Apulien - starker Standort im Mezzogiorno
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- Uwe Kappel
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1 Apulien - starker Standort im Mezzogiorno Große Präsenz deutscher Unternehmen / Sehr hohe Arbeitslosigkeit / Von Robert Scheid Mailand (gtai) - Apulien gilt als eine der aufstrebenden Regionen Italiens und als eine Erfolgsgeschichte im Mezzogiorno. Der Tourismus ist im Aufschwung, viele Kleinunternehmen produzieren hochwertige Nahrungsmittel. Hinzu kommt eine Vielzahl von Industriebetrieben. Apulien ist der wichtigste Standort für deutsche Unternehmen in Süditalien. Die Repräsentanz der AHK Italien vor Ort ist für diese Firmen eine gute Anlaufstelle. Die lange Wirtschaftskrise in Italien hat die Kluft zwischen dem Norden und dem Süden des Landes weiter vergrößert: So ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der südlichen Regionen zwischen 2008 und 2014 um 13,0% eingebrochen, während in den anderen Regionen des Landes - mit einem Minus von 7,4% - ein deutlich schwächerer Rückgang zu verzeichnen war. In Apulien selbst betrug der Einbruch des BIP im Berichtszeitraum 12,6%. Insbesondere im Süden war - und ist - die Exportwirtschaft schwach entwickelt. In ganz Italien schlugen während der Krise der sinkende Staatsverbrauch sowie rückläufige Konsumausgaben und Investitionen negativ zu Buche. Apulien, an der südöstlichen Spitze der italienischen Halbinsel gelegen, hat jüngsten Zahlen zufolge 2013 einen weiteren Rückgang des BIP auf 66 Mrd. Euro erlebt. Im Jahr 2014 ist die Kennzahl voraussichtlich noch niedriger ausgefallen, wird sich aber 2015 auf dem Niveau von 2014 stabilisieren und dann 2016 wieder zulegen, erwarten die Statistiker. Insgesamt erwirtschaftet Apulien 18% des BIP im Mezzogiorno und 4% des italienischen BIP. Das BIP pro Kopf erreicht in Apulien Euro, etwa so viel wie in Griechenland und Portugal, respektive 62% des Durchschnitts der EU-28. Die Region umfasst ein Gebiet von fast qkm und ist in sechs Provinzen untergliedert. Mit 4,1 Mio. Einwohnern rangiert Apulien in Süditalien auf Platz drei hinter Kampanien und Sizilien. Die Einwohner konzentrieren sich vor allem in den drei größten Städten Bari, Tarent und Foggia. Eckdaten der Region Apulien Apulien Italien Anteil Apulien/Italien Fläche (qkm) ,3 Bevölkerung (Mio.) 4,1 60,8 6,8 Bevölkerungsdichte (Einwohner pro qkm, ) BIP zu Marktpreisen (Mio. Euro, 2013) ,1 BIP pro Kopf (Euro, 2014) Einfuhren (Mio. Euro, 2014) ,5 Ausfuhren (Mio. Euro, 2014) ,0 Einfuhren pro Kopf (Euro, 2014) Ausfuhren pro Kopf (Euro, 2014) Erwerbsquote 15 bis 64-Jährige (in %, 2014) 53,8 63,9 - Beschäftigungsrate 15 bis 64- Jährige (in %, 2014) 42,1 55,7 - Quelle: ISTAT 1
2 Der ohnehin gebeutelte Arbeitsmarkt Apuliens wurde von der Wirtschaftskrise seit 2008 hart getroffen. Schon 2007 lag die Arbeitslosenquote bei 11,1%, inzwischen ist sie auf mehr als 20% gestiegen. Besonders besorgniserregend ist die Jugendarbeitslosigkeit, die Mitte 2015 für die Altersgruppe der 15 bis 29-Jährigen bei 44,9% lag. Wie im übrigen Süditalien auch, arbeiten in Apulien deutlich weniger Frauen als im EU-Durchschnitt. Nicht zu unterschätzen ist die Rolle von Schwarzarbeit. Insbesondere in der Landwirtschaft und bei Kleinunternehmen ist sie verbreitet. Doch im Vergleich zu anderen Regionen Süditaliens spielt die organisierte Kriminalität in Apulien eine geringe Rolle. Das verfügbare Einkommen in der Region liegt mit Euro im Jahr 2012 leicht über dem Durchschnitt Süditaliens ( Euro), wenngleich deutlich unter dem italienischen Durchschnittswert von Euro. Die Kaufkraft eines Einwohners entspricht 78% des europäischen Wertes. Nichtdestotrotz wird in der Region viel Wert auf