Literaturübersicht und Meta-Analyse Bachelor Thesis Eingereicht von: Alexander Kappe Matrikelnummer: Betreut von: Timea Illes-Seifert (Universität Heidelberg) Externe Betreuer: Ernst Gnädinger (Gnädinger & Jörder Consulting) Dr. Cosima Bachor (Gnädinger & Jörder Consulting) Eingereicht am:

2 Erklärung Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig verfasst und keine anderen als die im Literaturverzeichnis angegebenen Quellen benutzt habe. Heidelberg, den

3 Abstrakt Qualität ist heute einer der wichtigsten Wettbewerbsfaktoren im Bereich der Softwareentwicklung. Hierbei ist die frühzeitige Qualitätssicherung durch geeignete Maßnahmen wichtig und die Notwendigkeit zusätzliche Zeit und Kosten aufzuwenden, wird immer offensichtlicher. Die Bereitschaft dazu ist allerdings nach wie vor zurückhaltend, da die meisten Maßnahmen sehr zeitaufwendig und kostenintensiv sind. Dabei existiert eine große Anzahl von erprobten Verfahren zur Sicherstellung von Qualität, deren Aufwand bzw. Kosten richtig angewendet - meistens eine lohnende Investition darstellen. Aber welche Maßnahmen sind das? Und in welchem Zusammenhang, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Maße müssen sie durchgeführt werden um ein lohnendes Aufwand/Nutzen- Verhältnis zu schaffen? Diese Arbeit beschäftigt sich mit genau diesen Fragen und zielt darauf ab, bekannte Qualitätssicherungsmaßnahmen praxisfokussiert zu analysieren, um eine konkrete Nutzen-Darstellung zu erhalten. Hierfür wurden Fallstudien aus der Praxis gesammelt, analysiert und ausgewertet. Als Resultat entstand eine Übersicht, welche die Maßnahmen nach relevanten Aspekten kategorisiert, den entsprechenden Nutzen veranschaulicht und im besten Falle quantitativ beschreibt. Das zusammenfassende Ergebnis der Arbeit ist, dass fast alle untersuchten Maßnahmen potentiell erfolgversprechend sind, die Qualität des Softwareprodukts erhöhen können und bei korrekter Anwendung auch aus wirtschaftlicher Sicht von Nutzen sind.

4 Inhalt 1 Einleitung Aufgabenstellung und Abgrenzung Vorgehensweise Aufbau der Arbeit Begriffsdefinitionen und Grundlagen Software-Qualität Software-Qualitätssicherung Klassifikation der Qualitätssicherungsmaßnahmen Ergebnisse der Literatur-Recherche Übersicht der gefundenen Artikel Bewertung und Diskussion Ergebnisse der Literatur-Analyse Konstruktive Qualitätssicherung Technische Maßnahmen Paarprogrammierung Quality Function Deployment Rapid Prototyping Refactoring Team Software Process/Personal Software Process Einsatz von Werkzeugen Organisatorische Maßnahmen Software Process Improvement Total Quality Management Extreme Programming Cleanroom Standards und Zertifikate Managementmaßnahmen Analytische Qualitätssicherung Statische Analyse Reviews und Inspektionen Dynamische Analyse - Testmethoden... 40

5 5 Zusammenfassung Diskussion Schlussfolgerung Abkürzungsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Internetquellenverzeichnis Literaturverzeichnis Anhang Stichwörter der Literaturrecherche Literaturübersicht... 60

