Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald Gesundheitsökonomie 2. Einführung
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- Moritz Morgenstern
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1 1 Einführung Thema: Struktur und Steuerung im (deutschen) Gesundheitswesen Gesundheitspolitische Ziele (Auswahl) Wirtschaftlichkeit der Erbringung von Gesundheitsleistungen Wirtschaftlichkeit der Nachfrage nach Gesundheitsleistungen Wirtschaftlichkeit in der Deckung des Bedarfs bzw. der Befriedigung der Nachfrage nach Gesundheitsleistungen Sicherung des Zugangs zu Gesundheitsleistungen, die nach dem aktuellen Stand des medizinischen Wissens erbracht werden, für die Bevölkerung Wesentliche Instrumente zur Steuerung (Auswahl): Vergütung von Leistungserbringern Gestaltung von Krankenversicherungsverträgen Organisation von Leistungserbringung, Inanspruchnahme und Finanzierung Relevanz: Häufige Klagen über erhebliche Steuerungsmängel Dauerbaustelle Gesundheitsreform
2 Voraussetzung: Einführung Beschreibung wesentlicher Tauschprozesse auf den Teilmärkten des Gesundheitswesens Beurteilung anhand von Kriterien Vorgehensweise bei der Beschreibung der Struktur: (i) Angebot und Nachfrage in ausgewählten Teilbereichen (stationärer Sektor, ambulanter Sektor, Arzneimittelmarkt, Krankenversicherung) (ii) Ansatzpunkte einer Verzahnung der Teilbereiche Alternativen der Steuerung: Direkte Steuerung, z.b. über die Festlegung der Angebotskapazitäten Erstellung von Wirtschaftlichkeitsanalysen Indirekte Steuerung: Zentrale Rolle der Regeln, nach denen die Mittelverteilung im Gesundheitswesen erfolgt (Breyer/Zweifel/Kifmann 2005, S. 3) Grund: Diese Regeln legen die finanziellen Anreize fest, unter denen Anbieter und Nachfrager von Gesundheitsleistungen ihre Entscheidungen treffen Konkret: Wie erfolgt die Vergütung der Leistungserbringer bzw. die Finanzierung von Leistungen durch Nachfrager oder Versicherungen? 2
3 3 Ziele: Beurteilung der Wirtschaftlichkeit Einführung der Erstellung von Gesundheitsleistungen (Anbieterseite) der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen (Nachfragerseite) Bezug: Allgemeine Mittelverwendung, nicht einzelne Maßnahmen bzw. Programme Relevante Fragen: Wirtschaftlichkeit der Leistungserstellung (i) innerhalb einer Einheit (z.b. Arztpraxis, Krankenhaus), (ii) innerhalb eines Teilbereichs (z.b. ambulanter Sektor), (iii) innerhalb des Gesundheitswesens Wirtschaftlichkeit der Inanspruchnahme: Bestehen finanzielle Anreize, zu viele oder zu wenige Gesundheitsleistungen nachzufragen? Falls ja: Korrekturmöglichkeit(en)? Welche Rolle spielen Bedingungen und Umfang der Krankenversicherung?
4 Einführung 4 Wirtschaftlichkeitsprinzip: Leitlinie für die Beurteilung der Erstellung und Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen Minimalversion: gegebene Erträge sind mit minimalen Kosten zu erreichen Maximalversion: mit gegebenen Kosten ist ein Maximum an Erträgen anzustreben Im Gesundheitswesen typische (aber nicht zwingende) Konstellation: Erträge als (bessere) gesundheitliche Ergebnisse Kosten als Aufwand für (zusätzlichen) Ressourcenverzehr Bezug von Erträgen und Kosten auf eine Einheit (Anbieter oder Nachfrager), einen Teilbereich, das Gesundheitswesen oder schließlich die gesamte Volkswirtschaft möglich Rationalität: Ein rationales (bzw. effizientes) Handeln genügt dem Wirtschaftlichkeitsprinzip Mögliche Perspektiven: Einzelne Wirtschaftseinheit Einzelner Teilbereich des Gesundheitswesens Gesundheitswesen insgesamt Gesamte Volkswirtschaft
