" ESF- Strukturfondsförderung aus Sicht der EU-Kommission"

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1 ESF-Auftaktveranstaltung "ESF Strukturfondförderung in Berlin " REDEBEITRAG von Adam Pokorny, Referatsleiter GD EMPL: " ESF- Strukturfondsförderung aus Sicht der EU-Kommission" Berlin, 10. Oktober

2 Sehr geehrter Herr Staatssekretär Bunde, Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sehr geehrte Partner des ESF in Berlin, vielen Dank für die Einladung zur Auftaktveranstaltung für das Operationelle Programm des Europäischen Sozialfonds in Berlin. Ich freue mich sehr, Ihnen heute die europäische Sicht der beschäftigungs- und sozialpolitischen Herausforderungen für die Förderperiode 2014 bis 2020 näherbringen zu können. Ich möchte dabei die künftige Ausgestaltung des Europäischen Sozialfonds - auch mit Blick auf die Situation in Berlin - skizzieren. Sie haben als Tagungsort die schöne Jerusalemkirche gewählt. Ich weiß ich nicht, ob dies aus Zufall geschehen ist oder vielleicht in der Annahme, dass ein wenig göttlicher Segen der kommenden ESF-Förderperiode nicht schaden könnte. Dazu kann ich Ihnen sagen: ich bin überzeugt, dass wir auch ohne jeglichen Segen mit gemeinsamen Anstrengungen schon bald ein sehr gutes Berliner ESF-Programm bewilligen werden können. Wie Herr Staatssekretär Bude gesagt hat, die Eckpunkte 2

3 stehen. Und ich kann es Ihnen versprechen: das neue Berliner Programm wird auf jeden Fall schneller fertig sein als der Berliner Flughafen. Wir haben uns heute hier versammelt, um bleiben wir biblisch! - sieben neue Jahre der Förderung durch den Europäischen Sozialfonds zu begrüßen und um miteinander zu diskutieren, wie sich die Chancen, die der Fonds bietet, am wirksamsten nutzen lassen. Bedeutung des ESF Lassen sie mich zunächst noch einmal daran erinnern, warum der Europäische Sozialfond ein so bedeutendes Instrument für die Europäische Union in der heutigen Zeit ist. Wie Sie sicherlich schon mehrfach gehört haben, werden sämtliche Europäische Struktur- und Investitionsfonds einschließlich des ESF zukünftig noch stärker als in der Vergangenheit darauf ausgerichtet, den Mitgliedstaaten dabei zu helfen, die strategischen Ziele für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum zu erreichen, welche sich Europa in seiner 2020-Strategie gesteckt hat. Der ESF ist daher ein Schlüsselinstrument für die Umsetzung der Europa-2020-Kernziele. Das klingt nun recht verfahrenstechnisch, aber in Wirklichkeit könnte es 3

4 nichts Wichtigeres für unsere Bürgerinnen und Bürger und für die Volkswirtschaften unserer Länder geben. Diese Strategie ist der Weg, der uns aus der Wirtschafts-und Finanzkrise führt. Auf diese Art und Weise wird gewährleistet, dass die Mitgliedstaaten ihren fiskalischen, wirtschaftlichen ökologischen und sozialen Verpflichtungen nachkommen. Das Ausmaß der Finanzund Wirtschaftskrise nimmt allmählich ab. Deutschland und viele seiner Nachbarstaaten schneiden jetzt äußerst gut ab - sogar so gut, dass die größte Herausforderung für die meisten Bundesländer darin besteht, genügend qualifiziertes Personal zu finden, um alle offenen Stellen zu besetzen. Aus Brüsseler Sicht wird jedoch deutlich, dass die wirtschaftlichen Herausforderungen für die EU insgesamt bei Weitem noch nicht vorüber sind, und dass die Krise Gefahr läuft, zu einer politischen und sozialen zu mutieren, die uns alle gemeinsam betreffen wird. Das lässt sich an den steigenden Arbeitslosenzahlen ablesen, an ganzen Familien, die in Armut abgleiten, an der Abkehr der Wähler vom gesamten politischen Prozess und am Vormarsch von Protestparteien und Nationalismus in vielen Mitgliedstaaten. Die offensichtlichste, die am besten quantifizierbare, aber bedauerlicherweise auch verheerendste Auswirkung der Wirtschaftskrise ist die Arbeitslosigkeit. Sie trifft Europas wertvollste Ressource, nämlich die Menschen und 4