6 1 1 Einleitung Qualität ist heute einer der wichtigsten Wettbewerbsfaktoren im Bereich der Softwareentwicklung. Steigende Anforderungen an Mensch und Maschine erfordern eine immer genauere Betrachtung der Qualitätsmerkmale eines Softwareprodukts und der vorangehenden Entwicklungsprozesse. Nicht nur die Endnutzer, sondern auch Partnerunternehmen oder Kunden innerhalb des IT-Gewerbes legen immer größeren Wert auf Qualität als Leitmotiv oder setzen die Einhaltung von Qualitätsstandards sogar als grundlegend voraus. Hierbei steht die frühzeitige Qualitätssicherung durch geeignete Maßnahmen in den einzelnen Entwicklungsschritten im Vordergrund. Die Notwendigkeit zusätzliche Zeit und Kosten dafür aufzuwenden, wird immer offensichtlicher. Die Bereitschaft dazu ist allerdings nach wie vor zurückhaltend. Die meisten Unternehmen sind sich gar nicht bewusst sind, welche Möglichkeiten ihnen verloren gehen, da es schwer ist, den monetären Nutzen einer Investition in Qualität in geeignetem Maße darzustellen. Doch es existiert eine große Anzahl von erprobten Maßnahmen und Verfahren zur Sicherstellung von Qualität, deren Aufwand bzw. Kosten richtig angewendet - meistens eine lohnende Investition darstellen. Das heißt, dass einem Unternehmen zum Erreichen des Zieles eines qualitativ hochwertigen Softwareprodukts nicht nur zusätzliche Ausgaben gegenüberstehen müssen, sondern weit reichende wirtschaftliche Verbesserungen möglich sind. 1.1 Aufgabenstellung und Abgrenzung Es bleibt nun zu erörtern welche Maßnahmen genau Erfolg versprechend sind, ferner in welchem Zusammenhang und in welchem Maße sie durchgeführt werden müssen, um ein lohnendes Aufwand/Nutzen-Verhältnis zu schaffen. Diese Arbeit beschäftigt sich mit genau diesen Fragen und zielt darauf ab, bekannte Qualitätssicherungsmaßnahmen praxisfokussiert zu analysieren, um eine konkrete Aufwand/Nutzen-Darstellung zu erhalten. Hierfür wurden Fallstudien aus der Praxis gesammelt, analysiert und ausgewertet. Das Ergebnis stellt eine Übersicht dar, welche die Maßnahmen nach relevanten Aspekten kategorisiert, den entsprechenden Nutzen veranschaulicht und im besten Falle quantitativ beschreibt. Diese Arbeit richtet sich somit einerseits an Praktiker, die eine Übersicht über den Einsatz einzelner Maßnahmen in unterschiedlichen Kontexten erhalten, welche als Entscheidungshilfe dienen kann und andererseits an Akademiker, die eine kategorisierte Literatursammlung als Ausgangspunkt für weitere Forschungen vorfinden. Eine Einführung in die Thematik der Qualitätssicherung mit all ihren Facetten stellt sie indes nicht dar. Auch werden die auf ihren Nutzen hin untersuchten Maßnahmen nicht im Detail erläutert, insbesondere keine Anleitung zur Durchführung geboten. Dazu ist bereits ausreichend Literatur vorhanden, auf welche in einzelnen Fällen auch explizit verwiesen wird. Die Bachelorarbeit wurde in Zusammenarbeit mit der Firma GJC durchgeführt. Die Firma berät ihre Kunden rund um das Thema Qualität von IT-Projekten. In ihrem besonderen Interesse lag es, fundierte, möglichst quantitative Aussagen in der Hand zu haben, die den Nutzen einzelner Maßnahmen bescheinigen.

