Rezeption und Nutzung von Ergebnissen der externen Evaluation an sächsischen Grundschulen, Mittelschulen und Gymnasien.

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1 Rezeption und Nutzung von Ergebnissen der externen Evaluation an sächsischen Grundschulen, Mittelschulen und Gymnasien Abschlussbericht

2 Vorwort des Beirates Das Verfahren der externen Schulevaluation, wie es seit 2007 im Freistaat Sachsen umgesetzt wird, wird von den beteiligten Schulen und der Schulaufsicht grundsätzlich akzeptiert. Dieses Fazit lässt sich mit Blick auf die Feedback- Bögen ziehen, die am Ende des Schulbesuches ausgefüllt werden. In der Regel nehmen die Schulreferentinnen und Schulreferenten der evaluierten Schulen an der Berichtspräsentation teil und werden so in das Verfahren einbezogen. Sie bekommen die Ergebnisse der externen Evaluation zeitgleich mit den Schulen zur Kenntnis. Gleichwohl stellen sich für die bildungspolitische Steuerung und Entwicklung des noch relativ neuen Vorgehens Fragen einerseits nach der Art und Weise der Nutzung des Ergebnisberichtes im Prozess der Qualitätsentwicklung an der einzelnen Schule und andererseits nach dem Umgang mit den Evaluationsergebnissen von Seiten der Schulaufsicht. Zur Beantwortung dieser und weiterer Fragen gab das Sächsische Bildungsinstitut im Jahr 2010 der Universität Leipzig eine Studie in Auftrag, die den Umgang mit den einzelnen Evaluationsberichten an den Schulen und den im Anschluss daran stattfindenden Zielvereinbarungsprozessen zwischen den Schulen und der Schulaufsicht in den Blick nehmen sollte. An der Professur für Schulpädagogik und Schulentwicklungsforschung der Universität führte ein Team von Forscherinnen und Forschern diese Studie zur Rezeption und Nutzung von Ergebnissen der externen Evaluation an sächsischen Grundschulen, Mittelschulen und Gymnasien im Zeitraum von April 2010 bis Dezember 2012 durch. Der Fokus der Studie liegt dabei auf den Interpretationsleistungen und Aneignungsformen der handelnden Akteure und untersucht, wie diese die Rezeption und Nutzung beeinflussen und steuern. Das gewählte qualitative Forschungsdesign und der Einbezug verschiedener schulischer Akteure im Rezeptions- und Nutzungsprozess verdient dabei besondere Beachtung. Der nun vorliegende Bericht stellt die Ergebnisse von Interviews mit Schulleitungen, Steuer- bzw. Kontaktgruppen an Schulen sowie Schulreferentinnen und Schulreferenten zum Verfahren der externen Evaluation, zum Umgang mit den Ergebnisberichten und zum Zielvereinbarungsprozess zwischen Schulen und Schulaufsicht vor. Außerdem werden im Rahmen einer Dokumentenanalyse die vorliegenden Zielvereinbarungen untersucht. Die dargestellten Ergebnisse basieren auf einem qualitativ-explorativen Forschungsdesign, welches alle beteiligten Akteure zu Wort kommen lässt und den Fokus auf das Verstehen und Nachvollziehen des Umgangs mit den Evaluationsergebnissen legt. Das Team der Forscherinnen und Forscher an der Universität Leipzig wurde über den gesamten Zeitraum von einem Beirat mit Vertretern des Sächsischen Bildungsinstituts, des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus, der Sächsischen Bildungsagentur und der Universität Leipzig begleitet. Für die Diskussionen um die Steuerung des sächsischen Bildungssystems liefert der Bericht wertvolle Erkenntnisse, die sich sowohl auf den Umgang mit dem Verfahren der externen Evaluation beziehen als auch beispielsweise für die Kommunikation der Evaluationsergebnisse an der Einzelschule und die Optimierung des Prozesses der Zielvereinbarung sowie die Erarbeitung von Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung und notwendiger Unterstützungsangebote nutzen lassen. Bereits jetzt sind die Erkenntnisse in die Weiterentwicklung des Verfahrens der externen Schulevaluation im Freistaat Sachsen eingeflossen und haben für die Konzeption des zweiten Zyklus der externen Evaluation, der im Schuljahr 2014/15 beginnen wird, wichtige Hinweise geliefert. Vorwort des Beirates 1

3 Wir danken den beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern für ihre engagierte und professionelle Arbeit in diesem Forschungsvorhaben. Es freut uns, dass wir im Ergebnis den vorliegenden Projektbericht vorstellen können und im Verlauf der nächsten Monate zudem eine Reihe an Dissertationen abgeschlossen werden, die sich mit einzelnen Schwerpunkten der externen Evaluation auseinandergesetzt haben und in einem weiteren wissenschaftlichen Diskurszusammenhang mit unserem Thema stehen. Wir wünschen uns, dass der Bericht zu anregenden Diskussionen führt und das Verfahren der externen Evaluation ebenso wie die damit verbundenen Maßnahmen auch zukünftig kritisch reflektiert, evaluiert und weiterentwickelt werden. Denn nur so kann es sich erweisen, ob die Maßnahmen der schulischen Qualitätsentwicklung tatsächlich bei den Schülerinnen und Schülern ankommen, bessere Voraussetzungen für eine erfolgreiche Schullaufbahn schaffen und damit den Schulerfolg aller Schülerinnen und Schüler langfristig steigern. Dr. Dorit Stenke Prof. Dr. Barbara Drinck Anja Stephan Dr. Torsten Köhler Sächsisches Universität Leipzig Sächsische Sächsisches Staats- Bildungsinstitut Bildungsagentur ministerium für Kultus 2 Vorwort des Beirates

4 Inhaltsverzeichnis Seite Vorwort des Beirates 1 1 Einleitung Daniel Diegmann, Melanie Schmidt 5 2 Stand der Forschung zur Rezeption und Nutzung von Evaluationsdaten im Schulsystem Barbara Drinck, Doris Flagmeyer 9 3 Externe Evaluation und Zielvereinbarungen im sächsischen Schulsystem Juliane Keitel 13 4 Das Forschungsdesign der RuN-Studie Daniel Diegmann Ziele und Forschungsfragen der RuN-Studie Aufbau der Untersuchungen Das Sample Erhebungs- und Auswertungsmethoden Interviews mit Schulleitungen zur externen Evaluation Melanie Schmidt Gruppendiskussion mit Mitgliedern der Kontakt- bzw. Steuergruppen zur externen Evaluation Kathleen Herzog Interviews mit den Schulreferentinnen und -referenten zur Rezeption der Berichte der externen Evaluation sowie zum Zielvereinbarungsprozess Ralph Schubert Interviews mit den Schulleitungen zum Zielvereinbarungsprozess Juliane Keitel Die Dokumentenanalyse von Berichten der externen Evaluation und von Zielvereinbarungen Daniel Diegmann 24 5 Ergebnisse der RuN-Studie Schulleitungen im Prozess der externen Evaluation Melanie Schmidt Die Vorstellungen der Schulleitungen von der externen Evaluation als Verfahren zur Qualitätsmessung und Qualitätsentwicklung Zuschreibungen an das Verfahren als Entwicklungsprozess Positionierung zu Handlungsangeboten: Bewertungen der Ergebnisse erfolgen hinsichtlich Wahrheit und Nützlichkeit Positionierung zu Handlungsangeboten: Umgang mit dem Bericht und den Ergebnissen Zwischenfazit 44 Inhaltsverzeichnis 3

5 5.2 Steuer- und Kontaktgruppen im Prozess der externen Evaluation Kathleen Herzog Verbreitung Rezeption Umgang mit den Ergebnissen Einstellungen zum Verfahren Nutzungsabsichten Zwischenfazit Berichte der externen Evaluation Rezeption und Nutzung aus der Perspektive von Schulreferentinnen und -referenten Ralph Schubert Wahrnehmung der externen Evaluation Der Bericht der externen Evaluation Veränderungsvorschläge zum Verfahren der externen Evaluation und zum Ergebnisbericht Zwischenfazit Der Zielvereinbarungsprozess aus der Perspektive der Schulaufsicht Ralph Schubert Die Gestaltung der Zielvereinbarungsprozesse Reflexionen zum Zielvereinbarungsprozess und zur Rolle der Schulreferentinnen und -referenten Zwischenfazit Schulleitungen im Zielvereinbarungsprozess Juliane Keitel Zum konzeptionellen Verständnis von Zielvereinbarungen Zum Zielvereinbarungsprozess Zu Inhalten und zur Form der Zielvereinbarungen Zwischenfazit Die Analyse der Zielvereinbarungen unter Berücksichtigung der Abschlussberichte der externen Evaluation Daniel Diegmann Die formale Gestalt der Zielvereinbarungen Das Bedingungsverhältnis von Format und Inhalt Die zeitliche Dimension der Zielvereinbarungen Lokalisation der Zielvereinbarungen Subjektpositionierungen durch Zielvereinbarungen Intersubjektive Mitteilbarkeit Zielvereinbarungen und Innovation Zitieren des Evaluationsberichts und semantische Verschiebungen Kontingenz und Fragilität von Daten Zielvereinbarungen und deren Außenbeziehungen Zwischenfazit 91 6 Zusammenfassung Daniel Diegmann 93 Abbildungsverzeichnis 95 Tabellenverzeichnis 96 Literaturverzeichnis 97 Autorinnen und Autoren Inhaltsverzeichnis

6 1 Einleitung Daniel Diegmann, Melanie Schmidt Seit dem Schuljahr 2005/2006 werden im Freistaat Sachsen die allgemeinbildenden Schulen durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sächsischen Bildungsinstitutes evaluiert. Ähnlich wie auch in anderen deutschen Bundesländern liegt der Evaluation in Sachsen ein allgemeines Modell schulischer Qualität zu Grunde, das den Evaluationsprozess rahmt (Sächsisches Bildungsinstitut, 2010b). In regelmäßigen Abständen sollen Schulen evaluiert und mit Hilfe von Qualitätskriterien bewertet werden. Dabei handelt es sich um ein weitestgehend standardisiertes Verfahren. Die an die Schulen rückgemeldeten Evaluationsergebnisse sollen dann, so sieht es die bildungspolitische Strategie des Freistaates vor, unter anderem genutzt werden, um die institutionellen Zielvereinbarungen zwischen den einzelnen Schulen und der zugehörigen Schulaufsicht zu erstellen. Die RuN-Studie, deren Abschlussbericht hiermit vorliegt, untersuchte die beiden Prozesse die externe Evaluation und die Erstellung von Zielvereinbarungen sowohl an Schulen als auch in der Schulaufsicht des Freistaates Sachsen. Ziel der Studie ist es, Erkenntnisse darüber zu erlangen, welche Funktion die genannten politischen Steuerungsinstrumente im Schulsystem haben, wie sich die Beteiligten die Instrumente aneignen und welche Effekte dies sowohl für die Insti tutionen als auch für die betroffenen Akteurinnen und Akteure haben kann. Die RuN-Studie wurde im Zeitraum von April 2010 bis Dezember 2012 an der Professur für Schulpädagogik unter besonderer Berücksichtigung von Schulentwicklungsforschung der Universität Leipzig durchgeführt. Sie wurde aus Haushaltsmitteln der Professur und Mitteln des Sächsischen Staatministeriums für Kultus finanziert. In Auftrag gegeben wurde die Studie vom Sächsischen Bildungsinstitut mit dem Ziel, schulspezifische Besonderheiten im Umgang mit den Ergebnissen der externen Evaluation, die Spezifika der Rezeptions- und Nutzungsprozesse, zu beschreiben. Aus dem Vergleich der an den jeweiligen Schulen erho benen Daten sollten generalisierbare Erkenntnisse bezüglich des Forschungsthemas abgeleitet werden. Deshalb wurde in einem gemeinsamen Aushandlungsprozess zwischen dem Sächsischen Bildungsinstitut und der Universität Leipzig beschlossen, dass für die vorliegende Untersuchung ein qualitativ-exploratives Vorgehen gewählt werden sollte, bei dem es nicht darauf ankam, eine repräsentative Menge an Schulen des Freistaates Sachsen in die Erhebung einzubeziehen. Stattdessen lag der Fokus der Studie auf dem Verstehen und Nachvollziehen des jeweiligen Umgangs mit den Evaluations ergebnissen, der sich an Schulen ganz unterschiedlich darstellen kann. Die betroffenen schulischen Akteurinnen und Akteure sollten selbst zu Wort kommen und über den Umgang mit den Ergebnissen an ihrer Schule aus ihrer eigenen Perspektive berichten. 1 Die Beschränkung des Untersuchungssamples auf Grundschulen, Mittelschulen und Gymnasien wurde durch das Sächsische Bildungsinstitut beauftragt und ergab sich aus forschungspraktischen Gründen. Die vorliegende Studie nimmt Bezug auf ein Wirkmodell externer Evaluation, in dem ein idealtypischer Ablauf der Nutzung von Evaluationsergebnissen dargestellt ist (Abbildung 1). 1 Im Gegensatz dazu werden in einem quantitativen Verfahren, z. B. einer repräsentativen Fragebogenerhebung, die Relevanzsetzungen von vornherein durch die Forschenden festgelegt. Die Befragten können sich lediglich zu den von den Forschenden vorgegebenen Inhalten positionieren. Ein solches Vorgehen erschien aufgrund der bisher nur ungenügenden Forschungslage und der damit verbundenen mangelnden Kenntnis des Forschungsfeldes als nicht zielführend. Einleitung 5

7 Abbildung 1: Wirkmodell der externen Evaluation (Böttger-Beer, Koch und Vaccaro, 2010, S. 332) Die Studie bezieht sich insofern auf dieses Modell, als dass sie die Phase der Rezeption der Ergebnisse (1) und die der Planung von Maßnahmen (2), die für die Weiterarbeit mit Evaluationsergebnissen möglicherweise eine bedeutsame Rolle spielen, in den Blick nimmt und detaillierte Erkenntnisse zu diesen Prozessen aus Sicht der beteiligten Akteurinnen und Akteure liefert. Auf eine direkte Anbindung an das Wirkmodell wird im Nachfolgenden verzichtet, da durch die in der RuN-Studie gewonnenen Erkenntnisse die externe Evaluation nicht normativ auf ihr Gelingen (bzw. auf ihre Wirksamkeit bezüglich der intendierten Ergebnisse) hin geprüft wurde, sondern die Aneignungsprozesse vor dem Hintergrund der eigenen Relevanzsetzungen der Befragten beschrieben werden. Die RuN-Studie versteht sich folglich nicht als Wirksamkeitsoder Wirkungsforschung, sondern zeigt Effekte auf, die mit dem Einsatz von externer Evaluation und institutionellen Zielvereinbarungen verbunden sind. Demnach diente das Wirkmodell als eine Heuristik, die die Untersuchungs anlage leitete, beispielsweise hinsichtlich der Einteilungen der Datenerhebungen in zwei Phasen. In einem Zwischenbericht an den Beirat der RuN-Studie (vgl. Drinck et al., 2011) wurden im Februar 2011 das Forschungsdesign genauer vorgestellt und erste Ergebnistendenzen formuliert. Unter anderem wurden die folgenden Ergebnisse beschrieben: (a) Es zeigte sich bereits recht früh, dass der Bericht der externen Evaluation zu Differenzbildung führt. Anhand der Zugangsmöglichkeiten zum Bericht wurde festgelegt, wer zum inneren Kern der Schule gehört und wer außen vor bleibt. Beispielsweise können Lehrkräfte den vollständigen Bericht rezipieren, Eltern dagegen eher nicht. Dem Bericht wurde also von Seiten der Schulen eine politische Funktion zugewiesen. (b) Es zeigte sich auch, dass die Aneignung der Berichte abhängig von der Gruppe der jeweiligen schulischen Akteurinnen und Akteure variierte. Schulleitungen berichteten beispielsweise davon, dass sie den Bericht besonders intensiv gelesen hätten, während sie Eltern dies nicht zutrauten. 6 Einleitung

8 (c) Weiterhin verbinden die unterschiedlichen schulischen Akteurinnen und Akteure neben einer offensichtlich politischen Funktion verschiedene weitere Funktionen mit dem Evaluationsbericht. Während Schulleitungen den Bericht beispielsweise als Entwicklungsinstrument wahrnehmen, verbinden Eltern und Schülerinnen und Schüler damit eine Möglichkeit, ihre Meinung bezüglich der Schule äußern zu können. (d) Die befragten schulischen Akteurinnen und Akteure (Schulleitungen, Lehrkräfte, Eltern, Schülerinnen und Schüler sowie Schulreferentinnen und -referenten) äußerten zudem verschiedentlich Kritik am standardisierten Vorgehen in der externen Evaluation, beispielsweise wurde die Aussagekraft der aggregierten Daten für die einzelnen Lehrkräfte bemängelt. (e) Da zum Zeitpunkt der Erstellung des Zwischenberichts noch keine Zielvereinbarungen zu den untersuchten Schulen vorlagen, konnten hierzu keine Aussagen getroffen werden. Lediglich die Mutmaßungen von Schulleitungen deuteten darauf hin, dass die Zielvereinbarungen gegenüber drängenderen aktuellen Problemen weniger bedeutsam sind und es wenige Aushandlungsroutinen bezüglich schulischer Entwicklungsziele und -vorhaben seitens Schulleitungen und Schulreferentinnen und -referenten gibt. Der nun vorliegende Abschlussbericht ergänzt und erweitert die Ergebnisse des Zwischenberichts, indem er Bezug nimmt auf eine größere Anzahl untersuchter Schulen und die Generierung und Theoretisierung von Befunden auf erhöhtem Niveau weiterführt. Der Abschlussbericht ist in der Art gegliedert, dass in einem ersten Teil der aktuelle Forschungsstand (Kapitel 2) und methodische wie auch inhaltliche Defizite der (deutschsprachigen) Steuerungsforschung zur Rezeption und Nutzung von Evaluationsergebnissen im Schulsystem zusammengefasst werden. Des Weiteren werden die Gegenstandsbereiche der RuN-Studie, externe Evaluation und Zielvereinbarungen im sächsischen Schulsystem, kurz erläutert (Kapitel 3). In einem zweiten Teil wird das Design der RuN-Studie beschrieben. Die einzelnen Teilstudien werden genauer vorgestellt, deren Ziele genannt, wie auch deren Erhebungs- und Auswertungsmethoden detailliert dargestellt (Kapitel 4). Im dritten Teil der Studie stellen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die Teilprojekte realisiert haben, zentrale Ergebnisse ihrer Datenauswertungen vor (Kapitel 5). Es werden dabei auch Bezüge der Teilstudien untereinander hergestellt. Diese Bezüge haben ihren Ursprung in der gemeinsamen theoretischen und interpretativen Arbeit am Datenmaterial. Abschließend werden die wichtigsten Ergebnisse in einem Fazit zusammengefasst (Kapitel 6). An der Realisierung des Abschlussberichts waren viele Menschen beteiligt, denen unser Dank gilt. Insbesondere sind dies Katja Wachler, Michael Brock, Sebastian Rahtjen und Marlene Meyer, die das Projekt nicht nur in der Endphase der Berichterstattung, sondern auch durch stete Diskussionen und kritische Fragen mit entwickelt haben. Unser Dank gilt auch den Beteiligten der Forschungswerkstatt der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät, die es ermöglichten, in vielen gemeinsamen Sitzungen das erhobene Datenmaterial intensiv zu diskutieren und Unerwartetes darin zu entdecken. Einleitung 7

9 2 Stand der Forschung zur Rezeption und Nutzung von Evaluationsdaten im Schulsystem Barbara Drinck, Doris Flagmeyer In Reaktion auf das schlechte Abschneiden von Schülerinnen und Schülern in Deutschland bei den PISA-Studien von 2000/2001 sind Schulen und das Schulsystem ständiger Begutachtung in Form von empirischen Leistungs- und Qualitätsmessungen ausgesetzt. Gleichzeitig erhalten Schulen mehr Autonomie und Entscheidungsfreiheit und sollen ihre Qualitätsentwicklung unter Rückgriff auf Ergebnisse aus Datenerhebungen eigenverantwortlich gestalten. Diese Steuerung über empirische Evidenzen (vgl. van Ackeren, Zlatkin-Troitschanskaia et al., 2011) soll die Hoffnung auf eine gezielte Gestaltbarkeit des Bildungssystems einlösen. Datenerhebungen und die Rückmeldungen der Ergebnisse an die Schulen und die Schulaufsicht sollen eine Grundlage für rationalere Entscheidungen bereitstellen (vgl. Ditton, 2010) anhand eines zwanglosen Zwangs des besseren empirischen Arguments (Dietrich und Lambrecht, 2012, S. 61). In diesem Zusammenhang stellen externe Evaluationen und Zielvereinbarungen zwischen Schulaufsicht und Schule neben anderen neuen Steuerungsinstrumenten Bestandteile eines bildungspolitischen Reformorchesters (Schönig, 2007, S. 11) dar. Forschungsergebnisse zu externen Evaluationen im Schulsystem lassen jedoch vermuten, dass die intendierten Effekte hinter den bildungspolitischen Erwartungen zurückbleiben (vgl. Heinrich, 2007). Hinter den Forschungen nach Effektivität oder Wirksamkeit von Evaluationen, Schulinspektionen oder Leistungsvergleichstests steht zumeist die Frage, ob und wie Schule als besondere soziale Organisation Einfluss auf den Lernzuwachs von Schülerinnen und Schülern hat und wie sich dieser empirisch nachweisen lässt. So stellt beispielsweise Holtappels (2010) fest, dass Schulentwicklungsforschung den Zusammenhang von Schulqualitätsstudien und Schulentwicklungsstrategien seit Ende der 1990er Jahre vermehrt beleuchtet. Es sei zu untersuchen, wie Ergebnisse und Datenrückmeldungen Schulentwicklung in Gang setzen und Schulqualität verbessern können (vgl. ebd., S. 28). In der Folge fokussieren zahlreiche Untersuchungen die Nutzung von Leistungs- und Evaluationsdaten zur Schulund insbesondere zur Unterrichtsentwicklung (vgl. Posch, 2009; Maier et al., 2011). Posch (2009) konstatiert, dass eine erhebliche Unzufriedenheit mit den Auswirkungen der externen Leistungsrückmeldungen auf die Gestaltung von Unterricht besteht, da eine Verbesserung des Lehrens und Lernens sowie eine Steigerung der Unterrichtsqualität und Professionalisierung der Lehrkräfte kaum auszumachen seien. Maier et al. (2011) stellen fest, dass sich in der deutschsprachigen Literatur vor allem Evaluations- oder Usability-Studien zur Rezeption und Nutzung von Vergleichsarbeitsrückmeldungen finden lassen. Als Ergebnis der Evaluationsforschung, die sich im Wesentlichen auf Akzeptanzforschung reduziert, beschreiben Maier et al. (ebd.), dass mittelmäßige bis gute Evaluationsergebnisse nur zu einer geringen internen Reflexion innerhalb des Lehrkollegiums und der Schulleitung führten. Negative Ergebnisse dagegen würden meist extern attribuiert und die Ursachen dafür außerhalb des Einflussbereichs der Schule gesucht (vgl. ebd., S. 69). Kathrin Dedering (2012) präsentierte Forschungsergebnisse, die ein eher positives Bild hinsichtlich der infolge externer Begutachtung initiierten Aktivitäten im Bereich der Schulentwicklung zeichnen. Diese Aktivitäten reichen von der Information aller an Schule Beteiligten über die Ergebnisse der externen Begutachtung, über die Auseinandersetzung mit den Daten bis hin zur konkreten Planung von Schulentwicklungsmaßnahmen. Auswirkungen der Schulinspektion werden im Bereich der Schulprogrammarbeit, der schulinternen Evaluation und im Bereich des Unterrichts beschrieben. Diese, wie die meisten anderen Studien, treffen allerdings keine Aussagen zum Zusammenhang von Schulinspektion und Lernleistung (vgl. Dedering, 2012, S. 82). Weitere Studien zur Verwendung von Evaluationsergebnissen (z. B. Stamm, 2003; Kotthoff, 2003) zeigen, dass bildungspolitische Hoffnungen auf einen rationalisierenden Durchgriff der wissenschaftlichen Forschung auf die Praxis relativiert werden müssen (Kuper, 2006, S. 9). Mit der Einführung von externen Evaluationen und von institutionellen Zielvereinbarungen werden auch Fragen nach der Aneignung dieser Instrumente durch die schulischen Akteurinnen und Stand der Forschung zur Rezeption und Nutzung von Evaluationsdaten im Schulsystem 9