5 Einführung Es gibt verschiedene Arten der Rationalität (bzw. Effizienz) in Abhängigkeit von der Perspektive! Einzelwirtschaftliche Rationalität (bzw. Effizienz): Wirtschaftlichkeit aus der Perspektive eines einzelnen Leistungserbringers oder eines einzelnen Nachfragers Prämisse: Diese Art der Rationalität sei stets erfüllt Gesamtwirtschaftliche Rationalität (bzw. Effizienz): Wirtschaftlichkeit aus der Perspektive der gesamten Volkswirtschaft Zentrale Fragen: Bewirken die vorhandenen Anreize auch ein gesamtwirtschaftlich rationales Handeln? Gibt es Situationen, in denen einzelwirtschaftlich rationales Handeln gesamtwirtschaftlich ineffizient ist (Rationalitätenfallen)? Wodurch sind Rationalitätenfallen begründet? Wie können sie vermieden bzw. ihre schädlichen Auswirkungen verringert werden? 5
6 Einführung Weshalb könnte eine gesamtwirtschaftliche Rationalität verfehlt werden? Finanzielle Anreize eines nahezu vollständigen Krankenversicherungsschutzes: Zu wenig Vorsorge? Zu hohe Nachfrage nach Gesundheitsleistungen im Krankheitsfall? Auswirkungen der überwiegend einkommensbezogenen Finanzierung? Struktur der Angebotsseite und finanzielle Anreize: Mangelnde Kommunikation und/oder Koordination? Kosteneffizienz der Leistungserstellung (falls Leistung von mehreren Anbietern erbracht werden kann) Rolle von Über-, Unter- und Fehlversorgung? Asymmetrische Information: Zwischen (i) Versicherer und Versicherten, (ii) Versicherer und Leistungserbringer, (iii) Leistungserbringer und Patient 6
7 7 Einführung Zu den Begriffen Unter-, Über- und Fehlversorgung (vgl. Sachverständigenrat, Gutachten 2000/2001): Feststellung eines Bedarfs an Gesundheitsleistungen: Vorliegen eines behandlungsbedürftigen Zustands Verfügbarkeit einer Behandlung, die einen ausreichenden Nutzen stiftet Referenzfall bedarfsgerechte und wirtschaftliche Versorgung : Versorgung, deren Leistungen medizinisch indiziert sind, fachgerecht erbracht werden und einen positiven Nettonutzen stiften ein akzeptables Nutzen-Kosten-Verhältnis aufweisen Unterversorgung: Bedarf vorhanden, aber Verweigerung von Leistungen mit akzeptablem Nutzen- Kosten-Verhältnis oder fehlende Bereitstellung in zumutbarer Entfernung Überversorgung: Medizinische Überversorgung: Leistungen, die über den Bedarf hinausgehen und keinen ausreichenden (Zusatz-)Nutzen stiften Ökonomische Überversorgung: Leistungen, die denselben Nutzen stiften wie alternative Leistungen, jedoch höhere Kosten verursachen Fehlversorgung: Leistungen, durch die ein Schaden entsteht bzw. deren Schadenspotenzial den erreichbaren Nutzen deutlich übersteigt Beispiel: Leistungen, die grundsätzlich bedarfsgerecht sind, aber Qualitätsmängel aufweisen Überschneidungen mit Unterversorgung und medizinischer Überversorgung
8 8 Literatur Nagel, E., Das Gesundheitswesen in Deutschland. Struktur Leistung Weiterentwicklung, 4. Aufl., Köln 2007, Kap. 5, 7, 8-9 und 11 Breyer, F., Zweifel, P., Kifmann, M., Gesundheitsökonomik, 5. Aufl., Berlin u.a.o. 2005, Kap. 1 Oberender, P., Hebborn, A., Zerth, J., Wachstumsmarkt Gesundheit, 2. Aufl., Stuttgart 2006 Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Bedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit, Band III: Über-, Unter- und Fehlversorgung (Gutachten 2000/2001), Tz (Bundestagsdrucksache 14/6871) Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, Koordination und Qualität im Gesundheitswesen, Gutachten 2005, Stuttgart 2006, Kap. 1 und 2, im Internet verfügbar über: Gutachten
9 9 Ohne Krankenversicherung besteht Unsicherheit bezüglich des künftigen Gesundheitszustands des künftigen Bedarfs an Gesundheitsleistungen ggf. des künftigen Erwerbseinkommens Unsicherheit bedeutet allgemein, dass der künftige Gesundheitszustand heute nicht mit Sicherheit angegeben werden kann im Sinne von Risiko als Spezialfall, in welchem die Wahrscheinlichkeiten der möglichen künftigen Zustände bekannt sind Annahme: Es herrsche Unsicherheit im Sinne von Risiko Doppeltes Risiko: (i) Risiko in Bezug auf den Gesundheitszustand (Gesundheitsrisiko im engeren Sinn), (ii) Risiko bezüglich der finanziellen Konsequenzen, auch aufgrund der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen (finanzielles Krankheitsrisiko) Gesundheitsrisiko im engeren Sinn: Nicht übertragbar Grund: Gesundheit ist jedenfalls in toto nicht handelbar) Finanzielles Krankheitsrisiko: Übertragbarkeit auf eine Krankenversicherung grundsätzlich möglich
