Jugendliche und Extremismus in sozialen Medien
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- Ralf Meinhardt
- vor 6 Jahren
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1 Jugendliche und Extremismus in sozialen Medien Vertiefungsangebot E: Präventionsmassnahmen und Handlungsbedarf zur Verhinderung von Radikalisierung Amrita Singh,
2 Quelle: SRF 10 vor 10 vom
3 Inhalt Einführung (20 ) Nationaler Aktionsplan (universelle, selektive und indizierte Prävention) Soziale Medien Rechtliche Grundlagen Radikalisierung (20 ) Formen des Extremismus Radikalisierung Deradikalisierung Pädagogische Arbeit (35 ) Die 5-Säulen-der-Identität Fallbeispiele: Fragen und Diskussion im Plenum
4 Prävention Nationaler Aktionsplan NAP Ab 2018 / Massnahmen und Handlungsfelder Bund, Kantone, Gemeinden Wissenschaftliche Grundlage Ansätze / Ziele / Aufbau Radikalisierungsforschung (Rekrutierungsstrategien) Islam(ismus)forschung, Rechtsextremismusforschung Präventionsbereiche Kriterien / Desiderate Ressourcen Finanzierung. Stellenprozente primär universell sekundär selektiv direkt / indirekt tertiär indiziert direkt / indirekt Fachlichkeit Qualitätstandards Verschränkung Moderierte Netzwerke Qualifikation der Mitarbeitenden Einhalten der Abläufe / Standards Fachbehörden, Schulen, Forschung, Dokumentation der Arbeitsprozesse - Gemeinden - Kinder- und Jugendhilfe - Politische Bildung - Schule - Universität - Kinder- und Jugendhilfe - Beratungsstellen für Eltern - Fortbildung für Multiplikatoren - Fachkräfte Deradikalisierung - Arbeit mit Rückkehrern - Sozialarbeit von Ex-Häftlingen - Aussteigerprogramme - Programme gegen Rad. im Justizvollzug - Fortbildung von Imamen Radikalisierungsprävention / Deradikalisierung Präventionsfelder Eine Übersicht
5 Universelle Prävention Fokus im schulischen Kontext: auf Systeme wie Klasse, Stufe, Schulhaus Fokus pädagogische Massnahmen: weniger auf Verhinderung, vielmehr auf bereits bestehende, erwünschte Haltungen (stärken). Thematisieren / stärken: Haltung gegenüber anders Lebenden / Denkenden die Entwicklung von Lebenskompetenzen subjektives Sicherheitsgefühl In der Schule und auch in der Jugendarbeit ist diese Präventionsebene von sehr grosser Bedeutung.
6 Universelle Prävention Wissensvermittlung auf der Basis des Lehrplans Volksschule Fächer Ethik, Religionen, Gemeinschaft (ERG) Ziel: gegenseitiges Verständnis für unterschiedliche religiöse Lebens- und Werthaltungen und drespekt gegenüber anderen religiösentraditionen und Überzeugungen fördern. Medien und Informatik: Chancen und Gefahren des Internets und der sozialen Medien. Grundlagen über Politik, Demokratie und Menschenrechte: Themen Extremismus, Terrorismus und dschihadistische Radikalisierung (insbesondere auf der Oberstufe)
7 Universelle Prävention Klassenklima und Beziehungsgestaltung Unterstützendes, wohlwollendes und wertschätzendes Klima innerhalb der Klasse/Verein etc., aber auch in der gesamten Schule/Verein/ Institution. Dass sich Kinder, Jugendliche oder Klientinnen und Klienten akzeptiert und aufgenommen fühlen. Alles, was dazu beiträgt, dass der Lebensraum z.b Schule für alle und mit allen (Partizipation/Teilhabe) gestaltet wird, vermindert die Ausgrenzung.
8 Universelle Prävention Erziehungspartnerschaft und Zusammenarbeit mit Eltern Eltern sind die wichtigsten Bezugspersonen ihrer Kinder. Wissensvermittlung durch Weiterbildungen und Gesprächsangebote zu Früherkennung: Elternveranstaltungen in Klassen oder auf Schulebene mit Dolmetschern Schulgemeinschaft und gemeinsame Verantwortung setzt Teilhabe aller voraus
9 Selektive Prävention Handlungsfelder Schule und Jugendarbeit Direkte Massnahmen: pädagogische Massnahmen für junge Menschen mit erhöhten Risiken. Fachberatungen und Informationsveranstaltungen für Schülerinnen und Schüler (Bsp: AussteigerIn berichtet authentisch über ihre Erfahrungen mit der neosalafistischen Szene. indirekte Massnahmen: Weiterbildungen für Lehrpersonen und Schulleitungen sowie für Fachpersonen der Kinder und Jugendarbeit. Phänomene der Radikalisierung, Handlungsoptionen. selektive Prävention: Wahrnehmen und Erkennen von multiplen und verschiedenartigen Risikofaktoren bei Jugendlichen, denen wenige Schutzfaktoren zur Verfügung stehen. Ratsam: Wachsames Auge auf die Internetaktivität von (gefährdeten) Jugendlichen. Pädagogische Massnahmen zur Stärkung der Schutzfaktoren.
