und deren Lösungseigenschaften Vom Fachbereich Chemie der Technischen Universität Darmstadt zur Erlangung des akademischen Grades eines

Größe: px
Ab Seite anzeigen:

Download "und deren Lösungseigenschaften Vom Fachbereich Chemie der Technischen Universität Darmstadt zur Erlangung des akademischen Grades eines"

Transkript

1 Neue Synthesestrategien zu kettensteifen Polyelektrolyten und deren Lösungseigenschaften Vom Fachbereich Chemie der Technischen Universität Darmstadt zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktor-Ingenieurs (Dr.-Ing.) genehmigte Dissertation vorgelegt von Dipl.-Ing. Patrick Wittmeyer aus Frankfurt am Main Berichterstatter: Prof. Dr. M. Rehahn Mitberichterstatter: Prof. Dr. E. Gruber Tag der Einreichung: Tag der mündlichen Prüfung: Darmstadt 2004 D17

2 Meiner Familie

3 Diese Arbeit wurde im Fachbereich Chemie am Ernst-Berl-Institut für Technische und Makromolekulare Chemie der Technischen Universität Darmstadt unter der Leitung von Prof. Dr. M. Rehahn in der Zeit von September 2000 bis April 2004 durchgeführt. Bei Herrn Prof. Dr. M. Rehahn möchte ich mich für die interessante Themenstellung und die ausgezeichnete Betreuung bedanken. Steffen Traser danke ich für die gute Zusammenarbeit während der gesamten Studienzeit in Darmstadt. Mein Dank gilt Christoph Brinkmann und Kalle Spriestersbach für die analytischen GPC-Messungen und die Hilfe beim Aufbau der präparativen GPC. Karsten Rohde möchte ich für die MALDI-Massenspektrometrischen Untersuchungen und die zahlreichen brasilianischen Tore danken. Tibor Macko danke ich für die Hilfe bei den Trübungsmessungen. Besonders möchte ich mich bei Jens Paule Langecker für die Generierung der dreidimensionalen PPP-Bilder bedanken. Richard Weiß danke ich für den Einsatz im Rahmen seiner Hauptvertiefung. Ich möchte mich weiterhin bei allen Mitarbeitern des Arbeitskreises sowohl auf der Lichtwiese als auch am DKI in der Stadtmitte für die gute Zusammenarbeit und das tolle Klima bedanken. Insbesondere Roland Klein danke ich dafür, dass er mich nach aheylje zum Volleyball gebracht hat. Gabi Wittmann, Ulf Schroer, Jan Malluche und Michael Roth danke ich für die auf mich übertragene Mountainbike-Begeisterung. Des Weiteren möchte ich der gesamten Arbeitsgruppe von Prof. Dr. N. A. Dencher nicht nur für die zahlreichen Stopps im vierten Stock danken, sondern auch für die Dauerleihgabe des Titrators und zahlreiche lustige abendliche Events. Bettina Schätzler, Julia Kubasch und meiner Mutter danke ich für die Durchsicht dieser Arbeit. Mein besonderer Dank gilt meiner Freundin Bettina Schätzler, die mir während meiner Doktorarbeit jederzeit hilfreich zur Seite stand.

4 Inhaltsverzeichnis IV Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung Polyelektrolyte Kettensteife Polyelektrolyte Aufgabenstellung Synthese und Charakterisierung Synthesestrategie Monomersynthese Polymersynthese Suzuki-Polykondensation Modellpolymere 58 und Precursorpolymere 39 a-c Precursorpolymer 45 ac Zusammenfassung der durchgeführten Suzuki-Polykondensationen Nickel(0)-promovierte dehalogenierende Polykondensation Modellpolymer Precursorpolymere 47 a und 47 c Polymeranaloge Umsetzungen (Quaternisierung) Lösungseigenschaften der ungeladenen PPP-Derivate Gelbildung von Modellpolymer 59 in Toluol Phasenverhalten von Precursorpolymer 39 c in Wasser Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten Theoretische Betrachtung von Polyelektrolytlösungen Poisson-Boltzmann-Zellmodell Gegenionenkondensation smotischer Koeffizient und Aktivitätskoeffizient der Gegenionen Säure-Base-Eigenschaften von schwachen Polyelektrolyten Protonierungsgleichgewicht von monosäurigen Basen Protonierungsgleichgewicht von Polybasen Untersuchungsmethoden von Säure-Base-Gleichgewichten... 91

5 Inhaltsverzeichnis V Potentiometrische Untersuchungen mit einer ph-glaselektrode Quantitative NMR-Analyse Potentiometrie als Untersuchungsmethode der Gegenionenaktivität Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften Kontrollierte Protonierung der Precursorpolymere 39 c und 47 c Untersuchung des Säure-Base-Gleichgewichts mittels Potentiometrie Diskussion der Polybasen-Eigenschaften Untersuchung der Gegenionenaktivität mittels einer ionenselektiven Bromid-Elektrode Gegenionenkondensation an den schwachen PPP-Polyelektrolyten 39 c und 47 c Gegenionenkondensation an dem starken PPP-Polyelektrolyten 42 c Diskussion der gemessenen Gegenionenaktivitäten Fehlerdiskussion Vergleich mit Theorie und Literatur Zusammenfassung Experimenteller Teil Allgemeine Bemerkungen zur Synthese Monomersynthese Katalysatorsynthese Polymersynthese Polymeranaloge Umsetzungen MALDI-Massenspektrometrie Größenausschlusschromatographie (GPC) Dampfdruckosmometrie Trübungsmessungen Ultrafiltration Potentiometrische Titrationen Abkürzungsverzeichnis Literaturverzeichnis

6 1 Einleitung 1 1 Einleitung 1.1 Polyelektrolyte Als Polyelektrolyte bezeichnet man makromolekulare Verbindungen, die eine große Anzahl ionisch dissoziierbarer Gruppen tragen. Wird ein Polyelektrolyt in einem geeigneten polaren Lösungsmittel, meist Wasser, gelöst, so dissoziiert dieser in ein hochgeladenes Polyion und eine der Ladung der Polymerkette entsprechende Anzahl entgegengesetzt geladener, niedermolekularer Gegenionen 1,2. Dabei unterscheidet man zwischen anionischen und kationischen Polyelektrolyten, je nachdem, ob das Polyion negative oder positive Ladungen trägt. Beispiele für einen anionischen und einen kationischen Polyelektrolyten sind in Abbildung 1.1 dargestellt. n S 3 Na N Cl n Abbildung 1.1: Anionischer Polyelektrolyt Natrium-Polystyrolsulfonat (PSS-Na; links) und kationischer Polyelektrolyt Poly(diallyldimethyl-ammoniumchlorid) (Poly-DADMAC, idealisierte Struktur; rechts) Sowohl Natrium-Polystyrolsulfonat als auch Poly-DADMAC werden den sogenannten starken Polyelektrolyten zugeordnet, denn sie liegen in wässriger Lösung unabhängig vom ph-wert weitgehend dissoziiert vor. Schwache Polyelektrolyte, wie z. B. Polyacrylsäure oder Polyvinylamin, zeichnen sich dadurch aus, dass die enthaltenen ionisierbaren Gruppen in wässriger Lösung sowohl geladen als auch ungeladen vorliegen können. Der ph-wert bestimmt hierbei die Lage des Dissoziations- Assoziations-Gleichgewichts gemäß Abbildung 1.2 und somit die Dichte der geladenen Gruppen am Polymerrückgrat.

7 1 Einleitung 2 n CH n C + n H n + n H n NH 2 NH 3 Abbildung 1.2: Dissoziations-Assoziations-Gleichgewichte der schwachen Polyelektrolyte Polyacrylsäure (oben) und Polyvinylamin (unten) Aufgrund der Kombination von typischen Eigenschaften makromolekularer Verbindungen mit langreichweitigen elektrostatischen Wechselwirkungen spielen Polyelektrolyte sowohl in der Natur als auch in technischen Prozessen eine entscheidende Rolle. So übernehmen sie als Proteine wichtige Funktionen in Stoffwechselprozessen und als Nukleinsäuren 3,4 (DNA, RNA) fungieren sie als Träger der Erbinformation. In der Technik werden natürliche und synthetische Polyelektrolyte vielseitig eingesetzt, z. B. als Flockungsmittel in der Wasseraufbereitung, bei der berflächenveredelung von Textilien und Papier, als Ionenaustauscher in der Meerwasserentsalzung, als Superabsorber in Hygieneartikeln sowie in der Pharma- und Kosmetikindustrie 1,2,5. Der großen Bedeutung von Polyelektrolyten steht jedoch trotz intensiver Forschung über mehrere Dekaden hinweg ein noch immer lückenhaftes Verständnis der vielschichtigen Eigenschaften gegenüber 6. Sämtliche Lösungseigenschaften von Polyelektrolyten, wie z. B. hydrodynamische und kolligative Eigenschaften, werden im Gegensatz zu ungeladenen Polymeren maßgeblich von langreichweitigen elektrostatischen Wechselwirkungen der auf der Kette lokalisierten Ladungen mitbestimmt. Sie unterscheiden sich aus diesem Grund drastisch von den Lösungseigenschaften neutraler Polymere. Für ein quantitatives Verständnis der somit sehr komplexen Eigenschaften müssen sowohl intra- und intermolekulare Coulomb-Wechselwirkungen als auch osmotische und konformative Effekte berücksichtigt werden. Die Stärke der Coulomb-Wechselwirkungen wird z. B. von der Dichte der Ladungen auf dem Polymer bestimmt. Während diese bei starken Polyelektrolyten strukturell vorgegeben ist, erlaubt eine Variation des ph-werts von Lösungen schwacher Polyelektrolyte die Einstellung einer beliebigen Ladungsdichte und somit der Stärke des Polyelektrolytcharakters. Da Stärke und Reichweite der elektrostatischen Kräfte darüber hinaus sehr stark von der Ionenstärke der Lösung abhängig sind, kann auch eine Variation der Ionenstärke zu einer sehr weitgehenden

8 1 Einleitung 3 Änderung des Eigenschaftsprofils einer Polyelektrolytlösung führen: In Polyelektrolytlösungen geringer Ionenstärke stoßen sich die Polyionen über große Distanzen aufgrund der Coulomb-Wechselwirkungen der geladenen Hauptketten voneinander ab. Im Falle flexibler Polyelektrolyte führen zusätzlich intramolekulare elektrostatische Kräfte zu einer Abstoßung der Kettensegmente und somit zu einer Aufweitung des Polymerknäuels bis hin zu weitgehend gestreckten Konformationen bei sehr geringer Ionenstärke 7 und gleichzeitig hoher Ladungsdichte. Eine Erhöhung der Ionenstärke ist gleichbedeutend mit einer zunehmenden Abschirmung der Ladungen und somit schwächeren inter- und intramolekularen Coulomb-Wechselwirkungen. Bei sehr hoher Ionenstärke verhalten sich Polyelektrolyte aus diesem Grund fast wie ungeladene Polymere. Der hier nur vereinfacht beschriebene Knäuel-Stäbchen-Übergang von flexiblen Polyelektrolyten, hervorgerufen durch eine Erhöhung der Ladungsdichte oder eine Erniedrigung der Ionenstärke, wurde von Holm et al. 8 und zahlreichen anderen theoretisch arbeitenden Gruppen 9,10 mit Hilfe von molekulardynamischen sowie Monte- Carlo-Simulationen untersucht. Hierbei werden neben Knäuelstrukturen (a) und gestreckten Konformationen (e) im Übergangsbereich auch Perlenkettenstrukturen (b, c) vorhergesagt (Abbildung 1.3). Eine Ursache für die auch experimentell bestätigte Vielfalt sich einstellender Kettenkonformationen (Sekundärstrukturen) 11,12 liegt darin, dass Wasser in den meisten Fällen ein schlechtes Lösungsmittel für das Polymer-Rückgrat darstellt. Die Konformation wird somit durch ein Zusammenspiel aus elektrostatischen und Polymer-Solvens-Wechselwirkungen bestimmt 13.

9 1 Einleitung 4 (a) (b) (c) (d) (e) Abbildung 1.3: Knäuel-Stäbchen-Übergang von flexiblen Polyelektrolyten, hervorgerufen durch zunehmende intramolekulare Coulomb-Wechselwirkung, simuliert von Darinskii et al. 9 In der Vergangenheit wurde mit Hilfe verschiedenster experimenteller Methoden versucht, ein quantitatives Verständnis des Lösungsverhaltens von Polyelektrolyten zu entwickeln. Hierbei standen neben Lichtstreuung 6,7, Röntgenstreuung 14, Viskositätsmessungen 15,16 und Leitfähigkeitsmessungen 17,18 insbesondere Methoden im Vordergrund, die eine Aktivitätsbestimmung der mobilen Gegenionen erlauben. Das von der hohen Ladungsdichte hervorgerufene elektrostatische Feld bewirkt eine starke Wechselwirkung zwischen den hochgeladenen Polyionen und den entgegengesetzt geladenen mobilen Gegenionen. Diese Korrelation hat eine Reduktion der Gegenionenaktivität zur Folge, was direkt bei potentiometrischen Messungen mittels ionenselektiver Elektroden oder Messungen des osmotischen Drucks ersichtlich wird 2. Um bei Untersuchungen von schwachen Polyelektrolyten die erhaltenen Ergebnisse mit der Ladungsdichte korrelieren zu können, wurden schon in der Vergangenheit die Protonierungs-Deprotonierungs-Gleichgewichte von Polybasen und Polysäuren (Abbildung 1.2) mittels ph-glaselektroden intensiv studiert 19. Hierbei konnten Abweichungen vom idealen Verhalten niedermolekularer Basen und Säuren eindeutig auf den Einfluss des großen elektrostatischen Feldes um die Polyionen zurückgeführt werden. Bisher erwies sich jedoch eine grundlegende Interpretation sämtlicher experimentell ermittelter Daten als sehr schwierig 20 und damit eine umfassende theoretische Beschreibung dieser Substanzklasse als nicht möglich. Der Grund hierfür liegt in der Abhängigkeit der experimentell zugänglichen bservablen sowohl von der

10 1 Einleitung 5 Konformation des Polyions als auch von den elektrostatischen Wechselwirkungen der Polyionen untereinander. Diese beiden Beiträge lassen sich für flexible Polyelektrolyte im Experiment nicht voneinander separieren. Nicht zuletzt deshalb lassen heute verfügbare empirische und theoretische Modelle sowie Computersimulationen noch keine genauen Voraussagen der Lösungseigenschaften von Polyelektrolyten als Funktion ihrer Konstitution sowie des Lösungsmittels zu. Bei konformativ starren Polyelektrolyten hingegen sind Konformationsänderungen strukturell ausgeschlossen, und alle beobachteten Effekte können eindeutig nur auf zwischenmolekulare Coulomb-Wechselwirkungen zurückgeführt werden. Dies sollte die genaue Interpretation der Messdaten und damit verbunden eine theoretische Beschreibung vereinfachen. 1.2 Kettensteife Polyelektrolyte Konformativ starre, stäbchenförmige Polyelektrolyte stellen aus oben genanntem Grund wertvolle Modellsysteme zur Entwicklung eines umfassenden theoretischen Verständnisses des Verhaltens von Polyelektrolyten in Lösung dar. Mit ihrer Hilfe sollte es möglich sein, auch konventionelle, flexible Polyelektrolyte besser zu verstehen und theoretische Modelle für deren Beschreibung zu entwickeln. Ein wichtiges Ziel ist hierbei die Herstellung quantitativer Beziehungen zwischen den Lösungseigenschaften und den molekularen Parametern des Polyelektrolyten. Auf diesen Überlegungen basierend wurde schon früher eine Reihe von Experimenten an stäbchenförmigen Polyelektrolyt-Systemen durchgeführt. Anfangs wurden als einzig verfügbare Vertreter ausschließlich Biopolymere wie die DNA 3,4, 21, 22, das Ferredoxin 23 oder das Tabak-Mosaik-Virus 24 studiert. Diese Polymere erhalten ihre Stäbchengestalt allerdings erst durch Überstrukturbildung. So liegen beispielsweise die DNA und das Tabak-Mosaik-Virus (Abbildung 1.4) unter physiologischen Bedingungen helikal vor.

11 1 Einleitung 6 Abbildung 1.4: Stäbchengestalt des Tabak-Mosaik-Virus (links) 25, hervorgerufen durch die helikale Anordnung der Hüllenproteine (rechts) 26 Bei systematischen Untersuchungen an solch helikal strukturierten Biopolymeren hat sich allerdings immer wieder ihre Neigung zur Denaturierung als sehr problematisch herausgestellt. Diesbezüglich wurden insbesondere bei Variation der Ionenstärke und der Temperatur z. B. bei der DNA konformative Übergänge 27 bis hin zu einer vollständigen Zerstörung der Stäbchengestalt 3,28 und somit Ausbildung einer statistischen Knäuelstruktur beobachtet. Des Weiteren ist eine chemische Modifizierung der natürlichen kettensteifen Polyelektrolyte unter Erhalt der Stäbchengestalt kaum möglich. Somit ist eine Variation der molekularen Parameter wie Konstitution (z. B. Durchmesser des Stäbchens), Ladungsdichte, Ladung und Art der Gegenionen, Polymerisationsgrad und Polydispersität nicht denkbar. Aufgrund dessen wurde in den letzten Jahren verstärkt darauf hingearbeitet, intrinsisch kettensteife, wasserlösliche und thermisch sowie chemisch stabile Polyelektrolyte gezielt zu synthetisieren. Erste Untersuchungen an synthetischen kettensteifen Polyelektrolyten wurden 1983 von Berry et al. 29,30 durch Lösen von neutralen heterocyclischen Polyaromaten, wie Poly(pphenylen-cis-benzobisoxazol) (1) und Poly(p-phenylen-trans-benzobisthiazol) (2) in starken protischen Säuren wie Schwefelsäure und Polyphosphorsäure ermöglicht. Hierbei wurde simultan mit dem Löseprozess gemäß Schema 1.1 die Protonierung zu den Polyelektrolyten 3 bzw. 4 erreicht.

12 1 Einleitung 7 H N 1 N n N H 3 N H n N S H H N S S N S n 2 4 N H n Schema 1.1 Problematisch ist hierbei allerdings die Aggregatbildung und die tatsächlich vorliegende Semiflexibilität der protonierten Makromoleküle, die zur Verfälschung der Messwerte beitragen. Dieser Umstand wurde erst in späteren Untersuchungen von Roitman et al. 31,32 festgestellt. Auch sind molekulare Parameter dieser Polyelektrolyte, wie der Polymerisationsgrad, weitgehend unbekannt, da die nicht-protonierten Basispolymere 1 und 2 aufgrund ihrer Stäbchengestalt in keinem Lösungsmittel löslich sind. Generell ist ein Grundproblem beim Studium kettensteifer Systeme die stets schlechte Löslichkeit, welche aus der Starrheit und Formanisotropie der Moleküle folgt. Der normalerweise den Lösungsvorgang der Polymere treibende Gewinn an Konformationsentropie 33 ist aufgrund der starren Molekülgestalt in der Regel vernachlässigbar klein, sodass die bei der Auflösung aufzuwendende Gitterenergie nicht kompensiert werden kann. Somit sind die Polymere 1 und 2 auch erwartungsgemäß unlöslich. Die treibende Kraft für die Löslichkeit der Polyelektrolyte 3 und 4 ergibt sich entspechend allein aus den abstoßenden Coulomb-Wechselwirkungen der Polyionen und dem Entropiegewinn aus der Freisetzung der vielen Gegenionen: Bei einer zu geringen Anzahl ionischer Gruppen (zu niedrigem Protonierungsgrad) in diesen Polymeren ist Unlöslichkeit zwangsläufig die Folge. Um die Probleme zu umgehen, die von einem zu geringen Protonierungsgrad von 1 und 2 hervorgerufen werden, wurden in den 90er Jahren 34, 35, 36, 37 beispielsweise das Benzobisthiazol-Polymer 5 sowie das Poly(pphenylen-terephthalamid) 6 (Abbildung 1.5) dargestellt. Diese sind von vornherein mit geladenen Sulfonatgruppen versehen und es musste keine Protonierung vorgeschaltet werden, um Löslichkeit zu erreichen.

13 1 Einleitung 8 S N 5 N S S 3 Na n N H S 3 Na N C H 6 C n Abbildung 1.5: Kettensteife Polyelektrolyte 5 und Das dritte erfolgreiche Konzept zur Erhöhung der Löslichkeit steifkettiger Polymere besteht in der Anheftung von flexiblen Seitenketten an das Polymerrückgrat. Diese bewirken zum einen eine drastische Verschlechterung der Kristallisationsfähigkeit der Stäbchenmoleküle, was zu einer Verringerung der beim Lösevorgang aufzuwendenden Gitterenergie führt. Zum anderen ist durch die flexiblen Gruppen ein großer Entropiegewinn beim Übergang in den gelösten Zustand verbunden 38. Mit Hilfe dieses Konzepts gelang z. B. die Synthese kettensteifer Polymere auf Basis des Poly(pphenylen)s (PPP). Diese Polymerklasse verfügt über eine große strukturinhärente Kettensteifigkeit und ist sowohl thermisch als auch chemisch sehr stabil. So entwickelten Rehahn, Schlüter und Wegner 39, 40, 41, 42, 43 Ende der 80er Jahre mittels übergangsmetall-katalysierter Polykondensation (Suzuki-Kupplung) eine effiziente Methode zur Darstellung löslicher PPP-Derivate. Hierbei erwies sich die Suzuki- Reaktion stets als sehr tolerant gegenüber funktionellen Gruppen in den zu verknüpfenden Aromaten. Damit bot sich dieses Konzept auch zur Herstellung von neuartigen, stäbchenförmigen Polyelektrolyten an. Zum Aufbau von PPP-Polyelektrolyten sind prinzipiell zwei unterschiedliche Synthesestrategien denkbar, die in Schema 1.2 dargestellt sind. Y Z Y Z X X (CH 2 ) x A (CH 2 ) x B2 (CH 2 ) x B1 (CH 2 ) x Br B(H) 2 Br B(H) 2 (CH 2 ) x (CH 2 ) x n (CH 2 ) x n (CH 2 ) x Y Z Y Z X X Schema 1.2 Zum einen können die gewünschten ionischen Gruppen bereits über die Monomere eingeführt und damit aus der Polymerisation direkt Polyelektrolyte 44, 45 erhalten werden (A). Dieses Vorgehen kann allerdings zu Problemen bei der Charakterisierung

14 1 Einleitung 9 der Produkte führen, da Polyelektrolyte vielfach nicht ohne weiteres mit den gängigen Methoden der Polymeranalytik zu untersuchen sind. Problematisch bei diesem direkten Weg der Polyelektrolytsynthese kann bisweilen auch die mögliche Unbeständigkeit der Seitengruppen unter den Bedingungen der Kupplungsreaktion sowie die erhöhte Wasserlöslichkeit der Monomere bei der meist im heterogenen Medium durchgeführten Suzuki-Kupplung sein. Daher erfolgt die Synthese von PPP-Polyelektrolyten häufig über Precursorrouten (B). Dabei wird zunächst ein PPP-Derivat mit ungeladenen, aber durch einfache Reaktionen in Elektrolytgruppen überführbaren Substituenten dargestellt (B1), das Precursorpolymer. Dieses wird erst nach umfassender Charakterisierung in den fertigen PPP- Polyelektrolyten umgewandelt (B2). Dabei ist sehr wichtig, dass diese abschließende polymeranaloge Umwandlung möglichst ohne Nebenreaktionen verläuft. Schema 1.3 repräsentiert eines der ersten Beispiele, bei dem mit Hilfe einer solchen Precursor- Strategie die Synthese von Polyelektrolyten auf Basis des Poly(p-phenylen)s angestrebt wurde. Rau und Rehahn 46, 47, 48 gelang durch Umsetzung des Dibromids 7 mit der Diboronsäure 8 die Darstellung des Butoxymethylen-substituierten Precursor-PPPs 9. Nach Spaltung der lateralen Benzylalkylether-Gruppen wurde das sehr gut organolösliche, Brommethylen-funktionalisierte PPP-Derivat 10 erhalten, welches schließlich in den schwachen anionischen Polyelektrolyten 11 überführt werden konnte. Vermutlich aufgrund der geringen Ladungsdichte und der zusätzlich im Polyelektrolyten verbleibenden unpolaren Substituenten erwies sich 11 jedoch sowohl in Wasser als auch in wässrigen Basen als unlöslich.

15 1 Einleitung 10 C 4 H 9 C 4 H 9 Br CH 2 Br C 6 H 13 + (H) 2 B B(H) 2 CH 2 C 6 H 13 CH 2 C 6 H 13 C 4 H 9 C 4 H [Pd] CH 2 C 6 H 13 n C 4 H 9 CH Br CH 2 CH 2 C 6 H 13 CH 2 C 6 H 13 Br B(H) 2 n n CH 2 C 4 H 9 12 CH 2 11 C 6 H 13 CH CH 2 Br C 6 H C 4 H 9 Br CH CH 2 CH 2 CH 2 n n n CH 2 CH 2 CH 2 C 4 H 9 Br CH Schema 1.3 Jegliche Versuche, aus dem AB-Typ-Monomer 12 in analoger Weise über die Precursorpolymere 13 und 14 den Polyelektrolyt 15 mit erhöhter Ladungsdichte zu synthetisieren, scheiterten. Das Fehlen von solubilisierenden Seitenketten im aktivierten Intermediat 14 führte zu dessen vollständiger Unlöslichkeit und verhinderte somit die Überführung in ein konstitutionell homogenes Produkt durch den abschließenden Reaktionsschritt Um die hier bewusst gewordenen Probleme zu lösen und somit wasserlösliche PPP- Polyelektrolyte zugänglich zu machen, wurde von Rau, Rehahn et al. 49,50 eine abgewandelte Precursorroute entwickelt (Schema 1.4).

16 1 Einleitung 11 (CH 2 ) 3 S 3 Na C Na (CH 2 ) 6 (CH 2 ) 6 n (CH 2 ) 6 (CH 2 ) 3 S 3 Na (CH 2 ) 6 n C Na I N I (CH 2 ) 6 Si(CH 3 ) 3 I (CH 2 ) 6 (CH 2 ) 6 (CH 2 ) 6 n (CH 2 ) 6 I n (CH 2 ) 6 N I n CH 3 I CH 3 I H 3 C N CH 2 CH 2 N CH 2 CH 3 NEt 3 I 20 (CH 2 ) 6 CH 3 (CH 2 ) 6 H 3 C n (CH 2 ) 6 N CH 2 CH 2 CH 3 I N CH 2 CH 3 (CH 2 ) 6 NEt 3 I n CH 3 I 22 CH 3 21 Schema 1.4 Ein zentrales Intermediat dieser verbesserten Syntheseroute stellt Precursor 16 dar, wobei die Phenoxyhexyl-Substituenten zwei Funktionen erfüllen: Zum einen wird durch die flexiblen Seitenketten die Löslichkeit aller PPP-Intermediate sichergestellt. Zum anderen ermöglicht eine Spaltung der Benzylether von 16 die Generierung des reaktiven Intermediats 17 und so letztlich die Einführung von Elektrolytfunktionalitäten. Die Synthese des zu 12 analogen Phenoxyhexyl-substituierten Bromboronsäuremonomers erwies sich zwar nicht als sehr schwierig, jedoch als sehr zeitintensiv. Die Etherspaltung mit Trimethyliodsilan in Tetrachlormethan gelang problemlos, wenn absolut wasserfreie Bedingungen sichergestellt wurden. So konnte die vollständige Umsetzung zum strukturell einheitlichen PPP-Derivat 17 nach einer

17 1 Einleitung 12 Reaktionszeit zwischen einer und drei Wochen nachgewiesen werden. Durch abschließende polymeranaloge Umsetzungen des reaktiven Iod-Intermediats 17 gelang es, die anionischen PPP-Polyelektrolyte 18 und 19 sowie die kationischen PPP- Polyelektrolyte darzustellen. Die anionischen Polyelektrolyte 18 und 19 erwiesen sich trotz einer gegenüber 11 verdoppelten Ladungsdichte weder in Wasser noch in wässrigen Basen als löslich; scheinbar kann der hydrophobe Charakter des PPP-Rückgrats nicht vollständig durch die anionischen Gruppen kompensiert werden. Die kationischen Polyelektrolyte hingegen erwiesen sich sowohl in polaren organischen Solventien als auch in Wasser als gut löslich 51,52. Damit hatte sich gezeigt, dass auf obigem Syntheseweg wasserlösliche, kationische Polyelektrolyte mit hoher Ladungsdichte sehr gut darstellbar sind. Diese konnten im Hinblick auf ihre Lösungseigenschaften intensiv mit den verschiedensten Methoden, wie z. B. der Viskosimetrie 53, der Membranosmometrie 54,55 und der Röntgenkleinwinkelstreuung 56, studiert werden. Aus Messungen der elektrischen Doppelbrechung durch Lachenmayer und ppermann 57 konnte sogar nachgewiesen werden, dass 21 in sehr verdünnten wässrigen Lösungen bei Konzentrationen von c < 0,35 g/l molekulardispers gelöst vorliegt und sich weder Assoziate noch Agglomerate bilden. Somit konnten sämtliche erhaltenen Messergebnisse eindeutig nur auf intermolekulare Coulomb-Wechselwirkungen zurückgeführt werden. Durch Ausdünnen der Precursor-Funktionalitäten gemäß Schema 1.5 wurde zusätzlich die Darstellung von wasserlöslichen Polyelektrolyten mit geringerer Ladungsdichte angestrebt 50,51. Hierzu wurde z. B. die Diboronsäure 23 mit dem Dibromid 24 im Sinne einer AA/BB-Polykondensation zum Precursorpolymer 25 umgesetzt. Daraus konnten analog zu Schema 1.4 die kationischen Polyelektrolyte synthetisiert werden.

18 1 Einleitung 13 (CH 2 ) 6 R R (CH 2 ) 6 Br Br + (H) 2 B B(H) 2 [Pd] (CH 2 ) 6 R m R m (CH 2 ) 6 n 23 R = C 6 H 13 m = 1, 2 R N I (CH 2 ) 6 R N Et 3 I (CH 2 ) 6 R H 3 C CH 3 I N CH 2 CH 2 (CH 2 ) 6 CH 3 I N CH 2 CH 3 CH 3 R m n m n m n (CH 2 ) 6 R (CH 2 ) 6 R (CH 2 ) 6 CH 3 I N N Et I 3 I H 3 C N CH 2 CH 2 N CH 2 CH 3 CH 3 I CH Schema 1.5 Sämtliche Polyelektrolyte 26-28, die Phenyleneinheiten ohne ionische Gruppen enthalten, erwiesen sich jedoch als unlöslich in Wasser. Vermutlich kompensieren die hydrophilen kationischen Ammoniumgruppen die hydrophoben Wechselwirkungen der zylinderförmigen, unpolaren PPP-Struktur nur dann effizient genug, wenn sie eine ausreichend dichte polare Zylinderhülle bilden, wie im Falle der Polyelektrolyte Diese polare Hülle scheint sowohl eine minimale Ladungsdichte als auch eine hinreichende Homogenität aufweisen zu müssen, um Wasserlöslichkeit zu erreichen: So kann bei Polyelektrolyt 28 die beobachtete Unlöslichkeit nur auf eine inhomogene Verteilung der Ladungen zurückgeführt werden, denn 28 weist die gleiche Netto-Ladungsdichte auf wie seine löslichen Analoga 20 und 21. Parallel zu den beschriebenen Arbeiten von Rehahn et al. wurden zahlreiche weitere kettensteife Polyelektrolyte synthetisiert 58, wobei jedoch die Untersuchung der Polyelektrolyteigenschaften molekulardisperser Lösungen nicht im Vordergrund stand. Die wichtigsten Beispiele sind in Abbildung 1.6 dargestellt.

19 1 Einleitung 14 S 3 Na (CH 2 ) 3 CH HC 29 n 30 y n NR 3 Cl NR 3 Br (CH 2 ) 3 S 3 Na y = 1, 2 (CH 2 ) 3 (CH 2 CH 2 ) 2 H (CH 2 ) 2 (CH 2 ) 3 NR 3 Cl n (CH 2 CH 2 ) 2 H 31 NR 3 Br (CH 2 ) 2 NR 3 Br 32 n (CH 2 ) 2 Me 3 N(CH 2 ) 6 I (CH 2 ) 6 NMe 3 I n n H 13 C 6 C 6 H (CH 2 ) 2 NR 3 Br 34 CH 3 S 3 Na CH 3 S 3 Na C 12 H n C 12 H S 3 Na n Abbildung 1.6: Weitere Beispiele kettensteifer Polyelektrolyte Die anionischen PPP-Polyelektrolyte 29 von Wallow und Novak 44 und 30 von Reynolds et al. 45 sowie der kationische Polyelektrolyt 31 von Swager et al. 59 wurden auf direktem Weg (Route A, Schema 1.2) erhalten. Das Poly(p-phenylen-ethynylen)-Derivat 31 wurde hierbei im Hinblick auf die Verwendung als Sensormaterial untersucht. Bei der Synthese der Polyelektrolyte wurde auf Precursorstrategien (Route B) zurückgegriffen. Das PPP-Derivat 32 von Reynolds et al. 60 sowie die Polyfluoren- Derivate 33 von Liu et al. 61 und 34 von Heeger et al. 62 weisen interessante elektrooptische Eigenschaften auf. Die sulfonierten PPP-Derivate 35 und 36 von

20 1 Einleitung 15 Wegner et al. 63 bilden in wässriger Lösung aufgrund der langen hydrophoben Dodecyl- Seitenketten wohldefinierte Zylindermizellen und können somit zum Verständnis des Assoziationsverhaltens von Polylelektrolyten beitragen. Aus den literaturbekannten Synthesestrategien kettensteifer Polyelektrolyte lassen sich die folgenden Schlüsse ziehen: Um molekulardisperse Wasserlöslichkeit zu erreichen, muss das hydrophobe, starre Polymerrückgrat von einer ausreichenden Anzahl flexibler Seitengruppen umgeben sein, die ihrerseits polare Gruppen enthalten müssen. Andernfalls werden wasserunlösliche Polymere erhalten, wie z. B. im Falle der Polymere 26 28, oder es kommt zur Bildung von Assoziaten, wie bei den Polymeren 35 und 36. Aus diesem Grund konnten die Eigenschaften molekulardispers gelöster PPP-Polyelektrolyte verringerter Ladungsdichte bislang nicht studiert werden. Die Arbeiten blieben vielmehr auf eine reine Konstitutionsanalyse in organischen Lösungsmitteln bzw. auf eine Untersuchung des komplexen Assoziationsverhaltens beschränkt.

21 2 Aufgabenstellung 16 2 Aufgabenstellung Ziel der vorliegenden Arbeit war die Synthese, die konstitutionelle Charakterisierung sowie die Untersuchung der Lösungseigenschaften von molekulardispers wasserlöslichen, stäbchenförmigen, kationischen Polyelektrolyten auf der Basis des Poly(pphenylen)s. Im Vordergrund stand hierbei das Bestreben, PPP-Derivate zugänglich zu machen, deren molekulare Parameter, wie beispielsweise Ladungsdichte oder Art der Gegenionen, in weiten Grenzen variierbar sind. Insbesondere die Verringerung der Ladungsdichte war in früheren Arbeiten nicht möglich, da literaturbekannte PPP- Derivate nur dann wasserlöslich waren, wenn sie eine sehr hohe Ladungsdichte aufwiesen. Aus diesem Grund bestand die primäre Aufgabe in der Synthese neuartiger PPP-Derivate, die bereits ohne ionische Gruppen molekulardispers wasserlöslich sind. Diese Polymere waren mit den Methoden der NMR-Spektroskopie, der MALDI-TF- Massenspektrometrie, der smometrie und der Gelpermeations-Chromatographie hinsichtlich ihrer Konstitution und ihres mittleren Polymerisationsgrads zu charakterisieren. Ausgehend von diesen ungeladenen Precursorpolymeren sollte durch polymeranaloge Reaktionen eine definierte Anzahl von Elektrolytfunktionalitäten eingebracht werden, um eine gezielte Einstellung der Ladungsdichte zu ermöglichen. Anschließend galt es, die Lösungseigenschaften der dargestellten PPP-Polyelektrolyte in Abhängigkeit ihrer molekularen Parameter zu studieren. Hierbei bestand die Aufgabe insbesondere darin, die Gegenionenkondensation zu untersuchen, wobei schwache und starke PPP-Polyelektrolyte miteinander verglichen werden sollten. Dazu war eine Messmethode zu entwickeln, die mit Hilfe einer ionenselektiven Elektrode die Aktivitätsbestimmung der Gegenionen als Funktion der Ladungsdichte des Polyelektrolyten erlaubt. Die erhaltenen Ergebnisse sollten theoretisch diskutiert und mit vorangegangenen osmometrischen Untersuchungen des hochgeladenen, kettensteifen PPP-Derivats 21 verglichen werden, um letztlich zu einem besseren Verständnis der Lösungseigenschaften von Polyelektrolyten beizutragen.

22 3 Synthese und Charakterisierung 17 3 Synthese und Charakterisierung 3.1 Synthesestrategie Zur Darstellung von kettensteifen Polyelektrolyten mit einer Ladungsdichte, die in weiten Bereichen variierbar ist, wurde auf die von Rehahn, Schlüter und Wegner 39,40,41 entwickelte Synthesestrategie von Poly(p-phenylen)-Derivaten mit flexiblen, löslichkeitsvermittelnden Seitenketten zurückgegriffen. Die Grundidee bei dem in dieser Arbeit umgesetzten Vorgehen bestand darin, ligoethylenoxid-substituenten als löslichkeitsvermittelnde Seitenketten zu verwenden. Mit einer ausreichenden Anzahl solch polarer Substituenten sollten PPP-Derivate unabhängig von ihrer Ladungsdichte Wasserlöslichkeit aufweisen. Ähnliche Konzepte wurden schon in anderen Fällen erfolgreich verfolgt, wie z. B. bei lumineszenten PPP- Polyelektrolyten zum Einsatz in Leuchtdioden 60, bei der Darstellung von thermosensitiven wasserlöslichen Polymethacrylaten durch anionische Polymerisation 64, im Bereich von ionenleitenden Materialien 65, 66, 67 sowie im Falle von halbleitenden Poly(p-phenylen-ethynylen)en als Sensoren 59,68. Wenn ligoethylenoxid-gruppen in PPP-Polyelektrolyte eingebaut werden sollen, kann die erfolgreiche Precursorroute aus Schema 1.4 jedoch nicht mehr eingeschlagen werden. Die hierbei entscheidende Stufe der Etherspaltung würde neben der gewünschten Spaltung der Phenoxyalkylgruppen zusätzlich eine Abspaltung der ligoethylenoxidgruppen bewirken. Aus diesem Grund galt es, die Precursorroute aus Schema 1.4 grundsätzlich zu modifizieren. In Schema 3.1 ist die in dieser Arbeit verfolgte neue Syntheseroute gezeigt.

