Migration und Integration in Österreich Herausforderung und Chance
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- Gisela Küchler
- vor 8 Jahren
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1 Migration und Integration in Österreich Herausforderung und Chance Dr. Bernhard Perchinig FH Kärnten, Feldkirchen,
2 Inhalt Vor der Gastarbeit Gastarbeiterpolitik und ihre Folgen EU Beitritt und Migrationspolitik Habsburg revisited Herausforderung und Chancen
3 Vor der Gastarbeit
4 Vorgeschichte: Selektive Integration in der Nachkriegszeit : 1, 4 Millionen 1,65 Millionen Flüchtlinge, 1945: 19,75% der Bevölkerung: Displaced Persons : Rückführung in Herkunftsländer Bis 1947 ca durch UNRRA in Herkunftsländer zurückgebracht Volksdeutsche : Seit 1952 Integration durch rechtliche Gleichstellung 1952: Befreiung von Arbeitsgenehmigungspflicht 1954: Deklaratorische Einbürgerung Bis 1961:Insgesamt Einbürgerungen, davon Volksdeutsche
5 Österreich als Auswanderungsland Wiederaufbau und Wirtschaftswunder 1950er und 1960er Mechanisierung der Landwirtschaft Wiederaufbau der Industrie v.a. im Norden und Westen Binnenmigration Land-Stadt, Süden Osten/Westen Auswanderung nach Deutschland und die Schweiz Arbeitskräftenachfrage im Inland durch Binnenmigration und Volksdeutsche gedeckt Volkszählung 1961: Rund ausländische Staatsangehörige in Österreich
6 Gastarbeit
7 Raab-Olah-Abkommen 1961 Wachsende Arbeitskräftenachfrage seit Ende der 1950er Bundeswirtschaftskammer fordert Ausweitung der Ausländerbeschäftigung Raab Olah-Abkommen 1961 Kontingentzulassung von ausländischen Arbeitnehmern Rotationsprinzip und Inländerprimat Gleiche Bezahlung und Arbeitsbedingungen Institutionalisierung der Sozialpartnerschaft Sozialpartnerschaftliche Migrationssteuerung
8 Anwerbung nach Österreich Arbeitsmarktsituation in Österreich Großindustrie ist verstaatlicht, politische Kontrolle der Beschäftigung Nachfrage nach Arbeitskräften vor allem im Baugewerbe, Reinigung, Tourismus Abwanderung nach Deutschland und in die Schweiz Anwerbeabkommen 1962 mit Spanien, 1964 mit der Türkei, 1966 mit Jugoslawien Besser Qualifizierte gehen nach Deutschland Österreich rekrutiert vor allem Zuwanderer aus ländlichem Raum mit niedriger formaler Ausbildung
9 Konzept Gastarbeit Befristeter Aufenthalt Inländerprimat Kein Familiennachzug Lohngleichheit, aber nur eingeschränkte Mitbestimmung Kein Zugang zum Wohlfahrtsstaat Bei Arbeitsplatzverlust Verlust des Aufenthaltsrechts
10 Praxis: Niederlassung Touristenbeschäftigung : Einreise über Touristenvisum, Arbeitsaufnahme im Land Aus Rotation wird Niederlassung Arbeitgeber will keine Rotation Zugewanderte erreichen ursprüngliche Sparziele nicht Familiennachzug über Arbeitszuwanderung Anwerbestopp 1974: Anstieg des Familiennachzugs Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975: Inländerprimat, nach 8 Jahren Freizügigkeit am Arbeitsmarkt
11 Soziale Effekte Aufenthaltsverbot bei Verlust der Beschäftigung: Gegenwärtige Beschäftigung um jeden Preis erhalten Bei Arbeitsplatzverlust alle Bedingungen akzeptieren Druck auf die Löhne und die Arbeitsbedingungen Niedrigere Familieneinkommen Familieninterner Druck zur möglichst frühzeitigen Teilnahme am Arbeitsmarkt Rückkehrillusion erschwert Bildungsaufstieg der Zweiten Generation Schulsystem fördert bis 1985 Reintegration der Kinder im Herkunftsland der Eltern
12 Ende des Gastarbeitersystems Menschenrechtliche Weiterentwicklung 1985: Verfassungsgerichtshof hebt Fremdenpolizeigesetz auf Reform des Fremdenpolizeigesetzes Reform des Ausländerbeschäftigungsgesetzes Fall des Eisernen Vorhangs Neue geopolitische Situation Furcht vor Massenzuwanderung aus Osteuropa Zerfall Jugoslawiens und Bürgerkrieg Massiver Anstieg der Flüchtlingszahlen