hochwertige Produkte gelegt, insbesondere im Möbel-, Mode- und Nahrungsmittelbereich. Wichtiger Standort für deutsche Unternehmen Die italienische Unternehmenslandschaft wird von klein- und mittelständischen Familienunternehmen dominiert, in Apulien wie im Rest Süditaliens sind nur wenige Großkonzerne angesiedelt. Im Durchschnitt beschäftigt ein Betrieb in Apulien nur 2,8 Mitarbeiter. Italien ist nach Deutschland das wichtigste Industrieland der EU. Das Land erzielte 2014 eine Wertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe von 224 Mrd. Euro, davon entfielen nur 6 Mrd. Euro auf Apulien. Damit ist die Wertschöpfung der süditalienischen Region etwa so groß wie Slowenien, Litauen oder Bulgarien. Das größte - allerdings stark angeschlagene - Stahlwerk Europas, ILVA, hat seinen Sitz in Apulien, der Flugzeughersteller Boeing betreibt hier eine Produktionsstätte. Auch italienische, multinationale Konzerne "im Taschenformat" (multinazionali tascabili) wie Natuzzi - die Gesellschaft verkauft ihre hochwertigen Lederpolstermöbel weltweit - sind vertreten. Das Industriegebiet Bari-Modugno ist mit Bosch, die Firma beschäftigt hier mehr als Mitarbeiter, Osram, Getrag und Merck Serono der wichtigste Produktionsstandort für deutsche Unternehmen in Süditalien. Merck Serono hat 2015 entschieden, 50 Mio. Euro in das apulische Werk zu investieren. Auch die Porsche Engineering Group hat in Apulien eine Autoteststrecke. Deutsche Unternehmen vor Ort können sowohl auf die Repräsentanz der Deutsch-Italienischen Handelskammer als auch auf das Honorarkonsulat in Bari zurückgreifen. Olivenölproduktion und Weinbau prägen die Landwirtschaft Das Klima und die fruchtbare Landschaft in Apulien machen den Anbau von hochwertigen landwirtschaftlichen Produkten wie Oliven, Südfrüchte und Gemüse attraktiv. Vor diesem Hintergrund entwickelt sich auch die Nahrungsmittelindustrie, die aber noch sehr stark fragmentiert ist. Apulien ist die wichtigste Region für die Olivenölproduktion, über ein Drittel des italienischen Olivenöls stammt aus dieser Region. Seit 2013 hat jedoch ein ansteckendes Bakterium die Olivenbäume geschädigt und eine Krise ausgelöst. Apulien gewinnt auch als Weinregion immer mehr an Bedeutung und kommt landesweit auf den vierten Platz der Regionen. 2
3 Industriecluster in Apulien Bezeichnung Branche Anzahl der Firmen Beschäftigte Corato Nahrungsmittel Gioia del Colle Nahrungsmittel Putignano Textil und Bekleidung Martina Franca Textil und Bekleidung Casarano Leder und Schuhe Barletta Textil und Bekleidung Minervino Murge Textil und Bekleidung Brindisi Luft- und Raumfahrt Bari Maschinenbau Quellen: ISTAT, Osservatorio Nazionale Distretti italiani ( ) Der Sommertourismus boomt Wichtigster Wirtschaftssektor ist der Dienstleistungsbereich, darunter der seit Jahren wachsende Tourismussektor. Die Strände der Salento-Halbinsel im Süden Apuliens sind vor allem bei den Italienern en vogue. Für den langen Sommerurlaub kommt Apulien als Tourismusziel mit einer Küstenlinie von über 800 km auf den zweiten Platz nach der Toskana. Das wachsende Angebot der Fluggesellschaften zeigt, dass die Region bei Urlaubern aus dem In- und Ausland immer beliebter wird. Neben den Stränden locken Kulturstätten wie die Barockstadt Lecce, das Castel del Monte aus der Zeit Kaiser Friedrich II. sowie die typische Kraggewölbebauten, so genannte Trulli, immer mehr Touristen an. Im Außenhandel kann Apulien wie die anderen Regionen im Mezzogiorno mit den exportstarken Regionen des Nordens nicht mithalten. Exporte von 8,7 Mrd. Euro stehen Importen von 8,1 Mrd. Euro (2014) gegenüber. Zum Vergleich: Die Lombardei konnte 2014 sowohl Importe als auch Exporte im Wert von jeweils 110 Mrd. Euro verbuchen. Deutschland ist der wichtigste Handelspartner Deutschland ist mit einem Warenaustausch von insgesamt 1,8 Mrd. Euro im Jahr 2014 der wichtigste Handelspartner der Region, gefolgt von den USA, Frankreich und Spanien. Etwa 12% der Exporte und 10% der regionalen Importe entfallen auf Deutschland. Wenige Produktgruppen dominieren den bilateralen Handel sowohl auf der Einfuhr- als auch auf der Ausfuhrseite. Nahrungsmittel, Maschinen, Kfz sowie chemische Erzeugnisse sind die wichtigsten Produktgruppen. 3