23 3 Synthese und Charakterisierung 18 NR 2 NR 2 H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 Spacer H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 Spacer (H) 2 B B(H) 2 + Br Br [Pd] H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 Spacer H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 Spacer n NR 2 NR a, b, c 39 a, b, c R' X R X R N R' a: Spacer = -CH 2 - b: Spacer = -(CH 2 ) 6 - c: Spacer = -(CH 2 CH 2 ) 3 - a-c: R = -CH 2 CH 2 CH 3 H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 Spacer n H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 Spacer R N R' R X 40 a, b, c: R' = H, X = Cl 41 a, b, c: R' = H, X = Br 42 a, b, c: R' = CH 2 CH 2 CH 3, X = Br 43 a, b, c: R' = CH 2 CH 2 CH 3, X = I Schema 3.1 Die Precursorpolymere 39 a-c werden aus dem zweifach Triethylenoxid-substituierten Benzoldiboronsäure-Derivat 37 und den Dibrombenzol-Derivaten 38 a-c im Sinne einer Suzuki-AA/BB-Polykondensation synthetisiert. Anstelle der Phenoxyalkylgruppen im literaturbekannten PPP-Derivat 16 (Schema 1.4) fungieren hier tertiäre Aminogruppen als Precursorfunktionalitäten. Diese sind über verschieden lange und verschieden polare Spacer an die Polymere angebunden und zur Verbesserung der Löslichkeit zusätzlich mit Methoxyethyl-Gruppen (R) substituiert. Dass Amino-funktionalisierte Monomere in Suzuki-Polykondensationen eingesetzt werden können, wurde in der Vergangenheit durch Synthesen von kationischen PPP-Derivaten 60, Polyfluoren-Derivaten 61,62 und Poly(1,4-Phenylen-alt-2,5-Pyridin)-Derivaten 69 gezeigt. In einem abschließenden Reaktionsschritt können die Precursorfunktionalitäten sowohl mit den Brønsted-Säuren HCl oder HBr protoniert als auch mit Alkylhalogeniden alkyliert werden. Das ungeladene Precursorpolymer 39 c wird dabei z. B. in die

24 3 Synthese und Charakterisierung 19 schwachen Polyelektrolyte 40 c und 41 c bzw. in die starken Polyelektrolyte 42 c und 43 c überführt. Da der Umsatz dieser polymeranalogen Reaktionen durch die Reaktionszeit bzw. durch den ph-wert der Lösung kontrolliert werden kann, lässt sich die Ladungsdichte der Polyelektrolyte gezielt einstellen. Eine zum literaturbekannten PPP-Precursor 21 vergleichbare Dichte an Precursorfunktionalitäten kann mit Hilfe der Suzuki-Polykondensation auf zwei verschiedene Arten erreicht werden. Eine Möglichkeit besteht wiederum in der Durchführung einer AA/BB-Polykondensation gemäß Schema 3.2. Hierbei können Monomere mit unterschiedlichen oder gleichen Spacer-Gruppen verwendet werden, wie z. B. 44 a und 38 c bzw. 44 c und 38 c, die zu den Precursorpolymeren 45 ac bzw. 45 cc führen. NR 2 NR 2 NR 2 NR 2 Spacer Spacer Spacer Spacer (H) 2 B B(H) 2 + Br Br [Pd] Spacer Spacer Spacer Spacer n NR 2 NR 2 NR 2 NR 2 44 a 44 c 38 c 38 c 45 ac 45 cc Schema 3.2 Die zweite Möglichkeit ist in Schema 3.3 dargestellt. Sie besteht in der Umsetzung der p-brombenzolboronsäure-derivate 46 a, b, c im Sinne einer Suzuki-A/B-Polykondensation, welche zu den Homopolymere 47 a, b, c führt. NR 2 Spacer NR 2 Spacer [Pd] Br B(H) 2 Spacer Spacer n NR 2 NR 2 Schema a, b, c 47 a, b, c

25 3 Synthese und Charakterisierung 20 Ein wesentlicher Vorteil der hier vorgestellten Syntheserouten besteht in einer gegenüber der literaturbekannten Route aus Schema 1.4 deutlich verkürzten Reaktionssequenz. So kann beispielsweise auf die langwierige Etherspaltung komplett verzichtet werden. Zusätzlich ermöglicht der Einsatz verschiedener Halogenide R-X in der letzten Stufe die Variation der Gegenionen X - und ersetzt somit ein für die literaturbekannte Precursorroute entwickeltes, zeitintensives Serum-Replacement mittels Ultrafiltration 54, Monomersynthese Für die Synthese der aminofunktionalisierten Precursorpolymere 39 a, b, c gemäß Schema 3.1 auf dem Wege der Suzuki-Polykondensation werden auf der einen Seite 1,4-Dibrombenzol-Derivate 38 a, b, c mit lateralen Aminogruppen und auf der anderen Seite die ligoethylenoxid-substituierte Benzoldiboronsäure 37 benötigt. Die Darstellung von 38 a und 38 b erfolgte ausgehend von 1,4-Dibrom-2,5- bis(brommethyl)benzol (48 a) bzw. 1,4-Dibrom-2,5-bis(6-bromhexyl)benzol (48 b), welche nach literaturbekannten Vorschriften 46,49,70 synthetisiert werden können. Gemäß der in Vorarbeiten zusammen mit S. Traser 70,71 entwickelten Umsetzung wurden 48 a, b mit Bis(2-methoxyethyl)amin umgesetzt (Schema 3.4), wobei durch Verwendung eines großen Überschusses an sekundärem Amin und milde Reaktionsbedingungen eine Quaternisierung der Aminogruppen verhindert werden konnte. Die Monomere 38 a, b wurden nach säulenchromatographischer Reinigung nahezu quantitativ in hoher Reinheit (> 98 %, 1 H-NMR) erhalten. H 3 CCH 2 CH 2 Br (CH 2 )x H 3 CCH 2 CH 2 N (CH 2 )x HN(CH 2 CH 2 CH 3 ) 2 Br (CH 2 )x Br a: 98 % b: 81 % Br (CH 2 )x Br Br H 3 CCH 2 CH 2 N 48 a: x = 1 b: x = 6 H 3 CCH 2 CH 2 a: x = 1 38 b: x = 6 Schema 3.4

26 3 Synthese und Charakterisierung 21 Das für die Darstellung von 39 c (Schema 3.1) weiterhin benötigte neuartige Monomer 38 c wurde gemäß Schema 3.5 synthetisiert. Im ersten Schritt der Reaktionssequenz erfolgte die zweifache Bromierung des Hydrochinons (49) in 1,4-Position 72. Anschließend wurde 50 mit Kalium-tert-butanolat in tert-butanol mit käuflichem 2-(2-(2-Chlorethoxy)-ethoxy)-ethanol verethert 73. Danach wurden die Hydroxytermini von 51 vollständig tosyliert 74, um das reaktive Intermediat 52 zu erhalten. Dieses wurde abschließend mit einem großen Überschuss an Bis(2-methoxyethyl)amin in das Monomer 38 c überführt, welches nach säulenchromatographischer Reinigung in einer Ausbeute von 74 % in hoher Reinheit (> 98 %, 1 H-NMR:Abbildung 3.1) erhalten wurde. Eine Aufreinigung des Intermediats 52 erwies sich als nicht notwendig. H H H H(CH 2 CH 2 ) 3 Br 2 H(CH 2 CH 2 ) 3 Cl Br Br Br Br 66% 84 % H H(CH 2 CH 2 ) N CH 2 CH 2 CH 3 CH 2 CH 2 CH 3 TsCl 98 % (CH 2 CH 2 ) 3 Ts(CH 2 CH 2 ) 3 Br Br HN(CH 2 CH 2 CH 3 ) 2 74 % Br Br (CH 2 CH 2 ) 3 N CH 2 CH 2 CH 3 CH 2 CH 2 CH 3 38 c Ts(CH 2 CH 2 ) 3 52 Schema 3.5 Monomer 38 c zeichnet sich durch gute Wasserlöslichkeit sowohl im sauren als auch basischen Medium aus. Dies lässt schon auf der Monomerstufe vermuten, dass das Konzept des Einbaus polarer ligoethylenoxidsubstituenten zur Umhüllung des hydrophoben Rückgrats von Poly(p-phenylen)-Derivaten zum Erfolg führen kann. In Abbildung 3.1 ist das 1 H-NMR-Spektrum von 38 c sowie die zur Signalzuordnung gewählte Nummerierung der Wasserstoffatome dargestellt. Neben dem Lösungsmittelsignal (CDCl 3 ) treten die Absorptionen in den erwarteten

27 3 Synthese und Charakterisierung 22 Intensitätsverhältnissen und bei den erwarteten chemischen Verschiebungen auf und es können keine zusätzlichen Signale beobachtet werden. Dies belegt die hohe Reinheit von 38 c. Bei δ = 2,76 ppm und δ = 2,79 ppm erscheinen die Protonen H 9 bzw. H 10 der zur Aminogruppe α-ständigen Methylengruppen. Bei δ = 3,32 ppm kann die charakteristische Absorption der Methoxy-Protonen beobachtet werden. Die Signale der xy-methylen-protonen erscheinen im Bereich zwischen δ = 3,4 ppm und 4,2 ppm in Form von Tripletts. Das aromatische Proton H 3 absorbiert bei δ = 7,08 ppm. Das Inset in Abbildung 3.1 zeigt den Aromatenbereich des 13 C-NMR-Spektrums von 38 c. Hier können die drei erwarteten Absorptionen der aromatischen Kohlenstoffatome C 1 (δ = 111,42 ppm), C 3 (δ = 119,23 ppm) und C 2 (δ = 150,36 ppm) identifiziert werden CH 2 CH 2 CH 3 N Br 1 H 3 CCH 2 CH 2 N (CH2 CH 2 ) Br 3 CH 2 CH 2 CH 3 CH , 10 H 3 CCH 2 CH CDCl Chemical Shift (ppm) Chemical Shift (ppm) Abbildung 3.1: 1 H-NMR-Spektrum (Inset: Aromatenbereich des 13 C-NMR-Spektrums) von 38 c (CDCl 3, 25 C) Das in der AA/BB-Polykondensation (Schema 3.1) als weiteres Monomer benötigte ligoethylenoxid-substituierte Benzol-1,4-diboronsäure-Derivat 37 wurde ausgehend von 2,5-Dibromhydrochinon (50) dargestellt (Schema 3.6). In einem ersten Schritt wurde 50 mit dem zuvor tosylierten Triethylenglykolmonomethylether 53 umgesetzt 66. Nach Umkristallisation wurde reines 54 in 78 %iger Ausbeute erhalten.

28 3 Synthese und Charakterisierung 23 Br H H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 Ts Br 53 Br Br 78 % 1) BuLi 2) B(Me) 3 3) HCl 67 % H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 (H) 2 B B(H) 2 H H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 Schema Die Umwandlung von 54 in die Diboronsäure 37 erwies sich hingegen als schwieriger. In der Literatur wird die Reaktionsführung für die Synthese von alkyl- und alkoxysubstituierten Benzolboronsäuren folgendermaßen beschrieben 39,40,66,75 : Zuerst werden die in n-hexan oder Diethylether gelösten Brombenzolderivate je nach Edukt bei -78 C, -30 C, 0 C oder 25 C mit n-butyllithium versetzt. Anschließend wird die Temperatur der Reaktionsmischung auf 25 C bzw. auf 60 C erhöht und für mehrere Stunden gerührt. Nach Zugabe von Trimethylborat in der Kälte und erneutem Erwärmen werden nach abschließender Hydrolyse mit verdünnter Salzsäure die entsprechenden Boronsäurederivate erhalten. Nach einer auf diese Weise durchgeführten Reaktionssequenz konnte statt dem gewünschten Produkt 37 ausschließlich dehalogeniertes B (Schema 3.7) oder zusätzlich kleine Mengen an nahezu unverändertem Edukt 54 isoliert werden. Unverändertes 54 wurde hauptsächlich dann gefunden, wenn nur ein geringer Überschuss an n-butyllithium eingesetzt wurde. Dies kann eine Konsequenz davon sein, dass selbst nach Umkristallisation und sorgfältigem Trocknen von 54 noch Wasser in den äußerst polaren ligoethylenoxidseitenketten enthalten ist, was dazu führt, dass das hinzugefügte rganolithiumreagenz schon vor dem gewünschten Halogen-Metall-Austausch 54 A gemäß Schema 3.7 mit dem im Edukt enthaltenen Wasser abreagiert. Dieses Problem konnte durch einen größeren Überschuss an n-butyllithium gelöst werden. Dehalogeniertes B kann ausschließlich durch eine Folgereaktion des dilithiierten Intermediats A gebildet werden, z. B. durch schnelle Nebenreaktion eines sehr reaktiven Intermediats A noch vor der Zugabe des Trimethylborats. Alternativ ist ebenfalls eine zu geringe Reaktivität von A gegenüber Trimethylborat und somit die Bildung von B erst nach der abschließenden Hydrolyse mit verdünnter Salzsäure denkbar. Um zu klären, ob Lithiumintermediat A zum Zeitpunkt der Trimethylborat-Zugabe noch existiert, wurde der Halogen-Metall-Austauschprozess bei verschiedenen Temperaturen, in verschiedenen Lösungsmitteln und mit verschiedenen Reaktionszeiten durchgeführt.

29 3 Synthese und Charakterisierung 24 Anschließend wurde jeder Ansatz mit Deuteriumoxid anstelle von Trimethylborat versetzt und NMR-spektroskopisch untersucht, ob eine Umsetzung zum deuterierten Produkt C erfolgte (Schema 3.7). H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 H H H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 Br Br 2 eq n-buli H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 Li Li H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 H 2 0 B D 2 0 H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 54 A D D H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 C Schema 3.7 In der Versuchsreihe wurde festgestellt, dass unter Verwendung von Diethylether bei Temperaturen oberhalb -40 C bis -30 C der Halogen-Metall-Austausch einsetzt und nach Deuteriumoxidzugabe stets C isoliert werden konnte. Dies bedeutet gegenüber den literaturbekannten alkyl- und alkoxysubstituierten Benzolbromiden eine sehr viel höhere Reaktivität von 54. Das deuterierte Produkt C konnte auch dann isoliert werden, wenn die Reaktionslösung zwischen der n-butyllithium-zugabe und der Deuteriumoxid-Zugabe für mehrere Stunden bei Raumtemperatur gerührt wurde. Dies bedeutet, dass auch bei Durchführung der Reaktionssequenz aus Schema 3.6 unter Standardbedingungen Dilithiumbenzolderivat A während der Trimethylborat-Zugabe noch existiert und erst im abschließenden Schritt der Hydrolyse mit verdünnter Salzsäure zum dehalogenierten Derivat B abreagiert. Das Lithiumintermediat A ist unter diesen Bedingungen folglich gegenüber Trimethylborat nicht reaktiv genug. Die erhöhte Geschwindigkeit des Halogen-Metall-Austauschs sowie die außerordentliche Stabilität von A scheint von den ligothylenoxid-substituenten hervorgerufen zu werden. Dies kann durch die Möglichkeit einer effektiven intramolekularen Komplexierung der Lithium-Funktionalitäten von A erklärt werden, was schematisch in Abbildung 3.2 dargestellt ist. Analoge Strukturen werden in anderen Zusammenhängen ebenfalls postuliert, wie z. B. bei der anionischen Polymerisation von

30 3 Synthese und Charakterisierung 25 ligoethylenoxid-substituierten Methacrylaten 64. Sie stehen im Einklang mit neuen Untersuchungen über die noch immer nicht vollständig verstandenen Strukturbildungen von Aryllithiumverbindungen in Lösung insbesondere unter Berücksichtigung von Aggregation und Etherchelatisierung 76. Li Li A Abbildung 3.2: Schematische Darstellung der intramolekularen Komplexierung des Lithiumintermediats A durch die Triethylenoxid-Substituenten Die Effektivität der intramolekularen Komplexierung und damit die Reaktivität von A ist sowohl abhängig von der Temperatur als auch vom verwendeten Lösungsmittel. So steht ein komplexierendes Lösungsmittel wie Diethylether oder THF stets in Konkurrenz zu den chelatisierenden Triethylenoxid-Substituenten, wobei THF als stärkere Lewis-Base die Chelatkomplexe besser aufzubrechen vermag 77. Aus diesem Grund wurde für die Reaktionssequenz (Halogen-Metall-Austausch und anschließende Umsetzung von A mit Trimethylborat) von nun an THF statt Diethylether verwendet. Hierbei wurde festgestellt, dass A schon bei Temperaturen unter -10 C von entstandenem n-butylbromid alkyliert wird und zusätzlich bei zu langer Reaktionszeit aufgrund der erhöhten Reaktivität zu dehalogeniertem B abreagiert. Eine schnelle Durchführung der Reaktion bei noch tieferen Temperaturen zwischen -90 C und -70 C sowie die Verwendung des sterisch anspruchsvolleren s-butyllithium ermöglichte letztlich die Reaktion von A mit Trimethylborat. Das entstandene Benzol-1,4- bis(boronsäuredimethylester)-derivat wurde bei der anschließenden Hydrolyse mit wässriger Salzsäure in 37 überführt. Da sich die Abtrennung der hierbei aus dem überschüssigen Trimethylborat zusätzlich entstehenden Borsäure als sehr schwierig erwies, wurde im Gegensatz zu Literaturvorschriften das Trimethylborat noch vor der Hydrolyse im Vakuum entfernt. Auf diese Weise konnte 37 nach anschließender Extraktion der salzsauren wässrigen Phase mit Chloroform und Umkristallisation aus Toluol in hoher Reinheit (> 98 %, 1 H-NMR: Abbildung 3.3 (oben)) in einer sehr guten Ausbeute von 67 % erhalten werden.

31 3 Synthese und Charakterisierung 26 Um zusätzlich Poly(p-phenylen)-Derivate 45 ac, 45 cc oder 47 a-c gemäß Schema 3.2 oder Schema 3.3 zugänglich zu machen, werden aminofunktionalisierte Diboronsäurederivate 44 a-c oder Bromboronsäurederivate 46 a-c benötigt. b diese direkt aus ihren Bromanaloga 38 a-c gemäß der für die Darstellung von 37 entwickelten Reaktion synthetisiert werden können, sollte am Beispiel der Diboronsäure 44 a mit Aminofunktionen an einem Methylen-Spacer überprüft werden (Schema 3.8). H 3 CCH 2 CH 2 H 3 CCH 2 CH 2 H 3 CCH 2 CH 2 N 1) s-buli H 3 CCH 2 CH 2 2) B(Me) 3 3) HCl N Br Br 57% (H) 2 B B( H) 2 H 3 CCH 2 CH 2 N H 3 CCH 2 CH 2 N H 3 CCH 2 CH 2 38 a H 3 CCH 2 CH 2 44 a Schema 3.8 Tatsächlich gelang die Synthese von 44 a bei unveränderter Reaktionsführung in 57 %iger Ausbeute. Eine abschließende Neutralisation der nach der Hydrolyse sauren, klaren Reaktionslösung hatte direkt die Kristallisation von 44 a als Dihydrat in hoher Reinheit (> 97 %, 1 H-NMR: Abbildung 3.3 (unten)) zur Folge. Abbildung 3.3 zeigt die 1 H-NMR-Spektren und als Inset die Aromatenbereiche der 13 C- NMR-Spektren der Diboronsäuren 37 (oben) und 44 a (unten) sowie die zur Signalzuordnung gewählte Nummerierung der Wasserstoffatome. Das Auftreten sämtlicher Signale bei den erwarteten chemischen Verschiebungen δ und in den erwarteten Intensitäten beweist die gelungenen Synthesen von 37 und 44 a. Im aliphatischen Bereich der 1 H-NMR-Spektren können analog zu Monomer 38 c (Abbildung 3.1) zwischen δ = 2,5 ppm und δ = 4,0 ppm alle Signale den zur Aminogruppe α-ständigen Methylen-Protonen, den Methoxy-Protonen sowie den xy- Methylen-Protonen zugeordnet werden. Im Aromatenbereich erscheinen neben den Signalen der Protonen H 3 bei δ = 7,27 ppm (37) bzw. δ = 7,54 ppm (44 a) zusätzlich die Signale der Boronsäure-Protonen B(H) 2. Diese absorbieren im Falle des Monomers 37 bei δ = 7,83 ppm und im Falle des Monomers 44 a noch weiter tieffeldverschoben bei δ = 9,25 ppm. Im Aromatenbereich des 13 C-NMR-Spektrums von 37 (Inset Abbildung 3.1) sind gegenüber 38 c deutliche Unterschiede erkennbar. Aufgrund des Austauschs

32 3 Synthese und Charakterisierung 27 von Brom gegen den noch stärkeren Elektronenakzeptor Bor erfahren sämtliche Signale der aromatischen Kohlenstoffatome einen Tieffeldshift, insbesondere das des C 1 - Kohlenstoffatoms. Die Signale der Diboronsäure 37 sind demnach bei δ = 119,01 ppm (C 3 ), δ = 124,90 ppm (C 1 ) und δ = 157,15 ppm (C 2 ) zu beobachten. Die aromatischen C-Atome der Diboronsäure 44 a absorbieren bei δ = 137,06 ppm (C 1 ), δ = 137,66 ppm (C 3 ) und δ = 140,09 ppm (C 2 ) CH 3 B(H) 2 CH 3 (H) 2 B B(H) H 3 C(CH 2 CH 2 ) Chemical Shift (ppm) 5 6 CH 2 CH 2 CH 3 N CH 2 CH 2 CH 3 (H) 2 B B(H) 1 2 H 3 CCH 2 CH N H 3 CCH 2 CH 2 3 B(H) Chemical Shift (ppm) 4 6H2 CH Chemical Shift (ppm) Abbildung 3.3: 1 H-NMR-Spektren (Inset: Aromatenbereiche der 13 C-NMR-Spektren) von 37 (oben) und 44 a (unten) (d 6 -DMS, 25 C) Die Darstellung des Bromboronsäurederivats 46 c aus Schema 3.3 und des Diboronsäurederivats 44 c mit Triethylenoxid-Spacern zwischen Phenylenring und Aminofunktion aus Schema 3.2 gelang nicht in Analogie zu Schema 3.8. Zwar konnten die gewünschten Produkte 46 c und 44 c bei schon beschriebener Reaktionsführung NMR-spektroskopisch sogar als entstandene Hauptprodukte nachgewiesen werden,

33 3 Synthese und Charakterisierung 28 jedoch scheiterte eine Abtrennung der dehalogenierten Nebenprodukte. Dies ist jedoch eine der wichtigsten Voraussetzungen für das Erreichen hoher Molekulargewichte bei der angestrebten Suzuki-Polykondensation. Aufgrund der verzweigten, flexiblen Substituenten stellte sich zum einen eine Kristallisation als unmöglich heraus. Zum anderen scheiterten bisher zahlreiche Versuche säulenchromatographischer Reinigung an der sehr hohen Polarität der Produkte bei einem vermutlich zu geringen Polaritätsunterschied zwischen den Boronsäurederivaten 46 c, 44 c und ihren dehalogenierten Analoga. Wahrscheinlich werden die Boronsäurefunktionalitäten von den ligoethylenoxid-substituenten effektiv abgeschirmt wodurch Wechselwirkungen mit der stationären Phase stark verringert werden. Eine im Rahmen dieser Arbeit nicht mehr verfolgte Methode besteht möglicherweise in der Verwendung von basischen Ionenaustauschern, von denen bekannt ist, dass sie Arylboronsäuren in Hydroxyborate überführen und somit ionisch zu binden vermögen. In der Literatur 78 wird von einer derartigen Immobilisierung von Boronsäuren zum Zwecke einer Festphasen-Suzuki-Kupplung berichtet. Auf diesem Weg könnte in zukünftigen Experimenten eine Isolierung insbesondere der Bromboronsäure 46 c gelingen. Zusätzlich zu den Diboronsäuren 44 a und 37 wurde die Benzol-1,4-diboronsäure (56) und deren Dipropandiolester 57 synthetisiert. Dazu wurde gemäß Schema 3.9 1,4-Dibrombenzol (55) in die Di-Grignard-Verbindung überführt, mit Trimethylborat umgesetzt und anschließend mit verdünnter Schwefelsäure zu 56 hydrolysiert 71,79. Durch Umsetzen von 56 mit 1,3-Propandiol unter azeotroper Entfernung des Wassers wurde der Dipropandiolester 57 nach Umkristallisation in einer Gesamtausbeute von 53 % in hoher Reinheit (> 98 %, 1 H-NMR) erhalten. 1) Mg 2) B(Me) 3 H 3) H 2 S 4 H Br Br (H) 2 B B(H) 2 62 % 85 % B B Schema

34 3 Synthese und Charakterisierung Polymersynthese Suzuki-Polykondensation Die Palladium-katalysierte Aryl-Aryl-Kupplungsreaktion nach Suzuki 80, 81, 82 und Miller 83 spielt eine wichtige Rolle bei der Synthese von Naturstoffen, pharmazeutischen und agrochemischen Produkten, Spezialchemikalien sowie im Bereich der funktionalen Polymere 84. Hierbei handelt es sich um eine schonende und regiospezifische Verknüpfung zwischen Arylboronsäuren bzw. ihren zyklischen Estern und Arylhalogeniden. Als Katalysatoren werden oftmals Palladium(0)-Komplexe mit Triphenylphosphin-Liganden verwendet, die entweder direkt als Tetrakis-(triphenylphosphin)palladium (0) (Pd 0 (PPh 3 ) 4 ) eingesetzt werden oder in situ aus Bis- (dibenzylidenaceton)palladium (0) (Pd 0 (dba) 2 ) und Triphenylphosphin gebildet werden 85. Des Weiteren werden auch Pd II -Precursoren eingesetzt, wie z. B. Palladiumacetat (Pd II (Ac) 2 ), die mit Triphenylphosphin im Reaktionsgemisch zu den entsprechenden aktiven Pd 0 -Verbindungen reduziert werden. Hierbei wird kontrovers diskutiert, ob Triphenylphosphin 86 oder ein geringer Anteil des Boronsäure-Edukts 87 als Reduktionsmittel wirkt. Im zweiten Fall würden die stattfindenden oxidativen Boronsäurespaltungen als Nebenreaktionen den Umsatz der Suzuki-Kupplung beeinträchtigen. Dies hätte beim Aufbau von Polymeren die Generierung von Endgruppen bzw. die Abweichung vom idealen stöchiometrischen Verhältnis der Monomerfunktionalitäten zur Folge und würde entsprechend zu geringen Polymerisationsgraden führen. Um dieses Problem zu vermeiden, werden im Bereich der Polymerchemie fast ausschließlich Pd 0 -Katalysatoren verwendet. Die derzeitigen Forschungsschwerpunkte im Bereich der Suzuki-Reaktion liegen in der Synthese und Untersuchung von Katalysatorsystemen, die bereits bei milden Bedingungen möglichst sogar unreaktive Arylchloride in guten Ausbeuten zu kuppeln vermögen 88,89. Industriell interessant sind hierbei insbesondere Reaktionen, die ohne Verwendung eines organischen Lösungsmittels vollständig in Wasser ablaufen können 90, bei denen der kostspielige Katalysator an polymeren Trägern immobilisiert ist 91 oder durch einfache Phasenseparation 92 aus dem Reaktionssystem zurückgewonnen werden kann. Auf dem erstgenannten Weg konnten vor wenigen Jahren erste technische Anwendungen realisiert werden 93, wie z. B. zur kommerziellen Darstellung von 2- Cyano-4 -methylbiphenyl (100 t/a, Firma Hoechst, 2001), einer wichtigen Zwischen-

35 3 Synthese und Charakterisierung 30 stufe bei der Synthese von Medikamenten zur Behandlung von Bluthochdruck 88. Die neuesten Studien im Bereich der niedermolekularen Chemie ermöglichen eine beschleunigte Suzuki-Reaktion durch Erhitzen mittels Mikrowellenbestrahlung 94,95 sowie eine Reaktionsführung in phosphinligandenfreien 96, lösungsmittelfreien 97 oder sogar übergangsmetallfreien Systemen in Wasser 98. Auch auf dem Gebiet der Polymerchemie wurden kürzlich erste erfolgreiche Suzuki-Polykondensationen durch Erhitzen mittels Mikrowellenbestrahlung erzielt 99. In Schema 3.10 ist der Mechanismus der palladiumkatalysierten Kupplungsreaktion in Form eines Katalysezyklus dargestellt, wie er z. B. bei Verwendung des Katalysators Pd(PPh 3 ) 4 beschrieben wird 100,85. Schema 3.10 Der Katalysezyklus beginnt mit der Abspaltung von zwei Liganden (L) der stabilen Palladium(0)-Spezies PdL 4. Dabei bildet sich die konformativ ungesättigte und damit aktivierte Spezies PdL 2. An diese Spezies erfolgt eine oxidative Addition des Arylhalogenids im Sinne einer Insertionsreaktion, die durch elektronenreiche Liganden am Metall sowie elektronenarme Arylhalogenide begünstigt wird 85. In einem anschließenden Schritt erfolgt nach Aktivierung des Boronsäurederivats durch Anlagerung einer Base die Transmetallierung, bei der sich unter Abspaltung von

36 3 Synthese und Charakterisierung 31 Borsäure und Halogenid ein zweiter Aromat an das Palladium anlagert. Abschließend wird durch reduktive Eliminierung unter Rückbildung der aktiven PdL 2 -Spezies eine Aryl-Aryl-Bindung geknüpft, wobei raumerfüllende Liganden begünstigend wirken. In neueren Untersuchungen mit den sterisch anspruchsvolleren Phosphinliganden P(t-butyl) 2 (1-adamantyl) und P(t-butyl) 3 konnte gezeigt werden, dass Palladium- Intermediate mit nur einem Phosphinliganden eine gegenüber PdL 2 noch aktivere Spezies darstellen und nach oxidativer Addition entsprechend zu Palladium(II)- Komplexen führen, in denen das Metall dreifach koordiniert vorliegt 101. Als Nebenreaktionen der Suzuki-Kupplung werden die Reduktion der Halogentermini 39, die Protodeborierung der Boronsäuregruppe 98,102, die Eigenkupplung von zwei Arylboronsäuren 87 sowie die Insertion der aktiven PdL 2 -Spezies in die Phosphor- Kohlenstoff-Bindung des Phosphan-Liganden 103 beschrieben. Die zuletzt beschriebene Nebenreaktion, die bei der Synthese von Poly(p-phenylen)-Derivaten im Sinne einer Suzuki-Polykondensation neben dem Einbau von Kettenenden auch den Einbau von flexiblen phosphorhaltigen Einheiten und Verzweigungen zur Folge hat, kann durch Verwendung von Palladiumkatalysatoren mit Tri(o-tolyl)phosphinliganden 104 [Pd 0 (P(o-Tol) 3 ) 3 ] zurückgedrängt werden. In neueren Untersuchungen wird berichtet, dass Phosphor bei Verwendung geringer Katalysatorkonzentrationen (< 5 mol%) in 400 Wiederholungseinheiten nur durchschnittlich einmal eingebaut wird und dies deshalb vernachlässigt werden kann. Die höchsten Molekulargewichte wurden hier unter Verwendung von Palladium(0) mit para-substituierten Tri(p-tolyl)phosphinliganden [Pd 0 (P(p-Tol) 3 ) 3 ] erzielt 105, Modellpolymere 58 und 59 In Modellversuchen wurden die Polymere 58 und 59 gemäß Schema 3.11 aus den Monomeren 54 und 57 bzw. 37 dargestellt. Hierbei stand die Fragestellung im Vordergrund, ob die Vielzahl der ligoethylenoxid-seitengruppen insbesondere bei Verwendung des neuartigen Monomers 37 die Suzuki-Polykondensation stört und somit zu geringen Polymerisationsgraden führt. Als Grund hierfür wären koordinative Wechselwirkungen zwischen den ligoethylenoxid-substituenten und einer aktiven Palladium-Spezies denkbar.

37 3 Synthese und Charakterisierung 32 H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 + B B [Pd] 82 % n H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 (CH 2 CH 2 ) 3 CH 3 Br Br H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 Schema 3.11 H 3 C(CH 2 CH 2 ) (H) 2 B B(H) 2 H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 37 H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 [Pd] 74 % n H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 59 Dazu wurden die exakt äquimolar eingesetzten Monomere im heterogenen System THF / wässrige Natriumhydrogencarbonat-Lösung unter intensiver Phasendurchmischung in Gegenwart von 0,2 bis 1 mol% Palladium(0)-Katalysator für eine Woche unter Rückfluss erhitzt. Als Katalysatoren wurden Pd(PPh 3 ) 4 oder Pd(P(p-Tol) 3 ) 3 verwendet, die durch Umsetzung von Palladiumchlorid mit Triphenylphosphin 107 bzw. Tri-p-tolylphosphin 108 mit Hydrazin in DMS auf literaturbekannten Wegen synthetisiert wurden. Es erwies sich als günstig, im Verlauf der Polykondensation (am besten nach vier Tagen) 5 mol% der Diboronsäure 57 bzw. 37 und ca. 0,05 mol% Palladiumkatalysator nachzudosieren, um einen vermutlich durch Nebenreaktionen entstehenden Unterschuss an Diboronsäure zu kompensieren. Nach fünf Tagen begann aufgrund der geringeren Anzahl an ligoethylenoxidgruppen 58 gelartig aus der organischen Phase auszufallen, während in einem parallelen Versuch das hochsubstituierte Polymer 59 komplett löslich blieb. Nach dem Ausfällen aus n-hexan wurden die Modellpolymere 58 und 59 in Ausbeuten von 82 % bzw. 74 % erhalten. Die ausgefallenen flockigen Niederschläge und die erhaltenen guten Ausbeuten deuteten schon auf ein Gelingen der Suzuki-Polykondensation unter den beschriebenen Bedingungen hin, unabhängig davon, ob Pd(PPh 3 ) 4 oder Pd(P(p-Tol) 3 ) 3 verwendet wurde. Weiterhin konnte in zusätzlichen, hier nicht beschriebenen Versuchen kein Einfluss von der Art des eingesetzten Diboronsäurederivates (als freie Boronsäure oder als zyklischer Ester) beobachtet werden. Bei einer Umsetzung von 54 mit 57 im heterogenen System Toluol / Wasser unter sonst unveränderten Reaktionsbedingungen

38 3 Synthese und Charakterisierung 33 konnten hingegen nur ölige, nicht ausfällbare Produkte erhalten werden. NMRspektroskopische Untersuchungen ließen entsprechend auf einen erreichten Polymerisationsgrad von P n < 5 schließen. Eine Ursache für diese Beobachtung könnte darin liegen, dass Toluol für die vorliegenden polaren Monomere und für das entstehende polare Polymer ein zu schlechtes Lösungsmittel darstellt. Folglich wären die Monomere im heterogenen System Toluol / Wasser zu einem signifikanten Anteil in der wässrigen Phase gelöst, während der aktive Palladium-Katalysator in der organischen Phase gelöst ist. Dies hätte einen negativen Einfluss auf die Reaktionsgeschwindigkeit und würde somit zu vermehrten Nebenreaktionen und schließlich geringen Polymerisationsgraden führen. Um dieses Problem zu umgehen, wurden in den folgenden Polymerisationen statt Toluol und Wasser stets das polare organische Lösungsmittel THF und Wasser verwendet. Da die Modellpolymere 58 und 59 gut in Chloroform löslich sind, konnte deren einheitliche Konstitution mittels NMR-Spektroskopie belegt werden. In Abbildung 3.4 ist stellvertretend das 1 H-NMR- und 13 C-NMR-Spektrum von Polymer 59 inklusive der zur Signalzuordnung gewählten Nummerierung der Kohlenstoff- bzw. Wasserstoffatome dargestellt. Die charakteristischen Absorptionen im 1 H-NMR- Spektrum zeigen die für Polymere typische Verbreiterung, treten im erwarteten Intensitätsverhältnis auf und können eindeutig den Protonen der Wiederholungseinheiten zugeordnet werden. Bei δ = 3,34 ppm absorbieren die Methoxy-Protonen und zwischen δ = 3,4 ppm und δ = 4,2 ppm erscheinen die xymethylen-protonen der Triethylenoxidseitenketten. Im aromatischen Bereich beobachtet man ein Signal des aromatischen Protons H 3 bei δ = 7,06 ppm. Zusätzlich können neben dem Lösungsmittelsignal (CDCl 3 ) einige wenige Signale sehr geringer Intensität beobachtet werden, die brom- und wasserstofftragenden Endgruppen oder Katalysatorresten zugeordnet werden können (*). Da diese eine zu geringe Intensität für eine NMR-Endgruppenanalyse aufweisen, können mittlere Polymerisationsgrade zwischen P n = 10 und P n = 20 abgeschätzt werden. Darüber hinaus treten keine Signale auf, die auf ortho- oder meta-verknüpfte Phenyleneinheiten hindeuten. Auch das 13 C- NMR-Spektrum erlaubt mit Hilfe von DEPT-Experimenten eine eindeutige Zuordnung der Signale. Bei δ = 58,91 ppm tritt die charakteristische Absorption des C-Atoms der Methoxy-Gruppe auf. Zwischen δ = 69,03 ppm und δ = 71,84 ppm erscheinen die xymethylen-protonen. Die Signale der aromatischen Kohlenstoffatome treten bei δ = 117,15 (C 3 ) ppm, δ = 127,55 (C 1 ) ppm und δ = 150,13 (C 2 ) ppm auf.

39 3 Synthese und Charakterisierung CH 3 CDCl 3 CH 2 CH 3 1 H 3 C(CH 2 CH 2 ) n CH Chemical Shift (ppm) CDCl ** Chemical Shift (ppm) Abbildung 3.4: 1 H-NMR-Spektrum (unten) und 13 C-NMR-Spektrum (oben) von Modellpolymer 59 (CDCl 3, 25 C) Zur genaueren Untersuchung der Modellpolymere 58 und 59 im Hinblick auf die Art der Endgruppen sowie die erhaltenen Molmassen und Molmassenverteilungen wurden die Polymere mittels MALDI-TF-Massenspektrometrie, Gelpermeationschromatographie und Dampfdruckosmometrie untersucht. Für die MALDI-Massenspektrometrie wurde eine Lösung des Polymers 59 und der Matrix 1,8,9-Trihydroxyanthracen in Chloroform gelöst und auf einem Probenträger eingedampft. In Abbildung 3.5 ist ein repräsentatives Massenspektrum von Modellpolymer 59 dargestellt.

