Rechtliche Anforderungen an die Abgrenzung zwischen Abfall und (Neben)Produkt
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- Ilse Kirchner
- vor 6 Jahren
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1 Berliner Konferenz Rechtliche Anforderungen an die Abgrenzung zwischen Abfall und (Neben)Produkt Rechtsanwalt Stefan Kopp-Assenmacher Kopp-Assenmacher & Nusser Partnerschaft von Rechtsanwälten mbb
2 Abgrenzungsfragen: Abfall/(Neben)Produkt (Neben) Produkt Abfall (Sekundär) Rohstoff
3 Abgrenzungsfragen: Produkt Abfall Rohstoff Warum Nebenprodukt/ Ende der der Abfalleigenschaft? Pro Handelserleichterungen mit dem Ausland, kein Verbringungsrecht; kein Nachweisverfahren; Wegfall abfallrechtlicher Überwachung ggf. höhere Akzeptanz bei Abnehmern; Imagefragen Contra interner betrieblicher Aufwand für Nachweisführung und u.u. aufwendiges Feststellungsverfahren Pflicht zum Qualitätsmanagement; Kosten für Analyse, Dokumentation, Schulungen z.t. hohe rechtliche Hürden (z.b. Schad- und Fremdstoffgrenzwerte) REACH-Konformität Unmittelbarer Wertstoff oder lästiger Rückstand?
4 Nebenprodukte und Ende der Abfalleigenschaft Primärproduktion (z.b. Glas, Papier, Kupfer, Stahl, Energie) Grundsatz: Abfälle sind alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss ( 3 Abs. 1 S. 1 KrWG) lex specialis: Abfalleigenschaft entfällt gemäß 4, 5 KrWG Nebenprodukte z.b. Schlacken, Aschen, REA-Gips Produktionsrückstand/ Entledigung Abfallwirtschaft Recycling Sekundärrohstoffe Sekundärprodukte Primärprodukt Gemäß 3 Abs. 3 Nr. 1 KrWG ist der Entledigungswille anzunehmen, wenn ein Stoff im Rahmen eines Herstellungsverfahrens anfällt, ohne dass der Zweck des Verfahrens darauf gerichtet ist
5 Frühere Rechtslage Nach alter Rechtslage endete die Abfalleigenschaft erst mit vollständigem Abschluss der ordnungsgemäßen Verwertung, s. BVerwG, Urt. v C 4.06 ( Klärschlammkompost ): Das Regime des Abfallrechts endet bei der Verwertung von Klärschlammkompost erst mit dessen Aufbringen auf geeigneten Boden. Die Herstellung von Klärschlammkompost stellt lediglich einen Teilschritt des Verwertungsvorgangs dar.
6 Aktuelle Rechtslage Abfallende soll bereits vor endgültiger Verwertung erreicht werden können Erstmalige gesetzliche Regelung zum Ende der Abfalleigenschaft (Art. 6 AbfRRL; 5 KrWG) Orientierung an der Rechtsprechung des EuGH Konkretisierung durch EU-Abfallende-Verordnungen
7 Kriterien in 5 KrWG (Wortgleiche Umsetzung Art. 6 AbfRRL) Durchlaufen eines Verwertungsverfahrens (1. Voraussetzung) Beschaffenheit des Stoffes (2. Voraussetzung) 1. So dass er üblicherweise für bestimmte Zwecke verwendet wird 2. Bestehen eines Marktes oder einer Nachfrage 3. Erfüllung technischer Anforderungen für den spezifischen Zweck, Rechtsvorschriften und Normen für Erzeugnisse 4. Verwendung führt insgesamt nicht zu schädlichen Auswirkungen Kriterien zugleich Grundlage der Einzelfallkonkretisierung auf EU-Ebene
8 Konkretisierung durch EU-Verordnungen Abfallende-Schrott-VO, Verordnung (EU) Nr. 333/2011, Inkraftgetreten: Abfallende-Glas-VO, Verordnung (EU) Nr. 1179/2012, Inkraftgetreten am 1. Januar 2013 (Geltung ab ) Abfallende-Kupfer-VO, Verordnung (EU) Nr. 715/2013, Inkraftgetreten am 15. August 2013 (Geltung ab ) Abfallende-VO Papier vorerst gescheitert Abgelehnt im EU-Parlament am Weitere potentielle Kandidaten laut JRC u.a.: Bioabfälle, Textilien, Aschen und Schlacken, bestimmte andere Metalle und Kunststoffe
9 Voraussetzungen für ein "Ende der Abfalleigenschaft" ( 5 KrWG) Durchlaufen eines Verwertungsverfahrens Verwendung üblicherweise für bestimmten Zweck Üblichkeit: Keine Flucht aus Abfallrecht durch Deklarierung eines Phantasieprodukts Übliche Verwendung zudem: Indiz gegen Entledigungsabsicht Konkreter Zweck: Hilfskriterium, um weitere Voraussetzungen prüfen zu können
