Grußwort. von Professor Dr. Ernst-Ludwig Winnacker, Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, anläßlich der

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1 Grußwort von Professor Dr. Ernst-Ludwig Winnacker, Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, anläßlich der Gottfried Wilhelm Leibniz-Preisverleihung am 15. Februar 2001 in der Aula der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Es gilt das gesprochene Wort!

2 Hochansehnliche Festversammlung, das Jahr der Deutschen Forschungsgemeinschaft hat zwei Höhepunkte, die Jahresversammlung und die Leibniz-Preis-Verleihung. Zur diesjährigen Preisverleihung begrüße ich zunächst die Preisträger, verneige mich vor ihren wissenschaftlichen Leistungen, und gratuliere ihnen fürs erste einmal ganz pauschal für die Verleihung dieses größten und angesehensten Wissenschaftspreises unseres Landes. Die Hauptbeschäftigung einer Einrichtung wie der Deutschen Forschungsgemeinschaft ist die Suche nach Exzellenz, die Suche nach Menschen, die Freude daran haben, neue Dinge zu finden, die ein unwiderstehliches Streben nach Erkenntnis treibt, und die ohne die Möglichkeit einer freien Wahl ihrer Ziele diese Exzellenz auch nicht annähernd erreichen können. Wir können und müssen dankbar dafür sein, dass die Gründerväter unserer Verfassung hierfür die verfassungsrechtlichen Grundlagen und mit der Gründung der Deutschen Forschungsgemeinschaft hierfür auch den geeigneten Rahmen geschaffen haben. Im Laufe der Zeit hat diese sich Mechanismen geschaffen, die in der Tat der Exzellenz die Tore geöffnet und vielen den Weg bereitet haben, im internationalen Konzert der Besten in der Wissenschaft mitzuspielen. Ein Erfolgserlebnis der ganz besonderen Art in dieser Hinsicht durfte die DFG kürzlich bei der Ausschreibung eines neuen Förderinstruments erleben. Wir hatten uns im Präsidium der DFG schon seit längerem Gedanken darüber gemacht, wie wir noch mehr als bisher etwas für die Universitäten tun könnten, wie wir im Zeitalter des europäischen Forschungsraumes die Universitäten unseres Landes noch besser in den Stand versetzen könnten, diesen kontinentalen, wenn nicht globalen Wettbewerb zu bestehen. Es entstand der Gedanke von sogenannten Forschungszentren, die in der Größenordnung der Finanzierung weit über die

3 Sonderforschungsbereiche hinaus reichen und eine wirkliche Prioritätensetzung ermöglichen. Als die UMTS-Gelder Anfang September in die Welt kamen, habe ich Bundeskanzler Schröder in dieser Angelegenheit angeschrieben und von ihm selbst, von der SPD-Fraktion im Bundestag und der Forschungsministerin erste positive Signale erhalten. Ich bin auch sehr froh darüber, dass die Länder, die ja auf die Dauer an dieser Last mitzutragen haben, diese Entwicklung so positiv aufgenommen haben. Daraufhin hat die DFG dann kurz vor Jahresende die Universitäten um erste Skizzen gebeten, mit etwas Sorge, ob diese sich denn so kurzfristig in die Lage versetzt sehen, integrative sowie fach- und fakultätsüberschreitende Themen überzeugend zu formulieren. Sie sahen und konnten. Wir erhielten über 80 Vorschläge, von denen wahrscheinlich zwischen 25 und 30 sofort hätten gefördert werden können. Aber nur sieben konnten letzten Endes ausgewählt und zur Antragstellung aufgefordert werden, von denen schließlich drei gefördert werden sollen. In diesem Jahr soll es noch einmal drei Bewilligungen geben, im Gleichgewicht soll die Zahl dieser Zentren insgesamt zwanzig nicht übersteigen. Alles andere würde die Möglichkeiten der DFG übersteigen. Warum ich dies hier erzähle? Weil praktisch alle Universitäten unseres Landes auch kurzfristig in der Lage waren, spannende und hochattraktive Skizzen vorzulegen, was mich nun zu zwei Schlussfolgerungen führt: Die Universitäten sind unverändert die Triebkräfte der Forschung in diesem Lande, und zweitens, sie sind wegen der ständigen und jahrzehntelangen Kürzungen ihrer Haushalte regelrecht ausgehungert und entsprechend vorbereitet auf gute Wissenschaft. Ich erwähne dies hier und heute, weil ein Reservoir dieser Kapazität einen Ort der öffentlichen Darstellung braucht, weil es an der Zeit ist, sich klar zu machen, dass die Universitäten trotz aller Widrigkeiten, die zum Teil auch selbst verschuldet sind, unverändert den Ort der Wahl von Forschung und Lehre darstellen, in den es sich lohnt zu investieren. Sowohl für die Verantwortlichen als auch die Öf-