40 3 Synthese und Charakterisierung 35 1, H 2H 0,8 H+Br 2H H+Br 13 2H Intensität 0,6 0,4 0,2 0,0 4 2H H+Br 5 2H H+Br 2Br 6 2H H+Br 7 2H H+Br 2Br 8 2H H+Br 9 2H H+Br 2Br H+Br 2Br H+Br H H+Br 15 2H H+Br 16 2H H+Br H H+Br Masse / Ladung [g/mol] 2H H+Br 2H H+Br H H+Br 2H H+Br Abbildung 3.5: MALDI-TF-Massenspektrum des Modellpolymers 59 (aus CHCl 3, 1,8,9- Trihydroxyanthracen-Matrix, Polyethylenglykolkalibrierung) Es sind Signalgruppen erkennbar, die im Masse-Ladungs-Verhältnis einen Abstand von m/z = 400 g/mol voneinander aufweisen, was der Molmasse einer Wiederholungseinheit entspricht. Die Signale, deren Masse-Ladungs-Verhältnisse den Natriumaddukten der Molekülionen mit zwei Wasserstoffendgruppen (2H) zugeordnet werden können, sind in Abbildung 3.5 mit dem entsprechenden Polymerisationsgrad n beschriftet. Hierbei sind Peaks von Polymerisationsgraden zwischen n = 4 und n = 21 zu beobachten. Zusätzlich sind in jeder Signalgruppe Peaks meist mit etwas geringerer Intensität erkennbar, die von Molekülionen mit einer (H+Br) oder sogar zwei (2Br) Bromidendgruppen hervorgerufen werden. Boronsäureendgruppen konnten bei keiner der durchgeführten Synthesen von 58 und 59 nachgewiesen werden. Die Vielzahl der detektierten Bromidendgruppen und das Fehlen von Boronsäureendgruppen trotz eines während der Polykondensation erfolgten Nachdosierens der Diboronsäure 37 zeigt, dass die Protodeborierung die am häufigsten ablaufende Nebenreaktion ist. Aus sterischen und elektronischen Gründen kann erwartet werden, dass mit den vorliegenden Monomeren unter den beschriebenen Reaktionsbedingungen die oxidative Addition im Katalysezyklus geschwindigkeitsbestimmend ist. So ist bekannt, dass rtho-substituenten und insbesondere Elektronendonoren am

41 3 Synthese und Charakterisierung 36 Arylhalogenid die oxidative Addition erschweren. Der Schritt der reduktiven Eliminierung hingegen sollte aufgrund des hohen sterischen Anspruchs der Substituenten begünstigt ablaufen. Somit wäre eine Beschleunigung der Palladium- Insertion, z. B. durch Aktivierung des Arylhalogenids, der Schlüssel zu höheren Umsätzen und folglich noch höheren Polymerisationsgraden. Dies bestätigte sich bei Untersuchungen von Schlüter 106, der bei Suzuki-Polykondensationen unter Verwendung von aktiveren Iod-Aryl-Monomeren höhere Molekulargewichte erzielte als unter Verwendung von Brom-Arylverbindungen. Aus dem Massenspektrum allein lässt sich keine präzise Aussage bezüglich der Molekulargewichtsverteilung und des erhaltenen mittleren Polymerisationsgrads treffen. Es wurde zwar berichtet, dass mittels MALDI-TF-Massenspektrometrie prinzipiell eine quantitative Bestimmung der ligomerverteilung von PPP-Derivaten möglich ist. Allerdings können viele Fehlerquellen die Ergebnisse stark verfälschen. So weisen die ligomere auch im vorliegenden Fall nur maximale Molmassen von 4500 g/mol auf 109. Bei höheren Molmassen treten offenbar aufgrund einer schlechteren Desorption von hochmolekularen Polymeren in die Gasphase starke Abweichungen auf. Um genauere Aussagen zur mittleren Molmasse sowie zur Molekulargewichtsverteilung treffen zu können, wurden gelpermeationschromatographische Experimente mit THF als Elutionsmittel durchgeführt. In Abbildung 3.6 sind zwei GPC-Kurven (UV- Detektion) von Modellpolymer 59 dargestellt, wobei die aufgetragenen Molmassen durch Kalibration gegen Polystyrol bekannter Polymerisationsgrade ermittelt wurden. Bei der Suzuki-Polykondensation von 59 wurde einerseits ein Katalysator verwendet, der ein halbes Jahr unter Stickstoff bei -20 C gelagert wurde (schwarze Kurve) und andererseits wurde der Katalysator einen Tag vor der Polykondensation synthetisiert (rote Kurve). Analog zu Untersuchungen aus der Literatur 105 konnte auch hier beobachtet werden, dass sogar in der Kälte unter Schutzgas eine Alterung des Pd-Katalysators eintritt und dies in Suzuki-Polykondensationen zu geringeren Molmassen der Polymere führt (Abbildung 3.6). Ein signifikanter Unterschied zwischen den verschiedenen Katalysatoren Pd(PPh 3 ) 4 und Pd(P(p-Tol) 3 ) 3 wurde in zahlreichen, hier nicht beschriebenen Modellversuchen nicht beobachtet.

42 3 Synthese und Charakterisierung 37 1,0 0,8 Intensität 0,6 0,4 0,2 0, Molmasse (g/mol) Abbildung 3.6: Gelpermeationschromatogramme von Modellpolymer 59 aus zwei Ansätzen (UV-Detektion, Molmasse mit Polystyrol kalibriert, Temperatur: 30 C, Lösungsmittel: THF) In Tabelle 3.1 sind die aus der Gelpermeationschromatographie mittels Polystyrolkalibration erhaltenen gewichtsmittleren Molekulargewichte M w, zahlenmittleren Molekulargewichte M n, Polydispersitäten PD sowie die aus M n berechneten Polymerisationsgrade P n von 59 dargestellt. Hinzugefügt sind die Ergebnisse aus dampfdruckosmometrischen Messungen von 58 und 59 in Chloroform. GPC- Experimente von Modellpolymer 58 wurden aufgrund der Unlöslichkeit im Elutionsmittel THF nicht durchgeführt. Tabelle 3.1: Ergebnisse aus gelpermeationschromatographischen und dampfdruckosmometrischen Messungen der Modellpolymere 58 und 59 Polymer Katalysator Lagerzeit Gelpermeationschromatographie M w M n P [g/mol] [g/mol] n PD smometrie M n [g/mol] 58 6 Monate Monate , Tag , P n Für Modellpolymer 59 werden mittels GPC und Dampfdruckosmometrie zahlenmittlere Molekulargewichte M n zwischen 9000 g/mol und g/mol ermittelt, während das

43 3 Synthese und Charakterisierung 38 MALDI-TF-Massenspektrum (Abbildung 3.5) ein Maximum der Peakintensität bei 4500 g/mol aufweist und Moleküle über 8000 g/mol überhaupt nicht detektiert werden. Dies bestätigt die Vermutung, dass während des MALDI-Experiments aus der breiten Molekulargewichtsverteilung bevorzugt niedermolekulare Fraktionen in die Gasphase desorbieren und somit die Detektion von hochmolekularen Fraktionen verhindert wird, obwohl die Methode prinzipiell bis in Bereiche von g/mol eingesetzt werden kann 110. Sowohl aus der GPC als auch aus der smometrie ließ sich ein mittlerer Polymerisationsgrad des Polymers 59 zu P n = 22 bestimmen, wenn der verwendete Katalysator 6 Monate unter Schutzgas gelagert wurde. Wurde ein Katalysator verwendet, der einen Tag vor der Suzuki-Reaktion synthetisiert wurde, konnten höhere Molmassen erreicht werden. Hierbei führte die Methode der GPC mit P n = 33 im Vergleich zur smometrie mit P n = 29 zu einer 14 %igen Überschätzung des Polymerisationsgrads. Grund hierfür ist das größere hydrodynamische Volumen des in THF gelösten, kettensteifen Polymers 59 gegenüber dem zur Kalibration verwendeten, in Lösung knäuelförmig vorliegenden, flexiblen Polystyrol. Der daraus resultierende Fehler scheint sich jedoch erst bei Polymerisationsgraden über P n = 22 auszuwirken. Darunter können die GPC-Ergebnisse weiterhin als gute Abschätzung betrachtet werden. Dieser Befund steht im Einklang mit Untersuchungen von Wegner et al Hier wird beispielsweise bei einem tatsächlichen zahlenmittleren Molekulargewicht von M n = g/mol ein Fehler von 27 %, bei M n = g/mol ein Fehler von 44 % und bei M n = g/mol sogar ein Fehler von 100 % beobachtet. Da eine Wiederholungseinheit von Polymer 58 aus zwei Phenyleneinheiten besteht (vgl. Schema 3.11), ist ein mittlerer Polymerisationsgrad von P n = 15 gleichbedeutend mit der Verknüpfung von durchschnittlich 30 Phenyleneinheiten. Dies entspricht exakt dem in der Literatur beschriebenen Wert für identisch aufgebaute statistische Copolymere mit verschieden langen ligoethylenoxid-seitengruppen 66. Bei Polymer 59, dessen Wiederholungseinheit nur eine Phenylen-Gruppe enthält, wurde ein nahezu identisches Ergebnis erzielt: Es wurden durchschnittlich bis zu 29 Phenyleneinheiten verknüpft (P n = 29). Das bedeutet, dass der mittlere Polymerisationsgrad in der gleichen Größenordnung liegt, der auch bei der Synthese des Precursorpolymers 16 erzielt wurde. Hier wurde von mittleren Polymerisationsgraden unfraktionierter Proben zwischen P n = 32 (Blaul 56 ) und P n = 40 (Brodowski 50 ) berichtet. Durch fraktionierende

44 3 Synthese und Charakterisierung 39 Fällung konnte sogar ein mittlerer Polymerisationsgrad von P n = 48 (Wittemann 54 ) erreicht werden. Die Molmassenverteilung ist gemäß einer Polykondensationsreaktionen sehr breit. Es wurden entsprechend hohe Polydispersitäten von PD = 1,8 und PD = 2,2 ermittelt. Dies liegt im Bereich von literaturbekannten PPP-Systemen, bei denen von Polydispersitäten zwischen PD = 1,6 (Brodowski 50 ) für ausgefällte Polymere und PD = 3,3 106 für nicht ausgefällte Produkte berichtet wird. Zusammenfassend lassen sich die durchgeführten Suzuki-Polykondensationen als sehr erfolgreich bewerten. Unter Verwendung der für einfache Polykondensationen geltenden Carothers-Gleichung (P n = (1-p) -1 ) ergibt sich rechnerisch ein Umsatz p (0 p 1) der Suzuki-Reaktion von p = 0,97, wenn ein Polymerisationsgrad von P n = 29 erreicht wird. Vermutlich limitieren zwar die als Elektrondendonoren wirkenden Alkoxysubstituenten am Arylhalogenid den Polymerisationsgrad, jedoch kann der hohen Dichte der ligoethylenoxidseitenketten von 59 kein negativer Einfluss zugeschrieben werden Precursorpolymere 39 a-c Auf Grundlage der erfolgreich durchgeführten Suzuki-Polykondensationen von 58 und 59 galt es zu überprüfen, ob die Synthese der Modellpolymere auf die der Precursorpolymere übertragbar ist und welchen Einfluss die Amino-Substituenten an den Monomeren auf die Suzuki-Polykondensation haben. Die Precursorpolymere 39 a-c, die sich lediglich in Art und Länge der Spacer-Gruppen voneinander unterscheiden, sollten gemäß Schema 3.12 aus der Diboronsäure 37 und den Dibromiden 38 a-c dargestellt werden. Hierbei wurde auf die für Modellpolymer 59 optimierten Reaktionsbedingungen zurückgegriffen.

45 3 Synthese und Charakterisierung 40 H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 R 2 N n H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 NR 2 H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 (H) 2 B B(H) 2 + H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 37 [Pd] 39 a NR 2 R 2 N Spacer H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 (CH 2 ) 6 [Pd] Br Br n Spacer H 3 C(CH 2 CH 2 ) (CH 2 ) 6 3 NR 2 NR 2 [Pd] 39 b 38 a, b, c R 2 N H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 (CH 2 CH 2 ) 3 a: Spacer = -CH 2 - b: Spacer = -(CH 2 ) 6 - c: Spacer = -(CH 2 CH 2 ) 3 - a-c: R = -CH 2 CH 2 CH 3 H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 n (CH 2 CH 2 ) 3 R 2 N 39 c Schema 3.12 Dazu wurde die Diboronsäure 37 mit dem Dibrombenzol-Derivat 38 a, 38 b oder 38 c im heterogenen System THF / Wasser mit NaHC 3 und dem Katalysator Pd(PPh 3 ) 4 oder Pd(P(p-Tol) 3 ) 3 umgesetzt. Bei der Verwendung des Monomers 38 a und dem Katalysator Pd(PPh 3 ) 4, der für mehrere Monate gelagert wurde, zeigte sich allerdings, dass kein Precursorpolymer 39 a erhalten wurde. Aus der organischen Phase der Reaktionsmischung nach dem Abdampfen des Lösungsmittels wurde stattdessen ein Gemisch aus protodeboriertem B und unveränderter Dibromverbindung 38 a isoliert (Schema 3.13).

46 3 Synthese und Charakterisierung 41 H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 R 2 N a [Pd] + Br Br H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 NR 2 Schema 3.13 B 38 a In Abbildung 3.7 ist ein für das erhaltene Produktgemisch repräsentatives 1 H-NMR- Spektrum inklusive Aromatenbereich des 13 C-NMR-Spektrums sowie die zur Signalzuordnung gewählte Nummerierung der Atome dargestellt. Analog zu den schon diskutierten Monomer-NMR-Spektren aus Abbildung 3.1 und Abbildung 3.3 wurden alle Signale den Protonen bzw. den Kohlenstoffatomen von B und 38 a zugeordnet. 9' - 4' H 3 C(CH 2 CH 2 ) (H 3 CCH 2 CH 2 ) 2 N 4 CH 3 1' 2' Br Br 1' H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 1' NR 2 3 2' CDCl Chemical Shift (ppm) 4' 5' 6'-9' Chemical Shift (ppm) Abbildung 3.7: 1 H-NMR-Spektrum (Inset: Aromatenbereich des 13 C-NMR-Spektrums) des erhaltenen Produktgemischs aus B und 38 a (CDCl 3, 25 C) Bei Verwendung eines direkt vor der Suzuki-Reaktion synthetisierten Palladium- Katalysators konnten NMR-spektroskopisch zusätzlich zu 38 a und B geringe Anteile von ligomeren nachgewiesen werden. Polymere konnten hingegen in keinem Fall isoliert werden.

47 3 Synthese und Charakterisierung 42 Das Fehlschlagen der Suzuki-Polykondensation deckt sich mit Ergebnissen aus früheren Modelluntersuchungen 70. Hierbei wurden die Polymere 60 a und 60 b unter den oben beschriebenen Bedingungen der Suzuki-Polykondensation aus Benzol-1,4-diboronsäure (56) und 38 a bzw. 38 b dargestellt. R 2 N R 2 N (CH 2 ) 6 n NR 2 60 a Abbildung 3.8: Strukturformeln der Polymere 60 a und 60 b 60 b (CH 2 ) 6 NR 2 n Auch hierbei zeigte sich, dass bei der Synthese von 60 a stets geringere Polymerisationsgrade erzielt wurden als bei der Synthese von 60 b. Scheinbar stören Aminofunktionen dann den Katalysezyklus sehr effizient, wenn sie in α-position der 1,4-Dibrombenzolderivate angeordnet sind. In allen anderen Fällen wird kein Einfluss auf die Polykondensation detektiert: entsprechend können als aminofunktionalisierte Monomere neben 38 b sowohl 1,4-Dibrombenzolderivate mit Aminofunktionen in δ-position der Seitenkette 60,61 als auch 2,5-Dibrompyridin 69 in Suzuki- Polykondensationen problemlos eingesetzt werden. Als Grund hierfür können koordinative Wechselwirkungen der Aminofunktionen mit der katalytisch aktiven Palladiumspezies vermutet werden, die nur eintreten, wenn die Aminofunktionen einen bestimmten Abstand zum Reaktionszentrum aufweisen. Die Synthese der Precursorpolymere 39 b und 39 c, deren Aminogruppen an Hexylbzw. Triethylenoxid-Spacern angeordnet sind, gelang problemlos unter den in Kapitel beschriebenen Standardbedingungen. 39 b wurde nach Abdampfen des Lösungsmittels aus der organischen Phase und anschließender Gefriertrocknung aus Dioxan als filmbildendes, elastomeres Material erhalten. 39 c konnte durch Eintropfen der organischen Phase in n-hexan ausgefällt werden, wobei leicht gelbliches, pulverförmiges Polymer anfiel. Beide Polymere sind in polaren organischen Solventien, wie z. B. THF, Dichlormethan und Chloroform, Precursor 39 c darüber hinaus sogar in Wasser, gut löslich. Aus diesem Grund konnte die Struktur von 39 b und 39 c mittels NMR-Spektroskopie (Abbildung 3.9, Abbildung 3.10) verifiziert werden.

48 3 Synthese und Charakterisierung 43 9' - 4' H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 H 3 CCH 2 CH 2 N CH 2 CH 2 CH CH 3 1' 1 H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 2' 3' 2 3 n (CH 2 ) 6 N CH 2 CH 2 CH 3 CDCl 3 H 3 CCH 2 CH 2 11, 5'-9' 3 3' * * 4' Chemical Shift (ppm) 10 4, 9 CDCl 3 11, CH 3 4'-9' 9, 10 2' 1 2 1' 3 3' Chemical Shift (ppm) Abbildung 3.9: 1 H-NMR-Spektrum (oben) und Precursorpolymer 39 b (CDCl 3, 25 C) 13 C-NMR-Spektrum (unten) von Im 1 H-NMR-Spektrum von 39 b sind die Signale der Alkyl-Spacer-Protonen als drei verbreiterte Peaks bei δ = 1,24 ppm und δ = 1,47 ppm (H 5-8 ) sowie bei δ = 2,55 ppm (H 4, H 9 ) zu beobachten. Die in α-position zur Aminogruppe angeordneten Protonen H 10 absorbieren bei δ = 2,76 ppm. Die charakteristischen Signale der Methoxy-Protonen erscheinen bei δ = 3,33 ppm während die Signale der xy-methylen-protonen zwischen δ = 3,40 ppm und δ = 4,15 ppm auftreten. Im Aromatenbereich können die beiden Absorptionen bei δ = 6,88 ppm und δ = 7,15 ppm eindeutig den Protonen H 3 bzw. H 3 zugeordnet werden. Das 13 C-NMR-Spektrum zeigt die Signale der Alkyl-Kohlenstoffatome und die Signale der NCH 2 -Gruppen zwischen δ = 26,75 ppm und δ = 55,45 ppm.

49 3 Synthese und Charakterisierung 44 Die Signale der Methoxy-Kohlenstoffatome können in Form zweier kaum unterscheidbarer Peaks bei δ = 58,79 ppm und δ = 58,97 ppm beobachtet werden. Die CH 2 -Kohlenstoffatome absorbieren zwischen δ = 69,17 ppm und δ = 71,86 ppm. Die aromatischen Kohlenstoffatome erscheinen bei δ = 116,76 ppm (C 3 ); 130,27 ppm (C 3 ); 131,15 ppm (C 1 ); 137,02 ppm und 137,95 ppm (C 1, C 2 ) sowie 150,03 ppm (C 2 ). Die Signalzuordnung in den NMR-Spektren von 39 c (Abbildung 3.10) wurde wie bei 39 b durchgeführt. Aufgrund der Substitution der Alkyl-Spacer durch Triethoxygruppen werden unter δ = 2,5 ppm ( 1 H-NMR) bzw. δ = 50 ppm ( 13 C-NMR) keine Signale beobachtet. 9' - 4' 4-9 H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 (CH 2 CH 2 ) CH 2 CH 2 CH 3 N CH 2 CH 2 CH 3 CH 3 1' H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 2' CDCl 3 3, 3' 3' n (CH 2 CH 2 ) 3 CH 2 CH 2 CH 3 N CH 2 CH 2 CH 3 4, 4' 6-8, 11 6' - 9' 5, 5' 9, 10 ** Chemical Shift (ppm) CDCl 3 9, , 11 4' - 9' CH 3 2, 2' 1, 1' 3, 3' Chemical Shift (ppm) Abbildung 3.10: 1 H-NMR-Spektrum (oben) und Precursorpolymer 39 c (CDCl 3, 25 C) 13 C-NMR-Spektrum (unten) von Im 1 H-NMR-Spektrum erscheinen die erwarteten Absorptionen der NCH 2 -Protonen (δ = 2,75 ppm), der Methoxy-Protonen (δ = 3,32 ppm), der xy-methylenprotonen

50 3 Synthese und Charakterisierung 45 (3,40 ppm < δ < 4,15 ppm) sowie der aromatischen Protonen H 3 und H 3 (δ = 7,06 ppm). Die 13 C-NMR-Signale im Aliphatenbereich treten bei δ = 54,32 ppm und δ = 54,46 ppm (NCH 2 ), bei δ = 58,79 ppm und δ = 58,95 ppm (CH 3 ) und zwischen δ = 68,87 ppm und δ = 71,86 ppm (CH 2 ) auf. Im Aromatenbereich weisen die Kohlenstoffatome C 3 und C 3 mit δ = 117,15 ppm, C 1 und C 1 mit δ = 127,53 ppm sowie C 2 und C 2 mit δ = 150,13 ppm jeweils die gleichen chemischen Verschiebungen auf. Die in Abbildung 3.9 bzw. Abbildung 3.10 dargestellten 1 H- und 13 C-NMR-Spektren belegen die entstandenen wohldefinierten PPP-Strukturen von 39 b und 39 c. Da die Endgruppenabsorptionen (*) in den 1 H-NMR-Spektren von 39 b und 39 c ebenso geringe Intensitäten aufweisen wie bei dem Modellpolymer 59 (Abbildung 3.4), kann auch hier auf erreichte Polymerisationsgrade zwischen P n = 10 und P n = 20 geschlossen werden. Die erfolgreiche Synthese von 39 b und 39 c konnte auch in Untersuchungen mittels MALDI-TF-Massenspektrometrie belegt werden. In Abbildung 3.11 ist das Massenspektrum des Precursors 39 c dargestellt, welches aus THF mit 1,8,9-Trihydroxyanthracen als Matrix erhalten wurde. Um zu überprüfen, welchen Einfluss das Nachdosieren der Diboronsäure 37 im Verlauf der Suzuki-Reaktion hat, wurde im Folgenden ein Polymer untersucht, bei dessen Synthese auf das Nachdosieren verzichtet wurde. Es sind Signalgruppen von n = 1 bis n = 6 zu beobachten, die alternierend aus jeweils zwei, ein und drei einzelnen Peaks bestehen. Die Signalgruppen mit zwei Peaks (m/z 1000 g/mol; 2000 g/mol; 3000 g/mol; 4000 g/mol; 5000 g/mol) können den Protonenaddukten der Moleküle n = 1 bis n = 6 zugeordnet werden, in denen die Monomere 37 und 38 c jeweils in der gleichen Anzahl eingebaut sind. Hierbei können entweder zwei Wasserstoffendgruppen (2H) oder eine Bromid- und eine Wasserstoffendgruppe (H+Br) beobachtet werden. Die einzeln auftretenden Peaks (m/z 1400 g/mol; 2400 g/mol; 3400 g/mol; 4400 g/mol) werden von Protonenaddukten der Moleküle hervorgerufen, in denen der Monomerbaustein 37 die beiden Endgruppen stellt. Die Boronsäuregruppen wurden scheinbar vollständig durch Wasserstoff (2H) substituiert. Die Signalgruppen mit drei Peaks (m/z 1700 g/mol; 2700 g/mol; 3700 g/mol; 4700 g/mol; 5700 g/mol) resultieren aus Molekülen, in denen der Monomerbaustein 38 c die beiden Endgruppen stellt. Hier werden entsprechend zwei Wasserstoffendgruppen (2H), eine Bromid- und eine Wasserstoffendgruppe (H+Br) sowie zwei Bromidendgruppen (2Br) beobachtet.

51 3 Synthese und Charakterisierung 46 1,0 2Br H+Br 2 Intensität 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 H+Br 1 H+Br H+Br 2H 2H H+Br 2Br H+Br 2H 2H 2H 2H 2H 2H 2H H+Br 2Br 2H H+Br 3 2H 2H 2Br H+Br Masse / Ladung [g/mol] 4 2H H+Br 2H H+Br 2Br H+Br Abbildung 3.11: MALDI-TF-Massenspektrum des Precursorpolymers 39 c (aus THF, 1,8,9- Trihydroxyanthracen-Matrix, Polyethylenglykolkalibrierung) Die Signalgruppen mit drei Peaks und hierin insbesondere das Signal der Polymermoleküle mit ein und zwei Bromidendgruppen weisen die höchsten Intensitäten auf. Dies stellt einen Unterschied zum Massenspektrum des Modellpolymers 59 (Abbildung 3.5) dar, aus dem auf einen großen Anteil von Wasserstoffendgruppen in 59 geschlossen werden konnte. Die Vielzahl der in 39 c beobachteten Bromidendgruppen kann als direkte Konsequenz der schon diskutierten Nebenreaktionen verstanden werden. Aufgrund dieser ergibt sich im Verlaufe der Suzuki-Reaktion ein Unterschuss an Diboronsäure und Bromid-Endgruppen verbleiben im Polymer. Nur durch ein Nachdosieren der Diboronsäure, wie im Falle des Modellpolymers 59, können die verbliebenen Bromidendgruppen abreagieren. Es wurde festgestellt, dass schon durch Anwesenheit geringster Mengen an Säure die enthaltenen Aminofunktionen der Precursorpolymere 39 b und 39 c zumindest teilweise protoniert werden. Vereinzelt reichten dafür schon Spuren an HCl in Chloroform oder der Trockenvorgang der Polymere über Phosphorpentoxid aus. Eine stattgefundene Protonierung kann im 1 H-NMR-Spektrum auf einfache Weise nachgewiesen werden (vgl. Kapitel 6.1) und durch Zugabe von Natriumcarbonat zu einer Polymerlösung in Chloroform gelingt die Deprotonierung zu 39 b bzw. 39 c problemlos.

52 3 Synthese und Charakterisierung 47 Nach dem Lagern von 39 b und 39 c als Feststoffe für einige Tage an Luft konnten die Polymere nicht mehr vollständig aufgelöst werden. Um dieses Phänomen näher zu untersuchen, wurden Lösungsversuche mit 39 c unter Verwendung von Lösungsmitteln durchgeführt, die sich unmittelbar nach der Synthese noch als geeignet erwiesen haben, wie z. B. THF, Dichlormethan, Chloroform, DMF, DMS, Triethylenglykol und Wasser. In diesen Versuchen konnte Polymer 39 c selbst durch starkes Erhitzen und heftiges Rühren nicht mehr vollständig in Lösung gebracht werden. Der unlösliche Anteil wurde durch Filtration abgetrennt; er betrug nach acht Wochen Lagerzeit des Precursors 39 c an Luft ca. 7 % seiner Gesamtmasse. Ein anschließendes Lagern von löslichem 39 c als Feststoff hatte eine erneute Bildung von unlöslichem Material zur Folge. Beim Lagern von Lösungen des Precursors 39 c konnte dieses Phänomen hingegen nicht beobachtet werden. Die Lösungen verblieben unabhängig vom Lösungsmittel stets klar, es bildete sich weder eine Trübung noch ein Niederschlag. Für die Bildung des unlöslichen Materials aus 39 c gibt es zwei mögliche Ursachen: Entweder neigt das PPP-Derivat 39 c zur Agglomeration bzw. sogar zur Kristallisation oder 39 c wird z. B. durch den Einfluss von Luftsauerstoff chemisch vernetzt. Eine Agglomeration kann vermutlich nicht als alleinige Ursache für die beobachtete Unlöslichkeit in den verschiedensten Lösungsmitteln auch bei Temperaturen von 150 C angenommen werden. Ferner konnte die Kristallisation von 39 c durch Untersuchungen des unlöslichen Materials mittels Röntgenweitwinkelstreuung ausgeschlossen werden. Da zusätzlich bei keinem der Modellpolymere 58 und 59 dieses Phänomen beobachtet werden konnte, liegt die Ursache vermutlich in den in 39 c enthaltenen Aminofunktionen. In Abbildung 3.12 sind die IR-Spektren des löslichen sowie unlöslichen Anteils von 39 c dargestellt. Die Bandenzuordnung erfolgte mit Hilfe gängiger Tabellenwerke 167.

53 3 Synthese und Charakterisierung Transmission [%] Wellenzahl [cm -1 ] Abbildung 3.12: FTIR-Spektrum des löslichen (schwarz) und unlöslichen (rot) Anteils von 39 c Die IR-Spektren des unlöslichen und löslichen Anteils von 39 c weisen eine sehr ähnliche Lage der Absorptionsbanden auf. Das sehr breite Signal bei ~ ν = 2871 cm -1 kann den (C-H)-Valenzschwingungen und die beiden Banden bei ~ ν = 1486 cm -1 und 1452 cm -1 können den (C-H)-Deformationsschwingungen der Methylen- sowie Methylgruppen zugeordnet werden. Die Absorption bei ~ ν = 1344 cm -1 könnte durch die (-H)-Deformationsschwingung des im Polymer enthaltenen Wassers hervorgerufen werden. Bei ~ ν = 1212 cm -1 und ~ ν = 1065 cm -1 erscheinen die Signale der (C-)- Valenzschwingung der Arylalkylether, während die Signale der Dialkylether bei ~ ν = 1103 cm -1 beobachtet werden können. Im IR-Spektrum weisen fast alle Absorptionen des löslichen Anteils von 39 c eine höhere Intensität auf als die des unlöslichen Anteils. Die einzigen Ausnahmen treten bei ~ ν = 1720 cm -1, 1669 cm -1, 1259 cm -1 und 798 cm -1 auf. Diese Schwingungsbanden sind ein Hinweis auf zusätzliche funktionelle Gruppen im unlöslichen Anteil. Hierbei wären unter anderem N-xide denkbar, die sich durch xidationsprozesse der tertiären Amine gebildet haben könnten. Die (N-)-Valenzschwingung wird in früheren Untersuchungen je nach vorliegendem Bindungscharakter bei sehr unterschiedlichen Wellenzahlen im Bereich von 1250 cm -1 > ~ ν > 950 cm -1 beobachtet. So kann beispielsweise in Pyridin-N-xid das Signal der (N-)-Valenzschwingung bei einer

54 3 Synthese und Charakterisierung 49 Wellenzahl von ~ ν = 1250 cm -1 detektiert werden, während in tertiären N-xiden Wellenzahlen von 970 cm -1 > ~ ν > 950 cm -1 beobachtet werden 112. Die Ursache hierfür liegt in der unterschiedlichen Stärke der N--Bindung: In Pyridin-N-xid weist die N- -Bindung einen partiellen Doppelbindungscharakter auf, in tertiären N-xiden hingegen nicht. Die im unlöslichen Anteil von 39 c beobachteten Signale bei ~ ν = 1720 cm -1 und 1669 cm -1 liegen allerdings bei deutlich höheren Wellenzahlen, die nur im Falle von vorliegenden N=-Doppelbindungen von Nitrit- (--N=)- oder Nitrosogruppen (-C-N=)- erklärbar wären. So wurden ähnlich hohe Frequenzen beispielsweise bei 2,2,2-Trifluorethylnitrit (ν ~ = 1736 cm -1 und 1695 cm -1 ) und Nitrosylbromid (ν ~ = 1800 cm -1 ) detektiert. Bei Alkylnitriten wurde zusätzlich zur (--N=)-Valenzschwingungsbande stets eine Absorption bei ~ ν = 814 cm cm -1 beobachtet, die als Valenzschwingung der (N-)-Einfachbindung interpretiert wurde 112. Im IR-Spektrum von 39 c kann dieser Peak bei ~ ν = 798 cm -1 ebenfalls beobachtet werden. Zusammenfassend lassen sich sind die IR-spektroskopischen Ergebnisse als deutlicher Hinweis darauf interpretieren, dass xidationsprozesse des Stickstoffs zu einer chemischen Vernetzung des Precursorpolymers 39 c und somit zur Entstehung von unlöslichen Verbindungen führen. Genauere Aussagen zur Struktur dieser Verbindungen sind zur Zeit noch nicht möglich. Fraktionierung des Precursorpolymers 39 c Um kettensteife Polyelektrolyte zugänglich zu machen, die sich lediglich in ihren Polymerisationsgraden unterscheiden und enge Molekulargewichtsverteilungen aufweisen, wurde Precursorpolymer 39 c mit Hilfe der GPC fraktioniert. Hierzu wurden zunächst Vorversuche mit einer analytischen GPC-Säule (8 x 300 mm) durchgeführt, deren Füllmaterial aus Polystyrol bestand, welches mit Divinylbenzol vernetzt war. Bei diesen Versuchen erwies es sich als erforderlich, dem verwendeten Elutionsmittel (THF) 0,5 Vol.% Triethylamin hinzuzufügen, um die Aminofunktionen des Precursors 39 c vollständig zu deprotonieren und adsorptive Wechselwirkungen des Polymers mit der stationären Phase zu verhindern. Mit einem angelegten Lösungsmittelfluss von 1 ml/min gelang es, 100 µl einer Lösung von 39 c der Konzentration c = 2 mg/ml innerhalb einer halben Stunde aufzutrennen. Hierbei konnte das zahlenmittlere Molekulargewicht von 39 c zu M n = 4200 g/mol bestimmt werden. Dieses für

55 3 Synthese und Charakterisierung 50 analytische Zwecke optimale System wurde schließlich auf einen präparativen Maßstab übertragen. Dazu wurde die analytische GPC-Säule durch eine präparative Säule (40 x 350 mm) mit dem gleichen Füllmaterial ersetzt. Anschließend wurden in insgesamt 44 Läufen jeweils 300 µl einer Lösung von 39 c im Elutionsmittel (c = 40 mg/ml) auf die GPC-Säule aufgegeben und für 20 min ein Lösungsmittelfluss von 20 ml/min angelegt. Beginnend mit dem Zeitpunkt der Detektion des Polymers (UV-Detektion), d. h. ca. acht Minuten nach der Aufgabe, wurden für jeweils vier Minuten alle 30 s Fraktionen gesammelt (Fraktion 1-8). Das Peakmaximum wurde in jedem der 44 Läufe nach ca. drei Minuten durchlaufen. Die folgenden bei einer Laufzeit von vier bis acht Minuten eluierenden ligomerfraktionen wurden getrennt aufgefangen. Die aufgegebene, unfraktionierte Polymerprobe sowie die hochmolekularen Fraktionen 2-6 wurden schließlich mit Hilfe der analytischen GPC bezüglich ihrer Molekulargewichtsverteilung analysiert. Die erhaltenen Ergebnisse sind in Tabelle 3.2 zusammengefasst. Zusätzlich sind in Abbildung 3.13 die Chromatogramme der Fraktionen 2 bis 6 gezeigt, wobei die Peakflächen jeder Fraktion die aus der präparativen GPC erhaltenen Massenanteile an Polymer 39 c repräsentieren. 1,0 Fraktion 6 Fraktion 5 0,8 Intensität 0,6 0,4 0,2 Fraktion 4 Fraktion 3 Fraktion 2 0, Molmasse (g/mol) Abbildung 3.13: Gelpermeations-Chromatogramme der Fraktionen 2 bis 6 des Precursorpolymers 39 c aus der präparativen GPC (UV-Detektion, Molmasse mit Polystyrol kalibriert, Temperatur: 25 C, Lösungsmittel: THF + 0,5 Vol.% NEt 3 )

56 3 Synthese und Charakterisierung 51 Tabelle 3.2: Ergebnisse aus der präparativen GPC von Precursorpolymer 39 c. Die Molekulargewichtsverteilung der Fraktionen wurde durch analytische GPC bestimmt. Die Kalibration erfolgte gegen Polystyrol (PS). Fraktion Laufzeit [min] Masse [mg] analytische GPC (PS-Kalibrierung) M w M n P [g/mol] [g/mol] n PD unfraktioniertes Polymer 528 (100 %) ,6 1 8,0 8,5 13 (2 %) ,5 9,0 16 (3 %) ,3 3 9,0 9,5 26 (5 %) ,2 4 9,5 10,0 43 (8 %) ,3 5 10,0 10,5 63 (12 %) ,3 6 10,5 11,0 79 (15 %) ,3 7 11,0 11,5 71 (13 %) ,5 12,0 45 (9 %) ligomere 12,0 16,0 145 (27 %) Die präparative GPC ergab neun Fraktionen mit einer Gesamtmasse von 501 mg, was 95 % der aufgegebenen Polymermenge entspricht. Es wurden hierbei zahlenmittlere Molmassen von bis zu M n = g/mol bei einer engen Molekulargewichtsverteilung (PD 1,3) erzielt. Der mit der analytischen GPC bestimmte mittlere Polymerisationsgrad von P n = 4 des aufgegebenen Polymers 39 c scheint allerdings unrealistisch niedrig zu liegen. Ein Vergleich der Endgruppenabsorptionen der aromatischen Protonen im 1 H-NMR- Spektrum des Rohprodukts 39 c (Abbildung 3.10) mit den Endgruppenabsorptionen des Modellpolymers 59 (Abbildung 3.4) lässt vielmehr auf ein dem Modellpolymer 59 entsprechendes P n zwischen 10 und 20 schließen. Die GPC führt hier offensichtlich zu einer signifikanten Unterschätzung des Molekulargewichts, was im Gegensatz zu den Ergebnissen aus Kapitel steht. Vermutlich vermag das dem Laufmittel zugesetzte Triethylamin die adsorptiven Wechselwirkungen des Polymers mit dem Säulenmaterial nicht vollständig zu unterdrücken, die Polymerketten eluieren entsprechend später und scheinen ein geringeres Molekulargewicht aufzuweisen. Aus diesem Grund dürfen die in Tabelle 3.2 und Abbildung 3.13 dargestellten Ergebnisse nur relativ zueinander betrachtet werden. Als sehr problematisch erwies sich die äußerst schnelle Alterung der fraktionierten Polymere 39 c. Schon nach zwei Tagen waren die aus der präparativen GPC erhaltenen

57 3 Synthese und Charakterisierung 52 Fraktionen vollkommen unlöslich. Aus diesem Grund konnte Fraktion 1 mit der höchsten mittleren Molmasse nicht mittels analytischer GPC untersucht werden. Die im Vergleich zur unfraktionierten Probe beobachtete drastische Beschleunigung dieses Phänomens kann nicht durch die diskutierten chemischen Vernetzungsreaktionen erklärt werden Precursorpolymer 45 ac Um Polymer 45 ac darzustellen, welches gegenüber 39 b und 39 c eine erhöhte Dichte an Precursorfunktionalitäten aufweist, wurde das Benzol-1,4-diboronsäure-Derivat 44 a mit dem 1,4-Dibrombenzol-Derivat 38 c unter den beschriebenen Standardbedingungen der Suzuki-Polykondensation umgesetzt (Schema 3.14). Aus der organischen Phase konnte nach Abdampfen des Lösungsmittels jedoch in Analogie zu Schema 3.13 statt 45 ac ausschließlich protodeboriertes 61 a und Monomer 38 c isoliert werden. Zusätzlich wurden im Produktgemisch NMR-spektroskopisch auch geringe Mengen unveränderter Diboronsäure 44 a nachgewiesen. Sogar unter Verwendung des direkt vor der Reaktion synthetisierten, sehr aktiven Katalysators Pd(PPh 3 ) 4 konnten in diesem Fall keine oligomeren Produkte nachgewiesen werden. R 2 N R 2 N (CH 2 CH 2 ) 3 (H) 2 B R 2 N B(H) 2 + Br R 2 N (CH 2 CH 2 ) 3 Br [Pd] n (CH 2 CH 2 ) 3 NR 2 R 2 N 45 ac NR 2 44 a (CH 2 CH 2 ) 3 38 c R 2 N 44 a + 38 c + R 2 N R = -CH 2 CH 2 CH 3 NR 2 61 a Schema 3.14

58 3 Synthese und Charakterisierung 53 Aminofunktionalitäten, die mittels Methylen-Spacern am Monomer angebunden sind, verhindern folglich sehr effizient die Suzuki-Polykondensation, sowohl bei Verwendung von Aminomethylen-substituierten Dihalogeniden (Schema 3.13) als auch bei Aminomethylen-substituierten Diboronsäuren (Schema 3.14). Neben der schon diskutierten Koordination des Stickstoffatoms mit der aktiven Palladiumspezies kann das Stickstoffatom in Monomer 44 a zusätzlich in intramolekulare Wechselwirkung mit dem Boratom treten. Es ist bekannt, dass zyklische Diethanolamin-Boronsäureester aufgrund der Ausbildung von Donor-Akzeptor-Komplexen 62 (Abbildung 3.14) eine verminderte Aktivität in Suzuki-Kupplungen aufweisen 113. Von Aminomethylensubstituierten Arylboronsäurederivaten 63 (Abbildung 3.14) wird in anderem Zusammenhang sogar berichtet, dass diese zwischen ph 6 und ph 12 als intramolekulares Salz vorliegen 114. Derartige intramolekulare Säure-Base-Reaktionen, wie sie analog zu 62 und 63 auch bei Monomer 44 a unter den Suzuki- Standardbedingungen erwartet werden dürfen, scheinen sich bei der Umsetzung von 44 a mit 38 c zusätzlich zur auftretenden Palladium-Koordination negativ auf die Suzuki-Polykondensation auszuwirken und sogar die Bildung von ligomeren zu verhindern. R B NH H B H N Abbildung 3.14: Intramolekulare Wechselwirkungen zwischen Bor und Stickstoff in den Boronsäurederivaten und

59 3 Synthese und Charakterisierung Zusammenfassung der durchgeführten Suzuki-Polykondensationen Aus den durchgeführten Suzuki-Polykondensationen lassen sich die folgenden Schlussfolgerungen ziehen. Die Darstellung von PPP-Precursorpolymeren mit tertiären Aminofunktionen an jeder zweiten Phenyleneinheit gelingt dann sehr gut, wenn die Aminofunktionen im Monomer durch den Einbau geeigneter Spacergruppen (Hexyloder Triethoxy-Spacer) einen ausreichenden Abstand vom Reaktionszentrum aufweisen. Dabei können Molekulargewichte in der Größenordnung von g/mol bis g/mol erreicht werden. Durch präparative GPC können Fraktionen mit deutlich höheren Molmassen isoliert werden. Monomere mit Methylen-Spacern haben sich aufgrund der koordinierenden Wirkung der direkt am Reaktionszentrum angeordneten Stickstoffatome als ungünstig herausgestellt. Eine weitere Erhöhung des Umsatzes der Suzuki-Polykondensation und somit das Erreichen noch höherer Polymerisationsgrade der Poly(p-phenylen)-Derivate scheint möglich zu sein. Dies könnte beispielsweise durch den Einsatz von noch aktiveren Palladium-Katalysatoren gelingen. Zusätzlich kann die Verwendung von aktiveren Dihalogeniden zu höheren Umsätzen führen. Diesbezüglich wird in der Literatur 88 zum Beispiel von einer Aktivierung von alkoxysubstiuierten Arylchloriden durch Anbindung stark elektronenziehender [Cr(C) 3 ]-Komplexe berichtet. Weiterhin könnten als Monomere die schon diskutierten aktiveren Iod-Analoga 106 eingesetzt werden. Um PPP-Polyelektrolyte durch Suzuki-Polykondensationen zugänglich zu machen, in denen eine Ammoniumfunktionalität sehr nah an der Polymerhauptkette angeordnet ist, wäre es denkbar, statt 38 a Dibrompyridin-Derivate zu verwenden, die schon erfolgreich in Suzuki-Polykondensationen zum Einsatz kamen 69. Eine weitere Möglichkeit liegt in der Quaternisierung des Dibromids 38 a und somit in der Bildung von nicht komplexierend wirkenden Ammoniumfunktionen schon auf der Monomerstufe. Darüber hinaus bietet sich die Synthese von PPP-Derivaten mit elektronenziehenden Nitro-Substituenten und anschließender polymeranaloger Reduktion zu Aminen nach literaturbekannten Vorschriften 115 an.