10 10 Zu klären im Hinblick auf eine Krankenversicherung: Ausgestaltung von Krankenversicherungsverträgen Effekte Vorteilhaftigkeit eines Vertrags im Vergleich zur Nichtversicherung zu anderen Versicherungsverträgen Finanzielles Krankheitsrisiko werde allgemein beschrieben durch: Basiseinkommen Y 0 Aufwendungen L i (i = 1,,n) für Gesundheitsleistungen in Abhängigkeit vom Gesundheitszustand i L i gebe die Kosten der medizinisch adäquaten Behandlung im Zustand i an Medizinisch adäquate Behandlung: Medizinisch indiziert, dem aktuellen Stand des medizinischen Wissens entsprechend Risiko: Die Eintrittswahrscheinlichkeiten π i der möglichen Zustände sind nichtnegativ und ihre Summe ergibt Eins
11 11 Weitere Voraussetzungen der Analyse: Sowohl die π i als auch die L i stehen fest, können also vom Individuum nicht beeinflusst werden (wird später teilweise gelockert) Äquivalent dazu: Keine Berücksichtigung von moral hazard Spezialfall: n=2, L 1 = 0, L 2 = L > 0, π 2 = π, π 1 = 1 π Zustand 2 als der (auch bezüglich des Gesundheitszustands) ungünstige Zustand Zustand 1 als guter Gesundheitszustand, der keine Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen erfordert Bewertung von Zuständen anhand des damit verbundenen verfügbaren Einkommens Interpretation: Präferenzen bezüglich des verfügbaren Einkommens sind unabhängig vom Gesundheitszustand Risiko-Aversion: Allgemein: Unter sonst gleichen Umständen zieht ein Individuum die sichere jeder riskanten Alternative vor Hier: Individuum zieht stets ein sicheres verfügbares Einkommen einer riskanten Alternative vor, die dasselbe Einkommen im Erwartungswert liefert Grenzfall Risiko-Neutralität : Lotterien bezüglich des (verfügbaren) Einkommens werden nur anhand ihres Erwartungswerts beurteilt (Risiko-Aversion liegt gerade nicht mehr vor)
12 12 Erwartungsnutzenhypothese: Bewertung von riskanten Alternativen anhand des erwarteten Nutzens des verfügbaren Einkommens Finanzielles Krankheitsrisiko ohne Krankenversicherung: Das verfügbare Einkommen beträgt im Gesundheitszustand 1, der mit der Wahrscheinlichkeit 1-π eintritt, Y 1 =Y 0 im Gesundheitszustand 2 hingegen Y 2 =Y 0 -L (Wahrscheinlichkeit π) Zur Veranschaulichung vgl. Abb. 1a: Der Nutzen U steigt mit dem verfügbaren Einkommen Y, wobei die Nutzenzuwächse abnehmend im Einkommen sind Positiver Grenznutzen des (verfügbaren) Einkommens Abnehmender Grenznutzen des (verfügbaren) Einkommens Folgerungen: U(Y 1 )>U(Y 2 ) U(Y 3 )-U(Y 1 )<U(Y 1 )-U(Y 2 ) für Y 3 =Y 0 +L Strecke zwischen den Punkten [Y 1 U(Y 1 )] und [Y 2 U(Y 2 )] enthält alle möglichen Erwartungsnutzenniveaus in Abhängigkeit von π Im Beispiel gilt: π<0,5<1-π EY mit Sicherheit wird höher bewertet als das tatsächlich vorhandene Einkommensrisiko
13 13 Sicherheits-Äquivalent einer riskanten Alternative (vgl. Abb. 1b) Voraussetzungen: Risiko bezüglich einer nutzenrelevanten Einkommensgröße Y Zwei mögliche Zustände, wobei der vorteilhafte Zustand Y 1 mit der Wahrscheinlichkeit p liefert Kompakte Beschreibung: Lotterie L[(p,Y 1 ),(1-p,Y 2 )] Definition: Das Sicherheits-Äquivalent einer Lotterie L gibt dasjenige Einkommen S(L,U) an, das aus der Sicht des Individuums zur Lotterie gleichwertig ist Eigenschaften: S hängt bei gegebenen Präferenzen von der Lotterie ab (Extremfälle S=Y 1 bzw. S=Y 2 für p=1 bzw. p=0) Für risiko-averse Individuen und 0<p<1 gilt stets: S(L,U)<EY S hängt bei gegebener Lotterie von den Präferenzen ab: Je größer die Risiko- Aversion, desto geringer das Sicherheits-Äquivalent Sicherheits-Äquivalent als nützliches Konzept, um die Vorteilhaftigkeit von Versicherungsverträgen aus der Sicht eines Individuums zu beurteilen (s.u.)