10 Akteure und nach deren Rezeption und Nutzung von Evaluationsergebnissen aufgeworfen. Diese Prozesse sind bisher kaum in ihrer Tiefe untersucht und beschrieben worden. In Anlehnung an die Diskussion zur Verwendung sozialwissenschaftlicher Ergebnisse in praktischen Kontexten (vgl. Beck und Bonß, 1989; Kuper, 2006) ist davon auszugehen, dass die Nutzung von Evaluationsergebnissen entlang spezifischer Relevanzordnungen der Praxissysteme und entlang der Interessen der Beteiligten erfolgt. Dies führt zu einem strategischen Handeln seitens der Akteurinnen und Akteure, die diese Ergebnisse nutzen: Dies reicht vom Ergebnispflücken und -picken bis zur Umkehrung und Unkenntlichmachung [der] Ergebnisse im Zuge ihrer Nutzung, schließt vergessene Reformulierungen ein und macht auch nicht halt vor doppelten Umgangsformen, in denen nach außen die Unverständlichkeit der Analysen beklagt wird, während man nach innen die eckigen Ergebnisse sehr wohl auszuwerten und umzusetzen weiß (Beck und Bonß, 1989, S. 10). Beck und Bonß (ebd., S. 27) entfalten ein Verständnis von Rezeption und Nutzung im Sinne von Prozessen der handlungspraktischen Neugestaltung wissenschaftlicher Deutungsmuster. Demnach erfolgt die Nutzung externer Daten im Sinne einer Verwandlung anstelle einer bruchlosen Übernahme der Ergebnisse aus der externen Evaluation in die schulische Praxis. Prozessen der Rezeption und Nutzung liegt damit ein eingeschränktes Potential zugrunde, eine Verbindung zwischen wissenschaftlichem und praktischem Handlungswissen herstellen zu können (Kuper, 2006, S. 8). Untersuchungen Britta Kohlers (2005) zur Rezeption und Nutzung der Berichte der TIMS-Studie ergaben intergruppale Differenzen bei der Rezeption und Nutzung der Berichte. Ihre qualitativ angelegte Befragung von Eltern, Lehrkräften und Schulaufsichtsbeamtinnen und -beamten zeigt, dass die Gruppen unterschiedliche Erkenntnisse aus den gleichen Berichten gewinnen. Zu beobachten sind dabei auch unerwünschte Effekte (z. B. Delegitimation von Ergebnissen, gegenseitige Schuldzuweisungen), die Kohler auf die ungeleitete Rezeption der Berichte durch die Akteurinnen und Akteure zurückführt (Kohler, 2005, S. 319). Zu institutionellen Zielvereinbarungen im schulischen Kontext gibt es bisher kaum empirische Forschung. Karl-Oswald Bauers Fallanalysen zu Dialoggesprächen zwischen Schulaufsicht und Schule in NRW (2002) greifen nur einen Teilbereich heraus: das Beratungsgespräch zwischen Schule und Schulaufsicht. Ingeborg Reiners-Woch (2002) untersuchte die Einführung der als Kontraktmanagement deklarierten Zielvereinbarungsprozesse zwischen der Schulaufsicht Gesamtschule bei der Bezirksregierung in Münster und den dieser Behörde unterstellten Schulen. Mit einer Forschungsarbeit von Daniela Ulber (2010) zu institutionellen Zielvereinbarungen in Berlin erscheint der derzeitige Forschungsstand zu Zielvereinbarungen zwischen Schule und Schulverwaltung als fast erschöpfend dargestellt. Publikationen aus dem Hochschulwesen (z. B. Schmuck, 2010), dem Verwaltungsmanagement (z. B. Tondorf, Bahnmüller und Klages, 2004) und der Wirtschaft ergänzen diesen Forschungsstand, basieren jedoch nur teilweise auf empirischer Forschung. Im Ergebnis der vorwiegend quantitativ angelegten Untersuchung der Studie von Ulber (2010) wurden z. B. Aussagen zum Rollenverständnis und zur Akzeptanz des Instruments der Zielvereinbarungsgespräche getroffen. Die Dokumentenanalyse der abgeschlossenen Zielvereinbarungen ergab, dass Schulen die Inhalte angelehnt an die bildungspolitischen Zielsetzungen formulieren, dass sie sich häufig auf Lehr-Lern-Prozesse beziehen und dass die Zielvereinbarungen von Schule zu Schule sehr unterschiedlich sind (vgl. ebd., S. 303). Derzeit laufende Forschungsprojekte zu Zielvereinbarungen (z. B. in Hessen) widmen sich vorrangig der Fragestellung, ob und wie Zielvereinbarungen die Schulentwicklung befördern können (vgl. Wolfgang Böttcher und Keune, 2012). Hierzu bereits vorliegende Ergebnisse aus Dokumentenanalysen verdeutlichen lediglich, dass alle Qualitätsbereiche, die im hessischen Qualitätsrahmen zur Norm erhoben sind, auch in den untersuchten Zielvereinbarungen schriftlich festgehalten sind, wobei sich eine Schwerpunktsetzung auf die Dimension Lehren und Lernen nachweisen lässt. Die Mehrzahl der Untersuchungen zur Rezeption und Nutzung von Daten aus externen Schulevaluationen fokussiert Tests mit unterschiedlichsten forschungsparadigmatischen Konstruktionen, die gewissermaßen zu Steuerungsinputs werden und damit den Leistungsbereich als ein Outcome-Merkmal voraussetzen. Deutlich weniger wird geprüft, wie Daten, die für Schulqualität stehen und sich auf Prozessmerkmale beziehen, von den Akteurinnen und Akteuren aufgegriffen, bewertet und genutzt werden. Obwohl kausale Wirkzusammenhänge zwischen Schulentwicklung und evidenzbasierter Steuerung bisher kaum empirisch nachgewiesen werden konnten, ist nicht davon auszugehen, dass externe Evaluationen, die Rückmeldung von Evaluationsergebnissen und die Vereinbarung von Zielen praktisch folgenlos bleiben. Oftmals jedoch finden sich in der praktischen Arbeit mit diesen Instrumenten ganz andere Verwendungsweisen und Bedeutungszuschreibungen, als intendiert. Dies zeigen u. a. auch die Ergebnisse der RuN-Studie. 10 Stand der Forschung zur Rezeption und Nutzung von Evaluationsdaten im Schulsystem

11 Die individuelle Verwendung von Evaluationsergebnissen in der Praxis (vgl. Kuper, 2008) mag darin begründet liegen, dass die sozialwissenschaftlich gewonnenen Erkenntnisse Interpretationsangebote darstellen. Diese können wiederum nur durch Interpretationen derjenigen, die sie verwenden, aktiv angeeignet werden (vgl. Beck und Bonß, 1989). Rezeption und Nutzung von Evaluationsergebnissen als Interpretationsleistung vollzieht sich im Medium der Sprache und beinhaltet Prozesse des Lesens, des Miteinander-Sprechens, des Aufschreibens, Publizierens, Unterschlagens, Argumentierens, Erklärens, Zurückweisens, der Kenntnisnahme, des Vergessens, des Sich-zu-Eigen-Machens (ebd., S. 25). In der Konzeption und im methodischen Vorgehen der Datenauswertung der RuN-Studie wurde auf diese Prozesse, die in der bisherigen wissenschaftlichen Diskussion eher fehlen, besonderes Augenmerk gerichtet. Stand der Forschung zur Rezeption und Nutzung von Evaluationsdaten im Schulsystem 11

12 3 Externe Evaluation und Zielvereinbarungen im sächsischen Schulsystem Juliane Keitel Die externe Evaluation und anschließende Zielvereinbarungen bilden die Gegenstandsbereiche der Studie und werden im Folgenden näher erläutert. Im Freistaat Sachsen findet die externe Evaluation seit 2007/2008 nach zwei Erprobungsjahren in den Schuljahren 2005/2006 und 2006/2007 im Regelverfahren statt. Das Verfahren wurde an der Sächsischen Evaluationsagentur entwickelt, die bis Ende 2006 dem Sächsischen Staatsministerium für Kultus angegliedert war. Die Durchführung der Evaluation wird seit 2007 durch an das Sächsische Bildungsinstitut abgeordnete Lehrkräfte realisiert, die in Dreierteams die Schulen besuchen. Evaluiert werden alle allgemeinbildenden Schularten wie Grundschulen, Mittelschulen, Gymnasien, Förderschulen sowie berufsbildende Schulen. Um schulische Qualität messen und bewerten zu können, entwickelte jedes Bundesland einen eigenen Qualitäts rahmen als normative Richtlinie, in dem festgelegt ist, in welchen Bereichen welche Kriterien erfüllt sein müssen, um als gute Schule zu gelten. Die externe Evaluation in Sachsen überprüft, inwieweit die einzelne Schule diesem gesetzten Qualitätsverständnis entspricht (vgl. SBI, 2010a, S. 3). Das sächsische Qualitätsmodell weist als heuristisches Modell in seiner unidirektionalen Ausrichtung auf eine angenommene Abhängigkeit der schulischen Ergebnisse von den individuellen Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler und von den schulischen Prozessen hin, die wiederum durch die Arbeitsbedingungen an der Schule vor Ort beeinflusst werden (Abbildung 2). 2 Im sächsischen Evaluationsverfahren wird Qualität nicht in allen Feldern des Modells erhoben, die Einfluss auf schulische Ergebnisse haben können, sondern in sechs ausgewählten Bereichen (Ergebnisse, Lehren und Lernen, Management und Führung, Entwicklung der Professionalität, Schulkultur sowie Kooperation). Das diesen Bereichen jeweils zugrundeliegende Qualitätsverständnis wird in einer Kriterienbeschreibung (SBI, 2010b) erläutert und den Schulen vor einer geplanten externen Evaluation kommuniziert. 2 Zur Kritik des Modells Diegmann, Schmidt et al. (vgl. 2011, S. 298) sowie Schmidt und Keitel (2013, S ). Externe Evaluation und Zielvereinbarungen im sächsischen Schulsystem 13

13 Abbildung 2: Modell schulischer Qualität im Freistaat Sachsen (SBI, 2010a, S. 5) Die jeweilige Ausprägung der festgelegten Kriterien und Indikatoren innerhalb dieser sechs Bereiche wird an den Schulen mithilfe verschiedener empirischer Methoden gemessen, die in den einzelnen Verfahrensschritten der externen Evaluation zur Anwendung kommen (vgl. SBI, 2010a; Schmidt, Diegmann et al., 2011). Über Fragebögen werden die Sichtweisen aller unmittelbar an Schule Beteiligten in die Erhebung des Ist-Stands der Schule integriert, d. h. sowohl der Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler, Eltern als auch an berufsbildenden Schulen der Ausbildungspartnerinnen und -partner (SBI, 2010a, S ). Hinzu kommen Dokumentenanalysen des Schulprogramms und des Fortbildungskonzepts (SBI, 2010a, S. 12), standardisierte, kriteriengeleitete Beobachtungen von 20 bis 40 Unterrichtsstunden durch die Evaluatorinnen und Evaluatoren (SBI, 2010a, S ), ein Leitfadeninterview mit der Schulleitung (SBI, 2010a, S. 15) sowie moderierte Gespräche mit kleineren Gruppen von Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern, Eltern und ggf. Ausbildungspartnerinnen und -partnern. Die Rückmeldung der Ergebnisse erfolgt durch eine Ergebnispräsentation der Evaluatorinnen und Evaluatoren an den evaluierten Schulen sowie durch einen Evaluationsbericht. Die Auswertung der Daten aus den standardisierten Erhebungen erfolgt über Mittelwertberechnungen der einzelnen Skalenwerte. In den Berichten werden diese Mittelwerte in fünf Qualitätsurteile (hoch, eher hoch, mittel, eher niedrig, niedrig) überführt und durch die Zuweisung von Farben (dunkelgrün, hellgrün, gelb, orange, rot) codiert. Die Inhalte aus den Gesprächen werden in einer Stärken-Schwächen-Tabelle und als verbale Zusammenfassung der einzelnen Befragtengruppen wiedergegeben. Mit Abschluss des Schuljahres 2013/2014 werden nahezu alle Schulen in Sachsen erstmalig extern evaluiert worden sein. Damit verfügen die Grundschulen, Mittelschulen, Gymnasien, Förderschulen und berufsbildenden Schulen Sachsens über einen umfangreichen Evaluationsbericht, der ihnen Handlungsbedarf signalisiert und somit eine Grundlage für die weitere Schulentwicklung bilden kann. Die Ziele, die mit der externen Evaluation an sächsischen Schulen verfolgt werden, werden in öffentlichen Dokumenten und Publikationen hauptsächlich vor dem Hintergrund einer entwicklungsstützenden Funktion für die einzelne Schule diskutiert (vgl. z. B. SBI, 2010a, S. 5); weniger deutlich werden dagegen beispielsweise Rechenschaftslegung und Kontrollfunktion thematisiert. Jedoch weist die Direktive zur gemeinsam mit der Schulaufsicht zu schließenden Zielvereinbarung deutlich auf eine Konfundierung der Entwicklungs- und Kontrollfunktion (Husfeldt, 2010, S. 6) hin. Das Sächsische Staatsministerium für Kultus (SMK) erwartet von den Schulen, dass sie eigenverantwortlich und im Konsens mit allen an Schule Beteiligten einschließlich der Schulaufsichtsbehörden an der Verbesserung der schulischen Prozesse und Ergebnisse arbeiten, und zwar möglichst unter Rückgriff auf die Eva- 14 Externe Evaluation und Zielvereinbarungen im sächsischen Schulsystem

14 luationsergebnisse. Indem die anschließend vereinbarten Ziele und Inhalte schulspezifischen Schwerpunktsetzungen folgen und sich auf konkrete Handlungsfelder der Einzelschule beziehen, wird angenommen, dass die institutionellen Zielvereinbarungen zu einer Stärkung der Eigenverantwortung der Schulen beitragen. Dabei wird betont, dass sich die Schulaufsicht als beratende Instanz einbringen müsse und die Zielvereinbarungen als Ergebnis von Verhandlungsprozessen zwischen Partnerinnen und Partnern, also im Dialog auf Augenhöhe, zu erarbeiten sind. Mithilfe von Zielvereinbarungen soll gewährleistet werden, dass Schulentwicklungsprozesse nach einer externen Evaluation an der Einzelschule kontinuierlich verfolgt werden, terminliche und personelle Verbindlichkeit an sie geknüpft werden und sie überprüfbar sind (SMK, 2008, S. 2 14). In dieser Kopplung avancieren externe Evaluation und Zielvereinbarungen zu Steuerungsinstrumenten sowohl für die betreffende Schule und insbesondere ihre Schulleitungen, für die Schulaufsicht als auch für das Bildungssystem als Ganzes. Dem Einsatz neuer Steuerungsinstrumente im Bildungsbereich (wie z. B. externer Evaluation und institutioneller Zielvereinbarungen) steht bisher ein geringes Wissen über die Bedeutung, die schulische Akteurinnen und Akteure solchen Instrumenten beimessen, wie auch über deren Wirksamkeit (vgl. Stamm, 2003) gegenüber. Zudem stellen qualitative und rekonstruktive Studien, die den Umgang schulischer Akteurinnen und Akteure mit Ergebnissen externer Evaluation jenseits der Wirksamkeitsfrage (Lambrecht und Rürup, 2012, S. 74) untersuchen, ein Forschungsdesiderat dar. Um diesem Defizit zu begegnen, wurde die RuN-Studie in Auftrag gegeben. Externe Evaluation und Zielvereinbarungen im sächsischen Schulsystem 15

15 4 Das Forschungsdesign der RuN-Studie Daniel Diegmann Im folgenden Kapitel wird das Design der RuN-Studie vorgestellt. Dabei werden sowohl die zentralen Fragestellungen, die den Untersuchungsprozess angeleitet haben, als auch der Aufbau und der Ablauf der Studie und deren Teiluntersuchungen dargestellt. In einem weiteren Abschnitt des Kapitels wird die Zusammensetzung der Stichprobe beschrieben, unter Berücksichtigung der Kategorien Schulart und Regionalstelle der Schulaufsicht. Das Kapitel schließt mit Ausführungen zu den Erhebungs- und Auswertungsmethoden, die bei den Teiluntersuchungen der RuN-Studie Anwendung gefunden haben. Die RuN-Studie ist an den Vorannahmen und Gütekriterien qualitativer Sozialforschung (Steinke, 2000) ausgerichtet. Dies bedeutet, dass die Ergebnisse nicht den Anspruch statistischer Repräsentativität erheben. Von Bedeutung ist dagegen ein möglichst hoher Grad an inhaltlicher Validität und im Verwertungsprozess ein großes Maß an intersubjektiver Nachvollziehbarkeit. Die Ergebnisse sollen weitestgehend die subjektiven, aber auch diskursiv geformten Sinn- und Bedeutungsstrukturen der befragten Personen und der am Prozess der externen Evaluation Beteiligten (Lehrkräfte, Schulleitungen, Schülerinnen und Schüler, Schulreferentinnen und -referenten) repräsentieren und diese rekonstruieren helfen. Das Vorgehen ist somit nicht als hypothesenprüfend zu verstehen, sondern als explorativ-hypothesengenerierend, bei dem die spezifische Alltags- und Lebenswelt der handelnden Akteurinnen und Akteure hier: die schulische Lebenswelt in Bezug auf die externe Evaluation und auf die Zielvereinbarungsprozesse aus deren Sicht beschrieben werden soll (Flick, von Kardorff und Steinke, 2000, S. 14). Subjektive Sichtweisen zu erheben, bedeutet dabei jedoch nicht, dass diese ausschließlich auf das befragte Individuum zu beziehen sind und sich allein als Ausdruck von deren biografisch bedingten Gewordenheiten realisieren. Vielmehr verstehen wir die Aussagen der Befragten als diskursiv gerahmt und damit als ebenso durch überindividuelle, soziokulturelle Strukturen, Wissensordnungen und Diskurse mitbestimmt. Konkret bedeutet dies, die Aussagen, Bedeutungen und Sinnstrukturen der untersuchten Akteurinnen und Akteure zur externen Evaluation und zu Zielvereinbarungen im Kontext eines Qualitätsdiskurses im Bildungssystem zu verstehen und zu deuten (Höhne, 2011). 4.1 Ziele und Forschungsfragen der RuN-Studie Aus den damit umrissenen methodologischen und theoretischen Grundannahmen leiten sich die Forschungsfragen der RuN-Studie ab. Die Fragen wurden zum Teil bereits zu Beginn der Untersuchungen formuliert, zum Teil aber auch während des Erhebungs- und Auswertungsprozesses neu entwickelt. Dies entspricht dem Prinzip der Rekursivität in qualitativen Forschungsdesigns, bei dem Materialerhebungen, Auswertung und Analyse des empirischen Materials und Modifikationen von Forschungsfokussen und -fragen zirkulär aufeinander folgen und sich abwechseln. Die allgemeine Frage, wie sich die befragten Akteurinnen und Akteure den Bericht der externen Evaluation aneignen, wie sie diesen nutzen, wahrnehmen, bewerten und verarbeiten und in ihren Lebens- und Erfahrungskontext integrieren und welche Bedeutung dies für den Zielvereinbarungsprozess hat, wurde im Laufe des Forschungsprozesses zunehmend ausdifferenziert und in Teilfragen überführt. Diese können, wie folgt, benannt und untergliedert werden: Narrationen zur externen Evaluation Welche Narrationen zur Distribution und zur Dissemination (Streuung der Ergebnisse) der Evaluationsberichte können festgestellt werden? Wie berichten die Befragten von diesen Prozessen? Warum berichten sie in dieser Art und Weise davon? Das Forschungsdesign der RuN-Studie 17

16 Wie beschreiben die befragten Akteurinnen und Akteure die Aneignung der Evaluationsergebnisse, der Berichte und der darin abgedruckten Texte? Wie werden die Inhalte rezipiert, bewertet, (de-)legitimiert und in den eigenen Erfahrungskontext integriert? Wie sind die Erzählungen zum Aneignungsprozess diskursiv gerahmt? Narrationen zur Zielvereinbarung Wie erzählen die beteiligten Akteurinnen und Akteure den Prozess der Zielvereinbarung? Wie bewerten sie diesen Prozess? Wie wird dieser in die schulischen Strukturen integriert? Wie geht das Wissen, das durch die Berichte den Schulen zur Verfügung gestellt wird, in den Prozess der Zielvereinbarung ein? Wie manifestiert sich das Zielvereinbarungsdokument? Welche Konzepte und Bedeutungsstrukturen lassen sich rekonstruieren? Narrationen zur institutionellen Positionierung Wie konstituieren sich sowohl Schulen als Institutionen als auch die beteiligten Akteurinnen und Akteure über ihre An eignungsnarration zur externen Evaluation? Welche Modi der Ein- und Ausgrenzung können dabei beschrieben werden? Welche internen und externen Entscheidungs- und Aushandlungsstrukturen zwischen den schulischen Akteurinnen und Akteuren lassen sich anhand der Aussagen zur externen Evaluation und zu den Zielvereinbarungen ableiten? Narrationen zur Schulentwicklung Welche Bedeutung haben die externe Evaluation und die Zielvereinbarung als Instrumente für die Entwicklung der Einzel schule nach Auskunft der Befragten? Welche durch die Beteiligten vorgestellten Bedingungen führen zu den intendierten Wirkungen der externen Evaluation an Schulen? 4.2 Aufbau der Untersuchungen Die RuN-Studie ist in mehrere Teiluntersuchungen unterteilt. Neben leitfadengestützten Interviews mit Schulleitungen und Akteurinnen und Akteuren der Schulaufsicht sowie Gruppendiskussionen mit Kontakt- bzw. Steuergruppen, die von der externen Evaluation und vom Zielvereinbarungsprozess betroffen sind, wurden zudem Dokumentenanalysen durchgeführt. Letztere umfassten die Analysen der Berichte der externen Evaluation wie auch der Zielvereinbarungen der Schulen des Sample. In Abbildung 3 ist der Gesamtaufbau der RuN-Studie grafisch dargestellt. Die Abfolge der Untersuchungen orientiert sich am Prozess, den alle Schulen in Sachsen durchlaufen: von der Berichtspräsentation über die Aneignung der Evaluationsergebnisse mithilfe des Berichts zur externen Evaluation an der jeweiligen Schule bis zur Erstellung der institutionellen Zielvereinbarungen. Die ersten Erhebungen fanden zeitnah zur Berichtspräsentation an den beteiligten Schulen statt. Dabei wurden in einem zeitlichen Abstand von 2 bis 8 Wochen zur Präsentation Gespräche und Diskussionen mit den Schulleitungen und den Kontakt- bzw. Steuergruppen geführt. Nach Abschluss der institutionellen Zielvereinbarungen an den jeweiligen Schulen wiederum etwa 2 bis 8 Wochen später wurden weitere mündliche Befragungen mit den Schulleitungen und den Referentinnen und Referenten der Sächsischen Bildungsagentur, die für die Schulen verantwortlich sind und die als Repräsentantinnen und Repräsentanten der SBA im Zielvereinbarungsprozess fungierten, geplant. Die Zusammenstellung des Textkorpus für die Dokumentenanalyse fand sukzessive und parallel zum weiteren Datenerhebungsprozess statt. 18 Das Forschungsdesign der RuN-Studie