60 3 Synthese und Charakterisierung Nickel(0)-promovierte dehalogenierende Polykondensation Da die Darstellung von Precursorpolymeren mit zwei tertiären Aminosubstituenten an jeder Phenyleneinheit auf dem Wege der Suzuki-Polykondensation (Schema 3.2 und Schema 3.3) bisher nicht gelang, galt es, hierfür eine alternative Aryl-Aryl- Kupplungsreaktion zu wählen. T. Yamamoto gelang die Darstellung einer Vielzahl von Poly(p-phenylen)-, Polypyridin- und Polythiophen-Derivaten 116 durch eine schon in den 70er Jahren im Bereich der niedermolekularen Chemie entwickelte Nickel(0)-promovierte Kupplungsreaktion 117,118. Hierbei werden die entsprechenden Dibrom-Monomere mit einem Gemisch aus Bis(1,5-cyclooctadien)nickel(0) (Ni(CD) 2 ) und dem neutralen Liganden 2,2 -Bipyridin (Bpy) oder Triphenylphosphin (PPh 3 ) im Sinne einer Polykondensation gemäß Schema 3.15 umgesetzt. Der als dehalogenierendes Reagenz wirkende Nickel(0)-Komplex wird im Laufe der Reaktion zu Ni +2 oxidiert und muss daher im Gegensatz zum Palladiumkatalysator in der Suzuki-Polykondensation in stöchiometrischen Mengen eingesetzt werden. Br R Br Ni(CD) 2 CD, Bpy DMF, 60 C R n Br R N Br Ni(CD) 2 CD, Bpy DMF, 60 C N n R R Ni(CD) 2 CD, PPh 3 R Br S Br DMF, 60 C S n CD = 1,5-Cyclooctadien Bpy = 2,2'-Bipyridin Schema 3.15 In den letzten Jahren wurde die Nickel(0)-promovierte Kupplungsreaktion verstärkt zum Aufbau von elektrolumineszenten Polymeren eingesetzt 119. Hierbei zeigte sich, dass eine Durchführung der Reaktion unter Mikrowellenbestrahlung, verglichen mit

61 3 Synthese und Charakterisierung 56 konventionellem Erhitzen, zu höheren Polymerisationsgraden bei deutlich verkürzter Reaktionszeit führt 120. Der Mechanismus der Nickel(0)-promovierten Aryl-Aryl-Kupplung wird bis heute sehr kontrovers diskutiert 84. Allgemein akzeptiert ist hierbei das Durchlaufen einer oxidativen Addition und einer reduktiven Eliminierung analog zur Suzuki-Reaktion. Ein angenommener Mechanismus ist in Schema 3.16 dargestellt 121,116 : Nach der oxidativen Addition des Arylhalogenids an die reaktive Ni(0)-Verbindung erfolgt durch Metathese die Bildung einer Diaryl-Nickel(II)-Spezies, die in einer abschließenden reduktiven Eliminierung zur Diarylverbindung abreagiert. Alternativ vorgeschlagene Reaktionsmechanismen beinhalten Nickel(IV) 117 sowie Nickel(I)- und Nickel(III)- Intermediate 121, Ni Ln + R oxidative Addition Br R L Ni L +2 Br L 2 R Ni Br R Ni R L +2 Metathese L L Ni L 2 Br 2 reduktive Eliminierung R R 0 + Ni Ln Schema Modellpolymer 59 Um zu untersuchen, ob sich die Nickel(0)-promovierte Polykondensation prinzipiell zur Verknüpfung der vorliegenden sehr polaren Monomere 54, 38 a und 38 c eignet, wurde in Modellversuchen die Synthese des schon auf dem Wege der Suzuki-Kupplung erfolgreich synthetisierten Polymers 59 angestrebt. Hierzu wurde das Triethylenglykolsubstituierte Dibrombenzolderivat 54 mit einem Überschuss an Bis(1,5- cyclooctadien)nickel(0) sowie 2,2 -Bipyridin und 1,5-Cyclooctadien in einer Mischung aus DMF und Toluol für 6 d auf 80 C erhitzt (Schema 3.17). Zum Abtrennen der Nickelsalze wurde das in Chloroform gelöste Rohprodukt intensiv mit einer wässrigen

62 3 Synthese und Charakterisierung 57 Ethylendiamintetraacetat-Lösung gewaschen und nach dem Ausfällen aus n-hexan in 89 %iger Ausbeute erhalten. H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 Br Br H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 Ni(CD) 2 CD, Bpy 89 % H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 n Schema 3.17 Die einheitliche Konstitution des dargestellten Modellpolymers 59 konnte analog zu Abbildung 3.4 NMR-spektroskopisch belegt werden. In Abbildung 3.15 sind die Aromatenbereiche der 1 H-NMR-Spektren dargestellt, wie sie nach erfolgreicher Synthese von 59 mit Hilfe der Nickel(0)-promovierten Polykondensation (links) bzw. der Suzuki-Polykondensation (rechts) erhalten wurden. CDCl 3 CDCl * * * *** Chemical Shift (ppm) Chemical Shift (ppm) Abbildung 3.15: Aromatenbereiche der 1 H-NMR-Spektren von 59, synthetisiert durch Nickel(0)-promovierte Polykondensation (links) und Suzuki-Polykondensation (rechts) (CDCl 3, 25 C) In beiden NMR-Spektren ist das Signal des aromatischen Protons H 3 bei δ = 7,06 ppm zu beobachten. Die zusätzlich auftretenden Endgruppensignale (*) weisen jedoch im Falle der eingeschlagenen Nickel-promovierten Syntheseroute höhere Intensitäten auf, was einem geringeren Polymerisationsgrad entspricht. Diese Beobachtung steht im Einklang mit früheren Untersuchungen von Rehahn und Schlüter 43.

63 3 Synthese und Charakterisierung Precursorpolymere 47 a und 47 c Um die Precursorpolymere 47 a und 47 c mit zwei Aminofunktionen an jeder Phenyleneinheit zugänglich zu machen, wurden die Dibrommonomere 38 a bzw. 38 c unter den in Kapitel beschriebenen Reaktionsbedingungen gemäß Schema 3.18 umgesetzt. R 2 N NR 2 Spacer NR 2 n Br Spacer Br Ni(CD) 2 CD, Bpy 47 a R 2 N (CH 2 CH 2 ) 3 NR 2 38 a, c n a: Spacer = -CH 2 - c: Spacer = -(CH 2 CH 2 ) 3 - a, c: R = -CH 2 CH 2 CH 3 (CH 2 CH 2 ) 3 R 2 N 47 c Schema 3.18 Zur Aufarbeitung der Produkte wurden die Lösungsmittel abdestilliert und der erhaltene Rückstand wurde intensiv mit Chloroform extrahiert. Hierbei wurde festgestellt, dass vermutlich aufgrund der komplexierenden Wirkung der Aminofunktionen große Mengen an Nickel in die organischen Phase eingetragen wurden. Diese konnten im Falle von 47 c durch mehrmaliges, intensives Waschen der organischen Phase mit wässriger EDTA-Lösung abgetrennt werden. Anfangs verfärbte sich hierbei die wässrige EDTA-Lösung grünlich. Erst nach dem dritten Waschvorgang wurde keine Verfärbung der EDTA-Lösung mehr beobachtet. Nach dem Abdestillieren des Lösungsmittels wurden filmbildende, zähe, gelbliche Feststoffe erhalten, die sich nicht aus n-hexan ausfällen ließen. Im Gegensatz dazu gelang im Falle von 47 a die Abtrennung des Nickels nicht auf die oben beschriebene Weise. Hier wurde nach dem Waschen der organischen Phase mit EDTA und Abdestillieren des Lösungsmittels ein schwarzes, öliges Produkt erhalten.

64 3 Synthese und Charakterisierung 59 Die anschließende NMR-spektroskopische Untersuchung zeigte ferner, dass nur geringe Anteile oligomerer Produkte entstanden sind. Im Gegensatz dazu konnte die einheitliche Konstitution von 47 c mittels NMR- Spektroskopie nachgewiesen werden. In Abbildung 3.16 sind das 1 H-NMR- und das 13 C-NMR-Spektrum sowie die gewählte Nummerierung der Wasserstoff- und Kohlenstoffatome dargestellt. Die Absorptionen treten in den erwarteten Intensitätsverhältnissen auf. Eine eindeutige Signalzuordnung konnte analog zum strukturverwandten Precursor 39 c (Abbildung 3.10) durchgeführt werden. CDCl 3 3 CH 3 9, 10 * * * 6-8, 11 CDCl 3 3 *** Chemical Shift (ppm) Chemical Shift (ppm) 4 5 9, n (CH 2 CH 2 ) CH 2 CH 2 CH 3 (CH 2 CH 2 ) 3 N CH 2 CH 2 CH 3 CH 2 CH 2 CH 3 N CH 2 CH 2 CH 3 CDCl 3 4-8, 11 CH Chemical Shift (ppm) Abbildung 3.16: 1 H-NMR-Spektrum (oben) (Inset: Aromatenbereich) und 13 C-NMR-Spektrum von Precursorpolymer 47 c (CDCl 3, 25 C) Durch Vergrößerung der Ansätze bei gleichbleibendem Lösungsmittelvolumen während der Polykondensation wurde eine signifikante Erhöhung des Polymerisationsgrads von

65 3 Synthese und Charakterisierung c erreicht. Dies wird beim Betrachten der Endgruppenabsorptionen (*) im vergrößerten Aromatenbereich des 1 H-NMR-Spektrums von 47 c deutlich (Inset Abbildung 3.16). Trotz der Aminofunktionalisierung von 47 c treten die Endgruppensignale in sehr viel geringeren Intensitäten auf als die des Modellpolymers 59 (vgl. Abbildung 3.15 (links)) und es kann entsprechend ein mittlerer Polymerisationsgrad zwischen P n = 10 und P n = 20 abgeschätzt werden. Im MALDI-TF-Massenspektrum (Abbildung 3.17) können die ligomere des Precursorpolymers 47 c zwischen n = 2 und n = 9 eindeutig als Protonenaddukte nachgewiesen werden. Bei den Endgruppen handelt es sich ausschließlich um Wasserstoffatome, die vermutlich während der Polykondensation durch Nebenreaktionen gebildet werden und dadurch den maximal erreichbaren Polymerisationsgrad limitieren. 1, ,8 2 6 Intensität 0,6 0,4 7 0, , Masse / Ladung [g/mol] Abbildung 3.17: MALDI-TF-Massenspektrum des Precursorpolymers 47 c (aus THF, 1,8,9,- Trihydroxyanthracen-Matrix, Polyethylenglykolkalibrierung) Precursorpolymer 47 c ist analog zu 39 c direkt nach der Synthese sowohl in polaren organischen Solventien als auch in Wasser sehr gut löslich und kann von Säuren leicht protoniert werden. Nach dem Lagern von 47 c als Feststoff an Luft wurde auch hier die Bildung eines unlöslichen Anteils beobachtet.

66 3 Synthese und Charakterisierung 61 Während die Synthese des Precursors 47 c mit Triethylenoxid-Spacern zu wohldefinierten Polymeren führte, wurden bei der Synthese von 47 a mit Methylen- Spacern nur geringe Anteile oligomerer Produkte erhalten. Die Ursachen hierfür können neben elektronischen Gründen wiederum koordinative Wechselwirkungen zwischen den Aminofunktionen und der aktiven Nickel-Spezies sein. Diese Wechselwirkungen werden offensichtlich auch hier durch den Einbau geeigneter Spacergruppen (z. B. Triethoxy-Spacer) drastisch reduziert, was letztlich die Polykondensation von 47 c ermöglicht. Zusammenfassend lässt sich die Nickel(0)-promovierte dehalogenierende Polykondensation als geeignete Methode zur Synthese aminofunktionalisierter Poly(pphenylen)-Derivate bewerten, vorausgesetzt, die Aminofunktion ist nicht in α-position zur Phenyleneinheit angeordnet. Die Intensitäten der Endgruppenabsorptionen in den 1 H-NMR-Spektren lassen darauf schließen, dass die erreichbaren mittleren Molmassen etwas unter denen der über Suzuki-Polykondensationen zugänglichen Polymere liegen. 3.4 Polymeranaloge Umsetzungen (Quaternisierung) In einem abschließenden Reaktionsschritt wurde Precursorpolymer 39 c gemäß Schema 3.19 durch Quaternisierung der Aminofunktionen mit Propylbromid bzw. Propyliodid in die starken Polyelektrolyte 42 c bzw. 43 c überführt. Die Umsetzung von Alkylhalogeniden mit tertiären Aminen wird in der Literatur 123 unter dem Namen Menschutkin-Reaktion geführt. Sie ist für ihre hohen Umsetzungsgrade bei sehr geringem Anteil an Nebenreaktionen bekannt, die sogar die Synthese von Polymeren ermöglicht (Polyionene) 124.

67 3 Synthese und Charakterisierung 62 R X R 2 N R N H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 (CH 2 CH 2 ) 3 H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 (CH 2 CH 2 ) 3 X n n H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 (CH 2 CH 2 ) 3 H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 (CH 2 CH 2 ) 3 39 c R 2 N R N R X R = -CH 2 CH 2 CH 3 42 c: X = Br 43 c: X = I Schema 3.19 Dazu wurde Polymer 39 c mit einem großen Überschuss an Propylbromid ohne Zusatz eines weiteren Lösungsmittels umgesetzt. Hierbei erwiesen sich Wasserfreiheit der Edukte und Feuchtigkeitsausschluss während der Reaktion als sehr entscheidend für das Gelingen der Quaternisierung. Nach dem Erhitzen unter Rückfluss für 9 d fiel der äußerst polare Polyelektrolyt 42 c aus dem Reaktionsgemisch aus und konnte in 96 %iger Ausbeute isoliert werden. In polaren organischen Solventien, wie z. B. Chloroform, Dimethylsulfoxid, Acetonitril und DMF sowie in Wasser zeichnet sich 42 c durch eine sehr gute Löslichkeit aus. Mit Hilfe der NMR-Spektroskopie gelang es, den erreichten Umsatz der Reaktion (Quaternisierungsgrad) zu bestimmen. In Abbildung 3.18 ist das erhaltene 1 H- und 13 C- NMR-Spektrum dargestellt. Im Protonenspektrum treten die Absorptionen der Propyl- Protonen bei δ = 0,90 ppm (H 14 ) und 1,74 ppm (H 13 ) auf, eine Integration dieser Signale lässt auf einen Quaternisierungsgrad des Polyelektrolyts 42 c von α 0,8 schließen. Die zu den verbliebenen tertiären Aminogruppen α-ständigen Methylen-Protonen (H 9#, H 10# ) erscheinen analog zum Edukt 39 c (H 9 und H 10 in Abbildung 3.10) bei δ = 2,72 ppm, während sie durch die Quaternisierung der Stickstoffatome und eine daraus resultierende Entschirmung der Kerne einen Tieffeld-Shift erfahren. Der sehr viel größere Anteil der quaternisierten NCH 2 -Protonen (H 9, H 10, H 12 ) in 42 c absorbiert aus diesem Grund im Bereich der xy-methylenprotonen zwischen δ = 3,40 ppm und δ = 4,15 ppm. Aus der geringen Intensität des Signals bei δ = 2,72 ppm lässt sich der Anteil an verbliebenen tertiären Aminofunktionen im

68 3 Synthese und Charakterisierung 63 Polyelektrolyt bestimmen. Hierbei bestätigt sich der zuvor berechnete Quaternisierungsgrad von α 0,8. Die Absorptionen der Methoxy-Protonen und der aromatischen Protonen H 3 und H 3 treten, verglichen mit dem Edukt, nahezu unverändert bei δ = 3,30 ppm bzw. δ = 7,04 ppm auf Br 9' - 4' CH 2 CH 2 CH H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 (CH 2 CH 2 ) 3 N CH 2CH 2 CH 3 CH 2 CH 2 CH ' 1 CH 3 2' 3' 2 3 n CH 2 CH 2 CH 3 H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 (CH 2 CH 2 ) 3 N CH 2 CH 2 CH CH 2 CH 2 CH 3 Br 5' - 9' CDCl 3 3, 3' * 4, 4' Chemical Shift (ppm) CDCl 3 9 #, # 13 H ' - 9' CH 3 2, 2' 1, 1' 3, 3' 9 #, 10 # Chemical Shift (ppm) Abbildung 3.18: 1 H-NMR-Spektrum (oben) und 13 C-NMR-Spektrum (unten) von PPP- Polyelektrolyt 42 c (CDCl 3, 25 C) mit einem Quaternisierungsgrad α 0,8 Im 13 C-NMR-Spektrum erscheinen die Signale der Propyl-Kohlenstoffatome bei δ = 10,55 ppm (C 14 ) bzw. 16,06 ppm (C 13 ) und die der Methoxy-Kohlenstoffatome bei δ = 58,88 ppm sowie δ = 59,05 ppm. Im Bereich zwischen δ = 60,11 ppm und

69 3 Synthese und Charakterisierung 64 δ = 71,82 ppm können die CH 2 -Gruppen sowie die NCH 2 -Gruppen (C 9, C 10, C 12 ) detektiert werden. Das zusätzliche Signal bei δ = 54,43 ppm wird durch die unvollständige Quaternisierung hervorgerufen und kann den Kohlenstoffatomen C 9# und C 10# zugeordnet werden. Die aromatischen Kohlenstoffatome absorbieren bei δ = 117,13 ppm (C 3, C 3 ), δ = 127,67 ppm (C 1, C 1 ) und δ = 150,22 ppm (C 2, C 2 ). Die Darstellung des Polyelektrolyts 43 c mit Iodid-Gegenionen gelang wie auch bei 42 c, in dem das Precursorpolymer 39 c mit einem Überschuss an Propyliodid umgesetzt wurde. Als optimales Reaktionsmedium für die Alkylierung mit dem aktiveren Propyliodid stellte sich das Lösungsmittel THF heraus. Nach 5 d Erhitzen unter Rückfluss begann das zunehmend stärker quaternisierte Produkt aufgrund der steigenden Polarität aus der Reaktionslösung auszufallen, bevor 43 c nach 7 d mit einer Ausbeute von 90 % als nahezu vollständig quaternisierter Feststoff anfiel. Sowohl beim Ammoniumbromid-Polyelektrolyt 42 c als auch beim Ammoniumiodid- Polyelektrolyt 43 c ist keine chemische Vernetzungsreaktion analog zum Polyamin 39 c denkbar. Entsprechend erwiesen sich 42 c und 43 c auch nach dem Lagern als Feststoff für mehrere Monate an Luft stets als vollständig wasserlöslich. Ein Abbruch der abschließenden Quaternisierungsreaktion bei unvollständigem Umsatz ermöglicht auf der hier entwickelten Precursor-Route die Synthese von Polyelektrolyten mit einer gegenüber dem vollständig quaternisierten PPP-Derivat 43 c verringerten Ladungsdichte. Eine genaue Untersuchung des zeitlichen Verlaufs der Quaternisierungsreaktion ist hierbei Voraussetzung für eine gezielte Einstellung der Ladungsdichte. Hierzu wurden 100 mg des Polymers 39 c in 5 ml THF bzw. Dichlormethan gelöst und mit einem bezogen auf die Aminogruppen zwanzigfachen Überschuss an Propyliodid unter Rückfluss erhitzt. In regelmäßigen Abständen wurden Proben von 0,5 ml entnommen, die mittels 1 H-NMR-Spektroskopie untersucht wurden. Durch Integration der NCH 2 - und der Propyl-Signale konnten die Quaternisierungsgrade α der entnommenen Polymerproben bestimmt werden. Die Ergebnisse sind in Abbildung 3.19 dargestellt.

70 3 Synthese und Charakterisierung 65 1,0 0,8 0,6 α' 0,4 0,2 0, Reaktionszeit [h] Abbildung 3.19: Verlauf des Quaternisierungsgrads bei der Umsetzung von 39 c mit einem Überschuss an Propyliodid in THF bei 65 C ( ) bzw. in Dichlormethan bei 40 C ( ), aufgetragen gegen die Reaktionszeit Bei Verwendung des Lösungsmittels THF wird aufgrund der höheren Reaktionstemperatur erwartungsgemäß ein deutlich schnellerer Anstieg des Quaternisierungsgrades beobachtet: Nach ca. 5 d sind bei 65 C bereits 40 % der Aminofunktionen quaternisiert, wohingegen in Dichlormethan nach 5 d bei 40 C nur 20 % der Aminofunktionen quaternisiert vorliegen. Bei Verwendung von THF ist die Quaternisierungsreaktion nach ca. 7 d vollständig abgeschlossen. Analog zur in Kapitel und 6.2 beschriebenen Erniedrigung der Basizität im Verlauf der Protonierung von Polybasen, könnte hier eine Erniedrigung der Nukleophilie der Stickstoffatome mit steigendem Quaternisierungsgrad α und steigender Zahl positiver Ladungen auf der Polymerkette erwartet werden. Dies hätte ein Absinken der Reaktionsgeschwindigkeit bei steigendem α zur Folge und sollte entsprechend in Abbildung 3.19 zu beobachten sein. Im Gegensatz dazu kann man deutlich erkennen, dass die Steigung im Laufe der Reaktion nicht abnimmt. Erklären lässt sich dieser Sachverhalt durch die Verwendung des nur schwach polaren Lösungsmittels THF (ε r = 7,4) bei der Quaternisierung im Gegensatz zur Verwendung des stark polaren protischen Lösungsmittels Wasser (ε r = 78,3) bei Protonierungsexperimenten. Während die Ammoniumhalogenid-Funktionalitäten in Wasser vollständig zu Ammoniumionen und Halogenidionen dissoziieren, liegen sie in THF größtenteils undissoziiert vor. Dies bedeutet, dass sich während der Quaternisierungsreaktion kein positives Potential an der Polymerkette aufbaut.

71 4 Lösungseigenschaften der ungeladenen PPP-Derivate 66 4 Lösungseigenschaften der ungeladenen PPP-Derivate Die dargestellten PPP-Derivate zeichnen sich durch ein Zusammenwirken des hydrophoben, starren Phenylen-Rückgrats und der hydrophilen, flexiblen Seitenketten aus. Dies führt zu einer Reihe interessanter Lösungsphänomene, die im folgenden Abschnitt kurz beschrieben und diskutiert werden sollen. 4.1 Gelbildung von Modellpolymer 59 in Toluol Modellpolymer 59 ist im äußerst polaren protischen Lösungsmittel Wasser unlöslich, zeigt hingegen in polaren organischen Solventien eine sehr gute Löslichkeit. Beim Übergang zu unpolaren Lösungsmitteln, wie beispielsweise Toluol, kann wiederum ein Rückgang der Lösungstendenz beobachtet werden. Im Falle von Toluol gelang das Auflösen von 59 nur durch Erhitzen auf 100 C unter Rühren. Beim anschließenden Erkalten der Lösung wurde reproduzierbar die Gelierung des gesamten Probevolumens beobachtet, wenn Polymer-Konzentrationen zwischen 10 und 20 g/l eingestellt wurden. Anschließendes Rühren oder leichtes Erwärmen führte zum Zerfall der Gele in trübe, viskose Flüssigkeiten. Diese konnten beliebig oft durch Erhitzen und Abkühlen in neue Gele überführt werden. In Abbildung 4.1 sind zwei repräsentative polarisationsmikroskopische Aufnahmen einer Gelprobe dargestellt, die zuvor auf einem Glasobjektträger verstrichen wurde. 100 µm 100 µm Abbildung 4.1: Polarisationsmikroskopische Aufnahmen des Gels bestehend aus Modellpolymer 59 in Toluol (Probe auf Glasobjektträger eingedampft)

72 4 Lösungseigenschaften der ungeladenen PPP-Derivate 67 Bei den mikroskopischen Untersuchungen konnten die verschiedenartigsten Strukturen beobachtet werden, die sich sowohl in Größe als auch in Form voneinander unterschieden. In vielen Fällen wurden Bilder erhalten, deren Strukturierungen den Aufnahmen aus Abbildung 4.1 entsprachen. Direkt nach dem Aufbringen des Gels auf den bjektträger wurden hauptsächlich sehr feine Strukturen gefunden, wie sie noch in kleinen Bereichen der linken Aufnahme zu beobachten sind. Mit zunehmendem Abdampfen des Toluols wurden gröbere Strukturen erhalten, die bei vollständig trockenen Proben der rechten Aufnahme aus Abbildung 4.1 entsprachen. Vermutlich handelt es sich bei den beobachteten Strukturen um teilkristalline oder flüssigkristalline Bereiche, die sich im Laufe des Trocknens zu immer größeren Strukturen zusammenlagern. Untersuchungen der Gele mittels optischer Mikroskopie und Raster-Kraft-Mikroskopie von Dr. Uwe Beginn lassen die Annahme zu, dass die zum Teil im Mikroskop beobachtbaren Entmischungs- und Kristallisationsvorgänge die Ursache für die stattfindende Gelierung sind 125. Diese Vermutung scheint plausibel zu sein, da schon das zu 59 strukturverwandte Polymer 58 für seine hohe Tendenz zur Seitenkettenkristallisation bekannt ist 66. Eine genauere Aufklärung der Gelstruktur gelang bisher nicht. 4.2 Phasenverhalten von Precursorpolymer 39 c in Wasser Mit der Synthese der Precursorpolymere 39 c und 47 c gelang erstmals die Darstellung von Poly(p-phenylen)-Derivaten, die auch dann wasserlöslich sind, wenn sie noch keine ionischen Gruppen an der Polymerkette tragen. Wässrige Lösungen von 39 c weisen eine untere kritische Lösungstemperatur (LCST = lower critical solution temperature) auf, unterhalb der eine homogene Lösung beobachtet wird, während oberhalb dieser Temperatur eine Trübung eintritt. Diese Besonderheit des Systems kann auf die Balance zwischen hydrophilen und hydrophoben Gruppen des Polymers zurückgeführt werden. Sie stellt ein für polare Polymere bekanntes temperaturabhängiges Phasenverhalten dar und wird derzeit im Hinblick auf die Herstellung von intelligenten Materialien von vielen Arbeitsgruppen untersucht 126,127. Poly(N-isopropylacrylamid) ist hierbei wohl einer der bekanntesten Vertreter, dessen wässrige Lösungen eine LCST von ungefähr 32 C aufweisen 128. Zur quantitativen Untersuchung des LCST-Verhaltens des in dieser Arbeit dargestellten Precursorpolymers wurden wässrige Lösungen von 39 c der Polymerkonzentrationen

73 4 Lösungseigenschaften der ungeladenen PPP-Derivate g/l sowie 1 g/l jeweils zweimal in Folge auf ca. 70 C erhitzt und wieder auf Raumtemperatur abgekühlt. Währenddessen wurde mittels einer Fotozelle die Intensität von durch die Probelösung gestrahltem Licht bestimmt. In Abbildung 4.2 sind die zeitlichen Verläufe der Temperatur (schwarz) und der normierten Intensität (rot) während des zweiten Heiz-Kühl-Zyklus für die Konzentration 10 g/l (oben) und 1 g/l (unten) dargestellt. Die jeweils ersten Zyklen führten zu vergleichbaren Ergebnissen. 70 1,0 60 0,8 50 0,6 40 0,4 Temperatur [ C] ,2 0,0 1,0 0,8 Intensität 50 0,6 40 0, Zeit [min] 0,2 0,0 Abbildung 4.2: Verlauf der Temperatur und der normierten Lichtintensität während des zweiten Heiz-Kühl-Zyklus der Trübungsexperimente von wässrigen Lösungen des Polymers 39 c der Konzentration 10 g/l (oben) und 1 g/l (unten) In Abbildung 4.2 wird bei beiden Polymerkonzentrationen der Phasenübergang während der Heizperiode durch einen sprunghaften Abfall der gemessenen Lichtintensität deutlich, die beim Abkühlen ebenso sprunghaft wieder ansteigt. Das Phasenverhalten während des Aufheizens und während des Abkühlens ist hierbei

74 Heizen 4 Lösungseigenschaften der ungeladenen PPP-Derivate 69 nahezu identisch. Dies wird in Abbildung 4.3 deutlich, in der die gemessene Lichtintensität gegen die Temperatur aufgetragen ist. 1,0 0,8 Intensität 0,6 0,4 10 g/l Kühlen Heizen Kühlen 1 g/l 0,2 0, Temperatur [ C] Abbildung 4.3: Gemessene Lichtintensität als Funktion der Temperatur während des zweiten Heiz-Kühl-Zyklus der Trübungsexperimente von wässrigen Lösungen des Precursorpolymers 39 c der Konzentrationen 10 g/l (links) und 1 g/l (rechts) Aus Abbildung 4.3 lassen sich die Entmischungstemperaturen der wässrigen Lösungen von 39 c bestimmen. Bei einer Polymerkonzentration von 10 g/l (links) beträgt diese ca. 42 C und bei 1 g/l (rechts) ca. 57 C. Die Ursache für den stattfindenden Phasenübergang liegt in der Balance zwischen hydrophilen und hydrophoben Wechselwirkungen. Bei niedriger Temperatur sind die Polymer-Solvens-Wechselwirkungen stärker als die Polymer-Polymer-Wechselwirkungen. Hier stellt Wasser ein gutes Lösungsmittel dar. Die mit steigender Temperatur abnehmende Lösemittel-Qualität und die somit zunehmenden Polymer- Polymer-Wechselwirkungen führen schließlich zur Phasenseparation 129. Eine entscheidende Rolle spielt hierbei das komplizierte Zusammenwirken von hydrophoben Wechselwirkungen einerseits sowie inter- und intramolekularen Wasserstoffbrückenbindungen andererseits 129,130. Ein Übergang vom neutralen Precursor 39 c zu seinen geladenen Analoga 40 c bis 43 c durch Protonierung bzw. Quaternisierung hat eine Verschiebung der Hydrophilie- Hydrophobie-Balance in Richtung eines sehr viel hydrophileren Systems zur Folge.

75 4 Lösungseigenschaften der ungeladenen PPP-Derivate 70 Dies führt zu deutlich stärkeren Polymer-Solvens-Wechselwirkungen über den gesamten Temperaturbereich und somit letztlich zum Ausbleiben des LCST- Phasenverhaltens. In den folgenden Kapiteln sollen nun die Lösungseigenschaften von wässrigen Polyelektrolytlösungen im Mittelpunkt stehen, die hauptsächlich durch Coulomb- Wechselwirkungen bestimmt werden.

76 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 71 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 5.1 Theoretische Betrachtung von Polyelektrolytlösungen Die Lösung eines in Wasser vollständig dissoziierten Polyelektrolyten zeigt bezüglich ihrer thermodynamischen Eigenschaften aufgrund der hohen Ladungsdichte auf dem Polyion große Abweichungen vom idealen Verhalten. Auch Transporteigenschaften wie die spezifische Viskosität einer Lösung zeigen sich gegenüber den Eigenschaften entsprechender Lösungen ungeladener Makromoleküle völlig verändert 1,2. Um dies zu plausibilisieren, soll im Folgenden zunächst der Einfluss des elektrostatischen Feldes der Polyionen auf die Aktivität der Gegenionen und im Falle von schwachen Polyelektrolyten auf das Säure-Base-Gleichgewicht diskutiert werden Poisson-Boltzmann-Zellmodell Das starke elektrostatische Feld um das Polyion führt zu einer bestimmten räumlichen Verteilung der Gegenionen. Diese kann mit Hilfe der Poisson-Boltzmann-Gleichung 131 beschrieben werden. Da diese eine nichtlineare Differentialgleichung zweiter rdnung darstellt, kann sie analytisch nur durch Einführung von Näherungen gelöst werden. Die sogenannte Debye-Hückel-Theorie 132 stellt eine Näherung zur analytischen Lösung der Poisson-Boltzmann-Gleichung dar. Sie wurde entwickelt, um die räumliche Verteilung von gelösten, niedermolekularen Ionen zu bestimmen und daraus Rückschlüsse auf ihre Aktivität als Funktion der Konzentration ziehen zu können. In dem verwendeten Modell werden ausschließlich elektrostatische Wechselwirkungen der als Punktladungen betrachteten Ionen zugrunde gelegt. Weiterhin wird angenommen, dass die elektrostatische Energie zwischen den Ionen sehr viel kleiner ist als die thermische Bewegungsenergie. Aus der Debye-Hückel-Theorie ergibt sich als ein wichtiges Ergebnis das durch die Ionenatmosphäre abgeschirmte elektrostatische Potential ψ im Abstand r um ein Ion der Ladung z i e (Gleichung (5.1)). ε 0 und ε r sind hierbei die Dielektrizitätskonstanten des Vakuums bzw. des Lösungsmittels:

77 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 72 zi e ψ ( r) = 4πε ε 0 r 1 r exp r λ D (5.1) Die Debye-Länge λ D und die darin enthaltene Ionenstärke I sind durch Gleichung (5.2) gegeben, wobei c i die Konzentration des gelösten Ions in [mol/m 3 ] bedeutet. λ D wird im Rahmen der Debye-Hückel-Theorie als Radius der Ionenwolke um das Zentralion interpretiert. 1/ 2 ε 0ε 2 2 r k BT 1 2 λ = mit I = D c i z i (5.2) N Ae I 2 In Polyelektrolytlösungen hingegen kann die Coulomb-Energie nicht mehr als klein gegenüber der thermischen Energie betrachtet werden. Aufgrund der hohen Ladungsdichte auf den Polyionen kommt es somit zu einer Gegenionenverteilung, die die Korrelation gelöster niedermolekularer Ionen, wie sie durch die Debye-Hückel- Theorie beschrieben wird, bei weitem übertrifft. Aufgrund der unterschiedlichen Eigenschaften von Polyionen und niedermolekularen Gegenionen ist auch das einfache Modell der sphärischen Ionenatmosphäre auf Polyelektrolytlösungen nicht mehr anwendbar. Im Gegensatz zur Debye-Hückel-Theorie sind in Polyelektrolytlösungen die Polyionen das Zentrum ihrer eigenen Gegenionenatmosphäre. Sie partizipieren dabei nicht an der Atmosphäre anderer, beispielsweise dem System hinzugefügter Fremdionen 133. Eine theoretische Beschreibung gestaltet sich wegen des vorliegenden Vielteilchenproblems, bestehend aus den Paarwechselwirkungen zwischen den einzelnen Teilchensorten (Polyion-Polyion, Polyion-Gegenion, Gegenion-Gegenion), als sehr schwierig. Da sich die einzelnen Paarwechselwirkungen jedoch um mehrere Größenordnungen voneinander unterscheiden 134, kann das komplizierte Vielteilchenproblem näherungsweise auf ein Einteilchenproblem reduziert werden. Dies wurde im sogenannten Zellmodell 135 realisiert: Im Rahmen dieses Modells wird das gesamte Volumen der Polyelektrolyt-Lösung gemäß Abbildung 5.1 in gleich große zylinderförmige Zellen mit dem Radius R 0 unterteilt. Jede Zelle enthält im Zentrum genau ein zylinderförmiges, unendlich langes Polyion mit dem Radius a P, wobei eine homogene, mittlere berflächenladung angenommen wird. Die tatsächliche Anzahl der

78 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 73 Polyionen in der Lösung bestimmt hierbei die Zellenanzahl, woraus sich die direkte Verknüpfung des Zellvolumens mit der Polyelektrolytkonzentration ergibt. Da sich zusätzlich dazu in jeder Zelle eine der Ladung des Polyions entsprechende Anzahl an Gegenionen befindet, die ihrerseits als Punktladungen betrachtet werden, ist jede Zelle nach außen elektrisch neutral. Die Elektroneutralität garantiert eine elektrostatische Entkopplung der Zellen, die Berechnung der Wechselwirkungen und somit der Gegenionenverteilung reduziert sich damit auf die Komponenten einer Zelle. 2a p 2R 0 Abbildung 5.1: Geometrie des Zellmodells für kettensteife Polyelektrolyte. Es sind drei Zellen mit dem Zylinderradius R 0 dargestellt, in denen jeweils ein Polykation mit dem Radius a P und eine der Ladung des Polykations entsprechenden Zahl an Gegenionen ( ) angeordnet sind. Die positiven Ladungen des Polykations werden durch (+) symbolisiert. In den 50er Jahren gelang es mehreren Arbeitsgruppen 135 mit Hilfe des Zellmodells die Poisson-Boltzmann-Gleichung für ein zylindrisches Polyion ohne Fremdsalz analytisch zu lösen. Aus der erhaltenen Gegenionenverteilung lassen sich durch Berechnung der freien elektrostatischen Energie experimentell bestimmbare Größen wie der osmotische Druck, der mittlere Aktivitätskoeffizient und sogar der Verlauf von Titrationskurven schwacher Polyelektrolyte berechnen 136,137. Insbesondere die Untersuchungen der kationischen PPP-Polyelektrolyte 21 und 22 mittels SAXS und Membranosmometrie in den letzten Jahren zeigten hierbei, dass sowohl die mit dem Zellmodell berechnete Gegenionenverteilung als auch der vorhergesagte osmotische Druck von Lösungen kettensteifer Polyelektrolyte hoher Ladungsdichte relativ gut mit den Experimenten übereinstimmen 55,56.

