Innenstadtverdichtung - ein Problem?
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- Stanislaus Baumann
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1 Innenstadtverdichtung - ein Problem? M. Jäcker-Cüppers Stellv. Vorsitzender der ALD-Leitung ALD-Veranstaltung Lärmschutz in verdichteten Innenstädten Stuttgart,
2 Gliederung Positive Folgen der Innenentwicklung und verdichtung Prinzipien des Lärmschutzes Beeinträchtigungen durch Lärm Negative Folgen der Innenentwicklung Hemmnisse für die Innenentwicklung aus Sicht der Bau- und Sportpolitikpolitik Resultierende Änderungswünsche Verbesserung der Belastungsbilanz: Beispiel Fazit ALD-Veranstaltung Innenstadtverdichtung, Stuttgart,
3 Positive Folgen der Innenentwicklung und -verdichtung: Innenentwicklung einerseits zu begrüßen: Senkung des Flächenverbrauchs: Nachhaltigkeitsziel für die Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche in 2020: 30 ha/tag (von : ha/tag) [1] Schutz vor Verkehrslärm: Verkehrsvermeidung als vorrangige Maßnahme, u. A. durch die Politik der kurzen Wege (Deutscher Städtetag 1989): Nutzungsmischung, Verdichtung, Polyzentralität Ziel: Verkürzung der Wegelängen so, dass Zufußgehen und Radfahren konkurrenzfähig zum motorisierten Individualverkehr MIV (und zum Güterverkehr) sind Bsp. Radfahren: Äquivalenzdistanz ca. 5 km (E-Bikes: 9,5 km) (Wegeanteil MIV < 5 km: 46,2 %; < 10 km: 66,1 %) [2] ALD-Veranstaltung Innenstadtverdichtung, Stuttgart,
4 Innenstadt Berlin als Beispiel für eine Stadt der kurzen Wege 100% Anteil der Wege in % Berlin Innenstadt % 60% 40% 20% 0% Geschossflächenzahl GFZ ca. 1,5 5,0 MIV ÖV Rad Fuß Innenstadt Berlin: 52,6 % der Haushalte ohne Pkw Quelle Berlin: ALD-Veranstaltung Innenstadtverdichtung, Stuttgart,
5 Prinzipien des Lärmschutzes 1 Andererseits sind die direkten negativen Folgen für den Immissionsschutz zu bewerten: Konsolidierter Vertrag der EU vom 30. April 2008: Artikel 191: (2) Die Umweltpolitik der Union zielt. auf ein hohes Schutzniveau ab. Sie beruht auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung, auf dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen, sowie auf dem Verursacherprinzip. Umsetzung für den Konfliktfall Heranrückende Wohnbebauung allerdings zu modifizieren ALD-Veranstaltung Innenstadtverdichtung, Stuttgart,
6 Prinzipien des Lärmschutzes 2 Äquivalentes hohes Schutzniveau für alle Quellen: Privilegierungen reduzieren (Bsp. Verkehrslärm, Außengastronomie, Veranstaltungen) Ausnahmeregelungen begrenzen (Bsp. Baulärm) Gesamtlärmbetrachtung Summative, akzeptorbezogene Betrachtung erforderlich Vorbelastungen sind danach grundsätzlich nicht als schutzmindernd zu bewerten, vor allem bei Belastungen, die gesundheitliche Risiken mit sich bringen Spiegelbildlichkeit (vgl. BVerwG 4 C 8.11, [3]): Quellenbezogene Regelungen gelten spiegelbildlich auch für die heranrückende Wohnbebauung: Grenz- und Richtwerte Sportanlagen-, Gewerbelärm: kein Rückgriff auf passiven Lärmschutz ALD-Veranstaltung Innenstadtverdichtung, Stuttgart,
7 Prinzipien des Lärmschutzes 3 Vorrang des Außenschutzes : Schutz der Außenwohnbereiche (Balkone, Gärten usw.) Sicherstellen der Aufenthaltsqualität in öffentlichen Räumen (Straßen, Plätze, Außengastronomie usw.) Erhalt oder Schaffung wohnungsnaher ruhiger Gebiete (Freizeitverkehr: 32 % der Wege, 40 % der Verkehrsleistung (MiD 2008 [2] ) ALD-Veranstaltung Innenstadtverdichtung, Stuttgart,
8 Prinzipien des Lärmschutzes 4 Außenschutz vorrangig durch quellenbezogene Maßnahmen (auch: Betriebsbeschränkungen) Vgl. BVerwG 4 C 8.11 vom [3]: Damit sichert die TA Lärm von vornherein für Wohnnutzungen einen Mindestwohnkomfort, der darin besteht, Fenster trotz der vorhandenen Lärmquellen öffnen zu können und eine natürliche Belüftung sowie einen erweiterten Sichtkontakt nach außen zu ermöglichen, ohne dass die Kommunikationssituation im Innern oder das Ruhebedürfnis und der Schlaf nachhaltig gestört werden können. Bewertung der Bevölkerung, wegen Lärm Fenster schließen zu müssen (Online-Lärmumfrage des Umweltbundesamtes, 2011 [4]): 77,1 % fühlen sich dadurch äußerst stark oder stark belästigt. Eingeschränkte Kreditwürdigkeit bei Finanzierung von Wohnungen an hochbelasteten Verkehrswegen (Commerzbank) [5] ALD-Veranstaltung Innenstadtverdichtung, Stuttgart,