17 Abbildung 3: Aufbau und Ablauf der RuN-Studie 4.3 Das Sample Das Sample der RuN-Studie besteht aus insgesamt 30 Schulen in Sachsen. Diese verteilen sich auf die unterschiedlichen Schularten und Regionalstellen (Tabelle 1). Insgesamt wurden Untersuchungen in 10 Grundschulen, 11 Mittelschulen und 9 Gymnasien durchgeführt. Damit sind in den 30 untersuchten Schulen Grundschulen, Mittelschulen und Gymnasien sowie alle Regionalstellen der SBA in etwa zu gleichen Teilen repräsentiert. Die untersuchten Schulen wurden zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Zeitraum von Januar 2010 bis Juni 2011 durch das SBI evaluiert. Um auf ein Sample von 30 Schulen zu kommen, waren zwei Erhebungswellen vonnöten, in denen die Schulen um ihre Teilnahme an der Studie gebeten wurden: 11 Schulen wurden in einer ersten Erhebungswelle, 19 Schulen in einer zweiten als Teilnehmende an der RuN-Studie gewonnen. Da die externe Evaluation in Sachsen seit dem Schuljahr 2007/2008 im Regelverfahren durchgeführt wird, konnten alle Schulen im Sample der Studie auf Erfahrungen anderer, bereits evaluierter Einrichtungen zurückgreifen. Regionalstelle der Sächsischen Bildungsagentur Bautzen Chemnitz Dresden Leipzig Zwickau Gesamt Schulart Grundschule Mittelschule Gymnasium Gesamt Tabelle 1: Zusammensetzung der Stichprobe der RuN-Studie nach Schulart und Regionalstelle der SBA Nicht an allen Schulen konnten bis zum Abschluss der RuN-Studie alle Teiluntersuchungen durchgeführt werden. Dies liegt vornehmlich darin begründet, dass nicht alle Schulen im gegebenen Zeitraum Zielvereinbarungen abschlossen. Das Sample 19

18 An einer Schule war es zudem nicht möglich, eine Gruppendiskussion durchzuführen. Die Anzahl der Erhebungen aus den Teiluntersuchungen wird in Tabelle 2 dargestellt. Teiluntersuchung Sample Interviews mit der Schulleitung zur externen Evaluation 30 Gruppendiskussionen mit den Steuer- bzw. Kontaktgruppen 29 Interviews mit der Schulleitung zum Zielvereinbarungsprozess 20 Interviews mit der Schulaufsicht zur externen Evaluation und zum Zielvereinbarungsprozess 29 Analyse der Evaluationsberichte 30 Analyse der Zielvereinbarungsdokumente 21 Tabelle 2: Anzahl der Erhebungen nach Teiluntersuchungen Die Datenerhebung erfolgte im Zeitraum von März 2010 bis Oktober Im Vorfeld wurden die Schulen angeschrieben und um eine Beteiligung an der RuN-Studie gebeten. Die Teilnahme war von Seiten der Schulen freiwillig. 4.4 Erhebungs- und Auswertungsmethoden Interviews mit Schulleitungen zur externen Evaluation Melanie Schmidt In der ersten Teilerhebung des RuN-Projektes wurden Schulleitungen kurze Zeit nach der Präsentation der Ergebnisse der externen Evaluation und nach der Übergabe der Berichte zu den in Kapitel 4.1 (S. 17) benannten Fragestellungen inter viewt. Ziel des Vorgehens war es, Aneignungsweisen des Berichts sowie der Ergebnisse und damit verbundene Strate gien der Verbreitung der Ergebnisse, der Auswahl von Arbeitsschwerpunkten und Rahmenbedingungen des Umgangs mit den Ergebnissen zu rekonstruieren. Zur Realisierung dieses Vorhabens wurde das nichtstandardisierte Experteninterview als Erhebungsmethode gewählt. Michael Meuser und Ulrike Nagel (2011, S. 57) zufolge tritt im Experteninterview die Person des Experten in ihrer biographischen Motiviertheit in den Hintergrund, stattdessen interessiert der in einem Funktionskontext eingebundene Akteur. Aufgrund der institutionellen Verankerung der befragten Akteurinnen und Akteure und deren Sonderstellung innerhalb der Institution, kann davon ausgegangen werden, dass Schulleitungen als Expertinnen und Experten sich durch eine institutionalisierte Kompetenz zur Konstruktion von Wirklichkeit (Hitzler, Honer und Mäder, 1994; zit. nach Meuser und Nagel, 2010, S. 461) auszeichnen. Rekonstruiert werden soll das an die Experten rolle geknüpfte spezialisierte Sonderwissen bezüglich der Schule und des Umgangs mit den Evaluationsergebnissen. Erhebung der Daten Das Sample umfasste 30 befragte Personen, die zum Erhebungszeitpunkt ( ) als Schulleiterin oder Schulleiter an einer allgemeinbildenden Schule in Sachsen tätig waren. Die Auswahl der Befragten erfolgte kriteriengeleitet nach Schulart und Verortung der Schule innerhalb der fünf Regionalstellen der sächsischen Bildungs agentur (Bautzen, Chemnitz, Dresden, Leipzig, Zwickau). Zudem unterschieden sich die Schulen, an denen die befragten Schulleitungen tätig waren, hinsichtlich Größe (in Form der beschäftigten Lehrenden und angemeldeten Schülerinnen und Schüler) und Einzugsgebiet (städtisch oder ländlich). Die Schulleitungen unterschieden sich weiterhin hinsichtlich des Alters und der beruflichen Erfahrung: Einige Befragte waren erst wenige Jahre als Schulleiterin oder Schulleiter tätig, andere hingegen thematisierten in den Interviews eine jahrzehntelange Berufserfahrung. Auf diese Weise ließ sich eine große Vielfalt an Kontextbedingungen in der Untersuchung berücksichtigen. Für die weitere Auswertung erschienen diese Kontextvariablen allerdings weniger bedeutsam, sofern sie nicht durch die Interviewten selbstständig thematisiert wurden. Vielmehr wurden die einzelnen Fälle hinsichtlich inhaltlicher Ähnlichkeiten und Unterschiede kontrastiert, um zu allgemeinen, einzelfallübergreifenden Aussagen bezüglich des Phänomens Umgang mit Ergebnissen der externen Evaluation zu gelangen. So glichen sich beispielsweise einige Erzählungen über die Schulart hinweg, andere variierten auch innerhalb der einzelnen Schulart. Die Interviews wurden in den Büroräumen der Befragten durchgeführt und mit einem Aufnahmegerät aufgezeichnet. Eine wertschätzende, vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre konnte dabei stets hergestellt werden. Sämtliche Interviews sollten in einem Zeitraum von jeweils zwei bis acht Wochen im Anschluss an 20 Das Forschungsdesign der RuN-Studie

19 die Übergabe der Evaluationsberichte an die Schulleitungen durchgeführt werden, was zwar in den meisten, aber nicht in allen Fällen zu realisieren war. Als Gründe sind hier vor allem Krankheiten und Schulferien anzuführen. Als weitere Besonderheit in der Erhebungssituation kam hinzu, dass in zwei Fällen die befragten Schulleitungen ihre Stellvertretung für das Interview hinzuzogen, so dass das Interview mit jeweils zwei Personen geführt wurde. Die Gesprächsdauer belief sich in den meisten Fällen auf ca Minuten. Im Anschluss wurden die Gespräche transkribiert und für die Auswertung aufbereitet. Inhaltliche Schwerpunkte der Gespräche mit den Schulleitungen Für die Erhebung der Daten kam ein Leitfaden zum Einsatz, der aber, entsprechend den Anforderungen an ein nichtstandardisiertes Experteninterview, flexibel gehandhabt wurde, um unerwartete Themendimensionierungen durch den Experten nicht zu unterbinden (Meuser und Nagel, 2011, S. 58). Inhaltliche Schwerpunktsetzungen beliefen sich auf die Akzeptanz von Verfahren und Ergebnissen, auf den Umgang mit dem Evaluationsbericht und den -ergebnissen und auf prospektive Handlungsableitungen aus den Ergebnissen. Die im Leitfaden formulierten Fragen richteten sich folglich (1) auf das Konzept bzw. die Vorstellungen der Befragten bezüglich der externen Evaluation als Verfahren zur Qualitätsmessung und Qualitätsentwicklung, (2) auf das Erleben des Verfahrens an der jeweiligen Schule, (3) auf die Bewertungen der Ergebnisse hinsichtlich Wahrheit und Nützlichkeit, (4) auf Rezeption und Verbreitung des Berichts und den damit zusammenhängenden Strategien der Exklusion und Inklusion von schulischen Akteurinnen und Akteuren, (5) auf Erzählungen zur (geplanten und bereits begonnenen) Weiterarbeit mit den Ergebnissen an den Schulen, (6) auf die Rolle der Schulleitung im Umgang mit den Ergebnissen und Berichten der externen Evaluation sowie (7) auf die Bedingungen für die Weiterarbeit mit den Ergebnissen an der Schule. Auswertungsmethode und Vorgehen Die transkribierten Interviewtexte wurden anhand der Methodologie der Grounded Theory ausgewertet (vgl. Strauss und Corbin, 1996). Die Grounded Theory ist ein Verfahren, mit dem soziale Phänomene sichtbar gemacht und beschrieben werden können. Interessant ist dabei nicht in erster Linie die subjektive Sichtweise der jeweiligen Schulleitungen als solche, sondern deren Verweis auf das ihnen zugrundeliegende Phänomen. Diese qualitative Auswertungsmethode zielt nicht auf das Auszählen von Antworthäufigkeiten und nicht allein auf das Klassifizieren von bestimmten Erzählinhalten, sondern auf die Rekonstruktion struktureller Zusammenhänge, die mit dem sozialen Phänomen des Umgangs mit den Evaluationsergebnissen in Verbindung stehen. In der Auswertung der Daten wird hierbei dreischrittig vorgegangen: Zunächst wird der Interviewtext nach mehrmaligem vollständigen Lesen sequenzweise offen codiert. Den einzelnen, aufeinanderfolgenden Textpassagen werden theoretische Begriffe (Konzepte) zugewiesen, z. B. wurde die folgende Textstelle aus dem Interview mit einer Schulleiterin einer Grundschule Alles das, was grün erschienen ist, war mir zu positiv gefärbt, weil der Unterricht in der Wirklichkeit leider nicht so ist. Das ist eine Momentaufnahme für drei Tage, das ist mir bewusst. Da gibt sich jeder Mühe, Mühe, Mühe, Mühe. Das ist leider nicht so. (SL-GS-04) (unter anderem) dem Konzept mangelnde Validität der Ergebnisse zugeordnet. Durch einen permanenten Vergleich der einzelnen Konzepte mit ähnlichen und konträren Erzählungen, die sich offenbar auf ein ähnliches Thema beziehen im Beispiel handelt es sich um das Prüfen der Konsistenz von den Ergebnissen mit der eigenen Wahrnehmung bzw. den eigenen Wissensbeständen über die einzelnen Interviewdokumente hinweg, konnten Kategorien gefunden werden. Diese Kategorien stellen eine Klassifikation der gefundenen Konzepte dar. Sie sind in diesem Sinne ein abstrakteres Konzept höherer Ordnung (vgl. Strauss und Corbin, 1996). Für die Beispielaussage konnte die Kategorie Wahrheitsprüfungen der Ergebnisse gefunden werden (vergleichbar dem Truth-Test bei Weiss und Bucuvalas, 1980). In einem anschließenden Schritt sollen die einzelnen Kategorien auf ihre möglichen Zusammenhänge hin geprüft werden, woraus letztlich eine empiriegeleitete Theorie des Umgangs von Schulleitungen sächsischer allgemeinbildender Schulen mit den Berichten und Ergebnissen der externen Evaluation resultiert. Diese Techniken werden in der Grounded Theory als axiales und selektives Codieren bezeichnet (vgl. Corbin, 2011). In der Auswertung wurde mit dem Computerprogramm MAXQDA gearbeitet (vgl. Kuckartz, Grunenberg und Dresing, 2007). Die Kategorienbildung ist abgeschlossen, doch zum jetzigen Zeitpunkt schreitet die Theorie- bzw. Modellgenerierung noch voran. Erhebungs- und Auswertungsmethoden 21

20 4.4.2 Gruppendiskussion mit Mitgliedern der Kontakt- bzw. Steuergruppen zur externen Evaluation Kathleen Herzog Die Durchführung der Gruppendiskussionen In Gruppendiskussionen äußerten sich die schulischen Akteurinnen und Akteure der Kontaktgruppe Lehrkräfte, Eltern, Schülerinnen und Schüler zur externen Evaluation. Das Gespräch wurde mittels eines teilstandardisierten Leitfadens geführt. Die Leitfragen ermöglichen eine hohe Vergleichbarkeit der Daten sowie eine inhaltliche Strukturierung und wurden abhängig vom Gesprächsverlauf eingesetzt, so dass die Reihenfolge der Fragen keiner festen Vorgabe folgte. Als hinleitender Reiz wurde Folgendes gegeben: Berichten Sie doch mal, wie der Prozess der externen Evaluation bei Ihnen an der Schule abgelaufen ist. Anschließend erfolgten Nachfragen zur Rezeption, Reflexion, Verbreitung, Evaluation, zu (prospektiven) Handlungsschritten und Unterstützungssystemen. Vor der Gruppendiskussion wurden den Teilnehmenden kurz die Ziele der RuN-Studie vorgestellt und auf die freiwillige Teilnahme verwiesen. Ebenfalls wurde allen die Anonymität versichert. Anschließend wurden sie um ihr Einverständnis für die Aufnahme des Gesprächs gebeten. Erst nach dieser Einwilligung wurde der Ablauf der Gruppendiskussion skizziert und die Rolle der Moderation dargelegt. Nach der Durchführung der Diskussion wurde den Teilnehmenden für ihre Bereitschaft zur Mitarbeit gedankt. Die erste Gruppendiskussion fand am statt. Diese, wie auch alle weiteren Diskussionen, bestätigten den Leitfaden in seiner Ergiebigkeit, so dass keine Modifizierungen vorgenommen wurden. Nach dem Design der Studie sollten die Gruppendiskussionen ca. 2 bis 8 Wochen nach der Berichtspräsentation durchgeführt werden, was an lediglich drei Schulen möglich war. Aufgrund von Ferien und schulinternen Terminen sowie der Herausforderung, verschiedene Akteurinnen und Akteure an einem Termin zusammenzubringen, wurden die Diskussionen in der Regel ca. 10 Wochen nach der Ergebnispräsentation durchgeführt. Die Auswertung der Gruppendiskussionen Alle Diskussionen wurden digital aufgezeichnet und anschließend vollständig transkribiert. Die Transkripte wurden mit der Software MAXQDA 10 (Programm zur Analyse qualitativer Daten, vgl. Kuckartz, 2010) verwaltet. Die Datenauswertung erfolgt anhand der Qualitativen Inhaltsanalyse nach Philipp Mayring (2010) in der Weiterentwicklung nach Steigleder (2008), einem regelgeleiteten Vorgehen zur Auswertung von Textmaterial. Aufgrund des hohen Materialkonvoluts wurde mittels der zusammenfassenden Inhaltsanalyse ausgewertet. Als Auswertungsergebnisse wurden mehrere Kategorien anhand des Datenmaterials gebildet. Die Kategorien stellen die Grundlage für die anschließende Interpretation des Materials dar Interviews mit den Schulreferentinnen und -referenten zur Rezeption der Berichte der externen Evaluation sowie zum Zielvereinbarungsprozess Ralph Schubert Die Befragungen fanden im Zeitraum von Oktober 2010 bis Oktober 2012 statt. Dabei wurden mit 28 Schulreferentinnen und -referenten leitfadengestützte Experteninterviews (vgl. Gläser und Laudel, 2010) durchgeführt. Diese 28 Befragten betreuen 29 der 30 an der Studie beteiligten Schulen. Eine Schulreferentin bzw. ein Schulreferent 3 betreute im Befragungszeitraum zwei der an der Studie beteiligten Schulen. Eine andere bzw. ein anderer konnte im Zeitraum der Erhebung nicht befragt werden. Die Interviews erfolgten in den Regionalstellen der SBA nach vorheriger telefonischer Terminabsprache. Einige Referentinnen bzw. Referenten hinterfragten den Sinn des Interviews bzw. erkundigten sich hinsichtlich der Legitimation der Befragung. Fast alle waren jedoch hinsichtlich der zu erwartenden Interviews seitens der SBA informiert worden. Die Interviews verliefen in einer sachlichen bis sehr freundlichen Atmosphäre. Das leitfadengestützte Interview bietet ausreichend Spielraum für die flexible Gestaltung der Befragung und ermöglicht Reaktionen auf das Gesagte. Andererseits bleibt der Fokus auf die Untersuchungsschwerpunkte erhalten. Der ursprüngliche Leitfaden erwies sich als zu starr, so dass er gekürzt werden musste. Mit fortschreitender Praxis des Interviewers wurden den Schulreferentinnen und -referenten größere Sprechanteile im Interview eingeräumt, sodass ein hoher Anteil an narrativen Passagen entstand. 3 Um Anonymität zu wahren, sind in diesem und im folgenden Satz beide Geschlechterformulierungen aufgeführt, obwohl es sich jeweils um nur eine Person handelt. 22 Das Forschungsdesign der RuN-Studie

21 Die Leitfragen des Experteninterviews hatten zum Ziel, von den Interviewten Datenmaterial zur Beantwortung der in der Studie untersuchten Forschungsfragen (s. o.) zu erhalten. Das Interview konzentrierte sich im ersten Teil vorrangig auf folgende Fragen: (1) Zunächst wurde nach den Erfahrungen mit der Präsentation des Berichts gefragt. Die ersten Interviews ergaben, dass die Präsentationen für viele Schulreferentinnen und -referenten eine Grundlage der Zielvereinbarungsprozesse sind. Deshalb wurde diese Frage nachträglich in den Leitfaden aufgenommen. (2) Eine weitere Frage bezog sich auf den Umgang mit dem Bericht nach dessen Erhalt; hier ging es um die Intensität der Beschäftigung mit dem Bericht. Neben dem zeitlichen Aufwand wurde auch erfasst, inwiefern die Berichte rezipiert, d. h. studiert oder überflogen wurden. (3) Bei der Frage nach der Form und der Verständlichkeit der zurückgemeldeten Daten ging es um die Lesbarkeit des Berichts. Grundannahme war, dass schwer verständliche, zeitraubende Dokumente kaum in die eigenen Arbeitsabläufe einbezogen werden. (4) Des Weiteren wurde gefragt, wie die Schulreferentinnen und -referenten die Aussagekraft des Berichts bewerten. Damit verbunden war die Frage nach der Glaubwürdigkeit der Berichtsinhalte, welche Aussagen über den weiteren Umgang mit den Daten interpretierbar machen sollte. (5) Die Frage nach dem Nutzen des Berichts für die weitere Arbeit mit der Schule sollte aufzeigen, ob sich durch die externe Evaluation bestimmte Arbeitsabläufe und Routinen der Schulreferentinnen und -referenten verändert haben. Sie zielte auch darauf ab, ob die Berichte handhabbar sind und ein Arbeitsinstrument darstellen. Der zweite Teil des Leitfadens enthält Fragen zum Zielvereinbarungsprozess aus der Sicht der Schulreferentinnen und -referenten. Dabei wurde im Wesentlichen auf zwei Schwerpunkte eingegangen. (1) Die erste Frage bezog sich auf den Ablauf des Zielvereinbarungsprozesses. Den Orientierungsrahmen dafür bildete die Handreichung Zielvereinbarungen im sächsischen Schulsystem (SMK, 2008). (2) Anschließend wurde gefragt, ob Zielvereinbarungen ein hilfreiches Instrument für die Zusammenarbeit mit den Schulen sind und welchen Gewinn Schulreferentinnen und -referenten von diesem Steuerungsinstrument erwarten. Außerdem wurde erfragt, inwiefern die Schulreferentinnen und -referenten die Schulen bei der Umsetzung der Zielvereinbarungen unterstützen. Die mündlichen Befragungen wurden terminlich vereinbart und fanden in den Regionalstellen der Sächsischen Bildungsagenturen statt. Jede Schulreferentin und jeder Schulreferent bekam ein Transkript ihres bzw. seines Interviews zugeschickt und hatte die Möglichkeit, Aussagen zu korrigieren. Erfolgte innerhalb von drei Wochen keine Rückmeldung, wurde das Transkript zur Datenauswertung genutzt. Es gab nur in drei Fällen Veränderungswünsche. Ausgewertet wurde nach der Methode der qualitativen Inhaltsanalyse von Philipp Mayring (2010). Bei den ersten zehn Interviews fanden nochmalige Treffen mit den Schulreferentinnen und -referenten statt, um zu prüfen, ob die gewonnenen Erkenntnisse dem Sinn der ursprünglichen Aussagen entsprechen. Dies diente dem Erlangen methodischer Sicherheit für die Auswertung Interviews mit den Schulleitungen zum Zielvereinbarungsprozess Juliane Keitel Wie bereits erwähnt, haben einige Schulen des Sample keine Zielvereinbarung abgeschlossen, weshalb zu diesem Projektschwerpunkt nur 20 Interviews erhoben und ausgewertet werden konnten. Auch musste die in Abbildung 3 (S. 19) dargestellte Zeitplanung modifiziert werden. Zum einen lagen zwischen der Berichtspräsentation und dem Abschluss der Zielvereinbarung durchschnittlich neun bis zehn Monate Zeit; nur zwei Schulen des Sample hatten drei Monate nach der Berichtspräsentation schon eine Zielvereinbarung abgeschlossen, bei sieben Schulen dauerte der Abschluss ca. ein Jahr und länger. Ein weiterer Grund für die Veränderungen im zeitlichen Ablauf der Erhebungen bestand darin, dass die Projektmitarbeiterin, die für dieses Teilprojekt verantwortlich war, erst ab Oktober 2010 in das Projekt integriert werden konnte. Bis Dezember 2010 erfolgte die Erarbeitung des Leitfadens, der im Frühjahr 2011 in zwei Interviews getestet wurde. Die eigentliche Erhebung konnte somit erst im Mai 2011 beginnen, so dass zwischen dem Abschluss der Zielvereinbarungen an den Schulen des Sample und der Erhebungssituation durchschnittlich sieben Monate lagen. Nur bei zwei Schulen gelang es, das avisierte Intervall von max. acht Wochen zwischen Abschluss der Zielvereinbarung und dem Führen des Interviews einzuhalten. Bei weiteren drei Schulen konnte das Interview zum Zielvereinbarungsprozess erst nach mehr als einem Jahr geführt werden. Dafür verantwortlich waren zumeist Schwierigkeiten, einen gemeinsamen Termin zu finden. In einem Fall gab es mehrere Telefonate vorab. Die Schulleitung der betreffenden Schule hatte zwölf Wochen nach der Berichtspräsentation eine Zielvereinbarung abgeschlossen, hielt es jedoch aufgrund der nun schon vergangenen Zeit nicht mehr für nötig, darüber zu sprechen, da die Sache ja schon abgehakt sei, das Dokument erst Erhebungs- und Auswertungsmethoden 23