79 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten Gegenionenkondensation Misst man den osmotischen Druck Π eines Polyelektrolyts in verdünnter Lösung, so wird die diskutierte Korrelation zwischen dem Polyion und seinen Gegenionen direkt ersichtlich. Der gemessene osmotische Druck Π ist nämlich deutlich kleiner als der für eine ideale Lösung freier Gegenionen erwartete Druck Π id. Die Abweichung von der Idealität wird durch den osmotischen Koeffizienten φ beschrieben, der somit ein Maß für die Gegenionenkondensation darstellt: Π φ = (5.3) Π id Der Begriff Kondensation wurde ursprünglich von osawa 138 im Rahmen seiner Zwei-Phasen-Theorie in Analogie zur Gas-Flüssig-Kondensation eingeführt, wobei er zwischen freien und an das Polyion gebundenen Gegenionen unterschied. Physikalisch kann die Gegenionenkondensation folgendermaßen verstanden werden: Energetisch kann es günstiger sein, dass ein Teil der Gegenionen in unmittelbarer Umgebung des Polyions lokalisiert ist, wodurch die apparente Gesamtladung des Polyelektrolyts reduziert wird. Die Zahl der kondensierten Gegenionen ergibt sich aus der Konkurrenz zwischen dem Enthalpiegewinn durch elektrostatische Wechselwirkungen einerseits und dem Entropieverlust durch Einfangen der vormals freien Gegenionen andererseits 2. Ein wichtiger Parameter zur Quantifizierung der Gegenionenkondensation ist der Ladungsparameter ξ des Polyelektrolyts. Er ist gemäß Gleichung (5.4) definiert als Verhältnis der Bjerrumlänge l B und dem axialen Abstand der Ladungen b P auf der Polymerkette: l = b B ξ (5.4) P Die Bjerrumlänge l B ist derjenige Abstand zweier Elementarladungen e in einem Medium mit der Permittivität ε = ε 0 ε r, bei dem die Coulomb-Wechselwirkung gerade gleich der thermischen Energie k B T ist:

80 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 75 l B 2 e = 4πε k B T (5.5) Der Einfluss des Ladungsabstands b P bzw. des Ladungsparameters ξ auf die Gegenionenkondensation ist in Abbildung 5.2 schematisch dargestellt. Während bei großem Ladungsabstand b P l B bzw. ξ 1 eine Gegenionenkondensation weitgehend ausbleibt (A und B), ist diese bei kleinem Ladungsabstand b P < l B bzw. ξ > 1 energetisch begünstigt (C). A B b P > l B b P = l B ξ < 1 ξ = 1 C b P < l B ξ > 1 Abbildung 5.2: Schematische Darstellung der Gegenionenkondensation in Abhängigkeit vom axialen Ladungsabstand b P auf der Polymerkette bzw. dem Ladungsparameter ξ Manning führte das Konzept der Gegenionenkondensation weiter, indem er das Polyion in der nach ihm benannten Manning-Theorie 139 als unendlich langes Stäbchen betrachtete, auf dem in jeweils gleichen Abständen b P diskrete Ladungen aufgebracht sind ( line of charge ). Es wird angenommen, dass Wechselwirkungen zwischen zwei oder mehr Polyionen vernachlässigbar sind und die Dielektrizitätskonstante an jeder Stelle der des reinen Lösungsmittels entspricht. Gemäß der Manning-Theorie kondensieren in Lösungen von Polyelektrolyten mit hoher Ladungsdichte (ξ > 1) und einfach geladenen Gegenionen genau so viele Gegenionen auf dem Polyion, dass der effektive Ladungsparameter auf den Wert ξ eff = 1 reduziert wird. Bei Polyelektrolyten mit geringer Ladungsdichte (ξ < 1) findet keine Kondensation statt und es gilt: ξ eff = ξ. Für ξ > 1 ergibt sich direkt der Bruchteil f ξ der kondensierten Gegenionen 140, der im Allgemeinen als Manning-Fraktion bezeichnet wird:

81 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 76 1 f ξ =1 (5.6) ξ Entsprechend ist der Anteil der nicht kondensierten Gegenionen, bzw. der nicht durch die kondensierten Gegenionen kompensierte Ladungsanteil des Polyelektrolyts, gegeben durch (1- f ξ ) = (ξ) -1. Gleichung (5.6) impliziert, dass die Anzahl der Gegenionen in der kondensierten Phase nicht von der Polyelektrolyt-Konzentration abhängt und somit auch für den Fall unendlicher Verdünnung erhalten bleibt 140. Die mobilen, nicht kondensierten Gegenionen unterliegen den langreichenden elektrostatischen Wechselwirkungen mit dem hochgeladenen Polyion, das durch den reduzierten Ladungsparameter ξ eff charakterisiert ist. Die auf diese Weise separierten langreichweitigen Coulomb-Wechselwirkungen können nun durch die Debye-Hückel- Näherung beschrieben werden. Aus der auf diese Weise berechneten freien Energie des Systems leitete Manning in seinen Limiting-Laws für den Fall unendlicher Verdünnung Grenzgesetze thermodynamischer Eigenschaften ab 139. Für den osmotischen Koeffizienten φ folgt daraus: 1 φ = für ξ > 1 (5.7) 2ξ φ = 1 ξ für ξ < 1 (5.8) 2 und für den Aktivitätskoeffizienten der Gegenionen γ P : 1 γ P = ξ e für ξ > 1 (5.9) ξ γ P = exp für ξ < 1 (5.10) 2 Es muss hervorgehoben werden, dass φ und γ P als experimentell bestimmbare Größen den Anteil der tatsächlich freien Gegenionen repräsentieren. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass (1 - φ) bzw. (1 - γ P ) nicht nur die Fraktion der kondensierten Gegenionen darstellt, sondern zusätzlich den Effekt der Debye-Hückel-Wechselwirkung auf die mobilen Gegenionen 139 beinhaltet. Aus diesem Grunde gilt: (1 φ) - > f ξ bzw. (1 - γ P ) > f ξ.

82 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten smotischer Koeffizient und Aktivitätskoeffizient der Gegenionen Für ideale Lösungen ist der osmotische Druck Π id durch die van t Hoffsche Gleichung (5.11) gegeben, wobei c i die Konzentration jeder Komponente darstellt: Π = RT (5.11) id c i i Betrachtet man die Lösung einer Polybase, wie z. B. Polyvinylamin, im Verlaufe einer Protonierung mit HBr ohne Zusatz von Fremdsalz, so ergibt sich die Summe der gelösten Komponenten aus der Konzentration des Polymers c P und der Summe seiner Bromidgegenionen. Die Konzentration der Gegenionen kann aus dem Produkt der Konzentration aller ionisierbarer Gruppen c N und ihrem tatsächlich ionisiert vorliegenden Anteil α berechnet werden. Entsprechend gilt für den idealen osmotischen Druck: Π id ( c + c ) = RT α (5.12) P N Für hochmolekulare Polyelektrolyte und hohe Dissoziationsgrade α gilt näherungsweise: Π RT α (5.13) id c N Aufgrund der starken Abweichung von der Idealität ist der gemessene osmotische Druck Π von Polyelektrolytlösungen niedriger als der nach Gleichung (5.12) berechnete. Die Abweichung von der Idealität kann durch die Einführung des Akivitätskoeffizienten γ P beschrieben werden 141 : ( + α γ ) Π = RT c P c N P (5.14) Mit der Definition des osmotischen Koeffizienten φ aus Gleichung (5.3) ergibt sich aus (5.12) und (5.14): φ Π c + α c γ P N P = = γ P (5.15) Πid cp + α c N Für hochmolekulare Polyelektrolyte und hohe Dissoziationsgrade kann analog zu (5.13) die Polymerkonzentration vernachlässigt werden und der osmotische Koeffizient φ entspricht dem Aktivitätskoeffizienten γ P.

83 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 78 Wird dem System Fremdsalz hinzugefügt, beispielsweise NaBr der Konzentration c NaBr, so ist der osmotischen Druck der Polyelektrolyt-Salz-Lösung in einem sehr großen Konzentrationsbereich 142 gegeben durch die Summe aus dem osmotischen Druck des Polyelektrolyts inklusive seiner Gegenionen Π P und dem osmotischen Druck des niedermolekularen Salzes Π NaBr. Für den osmotischen Koeffizienten φ gilt somit Gleichung (5.16), wobei der Aktivitätskoeffizient des Fremdsalzes vernachlässigt werden kann (γ NaBr = 1) 1,136,138. Π + Π c + α c γ + 2c P NaBr P N P NaBr NaBr φ = = (5.16) Πid cp + α c N + 2c NaBr γ Analog kann die Aktivität aller Bromidionen a Br - aus der Summe der Aktivität der Gegenionen (α c N γ P ) und der Aktivität der Bromidionen des Fremdsalzes (c NaBr γ NaBr ) berechnet werden. Für den Aktivitätskoeffizienten γ Br - gilt folglich 141,143 : α c γ + c γ N P NaBr NaBr Br γ = mit γ = Br Br (5.17) α c N + c NaBr c a Br Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass die hier beschriebene, von Katchalsky et al. 141,143 gefundene, Äquivalenz von φ und γ P im Widerspruch zu den Limiting Laws (Gleichung (5.7) bis (5.10)) aus der Manning Theorie steht. Der osmotische Koeffizient φ und damit auch der Aktivitätskoeffizient γ P werden hauptsächlich von der Ladungsdichte auf der Polymerkette bestimmt: Eine steigende Ladungsdichte hat einen schnellen Abfall von φ und γ P zur Folge. Steigt die Ladungsdichte über einen bestimmten Betrag an, so sind φ und γ P in erster Näherung umgekehrt proportional zum Dissoziationsgrad α des schwachen Polyelektrolyts, d. h. das Produkt α γ P = i bzw. α φ = i ist konstant und wird als effektiver Dissoziationsgrad bezeichnet 143. In Abbildung 5.3 ist die Abhängigkeit des effektiven Dissoziationsgrads i vom Dissoziationsgrad α für verschiedene Polysäuren gezeigt, wobei auf den strukturell vorgegebenen Abstand b zwischen zwei benachbarten ionisierbaren Gruppen auf der Kette normiert wurde 143.

84 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 79 Abbildung 5.3: Normierter effektiver Dissoziationsgrad (α φ / b), aufgetragen gegen den normierten Dissoziationsgrad (α / b) 143 : aus dem Poisson-Boltzmann-Zellmodell berechnet ( ) mit (a) ξ = ξ strukturell, (b) ξ = 1,5 ξ strukturell und (c) ξ = 2 ξ strukturell sowie den experimentellen Daten für Polyacrylat ( ), Polymethacrylat ( ), Polyphosphat ( ), Carboxymethylcellulose ( ) und Alignat ( ). Es hat sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass die Messergebnisse nur dann befriedigend mit dem Poisson-Boltzmann-Zellmodell beschrieben werden können, wenn ein höherer Ladungsparameter ξ angenommen wird als er sich aus den strukturellen Daten berechnen lässt 1,55. In Abbildung 5.3 können dann gute Übereinstimmungen zwischen Theorie und Experiment beobachtet werden, wenn die Ladungsdichte der kettensteifen Systeme (Carboxymethylcellulose und Alignat) um den Faktor 1,5 und die der flexiblen Systeme um den Faktor 2 zu hoch angenommen werden. Die beschriebene Konstanz der effektiven Dissoziation ist aus biophysikalischer Sicht sehr wichtig, denn in metabolischen Prozessen spielt der Protonen-Transport eine entscheidende Rolle. Durch die hierbei auftretenden Änderungen der lokalen Protonenkonzentrationen in der Zelle könnten starke Fluktuationen des osmotischen Drucks erwartet werden, was jedoch nicht der Wirklichkeit entspricht: Bei der Bindung von Protonen an natürliche Polyelektrolyte verändern sie deren Dissoziationsgrad und gleichzeitig den osmotischen Koeffizienten der Gegenionen. Aufgrund des konstanten effektiven Dissoziationsgrads verändert sich der osmotische Druck nicht die Lösung kann als osmotisch gepuffert bezeichnet werden 133.

85 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten Säure-Base-Eigenschaften von schwachen Polyelektrolyten Protonierungsgleichgewicht von monosäurigen Basen Nach der Definition von Brønsted und Lowry handelt es sich bei Säuren um Protonendonoren und bei Basen um Protonenakzeptoren. In wässriger Lösung einer Base B kann folgende Gleichgewichtsreaktion formuliert werden (Schema 5.1). Schema 5.1 B + H 2 BH + + H - Da die konjugierte Säure BH + selbst eine Brønsted-Säure darstellt, lässt sich das Basengleichgewicht auch in der folgenden Form (Schema 5.2) schreiben. Schema 5.2 BH + + H 2 B + H 3 + Dieses Gleichgewicht kann im Falle einer verdünnten Lösung nach dem Massenwirkungsgesetz mit der Ionisations- oder Säurekonstanten K S und deren negativen dekadischen Logarithmus pk S (Gleichung (5.18)) beschrieben werden. + a( H 3 ) a(b) K S = + a(bh ) pk S = - lg K S (5.18) Die Hydroniumionenaktivität a(h 3 + ) spielt eine zentrale Rolle in vielen Prozessen und ihre Größe variiert über einen weiten Bereich, der ph-skala. Der ph-wert ist gemäß Gleichung (5.19) definiert. ph = - lg a(h 3 + ) (5.19) Eine Anwendung, in der Säurekonstanten und ph-werte eine wichtige Rolle spielen, ist die Säure-Base-Titration. Im Folgenden soll allgemein abgeleitet werden, wie sich der

86 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 81 ph-wert ändert, wenn eine schwache Base mit einer starken Säure titriert wird. Diese Ableitung erfolgt analog zum in der Literatur 144 beschriebenen umgekehrten Fall. Zu einer Lösung der schwachen Base B des Volumens V B und der Konzentration B 0 wird eine starke Säure HX der Konzentration A titriert. Das Volumen V A der zugegebenen Säure erhöht im Laufe der Titration das Gesamtvolumen auf V = V B + V A. Im gesamten Verlauf der Titration bleibt die Elektroneutralität gewahrt, d. h. für die Konzentrationen muss gelten: [BH + ] + [H 3 + ] = [X - ] + [H - ] (5.20) Da die schwache Base B vorgelegt wird, ändert sich während der Titration die Stoffmenge an B nur durch Protonierung zu BH +. Die Summe der Stoffmengen von B und BH + bleibt konstant, die Summe der Konzentrationen b ändert sich durch die Volumenzunahme der Lösung. [BH + ] + [B] = b mit b B B = (5.21) V A V + V B Die Stoffmenge an X - -Anionen ist wegen der vollständigen Dissoziation der starken Säure zu jedem Zeitpunkt durch A V A gegeben, in deren Konzentration s wieder das Gesamtvolumen eingeht: [X - ] = s mit s A V V + V A = (5.22) A B Weiterhin ist das Verhältnis von [B] zu [BH + ] laut Gleichung (5.18) durch die Säurekonstante K S und die Hydroniumionenaktivität a(h 3 + ) bestimmt, wobei die Aktivitäten näherungsweise durch die Konzentrationen ersetzt werden können: [ H 3 ] [B] K S = + (5.23) [BH ] +

87 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 82 Durch Einsetzen von [B] = b - [BH + ] aus Gleichung (5.21) in Gleichung (5.23) erhält man nach Umformen: ] [H ] [H ] [BH = K S b mit B A B V V V B b + = (5.24) Setzt man [BH + ] aus Gleichung (5.24) sowie [X - ] aus Gleichung (5.22) in die Elektroneutralitätsbeziehung (5.20) ein und drückt die Hydroxidionenkonzentration [H - ] mit Hilfe des Ionenprodukts von Wasser durch [H - ] = K W / [H 3 + ] aus, so erhält man: ] [H ] [H ) ( ]) [H ( ] [H = W B A A B A S B K V V V A V V K V B (5.25) Diese Gleichung drückt die Hydroniumionenkonzentration [H 3 + ] als Funktion der zugegebenen Volumina an starker Säure aus. Da es sich hierbei um eine kubische Gleichung bezüglich [H 3 + ] handelt, ist die Umformung zu Gleichung (5.26), die die Berechnung der benötigten Volumina zum Erreichen eines beliebigen ph-werts ermöglicht, einfacher als die Lösung der Gleichung (5.25) bezüglich [H 3 + ]. (5.26) 3 ] 3 [H 2 ] 3 [H ] 3 [H 2 ] 3 [H ] 3 [H 3 ] 3 [H 2 ] 3 [H ] 3 [H 2 ] 3 [H = S K W K W K S K A S K A S K W K W K S K B B V A V In Abbildung 5.4 sind auf diese Weise berechnete Verhältnisse der Stoffmengen an zugegebener Säure A V A zur Stoffmenge an vorgelegter Base B 0 V B als Funktion des ph- Werts für verschiedene Basen dargestellt. Dieses Stoffmengenverhältnis wird als Neutralisationsgrad β definiert: B A V B V A = β (5.27) Der Äquivalenzpunkt ist erreicht, wenn die Stoffmenge an zugegebener Säure der Stoffmenge an vorgelegter Base entspricht, folglich der Neutralisationsgrad β = 1 beträgt. Als Pufferbereich wird der Bereich bezeichnet, in dem der ph-wert der Lösung

88 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 83 bei Säurezugabe am wenigsten sinkt. Aus Abbildung 5.4 wird deutlich, dass dies für einen Neutralisationsgrad 0,1 < β < 0,9 zutrifft ph ,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 β Abbildung 5.4: Änderung des ph-werts während der Titration einer schwachen Base mit einer starken Säure. Der Neutralisationsgrad β wurde gemäß Gleichung (5.26) und (5.27) berechnet, wobei eine Säurekonzentration von A = 1 mol/l und eine Anfangsbasenkonzentration von B 0 = 0,02 mol/l sowie die literaturbekannten pk S -Werte 145 der folgenden Basen bzw. ihrer konjugierten Säuren eingesetzt wurden: NEt 3 ( pk S = 10,75), NH 3 ( pk S = 9,25), N(EtEtMe) 3 ( pk S = 7,52) und Ac - ( pk S = 4,75). Für den Pufferbereich können die folgenden Näherungen gemacht werden: Die Konzentration an protonierter Base [BH + ] ist allein durch die zugegebene Menge an Säure und damit laut Gleichung (5.22) durch s gegeben. Vernachlässigt ist hierbei die geringe Ionisation von BH +. Umgekehrt ist die Konzentration an nicht protonierter Base [B] näherungsweise gegeben durch die Differenz aus der Gesamtkonzentration an vorgelegter Base b (als B und BH + ) und der in der Lösung vorliegenden Konzentration an zugegebener Säure s. Damit geht die Säurekonstante K S aus Gleichung (5.23) näherungsweise über in: [ H + 3 ] (b-s) K S = (5.28) s

89 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 84 Durch Umformen erhält man die Henderson-Hasselbalch-Gleichung: s ph = pk S lg (5.29) b-s Diese kann mit dem Protonierungsgrad α folgendermaßen geschrieben werden: + α [BH ] ph = pk S lg mit α = β + 1 α [BH ] + [B] (5.30) Der Protonierungsgrad α kann im Pufferbereich einer ph-titration unter Vernachlässigung der Eigendissoziation des Salzes der schwachen Base BH + näherungsweise mit dem Neutralisationsgrad β gleichgesetzt werden. Bei einem Protonierungsgrad von α = 0,5 gilt mit Gleichung (5.30): ph = pk S, was bedeutet, dass man den pk S -Wert direkt durch eine ph-messung bestimmen kann Protonierungsgleichgewicht von Polybasen Bei Polybasen sind im Gegensatz zu einsäurigen Basen eine Vielzahl ionisierbarer Gruppen an einem Molekül lokalisiert. Die Auswirkungen von mehr als einer ionisierbaren Gruppe pro Molekül auf das Protonierungsgleichgewicht soll im Folgenden erläutert werden. Lapanje et al. 146 untersuchte das Protonierungsverhalten von Polyethylenimin (C) sowie dessen oligomerer Homologen Ethylendiamin (A) und Diethylentriamin (B). In Abbildung 5.5 sind die bei der Protonierung mit Salzsäure erhaltenen Titrationskurven dargestellt.

90 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 85 H 2 N NH 2 H 2 N N H 0 0, , Zugabe von HCl [eq] Abbildung 5.5: Von S. Lapanje et al. 146 aufgenommene ph-werte von wässrigen Lösungen der Basen (A) Ethylendiamin, (B) Diethylentriamin und (C) Polyethylenimin als Funktion der zugegebenen Menge an HCl. Die Äquivalente eq beziehen sich auf die Gesamtzahl der vorhandenen Amino- bzw. Iminogruppen. NH 2 N H n Für den Fall der zweisäurigen Base Ethylendiamin können zwei ausgeprägte Pufferbereiche und zwei definierte Äquivalenzpunkte entsprechend der beiden enthaltenen Aminofunktionen beobachtet werden. Die Basenstärke der zweiten Aminofunktion ist durch die schon vorhandene positive Ladung des ersten Ammoniumions deutlich herabgesetzt. Folglich ist der pk S -Wert für den zweiten Protonierungsschritt (pk S,2 7) deutlich kleiner als für den ersten (pk S,1 10). Schon bei der dreisäurigen Base Diethylentriamin sind potentiometrisch nicht mehr alle drei Protonierungsschritte separierbar. Es ist nur noch ein Pufferbereich sowie ein Äquivalenzpunkt bei zugegebenen 2 / 3 eq HCl vorhanden. Dieser ist der Protonierung der beiden primären Amine zuzuordnen. Bei der Protonierung von Polyethylenimin ist weder eine ausgeprägte Pufferwirkung noch ein scharfer Äquivalenzpunkt zu beobachten. Das Protonierungsverhalten von ligo- und Polybasen im Vergleich zu einsäurigen Basen ist also nicht mehr ausschließlich bestimmt durch die Charakteristik der funktionellen Gruppe mit einer einzigen definierten Säurekonstanten. Vielmehr wird das Gleichgewicht zusätzlich durch das elektrostatische Potential beeinflusst, das von den an der Kette lokalisierten Ladungen aufgebaut wird. Die Anzahl der ionisierbaren Gruppen und der Abstand zwischen ihnen beeinflussen neben der Ionenstärke der Lösung die Größe des Potentials. Diese Faktoren bestimmen, ob die einzelnen n Protonierungsschritte potentiometrisch separiert und somit, wie im Beispiel des Ethylendiamins, die mikroskopischen pk-werte (pk S,n ) ermittelt werden können.

91 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 86 Bei Polybasen wie auch bei Polysäuren ist die Auftrennung in einzelne Protonierungsschritte aufgrund der hohen Anzahl ionisierbarer Gruppen in keinem Fall möglich. Hier ist meist eine kontinuierliche Verschiebung der Basen- bzw. Säurestärke mit steigendem Protonierungsgrad α zu beobachten, was sich z. B. in Form der schlechten Pufferwirkung in Abbildung 5.5 (C) widerspiegelt. Diese Verschiebung kann durch Berechnung der apparenten Ionisationskonstanten pk app für jeden gemessenen ph-wert im Verlauf der Titration veranschaulicht werden. Im Falle der Polybasen ergibt sich im Gleichgewichtsfall mit der Henderson-Hasselbalch-Gleichung (5.30) für pk app : α pk app = ph + lg (5.31) 1 α Bei Polybasen sinkt pk app mit steigendem Protonierungsgrad α. Diese Abnahme der Basenstärke resultiert aus dem positiven Potential, welches sich bei steigendem Protonierungsgrad α immer stärker am Makromolekül aufbaut und somit eine immer stärker werdende Abstoßung der Protonen vom Polyion hervorruft. Eine thermodynamische Betrachtung, ursprünglich von verbeek und Katchalsky 147 beschrieben, führt zu Gleichung (5.32). Die Ionisationskonstante pk app im Verlauf der Protonierung ist gegeben durch die Differenz aus der intrinsischen Ionisationskonstante des ungeladenen Polymers pk 0 und der Änderung der freien elektrostatischen Energie G el der Polyelektrolytlösung. Der Term (dg el / dα) kann auch als die Arbeit verstanden werden, die benötigt wird, um ein Proton gegen das elektrostatische Potential ψ aus unendlichem Abstand an die Polyelektrolytoberfläche ( G el ) zu bringen 2. 0,4343 dgel pk app = pk 0 mit (dg el / dα) = G el = N A e ψ (5.32) RT dα Der Titrationsverlauf einer Polysäure mit einer starken Base kann ebenfalls mit Gleichung (5.31) und (5.32) beschrieben werden. Hierbei muss statt des Protonierungsgrads α der Neutralisationsgrad α eingesetzt werden, der durch α = 1 α gegeben ist. Im Falle von Polysäuren steigt pk app mit steigendem Neutralisationsgrad α. Fortschreitende Deprotonierung führt zum Aufbau eines negativen Potentials, was

92 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 87 eine Erniedrigung der Säurestärke zur Folge hat. Entsprechend ändert sich das Vorzeichen des Terms (dg el / dα) in Gleichung (5.32). Stellvertretend für Polybasen und Polysäuren ist in Abbildung 5.6 die Änderung von pk app im Verlauf einer Titration von (A) Polyvinylamin bzw. (B) Polyacrylsäure dargestellt, wie sie von van Treslong et al. 148 bzw. Nagasawa et al. 149 erhalten wurden. (A) (B) Abbildung 5.6: Verlauf der apparenten Ionisationskonstanten pk app während der Titration von (A) Polyvinylamin mit Salzsäure 148 und (B) Polyacrylsäure mit Natronlauge 149. Kern 150 sowie Katchalsky und Spitnik 151 beschrieben erstmals phänomenologisch den Verlauf des ph-werts bei der Titration von Polysäuren mit der erweiterten Henderson- Hasselbalch-Gleichung. Analog zu Gleichung (5.30) lautet diese für Titrationen von Polybasen: α ph = pk 0, 5 n lg für α = 0,5 gilt: pk 0,5 = pk S = ph (5.33) 1 α Mit den Konstanten pk 0,5 und n kann Gleichung (5.33) an eine experimentell ermittelte Titrationskurve angepasst werden. Die Konstanten beschreiben die Größe des elektrostatischen Potentials und sind aus diesem Grunde abhängig vom untersuchten Polyelektrolyt sowie von der Ionenstärke der Lösung. Ist das Potential vernachlässigbar

93 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 88 klein, so gilt unabhängig vom Protonierungsgrad pk 0,5 = pk S sowie n = 1. Gleichung (5.33) geht dann in die einfache Henderson-Hasselbalch-Gleichung (5.30) über. Da Gleichung (5.33) den Verlauf des ph-werts bei Titrationen von Polybasen und Polysäuren meist nur für Protonierungsgrade nahe α = 0,5 gut beschreibt, wurde von M. Mandel 152 vorgeschlagen, die apparente Ionisationskonstante pk app aus Gleichung (5.31) und (5.32) durch folgende Reihenentwicklung anzunähern: pk app = pk 0 + ϕ 1 α + ϕ 2 α 2 (5.34) Hierbei bedeutet pk 0 wiederum die intrinsische Ionisationskonstante des ungeladenen Polymers, die durch die Charakteristik der einzelnen ionisierbaren Gruppe gegeben ist, während der Koeffizient ϕ 1 durch die Anordnung der ionisierbaren Gruppen im Polymer bestimmt ist. Im Falle von Polysäuren nimmt ϕ 1 positive Werte an 152, während bei Polybasen negative Werte erhalten werden 148. Der Koeffizient ϕ 2 wird als abhängig von einer Störung der mittleren Ladungsanordnung (z. B. durch Kettenaufweitung) beschrieben. Alle drei beschriebenen Parameter sind zusätzlich von der Ionenstärke der Lösung abhängig. Um die Abhängigkeit der Ionisationskonstante pk app vom Protonierungsgrad α und damit den ph-verlauf bei der Titration einer Polybase bzw. Polysäure verstehen und vorhersagen zu können, wurden eine Reihe von theoretischen Modellen entwickelt. Diese können unterteilt werden in die sogenannten meanfield-modelle, denen unter angenommener statistischer Ladungsverteilung auf der Polymerkette ein zeitgemitteltes Potential zugrunde liegt, und in Modelle, die mit diskreten Ladungsverteilungen arbeiten. Ziel bei der Entwicklung der meanfield-modelle war stets, die Änderung der freien elektrostatischen Energie (dg el / dα) aus Gleichung (5.32) im Verlauf der Titration zu berechnen. Dazu wurde das elektrostatische Potential um die Polymerkette bestimmt, die als unendlich langer Zylinder betrachtet wurde. Dies gelang entweder durch numerische Lösung 153 der Poisson-Boltzmann-Gleichung oder analytisch unter Verwendung des in Kapitel 5.1 beschriebenen Zellmodells 136,142,143,154. Eine gute Übereinstimmung zwischen meanfield-theorie und Experiment wurde immer dann festgestellt, wenn Polymere verwendet wurden, bei denen erstens keine zu großen konformativen Änderungen während der Titration auftreten und zweitens die Ladungen

94 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 89 nicht zu dicht angeordnet sind und somit Wechselwirkungen der nächsten Nachbarn vernachlässigt werden dürfen. Bei höheren Neutralisationsgraden genügt beispielsweise Polyacrylsäure 149,153,155 diesen Anforderungen sehr gut. Marcus 156 und etwas später Lifson 157 führten in diesem Zusammenhang erstmals ein Modell ein, das auf einer diskreten Ladungsverteilung beruht. Es wurde durch statistische Betrachtung der repulsiven Wechselwirkungen der geladenen Gruppen auf der Polymerkette mit deren nächsten Nachbarn gleicher Ladung abgeleitet. Katchalsky et al. 158 beobachtete eine zufrieden stellende Übereinstimmung dieses Modells mit den Polybaseneigenschaften von Polyvinylamin. Bei ähnlichen Untersuchungen von Polyethylenimin konnte durch zusätzliche Einbeziehung der übernächsten Nachbarn eine noch bessere Übereinstimmung erreicht werden 159. Abbildung 5.7 repräsentiert eine von Borkovec 160 veröffentlichte übersichtliche Darstellung der Ergebnisse der beiden beschriebenen Modelle inklusive einer Computersimulation für das Verhalten einer linearen, kettensteifen Polybase. Abbildung 5.7: Berechnete Titrationskurven einer linearen, kettensteifen Polybase 160 a) ohne Berücksichtigung von Wechselwirkungen der an der Kette lokalisierten Ladungen (einsäurige Base mit pk S = 10), b) nach dem mean-field -Ansatz, c) nach dem Modell der diskreten Ladungen unter ausschließlicher Berücksichtigung der nächsten Nachbarn und d) mit Hilfe einer Computersimulation. Mit dem mean-field -Ansatz ergibt sich eine breite Protonierungsstufe über den gesamten ph-bereich, die den scharfen Übergang und die damit verbundene gute Pufferwirkung der einsäurigen Base ersetzt. Das Modell der nächsten Nachbarn hingegen sagt einen um α = 0,5 symmetrischen, s-förmigen Verlauf des ph-werts

95 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 90 vorher, was zwei voneinander unterscheidbare Protonierungsstufen impliziert, wie es bei Dibasen (Abbildung 5.5 A) beobachtet wird. Dies kann mit einer Stabilisierung des intermediären Zustands von alternierend protonierten und deprotonierten Gruppen erklärt werden. Einen vollständig anderen Ansatz zur Beschreibung von Titrationskurven veröffentlichten Manning und Holtzer 161, der einige Jahre später von Manning 162,163 weiterentwickelt wurde. Die Grundidee liegt in der Anwendung des in Kapitel 5.1 beschriebenen Modells der Gegenionenkondensation für eine Linienladung unendlicher Länge. Auf dieser Basis ist theoretisch, d. h. ohne Verwendung anpassbarer Fit- Parameter, eine Vorhersage des Verlaufs der apparenten Ionisationskonstanten pk app möglich. Da die Manning-Theorie oberhalb einer kritischen Ladungsdichte das Auftreten der Phase kondensierter Gegenionen vorsieht, wird an der entsprechenden Stelle der Titrationskurve ein signifikanter Sprung von pk app vorhergesagt, der experimentell nie gefunden wurde. Durch weitere Modifizierungen dieses Modells durch Satoh et al. 164 gelang zwar eine Vorhersage von Titrationskurven ohne ph- Sprung, gute Übereinstimmungen mit Experimenten konnten aber trotzdem nicht erzielt werden 2. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Titrationsverhalten von Polybasen und Polysäuren bisher nur phänomenologisch beschreibbar ist. Je nach Struktur des Polymers sind dazu einzelne der oben diskutierten Modelle geeignet. Als sehr problematisch bei der Interpretation der Messdaten erwies sich hierbei in der Vergangenheit der nicht quantifizierbare Einfluss der schon diskutierten konformativen Effekte 137,149,152,165. Zuverlässige Voraussagen des Titrationsverhaltens von Polysäuren oder Polybasen in Abhängigkeit ihrer Struktur sind unter anderem aus diesem Grund bisher noch nicht möglich.