4 fentlichkeit ist es wichtig, sich dies immer wieder klar zu machen und an diesem Beispiel auch bewiesen zu sehen. Um Exzellenz dieser besonderen Art zu identifizieren, bedarf es vieler Bundesgenossen, vor allen Dingen unter unseren Geldgebern, den Vertretern von Bund und Ländern. Sehr geehrte Frau Ministerin Schavan, Sie haben sich in Ihrer Antrittsrede als Präsidentin der KMK für einige der wesentlichen Randbedingungen für Exzellenz stark gemacht, für Leistung und für den Wettbewerb, für den Wettbewerb in den Ländern um die bessere Bildungs- und Kulturpolitik. Für einen Satz aus ihrer Rede möchte ich mich ganz besonders bedanken. Da heißt es: Wenn es stimmt, wie wir alle sagen, dass Bildung, Ausbildung, Wissenschaft und Forschung zu den entscheidenden strategischen Wettbewerbsvorteilen gehören, dann muss das Konsequenzen haben für die Prioritätensetzung in unseren Haushalten, bei den Kommunen, bei den Ländern und im Bund. Wir sind zuversichtlich, dass ein solcher Hinweis aus Ihrem Munde gehört werden wird. Haben Sie herzlichen Dank dafür, dass Sie gleich ein Grußwort zu uns sprechen werden. Sehr geehrter Herr Staatssekretär Thomas, Sie befinden sich in diesen Tagen in einer merkwürdigen Situation. Da wurde Ihr Haus jahrelang dafür kritisiert, dass es zuwenig Geld für die Forschung, insbesondere in den Lebenswissenschaften zur Verfügung stellt. Und nun, wenn dieses Geld kommt, ist es auch wieder nicht recht, jedenfalls nicht allen. Sie werden sich, so hoffe ich, in den vergangenen Monaten ein dickes Fell angewöhnt haben. Dabei engagieren Sie sich nicht allein für mehr Geld für die Forschung, worin ich Sie mit Nachdruck bestärken möchte, sondern auch für die richtigen Strukturen, die diese Mittel auszugeben in der Lage sind. Dass Sie auf diesem Feld die Quadratur des Kreises versuchen, ehrt Sie und läßt uns auch in den kommenden Monaten auf Sie als einen Bundesgenossen der DFG, aber auch unseres Forschungssystems insgesamt hoffen. Schon

5 jetzt danke ich Ihnen dafür, dass Sie nicht nur ein Grußwort sprechen wollen, sondern uns am Abend als Gast des Preisträgeressens die Ehre geben. Dass diese Veranstaltung heute in der Aula der Bonner Universität stattfinden kann, verdanken wir Magnifizenz Borchard, dem ich herzlich für seine Gastfreundschaft danke. Die Universität Bonn kann nicht nur im Wettbewerb der Hochschulen hervorragend bestehen, sie ist auch der DFG immer ein entgegenkommender Gastgeber. Im kommenden Jahr wollen wir auch mit der Jahresversammlung nach Bonn kommen, nicht allein, weil dies früher schon immer so war, sondern auch als Dank für eine Universität, die sich sehen lassen kann. Sehr geehrter Herr Professor Blobel, es hat mich ganz außerordentlich gefreut, dass Sie meiner Einladung ganz schnell und spontan gefolgt sind. Einen Festvortrag hat es bislang bei Leibniz-Preis-Verleihungen nicht gegeben. Dass Sie heute hiermit einen Anfang machen, wird und soll einen Standard für die Zukunft setzen. Ihr Arbeitsgebiet ist die Zellbiologie, insbesondere die Mechanismen, mit denen sich Eiweißbestandteile in Zellen verteilen und an der richtigen Stelle wiederfinden. Heute überschlägt sich die Presse unseres Landes mit superlativistischen Beschreibungen der Genomforschung, Craig Venter will in seiner Proteomfabrik nun eine Million Proteine am Tag identifizieren. Der Frage, wie diese Proteine funktionieren, sind Sie, verehrter Herr Professor Blobel, schon lange, und lange Zeit auch ohne die Aufmerksamkeit der Presse, nachgegangen. Sie haben sich auf diese Arbeit durch ein Medizinstudium in Frankfurt, Freiburg und Tübingen vorbereitet, um dann bei George Palade an der Rockefeller University zu arbeiten. Dort sind Sie dann bis heute geblieben, was jedermann, der einmal dort gewesen ist, gut verstehen kann. Ihre Arbeit wurde im Jahre 1999 mit der Verleihung des Nobelpreises geehrt. Auf Ihre Gedanken zum Thema Und die Kühnheit wird nun zur Pflicht sind wir alle sehr gespannt.