22 wieder gesucht werden müsse und man dann gar nicht wisse, über welche Inhalte eigentlich das Interview zu führen sei, wenn die Sache doch schon so lange vorbei sei. Bei einer anderen Schule liegt uns zwar über die zuständige Referentin bzw. den zuständigen Referenten eine abgeschlossene Zielvereinbarung vor; jedoch gab die betreffende Schulleitung an, keine Zielvereinbarung abgeschlossen zu haben, so dass mit dieser Schule auch kein Interview zustande kam. Im Hinblick auf die Fragestellungen der Studie stellt die zeitliche Verschiebung, die zwischen dem Abschluss der Zielvereinbarung und der Erhebungssituation lag, kein Problem dar. Die Schulleitungen hatten dadurch die Gelegenheit, vermutlich sogar in einem höheren Maße als in einem Interview kurz nach dem Abschluss der Zielvereinbarung, über ihre bereits gemachten Erfahrungen in der Arbeit mit dem Instrument aus der Retrospektive heraus zu erzählen und über die Bedeutung, die sie ihm aus der Sicht ihres aktuellen beruflichen Aufgabenfeldes zuschreiben würden. Datenerhebung und Erhebungsinstrument Die Interviews wurden mithilfe eines Leitfadens geführt. Dieser wurde genutzt, um an allen Schulen Erzählungen und Aussagen (1) zum konzeptionellen Verständnis von Zielvereinbarungen, (2) zum Zielvereinbarungsprozess, (3) zur Partizipation schulischer Akteurinnen und Akteure, (4) zur Rolle des Berichts der externen Evaluation für die Zielvereinbarungen, (5) zu den Inhalten der Zielvereinbarung und (6) zum erwarteten Nutzen zu erhalten. Über den Leitfaden wurde sichergestellt, dass in allen Interviews ähnliche thematische Schwerpunkte angesprochen wurden, die in der Auswertung miteinander verglichen werden konnten. In der eigentlichen Gesprächssituation diente er als ein flexibles Gerüst, so dass genügend Raum für weitere Inhalte blieb, die von den Schulleitungen im Kontext von Zielvereinbarungen, externer Evaluation oder darüber hinaus selbstgewählt thematisiert werden konnten. Die Interviews fanden ausnahmslos in einer freundlichen Atmosphäre statt. Vereinzelt gab es vorab Fragen zur Anonymität und nach dem Ziel der Studie. Viele der Schulleiterinnen und Schulleiter hatten den Bericht der externen Evaluation und die Zielvereinbarung zum Gespräch bereitgelegt. So konnte in etlichen Interviews teilweise sehr detailliert auf diese Dokumente Bezug genommen werden. Die Interviews dauerten durchschnittlich 60 Minuten, acht der interviewten Personen erzählten ca. 1½ Stunden, bei drei Schulleitungen war das Interview nach ca. 45 Minuten beendet. In einigen Fällen schlossen sich, wenn das Aufnahmegerät ausgeschaltet war, interessante Nachgespräche an. Die Schulleitungen waren interessiert an weiteren Informationen zur RuN-Studie und berichteten des Weiteren häufig von Schwierigkeiten innerhalb ihres Sprengels vor allem hinsichtlich der derzeitigen Personalsituation und von die Schule betreffenden lokalen Ereignissen oder Problemen. Die Gesprächssituationen vor und nach der Interviewerhebung wurden in kurzen Memos, die unmittelbar nach dem Termin angefertigt wurden, schriftlich festgehalten. Auswertung Die Interviews wurden nach der Transkription (nach Talk in Qualitive Social Research, vgl. Bohnsack, Nentwig-Gesemann und Nohl, 2007, S. 373) mithilfe von MAXQDA thematisch kodiert. Dabei wurden zunächst aus allen Interviews die Aussagen zusammengefasst, die sich den entsprechenden Fragekomplexen des Interviewleitfadens zuordnen ließen. Diese wurden in Anlehnung an die Qualitative Inhaltsanalyse (vgl. Mayring, 2010) paraphrasiert. Die so zusammengefassten Aussagen der interviewten Personen wurden anschließend zu den Forschungsfragen in Bezug gesetzt. Im Ergebnis dieses Arbeitsschrittes entstanden generalisierende Überschriften, welche die Darstellung der Ergebnisse im Kapitel 5 (S. 27) strukturieren. Validiert wurde die Einzelauswertung durch regelmäßige Teamsitzungen aller Projektmitarbeitenden der RuN-Studie, in denen der Großteil der Interviews anhand sequenzieller und hermeneutischer Auswertungsverfahren vor dem Hintergrund der Forschungsfragen gemeinsam diskutiert wurde Die Dokumentenanalyse von Berichten der externen Evaluation und von Zielvereinbarungen Daniel Diegmann Im Rahmen der RuN-Studie wurden sowohl die Abschlussberichte als auch die Zielvereinbarungen der Schulen des Sample untersucht. Mit dieser Untersuchung der natürlichen Daten war das Ziel verbunden, die materiellen Voraussetzungen für die schulischen Reaktionen (die Evaluationsberichte) und die materiellen Folgen des Zielvereinbarungsprozesses (die Zielvereinbarungsdokumente) als zentrale Artefakte in den Blick zu nehmen und nach deren Konstitutionsbedingungen zu fragen. Im Gegensatz zu den anderen Teiluntersuchungen stehen hier also nicht die Prozesse im Vordergrund, die die bildungspolitischen Steuerungsmaßnahmen und -instrumente begleiten, sondern die Produkte, die sich in Form von Texten und deren semantischem Gehalt realisieren. 24 Das Forschungsdesign der RuN-Studie

23 Zusammenstellung des Datenkorpus Der Gesamtdatenkorpus wurde sukzessive im Laufe des Untersuchungszeitraumes (März 2010 Oktober 2012) zusammengestellt. Die Evaluationsberichte der Schulen des Sample wurden bei diesen selbst erfragt und gingen dem Untersuchungsteam postalisch oder per zu. Die Zielvereinbarungsdokumente wurden entweder durch die Schul leitungen oder die Schulreferentinnen und -referenten in Kopie zur Verfügung gestellt. An einigen der untersuchten Schulen wurden im Untersuchungszeitraum keine Zielvereinbarungen abgeschlossen, so dass insgesamt 30 Abschlussberichte und 20 Zielvereinbarungen bei der Analyse berücksichtigt werden konnten. Die Aufteilung der Dokumente des Datenkorpus auf die unterschiedlichen Schularten und Regionalstellen der Schulaufsicht ist in den Tabellen 3 und 4 dargestellt. Regionalstelle der Sächsischen Bildungsagentur Bautzen Chemnitz Dresden Leipzig Zwickau Gesamt Schulart Grundschule Mittelschule Gymnasium Gesamt Tabelle 3: Verteilung der Zielvereinbarungen nach Schulart und Regionalstelle der SBA An einigen Schulen war es zudem möglich, weitere Dokumente zum Gesamtdatenkorpus hinzuzufügen. Dazu zählen unter anderem Protokolle von Zielvereinbarungsgesprächen, Flyer, die von Schulen erstellt wurden, Texte von Homepages oder Schulprogramme. Diese Dokumente wurden dann bei der Analyse berücksichtigt, wenn sie dazu beitrugen, die Bedeutung der Evaluationsberichte und Zielvereinbarungen und deren semantische Gehalte zu erschließen. Regionalstelle der Sächsischen Bildungsagentur Bautzen Chemnitz Dresden Leipzig Zwickau Gesamt Schulart Grundschule Mittelschule Gymnasium Gesamt Tabelle 4: Verteilung der Abschlussberichte der externen Evaluation nach Schulart und Regionalstelle der SBA Auswertung der Dokumente Die Auswertung der Dokumente des Datenkorpus wurde in mehreren Schritten vorgenommen. Die Auswertungsstrategie orientierte sich dabei an dem Vorgehen, das Thomas Höhne (2010) als Thematische Diskursanalyse beschreibt. In einem ersten Schritt wurden die Dokumente in Fragmente untergliedert. Als Fragmente galten Textbestandteile dann, wenn diese inhaltlich und formal als Einheit ausgewiesen waren. Ein Fragment konnte somit beispielsweise die Kopfzeile einer Tabelle sein, die Zeile einer Tabelle, in der die Operationalisierung eines strategischen Ziels vorgenommen wurde, oder ein Fragment, das aus mehreren Unterschriften und Stempeldrucken bestand und mit diesen die Beteiligten bzw. Repräsentanten des Zielvereinbarungsprozesses in das Dokument einschrieb. Nach der Unterteilung in Textfragmente wurde die Reihenfolge festgelegt, in der diese analysiert werden sollten. Der eigentliche feinanalytische Prozess folgte im Anschluss daran. Bei diesem wurde das jeweilige Fragment interpretativ analysiert und nach der Bedeutung der semantischen Einheiten hin untersucht. Dabei wurde sowohl auf Kodiertechniken zurückgegriffen als auch auf die Möglichkeit der Erstellung semantischer Matrizen. Besonderes Augenmerk wurde bei der interpretativen Analyse auf intertextuelle Verweise gelegt. Bei diesen handelt es sich um Textbestandteile und Zeichen in den Textfragmenten, die auf Zeichen in anderen Textfragmenten verweisen, sie zitieren, in einem neuen Kontext wiederholen oder durch sie in ihrer Bedeutung bestimmt werden. Die forschungsleitenden Fragen, die den Prozess der Dokumentenanalyse angeleitet haben, können, wie folgt, zusammengefasst werden: Wie sind die Zielvereinbarungsdokumente inhaltlich und strukturell gestaltet? Welche Effekte können durch die Abschlussberichte der externen Evaluation für die Zielvereinbarungsdokumente zwischen Schulen und Schulreferentinnen und -referenten hervorgerufen werden? Geht das Wissen aus den Abschlussberichten in die Dokumente des Zielvereinbarungsprozesses ein? Wenn ja: In welcher Form findet sich das Wissen der Berichte in den Zielverein- Erhebungs- und Auswertungsmethoden 25

24 barungen wieder? Gibt es Wissen, das die Zielvereinbarungen ebenfalls bestimmt? Welche Rolle spielen Textbestandteile, Diagramme, Tabellen und Übersichten? Gibt es Verschiebungen zwischen den Abschlussberichten und Dokumenten der Zielvereinbarungen auf struktureller, auf inhaltlicher, auf semantischer oder auf Darstellungsebene? Welche Gegenstände werden durch Zielvereinbarungen hervorgebracht, welche Akteurinnen und Akteure/Subjekte werden durch diese angerufen? Im Rahmen der Dokumentenanalyse wurde auf die elektronische Datenverarbeitungssoftware SPSS und die qualitative Analysesoftware MAXQDA zurückgegriffen. Beide Programme wurden genutzt, um den Datenkorpus übersichtlich zu verwalten, um einzelne statistische Berechnungen durchzuführen und um die Texte zu kodieren. 26 Das Forschungsdesign der RuN-Studie

25 5 Ergebnisse der RuN-Studie 5.1 Schulleitungen im Prozess der externen Evaluation Melanie Schmidt Nachfolgend sollen einige Analyseergebnisse der Interviews mit den Schulleitungen aufgerufen werden. Die Ergebnisdarstellung folgt der Gliederung entlang der Kategorien des Leitfadens (Abschnitt 4.4.1, S. 20). Zunächst wird auf die verschiedenen Zuschreibungen eingegangen, die mit dem Begriff der externen Evaluation in Verbindung gebracht werden. Weiterhin wird das Erleben des Verfahrens der externen Evaluation und die damit einhergehenden Bewertungen der Ergebnisse unter Güte- und Nützlichkeitsaspekten beschrieben. Anschließend werden die Nutzungsthematisierungen dargestellt Die Vorstellungen der Schulleitungen von der externen Evaluation als Verfahren zur Qualitätsmessung und Qualitätsentwicklung In den Beschreibungen der externen Evaluation lassen sich verschiedene Konzepte bzw. Funktionen differenzieren, die der Evaluation und deren Produkten (Ergebnisse, Berichte) zugeschrieben werden. Dabei unterscheiden die Befragten zumindest teilweise zwischen Zuschreibungen an eine externe Schulevaluation im Allgemeinen und der tatsächlich erlebten, vom Sächsischen Bildungsinstitut durchgeführten Evaluation. Im Abgleich zwischen diesen Erwartungszuschreibungen und dem persönlichen Erleben des Verfahrens kann es zu Widersprüchen kommen, die in der Ablehnung von Ergebnissen, aber auch in der Erleichterung darüber münden, dass sich bestimmte Befürchtungen nicht bewahrheitet haben. Einige bedeutsame, der Evaluation zugeschriebene Konzepte sollen im Nachfolgenden näher erläutert werden, da sie mit der Akzeptanz des Verfahrens und dem Umgang mit den Ergebnissen in Zusammenhang stehen. Zuschreibungen an das Verfahren der externen Evaluation (a) In erster Linie wird die externe Evaluation als eine Kontrolle oder Prüfung der Leistungen der Schule beschrieben. Diese Prüfung erfolgt durch den fremden, nicht zur Schule gehörigen und nicht von ihr einschätzbaren Blick von außen (vgl. SBI, 2008), vor dem sich die beobachtete Schule als eine regulierte Organisation sichtbar machen muss. Dies führt zu verschiedenen, auf die Kontrollzuschreibungen bezogenen Annahmen und Handlungen, die in Abschnitt (S. 32) beschrieben werden, z. B. ob und wie die über die Evaluation transportierten bildungspolitischen Vorgaben als erfüllt sichtbar gemacht werden können. Ein standardisiertes Vorgehen mit Bezugnahme auf eine kriteriale Normvorgabe in Form des sächsischen Qualitätsrahmens kann dazu führen, dass sich die Schulen entlang dieser Bezugsnorm eingeschätzt fühlen. Die Evaluation produziert auf diese Weise Schulen, die sich als Normerfüller, und solche, die sich als Delinquenten (Normverletzer) erfahren. Es [die Evaluation] wird als Kontrolle empfunden, es wird im Vorfeld schon als Kontrolle empfunden. Und zwar ist die Art und Weise der Anmeldung unmöglich. Es geht damit los, dass man sich anmeldet und mir einen Termin mitteilt [ ] und ich habe zu dem Zeitpunkt gesagt: Achtung, wir nehmen noch an einer internationalen Studie teil [ ]. Und dann habe ich gesagt: die Zeit ist äußerst ungünstig, ich bitte um einen anderen Termin. Nein, ein anderer Termin lässt sich nicht finden, Sie hätten das alles abgesprochen. Bing. Und dann fallen eben die Klassen raus. Was soll ich dazu sagen? Eigentlich gehört es sich, wenn man begleiten will und die Schule sagt: Wir haben eine große Studie zu dem Zeitpunkt, dass man dann sagt: Ok, lassen Sie uns einen anderen Termin vereinbaren. (SL-MS-01) Ergebnisse der RuN-Studie 27

26 Der Aussage des Schulleiters zufolge wird das Empfinden des Kontrolliertwerdens durch die wenig flexible Organisation des Verfahrens selbst mit hervorgebracht. Auf spezifische Bedingungen an der Schule, auf die eine entwicklungsunterstützende Schulevaluation seiner Meinung nach eingehen müsste (= Erwartung an die Evaluation), wird hier keine Rücksicht genommen (= tatsächliches Erleben). Bedient werden somit nicht die Bedürfnisse der Schulleitung und ihrer Schule, sondern die der Evaluatorinnen und Evaluatoren. Aus seiner Perspektive gilt dies als Evidenz, dass die Hauptintention der externen Evaluation nicht im Anregen von Schulentwicklungsprozessen, sondern an der Überprüfung der Einhaltung von Qualitätsvorgaben für gute Schule liegt. In dieser Erzählung wird weiterhin deutlich, was sich auch in den Aussagen anderer Interviewpartnerinnen und -partner zeigte: Die Schulleitungen empfinden sich der Kontrolle gegenüber als wenig handlungsmächtig, weil sie selbst keine Möglichkeit haben, auf das Verfahren Einfluss zu nehmen oder ihm auszuweichen. (b) Eine Möglichkeit, die Handlungsfähigkeit bezüglich der unsicheren Situation externe Evaluation herzustellen, ist, die Evaluation zu einem inhärenten Teil pädagogischer Praxis zu erklären, d. h., sie zu normalisieren bzw. vertraut zu machen. Durch den Vergleich mit Bekanntem und Alltäglichem können Kontrollzuschreibungen negiert werden, wie das folgende Beispiel zeigt: Der Begriff [externe Evaluation] ist ja nicht neu geboren, sondern vom Inhalt her schon eigentlich traditionell unter anderer Bezeichnung da gewesen, ne? Das heißt, es ist keine neue Erfindung der Pädagogik in dem Sinne, sondern dass Bewertung und Einschätzung ja eigentlich täglicher Prozess ist. Und so hab ich eigentlich bei der ganzen, bei dem ganzen Ansinnen vom Grundsatz her keine Bedenken gehabt und hab also auch keine Ängste oder irgendetwas vor externer Evaluation gehabt. (SL-GY-04) Mithilfe der Formulierungen ganzen Ansinnens und vom Grundsatz her wird auf eine Vorstellung von externer Evalu ation referiert, die relativ unabhängig vom tatsächlich erlebten Verfahren ist und die im Vorfeld angeeignet wurde. (c) Weiterhin wird die externe Evaluation als wissenschaftliches Verfahren beschrieben, weshalb gewisse, mit der Wissenschaftlichkeit von Aussagen einhergehende Ansprüche an die Datenerhebung und -auswertung herangetragen werden. Nur so kann eine Auseinandersetzung um Wahrheit und Güte der Ergebnisse überhaupt erst erfolgen. Im Abschnitt (S. 34) wird auf diese Wahrheitsprüfungen der Ergebnisse noch näher eingegangen. Die Vorstellungen der Befragten bezüglich der externen Evaluation zeigen allerdings, dass der Anspruch an das Verfahren herangetragen wird, es möge ein möglichst realistisches bzw. wahres Abbild der Schule darstellen. (d) Mit der Evaluation wird zudem eine Rückmeldung über Schwächen verbunden. Aus Sicht der Schulleitungen dient der Bericht als eine Auflistung von Mängeln, die Hinweise für das Setzen künftiger Arbeitsschwerpunkte liefern kann. Als Funktion der Ergebnisse wird in diesem Zusammenhang die Schaffung einer Problemwahrnehmung bzw. das Erinnern an bereits bekannte, doch vernachlässigte Problembereiche aufgrund der neutralen Außensicht genannt: Also für uns war es wirklich schon wichtig, dass wir von jemandem, der total in unser Schulgeschehen nicht involviert war doch mal so eine Rückkoppelung bekommen haben, weil ganz einfach sich über viele Jahre vielleicht auch gewisse Dinge einschleifen oder so na ja, die Trägheit im Alltag sich bemerkbar macht und man beginnt schon intensiver über seine Arbeit nachzudenken und ich denke, dass bei allen Kollegen in dem Moment dann auch wiedermal die gesetzlichen Grundlagen und, und, und. Was so alles im Schulalltag immer allgegenwärtig ist. Man praktiziert es, aber man vergisst es auch oder verdrängt auch vieles. Ich denke, dass in der Richtung da jeder Kollege eine gewisse Aktivität in positiver Richtung wiedermal entwickelt hat. (SL-GS-03) Anhand dieses Zitats einer Schulleiterin wird deutlich, dass die Ergebnisse als Möglichkeit der Intervention gegen die Routinen des Schulalltags, die sich einschleifen, verstanden werden. Routinen werden problematisiert, da sie für gewisse Handlungen nicht mehr geeignet erscheinen, aufgrund ihrer Habitualisierung aber den evaluierten Personen nicht bewusst sind. Durch eine Rückmeldung von außen, die sich dadurch auszeichnet, dass die Evaluatorinnen und Evaluatoren total nicht involviert in die schulischen Arbeitszusammenhänge waren, wird der Fehlbarkeit routinisierter Handlungen mehr Bedeutsamkeit zugeschrieben, da sie offenbar für schulexterne Personen in kürzerer Zeit wahrnehmbar ist. Der Zuschreibung von Fremdheit zu den Evaluierenden wird hier als Qualitätsmerkmal Bedeutung verliehen. 28 Ergebnisse der RuN-Studie

27 Die externe Evaluation kann eine Beobachtung liefern, die die Schule nicht selbst leisten kann. Gleichsam wird auf diese Weise durch die Rückmeldung der Ergebnisse eine Vorstellung fehlerhaften Verhaltens etabliert, welches sich durch schulische Initiative eigenverantwortlich beheben lässt. Exemplarisch für viele Schulleitungen zeigt das Zitat auch, dass der fremde Blick vor allem auf das Kollegium einen Effekt zu haben scheint, denn die Schulleitungen beschreiben die Ergebnisse der externen Evaluation in den meisten Fällen als nicht überraschend, sondern als die eigene Sicht auf die Schule bestätigend. Dies lässt zum einen vermuten, dass der Erkenntnisgewinn von Seiten der Schulleitungen als gering eingeschätzt wird. Einigen Schulleitungen erscheint deshalb der Nutzen der gesamten externen Evaluation für ihre Schule als fraglich. Andererseits verweisen diese Aussagen auf die Zuschreibung hoher Validität an die Ergebnisse (Abschnitt 5.1.3, S. 34). (e) Evaluation wird weiterhin als ein aus der Wirtschaft übernommenes Verfahren beschrieben, das zum Zwecke der Leistungssteigerung der Schulen eingesetzt wird. Viele Schulleitungen scheinen diese ökono mische Ausrichtung am Organisationserfolg zu übernehmen: In den Gesprächen thematisieren einige Befragte den Output von Schule als Organisationsziel. Hierfür sei die folgende Aussage exemplarisch angeführt: Das habe ich aus dem Evaluationsbericht als das Kriterium eigentlich gesehen, was negativ ist, was ich auch immer wieder anführe. Ich sage: Wir können machen, was wir wollen, wir werden gemessen an den Prüfungsergebnissen, letztendlich. Das ist sozusagen der Schmelztiegel für alles, was herum passiert. (SL-GY-07) In dieser Aussage kommt eine Outputorientierung des Schulleiters zum Ausdruck, hinter der andere Qualitätskriterien an Bedeutsamkeit verlieren. Der Erfolg schulischer Arbeit ist gekoppelt an den Erfolg von Leistungen der Schülerinnen und Schüler, der sich in Abschlussprüfungen zeigt. Diese wiederum sind abrechenbar und marktgemäß. Sie können als Vergleichsgrundlage für den Wettbewerb mit anderen Schulen dienen. Als vorrangige Aufgabe der Schule wird es verstanden, die Schülerinnen und Schüler ausreichend zu qualifizieren. 4 Erkennbar wird darin eine Positionierung zum bildungspolitischen und bildungswissenschaftlichen Diskurs um die ökonomische Schule (vgl. W. Böttcher, 2002; Bröckling, 2000). Gleichsam wird mit der Orientierung an ökonomischen Imperativen Druck auf jene Schulen aufgebaut, die dieser Leistungsorientierung nicht entsprechen können. Sie fühlen sich aufgefordert, von den Ergebnissen Handlungen abzuleiten, nehmen sich jedoch nicht als handlungsmächtig genug wahr, um ihre Situation zu verbessern. Folglich wird das Problem im Verfahren der externen Evaluation verortet als Strategie der Externalisierung von Ursachen für die schlechte Bewertung (Abschnitt 5.1.4, S. 38). Interviewerin: Hätten Sie sich gewünscht, dass andere Inhalte abgefragt worden wären? Schulleiterin: Na ja, was heißt andere Inhalte. Ich sage mal so, ich glaube man muss Erfolg von Schule an anderen Parametern messen. Also zum Beispiel: Ich habe aus dem ganzen Umkreis sämtliche schwierige Schüler. Die stellen grundsätzlich Anträge auf ADHS, hierher. Interessiert keinen. [ ] Also ich sage mal: [ ] wenn man es mit einem Unternehmen vergleicht, ist es doch so: Hat das Unternehmen keinen Erfolg laufen die Kunden fort. Und das muss doch Grundsatz sein, oder nicht? (Pause) Also ich weiß zum Beispiel von der Nachbarschaft, da gibt es auch welche die erfinden über Nacht so ein Ding [Schulprogramm], legen das hin und dann ist s gut. Und das liegt mir eben fern, das mache ich nicht. (SL-GS-04) Die Schulleiterin beklagt, dass die schwierige Klientel von Schülerinnen und Schülern ein Risiko für die Schulqualität darstellt, wie sie in der externen Evaluation abgebildet wird, da zahlreiche Schülerinnen und Schüler aufgrund der Diagnose ADHS Lernschwierigkeiten aufweisen. Dies scheint in der externen Evaluation und deren standardisiertem Vorgehen nicht berücksichtigt zu sein, denn es interessiert keinen. Die Leistungsfähigkeit der Schule ist damit hinsichtlich der Vergleichbarkeit mit anderen Schulen, respektive im Vergleich mit der kriterialen Bezugsnorm, eingeschränkt und es wird nach einem anderen Weg gesucht, den Erfolg der Schule dennoch erkennbar zu machen. Auf den ökonomischen Diskurs referierend, schlägt die Schulleiterin vor, die Anmeldezahlen von Schülerinnen und Schülern als ein Kriterium anzuführen, das sich jenseits von Leistungsmessung durch die Evaluation bewegt. Gleichsam referiert sie ihr Wissen um die Manipulation von Ergebnissen in der externen Evaluation anderer Schulen, gegen die sie sich explizit ausspricht und abgrenzt. So kann sie die Ergebnisse der Evaluation an ihrer eigenen Schule delegitimieren und sich gleichzeitig 4 Diese Erzählung findet sich über alle Schularten hinweg. Schulleitungen im Prozess der externen Evaluation 29

