Wird es bei den so genannten Hochdosisuntersuchungen
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- Justus Kolbe
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1 Augenlinsendosis: kein klassischer deterministischer Effekt? Wird es bei den so genannten Hochdosisuntersuchungen strahlenschutztechnische Probleme mit der von der ICRP empfohlenen und national geplanten Reduzierung des Grenzwertes von 150 auf 20 msv/a geben? Prof. Dr. K. Ewen
2 Was sind so genannten Hochdosisuntersuchungen? Sind nicht erkennbar an den Ergebnissen der Personendosimetrie! Orientierung: Untersuchungen, bei denen die im Röntgenraum tätigen Personen beruflich strahlenexponiert der Kategorie A sind (effektive Dosis kann > 6 msv/a sein) Dazu können schwerpunktmäßig gehören: Angiographien, kardiologische Untersuchungen, Interventionen und (teilweise) intraoperative Röntgenuntersuchungen Ohne abschirmende Maßnahmen kann der neue Grenzwert für die Augenlinse (20 msv/a) bei Hochdosisuntersuchungen nicht eingehalten werden!
3 Verteilung der Orts-Isodosiswerte der Streustrahlung um ein Angiographiegerät, jeweils bezogen auf das Dosisflächenprodukt (Auswertung: s. nächstes Bild!)
4 Wie wertet man die Orts-Isodosisverteilung aus? Die Werte der Ortsdosis H, jeweils bezogen auf das Dosisflächenprodukt DFP, also H/DFP mit der Einheit μgy/(μgy m 2 ), sind farbcodiert dargestellt, und zwar in Abhängigkeit vom Abstand (in m). Anmerkung: Es gilt für Röntgenstrahlung: 1 Gy = 1 Sv Man kann also bei Kenntnis des DFP für einen bestimmten Abstand auf die Ortsdosis H schließen, zum Beispiel, wenn der Untersucher direkt neben dem Angiotisch steht. Dort gilt: H/DFP = 0,08 μsv/(μgy m 2 ). Die Ortsdosis H wird ohne Nutzung von Schutzmaßnahmen der Augenlinsendosis, jeweils pro Untersuchung, gleich gesetzt. Zahlenbeispiel folgt
5 Welche jährliche Linsendosis ist bei Interventionen, Angiographien, etc. für das Personal zu erwarten? Der Worst-Case-Fall (ohne Augenschutz) Am Standort des Untersuchers (Angiotisch) entsteht durch Störstrahlung eine Ortsdosis: H = 0,08 μsv pro μgy m 2 DFP DFP-Werte (DRW nach BfS, 2010) bei Angio, Interventionen & Co: μgy m 2, im Mittel also von 4750 μgy m 2 (DRW = Diagnostische Referenzwerte) Dies ergibt eine mittlere Ortsdosis (= Linsendosis) von H = 0,38 msv pro Untersuchung. (0, = 380 µsv = 0,38 msv) Bei einer mittleren Untersuchungszahl von 400 pro Jahr entsteht eine Jahresdosis von 150 ± x msv/a Erkenntnis: Es gibt schon bei dem jetzt geltenden Grenzwert für die Linsendosis (150 msv/a) Dosisüberschreitungen (für x > 1) wir haben sie bisher nur nicht registriert
6 Welche Reduktionsfaktoren R benötigen wir? In welchen Bereichen können sich beim Personal an Hochdosisarbeitsplätzen ohne Schutzmaßnahmen ( Worst Case ) die jährlichen Werte der Ortsdosis (werden der Linsendosis gleichgesetzt) bewegen? 150 ± x msv/a Welche Reduktionsfaktoren R benötigen wir, wenn der Grenzwert für die Augenlinse auf 20 msv/a gesenkt wird? R = (150 ± x) / 20 Beispiel (nicht unrealistisch): x = + 50 msv/a, R = 200 / 20 = 10
7 Welche Reduktionsfaktoren in Bezug auf die Linsendosis des Personals liefern Brillen, Visiere und Streustrahlenschutz? Persönliche Schutzausrüstung (Brillen, Visiere) und Streustrahlenschutz Effektive Reduktionsfaktoren für die ODL in der Störstrahlung (um 90 kv) Visier (Bleiacryl; Pb-Gleichwert: 0,1 mm) R V 3 Brille (Pb-Gleichwert: 0,5 mm; ca. 60 g) R Bl 8 Brille (Pb-Gleichwert: 0,75 mm; ca. 75 g) R Bs 15 (Brillen dieser Art werden wegen ihres höheren Gewichts seltener getragen) Streustrahlenschutz (Bleiacryl-Glas-Scheibe plus Strahlenschutz-Lamellen; Pb-Gleichwert: 0,5 mm) R S 30 Beispiel für eine sinnvolle Kombination: Brille (0,5 mm) plus Streustrahlenschutz (0,5 mm) R gesamt = R Bl R S 150 (also < 8 30 = 240) Begründung: Aufhärtung der Röntgenstrahlung beim Durchgang durch den Streustrahlenschutz
8 Fazit Wenn der Grenzwert für die Augenlinse auf beispielsweise 20 msv/a gesenkt wird, muss man mit Reduktionsfaktoren in einer Größenordnung von mindestens 10 rechnen. Um den Grenzwert für die Linsendosis von 20 msv/a sicher nicht zu überschreiten, ist bei sog. Hochdosisarbeitsplätzen (Angiographien, Interventionen & Co) eine kombinierte Nutzung von geräteintegriertem Streustrahlenschutz und Schutzbrille zu empfehlen, wenn nicht sogar erforderlich. Sowohl Streustrahlenschutz als auch Schutzbrille sind auch deswegen erforderlich, weil erfahrungsgemäß die Brille und der Streustrahlenschutz nicht bei allen Untersuchungen genutzt werden bzw. genutzt werden können. Mein Rat: Dort, wo nötig, den Streustrahlenschutz möglichst bald installieren! Noch zu lösendes Problem: Dosimetrie [Ort, H p (3)/H p (0,07)]
9 Augenlinsendosis Ende Prof. Dr. K. Ewen
10 Mögliche Fragen 1) Bisher zählte die Linsentrübung zu den deterministischen Strahlenwirkungen (Existenz einer Schwellendosis). Jetzt nicht mehr? Keine Schwellendosis? Stochastische Strahlenwirkung? 2) Wodurch entsteht der Hauptanteil der Linsendosis beim radiologischen Personal? 3) Warum ist der Linsendosis beim Personal bisher so wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden? 4) Sind in den schon bestehenden Regelwerken zur RöV (Richtlinien, Normen) Vorschriften zur abschirmungstechnischen Reduzierung der Augenlinsendosis beim Personal enthalten oder müssen diese jetzt erst neu formuliert werden? 5) Trotz desselben Bleigleichwertes (0,5 mm) ist der Reduktionsfaktor einer Schutzbrille kleiner als derjenige eines geräteintegrierten Streustrahlenschutzes. Warum? Prof. Dr. K. Ewen
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