9 Beeinträchtigungen durch Lärm Lärm ist die gravierendste Beeinträchtigung im Wohnumfeld (Sozialbericht 2013 [6] Nur 32 % der Bevölkerung fühlen sich nicht durch Lärm gestört oder belästigt; 46 % sind zwei oder mehr Quellen ausgesetzt (Umweltbewusstsein in Deutschland 2014 [7]) Belastungen in Deutschland gemäß Lärmkartierung 2012/2014 (Quelle: UBA 2015 [8]) 10,2 bzw. 6,18 Mio. Menschen werden an Straßen bzw. Schienenwegen erheblich belästigt (Gewichteter Ganztagespegel L den > 55 db(a)) 2,85 bzw. 1,91 Mio. Menschen (Straße/Schiene) sind gesundheitlichen Risiken ausgesetzt (nächtliche Mittelungspegel über 55 db(a)) Handlungsbedarf vgl. Lärmaktionsplanung mit der grundsätzlichen Orientierung am Außenschutz ALD-Veranstaltung Innenstadtverdichtung, Stuttgart,
10 Negative Folgen der Innenentwicklung 1 Nutzungsmischung führt zu Baugebieten mit geringerem Lärmschutzniveau: Grenz-, Richt- und Orientierungswerte des Lärmschutzes abhängig von der Art der baulichen Nutzung (WR bis MK) Bsp. Orientierungswerte der DIN Beiblatt 1 Schallschutz im Städtebau für die Planung von Neubaugebieten an gewerblichen Anlagen/(Verkehrswege): WR 50/35(40) db(a) tags/nachts MK 65/50(55) db(a) tags/nachts (vgl. TA Lärm 6.7 Gemengelagen) Keine Vorgaben für Einzelbauvorhaben Lärmwirkungsforschung: i. A. baugebietsunabhängige Formulierung von Schutzzielen Heranrückende Wohnbebauung, Lückenschluss bei Verkehrswegen: i. d. R. nur Passivschutz ALD-Veranstaltung Innenstadtverdichtung, Stuttgart,
11 Negative Folgen der Innenentwicklung 2 Gewerbelärm: Gemengelagenregelung (TA Lärm 6.7) Erhöhung der Richtwerte auf einen geeigneten Zwischenwert mit 60/45 db(a) tags/nachts als Obergrenze (vgl. DIN MK 65/50 db(a) tags/nachts) Bei höherer Lärmbelastung sind dauerhaft gesunde Wohnverhältnisse ohne besonderen passiven Schallschutz nicht gewährleistet. (Begründung des Bundesrats, BR- Drucksache 254/98 vom ) ALD-Veranstaltung Innenstadtverdichtung, Stuttgart,
12 Hemmnisse für die Innenentwicklung aus Sicht von Bau- und Sportpolitik Urteil des BVerwG 4 C 8.11 vom [3] zur (an gewerbliche Anlagen) heranrückenden Wohnbebauung: Spiegelbildlichkeit der Vorgaben für die Baugenehmigung an die TA Lärm: Passive Lärmschutzmaßnahmen als Mittel der Konfliktlösung zwischen Gewerbe und Wohnen sieht die TA Lärm nicht vor. Mischgebiet MI mit GFZ-Grenze von 1,2 steht einer Verdichtung entgegen Sportanlagen: Hohe Schutzanforderungen können zu Betriebsbeschränkungen, schlimmstenfalls zur Vertreibung von Sportanlagen aus Wohngebieten führen Resultierende Änderungswünsche der Baupolitik und Sportpolitik ALD-Veranstaltung Innenstadtverdichtung, Stuttgart,
13 Resultierende Änderungswünsche 1 Bauministerkonferenz Okt und Arbeitsgruppe der Fachkommission Städtebau der Bauministerkonferenz [9]: Vorschlag Mischgebiet der Innenentwicklung (max. GFZ von 1,2 auf 2,4) Einführung der Zulässigkeit von Passivschutz bei heranrückender Wohnbebauung (unter bestimmten Bedingungen) Bsp. Hamburg, 2010 [10]: Lösungsansatz zur Bewältigung von Konflikten, welche durch Überschreitung von Nachtrichtwerten ausgelöst werden durch Gewährleistung verträglicher Innenraumpegel anstelle von Außenpegeln ( Hamburger Fenster ) ALD-Veranstaltung Innenstadtverdichtung, Stuttgart,
14 Resultierende Änderungswünsche 1 Bsp. Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD Nov. 2013: "Die Interessen des Sports sind in immissionsschutzrechtlichen Konfliktlagen angemessen zu berücksichtigen. Deshalb werden wir auch eine Änderung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen prüfen." ALD-Veranstaltung Innenstadtverdichtung, Stuttgart,
