Gäbe es keine Kirschblüten

Transkript

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2 Gäbe es keine Kirschblüten Tanka aus 1300 Jahren Japanisch/Deutsch Ausgewählt, übersetzt und herausgegeben von Yukitsuna Sasaki, Eduard Klopfenstein und Masami Ono-Feller Philipp Reclam jun. Stuttgart

3 Die Ansetzung der japanischen Namen in diesem Band folgt generell der in Japan üblichen Gestalt (zuerst Familienname, dann persçnlicher Name), nur auf der Titelseite der westlichen Norm (zuerst persçnlicher Name, dann Familienname). Gedichtauswahl: Sasaki Yukitsuna Übersetzung und Kommentar: Eduard Klopfenstein Konzept und Autorenviten: Masami Ono-Feller Alle Rechte vorbehalten 2009 Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart Satz: Hagedorn medien[design], Stuttgart Druck: Reclam, Ditzingen Buchbinderische Verarbeitung: Kçsel, Krugzell Printed in Germany 2009 RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart ISBN

4 Inhalt Wie die Auswahl der 100 Tanka entstand In Gesellschaft dichten Tanka aus 1300 Jahren Zu den Dichterinnen und Dichtern Zur Form und Übersetzung von Tanka Begriffserläuterungen Literaturhinweise Nachwort

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6 Tanka aus 1300 Jahren

7 持統天皇 香具山 春過ぎて夏来たるらし白栲の衣干したり天の

8 Vorbei der Frühling so scheint es der Sommer ist da: blendend weiße Gewänder zum Trocknen gehängt am Himmelsberg Kagu Kaiserin Jito (Jito Tenno) 1 Haru sugite / natsu kitaru rashi / shirotae no / koromo hoshitari / Ame no Kagu-yama Manyoshu Nr. 28 Vorspann: Zur Zeit, als die Kaiserin im Palast von Fujiwara residierte. Kommentar: Das Gedicht entstand demnach zwischen 794 (Bezug des Kaiserpalastes in der neuen Hauptstadt Fujiwara-kyo) und 797 (Thronübergabe an den Prinzen Karu, der als Kaiser Mommu regierte). Der heilige Berg Kagu-yama (oft als Ame no Kagu-yama Himmelsberg bezeichnet) erhebt sich am Südrand der Yamato-Ebene, direkt im Osten der Fujiwara-Residenz (heute Stadt Kashihara). Das Aufhängen der weißen Gewänder im Frühsommer verweist wohl auf einen alljährlichen zeremoniellen Hintergrund. Das Gedicht wurde auch ins Hyakunin isshu aufgenommen. 13

9 柿本人麻呂 へ知らずも もののふの八十宇治川の網代木にいさよふ波の行く

10 Zahllose Kriegersippen zerflossen gleich den Wellen des Uji-Flusses die um die Reusenpfähle spielen keiner weiß wohin Kakinomoto no Hitomaro 2 Mononofu no / yaso ujigawa no / ajirogi ni / isayou nami no / yukue shirazu mo Manyoshu Nr. 264 Vorspann: Ein Gedicht, entstanden, als Hitomaro auf dem Rückweg aus der Provinz Omi in die Hauptstadt das Ufer des Flusses Uji erreichte. Omi war die Provinz um den Biwa-See. Der Fluss Uji fließt vom Biwa-See nach Südwesten gegen die Bucht von Osaka zu. Man darf vermuten, dass hier im Hintergrund auch das Bild der verfallenden kaiserlichen Residenz in Otsu am Ausfluss des Biwa-Sees mitspielt, auf die Hitomaro andernorts Bezug nimmt. Mit Hauptstadt ist wohl Fujiwara-kyo in der Provinz Yamato gemeint. Kakekotoba (Wortüberlappung mit Doppelbedeutung): uji. yaso uji bedeutet achtzig (im Sinne von zahlreiche ) Sippen/Geschlechter, Ujigawa ist ein Flussname. 15

11 柿本人麻呂 たぶきぬ 東の野にかぎろひの立つ見えてかへり見すれば月か

12 Über den Feldern im Osten steigt Morgenrçte empor ich drehe mich um der Mond neigt sich zum Horizont Kakinomoto no Hitomaro 3 Himugashi no / no ni kagiroi no / tatsu miete / kaerimisureba / tsuki katabukinu Manyoshu Nr. 48 Vorspann zum Langgedicht Nr. 45: Ein Gedicht des Kakinomoto no Ason Hitomaro, als der Prinz Karu bei der Jagd auf dem Feld von Aki (Provinz Yamato) rastete. Es handelt sich um das dritte Antwortgedicht (hanka) zum Langgedicht Nr. 45, vermutlich auf das Jahr 695 oder 696 zu datieren. Der Vater des 683 geborenen Prinzen Karu, Prinz Kusakabe (auch Prinz Hinameshi genannt), seinerseits der erbberechtigte Sohn des Kaisers Temmu und der Kaiserin Jito, war 689 gestorben, bevor er die Nachfolge antreten konnte. Daraufhin setzte sich seine Mutter als Kaiserin Jito auf den Thron. Hitomaro vergleicht hier den etwa dreizehnjährigen Prinzen und künftigen Kaiser Monmu (reg ) mit der aufsteigenden Morgenrçte im Osten und den verstorbenen Prinzen Kusakabe mit dem Mond, der hinter dem Horizont im Westen hinabsinkt. 17