13 Ende des Gastarbeitersystems Innenministerium wird zentraler Akteur, Sozialpartner treten in den Hintergrund Einwanderungs- statt Arbeitsmarktregulierung 1992/1993 : Asylgesetz, Fremdengesetz & Aufenthaltsgesetz: Migrationssteuerung außerhalb des Arbeitsmarkts Höchstzahlen, Einkommens- und Wohnvoraussetzungen Massive Auswirkungen für ansässige Zugewanderte Massive Politisierung im Parlament und der Zivilgesellschaft
14 Das Ende des Kurzen 20. Jahrhunderts
15 Auf dem Weg nach Europa Zunehmende innenpolitische Konfrontation Verfassungsgerichtshofentscheide heben Teile des Fremdenrechts auf Fremdenrechtsnovelle 1997: Aufenthaltsverfestigung Schutz der Zweiten Generation EGMR 1999: Fall Gaygusuz gegen Österreich Gleichstellung im Arbeitsversicherungsrecht Entschärfung der Grenze zwischen Staatsbürgern und Ausländern durch die Höchstgerichte
16 Auf dem Weg nach Europa EU Beitritt 1995: Unionsbürgerschaft Vertrag von Amsterdam 1998: EU wird zentraler Akteur der Migrationspolitik EU Erweiterung 2004, 2007: Aus Ausländern werden Unionsbürger Richtlinien : Antidiskriminierungsrichtlininen Verbesserte Rechtstellung für langansässige ZuwanderInnen Erleichterter Familiennachzug Konzept Zivilbürgerschaft
17 Europäische Migrationspolitik Marktparadigma Gleichberechtigung Diskriminierungsschutz Weitestgehende Gleichstellung Staatsbürger Unionsbürger (Eingeschränkte) Angleichung der Rechtsstellung von Drittstaatsangehörigen an Unionsbürger im Zeitverlauf
18 Innenpolitik: Saisonarbeit und zirkuläre Migration 1993 Einführung des Saisoniers 1996 Ausweitung der Saisonierbeschäftigung 2000 Einführung der Erntehelfer, Aufstockung der Saisonquote und Ende der normalen Arbeitnehmerquote 2003 Umbau der Saisonierregelung zu einer neuen Gastarbeiterregelung 2006: Zirkuläres Migrationsregime für Saisoniers in bestimmten Sektoren
19 Innenpolitik: Paradigma Integration Integration ab Mitte der 1990er politisches Thema, vor allem kommunale Initiativen 1992: Wiener Integrationsfonds Integrationsleitbilder in Bundesländern und Kommunen seit ca Integrationsvereinbarung Integrationsvereinbarung als Voraussetzung für langfristiges Aufenthaltsrecht (100 Stunden Sprachkurs), 2005: A2-Niveau Integrationsplattform 2007, Nationaler Aktionsplan 2009 Staatssekretariat 2011 Integration als Voraussetzung für Teilhaberechte Integration als EU Paradigma Gleichstellung, Spracherwerb und gegenseitige Akzeptanz
20 Innenpolitik: Selektive Migration Interessensüberschneidung Grüne + Industrie Punktesystemvorschlag der Grünen 2005 Vorschlag der IV 2008 Rot-Weiß-Rot-Karte 2011 Integration vor Zuwanderung Deutschkenntnisse auf A1-Niveau als Bedingung für Familiennachzug Scheitert weitgehend durch das EuGH-Urteil Dereci et al. 2012
21 Migrationsentwicklung Habsburg revisited Demografische Westintegration: Deutschland als größtes Herkunftsland Ende der Zuwanderung aus den alten Anwerbeländern Diversifikation der Herkunftsregionen und sozialen Lagen Mobilität verdrängt Migration Staatlicher Kontrollverlust (ca. 25% der Zuwanderung kontrollierbar)
22 Demografische Entwicklung
23 Im Ausland Geborene nach Einreisejahr und Geburtsland, 2008 Quelle: Statistik Austria 2009: Arbeits- und Lebenssituation von MigrantInnen in Bernhard Österreich, Wien, Perchinig, S
24 Zuzüge und Wegzüge
25 Zuwanderung nach Ländergruppenl 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% Drittstaaten EWR; Schweiz EU 2 (beitritt 2007) EU 10 (Beitritt 2004) EU 14 (Beitritt vor 2004) 20% 10% 0%
26 Wanderungssaldo nach ausgewählter Staatsangehörigkeit (1) 2004 (1) Rumänien Ungarn Türkei Ehemaliges Jugoslawien (ohne Deutschland Deutschland Ehemaliges Jugoslawien (ohne Slowenien) Türkei Ungarn Rumänien