14 14 Zentrale Fragen: Wann ist der Abschluss einer Krankenversicherung vorteilhaft? In welchem Umfang wird Krankenversicherung (dann) nachgefragt? Zunächst: Wahl zwischen Vollversicherung und keiner Versicherung (i) Prämie versicherungsmathematisch fair (ii) Prämie enthält einen Aufschlag Versicherungsmathematisch faire Prämie: Höhe der Prämie entspricht gerade den erwarteten Aufwendungen für Gesundheitsleistungen: P=π L Auswirkungen der Vollversicherung unter dieser Prämisse: Individuum trägt kein Einkommensrisiko mehr Das erwartete Einkommen bleibt gegenüber der Ausgangslage unverändert Ergebnis (vgl. Abb. 2): Ein risiko-averses Individuum wählt stets die Vollversicherung Grund: Diese bietet einen Vorteil (Übertragung des Risikos), ist jedoch mit keinem Nachteil verbunden
15 15 Zur Funktionsweise einer Versicherung: Der Versicherer kann das individuelle Risiko nicht beseitigen Versicherer kann jedoch derartige Risiken poolen und dadurch erreichen, dass sein Risiko pro Versicherten deutlich geringer ausfällt Wie funktioniert das? Übernahme vieler gleichartiger Risiken durch einen Versicherer Durchschnittliche Aufwendungen pro Versicherten rücken mit wachsender Anzahl der Versicherten im statistischen Sinn immer näher an die erwarteten Aufwendungen Grund: Gesetz der großen Zahl (Voraussetzung: Keine starke Abhängigkeit der individuellen Risiken) Ergebnis: Falls N die Anzahl der Versicherten bezeichnet, liegt L/N bei genügend großem N mit hoher Wahrscheinlichkeit nahe bei π L Allgemeiner: Risiko kann sich nach Übertragung verändern ( moral hazard ) Hier zunächst ausgeschlossen (da π und L konstant)
16 16 Prämienaufschlagsfaktor α: Abhängig von (i) den Verwaltungsaufwendungen des Versicherers pro Versicherten (ii) der Intensität des Wettbewerbs um die Versicherten Effekte einer Vollversicherung mit α>0 im Vergleich zur Ausgangslage ohne Versicherung: Beseitigung des Risikos bezüglich des verfügbaren Einkommens (Vorteil) Verringerung des erwarteten verfügbaren Einkommens um α π L (Nachteil) Vorteilhaftigkeit der Vollversicherung (vgl. Abb. 3): Erfüllt, wenn der o.a. Nachteil und damit α nicht zu groß ausfällt Liegt vor, wenn die Bedingung Y S Y 0 -P=Y 0 -α π L erfüllt ist (Sicherheits-Äquivalent übersteigt nicht das sichere verfügbare Einkommen bei Vollversicherung) Ergebnis: Vorteilhaftigkeit der Vollversicherung im Vergleich zur Ausgangslage ohne Versicherung abhängig von der Höhe des Aufschlagfaktors α vom Ausmaß der Risiko-Aversion
17 Erweiterung des Modellrahmens: Variabler Versicherungsumfang nun zugelassen: Deckung I des Schadens L (mit 0 I L) als Entscheidungsvariable Bislang wurden die Spezialfälle I=0 und I=L untersucht Alle übrigen Annahmen bleiben unverändert Prämienfunktion: Krankenversicherer biete eine Deckung I zu einer Prämie P(I)=(1+α) π I (α 0) an Fallunterscheidung (wie zuvor): α=0: Versicherungsmathematisch faire Prämie α>0: Versicherung enthält einen Aufschlag Verfügbare Einkommen in Abhängigkeit von der gewählten Deckung I: Zustand 1: Y 1 -P(I)=Y 1 -(1+α) π I Zustand 2: Y 1 -P(I)-(L-I)=Y 1 -(1+α) π I-(L-I)=Y 1 -L+[1-(1+α) π] I Graphische Veranschaulichung in Abb. 4: Annahme: Es gelte (1+α) π<1 Folge: Nur dann Erhöhung des verfügbaren Einkommens in Zustand 2 kann der Abschluss einer Versicherung vorteilhaft sein 17
18 18 Effekte einer (zulässigen) Erhöhung der Deckung I für α>0: Für 0 I<L kommt es zu einer Verringerung des Risikos bezüglich des verfügbaren Einkommens (Vorteil) Verringerung des erwarteten verfügbaren Einkommens (Nachteil) Im Spezialfall α=0 gilt: Eine Erhöhung der Deckung I innerhalb des zulässigen Bereichs weist stets den o.a. Vorteil auf, während der o.a. Nachteil nicht auftritt Folgerung: Vollversicherung (I*=L) als optimale Versicherungsentscheidung Wie sieht die optimale Entscheidung für α>0 aus? Dazu betrachte man den Einfluss der Deckung auf das Einkommensrisiko ohne die Beschränkung I L. Für kleine Erhöhungen von I in einer Umgebung von L gilt: Solange I<L erfüllt ist, kommt es zu einer Verringerung des Einkommensrisikos Falls die ursprüngliche Deckung I L erfüllt, kommt es hingegen zu einer Erhöhung des Einkommensrisikos Grund: Eine Erhöhung der Deckung über L hinaus sorgt dafür, dass das verfügbare Einkommen nun im bezogen auf den Gesundheitszustand ungünstigen Zustand 2 größer ausfällt als im günstigen Zustand 1
19 Dies bedeutet: Eine marginale Erhöhung der Deckung bewirkt für I<L eine Verringerung des Einkommensrisikos für I=L keine Veränderung des Einkommensrisikos für I>L eine Erhöhung des Einkommensrisikos Folgerungen: Ausgehend von I=L entsteht aufgrund einer marginalen Verringerung der Deckung kein Nachteil hinsichtlich des Einkommensrisikos ein Vorteil in Form eines höheren erwarteten Einkommens Vollversicherung kann für α>0 keine optimale Entscheidung darstellen Ergebnisse für α>0 bei variabler Deckung: Wenn es überhaupt optimal ist, eine Versicherung abzuschließen, wird I*<L gewählt und damit eine Selbstbeteiligung im Umfang L-I* Der Abschluss einer Versicherung ist zumindest dann vorteilhaft, wenn die Vollversicherung das Individuum nicht schlechter stellt als ohne Versicherung Wenn der Aufschlagfaktor α zu hoch ist, kann es optimal sein, sich nicht zu versichern (I*=0) 19
