Realisierung verkehrs- und umweltpolitischer Ziele durch die Binnenschifffahrt
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- Catharina Böhler
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1 Europäische Binnenschiffahrts Union (EBU) Europäische Schifferorganisation (ESO) Realisierung verkehrs- und umweltpolitischer Ziele durch die Binnenschifffahrt Vortrag am 11. April 2006 im Rahmen des gemeinsamen Workshops der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) und der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) Ass. Jur. Jörg Rusche, Sekretär der gemeinsamen Nautisch-Technischen Kommission der Europäischen Binnenschiffahrts Union und der Europäischen Schifferorganisation Sehr geehrter Herr Dr. Holzwarth, sehr geehrter Herr Dr. Seger, sehr geehrte Damen und Herren, Binnenschifffahrt als Dienstleistung für Industrie, Handel und Tourismus ist praktizierter Umweltschutz. Binnenschifffahrt erfüllt die auf internationaler Ebene im breiten Konsens definierten Anforderungen an die Verkehrs- und Umweltpolitiken schon heute in einem hohen Maß. Das Gewerbe ist bestrebt, auch zukünftig zu einer nachhaltigen Entwicklung in Europa beizutragen. So kann eine stärkere Nutzung der Binnenschifffahrt z. B. dazu führen, in der internationalen Umweltpolitik die Vorgaben des Kyoto-Protokolls im Bereich der klimawirksamen Emissionen leichter zu erreichen und auf der anderen Seite den Planungen des Lissabon-Konzepts der Europäischen Gemeinschaft zur Entwicklung eines starken Wirtschaftsraums zu entsprechen.
2 - 2 - Um diese These zu belegen, sind die Bereiche der Umwelt- und der Verkehrspolitik zu beleuchten. In der Umweltpolitik hat eine Untersuchung der Europäischen Kommission zu den sozio-ökonomischen Kosten der verschiedenen Verkehrsträger aus dem Jahre ergeben, dass die Binnenschifffahrt bei Unfällen, Luftverschmutzung, Klimaänderung, Lärmbelastung, Verkehrsstaus sowie bei den Auswirkungen auf die Landschaft und die städtische Umwelt den anderen Landverkehrsträgern überlegen ist. Auf der Ebene der Europäischen Gemeinschaft der Straßentransport für 91,5 % der sozio-ökonomischen Kosten verantwortlich, dem Luftverkehr sind 6 % zuzuordnen, der Schienenverkehr trägt mit 2 % zu den aufgelisteten externen Kosten bei, während die Binnenschifffahrt jedoch lediglich 0,5 % der Kosten verursacht. Dennoch bewältigt sie 7 % des Güterverkehrs in Europa, obwohl nur die Hälfte der Mitgliedsstaaten Anschluss an das Netz der europäischen Binnenwasserstraßen haben. Die beigefügte Tabelle zeigt, wie effizient der Arbeitsabläufe in der Binnenschifffahrt schon heute sind. Der Vergleich der durchschnittlichen externen Grenzkosten zwischen den unterschiedlichen Transportmodus hebt die Vorteile von der Binnenschiffahrt hervor (in /1000 tkm): Road Rail Inland navigation Short Sea Shipping Straße Schiene Binnenschifffahrt Short Sea Shipping Unfälle 5,44 1, Lärm 2,138 3, Schadstoffe 7,85 3,8 3,0 2,0 Klimaeffekte 0,79 0,5 vernachlässigbar vernachlässigbar Infrastruktur 2,45 2,9 1,0 unter 1,0 Stau 5,45 0,235 vernachlässigbar vernachlässigbar Gesamt 24,12 12,35 maximal 5,0 maximal 4,0 Kostenunterschied zur Straße (je 1000 tkm) 11,80 ca. 19,0 ca. 20,0 1 Begründung zum Förderprogramm Marco Polo für den Kombinierten Verkehr
3 - 3 - Ersparte externe Kosten bei Verlagerung von 1000 tkm Vermiedene Kosten in Höhe von 1 bei Verlagerung von der Straße 11,80 19,0 20,0 85 tkm 52 tkm 50 tkm Damit bleibt festzuhalten: Die Binnenschifffahrt ist ein umweltfreundlicher und sicherer Verkehrsträger. Sie verfügt darüber hinaus noch über erhebliche Potenziale, um das wachsende Güterverkehrsaufkommen in Europa zu bewältigen. Welcher Verkehrsträger kann das schon von sich behaupten? Daher ist es richtig, die Binnenschifffahrt zu fördern. Ein Kernpunkt ist die Bereitstellung einer bedarfsgerechten Infrastruktur. Im Gegenzug ist es berechtigt, auch weiterhin ein starkes Engagement der kleinen und mittelständischen Unternehmen der Branche im Bereich des Umweltschutzes zu fordern. Auch in den wenigen Bereichen, in denen die Binnenschifffahrt noch nicht alle Anforderungen an einen nachhaltigen Güter- und Personenverkehr erfüllt, ist das Gewerbe in Zusammenarbeit vor allem mit der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt und der Europäischen Kommission als den wichtigsten Impulsgebern für ein verbesserten Umweltschutz zur Zeit bestrebt, die umweltpolitische Bilanz des Verkehrsträgers zu verbessern. Bei den Emissionen von Stickoxiden und Partikeln haben nach Artikel 2 der Europäischen Richtlinie 2004/26/EG bereits die Beratungen zwischen Behörden, Motorenherstellern und Gewerbe für weitere Stufen zur Verminderung des Schadstoffausstoßes begonnen. In Abhängigkeit von den technischen Entwicklungen in großen Märkten wie Motoren in Lastkraftwagen oder Landmaschinen wird auch für den kleinen Markt der Binnenschiffsmotoren eine