28 als Schulleiterin einer nicht erfolgreichen Schule im Sinne der Qualitätsdefinition, die über die Evaluation an die Schule herangetragen wird adressiert fühlen. Exemplarisch für viele befragte Schulleitungen wird hier die Fairness des Vergleichs zum Thema gemacht. Die mangelnde Berücksichtigung von Rahmenbedingungen der einzelnen Schulen in der Bewertung könnte sich negativ auswirken, beispielsweise bei Vergleichen, die die Schulen untereinander anstellen. Bezüg lich der externen Evaluation wird folglich Gerechtigkeit in der Bewertung eingefordert. Die Verortung der externen Evaluation im ökonomischen Diskurs scheint weiterhin zu strategischen und diskursiven Lerneffekten, also zur Übernahme von Argumentationslinien aus an sie herangetragenen Diskursen, zu führen (vgl. Beck und Bonß, 1989): Indem Schulleitungen ihre Schule zunehmend mit ökonomischen Unternehmen vergleichen, können sie auch die Vorteile einfordern, die sie wirtschaftlichen Unternehmen zuschreiben, wie z. B. die Eigenständigkeit in der Personalauswahl. In der Auswertung stellte sich die mangelnde Autonomie in der Personalrekrutierung und -kündigung als eine von allen Schulleitungen geteilte Erzählung heraus, hinter der die Erzählungen zur externen Evaluation zurücktreten. Ein Beispiel zeigt die Forderung nach mehr Personalautonomie unter Bezugnahme auf den ökonomischen Diskurs, der durch die Verortung der externen Evaluation in diesem Diskurs erst ermöglicht wird: Man kann Hilfe organisieren, Kontrolle und Hilfe und wenn eben nichts fruchtet, dann eignet sich derjenige eben nicht zum Lehrerberuf. Kein Leiter von irgendeinem Unternehmen wird sich ewig mit einem Arbeiter herumschlagen oder gar noch mit den leitenden Angestellten, der seinen Aufgaben nicht nachkommt. Der entweder nicht will, weil er zu faul ist oder der nicht kann, weil er einfach die Eignung nicht dafür hat. (SL-GY-09) Funktionen der Berichte bzw. der Ergebnisse der externen Evaluation (a) Eine funktionale Zuschreibung an die externe Evaluation ist die der Anerkennung guter schulischer Arbeit, wie bereits im Zwischenbericht erläutert. Der Bericht scheint fehlende Anerkennungsstrukturen innerhalb des Schulsystems zu kompensieren. Schulleitungen berichten zudem davon, dass die Ergebnisse und Berichte ihnen nützlich seien, um gegenüber schulischen Anspruchsgruppen zu beweisen, dass die Schule das in sie gesetzte Vertrauen wert ist, dass also an der Schule gute Arbeit geleistet wird. (b) Dies ist eng an eine öffentlichkeitswirksame Funktion des Berichts gebunden, die wiederum gekoppelt ist an die Ausprägung der Ergebnisse. Kann die Schule in der Evaluation eine gute Rückmeldung erzielen, so lassen sich strategische Operationen mit dem Bericht und mit den Ergebnissen anstellen, z. B. die Distribution der Ergebnisse an eine breite Öffentlichkeit zum Beweis des schulischen Erfolges. Dies findet auch gegenüber anderen Schulen statt, woraufhin die Evaluation als Medium der Differenzierung funktionalisiert wird, wie das folgende Beispiel zeigen soll: Interviewerin: Ok. Und Sie haben gesagt, Sie stehen auch in Kontakt mit anderen Schulleitern. Wissen Sie, was aus deren Berichten geworden ist, wenn das vielleicht auch schon ein bisschen länger her ist? Schulleiterin: Puh [atmet laut]. Das kann ich nicht sagen, da hab ich also nicht gefragt. Wissen Sie, das ist immer sowas, oh ja, wir sind zufrieden, sagen die, aber es hat mir noch keiner seinen Bericht gezeigt. Ich kann meinen jedem zeigen. Aber ich frage auch nicht, was habt ihr für einen? [ ] Können sie mir selber zeigen. (SL-GS-05) Die Schulleiterin, die hier auf die Möglichkeit referiert, offen gegenüber jedweder Person ihre Ergebnisse kommunizieren zu können, grenzt sich auf diese Weise von anderen Schulleitungen ab, deren verhaltene Äußerungen bezüglich ihrer Evaluationsergebnisse sie als strategische Dethematisierung versteht, hinter der diese ein schlechtes Ergebnis verschleiern können. Gleichsam ermöglicht sie auf diese Weise eine Erzählung, in deren Folge sie sich erst als die Schulleiterin einer guten Schule konstituieren kann, gerade indem sie auf die Ergebnisse verweist und sich von anderen Schulen, die eine restriktivere Veröffentlichungspolitik betreiben, als different erfährt ( Ich kann meinen Bericht jedem zeigen ). Veröffentlichung und Nichtveröffentlichung von Ergebnissen sind bedeutsame Ereignisse (Abschnitt 5.1.4, S. 38), denn die Preisgabe der Evaluationsergebnisse wird zum Parameter, an dem sich eine gute Schule offenbart. Die Evaluation fabriziert damit die Delinquenten und Normerfüller, die sich als solche anhand ihrer Enthüllungs- und Verhüllungspolitik gegenseitig erkennbar machen und voneinander differenzieren. Eine schlechte Rückmeldung kann demnach Konsequenzen haben, die sich jenseits von bildungspolitischen Sanktionen verorten, aber als ähnlich beeinträchtigend empfunden werden, z. B. die Beschädigung des öffentlichen Bildes der Schule, welche ein Wettbewerbsgut darstellt. In den 30 Ergebnisse der RuN-Studie

29 Erzählungen wird häufig auf die hohe Bedeutsamkeit der Reputation der Schule für Anmeldezahlen von Schülerinnen und Schülern verwiesen. Schulleitungen erhoffen sich von der Evaluation also eine Rückmeldung, die nicht diffamiert, sondern auf die bereits erreichten Erfolge und Stärken der Schule hinweist. Es zeigt sich hier, in der Beobachtung anderer Schulen, eine Funktion der externen Evaluation für die Ordnungsbildung: Schulen sollen sich klassifizieren und damit auf einem Kontinuum von erfolgreich bis hinter den Leistungen zurückbleibend verorten lassen können. Die Auseinandersetzung mit der Möglichkeit eines offiziellen Rankings, das sich aus den Ergebnissen erstellen ließe, wird jedoch kontrovers geführt. Man scheut vor allem die Konsequenzen, die eine Veröffentlichung von Rangtabellen haben könnte. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit und nur im geschützten Raum der Schulleitungsinterna wäre ein Vergleich unter den Schulen durchaus zu begrüßen. Dies kann einerseits bedeuten, dass die Ergebnisse, wie sie im Bericht dargestellt sind, nicht genug Informationen zum adäquaten Vergleichen und Bewerten der Schulen untereinander bieten, um sich die Ergebnisse risikoarm aneignen zu können. Andererseits ist es ein Hinweis darauf, dass die Schulleitung sich innerhalb der Schule in einer besonderen Rolle sieht, welcher andere Informationen und ein anderer Umgang mit diesen Informationen zustehen. Dies wiederum verweist ebenfalls auf eine Differenzierungspraxis. (c) Die externe Evaluation wird weiterhin als Instrument der bildungspolitischen Kommunikation verstanden, mit welchem die Bildungspolitik ein Signal an Schulen sendet, die sich mit den Arbeitsbedingungen unzufrieden zeigen: Interviewerin: Sie haben gesagt, Sie haben auch von anderen Schulen gehört. Was war das so, das Sie gehört haben? Schulleiterin: Da haben alle grün. Also nach Aussagen von allen Schulen haben alle grün. Dann braucht man es doch nicht zu machen, dann ist doch im Bereich Grundschule in Sachsen alles in Ordnung, stimmt s? Und da ist bei weitem nicht alles in Ordnung. Bei weitem nicht. Interviewerin: Inwiefern ist nicht alles in Ordnung an Grundschulen? Schulleiterin: Was den Unterricht anbelangt. Also ich sage mal so: Wenn du dort ein eher hoch, oder ein ganz hoch hast, sprich dunkelgrün, dann hast du doch nur Lehrer, die in der Beurteilung acht Punkte haben. Das ist doch gar nicht möglich. Also wenn wir uns hier alle auf ein gelb mal einigen würden und vielleicht in bestimmten Bereichen, wo die Schule wirklich ein absolutes Highlight hat, dort auf grün, wäre das doch gut. [ ] Das ist doch eigentlich für mich auch nur ein Zurückziehen, dass wir alle auch durchhalten am Ende. (SL-GS-04) Laut Aussage der Schulleiterin verhüllen die guten Ergebnisse vieler Schulen die problematischen Arbeitsbedingungen, die hier entlang der Personalpolitik thematisiert werden. Durch die Rückmeldung der Ergebnisse wird suggeriert, dass die Bedingungen an den Schulen sich nicht qualitätsbeschränkend auswirken. So kann an die Schulen zur Weiterarbeit appelliert werden. Mit den Ergebnissen der externen Evaluation werden, folgt man der Erzählung der Schulleiterin, bildungspolitische Probleme den Schulen gegenüber beschönigt. Für diese Argumentation bemüht die Schulleiterin das Gütekriterium der Validität, nämlich dass die rückgemeldeten Ergebnisse nicht die tatsächlichen Umstände der Schulen abbilden, sondern bewusst (von Seiten der Bildungspolitik) als zu positiv verzerrt inszeniert worden sind. Dieses Vorgehen unterminiert ihrer Erzählung zufolge jedoch den grundsätzlichen Nutzen des Verfahrens, nämlich eine wahre und realistische Abbildung der Schule zu gewährleisten. Weiterhin zeigte sich in der Auswertung, dass die Berichte der externen Evaluation als vorrangig schulleitungsexklusives, strategisches Dokument verstanden und funktionalisiert werden. Beispielsweise beschreiben Schulleitungen, dass die Ergebnisse der externen Evaluation nützlich hinsichtlich der Durchsetzung von Arbeitsschwerpunkten sind, die von ihrer Seite aus schon längere Zeit in Planung waren, deren Umsetzung jedoch an der Zurückweisung durch das Kollegium scheiterte. Aufgrund der objektiven Wahrheit, die den Ergebnissen der Evaluation zugeschrieben wird, kann nun gegenüber dem Kollegium nachdrücklich kommuniziert werden, dass eben diese Arbeitsschwerpunkte künftig bearbeitet werden müssen, sofern sie im Bericht als problematisch gekennzeichnet werden. (d) Weiterhin setzen Schulleitungen die Ergebnisse, aufgrund ihrer Belohnungsfunktion, zur Motivation des Kollegiums ein, z. B. wenn eine Lehrkraft in existentielle Zweifel über den Erfolg der eigenen Arbeit gerät. Die Schulleitung kann in diesem Fall anhand des Berichts bestätigen, dass die Arbeit von anderen als gut empfunden wird. Der Bericht trägt auf diese Weise dazu bei, dass die schulische Ordnung weiterhin aufrechterhalten werden kann, indem z. B. zweifelnde Kolleginnen und Kollegen aufgefangen werden und damit deren Arbeitskraft erhalten bleibt. Schulleitungen im Prozess der externen Evaluation 31

30 (e) Als letzte Funktion des Berichts für Schulleitungen sei die Wiederherstellung einer umfassenden Beobachtung genannt. Bereits an anderer Stelle bin ich auf die Herstellung von Sichtbarkeiten schulischen Arbeitens durch die externe Begutachtung eingegangen; hier liegt der Fokus allerdings auf der Herstellung einer Sichtbarkeit nach innen, d. h. in die Schule hinein. Die Schulleitungen sehen sich in der Verantwortung, regelmäßige Hospitationen des Unterrichts der Kolleginnen und Kollegen durchzuführen und sie damit im Blick zu haben. Da Schulleitungen dies aufgrund als hoch empfundener Arbeitsbelastungen jedoch nicht immer leisten können, liefert der Bericht die nötigen Informationen über den Unterricht, die ihnen fehlen. Somit kann die Schulleitung mittels der Ergebnisse ihr Kollegium beobachten bzw. kontrollieren Zuschreibungen an das Verfahren als Entwicklungsprozess Die Ergebnisse der Interviewstudie zeigen, dass die Wahrnehmung des Evaluationsverfahrens einem Entwicklungsprozess unterliegt. In den retrospektiven Erzählungen zu Erwartungen an die externe Evaluation im Vorfeld berichteten die Befragten von Stressempfinden innerhalb des Kollegiums angesichts der Ankündigung des Evaluationsverfahrens an der Schule. Dieses Stressempfinden ist zurückzuführen auf bereits erlebte Kontrollverfahren (z. B. durch Schulinspektionen in der DDR und während der Transformation des Bildungssystems in Sachsen im Rahmen der Wiedervereinigung) und die damit verbundene Antizipation von Sanktionen im Anschluss an die Rückmeldungen. Weiterhin wird Stressempfinden durch die Unbestimmtheit und Unbestimmbarkeit der externen Evaluation im Vorfeld hervorgebracht, da die betroffenen Personen sich nicht als handlungsmächtig erleben, sondern einem Verfahren ausgesetzt werden, über das sie vor dem eigenen Erleben wenig Wissen erlangen können und mithin wenig Situationskontrolle haben. Die berichtete Ängstlichkeit und das Stressempfinden aufgrund der Unbekanntheit a) der Situation, die auf die schulischen Akteurinnen und Akteure zukommt, b) der Personen, die das Verfahren durchführen, und c) der Konsequenzen, die mit den Ergebnissen verbunden sind, sind Belege für eine geringe Ambiguitätstoleranz der Befragten (Furnham und Ribchester, 1995, S. 179). In den Darstellungen der befragten Schulleitungen wird dabei das Kollegium als in viel stärkerer Weise von diesem Erleben mangelnder Situationskontrolle betroffen inszeniert. Die Schulleitungen, so scheint es, fühlen sich weniger von der externen Evaluation beeinträchtigt bzw. bedroht, als sie dies ihren Kolleginnen und Kollegen zuschreiben. Sie stellen sich vielmehr selbst als die Vermittler zwischen dem Verfahren und dem skeptischen Kollegium dar, die die Ansätze der Evaluation in das Kollegium hineintragen. So berichten einige Schulleitungen davon, dass sie dem gesamten Kollegium die Ziele und Inhalte der externen Evaluation präsentiert hätten, um Unsicherheiten zu verringern. Neben dem Studium der zur Vorbereitung auf die Evaluation herausgegebenen Dokumente erschien es den Schulleitungen als eine weitere Strategie zur Bearbeitung von Unsicherheit, sich zusätzliche Informationen einzuholen, um das Verfahren einzuordnen, ihm weniger Bedeutsamkeit zuzuweisen und es damit handhaben zu können (als Strategie der Delegitimierung). Viele Schulleitungen suchten den Austausch zu anderen Schulleitungen, die das Verfahren bereits erlebt hatten, und konnten sich versichern lassen, dass das Verfahren keine Bedrohung für die Schule darstelle. Auch andere Möglichkeiten der Informationsbeschaffung wurden genutzt. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Immer wenn einer hospitieren kam, wurde es hauptsächlich kritisiert, es kam weniger zur Beratung und es wurde bei vielen befürchtet, man schaut bis ins finsterste Winkelchen der Organisation, des Ablaufes und überall hin. So dass bei einigen Schulleitern, was man aus Gesprächen erfahren hat, auch Ängste da waren, die ich bei mir nicht ganz verhehlen will, aber ich habe etwas dagegen getan. Nämlich wurde eine Fortbildung angeboten von der Gewerkschaft. Dort waren zwei Fortbildner aus den alten Bundesländern, die erklärten: was läuft, wie s läuft, wer das macht, welche Beweggründe bringt die Leute dorthin. Und das hat mir meine Ängste genommen, denn es gibt sicher sehr viele, überwiegend viele Leute, die die Evaluation durchführen, die das mit bestem Wissen und Gewissen machen und auch wirklich die Schulen voranbringen wollen, aber es gibt mit Sicherheit auch welche, die dort einen ruhigen Posten sehen, sich nicht mehr mit den Kindern rumärgern müssen und das dann eben machen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen und das nahm mir die Angst, weil ich guck mir die Leute an, weiß, was ich von denen halten muss und weiß, was ich auch von den Ergebnissen zu halten habe. (SL-MS-07) Dieser Schulleiter konnte nach eingehender Prüfung exemplarischer Vertreterinnen bzw. Vertreter der Evaluatorenrolle und der Verfahrensgrundsätze für sich konstatieren, dass die externe Evaluation keine Bedrohung der Schule darstellt, da die Evaluatorinnen bzw. Evaluatoren entweder wohlwollend im Sinne der Schule agieren oder im gegenteiligen Falle als gescheiterte Lehrkräfte zu betrachten sind, von denen ohnehin kein ernstzunehmendes Expertenurteil zu erwarten sei. Diese 32 Ergebnisse der RuN-Studie

31 Wahrnehmung ermöglicht dem Schulleiter, das Verfahren und die Ergebnisse gegebenenfalls entwerten zu können. Weiterhin macht das Beispiel deutlich, dass die externe Evaluation als stark an die Person der oder des Evaluierenden gebunden verstanden wird. Selbst wenn nur ein kleiner Teil der Ergebnisse aus der Unterrichtsbeobachtung stammt, wird diese sehr stark mit der gesamten externen Evaluation identifiziert, denn die Evaluationsteams sind sichtbar im Raum Schule und geben dort als Schulfremde ein ungewohntes Bild ab. Ein großer Teil der Diskussionen um die Güte der Ergebnisse bezieht sich demnach auch auf die Evaluatorinnen und Evaluatoren und deren Rolle im Datenerhebungs- und Auswertungsprozess (Abschnitt 5.1.3, S. 34). Das Zitat liefert eine weitere Begründung für die Ängste oder für das Empfinden von Stress angesichts des bevorstehenden Verfahrens: Es wird vermutet, dass man die Schule völlig sichtbar macht gegenüber Außenstehenden, dass man bis ins finsterste Winkelchen der Schule schaut. Auch ein weiterer Schulleiter kolportiert diese Erzählung: Interviewerin: Aber Sie haben gesagt: andere Schulleiter haben schon gezittert im Vorfeld, als es, das Wort [Evaluation] aufkam. Können Sie sich da einen Grund vorstellen, warum das so war? Schulleiter: Ja. Es hat dort na ja, Ängste in Anführungsstricheln gegeben oder Berührungsängste gegeben, wonach gesagt wurde: Die schauen zu tief in bestimmte Sachen rein und da ist was dran die die eigentlich gar nicht einschätzen können [ ]. (SL-GY-04) Hier zeigt sich ein Unterschied zu vorhergehenden, bereits bekannten Kontrollverfahren: Sie beleuchteten meist nur einen Ausschnitt der Schulwirklichkeit, nämlich einzelne Unterrichtsstunden. Mit der externen Evaluation scheint sich dies zu ändern: Es entsteht ein geteiltes Wissen unter Schulleiterinnen und Schulleitern über die Möglichkeit der Preisgabe sämtlicher schulischer Details. Offenbar besteht eine schützenswerte Sphäre innerhalb der Schule, ähnlich einem Firmengeheimnis, die durch den sezierenden Blick und dessen öffentliche Preisgabe bedroht wird. So kann die Schule aufgrund der externen Evaluation in all ihren Winkeln beobachtet werden, doch sie selbst kann ihre Beobachter nicht beobachten und einschätzen, kann nicht abschätzen, was beobachtet wird und welche Konsequenzen dies hat. Dieser wahrgenommene Effekt der Sichtbarmachung bleibt auch über den Prozess des Evaluierens hinaus bestehen etwa wenn Schulleitungen die Evaluationsergebnisse nur kontrolliert an eine breitere Öffentlichkeit weitergeben, um zu verhindern, dass der allseitigen Beobachtbarkeit 5 eine allseitige Beurteilung bzw. Verurteilung durch die Öffentlichkeit folgt. Mit fortschreitender Anzahl an Schulen, die evaluiert wurden, ändern sich diese Erzählungen unter den Schulleitungen und die Angst, die im Zusammenhang mit Kontroll- und Sanktionszuschreibungen an die externe Evaluation zu verstehen ist, wird weniger thematisiert. Die Unsicherheit, wie genau das Verfahren ausgestaltet wird (wie sich bspw. die Evaluatorinnen und Evaluatoren verhalten werden), bleibt aber bestehen. 6 Verbunden mit der externen Evaluation ist von Seiten der Schulleitungen der Wunsch, dass möglichst gute Ergebnisse erzielt werden. Gleichzeitig soll das über die Evaluationsergebnisse transportierte Bild der Schule möglichst realistisch sein. Auf diese Weise erklärt sich ein Handeln, das im Anschluss an P. Case, S. Case und Catling (2000) als Stage Performance bezeichnet werden kann. Damit sind die Vorbereitungsmaßnahmen gemeint, mit der die Schulleitungen (und Schulen) sichtbar zeigen, dass sie gut arbeiten. Die Schulleitungen schreiben Vorbereitungsmaßnahmen vor allem dem Kollegium und deren Unterrichtsgestaltung zu, wenngleich sie betonen, dass die Lehrenden hierzu nicht explizit durch die Schulleitung angewiesen worden seien. Viele Schulleiterinnen und Schulleiter beteuerten in der Interviewsituation, dass sie ihr Kollegium darauf hingewiesen hätten, sich möglichst nicht zu verstellen und die übliche Unterrichtsgestaltung beizubehalten. In diesen Äußerungen wird ein Wissen der Schulleitung darüber deutlich, dass die schulische Arbeit möglichst authentisch zu sein habe, damit in den Ergebnissen der externen Evaluation ein reales Abbild der Schule erzeugt werde. Gleichsam gaben einige Schulleitungen an, im Vorfeld des Evaluationsverfahrens die zu begutachtenden Dokumente (Fortbildungskonzept, Schulprogramm) hinsichtlich antizipierter Bewertungskriterien der externen Evaluation überarbeitet zu haben. Diese Diskrepanz lässt sich über die verschiedenen Funktionen der Evaluationsergebnisse und der Sichtbarkeit für eine große Personengruppe erklären: Einer größeren Öffentlichkeit gegenüber sollten die Ergebnisse eine Rechenschaft über die gut geleistete Arbeit sein, innerhalb der Schule und für die Weiterarbeit mit den Ergebnissen ist allerdings eine wahrheitsgetreue, d. h. eine mit der eigenen Wahrnehmung der Schule konsistente, Rückmeldung des Status Quo erforderlich. 5 Beobachtung und Sichtbarmachung sind Phänomene, die von den Schulen in Form von Sehmetaphern explizit benannt werden, wie z. B. der Blick der externen Evaluation von außen als Antidot der schulischen Betriebsblindheit 6 Die Strategie, sich über andere Schulleitungen Informationen zum Verfahren einzuholen, kann zu zusätzlicher Verunsicherung führen, denn es werden nicht nur positive Erzählungen kolportiert. Je mehr Schulen evaluiert wurden, desto widersprüchlicher werden die Erzählungen, die die Befragten zu hören bekommen. Schulleitungen im Prozess der externen Evaluation 33