20 20 Bislang wurde eine private Krankenversicherung untersucht. Kennzeichen: Prinzip der individuellen Äquivalenz, d.h. die Leistung des Versicherten und die Gegenleistung der Versicherers entsprechen einander Leistung des Versicherten: Zahlung einer Prämie Gegenleistung des Versicherers: Zahlung einer Deckungssumme im Schadensfall Prämie eines Versicherten umso höher, je höher die erwartete Zahlung des Versicherers Anderer Prototyp: Soziale Krankenversicherung. Kennzeichen: Prinzip der Gruppenäquivalenz, d.h. die Leistungen aller Versicherten und die Gegenleistung der Versicherung entsprechen einander Leistung des Versicherten: Zahlung eines Beitrags, dessen Höhe von seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit abhängt (z.b. Bruttoeinkommen) Gegenleistung der Versicherung: Wie bei der privaten Krankenversicherung Beitrag eines Versicherten umso höher, je höher z.b. sein Bruttoeinkommen Zwang zur Mitgliedschaft, Kontrahierungszwang für Versicherer (wenigstens teilweise)
21 Soziale Krankenversicherung im Vergleich zu einer privaten Krankenversicherung: Angebot einer Deckung kann für einige Individuen zu günstigeren Konditionen erfolgen Budgetbedingung impliziert dann, dass einige Individuen zu ungünstigeren Konditionen versichert sein müssen Zur Veranschaulichung wird unterstellt: Jedes Individuum j weise ein finanzielles Krankheitsrisiko wie oben beschrieben auf. Bei Individuum j tritt der ungünstige Zustand, in dem Aufwendungen von L (j) entstehen, mit einer Wahrscheinlichkeit π (j) auf Private Versicherer bieten eine Vollversicherung jeweils gegen die Zahlung einer fairen Prämie P (j) =π (j) L(j) an Soziale Krankenversicherung: Vollversicherung zum Beitrag B (j) =β Y (j) 0 für Individuum j Der Beitragssatz β erfüllt die Budgetbedingung: j B ( j) ( j) ( j) ( j) = j β Y 0 = j π L 21
22 Spezialfall: Kein Unterschied zwischen beiden Versicherungstypen, wenn für alle Individuen B (j) =P (j) gilt Interpretation? Allgemeiner: Beitrag zur sozialen Krankenversicherung kann von der Prämie abweichen, die alternativ in einer privaten Krankenversicherung zu entrichten wäre Terminologie: B (j) >P (j) : Individuum als gutes Risiko für die soziale Krankenversicherung B (j) <P (j) : Individuum als schlechtes Risiko für die soziale Krankenversicherung Interpretation: Ein Individuum stellt ein gutes Risiko dar, wenn zu erwarten ist, dass der sozialen Krankenversicherung aus der Mitgliedschaft dieses Individuums ein Überschuss entsteht stellt ein schlechtes Risiko dar, wenn zu erwarten ist, dass die Versicherung aus der Absicherung dieses Individuums einen Verlust erzielt Notwendig für die Stabilität einer sozialen Krankenversicherung: Versicherungspflicht zumindest für einige Individuen, die gute Risiken einzustufen sind Kontrahierungszwang (um zu vermeiden, dass schlechte Risiken nicht versichert werden) 22
23 Zurück zur privaten Krankenversicherung: Annahme bisher: Finanzielles Krankheitsrisiko exogen und damit durch das Individuum nicht zu beeinflussen Individuen können in Grenzen beide Komponenten dieses Risikos beeinflussen: Einfluss auf die Wahrscheinlichkeiten π i durch Vorsorge (primäre Prävention) Einfluss auf die Aufwendungen L i durch die Entscheidung über die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen (bei Existenz mehrerer Behandlungsalternativen) Versicherung kann das Verhalten der Individuen in zweierlei Weise beeinflussen: Durch die Erhöhung des Wohlfahrtsniveaus (grundsätzlich unproblematisch) Durch die finanziellen Anreize, welche der Versicherungsvertrag setzt (kann problematisch sein) Spannungsverhältnis: Risikoübertragung auf eine Versicherung kann risiko-aversen Individuen einen Vorteil verschaffen verringert möglicherweise den finanziellen Anreiz zu effizientem Verhalten 23
24 Moral hazard: Bezeichnet ineffizientes Verhalten, das durch die Bedingungen von Versicherungsverträgen oder Vergütungsregelungen ausgelöst wird Potentiell relevant für Anbieter und Nachfrager von Gesundheitsleistungen Im Zusammenhang mit einer Krankenversicherung: Im Folgenden: Moral hazard 1. Art: Kommt zustande, wenn ein Versicherungsvertrag falsche Anreize für die primäre Prävention setzt Bezug: Zeit vor Auftreten einer Krankheit (moral hazard ex ante) Moral hazard 2. Art: Kommt zustande, wenn ein Versicherungsvertrag falsche Anreize für die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen setzt Bezug: Krankheit bereits aufgetreten (moral hazard ex post) Erläuterung und Diskussion des moral hazard 1. Art Was ist unter falschen Anreizen zu verstehen? Konsequenzen für die Ausgestaltung des Versicherungsvertrags? 24
25 25 Voraussetzungen: Individuum kann durch eine Vorsorgeaktivität die Wahrscheinlichkeit des ungünstigen Zustands beeinflussen Vorsorgeaktivität wird gemessen durch die damit verbundenen Ausgaben V 0 π(v 0 =0)=π 0 >0 π(v)>0, d.h. Vorsorge ist niemals ganz erfolgreich Positiver Grenzertrag der Vorsorge: V>0 bewirkt stets π<0 Abnehmender Grenzertrag: Verringerung der Wahrscheinlichkeit π infolge eines festen V umso geringer, je größer V in der Ausgangslage Zur Veranschaulichung vgl. Abb. 5 Zu klären: Welches Vorsorgeniveau ist optimal ohne Krankenversicherung? Einfluss einer Krankenversicherung auf die Entscheidung zur Vorsorge in Abhängigkeit von der Ausgestaltung des Vertrags?