96 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten Untersuchungsmethoden von Säure-Base-Gleichgewichten Eine Untersuchung von Protonierungen und Deprotonierungen erfordert stets eine exakte Bestimmung des ph-werts. Dies ist z. B. durch potentiometrische Messungen unter Verwendung von ph-elektroden möglich. Im Vordergrund steht hierbei meistens die Aufnahme des ph-werts während eines Titrationsexperiments (vgl. Abbildung 5.4). Durch Verwendung von spektroskopischen Methoden können zusätzlich die genauen Konzentrationen der protonierten und der nicht protonierten Spezies bestimmt werden. Dafür eignen sich insbesondere die UV/VIS- und die NMR-Spektroskopie. Im Folgenden sollen die Grundlagen der in dieser Arbeit verwendeten Methoden der Potentiometrie und der NMR-Spektroskopie erläutert werden Potentiometrische Untersuchung mit einer ph-glaselektrode Das mit einer ph-glaselektrode gemessene Potential E genügt der Nernstschen Gleichung (5.35) mit dem Standardpotential der Messkette E 0 und dem Diffusionspotential E d. RT F E = E + a + + H ln E (5.35) d Ersetzt man die Aktivität a H+ durch das Produkt aus Aktivitätskoeffizient γ H+ und Protonenkonzentration [H + ], erhält man Gleichung (5.36). RT ln10 + RT ln10 E = E + lg [H ] + lg γ H + + E F F d (5.36) Diese Gleichung beschreibt das lineare Verhalten des gemessenen Potentials E in Bezug auf den Logarithmus der Protonenkonzentration. Durch Kalibration der Messkette mit Pufferlösungen bekannter ph-werte können folglich die ph-werte unbekannter Proben bestimmt werden. Lineares Verhalten bezüglich des Logarithmus der Protonenkonzentration ergibt sich, wenn sowohl der Aktivitätskoeffizient γ H+ als auch das Diffusionspotential E d konstant sind. Eine unterschiedliche Ionenstärke von

97 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 92 Kalibrationslösung und Probelösung kann jedoch Einfluss auf γ H+ und E d haben und verursacht eine entsprechende Abweichung von der Linearität. Eine Untersuchung dieser Abweichung wurde in der Literatur 166 beschrieben. Sie betrug maximal 0,1 ph- Einheiten und ist deshalb im Rahmen dieser Arbeit vernachlässigbar klein Quantitative NMR-Analyse Das Säure-Base-Gleichgewicht aus Schema 5.1 kann mit Hilfe der NMR-Spektroskopie untersucht werden. Ziel ist es, bei verschiedenen ph-werten die Konzentrationen von [BH + ] und [B] und damit den Protonierungsgrad α zu bestimmen. Dies setzt voraus, dass es z. B. 1 H- oder 13 C-NMR-Signale gibt, die im protonierten und deprotonierten Zustand der Base ausreichend unterschiedlichen chemischen Verschiebungen unterliegen. Diese können dann als intramolekularer Sensor dienen. Da es sich bei der betrachteten Säure-Base-Reaktion um ein dynamisches Gleichgewicht handelt, ist die Signalform stark abhängig von der Geschwindigkeit des Austauschprozesses in Bezug auf die NMR-Zeitskala. Diese Abhängigkeit ist in Abbildung 5.8 dargestellt 167. δ m Austauschgeschwindigkeit δ X-B δ X-BH+ δ Abbildung 5.8: Schematische Darstellung der Kernresonanzspektren für einen Prozess X-B (+ H + ) X-BH + in Abhängigkeit von der Austauschgeschwindigkeit 167

98 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 93 Abbildung 5.8 gibt den Fall wieder, dass X-BH + und X-B bei langsamem Austausch Singulettabsorptionen gleicher Intensität zeigen, die dann bei schnellem Austausch zu einem doppelt so intensiven Signal bei δ m verschmelzen. Da die Dynamik der meisten Säure-Base-Gleichgewichte bezogen auf die NMR- Zeitskala sehr hoch ist 168 und entsprechend ein gemitteltes Signal beobachtet wird, kann aus der Signallage auf den Protonierungsgrad α geschlossen werden. In Abbildung 5.9 ist nun die Signallage sehr schneller Austauschprozesse für fünf verschiedene Protonierungsgrade α dargestellt 168. δ X-B δ X-BH+ α Abbildung 5.9: Schematische Darstellung 168 von fünf Kernresonanzspektren für einen sehr schnellen Prozess X-B (+ H + ) X-BH + in Abhängigkeit vom Protonierungsgrad α Jedes hier dargestellte Spektrum besteht aus einem scharfen Singulett. Die Lage dieses Signals variiert von der chemischen Verschiebung der vollständig protonierten Spezies δ X-BH+ bis zur chemischen Verschiebung der vollständig deprotonierten Spezies δ X-B. In dem Bereich dazwischen ändert sich δ linear mit der relativen Konzentration 168,169 : + δ X BH + [BH ] + δ X B [B] δ = = δ + α + δ + X BH X [BH ] + [B] B (1 α) (5.37) Durch NMR-Messungen während einer ph-titration kann aus der chemischen Verschiebung δ mit Gleichung (5.37) der Protonierungsgrad α bei verschiedenen ph- Werten bestimmt werden, falls die Grenzverschiebungen δ X-BH+ und δ X-B bekannt sind.

99 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten Potentiometrie als Untersuchungsmethode der Gegenionenaktivität Die Gegenionenkondensation von Polyelektrolyten wurde im Rahmen dieser Arbeit potentiometrisch unter Verwendung einer ionenselektiven Elektrode untersucht. Die Grundlagen sollen im Folgenden beschrieben werden. Das Potential E zwischen einer ionenselektiven Elektrode und einer geeigneten Referenzelektrode ist gegeben durch die Nernstsche Gleichung. Diese lautet im Falle einer Bromidelektrode analog zu (5.35) und (5.36), wobei hier die Aktivität a Br - bzw. die Konzentration c Br - und der Aktivitätskoeffizient γ Br - der Bromidionen eingesetzt wurden: RT F E = E + ln a + Br RT ln10 F E d RT ln10 F = E + lg c + lg γ + Br Br E d (5.38) (5.39) Das Potential E verhält sich unter Annahme eines konstanten Aktivitätskoeffizienten γ Br - und eines konstanten Diffusionspotentials E d linear bezüglich des Logarithmus der Bromidionenkonzentration. Deshalb kann analog zur Messung des ph-werts durch Kalibration der Messkette mit Lösungen bekannter Bromidionenkonzentration die Bromidionenkonzentration einer niedermolekularen Probelösung bestimmt werden. Hierbei muss sichergestellt sein, dass die Probelösung keine Störionen (z. B. Cl -, I - ) enthält, die neben den Bromidionen das Potential E ebenfalls verändern. Bei der Untersuchung einer Polyelektrolytlösung ist ein Teil der zu bestimmenden Ionen kondensiert, d. h. die Aktivitätskoeffizienten γ Br - der niedermolekularen Kalibrationslösung und der Polyelektrolytlösung sind nicht gleich. Vielmehr drückt γ Br - im Falle einer Polyelektrolytlösung die Abweichung vom idealen Verhalten ohne Gegenionenkondensation aus und muss experimentell bestimmt werden. Dies ist durch Aktivitätsmessungen bei bekannten Bromidkonzentrationen möglich, vorausgesetzt die Änderung des Diffusionspotentials E d ist vernachlässigbar. Auf diese Weise wurden z. B. von lofsson und Zacharov 170 mit einer natriumselektiven Elektrode bzw. einer chloridselektiven Elektrode die Aktivitäten der jeweiligen Ionen in Lösung während der schrittweisen Deprotonierung von Polyacrylsäure bestimmt. Die Polybasen Polyethylenimin und Polyvinylamin wurden während Protonierungsversuchen diesbezüglich von van Treslong und Moonen 171

100 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 95 sowohl osmometrisch als auch potentiometrisch untersucht. Zusätzlich sind in der Literatur weitere Aktivitätsmessungen der Gegenionen von Polyvinylalkoholsulfonat 172, Polyacrylaten 173 und ionischen Polysacchariden 174 beschrieben. Die für die Bestimmung der Gegenionenkondensation obligatorische Umrechnung der gemessenen Aktivitäten in tatsächliche Konzentrationen erfolgte hierbei stets durch Kalibration gegen niedermolekulare Salzlösungen. Dieses Vorgehen wird von Mandel 1 und Ise 175 als problematisch und fehlerbehaftet bewertet, da eine Beeinflussung der Messungen durch Wechselwirkung der hochgeladenen Polyionen mit der Elektrode sowie sich ändernde Diffusionspotentiale 176 unberücksichtigt bleibt. In dieser Arbeit erfolgte die Auswertung der Daten auf einem anderen Weg. Die hierzu benötigten Variablen sollen an dieser Stelle eingeführt werden: Nimmt man an, dass die kondensierten Gegenionen nicht zum Potential E beitragen, d. h. eine Aktivität von Null besitzen, gilt für das Potential E von Polyelektrolytlösung neben Gleichung (5.39) auch (5.40): RT ln10 F RT ln10 F E = E + lg capp + lg γ app + E d (5.40) Hierbei bedeutet c app die Konzentration der freien, also messbaren Bromidionen, deren Aktivitätskoeffizient γ app dem Aktivitätskoeffizienten niedermolekularer Lösungen entspricht und somit unabhängig vom Grad der Gegenionenkondensation ist. Durch Gleichsetzen von (5.39) und (5.40) ergibt sich für den relativen Anteil freier Bromidionen γ* Br -: γ c γ app Br * = = Br (5.41) c γ Br app Dieser geht für verdünnte Lösungen (γ app 1) 133,136,141,172 in den Aktivitätskoeffizienten γ Br - über. In diesem Fall kann c app mit der Aktivität a Br - gleichgesetzt werden. Die Konzentration der messbaren Bromidionen c app kann wie bei einer niedermolekularen Probelösung mit unbekannter Bromidkonzentration durch externe Kalibration mit Lösungen bekannter Bromidionenkonzentration unter Annahme eines für beide Lösungen gleichen Diffusionspotentials E d bestimmt werden. Die Möglichkeit einer internen Kalibration ist in Kapitel 6.4 beschrieben.

101 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 96 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 6.1 Kontrollierte Protonierung der Precursorpolymere 39 c und 47 c Die Precursorpolymere 39 c und 47 c verhalten sich in wässriger Lösung als Polybasen und können den schwachen Polyelektrolyten zugeordnet werden. Durch Zugabe von Säuren werden die tertiären Aminogruppen in den Seitenketten protoniert. Der eingestellte ph-wert der Lösung bestimmt hierbei die Lage des Protonierungsgleichgewichts (Schema 6.1) und damit die Ladungsdichte auf der Polymerkette. H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 (H 3 CCH 2 CH 2 ) 2 N (CH 2 CH 2 ) 3 H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 +2n HCl Cl (H 3 CCH 2 CH 2 ) 2 NH (CH 2 CH 2 ) 3 x n -2n HCl x n H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 (CH 2 CH 2 ) 3 H 3 C(CH 2 CH 2 ) 3 (CH 2 CH 2 ) 3 (H 3 CCH 2 CH 2 ) 2 N (H 3 CCH 2 CH 2 ) 2 NH 39 c: x = 1 47 c: x = 0 40 c: x = 1 64 c: x = 0 Cl Schema 6.1 Um die Lösungseigenschaften der dargestellten Polyelektrolyte in Abhängigkeit von der Ladungsdichte genau untersuchen zu können, muss der Anteil an protonierten Aminogruppen (Protonierungsgrad α) als Funktion des ph-werts der Lösung bestimmt werden. In der Literatur werden neben der Potentiometrie in der jüngeren Vergangenheit immer häufiger spektroskopische Methoden zur quantitativen Untersuchung von Protonierungs-Deprotonierungs-Gleichgewichten beschrieben. So wurden z. B. von Sumaru et al. 177 die Polybasen Polyvinylamin und Polyallylamin sowie die Polysäure Polyvinylsulfonsäure durch UV/VIS-Spektroskopie unter Verwendung eines ph- Indikators untersucht. Auch die NMR-Spektroskopie hat sich z. B. bei Untersuchungen von Aza-Makrozyklen 178, oligomeren Homologen des Polyethylenimins sowie Poly(propylenimin)-Dendrimeren 179 und Polyvinylamin 180 als besonders wertvoll

102 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 97 herausgestellt. Hierbei konnten die Protonierungsgleichgewichte der verschiedenen enthaltenen Aminogruppen separiert werden. Um das Potential der NMR-Spektroskopie für das hier vorliegende System zu evaluieren, wurden Modell-Experimente mit dem niedermolekularen tertiären Amin 65 durchgeführt (Schema 6.2), welches ein nahezu identisches Substitutionsmuster wie die Aminogruppe im Precursorpolymer 39 c und 47 c aufweist. (CH 2 CH 2 ) 2 CH 3 H 3 C(CH 2 CH 2 ) 2 N (CH 2 CH 2 ) 2 CH 3 + HCl - HCl Cl (CH 2 CH 2 ) 2 CH 3 H 3 C(CH 2 CH 2 ) 2 NH (CH 2 CH 2 ) 2 CH Schema 6.2 Dazu wurden 0,2 mmol des Modellamins 65 in 10 ml Deuteriumoxid (c N = 20 mmol/l) gelöst und durch Zugabe von 1 M Natronlauge ein ph-wert von 11,41 eingestellt. Von dieser Lösung wurden 0,8 ml entnommen und NMR-spektroskopisch untersucht. Anschließend wurden sukzessive kleinste Mengen 1 M Salzsäure hinzugefügt und nach jeder Zugabe erneut NMR-Spektren von entnommenen Proben aufgenommen. Die ph- Werte der Lösungen wurden mit einer Glaselektrode bestimmt, die zuvor mit den Pufferlösungen ph 4,00, ph 7,00 und ph 10,00 kalibriert wurde. Eine Korrektur bezüglich des Isotopeneffekts erfolgte nicht. In Abbildung 6.1 ist eine repräsentative Serie von 1 H-NMR-Spektren inklusive der zur Signalzuordnung gewählten Nummerierung der Atome dargestellt.

103 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften (CH 2 CH 2 ) 2 CH 3 H 3 CCH 2 CH 2 CH 2 CH 2 N 6-8 CH 3 9 (CH 2 CH 2 ) 2 CH 3 ph = 11,41 ph = 8,74 ph = 8,41 ph = 7,90 8 ph = 7, ph = 6,83 8 ph = 4, Chemical Shift (ppm) Abbildung 6.1: 1 H-NMR-Titrationsexperiment mit Modellverbindung 65 in Deuteriumoxid bei 25 C. Die zur Aminogruppe α-ständigen Methylenprotonen sind mit einem Pfeil markiert. Aus den 1 H-NMR-Spektren ist klar zu sehen, dass die zur Aminogruppe α-ständigen Methylenprotonen (H 9 ) als Sensor des Protonierungszustands fungieren können. Die Signale der NCH 2 -Protonen erfahren mit abnehmendem ph-wert einen Tieffeldshift von δ = 2,82 ppm bei ph 11,41 nach δ = 3,55 ppm bei ph 4,85. Dieser Shift ist eine direkte Folge der weniger starken magnetischen Abschirmung der betrachteten Protonen, wenn das Nachbaratom eine positive Ladung trägt. Diese Beobachtung steht im Einklang mit vielen in der Literatur 178, 181, 182, 183, 184, 185 beschriebenen 1 H-NMR- Titrationen. Sowohl im Falle der vollständigen Protonierung als auch im Falle fehlender

104 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 99 Protonierung können für die CH 2 -Protonen scharfe Tripletts beobachtet werden, während im ph-bereich dazwischen die Signale breit und unstrukturiert vorliegen. Diese Verbreiterung liegt vermutlich daran, dass die Geschwindigkeiten der auftretenden Protonenaustauschprozesse in der Größenordnung des 1 H-NMR- Zeitfensters liegen. Das oben beschriebene Experiment wurde schließlich mit den Precursorpolymeren 39 c und 47 c wiederholt, wobei die gleiche Konzentration c N = 20 mmol/l eingestellt wurde. Die erhaltenen 1 H-NMR-Spektren sind in Abbildung 6.2 und Abbildung 6.3 dargestellt. Es wird deutlich, dass diese analog zu denen des Modellamins 65 interpretiert werden können. Auch hier tritt bei beiden Polymeren der Tieffeldshift der NCH 2 -Protonen mit steigendem ph-wert in gleichem Maße auf. Die Nummerierung der Atome erfolgte gemäß Abbildung 3.10 bzw. Abbildung CH 3 4, 5, 6-8, 11, 4' 5' 6' - 9' 9,10 ph = 11,60 ph = 7,99 ph = 7,10 ph = 6,95 ph = 6,11 ph = 2, Chemical Shift (ppm) Abbildung 6.2: 1 H-NMR-Titrationsexperiment mit Precursorpolymer 39 c in Deuteriumoxid bei 25 C. Die zur Aminogruppe α-ständigen Methylenprotonen (H 9, H 10 ) sind mit einem Pfeil markiert.

105 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 100 ph = 12, , 11 CH 3 9,10 ph = 8,15 ph = 7,67 ph = 7,13 ph = 6,70 ph = 5,81 ph = 2, ppm Abbildung 6.3: 1 H-NMR-Titrationsexperiment mit Precursorpolymer 47 c in Deuteriumoxid bei 25 C. Die zur Aminogruppe α-ständigen Methylenprotonen (H 9, H 10 ) sind mit einem Pfeil markiert. In Abbildung 6.4 sind die 13 C-NMR-Spektren der vollständig deprotonierten und vollständig protonierten Amine 65 (A bzw. B), 39 c (C bzw. D) sowie 47 c (E bzw. F) dargestellt. Hierbei wird deutlich, dass im Falle der 13 C-NMR-Spektroskopie das Signal der zur Aminogruppe β-ständigen Methylenkohlenstoffatome (C 8, C 11 ) dem größten Shift bei der Protonierung unterliegt. Im Gegensatz zu den Ergebnissen aus der 1 H- NMR-Spektroskopie handelt es sich hierbei sogar um einen Hochfeldshift mit abnehmendem ph-wert. So absorbieren die β-kohlenstoffatome C 8 des deprotonierten

106 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 101 Modellamins 65 bei δ = 70,86 ppm, während die des protonierten bei δ = 66,81 ppm absorbieren. Dies steht in voller Übereinstimmung mit Ergebnissen aus 13 C-NMR- Titrationen, die in der Literatur 178,181,186 beschrieben sind. 6, 7 8 CH 3 9 (A) 8 (B) 4-8, 11 4' - 9' 9, 10 (C) 4-7 4' - 9' 8, 11 (D) 4-8, 11 (E) (F) 4-7 8, ppm Abbildung 6.4: Aliphatenbereich der 13 C-NMR-Spektren des Modellamins 65 in Deuteriumoxid bei 25 C (deprotoniert (A) bzw. protoniert (B)), der Polybase 39 c (deprotoniert (C) bzw. protoniert (D)) sowie der Polybase 47 c (deprotoniert (E) bzw. protoniert (F)).

107 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften Untersuchung des Säure-Base-Gleichgewichts mittels Potentiometrie Um die Säure-Base-Gleichgewichte insbesondere für die Polybasen noch genauer zu untersuchen, wurden zusätzlich zu den NMR-Untersuchungen aus Kapitel 6.1 weitere Titrationsexperimente durchgeführt. Ziel war die Erhöhung der Genauigkeit der NMR-Messungen, da diese durch die Verbreiterung der NMR-Signale (vgl. Abbildung 6.1 bis Abbildung 6.3) doch stark fehlerbehaftet sind. Weiterhin galt es zu überprüfen, wie die Verwendung des Lösungsmittels Wasser statt Deuteriumoxid die Lage des Gleichgewichts beeinflusst. Die wichtigste Aufgabe lag jedoch darin, Titrationskurven insbesondere bei deutlich geringerer Polyelektrolytkonzentration aufzunehmen, was mit NMR-Experimenten durch die relativ geringe Sensitivität der Methode schlechter möglich ist. Aus diesem Grund wurden mit Hilfe einer ph-glaselektrode und eines ph-meters Titrationskurven aufgenommen, ohne dass der Lösung Proben entnommen wurden. In orientierenden Vorversuchen wurde das niedermolekulare Modellamin 65 bzw. der Precursor 39 c in 10 ml Wasser gelöst (c N = 20 mmol/l) und der sich nach 2 min eingestellte ph-wert bestimmt. Anschließend wurde 1 M Salzsäure oder 1 M Natronlauge in kleinen Schritten hinzugefügt. Die aufgezeichneten ph-werte sind in Abbildung 6.5 gegen die zugegebenen Mengen an Salzsäure bzw. Natronlauge aufgetragen Modellamin Precursor 8 ph ,5-1,0-0,5 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 Zugabe [N-eq] von NaH HCl Abbildung 6.5: ph-wert von wässrigen Lösungen (10 ml) des Modellamins 65 ( ) und des Polymers 39 c ( ) der Aminokonzentration c N = 20 mmol/l, aufgetragen gegen die hinzugefügte Menge an Salzsäure bzw. Natronlauge. Die Äquivalente eq beziehen sich auf die Zahl der Aminogruppen.

108 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 103 Es ist erkennbar, dass sowohl für das niedermolekulare Amin 65 als auch für das Polymer 39 c zwischen ph = 10 und ph = 4 der Übergang von der deprotonierten in die protonierte Form erfolgt. Die jeweiligen Wendepunkte bei ph = 10 bzw. ph = 4 können den Neutralisationsgraden β = 0 bzw. β = 1 zugeordnet werden, welche näherungsweise den Protonierungsgraden α = 0 bzw. α = 1 entsprechen. Im stärker alkalischen bzw. im stärker sauren ph-bereich wird die Pufferwirkung des Wassers dominierend und die Amine liegen außerhalb der Wendepunkte ausschließlich in der vollständig deprotonierten bzw. vollständig protonierten Form vor. Die Titrationskurve des Precursors 39 c ist gegenüber der des Modellamins 65 nach links verschoben. Dies spiegelt den schon in Kapitel 3.3 diskutierten Fall wider, dass der Precursor vermutlich während der Aufarbeitung mit Spuren an Säure reagiert hat und folglich hier schon ohne Zugabe an Säure zu etwa 25 % protoniert vorlag. Bei allen nun folgenden ph-titrationen wurde das niedermolekulare Modellamin 65, der Precursor 39 c oder 47 c in Wasser gelöst und zusätzlich zwischen 10 µl und 50 µl 1 M Natronlauge hinzugefügt, um sicherzustellen, dass zu Beginn der Titration alle Aminofunktionalitäten deprotoniert vorlagen. Anschließend erfolgte zur Erhöhung der Genauigkeit die schrittweise Zugabe an 1 M Salzsäure mit einem automatischen Dosimeter in einem zeitlichen Abstand von jeweils zwei Minuten. Die gemessenen ph- Werte wurden während des gesamten Zeitraums durchgehend mit einem Computer erfasst. Das Erreichen eines konstanten ph-signals und damit des Gleichgewichtszustands konnte nach jedem Dosierungsschritt beobachtet werden. Der Protonierungsgrad α wurde bei der Auswertung mit Hilfe der beiden Wendepunkte bei α = 0 und α = 1 kalibriert. Dies führte zu einer Überprüfbarkeit von Einwaagefehlern und erlaubte eine Vernachlässigung der Volumenzunahme im Verlauf der Titration. In Abbildung 6.6 sind auf diesem Wege ermittelte Titrationskurven von wässrigen Lösungen (10 ml) des Modellamins 65 ( ) und der Precursorpolymere 39 c ( ) und 47 c ( ) dargestellt. Die Konzentration bezogen auf die Stickstoffatome betrug c N = 20 ± 2 mmol/l. Die durchgezogene Linie ( ) entspricht einem Fit der Modellamin-Messwerte mit der Henderson-Hasselbalch-Gleichung (5.30) und spiegelt das erwartete Verhalten einer niedermolekularen Base mit einem pk S -Wert von 7,52 wider. Dieser pk S -Wert ist im Vergleich zu anderen Stickstoffbasen 145, wie z. B. Triethylamin (pk S = 10,75) oder Ammoniak (pk S = 9,25), deutlich kleiner. Die relativ geringe Basizität von 65 resultiert aus dem Substitutionsmuster, was durch den Vergleich mit der literaturbekannten Basenstärke von Triethanolamin 145 (pk S = 7,77)

109 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 104 deutlich wird. In beiden Fällen setzen die Ethoxysubstituenten die Basenstärke herab. Als Grund hierfür sind neben elektronischen Einflüssen auch Einflüsse durch Wasserstoffbrückenbindungen denkbar. Die geringe Basenstärke erweist sich in zweierlei Hinsicht als sehr vorteilhaft: Erstens können zur Kalibration beide Wendepunkte herangezogen werden - der Wendepunkt bei einem Protonierungsgrad von α = 0 wird mit steigendem pk S -Wert der Base immer schlechter detektierbar (vgl. Abbildung 5.4). Zweitens erfolgt die komplette Titration in nur schwach alkalischer Lösung, wodurch der störende Kohlendioxideintrag durch die umgebende Luft gering bleibt. Zusätzlich sind in Abbildung 6.6 die Ergebnisse aus den NMR-spektroskopischen Untersuchungen (,, ) abgebildet. Die Protonierungsgrade α wurden aus den chemischen Verschiebungen δ der 1 H-NMR-Spektren bei unterschiedlichen ph-werten (Abbildung 6.1 bis Abbildung 6.3) mit Hilfe der Gleichung (6.1) berechnet. Diese setzt eine lineare Abhängigkeit des Tieffeldshifts (δ δ X-B ) mit dem Protonierungsgrad α voraus und kann durch Umformen von Gleichung (5.37) erhalten werden. Hierbei entspricht δ X-B bzw. δ X-BH+ den chemischen Verschiebungen der Protonen H 9 und H 10 der vollständig deprotonierten bzw. vollständig protonierten Spezies. δ δ X B α = (6.1) δ X BH + δ X B

110 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften ph ,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 α Abbildung 6.6: ph-wert von wässrigen Lösungen (10 ml) des Modellamins 65 ( bzw. ), der Precursorpolymere 39 c ( bzw. ) und 47 c ( bzw. ) der Aminokonzentration c N = 20 mmol/l, aufgetragen gegen den potentiometrisch (Quadrate) bzw. NMRspektroskopisch (Dreiecke) bestimmten Protonierungsgrad α bwohl die tertiären Aminogruppen der drei Basen 65, 39 c und 47 c ein nahezu identisches Substitutionsmuster aufweisen, unterscheiden sich die Kurvenverläufe voneinander. Während im alkalischen Bereich zwischen 10 > ph > 8,5 die Messpunkte in allen drei Fällen sehr gut durch die Henderson-Hasselbalch-Gleichung mit einem pk S von 7,52 beschrieben werden, weichen die Messpunkte der Polybasen mit steigender Protonierung immer stärker davon ab. So liegen die ph-werte bei einem Protonierungsgrad von α = 0,5 im Falle des Modellamins 65 bei ph = 7,5, im Falle des Precursors 39 c bei ph = 7,1 und im Falle des Precursors 47 c sogar bei ph = 6,6. Die Basizität scheint also in dieser Reihenfolge abzunehmen. Diese Tendenzen werden auch durch die Messpunkte aus den NMR-spektroskopischen Untersuchungen wiedergegeben. Die NMR-Daten der Precursorpolymere 39 c ( ) und 47 c ( ) stimmen innerhalb der Fehlertoleranz von ± 0,2 ph-einheiten mit den potentiometrisch ermittelten Titrationskurven ( bzw. ) gut überein, was das angenommene lineare Verhalten der chemischen Verschiebung mit α für die Polybasen 39 c und 47 c bestätigt. Die NMR-Daten des Modellpolymers 65 ( ) liegen hingegen etwa 0,5 ph-einheiten über der potentiometrisch ermittelten Kurve ( ). Ein Grund für

111 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 106 diese Diskrepanz ist die Verwendung von Deuteriumoxid statt Wasser bei den NMR- Messungen, ohne dass die ermittelten ph-werte korrigiert wurden. In der Literatur wurde der Isotopeneffekt bei Säure-Base-Titrationen unter Verwendung von ph- Glaselektroden vielfach untersucht 187, 188, 189. Von allen Arbeitsgruppen wurde festgestellt, dass der tatsächliche pd-wert einer Deuteriumoxid-Lösung mit einer ph- Elektrode meist durch einfache Addition des angezeigten ph-werts mit 0,4 ermittelt werden kann: pd = ph abgelesen + 0,4 (6.2) Von R. B. Martin 190 wurden zusätzlich Ionisationskonstanten in Wasser (pk S ) mit denen in Deuteriumoxid (pk D ) verglichen und es wurde empirisch folgender Zusammenhang gefunden: pk D = 1,015 pk S + 0,45 (6.3) Bei der Ermittlung von Säurekonstanten in Deuteriumoxid mit Hilfe einer ph- Glaselektrode unter Verwendung der abgelesenen ph-werte heben sich die Konstanten in den Gleichungen (6.2) und (6.3) in der Mehrzahl der Fälle auf. Dass dies im Falle des Modellamins 65 nicht so genau zutrifft, konnte aus dem identisch geführten potentiometrischen Experiment in Deuteriumoxid statt Wasser bestätigt werden: Die Messpunkte ( ) verschieben sich um etwa 0,3 ph-einheiten ins Basische und entsprechen dann näherungsweise den Ergebnissen aus der NMR-spektroskopischen Untersuchung. Die ermittelte Tendenz in der Basenstärke 65 > 39 c > 47 c entspricht dem erwarteten Verhalten von Polybasen im Vergleich zu niedermolekularen Basen und kann folgendermaßen erklärt werden: Der Grad der Protonierung wird durch die Charakteristik der funktionellen Gruppe (Substitutionsmuster des Amins) und zusätzlich durch das elektrostatische Potential aller geladenen Gruppen an der Polymerkette bestimmt. Das positive Potential, welches sich bei steigendem Protonierungsgrad α immer stärker am Makromolekül aufbaut, bewirkt eine immer stärker werdende Abstoßung der Protonen. Die Polybase verhält sich folglich mit steigendem Protonierungsgrad α immer weniger basisch. Da in der Polybase 47 c die

112 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 107 Aminofunktionen dichter angeordnet sind, wirkt sich der elektrostatische Effekt stärker aus. Um die Konzentrationsabhängigkeit des Polyelektrolyteffekts zu untersuchen, wurden die oben beschriebenen Titrationen zusätzlich bei niedrigerer Basenkonzentration wiederum in 10 ml wässriger Lösung vorgenommen. In Abbildung 6.7 sind die Messergebnisse des Modellamins 65 und der Precursor 39 c und 47 c der Aminokonzentration c N = 2,0 ± 0,2 mmol/l und c N = 20 ± 2 mmol/l gemeinsam dargestellt. Zusätzlich ist die Titrationskurve des wasserlöslichen Monomers 38 c abgebildet, welches im Gegensatz zum Modellamin 65 zwei Aminofunktionen besitzt ph ,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 α Abbildung 6.7: ph-wert von wässrigen Lösungen (10 ml) des Modellamins 65 ( bzw. ), der Precursorpolymere 39 c ( bzw. ) und 47 c ( bzw. ) sowie des Monomers 38 c ( ) der Aminokonzentrationen c N = 20 mmol/l (Quadrate) bzw. c N = 2 mmol/l (Dreiecke), aufgetragen gegen den Protonierungsgrad α Der Verlauf des ph-werts im Falle des Modellamins 65 zeigt erwartungsgemäß fast keine Abhängigkeit von der vorgelegten Basenkonzentration. Das Titrationsverhalten des Monomers 38 c mit zwei Aminofunktionen entspricht nicht dem einer zweisäurigen Base, d. h. es können keine zwei Pufferbereiche wie in Abbildung 5.5 (A) beobachtet werden. Vielmehr verhält sich das Monomer 38 c mit einem einzigen Pufferbereich identisch wie das Modellamin 65. Dies bedeutet, die beiden Aminofunktionen müssen als zwei voneinander getrennte Basensysteme betrachtet werden, die Protonierung des

113 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 108 ersten Amins beeinflusst die Protonierung des zweiten nicht. Eine gegenseitige Beeinflussung tritt also erst nach dem Verknüpfen der Monomere zu den Polymeren auf. Dies steht im Einklang mit Ergebnissen, die in der Literatur beschrieben sind: so wird von Häußling et al. 191 während einer ph-titration des Hexaamins 67 (Abbildung 6.8) die Beeinflussung der beiden tertiären Amine als Funktion ihres Abstands für x = 2, 3 und 4 untersucht. Hierbei wird berichtet, dass bereits für x = 4 die beiden Aminogruppen in der Titrationskurve nicht mehr unterscheidbar sind und somit maximal noch eine geringe Wechselwirkung vorliegen kann. Dies wird in theoretischen Untersuchungen von Borkovec 192 bestätigt, der Wechselwirkungsparameter der aliphatischen Dibasen H 2 N-(CH 2 ) x -NH 2 in Abhängigkeit von der Anzahl der Methylengruppen bestimmte. H 2 N NH 2 N CH 2 N x H 2 N Abbildung 6.8: Von Häußling et al. 191 potentiometrisch untersuchtes Hexaamin NH 2 Im Falle der Polybasen 39 c und 47 c wird die erwartete Konzentrationsabhängigkeit des elektrostatischen Effekts bestätigt. Bei einer Aminokonzentration von c N = 2 mmol/l verhalten sich die Polybasen noch weniger basisch als bei c N = 20 mmol/l. Eine geringere Polyelektrolytkonzentration ist gleichbedeutend mit einer geringeren Ionenstärke der Lösung. Folglich sind die Ladungen weniger stark abgeschirmt und beeinflussen die Protonierung in stärkerem Maße. Die Erhöhung der Ionenstärke durch die Zugabe an Säure während der Titration hat keinerlei Einfluss auf die erhaltenen Messkurven. Dies konnte mittels zweier direkt aufeinander folgender Titrationen der Polybasen 39 c und 47 c bestätigt werden: zuerst erfolgte durch Titration mit 1 M Säure die Protonierung und anschließend durch Titration mit 1 M Natronlauge die Deprotonierung. Innerhalb der geschätzten Fehlergrenzen von ± 0,2 ph-einheiten war keine Hysterese erkennbar. Um den diskutierten elektrostatischen Effekt insbesondere für die Polybasen separat quantifizieren zu können, wird aus den Titrationskurven (Abbildung 6.7) mit Hilfe der Gleichung (6.4) der sogenannte apparente pk-wert (pk app ) als Funktion des Protonierungsgrads α berechnet. Dieser drückt die Basenstärke des Amins zu jedem Zeitpunkt der Titration aus. Gleichung (6.4) kann durch Umformen der Henderson-

114 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 109 Hasselbalch-Gleichung (5.30) erhalten werden und stellt eine Näherung für den Pufferbereich einer Titrationskurve dar. α pk app = ph + lg (6.4) 1 α Die auf diese Weise berechneten pk app -Werte sind in Abbildung 6.9 in vergrößertem Maßstab gegen den Protonierungsgrad α aufgetragen. 7,5 7,0 pk app 6,5 6,0 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 α Abbildung 6.9: pk app des Modellamins 65 ( bzw. ), der Precursorpolymere 39 c ( bzw. ) und 47 c ( bzw. ), aufgetragen gegen den Protonierungsgrad α bei den Aminokonzentrationen c N = 20 mmol/l (Quadrate) bzw. c N = 2 mmol/l (Dreiecke). Die durchgezogenen Linien entsprechen einem Fit der Messpunkte durch eine Reihenentwicklung gemäß Gleichung (5.34). Erwartungsgemäß ist der apparente pk-wert des Modellamins 65 bei einer Aminokonzentration von c N = 20 mmol/l mit pk app = 7,5 nahezu über den kompletten Protonierungsbereich konstant und somit unabhängig von α. Eine Abweichung kann nur für α < 0,1 und α > 0,9 beobachtet werden, was bestätigt, dass die Henderson- Hasselbalch-Gleichung nur im Pufferbereich gültig ist. Aus diesem Grund beziehen sich alle weiteren Diskussionen ausschließlich auf den Bereich 0,1 < α < 0,9. Da der Pufferbereich bei einer Verringerung der Basenkonzentration kleiner wird, ergeben sich für die Konzentration c N = 2 mmol/l geringe Abweichungen von pk app = 7,5. Da diese

115 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 110 im Bereich 0,1 < α < 0,9 weniger als 0,1 pk-einheiten betragen, wird der daraus resultierende Fehler im Folgenden vernachlässigt. Das Sinken der pk-werte der Polybasen 39 c und 47 c mit zunehmender Protonierung repräsentiert den steigenden elektrostatischen Effekt. So ergeben sich für den vollständig protonierten Precursor 39 c je nach Konzentration die apparenten pk-werte pk app = 6,9 bzw. pk app = 6,3 sowie für 47 c pk app = 6,2 bzw. pk app = 5,9. Dies bedeutet eine Veränderung der Ionisationskonstanten K S im Verlauf der Protonierung über mehr als eine Zehnerpotenz. 6.3 Diskussion der Polybasen-Eigenschaften Das potentiometrische Verhalten von zahlreichen flexiblen polymeren Basen, wie z. B. Polyvinylamin 158,177,180, 193 oder Polyethylenimin 159, 194, 195, von flexiblen polymeren Säuren, wie z. B. Polyacrylsäure 149,196 und Polymethacrylsäure 149,154,197 sowie von amphoteren Polymeren 198 wurde in der Vergangenheit ausführlich untersucht und diskutiert. In diesen Fällen wird von einer Veränderung der Ionisationskonstanten K S im Laufe der Titration über zwei bis hin zu sechs Zehnerpotenzen und folglich von noch dominierenderen intramolekularen elektrostatischen Wechselwirkungen berichtet. Die in dieser Arbeit gefundene Verringerung von K S über weniger als zwei Zehnerpotenzen zeigt das Gelingen der angestrebten Synthese von kettensteifen Polyelektrolyten mit geringer Ladungsdichte. Da eine Fit der Messdaten der Polybasen 39 c und 47 c mit der erweiterten Henderson-Hasselbalch-Gleichung (5.30) nur für einen kleinen Bereich um α = 0,5 gelingt, wurde stattdessen der Verlauf der apparenten Ionisationskonstante pk app zwischen 0,1 < α < 0,9 mit der von Mandel 152 vorgeschlagenen Reihenentwicklung (Gleichung (5.34)) angenähert. In Abbildung 6.9 sind die entsprechenden Fitfunktionen mit den in Tabelle 6.1 aufgelisteten drei Parametern pk 0, ϕ 1 und ϕ 2 als durchgezogene Linien dargestellt.

116 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 111 Tabelle 6.1: Parametersätze der Reihenentwicklung pk app = pk 0 + ϕ 1 α + ϕ 2 α 2 Polybase c N pk 0 ϕ 1 ϕ 2 39 c 20 mmol/l 7,28-0,32-0,14 39 c 2 mmol/l 7,11-1,00 0,18 47 c 20 mmol/l 7,31-1,88 0,76 47 c 2 mmol/l 7,33-2,68 1,11 Der angepasste Parameter pk 0 liegt bei allen Titrationen im Bereich 7,33 > pk 0 > 7,11 und somit sehr dicht an dem pk-wert des Modellamins 65 (pk = 7,5). Im Rahmen der Messgenauigkeit kann pk 0 analog zu den Untersuchungen von Mandel 152 (Polyacrylsäure) und Fenyo et al. 199 (teilhydrolysiertes Polyacrylamid) als intrinsische Ionisationskonstante des ungeladenen Polymers interpretiert werden. Für die Konstante ϕ 1 ergibt sich bei allen Messkurven ein negativer Wert. Dies repräsentiert die Erniedrigung von pk app bei zunehmender Protonierung der Polybase und wurde auch von van Treslong 148 bei der Untersuchung der Polybasen Polyvinylamin und Polyethylenimin festgestellt. Innerhalb der vier tabellierten Parametersätze steigt der Betrag von ϕ 1 sowohl bei geringerer Konzentration der Polybase und somit geringerer Ionenstärke der Lösung als auch bei dichterer Anordnung der ionisierbaren Gruppen. Damit wird die in der Literatur 152 beschriebene Abhängigkeit der Konstante ϕ 1 von der Stärke der elektrostatischen Wechselwirkung der Ladungen auf der Kette bestätigt. Qualitativ gleicht die Form der gemessenen Titrationskurven von 39 c und 47 c (Abbildung 6.6 und Abbildung 6.7) der in Abbildung 5.7 (b) dargestellten Titrationskurve, die mit dem mean-field -Ansatz berechnet wurde. Die Messkurven unterscheiden sich von der Titrationskurve einer monosäurigen Base ohne intramolekulare elektrostatische Wechselwirkungen ausschließlich durch eine etwas schlechtere Pufferwirkung verbunden mit einer breiteren Protonierungsstufe. Es gibt aufgrund der hier durchgeführten Messungen keinerlei Hinweise auf den Einfluss von Wechselwirkungen der nächsten Nachbarn. Dies würde sich, wie in Abbildung 5.7 (c) dargestellt, in einem zusätzlichen Äquivalenzpunkt bei α = 0,5 zeigen. In der Literatur wird dieses Phänomen ausschließlich bei flexiblen Polybasen und Polysäuren mit einer sehr hohen Dichte ionisierbarer Gruppen beschrieben, wie z. B. Polyvinylamin 158,180,200 und Polyethylenimin 159,200 bzw. Polyfumarsäure 201 sowie Polymaleinsäure 202. Hierbei führen starke elektrostatische Wechselwirkungen oder Wasserstoffbrückenbindungen zu

117 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 112 einer enthalpischen Begünstigung des Protonierungsgrads α = 0,5, bei dem die ionisierbaren Gruppen alternierend protoniert und deprotoniert vorliegen. Problematisch beim Vergleich der Ergebnisse von ph-titrationen mit theoretischen Modellen ist stets die Vielzahl von Einflüssen auf die Messungen. Während die elektrostatischen Wechselwirkungen der Ladungen auf der Polymerkette mit den im Theorieteil diskutierten Modellen und Computersimulationen relativ gut zu beschreiben sind und die Stäbchenkonformation intrinsisch vorgegeben ist, konnten die komplexen Wechselwirkungen zwischen Polyionen, Lösungsmittelmolekülen und kondensierten Gegenionen bisher noch nicht eindeutig separiert werden 203. So führt beispielsweise die Hydratation von geladenen Gruppen in ihrer direkten Umgebung zu einer Erniedrigung der Dielektrizitätskonstante des Lösungsmittels 203,161. Weiterhin beeinflussen Neubildung oder Bruch von Wasserstoffbrückenbindungen die Stärke der Wechselwirkungen. Auch der Einfluss des Polymerisationsgrads wird bis heute sehr kontrovers diskutiert. In den meisten theoretischen Modellen gilt das Titrationsverhalten als unabhängig von der Kettenlänge, in Untersuchungen mittels Computersimulationen wurden hingegen deutliche Abhängigkeiten gefunden 204. Diese resultieren unter anderem aus einer ungleichmäßigen Ladungsverteilung auf dem Polymer: Am Kettenende wird eine höhere Ladungsdichte vorhergesagt als im mittleren Teil der Kette 205. Anhand der gemessenen ph-titrationskurven können aus diesem Grund noch keine eindeutigen Aussagen zur Gegenionenkondensation getroffen werden. Dies sollte mit Hilfe der in Kapitel 6.4 beschriebenen Methode zur separaten Bestimmung der Gegenionenkondensation gelingen.