32 Auch während der Durchführung des Verfahrens an den Schulen wird Belastung erlebt, die ebenfalls eher den Lehrerinnen und Lehrern zugeschrieben wird als den Befragten selbst. So berichtete z. B. eine Schulleiterin von einer an ihrer Schule angestellten Lehrerin, die einer Ohnmacht nahe gewesen sei, da sie nicht abschätzen konnte, zu welchem Zeitpunkt ihr Unterricht beobachtet würde. Das als wertschätzend wahrgenommene Auftreten der Evaluationsteams an den Schulen wird in diesem Zusammenhang als entlastend beschrieben: Sie [die Evaluatorinnen und Evaluatoren] sind irgendwo, ich sage jetzt mal nicht als irgendwelche Oberhäupter hergekommen, sondern sie waren nett, auch von ihrer Person her und das hat gepasst. Es hat ganz einfach gepasst und damit, muss ich dazu sagen, denke ich, hat sich auch die Aufregung gelegt. (SL-MS-02) Besonders das Erleben der Ergebnisrückmeldung scheint einen großen Einfluss auf die Veränderung (oder Festigung) der Verfahrenswahrnehmung zu haben. In Abhängigkeit der Erwartungen bezüglich der Ergebnisse und deren tatsächlicher Ausprägung beschrieben die Schulleitungen ihre Reaktion auf die Präsentation als Freude, Überraschung oder Enttäuschung. Aufgrund des Prüfungscharakters der externen Evaluation können viele der Reaktionen als der Prüfungslogik folgend gedeutet werden, denn es zeigt sich eine kurzfristige hohe Emotionalität bezüglich der Ergebnisse, die nicht lange vorhält. Gleichsam können diese Beschreibungen positiver Emotionen wie Freude, Erleichterung als Reaktionen auf die Erkenntnis gedeutet werden, dass negative Auswirkungen auf das öffentliche Bild der Schule vermutlich ausbleiben werden, dass mit dem Bericht Öffentlichkeitsarbeit betrieben werden kann und dass die Ergebnisse Bestätigung und Lob für die geleistete Arbeit signalisieren. Bei einigen Schulleitungen stellt sich dagegen Verärgerung über die Ergebnisse ein, da die Schule ihrer Ansicht nach als zu erfolgreich dargestellt wurde. Dies kann konträr zu den eigenen Interessen laufen, die beispielsweise in der Entwicklung der Schule liegen, welche durch zu gute Ergebnisse sediert wird. Zusammenfassend für das Erleben des Verfahrens als Entwicklungsprozess sei die Äußerung einer Schulleiterin zitiert: Also, ich habe jetzt mittlerweile so ein neutrales Gefühl bekommen. Also, erst war die Aufregung, vorher so ein bisschen das Bangen, dann die Erleichterung und jetzt ist das so, so ein neutrales Gefühl. Also, es ist eine abgeschlossene Sache zunächst. Es ist gewesen, der Alltag hat uns schon wieder eingenommen, mit vielen neuen Aufgaben und wie gesagt: Wir haben unsere Schlussfolgerung gezogen, was wir damit machen wollen, anfangen wollen, aber es ist jetzt nicht lebensbestimmend sage ich mal. (SL-GS-06) Wie diese Aussage zeigt, ändert sich die Verfahrenswahrnehmung im Anschluss an die Durchführung des Verfahrens und die Rückmeldung der Ergebnisse, die Einschätzungen werden relativiert. Das Verfahren verliert entweder an Bedeutsamkeit, weil es seine Bedrohlichkeit und Unbestimmtheit dadurch verloren hat, dass es erlebt wurde, oder es werden nützliche Funktionen der externen Evaluation hervorgehoben, die vorher durch Kontrollzuschreibungen teilweise überlagert wurden, wie das Beispiel einer anderen Schulleitung zeigt: Im Nachhinein muss ich sagen, ist das wirklich bei weitem nicht so schlimm wie man es vermutet. Ich denke auch, das bringt schon vorwärts. Es gibt zwar manche Dinge, wo man sagt: na ja ob das nun so das realistische Bild wiedergibt, das ist vielleicht überlegenswert oder das zweifle ich an, aber im Großen und Ganzen denk ich, das ist ein Verfahren was man aushalten kann und was eben auch für die Schule doch Anstöße bringt in verschiedene Richtungen zur Schulentwicklung. (SL-GS-03) Positionierung zu Handlungsangeboten: Bewertungen der Ergebnisse erfolgen hinsichtlich Wahrheit und Nützlichkeit Die Auswertung der Daten zeigte, dass die befragten Schulleitungen die Ergebnisse auf ihren Wahrheitsgehalt hin befragen. Wahrheit bzw. Gültigkeit der Ergebnisse als Kriterium der Gütebeurteilung besitzt große Relevanz im Umgang mit den Berichten, weil die Ergebnisse eine externe bzw. fremde Beobachtung von Schule anbieten. Dieser Außensicht wird Wissenschaftlichkeit zugeschrieben. Die Fremdbeobachtung kann als eine Beobachtung zweiter Ordnung 7 angesehen 7 Wissenschaftlichen Erkenntnissen wird in einigen sozialwissenschaftlichen Theorien der Status einer Beobachtung zweiter Ordnung zugeschrieben (vgl. Nassehi und Saake, 2002). Da die Ergebnisse der externen Evaluation im Referenzsystem Wissenschaft verortet werden, kann die Zuweisung einer Beobachtung zweiter Ordnung analog getroffen werden. 34 Ergebnisse der RuN-Studie

33 werden und suggeriert aufgrund der methodologischen Grundannahmen quantitativer Sozialforschung einen objektiven Durchgriff auf die Wahrheit der Dinge (vgl. Nassehi und Saake, 2002). Gleichzeitig erscheint den beobachtenden schulischen Akteurinnen und Akteuren die eigene Beobachtung (erster Ordnung) der Welt als sehr real und durch sie beeinflussbar. Konfligieren diese Beobachtungen erster und zweiter Ordnung, so müssen sie in der Rezeption der Ergebnisse mit diesem Konflikt umgehen. Eine Möglichkeit dies zu tun, ist, die im wissenschaftlichen Diskurs um gute Forschung gängigen Argumente auf die externe Evaluation anzuwenden. Entlang der Gütekriterien quantitativer empirischer Sozialforschung (vgl. Diekmann, 2010) erfolgt die Gültigkeitsprüfung der Ergebnisse durch die Befragten (vgl. truth test bei Weiss und Bucuvalas, 1980). Die befragten Akteurinnen und Akteure können sich anhand dieser Prüfung zu den Handlungsangeboten der externen Evaluation positionieren, sie z. B. zurückweisen oder ihnen Bedeutsamkeit zu verleihen. Zum Gütekriterium Objektivität Wie bereits beschrieben, wird das Verfahren der externen Evaluation von den Befragten als stark an die Person des Evaluators bzw. der Evaluatorin gebunden wahrgenommen. Die Rolle, die diesen zugeschrieben wird, hat einen Einfluss auf die Akzeptanz von Verfahren und Ergebnissen sowie auf die Zuschreibung von Gültigkeit an die Ergebnisse. Dies betrifft in erster Linie die Unterrichtsbeobachtung, welche eine prominente Stellung innerhalb der Diskussion um die Güte der Ergebnisse einnimmt. Als Kernaufgabe von Schule wird dem Unterricht eine hohe Bedeutsamkeit in der externen Begutachtung zugeschrieben. Weiterhin ist die Unterrichtsbeobachtung der Verfahrensbestandteil, bei welchem die Evaluationsteams vor Ort präsent sind und das Verfahren als solches für die schulischen Akteurinnen und Akteure sichtbar wird. 8 Bezüglich der Objektivität der Ergebnisse lässt sich anhand der Befragtenaussagen zwischen vermeidbaren und unvermeidbaren Verzerrungen der Ergebnisse durch die Evaluationsteams unterscheiden. Unvermeidbare Verzerrungen betreffen die Subjektivität jeglichen menschlichen Urteilens als solche, die auch nicht durch hohe Standardisierung in den Erhebungsinstrumenten zu beheben ist. Diese Pseudo-Objektivität in den Bewertungen (O-Ton eines befragten Schulleiters) wird normalisiert als etwas, das für den Lehrberuf typisch sei, und als unumgängliches, zu akzeptierendes Übel dargestellt. Auch die gegenseitigen Abgleiche der Beobachtungen unter den Evaluatorinnen und Evaluatoren können aus Sicht der Schulleitungen dieser Subjektivität nicht entgegenwirken. Dagegen sind vermeidbare Verzerrungen an die Zuschreibung von Expertise an die Evaluationsteams und deren Verhalten an der Schule gebunden. Da den Evaluatorinnen und Evaluatoren als schulfremden Personen der Einblick in schulspezifische Routinen und Arbeitsbedingungen fehlt, der für eine gültige Beurteilung nötig wäre, kompensiert die wahrgenommene Expertise bezüglich Schule und Unterricht die Berechtigung, ein Urteil über die Schule zu fällen. Die Expertise der Evaluatorinnen und Evaluatoren ergibt sich einerseits aus ihrer Berufserfahrung in der Beurteilung von Unterricht im Rahmen ihrer bis dato praktizierten Evaluierungstätigkeit, andererseits aus der Berufserfahrung als Lehrerinnen und Lehrer. In einigen Fällen ist die Zuschreibung von Expertenschaft in der Beobachtung des Unterrichts an die Spezifik der Schulart gebunden, in der die Evaluatorinnen und Evaluatoren als Lehrende zuvor tätig waren. Dies wird in einigen Fällen als besonders günstig, in anderen Fällen als besonders ungünstig für eine adäquate Beurteilung des Unterrichts diskutiert. Beispielsweise stellen die Schulleitungen in den Interviews in Frage, ob Evaluatorinnen und Evaluatoren, die als Lehrende für Grundschule gearbeitet haben, ein adäquates Urteil über die spezifische Didaktik in einem Gymnasium fällen können. Wenn man auch immer sagt, man hat ganz konkrete Indikatoren, hab ich nach wie vor den Eindruck und ich glaube, der ist auch durch die Evaluatoren selbst bestätigt [worden], dass es auch immer einen subjektiven Faktor gibt. Der kommt umso stärker zum Tragen, je weniger derjenige tatsächlich durchdringen kann, ob zum Beispiel die gewählten Formen sachgerecht angewendet wurden. Also das soll jetzt nicht überheblich klingen, aber wenn ich einen Leistungskurs Physik habe und dann sitzt eine Grundschullehrerin drin und beurteilt diesen Unterricht, da kann sie ein Häkchen machen, ob die nun in Gruppen arbeiten oder nicht. Und dann wenn die Schüler in Gruppen arbeiten ist es toll, weil jetzt grade mal eben Gruppenunterricht besonders toll gesehen wird ich überhöhe bewusst ein bisschen, aber ob das sinnvoll ist in 8 Als weitere mögliche Erklärung kann die wahrgenommene Handlungsmächtigkeit der schulischen Akteurinnen und Akteure herangezogen werden. Es lässt sich bei den Befragungen davon ausgehen, dass die Aussagen der Beteiligten unverändert aufgenommen und ausgewertet werden, während die Beobachtungsdaten zwangsläufig durch den Wahrnehmungsfilter der schulfremden Evaluationsteams gehen müssen. Schulleitungen im Prozess der externen Evaluation 35

34 dieser Sequenz einen Gruppenunterricht zu machen, ist eine andere Frage. Und damit hat also auch dieses Verfahren interne Schwächen. (SL-GY-06) Neben der Zuschreibung von Subjektivität an das Urteil der begutachtenden Evaluatorinnen und Evaluatoren wird hier ein weiterer, die Gültigkeit der externen Evaluation betreffender Aspekt formuliert, nämlich dass sie Trends bzw. aktuelle Diskurse misst, die nicht zeitstabil sind, die sich regelmäßig ändern und die nicht auf die wahre Qualität des Unterrichts schlussfolgern lassen ( weil jetzt gerade Gruppenarbeit besonders toll gesehen wird ). Eine kritische Positionierung zur kriterialen Bezugsnorm, die den Bewertungen zugrunde liegt und von Seiten der Bildungspolitik festgelegt wurde, wird deutlich. Diese Erzählung verweist auf eine Diskussion um das Gütekriterium Validität in der Beurteilung durch die Evaluationsteams, das nachfolgend näher beschrieben wird. Zum Gütekriterium Validität Validität bezeichnet die Gültigkeit von Aussagen bzw. Schlussfolgerungen, d. h., inwiefern das gemessen wurde, was gemessen werden sollte. Es ist das am häufigsten und am umfassendsten diskutierte Gütekriterium. Mit dem Verweis auf Validität ist der Anspruch verbunden, die Evaluationsergebnisse mögen eine realitätsgetreue Abbildung der Schule darstellen. Der Abgleich der Ergebnisse mit der Realität wird vor allem entlang der wahrgenommenen Konsistenz von Fremdbeobachtung und Selbstbeobachtung der eigenen Schule vorgenommen. In vielen Fällen lässt sich ein hohes Vertrauen in die Güte der Ergebnisse der externen Evaluation ausmachen. Gründe für die Zuschreibung hohen Wahrheitsgehalts sind u. a. die folgenden: Die Ergebnisse entsprechen dem eigenen Bild der Schule vollständig oder zum großen Teil (Validierung des Blicks von außen durch den eigenen Blick von innen; vgl. SBI, 2010b). Die Schule hat eine gute Rückmeldung erhalten und die Ergebnisse stellen somit keine Gefahr für die Schule dar, es gibt mithin wenig Grund, die Ergebnisse zu beanstanden. Die Befragten haben nur wenig Wissen über empirische Sozialforschung und vertrauen auf die Wissenschaftlichkeit (Neutralität, Systematik) der Messung und Auswertung von Daten und auf die Kompetenz der Evaluatorinnen und Evaluatoren, das richtige Ergebnis gefunden zu haben. Die Befragten haben sich (noch) nicht intensiv mit den Ergebnisberichten auseinandergesetzt und geben den Daten eine Art Vorschussvertrauen. Die Ergebnisse sind der Schulleitung für bestimmte Operationen, z. B. die Durchsetzung länger geplanter Vorhaben, nützlich und werden deshalb als wahr inszeniert (Abschnitt 5.1.1, S. 27, zur Instrumentalisierung der Ergebnisse durch die Schul leitung). Neben der Überprüfung, ob die Ergebnisse konsistent zur eigenen Wahrnehmung sind, befragen die Schulleitungen den Evaluationsbericht und damit die Ergebnisse auf interne Konsistenz innerhalb des Dokuments. Kommt es dort zu Widersprüchen, erschwert sich die Deutung der Ergebnisse für die Schulleitungen. Die schulischen Akteurinnen und Akteure wissen nicht, welchem der konfligierenden Ergebnisse sie Gültigkeit zuschreiben sollen. Die Validitätsprüfung entlang der eigenen Wahrnehmung bzw. des Blicks von innen wird hier umso bedeutsamer. Häufiger als eine komplette Validierung der Ergebnisse lassen sich Formen der teilweisen Delegitimierung der Ergebnisse ausmachen. Vor allem diejenigen Ergebnisse werden kritisch diskutiert, in denen die Selbstkonstitution der Schule angegriffen wird. Wenn beispielsweise eine Schulleitung die eigene Schule als engagiert im Umgang mit Heterogenität bei Schülerinnen und Schülern versteht und die Binnendifferenzierung im Evaluationsbericht als schlecht bewertet angezeigt wird, kommt es zu Abwertungen der Ergebnisse. Ähnlich verhält es sich, wenn schlechte Bewertungen in der externen Evaluation die Arbeit der Schulleitung direkt betreffen, wie im Falle des Fortbildungskonzepts: Also, wenn Sie sich jetzt den Evaluationsbericht angucken, sehen Sie natürlich, dass keiner unserer Eltern gegen die Schule geschossen hat, dass die Kinder mit der Schule im Wesentlichen zufrieden waren, so. Und dann gucken Sie rein und sagen: Ok, das und das und das ist da drin, so. Und natürlich ist die Frage jetzt ganz einfach, die Fortbildungskonzeption ist eben einfach eine Sache, wo ich sage: Was will man jetzt eigentlich? Es hätte sich gehört, dass man in der Lage gewesen wäre, aus dem Schulprogramm, wo die ganzen statistischen Daten zur Schule aufgeführt sind und man sieht, dass die Schule weit gekommen ist [in ihrer Entwicklung bzw. Profilbildung], hätte eigentlich der kluge Gedanke gehört: Die müssen 36 Ergebnisse der RuN-Studie

35 verdammt nochmal eine nachhaltige Fortbildung gehabt haben. So und wenn man jemand ist, der sich damit beschäftigt, ärgert einen das, sag ich Ihnen mal so, dass die das nicht gesehen haben. (SL-MS-01) Die Textstelle zeigt, dass der Schulleiter die Bewertung des Fortbildungskonzepts zurückweist und der starren Standardisierung des Evaluationsverfahrens die Schuld an der Bewertung gibt. Die Evaluationsteams, die sich den strengen Verfahrensregeln beugen, können oder dürfen die Unzulänglichkeit standardisierter Auswertung nicht durch einen klugen Gedanken unterminieren und bleiben dem Formalismus des Verfahrens verhaftet zum Nachteil der Schule. Der Schulleiter wirft die Frage auf, was man mit einem solchen Vorgehen in der externen Evaluation erreichen wolle, und verweist auf die Konstrukteurinnen und Konstrukteure bzw. Auftraggeberinnen und Auftraggeber des Verfahrens, deren Absichten nicht klar erkennbar werden. Zwar wurden das Verfahren und seine Ergebnisse als Entwicklungsanreiz seitens des Sächsischen Bildungsinstituts kommuniziert, doch für den Schulleiter scheint es verdeckte Nebenzielsetzungen zu geben, die eines standardisierten Vorgehens bedürfen. Anders kann er sich nicht erklären, weshalb sich die Evaluationsteams in ihren Bewertungen dem Offensichtlichen verwehren, dass nämlich die Fortbildungskonzeption wirksam ist, auch wenn die Fortbildungsdokumente diese Interpretation nicht zulassen. Er selbst hat Erfahrungen mit interner Evaluation gesammelt, weshalb er sich als jemand, der sich damit beschäftigt, also als jemand, der eine gewisse Expertise in der Evaluierung von Schulen erworben hat, bezeichnen kann. Vor diesem Hintergrund kann er der Evaluation ihre Entwicklungsorientierung für die Einzelschule absprechen. Als Alternative schlägt er an anderer Stelle im Interview ein eher qualitatives Vorgehen zur Bewertung von Schulqualität vor: Was hier passiert ist, ist folgendes: Man kam hierher, hat also diese Gesprächsrunde geführt. Ich wollte Unterlagen übergeben, die umfassender waren als die, die man haben wollte. Diese wollte man nicht haben. Begründung: Man wollte nicht beeinflusst werden. Halte ich für grundsätzlich falsch. Bietet jemand Dokumente an, hab ich die erstmal als externe Evaluation anzunehmen, ja? Weil möglicherweise hat derjenige ja in den anderen Dokumenten was stehen. Nächste Sache war, man hat verlangt, dass man einen eigenen Raum kriegt. Also, man setzt sich nicht auf dieselbe Stufe wie Lehrer, sondern man verlangt einen eigenen Raum zum Arbeiten. Für mich eigentlich eine Sache, wo ich sage: Selbst wenn [eine große Studie] gekommen wäre, hätte ich selbst diese Leute gebeten, doch bei uns im Lehrerzimmer mit den Kollegen Kaffee zu trinken, weil was da passiert ist Kommunikation. Die sollen Schulqualität beobachten, ja? Wie kann ich Schulqualität beobachten, wenn ich in der Pause nicht im Lehrerzimmer bin? Und stattdessen sage: Ich schotte mich ab, ich will von nichts beeinflusst werden, ich will mit niemandem reden, ja? Das war der zweite Punkt, wo ich gesagt hab: Was wollen die jetzt eigentlich von uns? (SL-MS-01) Aus Sicht des Schulleiters fußt die ideale externe Evaluation auf einer hohen Involviertheit der Evaluatorinnen und Evaluatoren als Forschungssubjekte an der Schule für die Zeit des Schulbesuchs: Man soll sich der Schule distanzlos nähern, um die wahren täglichen Handlungen kennen zu lernen, die von den Präskriptionen diverser Erhebungsbögen unabhängig sind. Es wird ähnlich wie in qualitativen Ansätzen, z. B. in der Ethnografie, der Wunsch nach Verstehen schulischer Zusammenhänge durch Begleitung und durch ein Einlassen auf die jeweilige Schulkultur, anstatt eines standardisierten Messens, artikuliert. An dieser Stelle zeigt sich eine Dialektik in der Diskussion um die Güte der Ergebnisse, denn für andere Schulleitungen ist das systematische Vorgehen in der Datenerhebung und -auswertung und das neutrale, Externalität inszenierende Verhalten der Evaluationsteams geradezu Voraussetzung für die Zuschreibung von Wahrheit an die Ergebnisse. Die Fremdheit der Evaluatorinnen und Evaluatoren und ihr Nichtwissen bezüglich der einzelnen schulischen Subkulturen ist also einerseits Qualitätsmerkmal, andererseits wird es als Schwäche des Verfahrens wahrgenommen. Beide Argumentationen erinnern an bekannte wissenschaftliche Auseinandersetzungen um den Wert quantitativer und qualitativer Zugänge zur Wirklichkeit (vgl. Nassehi und Saake, 2002). Der Streit um die richtige Methodik zur Abbildung schulischer Qualität lässt sich auch hier nicht auflösen. Weitere Kritiken, die die Gegenstandsangemessenheit des Vorgehens in der externen Evaluation thematisieren, verweisen auf Argumente des Diskurses quantitativer Sozialforschung. In Frage gestellt werden (a) die generelle Untersuchbarkeit der Qualität von Unterricht und Schule sowie (b) die Passung von zu untersuchenden Indikatoren und Erhebungsinstrumenten. Beispielsweise wird argumentiert, dass die Binnendifferenzierung eher von den Evaluationsteams bewertet werden könne als von den befragten Eltern. Zudem wird die Konzeption der Evaluation als Querschnittserhebung kritisiert. Schulleitungen im Prozess der externen Evaluation 37