26 26 Vorsorge ohne Krankenversicherung: Für V 0 =0 gilt für das Einkommensrisiko: Das verfügbare Einkommen beträgt Y 0 mit der Wahrscheinlichkeit 1-π 0 beträgt Y 0 -L mit der Wahrscheinlichkeit π 0 Für V 1 >0 gilt π(v 1 )=π 1. Das verfügbare Einkommen beträgt dann Y 0 V 1 mit der Wahrscheinlichkeit 1-π 1 Y 0 -V 1 -L mit der Wahrscheinlichkeit π 1 Allgemein gilt für das erwartete verfügbare Einkommen: Y 0 -V-π(V) L Effekte einer um eine (kleine) Einheit höheren Vorsorge: Verringerung des Einkommensrisikos (Vorteil) Effekt auf das erwartete verfügbare Einkommen: Allgemein vom Vorzeichen her unbestimmt (bei Verringerung Nachteil) Negativ, wenn -[ π/( V)] L=-π L<1 Interpretation: Eine höhere Vorsorge ist mit (sicheren) Kosten von 1 verbunden führt aufgrund der Verringerung von π zu einer Erhöhung des erwarteten verfügbaren Einkommens um -[ π/( V)] L
27 Folgerungen: Hinreichende Bedingung: Wenn -π (V) L 1 für V=0 gilt, lohnt sich die Vorsorge auf jeden Fall für ein V>0 gilt, ist es sinnvoll, (noch) mehr Vorsorge zu betreiben Notwendige Bedingung: Wenn es günstig ist, V>0 zu wählen, dann muss die Ungleichung - π L<1 erfüllt sein Begründungen? Kennzeichen einer optimalen Vorsorge-Entscheidung V* unter der Voraussetzung V*>0: Definiere Y g =Y 0 -V und Y k =Y 0 -V-L Grenzertrag der Vorsorge: -π (V) [U(Y g )-U(Y k )] Grenzkosten der Vorsorge: [1-π(V)] U(Y g )+ π(v) U(Y k ) V* wird festgelegt durch die Bedingung Grenzertrag gleich Grenzkosten Optimale Vorsorge V*=0: Erfordert -π (V 0 ) L<1 Gilt, wenn bereits für die erste Einheit an Vorsorge die Grenzkosten höher ausfallen als der Grenzertrag 27
28 28 Vorsorge und Krankenversicherung: Nun kann zusätzlich eine Krankenversicherung abgeschlossen werden, die eine Deckung I (mit 0 I L) zu einer versicherungsmathematisch fairen Prämie anbietet Fallunterscheidung in Abhängigkeit davon, ob der Versicherer die vom Versicherten betriebene Vorsorge beobachten und verifizieren kann oder nicht Verifizierbarkeit: Vorsorge kann vom Versicherer beobachtet werden Dem Versicherer stehen wirksame Sanktionen zur Verfügung, die ein Abweichen vom vereinbarten Niveau für den Versicherten niemals als lohnenswert erscheinen lassen Folge: Versicherungsvertrag kann auf das vom Versicherten betriebene bzw. zu betreibende Vorsorgeniveau konditioniert werden Prämie hängt unmittelbar auch von V ab Fehlende Beobachtbarkeit oder Verifizierbarkeit der Vorsorge: Prämie kann explizit nur von der gewählten Deckung abhängen Insgesamt: Die beiden Fälle sind mit verschiedenen Informationsstrukturen verbunden Bei Nicht-Verifizierbarkeit steht dem Versicherer weniger Information zur Verfügung. Folgen?