5 besonders die Jugend in Europa mit ihrem Enthusiasmus, ihrer Leidenschaft und Phantasie, ihrem Streben nach persönlichem Fortschritt, ihren Fertigkeiten und Erfahrungen, kurzum der Motor für unseren gemeinsamen Wohlstand in der Zukunft. Sehr geehrte Damen und Herren, Beim ESF handelt es sich um das wichtigste Finanzinstrument, das Europa zur Zugangsverbesserung zum Arbeitsmarkt, zur Entwicklung von Fähigkeiten und zur Höherqualifizierung und zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung zur Verfügung steht. Und der ESF wird stärker als je zuvor gebraucht! Für einige Mitgliedstaaten stellen die Mittel aus dem Fonds die vorrangige Quelle für öffentliche Investitionen in diesen Politikfeldern dar. In anderen Ländern, wie beispielsweise hier in Deutschland, bildet der ESF eine Ergänzung zu den bestehenden Systemen und beschleunigt und erprobt Anpassungen und Innovationen, die dazu beitragen, künftige Herausforderungen wie den demographischen Wandel oder die soziale Inklusion zu bewältigen. Für die Förderperiode 2014 bis 2020 weist Deutschland dem ESF mit 41% einen größeren Anteil aus dem europäischen Struktur- und Investitionsfonds zu als im vorherigen Förderzeitraum, was ausdrücklich zu begrüßen ist. Dies ist ein deutliches Zeichen, dass Arbeit und soziale 5

6 Fragen - auch in wirtschaftlich leistungsstarken Mitgliedstaaten - ganz weit oben auf der Agenda rangieren. Auch in Deutschland, und besonders in Berlin, gibt es dringende soziale Fragen zu beantworten und Menschen, die unsere Zuwendung benötigen. Mithilfe des ESF finden sie einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz oder es gelingt ihnen, sich vom Armutsrisiko zu befreien. Welche Ergebnisse kann der ESF vorweisen? In der letzten Förderperiode ist der ESF in Deutschland mit einer Fülle an Programmen und zielgruppenspezifischen Ansätzen an den Start gegangen. Rund Projekte wurden gefördert und so 1,5 Millionen Menschen bei der Eingliederung in das Erwerbsleben unterstützt. An dieser Stelle, möchte ich hervorheben, dass hier in Berlin mit Hilfe des ESF bereits viel geleistet und erreicht wurde. Dem letzten Durchführungsbericht kann man entnehmen, dass Berlin besonders im Bereich der Anpassung von Beschäftigten gute Erfahrungen in der Verbesserung der Kompetenzen erzielen konnte. Allein im Jahr 2013 konnten knapp Personen mit der ESF Förderung erreicht werden. Ungefähr zwei Drittel aller Projekte wurde im Bereich Soziale Integration umgesetzt, was deutlich macht wie stark sich hier der ESF Berlin für eine Gesellschaft ohne soziale Ausgrenzung einsetzt. Das 6

7 sind höchstwichtige Ergebnisse. Deshalb auch mein Dank an SIE alle, die bei der Umsetzung des Europäischen Sozialfonds mitgewirkt haben und Projekte ausgedacht, entwickelt und zum Erfolg geführt haben. Ohne Sie gäbe es keinen ESF! Und welche Rolle spielt der ESF in der kommenden Förderperiode? Zunächst einmal bleibt die Zielvorgabe des ESF die gleiche: Der Fonds ist nach wie vor dafür gedacht, Menschen auf ihrem Weg zu einem besseren Leben zu unterstützen, indem sie neue Qualifikationen erwerben und neue oder bessere Arbeitsplätze finden. Der ESF steigert die Beschäftigungsmöglichkeiten und die Mobilität der europäischen Bürger und Bürgerinnen, fördert eine bessere Ausbildung und verbessert die Lage der am meisten von Armut bedrohten Bevölkerungsgruppen. Durch den ESF bekommen die Menschen eine Chance, neue Qualifikationen für den Arbeitsmarkt zu erwerben, den Übergang von der Schule ins Berufsleben zu bewältigen oder die Beschäftigungsperspektiven und die soziale Teilhabe zu verbessern. Der ESF hat in Berlin trotz des reduzierten Mittelvolumens [auf 215 Millionen EUR] in Zukunft eine noch wichtigere Stellung und Rolle zu spielen. Angesichts der Herausforderungen, vor denen die Bundeshauptstadt 7