4 Einfuhren der Region Apulien (in Mio. Euro, Veränderung und Anteil in %) aus Deutsch Veränderung Deutschland Anteil Deutschland Welt land 2014/ Nahrungsmittel und lebende Tiere ,3 7,6 Getränke und Tabak 6 3 5,9 50,0 Rohstoffe ,2 0,8 Brennstoffe, Energie ,7 0,2 Tiere, Öle, Fette, Wachse 575 0,5-11,7 0,1 Chemische Erzeugnisse ,3 6,8 Bearbeitete Waren ,0 10,5 Maschinen und Fahrzeuge ,2 30,7 Sonstige Fertigwaren ,9 9,2 Andere 6 0,5-8,3 Insgesamt ,4 9,6 Quelle: ISTAT Infrastruktur ist ausbaufähig Die Qualität der Verkehrsinfrastruktur in Italien nimmt von Norden nach Süden sowie von Westen nach Osten ab, allerdings hat sich die Lage in Apulien vor allem dank der Verwendung von EU-Mitteln teilweise verbessert. Die sogenannte Autostrada Adriatica (Adria-Autobahn) verbindet Tarent, Bari und Foggia mit dem Norden. Zudem besteht zwischen Neapel und Bari eine Autobahn, die das Mittelmeer mit dem Adriatischen Meer verbindet. Im Eisenbahnverkehr hat die fast 500 km lange Region Nachholbedarf. Seit September 2015 fahren jedoch täglich zwei Hochgeschwindigkeitszüge über die wichtigste Verbindung von Bari nach Bologna und Mailand. Die Schnellzugverbindung nach Lecce soll erweitert werden. Allerdings leiden Infrastrukturprojekte auch in Süditalien häufig unter Verzögerungen und Budgetüberschreitungen. Mit Tarent, Brindisi und Bari verfügt Apulien über drei kleine Seehäfen, deren umgeschlagene Tonnage rückläufig ist, Grund dafür ist die Krise des ILVA-Stahlwerkes in Tarent. Wichtigster Logistikknotenpunkt ist der Interporto Regionale della Puglia in Bari, in Brindisi befindet sich ein Logistikzentrum der Vereinten Nationen. Die Flughäfen von Bari und auch von Brindisi gewinnen vor allem aufgrund des Tourismusbooms an Bedeutung. Der internationale Flughafen in Bari hat Direktverbindungen zu fast allen Großstädten in Deutschland. Vorreiter beim Thema erneuerbare Energien Eine vorausschauende Wirtschaftspolitik hat dazu geführt, dass Apuliens Wirtschaft an der Spitze der süditalienischen Regionen steht und landesweit zu den Vorreitern beim Thema erneuerbare Energien gehört. Apulien hat die größte installierte Wind- und Fotovoltaikkapazität in Italien. Auch beim Ausbau der Elektromobilität sowie 4
5 der Ladeinfrastruktur ist die Region weit vorangekommen. Zahlreiche Forschungs- und Entwicklungszentren sowie das Polytechnikum in Bari bereichern die Unternehmenslandschaft. Nennenswert sind der Technologiepark Dhitech in Lecce mit einem Nanotechnologiezentrum, das Materialprüfungszentrum ENEA, sowie die Forschungszentren des nationalen Forschungsinstituts CNR mit den Themenschwerpunkten Raumfahrt, Biotechnologie, Lebensmittelwissenschaften und Automatisierungstechnik. Auch die vielen Spin-off Unternehmen der Universitäten sorgen für Innovationskraft, ihre Anzahl ist in Apulien größer als in den anderen Regionen Süditaliens. (R.S.) KONTAKT Barbara Kussel Ihre Frage an uns Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck auch teilweise nur mit vorheriger ausdrücklicher Genehmigung. Trotz größtmöglicher Sorgfalt keine Haftung für den Inhalt Germany Trade & Invest Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. 5
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