29 29 Fall 1: Versicherer kann das Vorsorgeniveau verifizieren Prämie in Abhängigkeit von I und V: P(I,V)=π(V) I Zwei Entscheidungsvariablen: Optimale Deckung I* und optimale Vorsorge V* Optimale Deckung: Unabhängig von der Vorsorgeentscheidung, d.h. es gilt I*=L Gründe: Optimale Vorsorge: Versicherungsmathematisch faire Prämie Für jedes π(v) ist es für ein risiko-averses Individuum vorteilhaft, das Einkommensrisiko durch eine Vollversicherung auszuschalten Wahl V* maximiert das erwartete verfügbare Einkommen Falls -π (V 0 ) L>1 gilt, lohnt sich die Vorsorge, d.h. es muss V*>0 gelten erfüllt V* die Bedingung -π (V*) L=1 Falls -π (V 0 ) L 1 zutrifft, lohnt sich Vorsorge nicht und es gilt V*=0 Es ist durchaus möglich, dass V*=0 gilt, obwohl Vorsorge ohne Krankenversicherung lohnenswert gewesen wäre
30 30 Fall 2: Versicherer Prämie kann das Vorsorgeniveau nicht verifizieren kennt die Präferenzen der identischen Individuen kann direkt nur noch von der gewählten Deckung abhängen: P(I)=π I hängt indirekt über π noch von der tatsächlich betriebenen Vorsorge ab (s.u.) Chronologie : Versicherer bietet Menü von Verträgen [P(I),I] an Individuum wählt einen für ihn günstigsten Vertrag aus Lösung des Optimierungsproblems: Versicherter wählt in Abhängigkeit vom jeweiligen Vertrag [P(I),I] sein optimales Vorsorgeniveau V(I) Versicherer bietet nur Verträge [P(I),I] an, die konsistent sind (möglich, da ein Versicherer die individuellen Präferenzen kennt) Konsistenz liegt vor, wenn P(I)=π[V(I)] I erfüllt ist Interpretation: Bei einem konsistenten Versicherungsvertrag wählt das Individuum genau das Vorsorgeniveau, das auch der Prämienkalkulation zugrunde liegt
31 31 Versicherter wählt optimalen Vertrag, der eine Deckung I* gewährt der ihm den Anreiz zu einer Vorsorge im Umfang V*=V(I*) bietet Zweistufiges Optimierungsproblem des Versicherten: 1. Stufe: Wahl einer optimalen Deckung I* aus der Menge konsistenter Verträge 2. Stufe: Wahl eines optimalen Vorsorgeniveaus V* Lösung durch Rückwärts-Induktion : Die Stufen des Optimierungsproblems werden in umgekehrter Reihenfolge durchlaufen Gegeben einen Vertrag [P(I),I], wählt das Individuum das dafür optimale Vorsorgeniveau V(I) Die Vorsorge V(I) legt zusammen mit der Prämie P(I) seinen Erwartungsnutzen fest Auswahl eines Vertrags und damit zugleich auch eines (eigenen!) Vorsorgeniveaus, welcher den Erwartungsnutzen maximiert Kompliziertes Optimierungsproblem! Daher im Folgenden lediglich Veranschaulichung anhand von zwei Verträgen, welche die Vorsorgeniveaus V 0 =0 bzw. V 1 >0 induzieren unter der Voraussetzung, dass die Vorsorge das erwartete verfügbare Einkommen erhöht, d.h. es gilt V 1 -V 0 =V 1 <[π(v 0 )-π(v 1 )] L=-[π(V 1 )-π(v 0 )] L
32 Erster Vertrag: [P(L),L] Vollversicherung, d.h. Ausschaltung des Risikos bezüglich des verfügbaren Einkommens Vorsorge reduziert dann lediglich das verfügbare Einkommen, ohne dem Versicherten! einen Vorteil zu bieten Folgerungen: Erläuterung: Es ist optimal, keine Vorsorge zu betreiben und somit V(L)=V 0 =0 zu wählen Konsistenz impliziert: P(L)=π[V(L)] L=π 0 L Vorsorge verringert (bei gegebener Deckung) nun nicht mehr die Prämie Bei Vollversicherung stiftet eine Verringerung von π dem Versicherten keinen Vorteil Moral hazard 1. Art ist wirksam: Vorsorge annahmegemäß gesamtwirtschaftlich vorteilhaft, da bei Wahl von V 1 die Einsparungen des Versicherers größer ausfallen als der Aufwand des Versicherten Indessen hat der Versicherte keinerlei finanziellen Anreiz, Vorsorge zu betreiben und wird daher die Entscheidung V 0 treffen, die für ihn unter den gegebenen Umständen optimal ist insgesamt nicht optimal ist Zwischenergebnis: Einzel- und gesamtwirtschaftliche Rationalität fallen hier auseinander! 32
33 33 Zweiter Vertrag: [P(I),I] mit I<L, V(I)=V 1 >0 Definiere: Y 0 =Y 0 -P(I) L =L-I Für V 1 gilt π(v 1 )=π 1. Das verfügbare Einkommen beträgt dann Y 0 -V 1 mit der Wahrscheinlichkeit 1-π 1 Y 0 -V 1 -L mit der Wahrscheinlichkeit π 1 Erläuterung: Entscheidung für Vorsorge hier analog zur Situation ohne Krankenversicherung V=V 1 optimal, wenn an dieser Stelle folgende Größen übereinstimmen: Grenzvorteil aus der Verringerung des Einkommensrisikos Grenznachteil aus der Verringerung des erwarteten verfügbaren Einkommens Moral hazard 1. Art ist wirksam (wenn auch in geringerem Umfang): Einzel- und gesamtwirtschaftlicher Grenznachteil von V 1 stimmen überein Gesamtwirtschaftlicher Grenzvorteil entspricht -π (V) L für V=V 1 Grenzvorteil des Versicherten lediglich in Höhe von -π (V) L < -π (V) L für V=V 1 Zwischenergebnis: Einzel- und gesamtwirtschaftliche Rationalität fallen wiederum auseinander!