15 Verbesserung der Belastungsbilanz 1 Bsp. Lückenschluss beim Straßenverkehrslärm [11] München Innsbrucker Ring: Immissionen vorher - nachher ALD-Veranstaltung Innenstadtverdichtung, Stuttgart,
16 Verbesserung der Belastungsbilanz 2 Innsbrucker Ring Grundriss Straßenfassade mit Schiebeläden ALD-Veranstaltung Innenstadtverdichtung, Stuttgart,
17 Fazit 1 Angesichts der weiterhin bestehenden hohen Beeinträchtigungen durch Lärm hat die Minderung der Belastungen Priorität Dazu sind harmonisierte Instrumente für die Reduktion der Gesamtbelastung erforderlich Vorrang hat die Minderung der Außenbelastungen Grundsätzlich stehen Instrumente und Methoden für die Innenentwicklung und Nutzungsmischung bereit (gebietsabhängige Schutzregelungen, Ausnahmeregelungen Optimierung der Verwaltungsabläufe/-abstimmungen usw.) Die Spiegelbildlichkeit der quellenbezogenen Schutzregelungen für die Bauleitplanung und Baugenehmigung ist zu beachten (Außenschutz) ALD-Veranstaltung Innenstadtverdichtung, Stuttgart,
18 Fazit 2 Innovative Konzepte können zur Einhaltung der Außenschutzziele beitragen (Grundriss- und Nutzungsgestaltung) Passive Maßnahmen des Lärmschutzes stehen nicht im Einklang mit den Prinzipien des Lärmschutzes: Sie senken Anreize und Verpflichtung zur Minderung der Emissionen und entsprechen nicht dem Verursacherprinzip Sie lassen Außenwohnbereiche und städtische Aufenthaltsräume ungeschützt, gefährden ruhige Gebiete und schaffen neue Belastungen Das gilt auch für das Hamburger Fenster Beim Verkehrslärm sollten passive Maßnahmen bei der heranrückenden Wohnbebauung auf Fälle beschränkt bleiben, die insgesamt die Lärmbelastungsbilanz verbessern (z. B. Lückenschluss) ALD-Veranstaltung Innenstadtverdichtung, Stuttgart,
19 Vielen Dank fürs Zuhören! ALD-Veranstaltung Innenstadtverdichtung, Stuttgart,
20 Quellen 1 [1] Umweltbundesamt online (2015): Indikator: Siedlungs- und Verkehrsfläche [2] INFAS, DLR (2010): Mobilität in Deutschland 2008 Ergebnisbericht Struktur Aufkommen Emissionen Trends [3] Urteil des BVerwG 4 C 8.11 vom [4] Umweltbundesamt online (2014): Auswertung der Online-Lärmumfrage des Umweltbundesamtes, [5] Schieritz, Mark (2015): Hausgeträumt Zeit Nr. 51 vom [6] Destatis, WZB (2013): Datenreport Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland blob=publicationfile ALD-Veranstaltung Innenstadtverdichtung, Stuttgart,
21 Quellen 2 [7] Umweltbundesamt online (2015): Lärmbelästigung in Deutschland [8] Umweltbundesamt online (2015): Lärmkartierung und Lärmaktionsplanung elast_bev_verkehrslaerm_ pdf [9] Arbeitsgruppe der Fachkommission Städtebau der Bauministerkonferenz (2015): Kommunale Strategien für die Entwicklung gemischtgenutzter und verdichteter Gebiete [10] Hamburger Leitfaden Lärm in der Bauleitplanung 2010 Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt Amt für Landes- und Landschaftsplanung pl_2010.pdf [11] BMVBS (Juli 2011): Gute Beispiele der städtebaulichen Lärmminderung pdf;jsessionid=74C2D5E8A3A52BEFAA2BB9A5D6CAAB4D.live2052? blob=pu blicationfile&v=2 ALD-Veranstaltung Innenstadtverdichtung, Stuttgart,
22 Lärm als wichtigste Beeinträchtigungen im Wohnumfeld Bevölkerung gesamt Armutsgefährdete Lärmbelästigung 24 33,6 Umweltverschmutzung im Wohnumfeld 22 26,6 Feuchtigkeitsschäden 12 23,9 Kriminalität, Gewalt und Vandalismus im Wohnumfeld 12 19,8 Wohnung hat zu wenig Tageslicht, ist zu dunkel in Prozent der Bevölkerung Quelle: Destatis, WZB (2013): Datenreport 2013, S.166 [6] ALD-Veranstaltung Innenstadtverdichtung, Stuttgart,
23 Umfrageergebnisse: Störungen durch Lärm Umfrageergebnisse 2000 bis 2012 mit linearem Trend Quelle: UBA online [7] ALD-Veranstaltung Innenstadtverdichtung, Stuttgart,
24 Kumulierte Geräuschbelastung nach der ULR ALD-Veranstaltung Innenstadtverdichtung, Stuttgart,
25 BMK 2015 ALD-Veranstaltung Innenstadtverdichtung, Stuttgart,
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