10 Indizierte Prävention direkt / indirekt Direkte Massnahmen: zielen auf Personen mit bereits manifesten Problemlagen (bereits radikalisiert oder im Prozess der Radikalisierung). Ziele: Radikalisierung unterbrechen junge Menschen aus extremistischen Bewegungen herauslösen Rückfälle verhindern indizierte Prävention: hohe Anforderungen an Präventionsakteurinnen und - akteure. Im schulischen Kontext: in erster Linie nicht in den Händen der Lehrpersonen, sondern bei spezialisierten schulinternen und -externen Fachund Beratungsstellen. Indirekte Massnahmen: zertifizierte Weiterbildungen für Lehrpersonen und Fachpersonen der Kinder und Jugendarbeit (vermitteln in mehreren Modulen detailreiches Wissen über Radikalisierungsverläufe). Verweis Themenheft (auch online)
11 Soziale Medien Quelle: Youtube, veröffentlicht am: (1981 Aufrufe)
12 Internet / Social Media (1) Jugendliche in Orientierungsphasen: Antworten zu Fragen nach Identität und Gemeinschaft. Angebote im Internet auch von salafistischen Akteuren, Präsenz ultramodern auf Zielgruppe ausgerichtet. Salafistische Inhalte - jugendliche Lebenswirklichkeiten: benutzen Jugendsprache, sind rhetorisch einfach, emotional ansprechend und medial professionell gestaltet. So spielen religiös orientierende Motive und Fragen eine ebenso grosse Rolle wie Kommentare zu Mode, Musik und Jugendkultur, oder Debatten über gesellschaftskritische Themen von der Forderung nach Gerechtigkeit bis hin zum offenen Protest.
13 Internet / Social Media (2) Unsicherheiten sowie Diskriminierungs- und Rassismuserfahrungen - bewusst in der Propaganda aufgegriffen und genutzt Ideologie der Ablehnung/Abwertung anderer (Schwarz-weiß-Denken), Ausgrenzung von der Mehrheitsgesellschaft und gleichzeitiger Selbst- Aufwertung durch Gemeinschaftsbildung (vgl. al-wala wa -l-bara ) näher zu bringen. Von der Gesellschaft ausgegrenzt, im Allgemeinen mit ihren Lebensumständen unzufrieden: Attraktivität neosalafistische Szene (Zuwendung und Gefühl der Gemeinschaft) Die Wandlung vom Aussenseiter' zum Rebellen, Verantwortung, klare Regeln und Strukturen
14 Rechtliche Grundlagen
15 Extremismus - Formen Gewalttätiges Verhalten und Gewaltverherrlichung Diskriminierung Fremdenfeindlichkeit Radikale Fankulturen Rechtsextremismus Linksextremismus Dschihadistisch motivierter Extremismus Religiöser Fanatismus Sekten
16 Denkhaltung Rechtsextremismus Linksextremismus Dschihadistisch motivierter Extremismus Schwarz-weiss Denken Freund-Feind-Schema Wahrheitsanspruch Kameradschaft Ideologien Demokratiefeindlichkeit () (Mainstream-)Medienfeindlichkeit Antisemitismus Anti-Israel Verschwörungstheorien Nationalismus Antikommunismus (Neo-)Faschismus Rassismus Fremdenfeindlichkeit Anti-EU Antifaschismus Anarchismus Kommunismus Internationalismus Religiöse Legitimation Sunnitisches Kalifat Ummah (Gemeinschaft der Gläubigen) Kampf gegen «Ungläubige» Autoritarismus Antiamerikanismus Antiimperialismus Antikapitalismus Humanitäre Motivation Anti-Establishment Gewaltformen Xenophobe 4 Gewalt Brandanschläge Vernichtungsideen Vandalismus / Sachbeschädigungen Gewalt gegen Polizei Terroranschläge Dschihad / Kampf Märtyrertum Auftritt in der Öffentlichkeit Propaganda Mobilisierungs- / Gewaltaufrufe Hassreden Rassistische Blogs Online-Rekrutierung