4 - 4 - Serienreife technische Möglichkeit zur weiteren Verbesserung des Emissionsverhaltens angestrebt. Denn trotz des verstärkten Einsatzes von schnelllaufenden Motoren, der den Innovationszyklus in der Binnenschifffahrt beschleunigt, verbrauchen Binnenschiffe Motoren nicht in dem selben Maße wie Lastkraftwagen und drohen daher kurzfristig hinter den Schadstoffausstoß der LKW-Motoren zurückzufallen. Mit der Einführung weiterer Stufen von Grenzwerten für abgasarme Motoren, z. B. in den Jahren 2012 und 2016 wird die Binnenschifffahrt jedoch ihren kurzfristigen Nachteil beim Schadstoffausstoß im Vergleich zum LKW mehr als wettmachen. Dies belegt auch eine Studie des niederländischen Instituts Royal Haskoning aus dem Jahre Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Grenzwerte für den Schwefelgehalt im Kraftstoff von Binnenschiffen, die durch die Europäische Richtlinie 2005/33/EG festgelegt sind, in den kommenden Jahren in Abstimmung mit den Vorgaben der Emissionsrichtlinie 2004/26/EG synchronisiert werden. Im Bereich der Entsorgung öl- und fetthaltiger Schiffsbetriebsabfälle hat die Binnenschifffahrt in eigener Verantwort ein internationales Entsorgungssystem aufgebaut, das mit dem Inkrafttreten des Straßburger Übereinkommens über die Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen in der Rhein und Binnenschifffahrt auch international auf eine Kostenübernahme durch den Verursacher hinausläuft. Dieses Übereinkommen regelt auch den hohen Umweltstandards entsprechenden Umgang mit Ladungsresten und die Einleitung von Waschwasser und häuslichen Abwässern. Auch hier ist die Binnenschifffahrt, wie die Bestandsaufnahme nach Artikel 5 der Wasserrahmenrichtlinie gezeigt hat, ein umweltfreundlicherer Verkehrsträger. 2 Studie Milieuperformance, download in englischer Sprache unter
5 - 5 - Aktiver Umweltschutz findet in der Binnenschifffahrt darüber hinaus seit langer Zeit bei den Schiffsanstrichen statt. Die Wasserrahmenrichtlinie selbst, sehr geehrte Damen und Herren, ist für Bau und Unterhaltung des europäischen Netzes von Binnenwasserstraßen kein Hindernis. Sie erlaubt und fordert sogar, die Interessen des Gewässerschutzes mit den allgemeinen Interessen des Umweltschutzes und der nachhaltigen Entwicklung im Verkehrswesen zu vereinbaren. Binnenschifffahrt und Umweltschutz können vor dem Hintergrund des Artikels 4 Absatz 7 Wasserrahmenrichtlinie in Einklang gebracht werden. Die Europäische Binnenschiffahrts Union und die Europäische Schifferorganisation engagieren sich im Bereich der Integration der Politikfelder Umwelt und Verkehr in einem internationalen Netzwerk gemeinsamen mit den See- und Binnenhäfen und stehen der Europäischen Kommission, den Kommissionen zum Schutze der Ströme in Europa und den Stromkommissionen als Ansprechpartner ständig zur Verfügung. Sie tun dies auch, um Unsicherheiten bei der Planung von Wasserstraßen, die durch die Wasserrahmenrichtlinie im Gewerbe entstanden sind, zu beseitigen. Sie wollen die bisher unterschätze Bedeutung der Binnenschifffahrt bei der Analyse der wirtschaftlichen Indikatoren für die Nutzung von Oberflächengewässern korrigieren und die Interessen des Gewerbes bei der flussgebietsbezogenen Erstellung von Bewirtschaftungsplänen einbringen. Einen überzogenen Ausbau der Wasserstraßen fordert das Gewerbe allerdings in Zeiten knapper Mittel nicht. Dennoch ist klar, dass nur ein bedarfsgerechter Ausbau und eine bedarfsgerechte Unterhaltung der Wasserstraßen dazu beitragen kann, die steigenden Verkehrsmengen auf das Wasser zu bringen. Die damit verbundenen vermeintlichen Verschlechterungen des hydromorphologischen Zustands der Gewässer gilt es mit dem Nutzen für Mensch und Natur im Einzelfall abzuwägen,
6 - 6 - wie es auch heute schon in der Praxis der für die Wasserstraßen verantwortlichen Behörden geschieht. Die mit dem heutigen Workshop dokumentierte Zusammenarbeit zwischen der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt und der Internationalen Kommission zum Schutzes des Rheines ist aus Sicht des internationalen Binnenschifffahrtsgewerbes vorbildlich. Sie sollte als Beispiel für ähnliche Kooperationsmöglichkeiten zwischen der Internationalen Kommission zum Schutz der Donau und der Donaukommission und der Internationalen Kommission zum Schutz von Mosel und Saar und der Moselkommission dienen. Ich hoffe, dass der heutige Workshop weitere Impulse für die angemessene Berücksichtigung der Binnenschifffahrt in der Entwicklung einer Gemeinsamen Strategie zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie auf Gemeinschaftsebene setzt. Das internationale Gewerbe steht den daran Beteiligten jederzeit mit seinem Sachverstand zur Verfügung. In diesem Sinne freue ich mich auf eine weiterhin konstruktive Diskussion aller Beteiligten.
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