6.1 Topologische Grundbegriffe
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- Dagmar Wolf
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1 6.1 Topologische Grundbegriffe Längen und Abstände Elemente des Raumes R n interpretieren wir alternativ als Vektoren oder als Punkte. Wir benutzen je nach Bedarf Zeilen- oder Spaltenvektoren. Den n-dimensionalen Spaltenraum bezeichnen wir wie bisher mit R n, unterscheiden aber nicht immer genau zwischen R n und R n. Das Skalarprodukt zweier Vektoren a = a 1,..., a n und b = b 1,..., b n ist definiert wie im 2- und 3-dimensionalen Fall: n a$b = a b T => j = 1 Die Länge oder Norm a j b j. eines Vektors a = (a 1,..., a n ) ist sein Abstand zum Nullvektor 0 = (0,...0). Man berechnet sie mit Hilfe des Satzes von Pythagoras: n a = > a 2 j = a$a = a 2. j = 1 Nur der Nullvektor hat die Länge 0: a = 0 <=> a = 0. Das Skalarprodukt erfüllt die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung a$b % a b wobei genau dann Gleichheit gilt, wenn a und b linear abhängig sind, also einer der beiden Vektoren ein Vielfaches des anderen ist. Zur Begründung betrachten wir folgende Ungleichung: 0 % a bk b a 2 = a 2 b 2 K 2 a b a$b C a 2 b 2 = 2 a 2 b 2 K 2 a b a$b = 2 a b a b Ka$b. Hier ist entweder a oder b gleich 0 (und dann gilt a$b = a b = 0), oder a b Ka$b ist nicht negativ. Gleichheit tritt genau dann ein, wenn a bkb a = 0 ist, also a und b linear abhängig sind. Der Abstand zweier Punkte a = (a 1,..., a n ) und b = (b 1,..., b n ) ist die Länge des Differenzvektors: d a, b = akb. n = 1 : akb = akb 2 n = 2 : akb = a 1 Kb 1 2 C a2 Kb 2 2 n = 3 : akb = a 1 Kb 1 2 C a2 Kb 2 2 C a3 Kb 3 2
2 und allgemein: n akb = > j = 1 a j Kb j 2. Beispiel 1: Quader mit einigen Diagonalen b+c a+b+c a+c c a+b b a Stehen a, b und c paarweise aufeinander senkrecht, d.h. a$b = a$ c = b$ c = 0, so gilt a 2 C b 2 = acb 2, a 2 C c 2 = acc 2, b 2 C c 2 = bcc 2, acbcc 2 = a 2 C b 2 C c 2. Beispiel 2: Ebenes Dreieck mit den Ecken a = (0,-1), b = (-1,1), c = (1,2) : 2 c b 1 K1,0 K0,5 0 0,5 1,0 K1 a d a, b = 5, d a, c = 10, d b, c = 5 Es ergibt sich hier ein gleichschenklig rechtwinkliges Dreieck!
3 Die Dreiecks-Ungleichung besagt, daß für beliebige Dreiecke die Länge einer Dreiecksseite immer höchstens so groß wie die Summe der Längen der beiden anderen Seiten ist: acb % a C b. Sie folgt aus der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung: acb 2 = acb 2 = a 2 C2 a$b C b 2 % a 2 C2 a b C b 2 = a Cb 2. Ersetzt man a durch akb und b durch bkc, so ergibt sich für Differenzvektoren zwischen den Punkten a, b, c: akc % akb C bkc. Beispiel 3: Tetraeder (räumliches Viereck) mit den Ecken a = (0,0,0), b = (-1,2,2), c = (2,-1,2), d = (2,2,-1) : b c a d a, b = d a, c = d a, d = 3 d d b, c = d c, d = d b, d = 3 2 Drei Seitendreiecke sind gleichschenklig-rechtwinklig, eines ist gleichseitig. Der Abstand von a und d ist natürlich viel kleiner als die Summe der Abstände von a und b, b und c sowie c und d. Daß der direkte Weg stets der kürzeste ist, besagt die durch Induktion aus der Dreiecksungleichung entstehende Vielecksungleichung a 1 C...Ca m % a a m.
4 Kugeln Die offene -Kugel um x aus R n mit Radius > 0 ist gegeben durch K( x, ) = { y : xky! }, die abgeschlossene -Kugel hingegen durch K x, = { y : xky % }, und die KKugeloberfläche oder KSphäre durch S( x, ) = { y : xky = }. y x d Umgebungen, Inneres, Abschluß und Rand Das Innere U o einer Teilmenge U des Raumes R n besteht aus allen Punkten x, für die eine ganze -Kugel um x in U enthalten ist. In diesem Fall nennt man U eine Umgebung von x. Zum Beispiel ist das Innere der abgeschlossenen Kugel K x, die offene Kugel K( x, ). Eine Menge, die mit ihrem Inneren übereinstimmt, heißt offen. Häufig lassen sich offene Mengen durch eine oder mehrere strikte Ungleichungen (mittels! ) beschreiben. Zum Abschluß U einer Menge U gehören alle Punkte, die nicht im Innern des Komplements von U, also in beliebiger Nähe von Punkten aus U liegen. Zum Beispiel ist der Abschluß der offenen Kugel K(x, ) die abgeschlossene Kugel K x,. Eine Menge, die mit ihrem Abschluß übereinstimmt, heißt abgeschlossen. Die abgeschlossenen Mengen sind genau die Komplemente der offenen Mengen. Abgeschlossene Mengen lassen sich ebenfalls häufig durch Ungleichungen beschreiben, aber nicht durch strikte Ungleichungen, d.h. man muß "kleiner oder gleich" (% zulassen.