17 Zusammenfassung Formen Eine grosse Gemeinsamkeit aller aufgeführten extremistischen Richtungen besteht in der Demokratiefeindlichkeit, da Demokratie immer Kompromisse und Mässigung mit sich bringt. Im selben Atemzug wird den öffentlichen Medien jegliche Glaubwürdigkeit abgesprochen, da ihnen zugeschrieben wird, im Dienst «des Gegners» zu stehen. Darüber hinaus werden bei allen extremistischen Richtungen kritische Einwände gerne als Diffamierung zurückgewiesen und Kritiker und Austretende werden bekämpft und eingeschüchtert. Dasselbe gilt für den Ausstieg, wodurch Austretende zu Abtrünnigen werden und Druck, Ausgrenzung oder Drohungen und Gewalt erleben. Die Zugehörigkeit zu extremistischen Gruppierungen ist folglich mit der Schaffung alternativer Sinn- und Glaubenswelten verbunden, was sowohl zu einem Realitätsverlust als auch zu einer undifferenzierten Wahrnehmung andersgelagerter Meinungen führen kann. (Waldmann, 2011)
18 Radikalisierung Was suchen Jugendliche? Religiöses «Wissen» Werte, Orientierung Sinn, Perspektve Wahrheit und Welterklärung Was bieten Salafisten? Antworten auf die Frage: «Was ist ein/e richtige/r Muslimin?» Benimmregeln, Verhaltenskodex, Selbstsicherheit Klare Unterscheidung zwischen gut und böse, richtig und falsch Aussicht auf ein gläubiges, rechtschaffenes Leben mit Paradiesversprechen Die Ideologie von der «einzig wahren Religion» vermittelt einfache Erklärungen; inkl. Feindbildern und einem Gefühl von.. Aufmerksamkeit und Überlegenheit Gemeinschaft, Zugehörigkeit, Anerkennung, Stärke und Selbstwirksamkeit Gehorsam, Orientierung, Vorbilder, Autoritäten Gerechtigkeit (Protest gegen Ungerechtigkeit)..Überlegenheit: Mit wenigen Aussagen / Aktionen kann provoziert und der «Spiess einmal umgedreht» werden Online, im «Islamseminar» oder als Teil der «Umma»: Teil einer Gruppe / Gleichgesinnten zu sein - Aufgehobensein. Gegen Aussen ( Kleidung, Sprache, Verhalten etc.) Prediger und Texte verlangen eindeutiges Verhalten in komplexer Welt: Man muss nicht immer selber denken Jugendtypischer Protest gegen Unrecht, Leid und Diskkrimminierung wird aufgegrifen - Gefühl aufbau einer neuen besseren Welt vermittelt
19 Radikalisierungsgründe Suche nach Identität Suche nach Nähe, Gemeinschaft und Sicherheit Suche nach klaren Freund/Feind-Schemata Lebens- und Sinnkrisen Antimuslimischer Rassismus Mangel anderer radikaler Alternativen zu unserer Gesellschaft Ausbruch aus autoritären Familienstrukturen Perspektivenlosigkeit: Drogen, Kleinkriminalit, Psychische Erkrankungen Ursache liegt nicht in religiöser Erziehung!
20 Radikalisierungsgründe Männer Männlichkeitsbilder die nicht eingelöst werden können Gewaltaffine Männlichkeitsvorstellungen Sex bzw. sexuelle Gewalt Fehlende männliche Vorbild-figuren z.b. Abwesenheit oder Unfähigkeit von Vätern) Frauen Empowerment in säkularen Familien durch religiöse Argumente: Burschen dürfen auch nicht, was wir nicht dürfen Flirtfishing im Internet Sexuelle Probleme und romantische Vorstellungen von «echten Männern» «Helfen»: Arme Kinder usw.