36 Das Verfahren, welches vom SBI als eine Rückmeldung des Ist-Standes zur Schulqualität kommuniziert wird, wird als Blitzlicht oder Momentaufnahme (Zitate von Schulleitungen) wahrgenommen, das aufgrund der kurzen Erhebungszeit die kontinuierliche Arbeit der Schule kaum realistisch abzubilden vermag. Mangelhafte Repräsentativität wird jedoch nicht nur der Auswahl und dem Umfang der Unterrichtsbeobachtung zugesprochen, sondern auch der Auswahl der Befragten für die Fragebogenerhebung. Interviewerin: Ok, was würden Sie sich denn mit dem Blick auf die nächste Evaluation wünschen, das besser gemacht werden kann? Schulleiterin: Die Fragebögen nicht nur in den drei Klassenstufen am Gymnasium ausgeben. Obwohl das für mich eigentlich von der Teilnahme her ziemlich ausreichend ist, aber es ist schon so: die in der Mitte, ne?, Die neunte Klasse, das ist schon eine, die schon kritisch genug ist und außen vor blieb. Also Klasse sechs, zehn und zwölf Zwölf hat zu sehr mit Abgang zu tun, die elfte Klasse ist da schon besser eigentlich, die will noch was. Aber gut, das müsste man wirklich betrachten, da stecke ich nicht so im System, aber anders machen. (SL-GY-01) Auch wurde von einigen Schulleitungen moniert, dass die Erhebungsinstrumente nicht zielgruppengerecht formuliert seien, was wiederum zu Verzerrungen in den Ergebnissen führe. Hierzu ein Beispiel: Die Eltern stehen also fast hundertprozentig hinter der Schule und finden das auch ganz toll, was hier läuft und wollen s nicht anders haben und da war aber unter anderem eine Frage drin [in den Elternfragebögen]: Haben sie bemerkt, dass fächerübergreifender oder fächerverbindender, weiß ich jetzt nicht genau, wie die Frage war, stattfindet und da haben die Eltern gesagt: Nein, irgendwie. Aber weil ihnen niemand erklärt hat, was es ist, ne? Und da wurde das und da haben sie dann rumgeeiert und da hat dann eine Mutter gesagt: Na, das wird doch bei uns aber gemacht und dann hat die Beispiele aufgezeigt und das wurde aber als negativ ausgelegt, weil die eben dieses Wort nicht kannten. (SL-GS-05) Zum Gütekriterium Reliabilität Reliabilität beschreibt den Ausschluss von Zufallsfehlern in statistischen Datenauswertungen, d. h., die intraindividuelle Varianz sollte gering gehalten werden. Einige Schulleitungen thematisieren eine Verletzung des Reliabilitätskriteriums in der Unterrichtsbeobachtung vor allem durch Einfluss der Tagesform (Zitat einiger Schulleitungen) von Lehrenden und Schülerinnen und Schülern auf den Unterricht, der beobachtet wird. Dies meint die zufällige, nicht systematische Beeinflussung des gezeigten Verhaltens, z. B. durch die Dauer des Schlafes, der momentanen Emotionalität u. Ä. Diese Zufallseffekte ließen sich den Aussagen der Schulleitungen zufolge umgehen, indem entweder der Umfang der Stichprobe erhöht wird oder die Beurteilenden sich ein Insiderwissen über die Schule aneignen. Zentrales Argument der Schulleitungen ist in diesem Zusammenhang das Problem, als außenstehende Person bei der Bewertung auf die singuläre Performanz angewiesen zu sein, die die Beobachteten gerade an den Besuchstagen zeigen. Weiterhin merkten die Schulleitungen an, dass schuljahreszeitliche Effekte berücksichtigt werden sollten. So wird von einigen Schulleitungen berichtet, dass es bezüglich der Unterrichtsgestaltung einen Unterschied mache, ob die Evaluation zu Beginn des Schuljahres durchgeführt werde oder kurz vor den Weihnachtsferien, da Schülerinnen und Schüler und Lehrende zu verschiedenen Messzeitpunkten unterschiedliche Lern- bzw. Lehrmotivationen aufweisen würden Positionierung zu Handlungsangeboten: Umgang mit dem Bericht und den Ergebnissen Die Ergebnisse der externen Evaluation sind schriftsprachliche Mitteilungen und können angelehnt an Michel Foucaults Diskurstheorie als seriöse Sprechakte verstanden werden (vgl. Dreyfus und Rabinow, 1994). Seriös sind sie insofern, als der Sprecher der Mitteilung keine Person des täglichen Lebens ist, sondern eine Institution, namentlich das Sächsische Bildungsinstitut. Es ist den schulischen Akteurinnen und Akteuren deshalb kaum möglich, auf den Sprechakt nicht zu reagieren, den die Ergebnisse der Evaluation darstellen. Im Anschluss an die Sprechakttheorie von John L. Austin beinhaltet eine Mitteilung meist nicht nur eine lokutionäre (den Inhalt der Mitteilung betreffende), sondern auch eine illokutionäre Komponente. Unter dem illokutionären Akt versteht man die mit der Mitteilung einhergehende Handlung z. B. mitteilen, drohen, erinnern die die adressierte Person ihrerseits zum Handeln anregen kann (vgl. Austin, 1972). Ein Sprechakt, der gleichsam ein Handeln vollzieht bzw. ein Handeln anregt, wird als performativ bezeichnet. In der 38 Ergebnisse der RuN-Studie

37 Auswertung der Ergebnisse ist aufgefallen, dass der mit den Ergebnissen verbundene illokutionäre Akt als Aufforderung zum Handeln verstanden wurde. Gleichsam wird mit der Benennung eine Tatsache geschaffen, die durch diese Benennung erst existieren kann. Der Sprechakt, der mit der Rückmeldung der Ergebnisse durch den Bericht vollzogen wird, ist demnach als performativ zu bezeichnen, sofern mit ihm Handlungen eingefordert werden und einhergehen (vgl. Austin, 1972; Rose und Koller, 2012). Ein Beispiel hatte ich bereits an anderer Stelle diskutiert, an der es um die Konstitution guter/erfolgreicher und schlechter/erfolgloser Schulen ging, die nur zustande kommen kann, weil die Ergebnisse der externen Evaluation den jeweiligen Schulen Erfolg bzw. Misserfolg zusprechen (Abschnitt 5.1.1, S. 27). Werden die Sprechakte als diskursives Angebot von Bedeutungen an die Schulen verstanden, so müssen sich die Schulleitungen zu den Sprechangeboten positionieren, d. h., sie können aus den Deutungsangeboten wählen. Es kommt im Zuge der Auseinandersetzung zu Bedeutungszuschreibungen (z. B. in Form des Thematisierens und des Ignorierens von Ergebnissen), Bedeutungsverschiebungen bzw. Umdeutungen. Am folgenden Beispiel soll dies aufgezeigt werden: Machen wir uns nichts vor: Wenn in diesen Evaluationen drin steht, die Prüfungsergebnisse sind rötlich, da kann ich mich auf den Kopf stellen, kann zappeln wie ich will, ich habe die Schüler nicht. [ ] Also da können wir nun methodisch-didaktisch arbeiten wie wir wollen, es ist einfach jetzt eine andere Schüler charge, die heranwächst. Natürlich bin ich nicht zufrieden mit den Ergebnissen, die sind immer ein Zehntel schlechter als im Raum X und im Raum Y. (SL-GY-07) Diese Aussage zeigt erneut, dass es besonders im Umgang mit negativen Ergebnissen zu Externalisierungen von Ursachen kommt. Die Schulen fühlen sich in gewissen Aspekten, die von der Rückmeldung betroffen sind, als nicht handlungsmächtig genug, um gegen die strukturellen Behinderungen erfolgreichen Arbeitens anzugehen, selbst wenn sie sich bemühen. Die Situiertheit der Schule innerhalb eines Abhängigkeitsverhältnisses gegenüber Bildungspolitik und Bildungsverwaltung, Klientel von Schülerinnen und Schülern, Elternschaft und geografischer Verortung 9 führt dazu, dass Schulen Ergebnisse ablehnen können, indem sie auf die Unveränderlichkeit der Situation sowie auf die Verantwortlichkeit der anderen Institutionen für die Veränderung der Evaluationsergebnisse verweisen. In Erzählungen der befragten Schulleitungen wird eine Heteronomie in Bezug auf die Bildungspolitik und -verwaltung sehr häufig explizit herausgestellt, vor allem hinsichtlich der Auswahl von Lehrpersonal und des Umgangs mit Lehrerinnen und Lehrern, deren Arbeit nicht als erfolgreich gilt. Der Leidensdruck der Schulleitungen bezüglich jenes Lehrpersonals, das ein Risiko für die Schulqualität darstellt und dem gegenüber Schulleitungen sich als ohnmächtig erleben, erscheint sehr hoch. In der Thematisierung von Heteronomie ergibt sich die Möglichkeit, zumindest einen Teil der Ergebnisse zurückzuweisen und in der Weiterarbeit nicht beachten zu müssen. Besonders auffällig erscheint in der ausgewählten Textstelle allerdings die Bedeutungsverschiebung von Ergebnissen, die der Schulleiter vornahm. Das Rötliche der Prüfungsergebnisse ergibt sich dem Evaluationsbericht zufolge aus der Differenz von Prüfungsvorleistung und Prüfungsergebnis, nicht aus dem Vergleich der Prüfungsnoten mit dem Landesdurchschnitt wie es von der Schulleitung offenbar verstanden wurde. Es wäre meines Erachtens nicht ausreichend, dies als den Effekt oberflächlicher Auseinandersetzung mit den Ergebnissen zu interpretieren. Vielmehr deutet die Textstelle darauf hin, dass die Intensität der Auseinandersetzung mit den Ergebnissen weniger relevant ist als die Einordnung der Ergebnisse in die Wissensbestände des Schulleiters, mit der den Ergebnissen Sinnhaftigkeit zugeschrieben wird. Diese Sinnzuweisung ist kontingent (Kapitel 5.6, S. 79; vgl. Esser, 1999). Da die Ergebnisse für den Schulleiter auf diese Weise kongruent mit seinen bisherigen Erfahrungen erscheinen, ist eine weitergehende Aneignung der Ergebnisse eventuell nicht notwendig. 10 Anhand des symbolischen Farbcodes Rot, der auf ein schlechtes Ergebnis referiert, und der Zuordnung der Farbe zum Kriterium Prüfungsergebnisse sucht der Schulleiter die subjektive Hypothese zu bestätigen, dass seine Schule gegenüber anderen Schulen systematisch benachteiligt ist. Dies kann als Strategie verstanden werden, mit der Fülle von Informationen umzugehen, sie auf ein für die Akteurinnen und Akteure ausreichendes Maß einzugrenzen und handhabbar zu machen. Weiterhin verdeutlicht der Schulleiter auf diese Weise, dass er sich durch das Urteil der Evaluationsteams angesprochen fühlt und dass er die mit der Darstellung der Ergebnisse als rötlich einhergehende Handlungsaufforderung wahrgenommen hat. Die Umdeutung (z. B. in der falschen Zitierung der Ergebnisse; vgl. Rose 9 In der Auswertung stellte sich heraus, dass der Ort, an dem sich die Schule befindet, für die befragten Schulleitungen bedeutsam ist. So ist es vor allem hinsichtlich der existentiell wichtigen Anmeldezahlen ein Unterschied, ob die Schule in einer Großstadt oder im ländlichen Raum mit anderen Schulen in Konkurrenz tritt. 10 Die Auseinandersetzung mit Gegenständen vor dem Hintergrund der eigenen Wissensbestände ist als Sinnzuschreibung, als Interpretation, zu bezeichnen. Schulleitungen im Prozess der externen Evaluation 39

38 und Koller, 2012) bringt eine Widerständigkeit gegen diese Handlungsaufforderung hervor, in der auf die Externalisierung von Zuständigkeit verwiesen wird, die sich erst aus der Umdeutung heraus ergeben kann. Über die Farbcodierung der Ergebnisse hinaus kann die Darstellung der Ergebnisse, die anhand statistischer Operationen gewonnen wurden, weiterhin Schwierigkeiten in der Aneignung der Ergebnisse durch die Akteurinnen und Akteure bereiten. Die Aggregation, welche einerseits Freiräume für (differierende) Deutungen ermöglicht, kann diese Deutungen gleichsam behindern. Mit der Aggregation geht eine zunehmende Ungenauigkeit einher. Bisher war den Schulen vermutlich eher eine Rückmeldung auf Einzelfallebene bekannt, doch nun geht der Einzelfall, z. B. die einzelne Unterrichtsstunde, in der Aggregierung auf und die bzw. der einzelne schulische Akteurin bzw. Akteur kann aus den Daten keine Rückschlüsse auf die eigene Arbeit ziehen. Vielmehr müssen die Ergebnisse auf kollektiver Ebene verhandelt werden. Auch sind in den Evaluationsberichten nicht die jeweiligen Streuungen um den Mittelwert dargestellt, so dass sich kaum nachvollziehen lässt, zu welchem Anteil welches Ergebnis auf das jeweilige Gesamtkriterium in der Qualitätsbeurteilung eingewirkt hat. Einfacher zu rezipieren scheint dagegen das Kapitel 3 der Berichte, in welchem wesentliche Essenzen aus den Gruppengesprächen in Textform abgebildet sind. Dies lässt sich aus der häufigen positiven Hervorhebung dieses Kapitels durch die Schulleitungen schlussfolgern. Die dort referierten Aussagen der schulischen Akteurinnen und Akteure (d. h. der Lehrenden, Eltern und Schülerinnen und Schüler) sind konkrete Phänomene und bilden eine Individualität von Schule ab, die aus den statistischen Daten schwer herauszulesen ist. Zudem werden diese Ergebnisse als detaillierter und zusammenhängender beschrieben. Auch kann die Anonymität des Verfahrens an dieser Stelle hintergangen werden, wie das folgende Beispiel zeigt: Ich war zufrieden mit dem Gesamtergebnis. Da habe ich mich drüber gefreut und ich sage mal so, es gibt ja einen Posten, der heißt die schwachen und die starken Seiten der Schule und das ist hauptsächlich aus diesen Gesprächsrunden genommen. Hier gibt es für mich nicht so viele Überraschungen. Wenn die mich das vorher hätten aufschreiben lassen, wäre wahrscheinlich dasselbe rausgekommen beziehungsweise es gibt einige Dinge, wo ich sage, das ist nicht ganz richtig. Es gibt so einige Dinge da kann ich, wie ich vorhin andeutete, da könnte ich den Namen [der Personen, die die Äußerungen tätigten] dahinter schreiben. Da bin ich mir hundertprozentig sicher, dass das stimmt. (SL-GY-09) Rezeptionen der Berichte In den Auswertungen der Interviews ergab sich, dass die Rezeption der Ergebnispräsentation einen Einfluss auf die Aneignung der Berichte hat. Mitunter wird die Berichtsaneignung durch die Präsentation vorweggenommen. In einigen Interviews wurde beispielsweise berichtet, dass die Präsentation der Ergebnisse erst nachwirken (O-Ton) müsse, bevor man sich den Berichten zuwenden wolle. Das Lesen des Berichtes wurde auf einen späteren Zeitpunkt verlagert, weil die Präsentation zunächst einen ausreichend informativen Überblick über die Ergebnisse liefert. Andere Schulleitungen fühlen sich gerade durch die Präsentation inspiriert, die Berichte möglichst bald zu lesen, um tiefergehende Informationen zu erhalten. Auch gaben Schulleitungen an, sich im Bericht gezielt über Ergebnisse informiert zu haben, die in der Präsentation angerissen wurden. Die Präsentation dient den Aussagen der Schulleitungen zufolge weiterhin als Vorentlastung des Berichtes insofern, als von den Evaluatorinnen und Evaluatoren erläutert wird, wie die Berichtsergebnisse zu lesen seien. Einige Ergebnisse sind nicht selbstredend, sondern nur aufgrund der Einordnung in den Erhebungs- und Auswertungszusammenhang zu verstehen. Beispielsweise meinen mehrere Schulleitungen, dass die Größe der Stichprobe und andere Informationen notwendig seien, um die Ergebnisse einordnen zu können. Werden die entsprechenden Hintergrundinformationen zum Lesen des Berichts nicht vermittelt, steigt aus Sicht der Schulleitungen die Gefahr von Fehldeutungen besonders bei Personen, die nicht sehr stark in die Schule involviert sind. Diese Fehldeutungen können der Schule nachteilig ausgelegt werden. So ist auch die folgende Aussage einer Schulleiterin zu verstehen: Ein paar Dinge, bei denen es dann mich ein bisschen ärgert, dass das ja im Prinzip in so einem Bericht nicht nochmal hinterfragt ist. Das bleibt eben dann so stehen. Also zum Beispiel: zu wenig Beteiligung des Personalrates. Beteiligung wobei, an welchen Stellen, welche Beispiele gibt es da? Das wird ja dort nicht hinterfragt. Es liest sich Wenn ich Ihnen das jetzt vorlese, dann sagen Sie: die Schulleitung arbeitet nicht mit dem Personalrat zusammen. (SL-GY-09) Dieses Zitat schließt an das vorhergehende Zitat an, in welchem die Schulleiterin beklagt, dass es im Kapitel einige Dinge gibt, die nicht richtig seien. Die Falschdarstellungen werden als Gefahr für die Reputation der Schulleitung wahrgenommen, denn die Ergebnisse werden zu einer objektivierten Tatsache allein dadurch, dass sie schriftlich fixiert und dem Entstehungszusammenhang enthoben sind. Für einen Außenstehenden, der den Bericht liest, muss es nun den Anschein 40 Ergebnisse der RuN-Studie

39 haben, dass die Schulleitung ihren Aufgaben nicht nachkommt. Für die Schulleitungen stellt die Rezeption der Ergebnisse weniger ein Problem dar, denn sie verfügen über schulspezifisches Organisationswissen, um die Indexikalität 11 der Ergebnisse bei deren Interpretation zu berücksichtigen. Im Interview inszenieren sich die befragten Schulleitungen häufig als diejenigen, die den Bericht am intensivsten studieren. Gleichzeitig können sie auf diese Weise zwischen sich und anderen schulischen Akteurinnen und Akteuren differenzieren, denen nur ein oberflächliches Lesen des Berichts zugeschrieben wird, wie z. B. den Eltern (siehe hierzu die Ergebnisse des Zwischenberichts). Die spezifische Darstellung der Ergebnisse z. B. der anspruchsvolle sprachliche Duktus des Evaluationsberichts, die Ausführlichkeit der Darstellung der Ergebnisse usw. wird hier als Grund für die reduktionistische Lektüre der Eltern herangezogen. Schulleitungen scheinen weiterhin eine Erwartungshaltung an ihre berufliche Rolle zu antizipieren, dass sie sich besonders gut mit den Ergebnissen auskennen müssen. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Ich habe den Bericht noch nicht wirklich konzentriert, wie man ein Buch liest, von der ersten Seite bis zur letzten gelesen. Das hab ich noch nicht gemacht. Das werde ich aber spätestens machen müssen, denn wir haben, ich habe gerade eine Einladung geschrieben für eine Elterninformationsveranstaltung, die wir gemeinsam mit dem Elternrat machen wollen. Dort muss ich logischerweise firm sein in allen Punkten. Also bis zu diesem Termin muss ich ihn spätestens gelesen haben, das ist ganz klar. (SL-GY-05) Der zitierte Schulleiter thematisiert hier, dass er die zuständige Person für Rückfragen und Erklärungen qua seiner Schulleiterrolle ist und demnach das Lesen des Berichts eine Pflicht für ihn darstellt. Zum Interviewzeitpunkt hatten die Schulleitungen den Bericht entweder vollständig, in Auszügen oder diagonal gelesen (Kapitel 5.2, S. 45), betonten aber im Falle des nicht vollständigen Lesens, dies bald nachzuholen. Rezipiert werden, wie sich in der Auswertung zeigte, vor allem die eher negativen Qualitätsurteile sowie die Zusammenfassung der Ergebnisse in Text- und Tabellenform und das dritte Kapitel (vgl. Drinck et al. 2011). Insofern ist die farbliche Codierung der Ergebnisse bedeutsam, da sie eine schnelle Orientierung innerhalb der Qualitätsurteile gewährleistet. Gleichsam verweist die Rezeption der vornehmlich negativen Ergebnisrückmeldungen auf die hohe normative Kraft, die mit der farblich codierten Darstellung einhergeht. Rote bzw. orange Farburteile wirken besonders handlungsauffordernd, wie bereits an anderer Stelle beispielhaft verdeutlicht wurde. Verbreitung der Ergebnisse und Berichte Die Veröffentlichung der Berichte und Ergebnisse ist für die Schulleitungen brisant, da sie aufgrund ihrer Indexikalität in für die Schule nachteiliger Weise gedeutet werden können, von Personen, die weniger stark in die schulische Arbeit involviert sind und die nicht über die Besonderheiten der Datenerhebung und -auswertung in der externen Evaluation aufgeklärt wurden. Für die Verbreitungsstrategien der Berichte und Ergebnisse erscheint dies als grundlegend. Keine der Schulleitungen, mit denen Interviews geführt wurden, hat Bericht und Ergebnisse einer großen Öffentlichkeit vollständig preisgegeben oder plant dies zu tun. Vielmehr scheint die Veröffentlichung mit strategischem Kalkül der Nutzenmaximierung für die Schule bzw. für die Schulleitung verbunden zu sein. Schulleitungen fühlen sich qua ihrer Rollenzuschreibung als in besonderer Weise durch die Ergebnisdarstellung adressiert, worüber ihre Kontrollmacht über die Verbreitung legitimiert werden kann. Das folgende Beispiel soll dies verdeutlichen: Der Lehrer ist nicht derjenige, der noch hier das [die gesamte Schule betreffende Aktivitäten] strategisch konzeptionell durchdenken muss. Er kann durchdenken: was mache ich mit meiner Klasse, wo will ich da hin? Aber das ist nicht ein Job der Lehrer [zeigt auf den Bericht] und das ist auch kein Material für die Lehrer. Nicht, dass man das jetzt verheimlicht, aber das ist doch nicht für die Lehrer von praktischem Interesse. Also, das ist jetzt meine Meinung dazu, davon geh ich aus. [ ] Man muss [als Schulleiter] oder man sollte ja das und man kann das immer wieder zielgerichtet verwenden. Und sich auch in den Fachkonferenzbereichen, in denen dann einer sagt: Also guckt euch mal hier diesen Bereich besonders an. Und das ist eigentlich das, womit sich der Schulleiter auseinandersetzen sollte, erstmal, und wo er mit Kollegen das immer wieder abspricht und die Information sollte natürlich sein, aber wenn ich ihnen das hinlege, dann sagen die Lehrer: Du hast wohl einen Knall. (SL-MS-08) 11 Mit Indexikalität ist gemeint, dass die Ergebnisse nur aus einem bestimmten Kontext heraus richtig verstanden werden können und nicht aus sich selbst heraus. Schulleitungen im Prozess der externen Evaluation 41