7 2 1.2 Vorgehensweise Die Vorgehensweise zur Bearbeitung der Aufgabenstellung sah zunächst eine Sammlung der hierfür relevanten Literatur vor. Dazu wurden Stichwörter ermittelt, mit denen geeignete Datenbanken nach Fachpublikationen durchsucht wurden, welche die Anwendung von Qualitätssicherungsmaßnahmen und die daraus folgenden Erkenntnisse beschreiben. Die Liste der Stichwörter ist dem Anhang dieser Arbeit beigefügt (siehe 6.1). Am Anfang der Suche stand der Online-Katalog der Universitätsbibliothek 1, welcher Standardwerke der Informatik verwaltet, die einen guten Einstieg in die Thematik ermöglichen. So konnte ein Überblick, der in der Literatur thematisierten Qualitätssicherungsmaßnahmen, erstellt werden und insbesondere die in der Arbeit verwendete Klassifikation abgeleitet werden (siehe Kapitel 2.3). Ansonsten wird in dieser Art der Lektüre allerdings größtenteils nur das Was und Wie einer Maßnahme, als der letztenendes resultierende Nutzen erörtert. Der Fokus der Recherche lag schließlich auf Veröffentlichungen von Fachzeitschriften und Konferenzen, in welchen die Autoren in Form von Fall- bzw. Feldstudien den Nutzen von Maßnahmen zur Qualitätssicherung beschreiben oder versuchen ihn empirisch zu analysieren. Meistens sind die Untersuchungen in einen industriellen Kontext gebettet, wodurch wertvollere, für die Praxis relevantere Ergebnisse, als durch Experimente im wissenschaftlichen Umfeld, versprochen werden. Das Internet bietet hier eine Fülle an Plattformen, die sich der Verbreitung dieses kostbaren Wissens angenommen haben und Datenbanken mit gesammelten Veröffentlichungen bereitstellen. Hauptausgangspunkt für die Recherche im Web war die ACM Digital Library 2, die unter Abdeckung sämtlicher zuvor festgelegter Stichwörter einer ausführlichen Breiten- und Tiefensuche unterzogen wurde. Mit beinahe geprüften Artikeln aus über 50 Jahren IT-Geschichte gilt sie als die weltweit größte Sammlung ihrer Art und bietet so eine hervorragende Basis um fundierte Aussagen ausfindig machen zu können. Ergänzend wurden die Online-Archive der IEEE Computer Society 3, ASQ 4, SpringerLink 5, CiteSeer 6 und StickyMinds.com 7 zur Suche herangezogen. Einzelne Artikel wurden als Referenz oder direkte Verlinkung über unterschiedlichste, weniger bekannte Anbieter gefunden. Bei Einbeziehung in diese Arbeit wird deren Quelle im jeweiligen Kontext genannt. Einen Grad der Abdeckung zu formulieren, ist hier schwierig, da kein Wissen über die tatsächliche Gesamtzahl aller relevanten Dokumente existiert. Des Weiteren muss erwähnt werden, dass größtenteils in englischsprachigen Publikationen gesucht wurde und deutsche Artikel daher eine Ausnahme bilden. Man kann zusammenfassend sagen, dass wenigstens die nach eigener Einschätzung prägnantesten Stichwörter eingesetzt wurden, um die bedeutsamsten Arbeiten ausfindig machen zu können. Es wurde allerdings beobachtet, dass das Vorhandensein relevanter Informationen keinesfalls immer offensichtlich und nicht immer aus einem Titel oder Abstrakt herauszulesen war. In diesem Sinne lässt diese Arbeit Spielraum für weitere Nachforschungen. In einem weiteren Schritt fand eine Kategorisierung der gefundenen Dokumente statt. Die beschriebenen Qualitätssicherungsmaßnahmen wurden nach bestimmten Kriterien, wie z.b

8 3 der Art (konstruktiv oder analytisch, organisatorisch oder technisch), der Phase der Durchführung (Anforderungen, Design, Implementierung, Abnahme) oder der Anwendung von Methoden oder Werkzeugen unterteilt. Außerdem konnte zwischen Charakteristika der untersuchten Unternehmen und der Studien selbst differenziert werden (z. B. Anwendungsdomäne, Prozessmodell, Fallstudie vs. empirische Untersuchung oder erforschter Zeithorizont). Als Hauptteil der Arbeit wurden die Dokumente schließlich im Detail untersucht und in Form einer Meta-Analyse ausgewertet. Das heißt, dass die verschiedenen einzelnen Informationen extrahiert und als ein zusammenhängendes Ganzes beschrieben werden. Hauptsächliches Ziel war es dabei, den Nutzen der einzelnen Qualitätssicherungsmaßnahmen herauszufiltern und möglichst aggregiert, quantitativ zu beschrieben, um so einen sinnvollen Vergleich darstellen zu können. Abbildung 1 zeigt die Vorgehensweise zur Aufgabenbearbeitung vereinfacht als grafische Übersicht. Abbildung 1: grafische Darstellung der Vorgehensweise zur Aufgabenbearbeitung