27 Zugewanderte Bevölkerung nach Herkunftsregionen 2012
28 Zugezogene mit mehr als 5 Jahre Aufenthalt, 2011
29 Ausländische Staatsangehörige und im Ausland geborene Österreicher,
30 Bevölkerung nach Geburtsland und Staatsangehörigkeit, Staatsangehörigkeit Geburtsland Insgesamt Österreich Nicht-Öszterreich Insgesamt Österreich Ausland
31 Bevölkerung nach Zuwanderungsgeschichte, 2008 M erkmal Bevölkerung in Privathaushalten zusammen M igrationshintergrund Zuwanderer der 1. Generation in Zuwanderer der 2. Generation Insgesamt 8.315, , ,3 415,4 Geburtsland der Eltern 1 ) Österreich 6.747,2... EU-Land (ohne Österreich) 522,8 522,8 425,2 97,5 Nicht EU-Land 1.045, ,8 728,0 317,8 dar.: Ex-Jugoslawien 513,0 513,0 360,5 152,5 Türkei 280,4 280,4 168,0 112,4 Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus 2008
32 Wien: Normalfall Migrationshintergrund
33 Bevölkerungsstruktur Ca. 1/3 der zugewanderten Bevölkerung und ihrer Nachfahren sind UnionsbürgerInnen, ca. 2/3 Drittstaatsangehörige Deutschland größtes Herkunftsland, gefolgt vom ehemaligen Jugoslawien und der Türkei Hoher Anteil langansässiger ZuwanderInnen aus den alten Anwerbeländern Hohe Rückwanderungsanteile bei neuer Zuwanderung Ca. 40% der im Ausland Geborenen sind österreichische StaatsbürgerInnen Ca der in Österreich Geborene sind ausländische Staatsangehörige
34 Bevölkerungsstruktur Deutliche Unterschiede alte und neue Zuwanderung Soziökonomische Lage Bildungssituation Arbeitsmarktteilhabe Integration der Zweiten Generation betrifft langansässige Menschen Integration der Neuzugewanderten bedeutet Unterstützung bei der Niederlassung Mobilität und temporäre Integration bei EU- MigrantInnen?
35 Herausforderungen und Chancen
36 Warum sind die Einbürgerungsraten so niedrig?
37 Einbürgerungen
38 Ausländeranteile und Einbürgerungsraten
39 Herausforderung Staatsbürgerschaftsrecht
40 Herausforderung Demokratie Bevölkerung > 15 nach Staatsbürgerschaft, % 4% 6% 89% Österreich Ehemaliges Jugoslawien Türkei Andere Quelle: Statistik Austria, Statistische Datenbank, eigene Berechnung
41 Bildungsstand der zugewanderten Bevölkerung
42 Schulabbruch
43 Vorschulische Betreuung
44 Positive Veränderungen
45 aber hohe Dequalifikation!
46 Unterschätztes Potential Mehrsprachigkeit Schuljahr 2009/2010: Schülerinnen und Schüler mit anderer Erstsprache als Deutsch Muttersprachlicher Unterricht in 22 Sprachen BKS: Schülerinnen und Schüler Türkisch: Schülerinnen und Schüler Albanisch: Schülerinnen und Schüler Wertschätzung von Zweisprachigkeit?
47 Bildungspolitik ist gefragt Schullaufbahnentscheidungen mit 9,5 Jahren Verschiebung der Entscheidung auf Alter 14 + Schulentscheidung von Lehrern wegführen Bruch der Geschwisterketten Selektionsinstrument Hausaufgaben: Ganztägige Schulformen Mehrsprachigkeit anerkennen DAF Zusatzausbildung für alle Sprachlehrende Maturafach Erstsprache Interkulturelle Weiterbildung für Lehrende
48 Herausforderung Vielfalt
49 Internationaler Vergleich
50 Fremdenfeindlichkeit Quelle: Christan Friehsl et al. 2010: Wir und die Anderen : Einstellungen Bernhard zu Perchinig, 2013 Fremden und Fremdenfeindlichkeit in Österreich, SWS Rundschau , S. 28
51 Vielfalt als Chance Kulturelle Homogenität der 1970er und 1980er Jahre kommt nicht wieder Vielfalt der Zuwanderung wird weiter zunehmen Kulturelle und religiöse Vielfalt wird sichtbarer werden Wachsende gesellschaftliche Vielfalt verlangt eine Neubewertung alter Regeln und Gewohnheiten. Dieser Prozess kann gesteuert und begleitet werden. Gelungene Integration verändert alle Beteiligten.
52 Ich freue mich auf Ihre Fragen. I
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