34 34 Wann ist eine Teilversicherung für den Versicherten vorteilhaft? Effekte einer Teilversicherung: Zunahme des Risikos bezüglich des verfügbaren Einkommens Wenn dann die Entscheidung V>0 optimal ist, kommt es zu einer Erhöhung des erwarteten verfügbaren Einkommens gelingt es, den Umfang des moral hazard einzuschränken Eine Teilversicherung kann daher nur optimal sein, wenn sie das Individuum dazu bringt, Vorsorge zu betreiben Da die Prämie fair ist, entspricht die Veränderung des erwarteten verfügbaren Einkommens aufgrund einer Erhöhung von V gerade der Veränderung von π(v) L-V Veränderung des erwarteten verfügbaren Einkommens im Vergleich zur Vollversicherung beruht auf folgenden Teileffekten: Verringerung aufgrund der Kosten der Vorsorge in Höhe von V 1 >0 Erhöhung aufgrund der Verringerung von π(v) L, die sich direkt (d.h. bei gegebener Prämie) aufgrund der Verringerung von π(v) L um [π(v 0 )- π(v 1 )] L ergibt indirekt (d.h. durch die Veränderung der Prämie) aufgrund der Verringerung von π(v) I um [π(v 0 )-π(v 1 )] I ergibt
35 35 Folgerungen: Erhöhung des erwarteten verfügbaren Einkommens durch die Wahl von V 1 notwendig, aber nicht hinreichend für die Vorteilhaftigkeit einer Teilversicherung Ausgehend von V 1, wäre eine kleine Erhöhung des Vorsorgeniveaus für den Versicherten (bei gegebener Prämie) mit keinem Vorteil verbunden gesamtwirtschaftlich vorteilhaft Ergebnis: Individuum betreibt auch bei einer Teilversicherung im Vergleich zu Fall 1 in zu geringem Umfang Vorsorge Interpretation: Bei fehlender Beobachtbarkeit oder Verifizierbarkeit der Vorsorge durch den Versicherer kann eine Teilversicherung trotz des damit verbundenen Risikos vorteilhaft sein Grund: Nur dadurch entsteht ein finanzieller Anreiz zur Vorsorge sowie zur Einschränkung des moral hazard Vergleich der beiden Fälle: Bei Beobachtbarkeit der Vorsorge gilt: Vollversicherung stets optimal Vorsorge wird genau dann betrieben, falls sie das erwartete verfügbare Einkommen erhöht
36 36 Bei fehlender Beobachtbarkeit der Vorsorge: Vollversicherung kann suboptimal sein Erhöhung des erwarteten verfügbaren Einkommens notwendig, aber nicht hinreichend für V>0 Beispiel (vgl. Breyer/Zweifel/Kifmann, Kap ): Voraussetzungen: π(v 0 )=π 0 =0,3; π(v 1 =10)=π 1 =0,1 Y 0 =100; L=70 V 1 =10<(π 0 -π 1 ) L=14 V(L)=0; V(I=39)=10 Prämien bei fehlender Beobachtbarkeit der Vorsorge: P(L)=0,3 70=21 P(I=39)=0,1 39=3,9 Folgerungen: Vertrag [P(L=70),L] sichert ein verfügbares Einkommen von 79 Vertrag [P(I=39),I] liefert ein erwartetes verfügbares Einkommen von 83 Es ist möglich, dass ein Individuum den Vertrag mit Teilversicherung gegenüber der Vollversicherung vorzieht
37 37 Vertiefende Literatur Breyer, F., Zweifel, P., Kifmann, M., Gesundheitsökonomik, 5. Aufl., Berlin u.a.o. 2005, Kap. 6 Ehrlich, I., Becker, G.S., Market Insurance, Self-Insurance, and Self- Protection, Journal of Political Economy, Vol. 80 (1972), S Feldstein, M.S., The Welfare Loss of Excess Health Insurance, Journal of Political Economy, Vol. 81 (1973), S Pauly, M., The Economics of Moral Hazard, American Economic Review, Vol. 58 (1968), S Zweifel, P., Eisen, R., Versicherungsökonomie, 2. Aufl., Berlin 2003, Kap. 2 und 3
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