9 4 1.3 Aufbau der Arbeit Nach dieser Einführung in die Aufgabenstellung und Vorgehensweise zur Problemlösung, folgen in Kapitel 2 einige Begriffsdefinitionen und Erklärungen, welche im Rahmen der weiteren Arbeit als Argumentations- und Diskussionsgrundlage dienen. Des Weiteren folgt eine Klassifikation der Qualitätssicherungsmaßnahmen wie sie in dieser Arbeit betrachtet wird und eine kurze Beschreibung deren Entstehung. In Kapitel 3 wird das Ergebnis der Literaturrecherche in Form eines Überblicks der gefundenen Literatur präsentiert und anschließend diskutiert. Kapitel 4 beinhaltet schließlich die Ergebnisse der Meta-Analyse, unterteilt nach den einzelnen Maßnahmen und hinsichtlich der Klassifikation aus Kapitel 2. Abschließend werden in Kapitel 5 die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst, diskutiert und ein Fazit gezogen.

10 5 2 Begriffsdefinitionen und Grundlagen 2.1 Software-Qualität Der Begriff Qualität wird von der ISO in der aktuell gültigen Norm zum Qualitätsmanagement DIN EN ISO 9000:2005, als Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale Anforderungen erfüllt, definiert 8. Die etwas geläufigere, mittlerweile abgelöste Definition des früheren Standards DIN EN ISO 8402: , beschrieb Qualität als die Gesamtheit von Merkmalen einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen. Diese Definition trifft im weitesten Sinne so auch auf Software zu, wobei die ISO/IEC 9126 noch zusätzlich die Merkmale Funktionalität, Zuverlässigkeit, Benutzbarkeit, Effizienz, Änderbarkeit und Übertragbarkeit aufführt. Ist in dieser Arbeit von Qualität bezüglich Software die Rede, wird im Allgemeinen zunächst zwischen innerer und äußerer Qualität unterschieden. Insbesondere deshalb, weil einige Qualitätssicherungsmaßnahmen nur auf die Verbesserung der inneren und andere hauptsächlich auf die Verbesserung der äußeren Qualität abzielen. Mit der inneren Qualität ist in diesem Zusammenhang die Qualität des Software-Codes an sich und die des technischen Designs, der Architektur, gemeint. Diese äußert sich aus weiter Sicht hauptsächlich durch eine gute Änderbarkeit, Weiterentwickelbarkeit, Anpassbarkeit, Wiederverwendbarkeit und Wartbarkeit. Die äußere Qualität einer Software hingegen spiegelt in etwa die Sicht des Endnutzers wider. Funktionalität, Benutzbarkeit, Zuverlässigkeit oder auch Effizienz sind hier die hervorstechenden Merkmale. Bei der Analyse der Qualitätssicherungsmaßnahmen in Kapitel 4 werden die Begrifflichkeiten in diesem Sinne unterschieden. Ob aus der Durchführung einer Maßnahme nun eine hohe Qualität resultiert, wird meistens anhand der Fehlerrate bzw. Fehlerdichte ausgemacht. Damit ist die relative Anzahl an Fehlern gemeint, die sich zu einem bestimmten Zeitpunkt im System bzw. in den zughörigen Dokumenten feststellen lässt. Der Begriff Fehler kann hierbei unterschiedlichste Ausprägungen annehmen, diese im Detail zu erörtern würde allerdings den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Im Allgemeinen kann darunter jegliche Art der Abweichung vom zu erfüllenden Zustand oder eine sonstige Beeinträchtigung des Gesamtproduktes verstanden werden. 2.2 Software-Qualitätssicherung Die Software-Qualitätssicherung umfasst Maßnahmen, die das Erreichen einer hohen Software-Qualität gewährleisten sollen. Das können sowohl spezielle Techniken und Methoden, sowie deren Kombination, als auch ganze Vorgehensmodelle sein. Genau so kann sich ein Unternehmen auch voll und ganz dem Leitmotiv einer hohen Qualität verschreiben und die gesamte Organisation und die Entwicklungsprozesse darauf hin ausrichten. Die einzelnen Qualitätssicherungsmaßnahmen können prinzipiell konstruktiver oder analytischer Natur sein. Eine feinere Unterteilung und Aufzählung konkreter Maßnahmen folgt im nachstehenden Unterkapitel. 8