10 Voraussetzungen für ein "Ende der Abfalleigenschaft" ( 5 KrWG) Bestehen eines Marktes oder Nachfrage Einen ähnlichen Hintergrund hat auch das Marktwert- oder Nachfragekriterium. Auch hier schließt der Marktwert in aller Regel aus, dass Stoffe kurzfristig wieder als Abfall anfallen. (BT-Drs 216/11, S. 182)
11 Voraussetzungen für ein "Ende der Abfalleigenschaft" ( 5 KrWG) Erfüllung technischer Anforderungen, Rechtsvorschriften und Normen für Erzeugnisse Anlagenspezifische Anforderungen an den Einsatzstoff für die weitere Verwendung (z.b. keine Verunreinigungen, Körnungsgröße eines Granulats; z.b. kein Einsatz von Glasabfällen aus dem Medizinbereich) Beachtung von Kunden- und Industriespezifikationen Standardisierungen
12 Voraussetzungen für ein "Ende der Abfalleigenschaft" ( 5 KrWG) Verwendung führt insgesamt nicht zu schädlichen Auswirkungen Gewährleistet der Einsatz als Produkt denselben Sicherheitsstandard, den auch das Abfallrecht gewähren würde Keine vollkommende Deckungsgleichheit gefordert, gleiches Schutzniveau ausreichend Vergleichende Sicherheitsbetrachtung: Könnte Stoff oder Gegenstand nach sonstigem Recht (Bsp. BImSchG, WHG) genauso sicher wie nach AbfallR gelagert, transportiert und eingesetzt werden?
13 Beispielsfälle Aus Altglas wird ofenfertiges Glasgranulat hergestellt Aus Schlacken aus der Abfallverbrennung werden Metalle zur weiteren Verwendung in der Produktherstellung aussortiert Altkunststoffe werden gesäubert, sortiert, und zu Kunststoffschnitzeln aufbereitet, aus denen neue Kunststofferzeugnisse hergestellt werden sollen In Container eingeworfene Alttextilien werden sortiert, und nicht mehr tragbare Kleider zu Putzlappen verschnitten und abgepackt Bau- und Abbruchabfälle werden zu Ersatzbaustoffen aufbereitet Kontaminiertes Erdreich wird in einer Bodenwaschanlage aufbereitet
14 Abgrenzung: Abfall/ Nebenprodukt Grundsätzlich: Gemäß 3 Abs. 3 Nr. 1 KrWG ist der Entledigungswille anzunehmen, wenn ein Stoff im Rahmen eines Herstellungsverfahrens anfällt, ohne dass der Zweck des Verfahrens darauf gerichtet ist Aber: Abfalleigenschaft entfällt gemäß 4 KrWG und Art.5 AbfRRL (als lex specialis), wenn folgende Voraussetzungen vorliegen: 1. weitere Verwendung sichergestellt 2. ohne Vorbehandlung möglich (ausgenommen: normales industrielles Verfahren ) 3. als integraler Bestandteil eines Herstellungsprozesses erzeugt 4. Rechtmäßigkeit der weiteren Verwendung ( insgesamt keine schädlichen Auswirkungen) Anders als bei EoW nur fakultative Konkretisierung auf EU-Ebene; RVO-Ermächtigung für Bundesregierung in 4 KrWG
15 Abgrenzung: Abfall/ Nebenprodukt EuGH, Urt. v , Rs. C-113/12 Brady Gülle, die in einem Intensivschweinemastbetrieb anfällt und gelagert wird, bis sie an Landwirte geliefert wird, um von diesen zur Düngung ihrer Flächen verwendet zu werden,[ist] kein Abfall [ ], sondern ein Nebenprodukt [ ], sofern dieser Erzeuger die Gülle unter für ihn wirtschaftlich vorteilhaften Bedingungen in einem späteren Vorgang vermarkten möchte, wobei Voraussetzung ist, dass diese Wiederverwendung nicht nur möglich, sondern ohne vorherige Bearbeitung in Fortsetzung des Gewinnungsverfahrens gewiss ist. Vgl. zum Ganzen auch den Leitfaden von BMU/ BMELV v zur Einordnung von Gülle, die in Biogasanlagen verwendet wird, als Abfall oder Nebenprodukt
16 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Rechtsanwalt Stefan Kopp-Assenmacher Kopp-Assenmacher & Nusser Rechtsanwälte PartGmbB Friedrichstraße Berlin Tel. +49 (0) 30 / Fax +49 (0) 30 / kopp@kn-law.de
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