118 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften Untersuchung der Gegenionenaktivität mittels einer ionenselektiven Bromid-Elektrode Gegenionenkondensation an den schwachen PPP-Polyelektrolyten 39 c und 47 c Die angestrebte Untersuchung der Gegenionenkondensation als Funktion der Ladungsdichte der kettensteifen schwachen Polyelektrolyte 39 c und 47 c sollte unter Verwendung der Daten aus den ph-titrationen möglich sein: Der Protonierungsgrad α als Funktion des ph-werts ist bekannt und kann bei angenommener statistischer Ladungsverteilung direkt mit der Ladungsdichte korreliert werden. Eine Methode zur Bestimmung der Aktivität von mobilen Gegenionen stellt die Potentiometrie mit Hilfe einer ionenselektiven Elektrode dar. Das elektrochemische Potential zwischen einer ionenselektiven Elektrode und einer geeigneten Referenzelektrode ist ein Maß für die Aktivität der mobilen Gegenionen (Gleichung 5.38). In dieser Arbeit wurde eine Einstabmesskette verwendet, die aus einer ionenselektiven Bromid-Elektrode und einer Ag/AgCl-Referenzelektrode aufgebaut war. Es wurden Protonierungsexperimente durchgeführt, die den schon in Kapitel 6.2 beschriebenen ph-titrationen entsprachen. Dazu wurden 10 ml einer wässrigen Stammlösung des Modellamins 65 oder des Precursors 39 c (c N 20 mmol/l) mit 50 µl 1 N NaH versetzt und schrittweise mit einem automatischen Dosimeter in einem zeitlichen Abstand von jeweils zwei Minuten 1 N HBr zugegeben. Zuerst wurde der Verlauf des ph-werts mittels einer ph-glaselektrode aufgezeichnet. Durch Kalibrierung auf die beiden Wendepunkte bei α = 0 und α = 1 konnte das zudosierte Volumen an Säure mit dem Protonierungsgrad α korreliert und die genaue Konzentration c N bestimmt werden. Dabei wurde bei jedem Experiment festgestellt, dass die Verwendung von HBr statt HCl innerhalb der Fehlertoleranz von 0,2 ph- Einheiten keinen Einfluss auf die Titrationskurve hatte. Anschließend wurden 10 ml der ursprünglichen Stammlösung der gleichen Prozedur unterzogen, wobei nun bei bekanntem Verlauf des Protonierungsgrads α mit Hilfe einer ionenselektiven Bromid- Elektrode die Aktivität der Bromid-Gegenionen als Funktion des Protonierungszustands bestimmt wurde. Während der Titration wurde die gemessene Potentialdifferenz zwischen der Bromid- und der Referenzelektrode durchgehend mit einem Computer erfasst. Der Verlauf der Potentialdifferenz mit zunehmendem Protonierungsgrad α ist

119 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 114 für den Fall des Modellamins 65 in Abbildung 6.10 dargestellt. Bei der Berechnung der Bromidionenkonzentration c Br - wurde die Volumenzunahme im Verlauf der Titration berücksichtigt E [mv] α = 0 α > 0 Linearer Fit y = -54,7 * log x - 319, x x10-2 c Br _ [mol/l] Abbildung 6.10: Gemessene Potentialdifferenz E zwischen Bromid- und Referenzelektrode einer wässrigen Lösung des Modellamins 65 (c N = 20 mmol/l) während der Titration mit HBr, aufgetragen gegen die Konzentration an Bromidionen c Br - Die schwarzen Messpunkte repräsentieren die Neutralisation der zu Beginn zugegebenen Natronlauge, während die roten Messpunkte die zunehmende Protonierung des Modellamins 65 von α = 0 bis α = 1 darstellen. Die gemessene Potentialdifferenz verhält sich gemäß Gleichung (5.39) über den kompletten Messbereich linear zum Logarithmus der Bromidionenkonzentration. Die geringe Abweichung von dieser Geraden kann mit dem Einfluss der ph-wertänderung während der Titration begründet werden. Die kaum erkennbaren Wendepunkte in Abbildung 6.10 bei α = 0 und α = 1 stimmen mit den Wendepunkten des s-förmigen Verlaufs des ph-werts überein. Diese geringe Abweichung (maximale Abweichung < 0,5 %) beweist die gute Selektivität der Elektrode bezüglich Bromidionen. Der daraus resultierende Fehler wird in den folgenden Auswertungen deshalb nicht berücksichtigt. Nach der vollständigen Protonierung wurde das Modellamin 65 durch Zugabe einer äquivalenten Menge an 1 N NaH deprotoniert. Diese Deprotonierung hatte, wie

120 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 115 erwartet, keinen Einfluss auf die Aktivität der Gegenionen, die gemessene Spannung blieb im gesamten Verlauf der NaH-Zugabe konstant. In Abbildung 6.11 ist der Potentialverlauf dargestellt, der sich bei Protonierung des Precursors 39 c unter ansonsten gleichen Bedingungen ergibt E [mv] x10-2 α = 0 HBr-Titration (α > 0) NaH-Titration (α > 0) Linearer Fit y = -52,9 * log x - 309, x x10-2 c Br _ [mol/l] Abbildung 6.11: Gemessene Potentialdifferenz E zwischen Bromid- und Referenzelektrode einer wässrigen Lösung der Polybase 39 c (c N = 17 mmol/l) während der Titration mit HBr, aufgetragen gegen die Konzentration an Bromidionen c Br -. Das Inset zeigt eine Vergrößerung für den Bereich c Br - > 10-2 mol/l. Die schwarzen Messpunkte symbolisieren wiederum den Bereich der Neutralisation der anfangs zugesetzten Menge an Natronlauge. Erst im Verlauf der roten Messpunkte setzt die Protonierung des Precursors 39 c ein. Hierbei ist eine deutliche Abweichung vom linearen Verhalten festzustellen. Dies ist eine direkte Konsequenz der Gegenionenkondensation: Einige Bromidionen kondensieren am Polyelektrolyt und tragen nicht mehr zum gemessenen Potential bei. Die Gegenionenkondensation wird mit steigendem Protonierungsgrad und damit steigender Ladungsdichte immer größer. Folglich weicht die rote Messkurve immer stärker vom linearen Verlauf ab. Ab einer

121 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 116 Bromidkonzentration von c Br - = mol/l ist der Protonierungsgrad α = 1 erreicht; eine weitere HBr-Zugabe erhöht die Ladungsdichte des Polyelektrolyts nicht weiter. Aus diesem Grund kann für c Br - > mol/l im vergrößerten Bereich von Abbildung 6.11 erneut lineares Verhalten (rote Gerade) beobachtet werden. Nach der vollständigen Protonierung wurde der Precursor 39 c durch schrittweise Zugabe von 1 N Natronlauge deprotoniert. Im Gegensatz zur Deprotonierung des Modellamins 65 ist hierbei ein Einfluss auf die Aktivität der Gegenionen deutlich messbar: Die blauen Messpunkte in Abbildung 6.11 zeigen eine ansteigende Potentialdifferenz bei fortlaufender Deprotonierung bis zum Erreichen der schwarzen Regressionsgeraden. Die tatsächliche Bromidionenkonzentration c Br - bleibt während der Deprotonierung nahezu konstant, sie erniedrigt sich lediglich durch die geringe Volumenzunahme. In Abbildung 6.12 ist der Verlauf der Potentialdifferenz als Funktion der NaH-Zugabe vergrößert dargestellt. α 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0-0,2-0, E [mv] ,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 Zugabe von NaH [eq] Abbildung 6.12: Gemessene Potentialdifferenz E zwischen Bromid- und Referenzelektrode einer wässrigen Lösung der vollständig protonierten Polybase 39 c (c N = 17 mmol/l) während der Titration mit Natronlauge, aufgetragen gegen die hinzugefügten Äquivalente [eq] Natronlauge. Die ansteigende Potentialdifferenz bis zur zugegebenen Menge von einem Äquivalent Natronlauge spiegelt die geringere Gegenionenkondensation bei Herabsetzung der

122 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 117 Ladungsdichte des Polyelektrolyts wider. Die im Falle der vollständig protonierten Polybase kondensierten Bromidionen werden zunehmend frei und tragen ab α = 0 wieder vollständig zum messbaren Potential bei. Eine weitere Zugabe über 1,0 eq Natronlauge bewirkt erwartungsgemäß keine Änderung der gemessenen Spannung mehr. Um quantitative Aussagen zur Gegenionenkondensation treffen zu können, muss eine Kalibration der gemessenen Potentialdifferenz mit der Konzentration der Bromidionen vorgenommen werden. Durch die beschriebene Methode ist eine interne Kalibration der Messwerte sehr gut möglich. Das lineare Verhalten der schwarzen Messpunkte aus Abbildung 6.11 inklusive der nach der vollständigen Deprotonierung ermittelten Spannung E = -221 mv zeigt das ordnungsgemäße Arbeiten im linearen Bereich der Elektrode während der kompletten Messzeit. Die lineare Regression durch diese Punkte diente in den folgenden Auswertungen als interne Kalibration, mit der zu jeder gemessenen Spannung E die sogenannte apparente Bromidkonzentration c app berechnet wurde. Aus dem horizontalen Abstand jedes Messpunkts von der Regressionsgeraden (c Br - c app ) konnte die Konzentration der kondensierten Gegenionen direkt bestimmt werden. Der Quotient c app /c Br - entspricht gemäß Gleichung 5.41 dem Aktivitätskoeffizienten der Bromidionen γ * Br-, der, wie der osmotische Koeffizient, den Anteil an nicht kondensierten Gegenionen darstellt. Er ist in Abbildung 6.13 sowohl für die HBrals auch für die NaH-Titration gegen den Protonierungsgrad α aufgetragen. Dass eine externe Kalibration gegen eine niedermolekulare Salzlösung bekannter Bromidkonzentration im Gegensatz zur internen Kalibration sehr fehlerbehaftet sein kann, wird durch Vergleich der Geradengleichung aus Abbildung 6.11 mit der Geradengleichung aus Abbildung 6.10 deutlich. Bei vollständiger Protonierung des Precursors 39 c, die bei einer tatsächlichen Bromidkonzentration von c Br - 2, mol/l erreicht ist, wurde z. B. eine Potentialdifferenz von E = -210 mv gemessen (Abbildung 6.11). Diese entspricht laut interner Kalibration einer apparenten Bromidkonzentration von c app = 1, mol/l. Im Modellamin-Experiment hingegen ergibt sich für die gleiche Potentialdifferenz eine apparente Bromidkonzentration von c app = 1, mol/l. Damit ergeben sich aus der internen Kalibration 65 % und aus der externen Kalibration 50 % freie, messbare Bromidionen. Diese große Differenz bestätigt die in der Literatur veröffentlichten Vorbehalte 1,175 gegenüber auf diese Weise durchgeführten externen Kalibrationen.

123 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 118 1,0 HBr-Titration NaH-Titration 0,9 0,8 γ* Br - 0,7 0,6 0,5 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 α Abbildung 6.13: Aktivitätskoeffizient der Bromidionen γ * Br-, aufgetragen gegen den Protonierungsgrad α Der Anteil freier, nicht kondensierter Bromidionen sinkt im Verlauf der Säurezugabe zwischen α = 0 und α = 1 von γ * Br- 1 bis γ * Br- 0,65 ab und bleibt bei Zugabe von HBr über α = 1 hinaus nahezu konstant. Dies bedeutet, dass bei der mit Precursor 39 c maximal erreichbaren Ladungsdichte etwa 35 % der insgesamt vorhandenen Bromidionen am Polyelektrolyt kondensiert sind. Bei der anschließenden Titration mit NaH werden die Gegenionen sukzessive wieder frei, wobei γ * Br- während der Rücktitration deutlich größer ist als während der HBr-Titration. Die Differenz γ * Br- zwischen Hin- und Rücktitration von bis zu γ * Br- = 0,1 kann mit dem Vorhandensein unterschiedlicher Konzentrationen an Natriumbromid zum jeweiligen Zeitpunkt erklärt werden. Während der gesamten HBr-Zugabe ist eine konstante Stoffmenge Natriumbromid vorhanden, die durch Neutralisation der anfangs zugesetzten Natronlauge entstand. Im Verlauf der Deprotonierung entsteht für jedes zugesetzte Äquivalent Natronlauge eine entsprechende zusätzliche Menge an Natriumbromid. Diese nicht konstante Fremdsalzkonzentration von Natriumbromid muss bei der Interpretation der Gegenionenkondensation berücksichtigt werden. Sowohl bei osmometrischen Untersuchungen 1,3,55,143, 206, 207 als auch bei potentiometrischen Aktivitätsuntersuchungen 172, 208, 209, 210, 211 von synthetischen und natürlichen Polyelektrolyten wurde in der Literatur oftmals die Gültigkeit einer einfachen Additivitätsregel bestätigt. Danach ist der osmotische Druck einer Polyelektrolyt-

124 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 119 Salz-Lösung gegeben durch die Summe aus dem osmotischen Druck des Polyelektrolyts inklusive seiner Gegenionen und dem osmotischen Druck des niedermolekularen Salzes (Gleichung 5.16). Dies gilt analog auch für die Aktivität der Bromidionen (Gleichung 5.17 und 5.41), d. h. der Aktivitätskoeffizient γ * Br- aller Bromidionen kann aufgeteilt werden in den Aktivitätskoeffizienten γ P der Gegenionen des Polyelektrolyts und in den Aktivitätskoeffizienten γ NaBr ( 1) der Bromidionen des Fremdsalzes. Damit gilt für den Anteil nicht kondensierter Bromidionen γ * Br-: c a α c γ + c app Br N P NaBr NaBr γ * = = Br (6.5) c c α c Br Br N + c NaBr γ Bei erneuter Betrachtung des vergrößerten Bereichs von Abbildung 6.11 wird auch durch die hier beschriebenen Experimente die Gültigkeit der Additivitätsregel bestätigt. Bei HBr-Zugabe über α = 1 hinaus bleibt die Aktivität der Gegenionen α c N γ P konstant und für die Gesamtaktivität der Bromidionen a Br - ergibt sich a Br - = const. + c HBr γ HBr. Da γ HBr = γ NaBr ergibt sich für das Potential E bei c Br - > mol/l eine Gerade (rote Linie) mit einer annähernd gleichen Steigung wie die interne Kalibrationsgerade (schwarze Linie). Der aus Gleichung (6.5) separierbare Aktivitätskoeffizient γ P der Gegenionen des Polyelektrolyts wurde für alle Messpunkte berechnet, indem die zu jedem Zeitpunkt der Titration bekannte Fremdsalzkonzentration c NaBr und die experimentell bestimmten Aktivitätskoeffizienten γ * Br- sowie der Aktivitätskoeffizient γ NaBr = 1 eingesetzt wurden. In Abbildung 6.14 ist der berechnete Aktivitätskoeffizient γ P gegen den Protonierungsgrad α aufgetragen.

125 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 120 1,0 HBr-Titration NaH-Titration 0,9 0,8 γ P 0,7 0,6 0,5 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 α Abbildung 6.14: Aktivitätskoeffizient der Gegenionen γ P des Polyelektrolyts 39 c, aufgetragen gegen den Protonierungsgrad α Der Verlauf von γ P spiegelt den vom Einfluss des Fremdsalzes bereinigten Aktivitätskoeffizienten wider und lässt sich damit direkt mit osmotischen Koeffizienten, bestimmt aus fremdsalzfreien Systemen, vergleichen. Der Aktivitätskoeffizient γ P sinkt mit zunehmender Protonierung zwischen 0,3 < α < 1 von γ P = 0,80 bis γ P = 0,61. Die Werte für γ P der HBr- und NaH-Titration entsprechen sich in diesem Bereich sehr gut, die Differenz beträgt maximal γ P = 0,03. Bei Protonierungsgraden von α < 0,2 wird der Betrag α c N in Zähler und Nenner der Gleichung (6.5) sehr klein und folglich der relative Messfehler sehr groß. Die Messwerte weichen aus diesem Grund erheblich vom erwarteten idealen Verhalten der Gegenionen (γ P = 1) für einen Protonierungsgrad α 0 und somit einer Ladungsdichte ξ 0 ab. Mit den Aktivitätskoeffizienten γ P aus Abbildung 6.14 kann die effektive Ladung i pro Aminofunktion für jeden Protonierungszustand berechnet werden: i = α γ P. Sie bezieht sich genauso wie γ P auf ein fremdsalzfreies System. In Abbildung 6.15 ist die effektive Ladung i gegen den Protonierungsgrad α für die HBr- und die NaH-Titration aufgetragen.

126 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 121 1,0 0,8 HBr-Titration NaH-Titration 0,6 i 0,4 0,2 0,0 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 α Abbildung 6.15: Effektive Ladung i pro Aminofunktion der Polybase 39 c, aufgetragen gegen den Protonierungsgrad α Die Berechnung der effektiven Ladungen i aus Hin- und Rücktitration führen zu identischen Ergebnissen. Die Abweichung von der Diagonalen verdeutlicht die Herabsetzung der effektiven Ladung durch die Kondensation der zu den Polykationen entgegengesetzt geladenen Bromidionen. Durch identisch geführte Titrationsexperimente mit der Polybase 47 c wurden auf die oben beschriebene Weise die Aktivitätskoeffizienten γ P und die effektiven Ladungen i als Funktion von α bei dichterer Anordnung der Aminofunktionen an der Polymerkette ermittelt. In Abbildung 6.16 und Abbildung 6.17 sind die aus Hin- und Rücktitration berechneten Mittelwerte von γ P und i der Polybasen 39 c und 47 c gemeinsam dargestellt. Erwartungsgemäß kondensiert im Fall der strukturell vorgegebenen höheren Ladungsdichte des Polyelektrolyts 47 c eine größere Anzahl an Gegenionen: So sinkt der Aktivitätskoeffizient bei vollständiger Protonierung bis auf γ P = 0,49 ab und die effektive Ladung überschreitet den Wert i = 0,49 nicht.

127 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 122 γ P 1,0 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 α Abbildung 6.16: Aktivitätskoeffizient der Gegenionen γ P des Polyelektrolyts 39 c ( ) und 47 c ( ), aufgetragen gegen den Protonierungsgrad α 1,0 0,8 0,6 i 0,4 0,2 0,0 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 α Abbildung 6.17: Effektive Ladung i pro Aminofunktion des Polyelektrolyts 39 c ( ) und 47 c ( ), aufgetragen gegen den Protonierungsgrad α

128 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften Gegenionenkondensation an dem starken PPP-Polyelektrolyten 42 c Um die Lösungseigenschaften der schwachen PPP-Polyelektrolyte 39 c und 47 c mit denen starker PPP-Polyelektrolyte vergleichen zu können, wurde zusätzlich die Gegenionenkondensation des Polyelektrolyts 42 c untersucht. Da dieser direkt aus der Polybase 39 c durch polymeranaloge Quaternisierung dargestellt wurde, unterscheidet er sich strukturell von der schon untersuchten vollständig protonierten Polybase 39 c nur durch eine zusätzliche Propylgruppe an jeder Ammoniumgruppe. Um sicherzugehen, dass der quaternisierte Polyelektrolyt 42 c bei der Messung keinerlei Spuren von niedermolekularen Verunreinigungen enthielt, wurde dieser vor der Messung durch Ultrafiltration gereinigt. Dazu wurden 200 mg des Polyelektrolyts 42 c mit jeweils 9,5 L Wasser in einer Ultrafiltrationszelle zuerst über eine Membran mit einer Ausschlussgrenze von 3000 g/mol und anschließend über eine Membran mit einem Ausschlussgrenze von 5000 g/mol bei einem Wasserdruck von 1 bar gereinigt. Beide Membranen bestanden aus regenerierter Cellulose. Mit Hilfe der schon beschriebenen ionenselektiven Elektrode wurde die Aktivität der Bromidionen in wässrigen Lösungen des Polyelektrolyts 42 c unterschiedlicher Konzentrationen bestimmt. Dazu wurden 3 ml Wasser mit einem automatischen Dosimeter in 50 µl-schritten zuerst mit 0,75 ml einer Natriumbromid-Lösung (c NaBr = 3,32 mmol/l) und anschließend mit 4,9 ml einer Lösung des gereinigten Polyelektrolyts 42 c (c N = 32,0 mmol/l) versetzt. Das Zudosieren erfolgte jeweils im Abstand von zwei Minuten. Die während des kompletten Zeitraums gemessene Potentialdifferenz zwischen Bromid- und Referenzelektrode wurde mit einem Computer erfasst. In Abbildung 6.18 ist die Potentialdifferenz gegen die tatsächlich in der Lösung vorliegende Bromidionenkonzentration c Br - aufgetragen. Bei der Berechnung von c Br - wurde die Volumenzunahme berücksichtigt. Die schwarzen Messpunkte repräsentieren die Zugabe der Natriumbromid-Lösung, während die roten Messpunkte die Zugabe der Polyelektrolytlösung darstellen.

129 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften E [mv] NaBr-Titration Polyelektrolyt-Titration Linearer Fit y = -51,8 * log x - 311, x10-2 c Br _ [mol/l] Abbildung 6.18: Gemessene Potentialdifferenz E zwischen Bromid- und Referenzelektrode während der Zugabe von 0,75 ml einer Natriumbromidlösung (c NaBr = 3,32 mmol/l) und 4,9 ml einer Lösung des Polyelektrolyts 42 c (c N = 32,0 mmol/l) zu 3 ml Wasser, aufgetragen gegen die Konzentration an Bromidionen c Br - Die gemessene Potentialdifferenz während der Zugabe der Natriumbromid-Lösung verhält sich gemäß Gleichung (5.39) wiederum linear zum Logarithmus der Bromidionenkonzentration. Diese Linearität konnte in Kontrollexperimenten mit Natriumbromidkonzentrationen bis über c Br - = mol/l hinaus nachgewiesen werden. Analog zu Abbildung 6.11 ist, beginnend mit der Zugabe des Polyelektrolyts 42 c, die Aktivität der zugegebenen Bromidionen durch die Gegenionenkondensation reduziert und die roten Messpunkte weichen vom linearen Verlauf ab. Mit der entwickelten Methode der internen Kalibration (vgl. Kapitel 6.4.1) wurde zu jeder gemessenen Spannung E aus der linearen Regression durch die schwarzen Messpunkte die apparente Bromidkonzentration c app und der Aktivitätskoeffizient γ * Br- = c app /c Br - berechnet. Da bereits bewiesen wurde, dass sich die Aktivitäten der Bromidionen des Natriumbromids und der Bromidgegenionen des Polyelektrolyts additiv verhalten, konnte der Aktivitätskoeffizient γ P wiederum aus Gleichung (6.5) separiert und für jeden Messpunkt berechnet werden. Der in Gleichung (6.5) enthaltene Protonierungsgrad α ist im Falle des vorliegenden starken Polyelektrolyts 42 c als Quaternisierungsgrad und damit als konstant zu betrachten. Gemäß den Ergebnissen aus den 1 H-NMR-spektroskopischen Untersuchungen wurde hierfür ein Quaternisierungs-

130 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 125 grad von α = 0,8 eingesetzt. In Abbildung 6.19 sind die Aktivitätskoeffizienten γ * Br- und γ P als Funktion der Bromidionenkonzentration c Br - dargestellt. 1,0 0,9 γ* Br - γ P 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 γ* Br - (NaBr-Titration) γ* Br - (Polyelektrolyt-Titration) γ P (Polyelektrolyt) 0 5x10-4 0,005 0,010 0,015 c Br _ [mol/l] Abbildung 6.19: Aktivitätskoeffizient der Bromidionen γ * Br- und Aktivitätskoeffizient der Gegenionen γ P des Polyelektrolyts 42 c, aufgetragen gegen die Konzentration an Bromidionen c Br - Die erhaltenen Aktivitätskoeffizienten γ * Br- = 1 während der gesamten Natriumbromid- Zugabe bestätigen die hohe Genauigkeit der internen Kalibration. Die Abweichung von der Horizontalen bei sehr geringen Konzentrationen (c Br - < mol/l) zeigt die untere Grenze des linearen Arbeitsbereichs der Messkette. Im Verlauf der Polyelektrolyt-Zugabe sinkt der Aktivitätskoeffizient von γ * Br- = 1 bis γ * Br- = 0,53. Die steigende Polyelektrolytkonzentration führt zu einer wachsenden Konzentration kondensierter Bromidionen, was einem abnehmenden Anteil freier Bromidionen gleichzusetzen ist. Der von Fremdsalz bereinigte Aktivitätskoeffizient der Gegenionen γ P erweist sich über den kompletten Konzentrationsbereich mit γ P = 0,52 als konstant. Die mit der Erhöhung der Konzentration einhergehende Erhöhung der Ionenstärke wirkt sich also in dem hier untersuchten Konzentrationsbereich noch nicht auf die Gegenionenkondensation aus.

131 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften Diskussion der gemessenen Gegenionenaktivitäten Fehlerdiskussion Bei der Bestimmung von Aktivitäten mittels ionenselektiver Elektroden liegt die am schwierigsten abschätzbare Fehlerquelle im experimentell nicht zugänglichen Diffusionspotential E d aus der Nernstschen Gleichung (5.38) 1,175,176 : Es ist prinzipiell nicht bekannt, inwieweit Wechselwirkungen der hochgeladenen Polyionen mit der Elektrode sowie sich ändernde Diffusionspotentiale zu Messfehlern führen. Da jedoch bei sämtlichen hier durchgeführten Messungen die in früheren osmometrischen 1,3,55,143,206,207 und potentiometrischen Untersuchungen , gefundene Additivitätsregel bestätigt wurde, kann davon ausgegangen werden, dass dieser Fehler durch Verwendung der entwickelten internen Kalibration vernachlässigbar klein ist. So kann weder im Falle der Polybasen 47 c und 39 c ein signifikanter Unterschied des Aktivitätskoeffizienten γ P zwischen HBr- und NaH-Titration gefunden werden, noch verändert sich γ P des quaternisierten Polyelektrolyts 42 c bei steigender Konzentration. Eine weitere Fehlerquelle liegt in der Konzentrationsbestimmung der untersuchten Polyelektrolyte. Während bei den Untersuchungen der Polybasen 47 c und 39 c die Konzentration c N der Lösung durch vorherige ph-titration genau bestimmt werden konnte, wurde die Konzentration der quaternisierten Polyelektrolytlösungen 42 c gravimetrisch bestimmt. Durch intensive Reinigung von 42 c durch Ultrafiltration konnte hierbei jedoch der aus Verunreinigungen resultierende Einwaagefehler minimiert werden. Zusammengefasst lässt sich für die Aktivitätskoeffizienten γ P des Polyelektrolyts 42 c und der vollständig protonierten Polybasen 47 c und 39 c ein Fehlerbereich von ± 0,1 abschätzen. Bei sehr geringer Protonierung von 47 c und 39 c kann dieser Fehler überschritten werden.

132 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften Vergleich mit Theorie und Literatur Die stäbchenförmigen, schwachen PPP-Polyelektrolyte 47 c und 39 c sowie der stäbchenförmige, starke PPP-Polyelektrolyt 42 c waren Gegenstand der beschriebenen potentiometrischen Untersuchungen. Um die hier erhaltenen Ergebnisse quantitativ interpretieren zu können und dabei strukturelle Parameter der Polyelektrolyte zu berücksichtigen, wurde mit einem Computerprogramm versucht, eine wahrscheinliche Kettenkonformation von 47 c, 39 c und 42 c zu ermitteln. Hierbei wurde das Programm TINKER 4.1 verwendet, das auf einer empirischen Kraftfeldberechnung (molecular mechanics) beruht. Die dreidimensionalen Strukturen wurden durch Energieminimierung intramolekularer Wechselwirkungen ohne die Betrachtung von Gegenionen, Lösungsmitteleffekten oder intermolekularer Wechselwirkungen erhalten und können aus diesem Grund nur als Anhaltspunkt für die tatsächliche Struktur in wässriger Lösung betrachtet werden. Die dafür benötigten atomaren Parameter wurde aus dem MM3-Basissatz 212 entnommen. Die graphische Darstellung der Ergebnisse erfolgte mit dem Programm RasMol In Abbildung 6.20 ist exemplarisch ein zum vollständig protonierten oder quaternisierten Polymer 47 c analoger PPP-Polyelektrolyt mit 40 verknüpften Phenyleneinheiten und zwei Bromidendgruppen aus zwei verschiedenen Blickrichtungen gezeigt. Zur Vereinfachung sind die Stickstoffatome jeweils mit drei Methylgruppen substituiert. Der obere Teil der Abbildung repräsentiert den Blick entlang der gesamten Poly(p-phenylen)-Hauptkette, während im unteren Teil der Blick senkrecht dazu, auf einen Ausschnitt der Polymerkette inklusive einer Endgruppe (links), zu sehen ist. Die geladenen Ammonium-Funktionalitäten sind durch blaue Kugeln visualisiert, während die Kohlenstoff- und Wasserstoffatome grau, die Sauerstoffatome rot sowie das Bromatom grün dargestellt sind.

133 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften Å 4,4 Å Abbildung 6.20: Mögliche Kettenkonformation des vollständig protonierten oder quaternisierten Polymers 47 c bestehend aus 40 Phenyleneinheiten (oben: Blick entlang der gesamten PPP- Hauptkette, unten: Blick senkrecht auf einen Teil der PPP-Hauptkette mit Bromidendgruppe (links), Stickstoff: blau, Kohlenstoff und Wasserstoff: grau, Sauerstoff: rot, Brom: grün) In Abbildung 6.20 ist deutlich die für Poly(p-phenylen)-Derivate erwartete zylinderförmige Struktur erkennbar, wobei das Polymerrückgrat ein geringes Maß an Flexibilität zeigt. Dies steht in qualitativer Übereinstimmung mit Kristallstrukturuntersuchungen von unsubstituierten ligo(p-phenylen)en 213 sowie mit viskosimetrischen 111,214 und molekulardynamischen 215 Untersuchungen von PPP-Derivaten mit flexiblen Seitenketten. Zusätzlich entspricht Abbildung 6.20 der Vorstellung, dass die Konformation weitgehend durch eine Abstandsmaximierung der geladenen Ammonium-Gruppen bestimmt ist. Die hochflexiblen Triethylenoxid-Spacer ermöglichen hierbei eine relativ gleichmäßige Verteilung der Ladungen auf einem Zylindermantel, was insbesondere bei Betrachtung des oberen Teilbildes deutlich wird. Im unteren Teilbild kann durch den relativ klein gewählten Ausschnitt der PPP- Hauptkette von nur 14 Phenyleneinheiten besonders der Einfluss des Kettenendes

4 Synthesen antiprionen-aktiver Verbindungen

4 Synthesen antiprionen-aktiver Verbindungen 4 Synthesen antiprionen-aktiver Verbindungen Quinacrinanaloga (Grundstruktur C) 77 4 Synthesen antiprionen-aktiver Verbindungen 4.1 Synthesen der Quinacrinanaloga (Grundstruktur C) Die Synthesen der Quinacrinanaloga

Mehr

Gegenionenaktivität in neuartigen stäbchenförmigen und flexiblen, verzweigten Polyelektrolyten variabler Ladungsdichte

Gegenionenaktivität in neuartigen stäbchenförmigen und flexiblen, verzweigten Polyelektrolyten variabler Ladungsdichte Gegenionenaktivität in neuartigen stäbchenförmigen und flexiblen, verzweigten Polyelektrolyten variabler Ladungsdichte Vom Fachbereich Chemie der Technischen Universität Darmstadt zur Erlangung des akademischen

Mehr

ATTO 565 und ATTO 590

ATTO 565 und ATTO 590 ATTO 565 und ATTO 590 Allgemeine Informationen ATTO 565 und ATTO 590 sind Fluoreszenzmarker aus der Familie der Rhodamin-Farbstoffe. Diese Farbstoffe besitzen als gemeinsames Strukturelement einen Carboxyphenyl-

Mehr

4. Zusammenfassung 116

4. Zusammenfassung 116 4. Zusammenfassung 116 =XVDPPHQIDVVXQJ Die vorliegende Arbeit beschreibt die Synthese homoleptischer E(PH 2 ) 4 -Verbindungen (E = Si (), Ge ()). Es konnten außerdem neue Beiträge zur Chemie von Al-P-Verbindungen

Mehr

Organostickstoff- Verbindungen

Organostickstoff- Verbindungen rganostickstoff- Verbindungen [1] Chiralität von Aminen [2] -Enantiomere Isomerisieren sehr schnell -E A 20-30 KJ/mol [2] Alkylierung von Ammoniak [2] [2] [2] -geringe Selektivität aufgrund von Mehrfachalkylierung

Mehr

11. Polyelektrolyte. Schwache Polyelektrolyte = Ladungsdichte vom ph-wert der Lösung gegeben

11. Polyelektrolyte. Schwache Polyelektrolyte = Ladungsdichte vom ph-wert der Lösung gegeben 11. Polyelektrolyte 11.1 Definitionen Polyelektrolyte = Makromoleküle aus Monomeren mit ionisierbaren Gruppen, damit in polaren Lösungsmitteln erhebliche Anzahl an geladenen funktionellen Gruppen und Gegenionen

Mehr

Verwenden Sie keinen Bleistift für die Abgabe und heften Sie einzelne Blätter zusammen.

Verwenden Sie keinen Bleistift für die Abgabe und heften Sie einzelne Blätter zusammen. 1 Übung 13 AC/OC I, HS 2017 Name Assistent/in Verwenden Sie keinen Bleistift für die Abgabe und heften Sie einzelne Blätter zusammen. Ms: Mesyl-Gruppe (CH 3 SO 3 -), Tf: Triflyl-Gruppe (CF 3 SO 3 -), Ts:

Mehr

Kohlenstoffverbindungen und Gleichgewichtsreaktionen (EF)

Kohlenstoffverbindungen und Gleichgewichtsreaktionen (EF) Kohlenstoffverbindungen und Gleichgewichtsreaktionen (EF)... interpretieren den zeitlichen Ablauf chemischer Reaktionen in Abhängigkeit von verschiedenen Parametern (u.a. Oberfläche, Konzentration, Temperatur)

Mehr

Die Strukturabhängigkeit der chemischen Verschiebung

Die Strukturabhängigkeit der chemischen Verschiebung Die Strukturabhängigkeit der chemischen Verschiebung. Abschirmung in einem Atom (wie bisher geschildert) Die Elektronenverteilung in einem Wasserstoffatom ist sphärisch. B 0 0 0000000 000000000 000000000

Mehr

Chemie Alkohole, Aldehyde & Ketone, Carbonsäuren

Chemie Alkohole, Aldehyde & Ketone, Carbonsäuren Alkohole hemie Alkohole, Aldehyde & Ketone, arbonsäuren Alkohole erkennt man aufgrund ihrer funktionellen Gruppe, die ydroxy-gruppe. Diese ist Polar, der Rest ist unpolar. Benannt wird der Alkohol nach

Mehr

Bernd Tieke. Makromolekulare Chemie. Eine Einführung. Dritte Auflage. 0 0 l-u: U. WlLEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA

Bernd Tieke. Makromolekulare Chemie. Eine Einführung. Dritte Auflage. 0 0 l-u: U. WlLEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA Bernd Tieke Makromolekulare Chemie Eine Einführung Dritte Auflage 0 0 l-u: U WlLEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA Inhaltsverzeichnis Vorwort zur ersten Auflage Vorwort zur zweiten Auflage Vorwort zur dritten

Mehr

5 Die Photolyse von Methyl-Semiquadratsäureamid

5 Die Photolyse von Methyl-Semiquadratsäureamid 44 5 Die Photolyse von Methyl-Semiquadratsäureamid 5 Die Photolyse von Methyl-Semiquadratsäureamid 5.1 Vorbemerkungen: Methylsemiquadratsäureamid (53) unterscheidet sich von Semiquadratsäureamid (48) nur

Mehr

Aufgabe 1: (18 Punkte)

Aufgabe 1: (18 Punkte) Aufgabe 1: (18 Punkte) In der Arbeitsgruppe Hilt wurde folgende Reaktionssequenz durchgeführt: A H 10 H B O O O 1 1 2 2 + 10 3 3 4 4 Δ DA- Produkt 6-9 5 5 6-9 2 Ph Ph Co(dppe) 2 3 3 4 4 Im ersten Reaktionsschritt

Mehr

4. Zusammenfassung 100 H P P H

4. Zusammenfassung 100 H P P H 4. Zusammenfassung 100 =XVDQIDVVXQJ Die vorliegende Arbeit beschreibt sowohl die Synthese und Komplexchemie von Zirkoniumphosphaniden sowie der homologen Systeme des Arsens, als auch die erstellung von

Mehr

8. Darstellung von α-verzweigten Säureamiden als Transfektionslipide

8. Darstellung von α-verzweigten Säureamiden als Transfektionslipide Synthetischer Teil 28 8. Darstellung von α-verzweigten Säureamiden als Transfektionslipide 8.1. α-verzweigte Carbonsäuren Eine sehr einfache Methode zur Darstellung der hydrophoben Einheit von Transfektionslipiden

Mehr

Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen

Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen 12 Lösungen, Stoffmengen und Konzentrationen Lösungen sind homogene Mischungen reiner Stoffe, aber umgekehrt sind nicht alle homogenen Mischungen echte Lösungen. Echte Lösungen weisen nur zum Teil die

Mehr

Organische Chemie III

Organische Chemie III Organische Chemie III Sommersemester 2012 Technische Universität München Klausur am 15.06.2012 Name, Vorname... Matrikel-Nr.... (Druckbuchstaben) geboren am... in... Studiengang Chemie Bachelor... (Eigenhändige

Mehr

a) Schlagen Sie eine Synthese für den folgenden Aromaten vor, ausgehend von den gezeigten Edukten!

a) Schlagen Sie eine Synthese für den folgenden Aromaten vor, ausgehend von den gezeigten Edukten! Übung Nr. 9 Mi. 02.05.2012 bzw. Fr. 04.05.2012 1. Aromatensynthese a) Schlagen Sie eine Synthese für den folgenden Aromaten vor, ausgehend von den gezeigten Edukten! b) Was passiert bei der Umsetzung von

Mehr

8 Zusammenfassung der Ergebnisse

8 Zusammenfassung der Ergebnisse Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick 131 8 Zusammenfassung der Ergebnisse Die vorliegende Arbeit beschreibt die Synthese, Charakterisierung und beschichtungstechnische Anwendung von Übergangsmetall-substituierten

Mehr

Gruppe 13 vorgegebener Versuch. Polyelektrolyte im Haargel

Gruppe 13 vorgegebener Versuch. Polyelektrolyte im Haargel Philipps- Universität Marburg FB 15 Chemie Organisch-Chemisches Grundpraktikum für das Lehramt Christian Lego Leitung: Herr Dr. Reiß Datum: 17.06.09 SS 09 Gruppe 13 vorgegebener Versuch Polyelektrolyte

Mehr

Suzuki-Reaktion. - Kupplung einer Aryl- oder Vinylboronsäure mit einem Aryloder Vinylhalogenid - verläuft Palladiumkatalysiert

Suzuki-Reaktion. - Kupplung einer Aryl- oder Vinylboronsäure mit einem Aryloder Vinylhalogenid - verläuft Palladiumkatalysiert Suzuki-Reaktion - Kupplung einer Aryl- oder Vinylboronsäure mit einem Aryloder Vinylhalogenid - verläuft Palladiumkatalysiert Allgemein: R-X + R -B-R R-R + X-B-R R-X + R -B-() 2 R-R + X-B-() 2 R, R = Aryl-

Mehr

4 Zusammenfassung 111

4 Zusammenfassung 111 4 Zusammenfassung 4 Zusammenfassung 111 Die vorliegende Arbeit beschreibt Synthese, pharmakologische Prüfung und Struktur- Wirkungsbeziehungen von N α -substituierten Histaprodifenen, einer neuen Klasse

Mehr

8 Carbonsäuren und Derivate

8 Carbonsäuren und Derivate 8 arbonsäuren und Derivate 8.1 Allgemeine Darstellungsverfahren xidation primärer Alkohole und Aldehyde (s. Kap. 6) 2 2 xidation durch r 3 /, KMn 4 /, N 3 aloform-eaktion (s. Kap. 9) 3 Br 2 xidation von

Mehr

Aufgabe S. 2/a (2 Punkte) Wodurch können Sie Cyclopenten von Benzol unterscheiden?