8 steht, verwundert es nicht, dass die Themen soziale Teilhabe und Armutsbekämpfung weiterhin ganz oben auf der Prioritätenliste des ESF stehen. Das neue Programm wird insbesondere auf Menschen, die von Langzeitarbeitslosigkeit und hoher Armutsgefährdung betroffen sind, ausgerichtet sein. Mit Hilfe von lokalen Initiativen und sozial-pädagogischer Begleitung soll zur sozialen Integration dieser Personengruppen beigetragen werden, und damit wird die Regelförderung des Landes Berlin ergänzt. Ein weiterer Schwerpunkt wird auf der Unterstützung junger Menschen liegen, die weder über einen Schulabschluss verfügen noch einer schulischen oder beruflichen Ausbildung nachgehen. Hier wird die Herausforderung darin liegen, diese jungen Menschen beim Einstieg ins Berufsleben zu unterstützen, ihnen Chancen aufzuweisen und zu verhindern, dass sie in die Arbeits- und Orientierungslosigkeit abgleiten. Zukünftig wird der Fokus stärker auf den Ergebnissen liegen: Bei allen ESF-Programmen werden Vorgaben zu der Anzahl von Teilnehmern und Projekten, die erreicht werden sollen, festgelegt und die finanzielle Förderung folgt danach. Wir haben jetzt eine stärkere leistungs- und ergebnisbezogene Orientierung, die auf dem Grundsatz beruht, dass die Fördermittel danach ausgewählt und gebündelt werden, wo sie die größte Wirkung zeitigen. 8

9 Dieser Fokus auf Leistungen ersetzt den Schwerpunkt, der in der vergangenen Förderperiode auf dem Einsatz, d.h. dem Input, gelegen hat. Nur auf diese Weise wird die Kohäsionspolitik in Deutschland eine besser sichtbare Wirkung erzielen. So hoffe ich wird es in sieben Jahren unmöglich sein, die Mittel für diese wichtigen Investitionen wieder zu kürzen. Im Gegenteil Komplexe Verwaltungsabläufe und Vereinfachung Aber mir ist durchaus bewusst, dass der ESF auch das Image hat, ein sperriger, ja überkomplizierter und umständlicher Fonds zu sein, und bedauerlicherweise muss ich zugeben, das war oft wirklich so. Komplexe Verfahren sind aus guten Gründen eingeführt worden, als Schutzmaßnahme gegen Betrug und als Garant dafür, dass Steuergelder korrekt ausgegeben werden. Das Ergebnis war aber, dass eine Reihe von Nutznießern, die Mittel hätten beantragen können, dies nicht getan hat und dass einige der Mitgliedstaaten, die am meisten auf die Förderung angewiesen sind, Probleme beim Zugang zu den Fonds hatten. Für die neue Förderperiode haben wir neue Methoden entwickelt, um die Nutzung des Fonds für den 9

10 Endverbraucher zu vereinfachen, unter anderem Pauschalen, um den Verwaltungsaufwand, im Zusammenhang mit dem Sammeln und Aufbewahren der Belege für jede einzelne Ausgabe entweder abzuschaffen oder zu minimieren. Deutschland hat schon den Anfang gemacht und dieses Verfahren in der Vergangenheit bereits zum Teil angewendet. Zukünftig sollte das aber viel weiter ausgebaut werden. Es ist wichtig, den Menschen, die die Vorteile der europäischen Solidarität ganz persönlich erfahren haben, bewusst zu machen, dass sie von der EU unterstützt worden sind. Wenn wir Europa näher an die Bürgerinnen und Bürger bringen und konkrete Lösungen für ihre Probleme liefern, leisten wir auch einen Beitrag dazu, die Kluft zwischen den Menschen und Europa und auch die von den Bürgerinnen und Bürgern bei der letzten Europawahl ausgedrückte Unzufriedenheit zu verringern. Schluss Wir begrüßen außerordentlich den eingeschlagenen Weg zur Stärkung der ESF-Arbeit in Berlin. Wir wissen, welchen herausfordernden Tätigkeiten Sie, Herr Schmidt und ihr 10

11 Team, jeden Tag erbringen. Wir wissen auch, wie schwierig es ist, die Ansprüche der verschiedenen Akteure zu einer Gesamtstrategie zu verknüpfen. Ich freue mich auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit und bedanke mich herzlich bei Ihnen allen für Ihren Einsatz für den Europäischen Sozialfonds! Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit! 11