21 Radikalisierung Rhetorik * Die Verweigerung eines jungen Menschen, spielerisch eine Gegenposition zur eigenen, einzunehmen Das Auftreten mit einem universellen Wahrheitsanspruch Die zunehmende Verwendung religiöser Redensarten Die betonte und nachdrückliche Zurückweisung der Ansichten von Anderen, z.b. als haram (Verboten) oder deren Bezeichnung als Ungläubige Eine ablehnende Haltung gegenüber der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und den Menschenrechten Verschwörungstheorien in «Wir» und «Ihr» bzw. «Wir» und «Die»Rhetorik oder ein Feindund Opferdenken Die Berufung auf ein abgeschlossenes, schwarz-weisses Weltbild Verhaltensänderung Abwendung vom Elternhaus und dem alten Freundeskreis Das Besuchen einer salafistischen Moschee Die Überhöhung und das unreflektierte Einhalten religiöser Rituale und Verbote Intensive Beschäftigung mit dem Leben nach dem Tod und oder der Hölle Abkehr von der alten Lebensführung, wie z.b. Änderungen im Essverhalten, Ablehnung von Musik oder veränderte Freizeitgestaltung Verhaltensänderungen gegenüber dem anderen Geschlecht Abwertung von Frauen Die Abwertung oder das unter Druck setzen anderer aufgrund ihrer Ansichten oder ihres Verhaltens *deutsch Redekunst, ist die Kunst der Rede
22 Pädagogische Arbeit sollte Die Alltagserfahrungen der Jugendlichen ernst nehmen Ihre Fragen zu Gerechtigkeit und «richtigem» Handeln aufgreifen Ihre gesellschaftliche Teilhabe fördern Ihnen Anerkennung und Wertschätzung vermitteln Ihnen alternative Handlungsmöglichkeiten aufzeigen Interkulturelle Kompetenz fördern
23 Deradikalisierung Quelle: Beratungsstelle Extremismus, Österreich
24 Theorie - H.G Pezold «Die 5 Säulen der Identität» Ist: Wenn Klient in die Beratung kommt Soll: Ziel der Beratung
25 Arbeiten mit Schulklassen
26 Deradikalisierung SympathisantInnen Arbeit über nahe Bezugspersonen (Eltern, FreundInnen, LehrerInnen,...) Defizite herausfinden und bearbeiten Qualifizierte Gespräche über Religion: Pluralistisches Islambild nahelegen Arbeit an Schulen: Keine Stigmatisierung von SympathisantInnen, sondern Auseinandersetzung JihadistInnen RückkehrerInnen muss die Möglichkeit einer begleiteten Rückkehr in die Gesellschaft gegeben werden Arbeit mit Häftlingen: Verhinderung der * Agitation in Haftanstalten und Deradikalisierung von jihadistischen Straftätern. * politische Hetze
27 Prävention Deradikalisierung Kooperation Kommunikation Individuelle Behandlung jedes Einzelfalles Identifizierung «radikaler Umfelder» (Elterngespräche, Gespräche mit SuS) Erkennung von «Symptomen» der Radikalisierung - Ra-Prof, Screener Islam, Förderung des kritischen Denkens bei Jugendlichen und kritische Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Themen in Schulen Schutzmerkmale in Schulen (SiS) / Schulklima Prozess Vermittlung von Vorbildern Individuelle Behandlung jedes Einzelfalles Berücksichtigung und Behandlung von drei Wirkungsebenen: der ideologischen Komponente, dem pragmatischen sowie dem affektiven Aspekt Aufbau einer Vernetzungssgtruktur Integration von verschiednen Religionen in den «normalen» Schulalltag Vernetzung und Koordination mit den verschiednen Playern wie Polizei, Offene Jugendarbeit, SSA, SIFG, BEGS, Schule etc. - z.b mit dem Kerngruppenmodell Gemeinsame Kommunikationsstrategie Informationsaustausch zwischen allen Gliedern der Sicherheits- und Präventionskette Spezifischer Informationsaustausch zwischen den beteiligten «Abteilungen» Koordinierung und Ausführung bestehender und notwendiger Massnahmen Abkommen zu punktuellem Informationsaustausch und Abgesprochene und offene Zusammenarbeit mit den Medien Sach- und Beziehungsebene beachten
28 Fallbeispiele Diskutieren Sie ein Fallbeispiel und versuchen Sie für die Festlegung der Interventionsbereiche das 5-Säulenmodell anzuwenden, universelle, selektive und indizierte Massnahmen zu besprechen, sowie anderweitige Möglichkeiten inkl. Erklärungen/Legitimationen aufzuzeigen: 1. Mädchen, 15j., geschwisterlos, wohnhaft in St. Gallen 2. Vater vor 2 Jahren gestorben 3. Mutter lebt zusätzlich zu ihrem Einkommen von der WSH 4. Leistungen in der Schule haben seit dem Tod des Vaters abgenommen - noch keine Anschlusslösung 5. gute Beziehung zur Mutter und einem besten Freund - ansonsten in der Klasse eher einsam und verschlossen - Kontakt zur Familie in Deutschland besteht kaum 6. Nun haben Sie von anderen Eltern erfahren, dass das Mädchen ein Enthauptungsvideo in den Klassenchat gestellt hat und Gerechtigkeit gefordert hat - die Mutter wusste bislang nichts davon und scheint überfordert zu sein - ausserdem weiss der beste Freund von Kontakten übers Internet
29 Abschluss Das Modell ist ziemlich alt, aber in der Deradikalisierung eines der besten Modelle. Wie denken Sie darüber?
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