5 Der Rand vu von U besteht aus allen Punkten, die nicht im Inneren von U, aber im Abschluß von U liegen; sie heißen Randpunkte von U. Der Abschluß einer Menge besteht also stets aus den Punkten dieser Menge und ihren Randpunkten, und eine Menge ist genau dann abgeschlossen, wenn sie alle ihre Randpunkte enthält. Der Rand einer Menge ist zugleich der Rand ihres Komplements! Beschreibung durch Ungleichungen Häufig ist eine Teilmenge des R n durch eine oder mehrere Ungleichungen (zwischen stetigen Funktionen) gegeben, wobei sowohl % als auch!(oder die umgekehrten Relationen R und O ) vorkommen dürfen. Man erhält dann den Abschluß, indem man in allen Ungleichungen! durch % bzw. O durch R ersetzt, das Innere, indem man in allen Ungleichungen % durch! (bzw. R durch O ersetzt, den Rand, indem man eine Ungleichung durch eine Gleichung ersetzt. Die dritte Regel gilt aber nur, wenn die Menge durch eine einzige Ungleichung beschrieben wird. Beispiel 4: Zwei abgeschlossene Kreisscheiben werden beschrieben durch (xka 2 C ykb 2 % r 2 und (xkc 2 C ykd 2 % s 2. Ihre Vereinigung ist dann die Menge U = x, y (xka 2 C ykb 2 % r 2 oder (xkc 2 C ykd 2 % s 2! Das Innere dieser Vereinigung ist die Menge U o = x, y (xka 2 C ykb 2! r 2 oder (xkc 2 C ykd 2! s 2, aber der Rand ist nur dann die Menge vu = x, y (xka 2 C ykb 2 = r 2 oder (xkc 2 C ykd 2 = s 2, wenn die beiden Kreisscheiben sich nicht überlappen, also die Summe der Radien mindestens so groß wie der Abstand der Mittelpunkte ist: rcs 2 % akc 2 C bkd 2. Anderenfalls muss man den im Inneren liegenden Teil der Kreisränder wegschneiden: vu = x, y (xka 2 C ykb 2 = r 2 oder (xkc 2 C ykd 2 = s 2, sowie (xka 2 C ykb 2 R r 2 oder (xkc 2 C ykd 2 R s 2.
6 Beispiel 5: Ein offener Halbkreisring in der Ebene wird beschrieben durch die strikten Ungleichungen 1 4! x2 + y 2! 1 und y! 0. Diese Menge ist nicht deshalb offen, weil sie "nach oben geöffnet" aussieht, sondern weil sie keinen ihrer Randpunkte enthält. Ihr Abschluß wird beschrieben durch 1 4 % x2 + y 2 % 1 und y% 0, ihr Rand durch (x 2 Cy 2 = 1 und y! 0) oder (x 2 Cy 2 = 1 4 und y! 0) oder ( x K 3 4 % 1 4 und y = 0). K1,0 K0,5 K0,2 0,5 1,0 K0,4 K0,6 K0,8 K1,0 Beispiel 6: Das offene Oktaeder O = { (x, y, z) : x C y C z! 1} enthält keinen seiner Randpunkte. Diese bilden die Oberfläche vo = { (x, y, z) : x C y C z = 1}. Das abgeschlossene Oktaeder O = { (x, y, z) : x C y C z % 1} enthält seine gesamte Oberfläche und das Innere.
7 Beispiel 7: Innere und äußere Punkte In der folgenden Skizze ist die schleifenförmige Fläche in der Zeichenebene eine Umgebung des inneren Punktes x, aber nicht des Randpunktes y. Der Punkt z liegt im Innern des Komplements dieser Fläche, also nicht in ihrem Abschluß. z y x Beispiel 8: Hyperbeläste Die Gleichung x y = 1 beschreibt die Vereinigung von vier Hyperbelästen. Dies ist, wie jede Vereinigung endlich vieler Kurven, eine abgeschlossene Menge, die mit ihrem Rand übereinstimmt, also keine inneren Punkte hat. Unendlich ferne Punkte der reellen Geraden werden mit N und KN bezeichnet, wobei N "unendlich weit im Positiven" und KN "unendlich weit im Negativen" liegt (wir behandeln hier nur den eindimensionalen Fall). Als Umgebungen von N betrachtet man alle Mengen, die ein ganzes Intervall, N umfassen, und entsprechend sind Umgebungen von KN diejenigen Mengen, die ein ganzes Intervall KN, K enthalten.
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