Aufgabe S. 2/a (2 Punkte) Wodurch können Sie Cyclopenten von Benzol unterscheiden? 14-1 2 Zur Punktevergabe bei multiple choice-aufgaben: Meist gibt es 5 Antwortmöglichkeiten, und 2 Punkte können pro Aufgabe erreicht werden. Pro falscher Antwort (Kreuz zu viel, aber auch fehlend) wird

Mehr

Kapitel 3. Nucleophile Substitution

Kapitel 3. Nucleophile Substitution Kapitel 3. Nucleophile Substitution Reaktionsmechanismen - S N 1-Reaktion: Reaktionskoordinate-Energie-Diagramm; Kinetik, Struktur-Reaktivitätsbeziehungen (stabiles Carbokation, schwaches Nucleophil, gute

Mehr

Aufgabe S. 2/a (6 Punkte) Zeichnen Sie die Strukturformeln der folgenden Verbindungen! 3-Ethylheptan-2-on

Aufgabe S. 2/a (6 Punkte) Zeichnen Sie die Strukturformeln der folgenden Verbindungen! 3-Ethylheptan-2-on 15-2 2 Aufgabe S. 2/a (6 Punkte) Zeichnen Sie die Strukturformeln der folgenden Verbindungen! Pyridin Acetylchlorid p-xylol 3-Ethylheptan-2-on Glycol Ölsäure Aufgabe S. 2/b (6 Punkte) Zeichnen Sie jeweils

Mehr

Aufgabe S. 2/a (2 Punkte) Wodurch können Sie 2-Hexen von 2-Methylpentan unterscheiden?

Aufgabe S. 2/a (2 Punkte) Wodurch können Sie 2-Hexen von 2-Methylpentan unterscheiden? 16-2 2 Zur Punktevergabe bei multiple choice-aufgaben: Es gibt meist 5 Antwortmöglichkeiten, und 2 Punkte können pro Aufgabe erreicht werden. Pro falscher Antwort (Kreuz zu viel, aber auch fehlend) wird

Mehr

Aufgabe S. 2/a (2 Punkte) Wodurch können Sie Cyclohexan von Cyclohexen unterscheiden?

Aufgabe S. 2/a (2 Punkte) Wodurch können Sie Cyclohexan von Cyclohexen unterscheiden? 16-1 2 Zur Punktevergabe bei multiple choice-aufgaben: Es gibt meist 5 Antwortmöglichkeiten, und 2 Punkte können pro Aufgabe erreicht werden. Pro falscher Antwort (Kreuz zu viel, aber auch fehlend) wird

Mehr

Stundenübersicht über das IHF Organische Produkte Werkstoffe und Farbstoffe

Stundenübersicht über das IHF Organische Produkte Werkstoffe und Farbstoffe Stundenübersicht über das IHF Organische Produkte Werkstoffe und Farbstoffe Unterrichtsvorhaben I Inhaltlicher Schwerpunkt Organische Verbindungen und Reaktionswege Kontext Vom fossilen Rohstoff zum Anwendungsprodukt

Mehr

Übung zum chemischen Praktikum für Studierende mit Chemie als Nebenfach Übung Nr. 4, 09./

Übung zum chemischen Praktikum für Studierende mit Chemie als Nebenfach Übung Nr. 4, 09./ Übung zum chemischen Praktikum für Studierende mit Chemie als Nebenfach Übung Nr. 4, 09./10.05.11 Nucleophile Substitution 1. Beschreiben Sie den Reaktionsmechanismus von a) S N 1 X = beliebige Abgangsgruppe

Mehr

Dipolmomente + - a ohne Feld b mit Feld. δ + δ- δ + δ - δ + δ - δ + δ - δ + δ - δ + Dipolmoment: µ = q * d

Dipolmomente + - a ohne Feld b mit Feld. δ + δ- δ + δ - δ + δ - δ + δ - δ + δ - δ + Dipolmoment: µ = q * d CI_folie29 Dipolmomente δ- + - a ohne Feld b mit Feld + + + + + + - - - - - - Effekt eines elektrostatischen Feldes auf die rientierung polarer Moleküle. Dipolmoment: µ = q * d d: Abstand zwischen den

Mehr

Teil 2 NMR-Spektroskopie. Dr. Christian Merten, Ruhr-Uni Bochum, WiSe 2017/18

Teil 2 NMR-Spektroskopie. Dr. Christian Merten, Ruhr-Uni Bochum, WiSe 2017/18 Teil 2 NMR-Spektroskopie Dr. Christian Merten, Ruhr-Uni Bochum, WiSe 2017/18 www.ruhr-uni-bochum.de/chirality 1 Rückblick Chemische Verschiebung Chemische Umgebung Funktionelle Gruppen Signalintensitäten

Mehr

Chemisches Praktikum für Biologen

Chemisches Praktikum für Biologen Chemisches Praktikum für Biologen Klausur am 13.02.2015 Name: Vorname: Matrikelnummer: Aufgabe Maximale Punktzahl Erreichte Punktzahl 1 3 2 3 3 3 4 3 5 3 6 3 7 3 8 3 Gesamt 24 Bestanden: Die Klausur besteht

Mehr

Chemisches Praktikum für Biologen

Chemisches Praktikum für Biologen Chemisches Praktikum für Biologen Klausur am 17.11.2015 Name: Vorname: Matrikelnummer: Aufgabe Maximale Punktzahl Erreichte Punktzahl 1 3 2 3 3 3 4 3 5 3 6 3 7 3 8 3 Gesamt 24 Bestanden: Die Klausur besteht

Mehr

Chemisches Praktikum für Biologen

Chemisches Praktikum für Biologen Chemisches Praktikum für Biologen Klausur am 03.02.2016 Name: Vorname: Matrikelnummer: Aufgabe Maximale Punktzahl Erreichte Punktzahl 1 3 2 3 3 3 4 3 5 3 6 3 7 3 8 3 Gesamt 24 Bestanden: Die Klausur besteht

Mehr

4. Alkene und Alkine : Reaktionen und Darstellung

4. Alkene und Alkine : Reaktionen und Darstellung Inhalt Index 4. Alkene und Alkine : Reaktionen und Darstellung 4.1. Elektrophile Additionen an Alkene ; Regioselektivität Das Proton einer starken Säure kann sich unter Bildung eines Carbeniumions an eine

Mehr

= n + + Thermodynamik von Elektrolytlösungen. Wdhlg: Chemisches Potential einer Teilchenart: Für Elektrolytlösungen gilt: wobei : und

= n + + Thermodynamik von Elektrolytlösungen. Wdhlg: Chemisches Potential einer Teilchenart: Für Elektrolytlösungen gilt: wobei : und Elektrolyte Teil III Solvatation, elektrische Leitfähigkeit, starke und schwache Elektrolyte, Ionenstärke, Debye Hückeltheorie, Migration, Diffusion, Festelektrolyte Thermodynamik von Elektrolytlösungen

Mehr

4. Alkene und Alkine : Reaktionen und Darstellung

4. Alkene und Alkine : Reaktionen und Darstellung Dienstag, 22. Oktober 2002 Allgemeine Chemie B II Page: 1 4. Alkene und Alkine : Reaktionen und Darstellung 4.1. Elektrophile Additionen an Alkene ; Regioselektivität Das Proton einer starken Säure kann

Mehr

Klausur zu Teil 1 des Wahlpflichtmoduls "Nanochemie" ( )

Klausur zu Teil 1 des Wahlpflichtmoduls Nanochemie ( ) 1 ame... Matrikel-r.... Klausur zu Teil 1 des Wahlpflichtmoduls "anochemie" (13-121-0223) 20. Mai 2008 (9.00-9.50 Uhr, R. 014) Schreiben Sie sauber und ordentlich! Für nicht lesbare Ausdrücke können leider

Mehr

Ionisierungsenergie und Elektronenaffinität. Bindigkeit Valenzstrichformel Molekülgeometrie

Ionisierungsenergie und Elektronenaffinität. Bindigkeit Valenzstrichformel Molekülgeometrie Tendenzen im Periodensystem Ionisierungsenergie und Elektronenaffinität Atombindung (Elektronenpaarbindung) Bindigkeit Valenzstrichformel Molekülgeometrie Räumlicher Bau einfacher Moleküle Polare Atombindung

Mehr

2 Biomolekül basierte NHCs

2 Biomolekül basierte NHCs Motivation 25 2 BiomolekülbasierteNHCs 2.1 Motivation Wie bereits in Kapitel 1 erwähnt, können NHCs verschieden modifiziert werden, umsofürunterschiedlicheanforderungenanwendungzufinden.gloriusundmit arbeiterngelanges,einnhczuentwickeln,welchesimrückgratlangealkylketten

Mehr

Synthese von eritreo- und reo-8,9,epoxy-p-menth-2-enl-on

Synthese von eritreo- und reo-8,9,epoxy-p-menth-2-enl-on Praktikum Anorganische und rganische Chemie I Assistent: Matthias berli Synthese von eritreo- und reo-8,9,epoxy-p-menth-2-enl-on Dietikon, 24. April 2008 Jorge Ferreiro fjorge@student.ethz.ch 1 Zusammenfassung

Mehr

Olefinierungen. H. Fricke, S. Gocke

Olefinierungen. H. Fricke, S. Gocke Olefinierungen H. Fricke, S. Gocke 29.11.2004 Inhalt Wittig-Reaktion Klassische Wittig-Reaktion, Schlosser-Variante Wittig-Horner-Reaktion Horner-Wadsworth-Emmons-Reaktion (HWE) Klassische HWE, Still-Gennari-Variante

Mehr

Thermische und photochemische Charakterisierung der Produkte einer Photo-Diels-Alder-Reaktion

Thermische und photochemische Charakterisierung der Produkte einer Photo-Diels-Alder-Reaktion Thermische und photochemische Charakterisierung der Produkte einer Photo-Diels-Alder-Reaktion Von der Fakultät für Naturwissenschaften der Gerhard-Mercator-Universität Gesamthochschule Duisburg zur Erlangung

Mehr

Nicht vergessen: Wenn nach dem Mechanismus gefragt ist, dann die ganze Molekülstruktur und alle Elektronen sowie die Reaktionspfeile einzeichnen!

Nicht vergessen: Wenn nach dem Mechanismus gefragt ist, dann die ganze Molekülstruktur und alle Elektronen sowie die Reaktionspfeile einzeichnen! rganische Chemie Name: Fachprüfung Vorname: 14. Juli 2003, 14 30-17 30 h Matr.-Nr.: Raum 180 Schreiben Sie bitte Ihre Lösungen ausschließlich auf diese Aufgabenblätter! Jede Aufgabe wird mit 10 Punkten

Mehr

E. Zusammenfassung. E. Zusammenfassung

E. Zusammenfassung. E. Zusammenfassung E. Zusammenfassung Seit den 1960er Jahren wird die Frage untersucht, ob elektronenreiche (insbesondere tetraaminosubstituierte) Alkene, an ihrer Doppelbindung dissoziieren können [99][100]. Spaltungsprodukte

Mehr

Chemie Stufe 13 / Aromaten / Phenol Folie 01. Das Phenol-Molekül. δ δ+ sp 3. sp 2

Chemie Stufe 13 / Aromaten / Phenol Folie 01. Das Phenol-Molekül. δ δ+ sp 3. sp 2 Chemie Stufe 13 / Aromaten / Phenol Folie 01 Das Phenol-Molekül δ δ+ sp 3 sp 2 Chemie Stufe 13 / Aromaten / Phenol Folie 02 Das Phenolat-Ion sp 3 H + sp 2 Chemie Stufe 13 / Aromaten / Phenol Folie 03 Grenzstrukturen

Mehr

Fortgeschrittenen-Praktikum Organische Chemie Wintersemester 2012/2013

Fortgeschrittenen-Praktikum Organische Chemie Wintersemester 2012/2013 Fortgeschrittenen-Praktikum Organische Chemie Wintersemester 2012/2013 Universität Leipzig Fakultät für Chemie und Mineralogie Wasserdampfdestillation von Anisöl aus Anissamen Anton Werwein, Richard Cybik

Mehr

5 HPLC-Methodenentwicklung zur Isomerentrennung

5 HPLC-Methodenentwicklung zur Isomerentrennung HPLC-Untersuchungen 5 HPLC-Untersuchungen 65 5 HPLC-Methodenentwicklung zur Isomerentrennung Die bei der -Substitution des Benzimidazolgrundgerüstes entstehenden Isomere machen eine nachfolgende Trennung

Mehr

n Pentan 2- Methylbutan 2,2, dimethylpropan ( Wasserstoffatome sind nicht berücksichtigt )

n Pentan 2- Methylbutan 2,2, dimethylpropan ( Wasserstoffatome sind nicht berücksichtigt ) Grundwissen : 10 Klasse G8 Kohlenwasserstoffe Alkane Einfachbindung (σ -Bindung, kovalente Bindung ) : Zwischen Kohlenstoffatomen überlappen halbbesetzte p- Orbitale oder zwischen Kohlenstoff- und Wasserstoffatomen

Mehr

Kernlehrpläne ab Schuljahr 2014/15 Schuleigener Lehrplan / FMG / Sekundarstufe II CHEMIE

Kernlehrpläne ab Schuljahr 2014/15 Schuleigener Lehrplan / FMG / Sekundarstufe II CHEMIE CHEMIE QUALIFIKATIONSSPHASE 2 GRUNDKURS Konkretisierung der Unterrichtsvorhaben Unterrichtsvorhaben I: Vom fossilen Rohstoff zum Anwendungsprodukt Sequenzierung inhaltlicher Aspekte Organische Reaktionsabläufe

Mehr

Zusammenfassung 101 L 2 H 3

Zusammenfassung 101 L 2 H 3 Zusammenfassung 101 6. Zusammenfassung In dieser Arbeit gelang zum ersten Mal die Synthese und Charakterisierung von Übergangsmetall koordinierten Anilinoradikalen. Die Eigenschaften der koordinierten

Mehr

Organische Chemie 1 Teil 2

Organische Chemie 1 Teil 2 Inhalte der 7. Vorlesung: 2.4. Bildung & Reaktion von Enolen und Enolaten 2.5 Chemie des Enolatanions 2.6 Enolat-Analoga 2.8 1,3-Dicarbonylverbindungen/ß-Dicarbonylverbindungen 2.9 α,β-ungesättigte Carbonylverbindungen

Mehr

Chemie für Biologen, a) Was ist Hybridisierung? Und aus welchen Orbitalen bestehen jeweils sp-, sp 2 - und sp 3 - Hybride?

Chemie für Biologen, a) Was ist Hybridisierung? Und aus welchen Orbitalen bestehen jeweils sp-, sp 2 - und sp 3 - Hybride? Chemie für Biologen, 2017 Übung 9 Organische Verbindungen (Thema 10.1 10.3) Aufgabe 1: a) Was ist Hybridisierung? Und aus welchen Orbitalen bestehen jeweils sp-, sp 2 - und sp 3 - Hybride? Hybridisierung,

Mehr

Übungen zur Vorlesung Organische Chemie (Teil 2)

Übungen zur Vorlesung Organische Chemie (Teil 2) Übungen zur Vorlesung rganische Chemie (Teil 2) K. Hohmann/ J. Massoth/ F. Lehner/ H. Schwalbe Blatt 5 1) Enolat und Enamin Geben Sie das bevorzugte Deprotonierungsprodukt an a) Thermodynamisch kontrolliert

Mehr

Aufgabe S. 2/a (6 Punkte) Zeichnen Sie die Strukturformeln der folgenden Verbindungen! 3-Ethylheptan-2-on

Aufgabe S. 2/a (6 Punkte) Zeichnen Sie die Strukturformeln der folgenden Verbindungen! 3-Ethylheptan-2-on 15-3 2 Aufgabe S. 2/a (6 Punkte) Zeichnen Sie die Strukturformeln der folgenden Verbindungen! Anilin Propionsäure Phenol 3-Ethylheptan-2-on Glycerin Formaldehyd Aufgabe S. 2/b (6 Punkte) Zeichnen Sie jeweils

Mehr

Im Wasser sind ph-werte von ca bis 15 möglich.

Im Wasser sind ph-werte von ca bis 15 möglich. 8 Superbasen 8.1 Basizität im System Wasser 2 H 2 O H 3 O + + OH pk =14 Säurestärken (pk S ): pk S HClO 4 10 saurer als H 3 O + HCl 7 H 2 SO 4 3 H 3 O + 0 H 3 PO 4 2.2 H 3.2 HCN 9.2 H 2 O 2 11.6 H 2 O

Mehr

1. Klausur zum Praktikum Organische Chemie I für Studierende der Chemie und der Biochemie im SS 2000

1. Klausur zum Praktikum Organische Chemie I für Studierende der Chemie und der Biochemie im SS 2000 Prof. Dr. B. König Prof. Dr. Th. Troll 1. Klausur zum Praktikum rganische Chemie I für Studierende der Chemie und der Biochemie im SS 2000 am Dienstag, dem 30. Mai 2000 Name: Mustermann...Vorname: Max...

Mehr

Welcher Indikator ist für die Titration von Essigsäure (pks =4.76) mit Natronlauge am besten geeignet?

Welcher Indikator ist für die Titration von Essigsäure (pks =4.76) mit Natronlauge am besten geeignet? 1. Aufgaben zu Versuchstag 1: Säure-Base-Titration Aufgabe 1.1 Welche der folgenden Aussagen ist falsch? A) Säuren erhöhen durch Abgabe eines Protons an Wasser die H3O + -Konzentration einer Lösung. B)

Mehr

Wissenschaftliches Schreiben in der AC

Wissenschaftliches Schreiben in der AC Wissenschaftliches Schreiben in der AC Saarbrücken, den 10.05.2018 6 Publikationen in Wissenschaftlichen Zeitschriften > 1 Einleitung Inhalte der Übung Wissenschaftliches Schreiben in der AC 1 Einleitung

Mehr

Chemie für Biologen, 2017

Chemie für Biologen, 2017 Chemie für Biologen, 2017 Übung 11 Organisch chemische Reaktionen (Thema 12.1 12.6) Aufgabe 1: a) Erklären Sie folgende Begriffe: i) Übergangszustand Zustand der höchsten Energie in einer Reaktion, kann

Mehr

Beispielaufgaben IChO 2. Runde 2019 Säurederivate. H2, Pd/C

Beispielaufgaben IChO 2. Runde 2019 Säurederivate. H2, Pd/C Beispielaufgaben Ih 2. Runde 2019 Säurederivate Beispiel 1 ligocarbonsäuren Gegeben sei folgendes Reaktionsschema: A H2, Pd/ H 2, Lindlar Na/NH 3(l) B D Base E A hat eine molare Masse von 118,09 g mol

Mehr

Gruppe 05: Darstellung von 2-Chlor-2 Methylpropan

Gruppe 05: Darstellung von 2-Chlor-2 Methylpropan Phillipps- Universität Marburg Isabelle Kuhn Organisch Chemisches Grundpraktikum Lehramt WS 2006/07 Praktikumsleiter: Herr Reiß Gruppe 05: Darstellung von 2-Chlor-2 Methylpropan Reaktion: Chemikalien:

Mehr

Aufgabe 1.1 Welche der folgenden Aussagen in Bezug auf nachfolgende Reaktionsgleichung ist falsch? HCl + NH3 NH4 + + Cl -

Aufgabe 1.1 Welche der folgenden Aussagen in Bezug auf nachfolgende Reaktionsgleichung ist falsch? HCl + NH3 NH4 + + Cl - 1. Aufgaben zu Versuchstag 1: Säure-Base-Titration Aufgabe 1.1 Welche der folgenden Aussagen in Bezug auf nachfolgende Reaktionsgleichung ist falsch? HCl + NH3 NH4 + + Cl - A) Salzsäure ist eine stärkere

Mehr

Lösungen 3. Übungsblatt SS 2002

Lösungen 3. Übungsblatt SS 2002 Lösungen 3. Übungsblatt SS 2002 1. Aufgabe: omenklatur und Stereochemie a) (E)-7-(S)-om-4-nonen-2-on b) H 3- Methoxy-4-methyl-benzaldehyd 2. Aufgabe: Alkene a) A B C D E Stabilitätsbeeinflussende Faktoren

Mehr

Die elektrophile Addition

Die elektrophile Addition Die elektrophile Addition Roland Heynkes 3.10.2005, Aachen Die elektrophile Addition als typische Reaktion der Doppelbindung in Alkenen bietet einen Einstieg in die Welt der organisch-chemischen Reaktionsmechanismen.

Mehr

π-bindung: 264 kj/mol (s c hw äc he r als die σ-bindung!)

π-bindung: 264 kj/mol (s c hw äc he r als die σ-bindung!) . Alkene (lefine) Funktionelle Gruppe: C=C-Doppelbindung π-bindung: 264 kj/mol (s c hw äc he r als die σ-bindung!) => C=C-Doppelbindung: 612 kj/mol sp 2 -hybridisierung σ-bindung: 348 kj/mol Wieder eine

Mehr

Übungsblatt 9: Reaktionsdiversität

Übungsblatt 9: Reaktionsdiversität 1 Übungsblatt 9: Reaktionsdiversität Warm Up Benennen Sie die folgenden (Thio )Ether: Aufgaben 1) Alkohole und Thiole i. Während das 1,2 Dibromethan bevorzugt in der fully staggered Konformation vorliegt,

Mehr

Enzyme (Teil 1) Aminosäuren, Aufbau, Eigenschaften & Funktion. Mag. Gerald Trutschl

Enzyme (Teil 1) Aminosäuren, Aufbau, Eigenschaften & Funktion. Mag. Gerald Trutschl Enzyme (Teil 1) Aminosäuren, Aufbau, Eigenschaften & Funktion Mag. Gerald Trutschl 1 Inhalt 1. Einführung 2. Aufbau: - Aminosäuren - Peptidbindung - Primärstruktur - Sekundärstruktur - Tertiär- und Quatärstrukturen

Mehr

Beobachtung [Jeweils] exotherme Reaktion unter Gasentwicklung (H 2 )

Beobachtung [Jeweils] exotherme Reaktion unter Gasentwicklung (H 2 ) 1 25.01.2006 0.1 Alkohole Alkohole enthalten neben den Elementen C und H auch O. Sie leiten sich aber dennoch von den Kohlenwasserstoffen ab. Beispiel: C 2 H 6 O als Summenformel Strukturformel: C C O

Mehr

Allgemeine Chemie I (AC) HS 2011 Übungen Serie 6

Allgemeine Chemie I (AC) HS 2011 Übungen Serie 6 Prof. A. Togni, D-CHAB, HCI H 239 Allgemeine Chemie I (AC) HS 2011 Übungen Serie 6 Säure-Base-Gleichgewichte E 1. Sie möchten 200 ml einer Pufferlösung mit ph = 5.00 mit dem Säure-Base-Paar Essigsäure

Mehr

Zur Entwicklung neuer. aza-analoger Benzo[c]phenanthridine. mit antitumoraler Wirkung

Zur Entwicklung neuer. aza-analoger Benzo[c]phenanthridine. mit antitumoraler Wirkung Zur Entwicklung neuer aza-analoger Benzo[c]phenanthridine mit antitumoraler Wirkung Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Mathematisch Naturwissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität

Mehr

Versuch 2.1: Herstellung von Propoxybenzol (Phenylpropylether)

Versuch 2.1: Herstellung von Propoxybenzol (Phenylpropylether) Endersch, Jonas 17./19.06.2008 Praktikum Allgemeine Chemie 2, Saal G1, Platz 53 Versuchsprotokoll Versuch 2.1: Herstellung von Propoxybenzol (Phenylpropylether) Reaktionsgleichung: Einleitung und Theorie

Mehr

ALDEHYDE & KETONE. Referat über die Carbonylverbindungen: Aldehyde und Ketone Patrick König und Robert Bozsak LK C2 Sigmund-Schuckert-Gymnasium

ALDEHYDE & KETONE. Referat über die Carbonylverbindungen: Aldehyde und Ketone Patrick König und Robert Bozsak LK C2 Sigmund-Schuckert-Gymnasium ALDEHYDE & KETONE Referat über die Carbonylverbindungen: und Patrick König und Robert Bozsak LK C2 Sigmund-Schuckert-Gymnasium 1 1 GLIEDERUNG 1. Allgemeiner Vergleich der & Struktur Nomenklatur / Beispiele

Mehr

Kernlehrpläne ab Schuljahr 2014/15 Schuleigener Lehrplan / FMG / Sekundarstufe II CHEMIE

Kernlehrpläne ab Schuljahr 2014/15 Schuleigener Lehrplan / FMG / Sekundarstufe II CHEMIE CHEMIE QUALIFIKATIONSSPHASE 2 LEISTUNGSKURS Konkretisierung der Unterrichtsvorhaben Unterrichtsvorhaben I: Vom fossilen Rohstoff zum Anwendungsprodukt Organische Reaktionsabläufe Oxidationsreihe der Alkohole

Mehr

16. Biomoleküle : Nucleinsäuren

16. Biomoleküle : Nucleinsäuren Inhalt Index 16. Biomoleküle : Nucleinsäuren Die gesamte Erbinformation ist in den Desoxyribonucleinsäuren (DNA) enthalten. Die Übersetzung dieser Information in die Synthese der Proteine wird von den

Mehr

Übungen zur VL Chemie für Biologen und Humanbiologen

Übungen zur VL Chemie für Biologen und Humanbiologen Übungen zur VL Chemie für Biologen und Humanbiologen 28.01.2011 1. Zeichnen Sie die Valenzstrichformeln folgender Verbindungen und benutzen Sie im Falle unbestimmter Alkylreste ein R: a) ein tertiärer

Mehr

13. Amine und ihre Derivate

13. Amine und ihre Derivate Inhalt Index 13. Amine und ihre Derivate Amine sind Derivate des Ammoniaks, bei dem ein bis drei Wasserstoffatome durch Alkyloder Arylgruppen ersetzt wurden. Entsprechend gibt es primäre Amine, sekundäre

Mehr

Synthese, Charakterisierung und Untersuchung von schwerlöslichen Harnstoffderivaten als Grundlage für Düngemittel

Synthese, Charakterisierung und Untersuchung von schwerlöslichen Harnstoffderivaten als Grundlage für Düngemittel Synthese, Charakterisierung und Untersuchung von schwerlöslichen Harnstoffderivaten als Grundlage für Düngemittel Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde des Fachbereichs Biologie, Chemie

Mehr

1. Zusammenfassung. Zusammenfassung High-spin Verbindungen

1. Zusammenfassung. Zusammenfassung High-spin Verbindungen Zusammenfassung 1 1. Zusammenfassung 1.1 High-spin Verbindungen 3-Nitrenodiphenylmethylen (1) und 3,3 -Dinitrenodiphenylmethylen (2) sind gemischte high-spin Verbindungen, die jeweils ein Carbenzentrum

Mehr

1.2 Vergleichen Sie die Reaktionsbedingungen für die Bromierung von A und B und begründen Sie unter Mitverwendung von Grenzformeln den Unterschied!

1.2 Vergleichen Sie die Reaktionsbedingungen für die Bromierung von A und B und begründen Sie unter Mitverwendung von Grenzformeln den Unterschied! Aufgabe II Die aromatischen Ringsysteme folgender Verbindungen sollen zu Monobromderivaten umgesetzt werden: Benzol (A), Anilin (B) und Aniliniumchlorid (C). 1.1 Erläutern Sie unter Mitverwendung von Strukturformeln

Mehr

KW Alkene. Nomenklatur. Darstellung. Reaktionen. Elektrophile Additionen. Prof. Ivo C. Ivanov 1

KW Alkene. Nomenklatur. Darstellung. Reaktionen. Elektrophile Additionen. Prof. Ivo C. Ivanov 1 KW Alkene Nomenklatur. Darstellung. Reaktionen. Elektrophile Additionen. Prof. Ivo C. Ivanov 1 Alkene Alkene sind Kohlenwasserstoffe mit einer C=C-Bindung. Sie enthalten zwei -Atome weniger als die entsprechenden

Mehr

DAMPF-FLÜSSIG-GLEICHGEWICHTE WÄSSRIGER ELEKTROLYT- MISCHUNGEN MIT FLÜCHTIGEN KOMPONENTEN

DAMPF-FLÜSSIG-GLEICHGEWICHTE WÄSSRIGER ELEKTROLYT- MISCHUNGEN MIT FLÜCHTIGEN KOMPONENTEN DAMPF-FLÜSSIG-GLEICHGEWICHTE WÄSSRIGER ELEKTROLYT- MISCHUNGEN MIT FLÜCHTIGEN KOMPONENTEN Zur Erlangung des akademischen Grades eines DOKTORS DER INGENIEURWISSENSCHAFTEN (Dr.-Ing.) von der Fakultät für

Mehr

1. Umwandlung funktioneller Gruppen Geben Sie Reagenzien an, mit denen Sie die folgenden Umwandlungen durchführen würden!

1. Umwandlung funktioneller Gruppen Geben Sie Reagenzien an, mit denen Sie die folgenden Umwandlungen durchführen würden! Übung r. 8 Mi. 25.04.2012 bzw. Fr. 7.05.2 1. Umwandlung funktioneller Gruppen Geben Sie Reagenzien an, mit denen Sie die folgenden Umwandlungen durchführen würden! 2 CH 3 H a) b) I H c) d) C F e) f) H

Mehr

Spektroskopische Methoden in der Organischen Chemie (OC IV) NMR Spektroskopie 1. Physikalische Grundlagen

Spektroskopische Methoden in der Organischen Chemie (OC IV) NMR Spektroskopie 1. Physikalische Grundlagen NMR Spektroskopie 1. Physikalische Grundlagen Viele Atomkerne besitzen einen von Null verschiedenen Eigendrehimpuls (Spin) p=ħ I, der ganz oder halbzahlige Werte von ħ betragen kann. I bezeichnet die Kernspin-Quantenzahl.

Mehr

Polyplexe NICHTVIRALE GENVEKTOREN

Polyplexe NICHTVIRALE GENVEKTOREN 1 Polyplexe NICHTVIRALE GENVEKTOREN Gliederung 2 1. Definitionen und Entwicklung 2. Genvektoren 3. Funktionsweise der Gen- Übertragung 4. Vom Polymer zum Polyplex- Komplexbildung 4.1 Polyelektrolyt 4.2

Mehr

Reaktionskinetik: - Geschwindigkeit chemischer Reaktionen - Untersuchung (bzw. Bestimmung) der Reaktionsmechanismen. c(a) t. v = -

Reaktionskinetik: - Geschwindigkeit chemischer Reaktionen - Untersuchung (bzw. Bestimmung) der Reaktionsmechanismen. c(a) t. v = - REAKTIONSKINETIK 1 Reaktionskinetik Reaktionskinetik: - Geschwindigkeit chemischer Reaktionen - Untersuchung (bzw. Bestimmung) der Reaktionsmechanismen Anwendung: - Vorgänge in den lebenden Organismen

Mehr

Erste Klausur zur Vorlesung Grundlagen der Organischen Chemie

Erste Klausur zur Vorlesung Grundlagen der Organischen Chemie Prof. Dr. Jens Christoffers 14. Februar 2011 Universität Oldenburg Erste Klausur zur Vorlesung Grundlagen der Organischen Chemie für Studierende der Chemie (Fach-Bachelor und Zwei-Fächer-Bachelor, Wert:

Mehr

Homoaromatizität. Charlotte Over Lara Schultes

Homoaromatizität. Charlotte Over Lara Schultes Homoaromatizität Charlotte Over Lara Schultes 02.12.2010 Übersicht 1. Einführung 2. Aromatizität 3. Homoaromatizität 4. Beispiele 4.1 Kationische Homoaromaten 4.2 Neutrale Homoaromaten 4.3 Anionische Homoaromaten

Mehr

Reaktionen on-water. Corina Janzer. Fügen Sie auf der Masterfolie ein frei wählbares Bild ein (z.b. passend zum Vortrag)

Reaktionen on-water. Corina Janzer. Fügen Sie auf der Masterfolie ein frei wählbares Bild ein (z.b. passend zum Vortrag) Reaktionen on-water Corina Janzer Institut für Organische Chemie eminar zum Fortgeschrittenenpraktikum, 27.06.2011 Fügen ie auf der Masterfolie ein frei wählbares Bild ein (z.b. passend zum Vortrag) 1

Mehr

Kernmagnetische Resonanzspektroskopie (NMR) Spektroskopische Methoden

Kernmagnetische Resonanzspektroskopie (NMR) Spektroskopische Methoden Kernmagnetische Resonanzspektroskopie (NMR) Spektroskopische Methoden Grundlagen Die meisten Atomkerne führen eine Drehbewegung um die eigene Achse aus ("Spin"). Da sie geladene Teilchen (Protonen) enthalten,

Mehr

Fragmentierung geradelektronischer Ionen

Fragmentierung geradelektronischer Ionen Fragmentierung geradelektronischer Ionen Problem: unterschiedliche Fragmentierungswege für geradelektronische Ionen [M+H] +, [M-H] - und Radikalionen [M] + umfangreiche Kenntnisse über die Fragmentierung

Mehr

Eliminierung nach E1 (Konkurrenzreaktion zu S N 1) OH H + - H 2 O. (aus H 3 PO 4 H 2 SO 4 ) - H + Stichpunkte zum E1-Mechanismus:

Eliminierung nach E1 (Konkurrenzreaktion zu S N 1) OH H + - H 2 O. (aus H 3 PO 4 H 2 SO 4 ) - H + Stichpunkte zum E1-Mechanismus: Eliminierung nach E1 (Konkurrenzreaktion zu S N 1) + (aus 3 P 4 2 S 4 ) - 2 - + Stichpunkte zum E1-Mechanismus: 2-Schritt-eaktion über ein Carbenium-Ion (1. Schritt ist Abspaltung der Abgangsgruppe (im

Mehr

2. Elektroneneffekte in den organischen Molekülen

2. Elektroneneffekte in den organischen Molekülen 2. Elektroneneffekte in den organischen Molekülen Induktive und mesomere Effekte Die Ladungsverteilung in einer Kohlenwasserstoffkette wird durch Substituenten (Halogen, OH, NH 2 usw.) beeinflusst. Man

Mehr

Extraktionen von Naturstoffen in Bildern: Eugenol und Eugenolacetat

Extraktionen von Naturstoffen in Bildern: Eugenol und Eugenolacetat Extraktionen von Naturstoffen in Bildern: Eugenol und Eugenolacetat Hier wird die Extraktion von Eugenol und Eugenolacetat aus Gewürznelken dokumentiert. Genaue Extraktionsvorschrift: siehe Lambdasyn.

Mehr

3. Übungsblatt. Organische Chemie für Studierende mit Nebenfach Chemie

3. Übungsblatt. Organische Chemie für Studierende mit Nebenfach Chemie Allgemeine und Anorganische Chemie 3. Übungsblatt Organische Chemie für Studierende mit Nebenfach Chemie 1. Aufgabe: Beschreiben Sie den Reaktionsmechanismus einer S N 1- und einer S N 2- Reaktion. 2.

Mehr

Neuartige Polyelektrolytstrukturen auf der Basis von L-Lysin

Neuartige Polyelektrolytstrukturen auf der Basis von L-Lysin euartige Polyelektrolytstrukturen auf der Basis von L-Lysin Dissertation zur Erlangung des Grades Doktor der aturwissenschaften am Fachbereich Chemie und Pharmazie der Johannes Gutenberg-Universtiät Mainz

Mehr