40 In diesem Zitat zeigt sich eine distinktive Praxis der Schulleitung: Sie antizipiert den Nutzen des Berichts für ihr Kollegium als gering, da dieses sich kaum mit organisationaler Arbeit, die über die Ebene des Unterrichts hinausgeht, beschäftigt und die Ergebnisse für es kaum von praktischem Interesse seien. Als Gründe werden an späterer Stelle im Interview mangelnde Zeit und eine hohe Arbeitsbelastung angeführt. Die reine Zuschreibung mangelnder Nützlichkeit der Ergebnisse für das Kollegium bedingt eine Veröffentlichungspraxis, die als gelenkte inhaltliche Reduktion zu beschreiben ist: Die Kollegen, so zeigte die Auswertung des Interviews, werden lediglich im Rahmen der Schulkonferenz über die Ergebnisse informiert, während die Fachkonferenzleiter eine Zusammenfassung der Ergebnisse erhalten. Umso mehr nimmt der Schulleiter sich selbst als vom Bericht der externen Evaluation angerufen wahr, die konzeptionelle Arbeit zu übernehmen womit er rechtfertigen kann, dass auch nur er den vollständigen Bericht kennt. Zudem weiß er, dass es die ihm zugeschriebene Aufgabe ist, in regelmäßigen Abständen die Auseinandersetzung mit den Ergebnissen zu forcieren. Die vom Schulleiter gewählte Formulierung man muss oder man sollte und man kann das immer wieder zielgerichtet verwenden deutet erneut auf die Performativität der Ergebnisse hin: Mit ihrer Rückmeldung an die Schulen ist auch eine Aufforderung verbunden, die Ergebnisse für die strategisch konzeptionelle Weiterentwicklung der Schule zu verwenden. Auch aus den bisher diskutierten Zitaten von Schulleitungsinterviews lässt sich herauslesen, dass die Schulleitung einen Einfluss auf die Verbreitung der Ergebnisse und Berichte hat. Sie kann entscheiden, wem welche Ergebnisse zugänglich sind. Je nach Veröffentlichungspolitik ist der Adressatenkreis größer oder eingeschränkter. Die Ergebnisse werden demnach als Medium der Inklusion und Exklusion von Schulleitungen genutzt, wobei die Schulleitung durch ihre Entscheidungen bestimmte Personen mit den Evaluationsberichten versorgt und damit als für die Schule bedeutsam markiert. Dies betrifft nicht nur die generelle Distribution der Ergebnisse, sondern auch den Umfang und die Ausführlichkeit, mit der dies geschieht. Beispielhaft soll die Erzählung einer Schulleiterin referiert werden, bei der die Kontrolle der Verbreitung der Berichte durch die Schulleitung deutlich wird: Interviewerin: Ok, wie ging das denn mit den Berichten nach der Präsentation weiter? Schulleiterin: Die Berichte wurden mir ausgehändigt. Also es gibt drei Berichte in Papierform. Der eine Bericht ging ans Amt und die anderen beiden Berichte habe ich bekommen und kann also darüber entscheiden, wem ich sie gebe und wem ich sie nicht gebe. Das sind die vollständigen Berichte. Dann gibt es die Präsentation, die also mehr in der oberen Ebene ist, und nur in einigen Teilen in die Tiefe geht, die habe ich digital bekommen. Aber auch den Bericht habe ich nochmal digital. Sodass ich also auch jeder Zeit bestimmte Dinge auswerten kann. Achso, die Präsentation ist auf unserem Schulserver. Also für die Lehrer erstmal nur, im Lehrerordner frei zugänglich und das andere machen wir im neuen Schuljahr. Also wie gesagt dem Elternrat und Schülerrat wird das auch nochmal vorgestellt. [ ] Die [Berichte] werde ich auf jeden Fall der erweiterten Schulleitung auch in Gänze geben, aber auch meine Stellvertreterin hatte im Moment noch keinen Nerv, sich da hinein zu vertiefen. Und ja, wen ich nicht beteiligt habe und auch nicht eingeladen habe war der Schulträger. Das war ja optional und ich denke der Schulträger ist da zu wenig involviert in die Dinge, die sich wirklich im Internen abspielen und es ist auch für den Schulträger eigentlich nicht so maßgeblich. Ja, aber die erweiterte Schulleitung sind also die Stellvertreterin, der Oberstufenberater und die beiden Fachleiter. (SL-GY-09) Am Beispiel kann aufgezeigt werden, wie Öffentlichkeit einschränkt wird. Die Ergebnisse mit größerem Detaillierungsgrad werden nur einem sehr kleinen Personenkreis preisgegeben, der mit der Schulleitung assoziiert ist und der auch zum internen Kreis der Schule gehört, nämlich der erweiterten Schulleitung. Den Lehrenden ist es nicht möglich, die vollständigen Berichte einzusehen, da die Schulleitung zum Interviewzeitpunkt noch nicht entschieden hat, was mit diesen passieren soll. Den Lehrkräften wird lediglich die Power-Point-Präsentation zur Verfügung gestellt. Wie Eltern sowie Schülerinnen und Schüler von den Ergebnissen Kenntnis erlangen, kann die Schulleiterin noch nicht genau benennen. In der Formulierung wird aber deutlich, dass es von Seiten der Schule eine Präsentation geben wird, das heißt, anders als bei den Lehrenden wird die Auseinandersetzung mit den Ergebnissen nicht dem Selbststudium der einzelnen Personen überlassen, sondern organisiert und kontrolliert gestaltet. Eltern sowie Schülerinnen und Schüler, so ergeben die Auswertungen aller Interviews, erscheinen als für die Schulen wichtige Akteurinnen und Akteure, die entscheidend zur Existenz und zu den Arbeitsbedingungen der Schule beitragen. Sie werden demnach in der Verbreitung der Ergebnisse meist mitbedacht, haben aber nur sehr selten einen uneingeschränkten Zugriff auf die Berichte und somit auf die Ergebnisse. Es lässt sich von Seiten der Schulleitungen nicht ausschließen, dass die Eltern einen falschen Eindruck bekommen, diesen kolportieren und somit das öffentliche Bild der Schule beschädigen. Auch dies kann als Veröffentlichungspolitik der gelenkten inhaltlichen Reduktion verstanden werden (Kapitel 5.2, S. 45). 42 Ergebnisse der RuN-Studie

41 Verbunden mit den Veröffentlichungspolitiken sind zudem strategische Nutzungsabsichten seitens der Schulleitungen. Die Nutzung der Ergebnisse zur Öffentlichkeitsarbeit der Schule wurden bereits beschrieben. Einige Schulleitungen äußerten, dass sie einen Teil der Ergebnisse über die Presse öffentlich zugänglich machten. In der Analyse dieser Presseartikel zeigte sich, dass dort nur stark reduzierte Aussagen aus den Berichten Eingang fanden. Auch erfolgt die Verbreitung der Ergebnisse strategisch hinsichtlich der Akteurinnen und Akteure, die für die Weiterarbeit als zuständig erklärt werden. Im Beispiel auf Seite 41 erklärt der Schulleiter (SL-MS-08), dass er seinem Kollegium nicht den vollständigen Bericht übergibt, da dieses ohnehin nur auf die den Unterricht betreffenden Aktivitäten fokussiert sei. Die Fachkonferenzleiter erhalten eine Ergebniszusammenfassung, da sie innerhalb ihrer Gremien mit den Ergebnissen weiterarbeiten sollen. Der Schulleiter wiederum, der sich als zuständig für die strategisch-konzeptionelle Arbeit wahrnimmt, kann den gesamten Bericht einsehen. Diese strategischen Nutzungsabsichten können als exemplarisch für weitere Interviews gelten. Nachfolgend sollen die Nutzungsthematisierungen der Schulleitungen ausführlicher erläutert werden. Nutzungsthematisierungen Aus den Erzählungen der befragten Schulleitungen zu Nutzungsabsichten und den bereits begonnenen und durchgeführten Handlungen kann nicht auf die tatsächlich stattgefundenen Verhaltensweisen geschlossen werden. Hierfür hätten sich andere Untersuchungsmethoden eher angeboten. Vielmehr soll es um die mit den Nutzungen verbundenen Strategien gehen, die in den Erzählungen artikuliert werden. Aufgrund der Performativität der Ergebnisse können die Schulleitungen die mit der externen Evaluation verbundenen Handlungsaufforderungen kaum ausschlagen, so dass sich in den Interviewerzählungen zumeist eine Absichtserklärung der Schulleitungen zeigt, die Ergebnisse in der schulischen Arbeit zu verwenden. Zum Zeitpunkt der Interviews, etwa zwei bis acht Wochen nach Berichtsübergabe, wurden über diese Absichtserklärungen hinaus nur selten Nutzungen der Ergebnisse thematisiert. In den Narrationen der Schulleitungen weisen diese sich auch bezüglich der Weiterarbeit mit den Berichten eine hervorgehobene Stellung zu. Sie können z. B. bestimmen (in jedem Falle aber mitbestimmen), welche Arbeitsschwerpunkte aus den Ergebnissen für die Weiterarbeit ausgewählt werden. In der Auswahl dieser Schwerpunkte wird zumeist auf die negativen Ergebnisse der externen Evaluation referiert. Dies ist als Hinweis darauf zu verstehen, dass sich aus negativen Rückmeldungen einfache Schlussfolgerungen für das Handeln ableiten lassen. Positive Ergebnisse stellen die Schulen nicht nur vor die Herausforderung, aus ihnen Anregungen für die Weiterarbeit abzuleiten, sie können darüber hinaus auch Druck gegenüber der Schule aufbauen. So berichtete eine Schulleiterin, dass, gerade weil die Ergebnisse so gut seien, der Erwartungsdruck von Seiten der Eltern steige, in der schulischen Arbeit auch weiterhin so gute Ergebnisse zu erzielen. Die Eltern lassen sich der Schulleiterin zufolge von den guten Leistungen der Schule verwöhnen, welche über den Bericht vermittelt werden. Die Auswahl von Arbeitsschwerpunkten erfolgt jedoch nicht ausschließlich hinsichtlich negativer Qualitätsurteile, die im Bericht abgebildet sind. Auch andere Kriterien erhöhen die Wahrscheinlich für gewisse Themen, als Arbeitsschwerpunkte ausgewählt zu werden. Zum einen ist dies die zugeschriebene Bedeutsamkeit eines Themas, d. h., als wie wichtig die Schulleitung das Qualitätskriterium im Hinblick auf ihre Schule empfindet. Zum anderen geben die Schulleitungen an, Ergebnisse bearbeiten zu wollen, die sich ohne viel Aufwand in der Schulpraxis verändern lassen. Auch Arbeitsschwerpunkte, die ohnehin in Planung sind oder bereits begonnen worden durchzuführen, werden an die Ergebnisse der externen Evaluation geknüpft. So bestätigen die Ergebnisse die bereits vollzogene Auswahl eines Arbeitsschwerpunktes und können gegenüber dem Kollegium als Rechtfertigung für Schulleitungsentscheidungen kommuniziert werden. Beispielsweise berichten einige Schulleitungen davon, dass sie die Ergebnisse der externen Evaluation zum Anlass nehmen, um das Schulprogramm zu überarbeiten, da dies nach einigen Jahren des Bestehens nun ohnehin notwendig sei. Hier zeigt sich eine Verknüpfung der Evaluationsergebnisse mit anderen neuen Steuerungsinstrumenten der Qualitätsentwicklung auf Einzelschulebene, z. B. mit der Schulprogrammarbeit. Einige Schulleitungen berichten, dass sie vorhaben, die Weiterarbeit mit den Ergebnissen innerhalb institutioneller Strukturen zu verorten. So sollen bestehende Gremien, die thematisch zu ähnlichen Dingen bereits gearbeitet haben wie beispielsweise die Arbeitsgruppe zur Schulprogrammarbeit, Steuergruppen, Fachschaften, Elternräte etc., mit der Weiterarbeit betraut werden. Seltener scheinen bestehende Organisationsstrukturen eigens für die Nutzung der Ergebnisse verändert zu werden. Schulen, die die Möglichkeit haben, sich für ein Qualitätsmanagement-Projekt für Schulen zu bewerben, sehen darin eine Möglichkeit, die Auseinandersetzung mit den Evaluationsergebnissen institutionell zu verankern, wie dieses Beispiel zeigt: Schulleitungen im Prozess der externen Evaluation 43

42 Interviewerin: Und was wären Ihrer Meinung nach jetzt die nächsten Schritte, die man machen müsste? Schulleiter: Ja, wir hatten jetzt eine Gesamtlehrerkonferenz, da haben wir das noch mal angesprochen, [ ] nun gab es eine Diskussion und dann kam zum Glück diese Möglichkeit der Bildung dieser QM-Teams, wo ich gesagt habe: Hier, Leute, das wär s eigentlich, dass das nicht in die Schublade kommt, sonst haben wir auch keine Zeit. Jetzt geht das Abi los, jetzt haben wir gar nicht die Zeit, das sehe ich ja ein, Schwerpunkte zu setzen, aber irgendwann. (SL-GY-07) In diesem Zitat referiert der Schulleiter einige Themen, die sich auch in den Erzählungen anderer Schulleitungen erkennen lassen, nämlich die eben beschriebene Verankerung der Weiterarbeit mit den Ergebnissen in eigens hierfür zuständigen Gremien, das Wissen darum, dass die Ergebnisse nicht völlig bedeutungslos sein dürfen, indem sie in die Schublade kommen und dort nicht mehr beachtet werden, und dass der Zeitpunkt der Rückmeldung bedeutsam ist. Kurz vor Beginn der Prüfungen und gegen Schuljahresende, so berichten die Schulleitungen, wird mit der Planung und Umsetzung von Maßnahmen, die an die Ergebnisse anschließen, nicht mehr begonnen. Die Weiterarbeit wird nach irgendwann verlagert auf einen Zeitpunkt, an dem Planungen ohnehin regelmäßig durchgeführt werden, wie z. B. die Schuljahresplanung in der Vorbereitungswoche eines neuen Schuljahres. In vielen Erzählungen der Schulleitungen bleibt ein genaues Bearbeitungsdatum jedoch unbestimmt. Es wird verwiesen auf andere Aufgaben, die zunächst zu bewältigen seien, bevor man sich mit dem Bericht beschäftigen könne. Vor allem die Sicherung des Unterrichts und die damit verbundene Personalzuweisung wird demgegenüber als vorrangig benannt. Während die Weiterarbeit mit den Ergebnissen aufgeschoben wird, wie es einige Schulleitungen beschreiben, wenden sich Schulleitungen wieder dem Tagesgeschäft, also den routinemäßig zu erledigenden Aufgaben, zu, die sich nur kurzzeitig durch die externe Evaluation irritieren ließen. Dies kann die Weiterarbeit mit den Ergebnissen negativ beeinflussen. Interviewerin: Wie ging das denn dann weiter mit dem Bericht an ihrer Schule? Schulleiterin: Wir haben das bekommen, haben es ausgewertet in der Dienstberatung, wir haben gesagt, wir lassen es erst mal setzen, sind zum Tagesgeschäft übergegangen, einige Kollegen haben sich das Heft geborgt, der Personalrat zum Beispiel, und dann wie gesagt [ ] die Steuergruppen, haben also dieses Papier als Grundlage genommen und haben überlegt, wo können wir den Fokus drauf legen. Und das nächste wird also sein, die Zielvereinbarung offiziell vor allem zu erarbeiten. Ansonsten ist das der normale Alltag geht ja weiter, also wir sitzen da nicht pausenlos drüber, das können wir uns nicht leisten. (SL-MS-09) Die Schulleitung beschreibt den normalen Alltag der schulischen Arbeit als prioritär, vor dem die Auseinandersetzung mit den Ergebnissen zur Aufgabe wird, die man sich den Ressourcen entsprechend leisten können muss. Aufgrund der hohen Beanspruchung durch die täglichen schulischen Routinen, muss der Umgang mit den Ergebnissen in Form von Gremienarbeit abgesichert werden. Auch die Vorbereitung auf die Zielvereinbarung, der sich die Schulleitung nicht entziehen kann, stellt eine Möglichkeit dar, die Weiterarbeit mit den Ergebnissen an der Schule zu forcieren (Kapitel 5.4, S. 59; Kapitel 5.5, S. 65) Zwischenfazit Zusammenfassend ergaben sich in der Analyse der Interviews mit den Schulleitungen Bedeutungserweiterungen und -verschiebungen in Bezug auf den Terminus externe Evaluation sowie Funktionalisierungen des Berichts bzw. der Ergebnisse seitens der Schulen. Weiterhin zeigt sich ein kritischer Umgang mit den Ergebnissen in Folge von Veridiktions- und Nützlichkeitsprüfungen seitens der Befragten, die sowohl in affirmativer als auch ablehnender Haltung zum Ausdruck kommen. Vornehmlich wird dabei auf ökonomische und sozialwissenschaftliche Diskurse referiert, insofern z. B. die Datenerhebung und -auswertung in der externen Evaluation von den Befragten auf Gütekriterien quantitativer empirischer Sozialforschung hin befragt werden. Gleichsam kann die Rezeption und Nutzung von Evaluationsergebnissen als eine Auseinandersetzung mit dem neoliberalen Paradox aus permanenter Herstellung von Handlungsfreiheit und regulierender Freiheitsbegrenzung durch institutionelle Regierungspraxen gedeutet werden (vgl. Foucault, 2004). 44 Ergebnisse der RuN-Studie

43 Ein weiterer Einsatzpunkt der Interviewaussagen ist das Aufrufen von und Positionieren zu Normen des Pädagogischen, die anhand der Evaluationsergebnisse diskursiv vermittelt werden. In diesem Sinne können die Evaluationsergebnisse als performative Anrufung an schulische Akteure verstanden, in deren Folge die Angerufenen subjektiviert werden, beispielsweise als Managerinnen und Manager sowie Gestaltungsverantwortliche ihrer Schule (hier werden Bezüge zur Figur des Homo oeconomicus bzw. zum unternehmerischen Selbst erkennbar; vgl. Bröckling, 2007). Rezeption, Verbreitung und weiterer Umgang mit den Ergebnissen folgt demnach auch den strategischen Spieleinsätzen der Schulleitungen. An einigen Schulen lässt sich beispielsweise eine Konstituierung von Akteuren als zum inneren Kreis der Schule gehörend entlang der Verbreitungspraxen herausstellen, die von den Schulleitungen verantwortet werden. Gleichzeitig nutzen die Schulleitungen die Berichte u. a., um sich anhand der mit ihrem Rollenverständnis einhergehenden besonderen Zuständigkeit für schulische Belange, als diejenigen Personen hervorzubringen, die sich besonders intensiv mit der Qualität ihrer Schule beschäftigen und die Ergebnisse entsprechend intensiv rezipieren. Rezeption und Umgang mit den Berichten lassen sich demnach auch vor dem Hintergrund von organisationaler Ordnungsbildung und -aufrechterhaltung deuten. 5.2 Steuer- und Kontaktgruppen im Prozess der externen Evaluation Kathleen Herzog Mit dem externen Schulbesuchsverfahren wird der Schule eine entwicklungsstützende Bewertung (SBI, 2010a, S. 3) zurückgemeldet, mit deren Hilfe sie ihre schulische Arbeit entwickeln soll. Um die Prozesse und Ergebnisse schulischer Arbeit zu verbessern, müssen einzelschulische Ziele vor dem Hintergrund der schulspezifischen Bedingungen formuliert werden. Diese Zielformulierungen sollten von allen Akteurinnen und Akteuren der Schulgemeinschaft Lehrkräfte, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler getragen werden (SMK, o. J.). Daher müssen auch alle Beteiligten die Möglichkeit haben, sich die Ergebnisse der externen Evaluation anzueignen, um sich anschließend mit diesen auseinandersetzen zu können. Diese Prozesse werden im vorliegenden Kapitel dargestellt, das folgende inhaltliche Schwerpunkte setzt und vorstellt: Verbreitung der Ergebnisse, Rezeption der Evaluationsdaten, Umgang mit den Ergebnissen und Einstellung zum Verfahren sowie Nutzungsabsichten Verbreitung Die Verbreitung der Ergebnisse der externen Evaluation innerhalb der Schule umfasst die nachfolgenden Kategorien: Ort, Medium und Kontrolle durch die Schulleitung. Der Ort, an dem die Berichtsergebnisse verbreitet werden, kann in die Subkategorien Veröffentlichungen, Elternabende oder Elternratssitzungen, Schulkonferenz, Dienstberatung und Auswertungstermin im Rahmen des externen Schulbesuchsverfahrens unterteilt werden. Innerhalb dieser Kategorien dominiert der für die schulischen Akteurinnen und Akteure zugänglich gemachte Auswertungstermin, an dem die Berichtsergebnisse einerseits überblicksartig präsentiert werden, andererseits in ausgewählten Ausschnitten detaillierte Informationen liefern. Schulen berichten, dass der Auswertungstermin für die einzelnen Vertreterinnen und Vertreter der Eltern- sowie der Schülerschaft oder für die gesamte Schulgemeinschaft, bestehend aus Lehrkräften, Eltern sowie Schülerinnen und Schülern, zugänglich ist. Den Aussagen der Schulen ist gemeinsam, dass alle Lehrkräfte der Schule am Auswertungstermin teilnehmen konnten. Neben dem Auswertungstermin wird die Schulkonferenz verwendet, um die Berichtsergebnisse noch einmal schwerpunktmäßig vorzustellen, damit auch die Eltern, die jetzt nicht unbedingt bei unserer Auswertung dabei waren, wenigstens auch mal einen Gesamtüberblick bekommen (SL-GS-02). Diese Verbreitung wird von allen Schulen damit begründet, die Eltern zu informieren. Für die Lehrkräfte wird häufig ausschließlich oder zusätzlich zum Auswertungstermin eine Dienstberatung zur Verbreitung der Ergebnisse genutzt. Hierbei wird gern die vom SBI zur Verfügung gestellte Powerpoint genutzt, wie eine Lehrerin schildert: [ ] und dann gab es für Lehrer nochmal die Dienstberatung, wo wir Lehrer mit dem Schulleiter zusammen nochmal alles, Folie für Folie, Frage für Frage, Kategorie für Kategorie, durchgegangen sind. (L-MS-01) Steuer- und Kontaktgruppen im Prozess der externen Evaluation 45

44 Ebenfalls werden Elternabende oder Elternratssitzungen genutzt, um die Berichtsergebnisse den Eltern zugänglich zu machen: Wir haben es jetzt von der Klasse her für den Elternabend versucht, mal den Eltern, die nicht so unmittelbar einbezogen werden, zu beteiligen, aber ich weiß nicht, wie andere das so handhaben, dass es vielleicht auch ein bisschen mehr publik wird. (E-GS-01) Ebenso können Ergebnisse des Berichts verbreitet werden, indem diese veröffentlicht werden. Nur wenige Schulen arbeiten damit. Eine Grundschule veröffentlichte ihre Ergebnisse im Amtsblatt und eine Mittelschule druckte Flyer mit dem Gesamturteil. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer anderer Schulen informieren, dass ihre Ergebnisse im Schulgebäude veröffentlicht und dafür die Seiten mit dem Gesamtüberblick aus dem Bericht verwendet werden. Die Aussagen der Schulen verdeutlichen, dass verschiedene Medien genutzt werden, um die Berichtsergebnisse zu verbreiten. Die Informationsqualität der verbreiteten Ergebnisse ist abhängig vom Medium der Verbreitung. Die Kategorie Medien unterteilt sich in folgende Subkategorien: digitaler Bericht, ausgedruckter Bericht, Teile/Auszüge des Berichts und PPT-Berichtspräsentation. Der digitale Bericht wird überwiegend den Lehrkräften zur Verfügung gestellt, wofür oft das Schulnetzwerk genutzt wird: Wir haben ein Intranet und dort liegt das für jeden Kollegen zugriffsbereit. (L-MS-05) Ebenso stellen zwei Gymnasien den digitalen Bericht den Lehrkräften, Eltern sowie Schülerinnen und Schülern zur Verfügung. Der ausgedruckte Bericht wird häufig im Lehrerzimmer ausgelegt, wodurch die Lehrkräfte der Schule die Möglichkeit haben, sich den Bericht anzueignen. In anderen Schulen wird darauf verwiesen, dass der ausgedruckte Bericht den Lehrkräften gegeben wird. Wo und wie, bleibt allerdings unbestimmt. In einigen Diskussionen wird erzählt, den Elternsprecherinnen und -sprechern den Bericht zur Einsicht auszuleihen. Nur in einer Schule ist der ausgedruckte Bericht für alle Akteurinnen und Akteure der Schulgemeinschaft zugänglich, indem dieser in der Schulbibliothek ausliegt. Von anderen Schulen wird der letzte Berichtsteil, also die zusammenfassende Darstellung, als Medium für die Verbreitung genutzt. In einer Mittelschule zum Beispiel erhalten die Lehrkräfte diese Zusammenfassung. In einer anderen Mittelschule berichtet die Schulleitung, dass diese Zusammenfassung die Grundlage für die Auswertung bildet, die in den Fachschaften erfolgt. In wieder anderen Schulen wird eine Zusammenfassung für die Eltern sowie Schülerinnen und Schüler gegeben. Die Zusammenfassung soll diese Akteurinnen und Akteure informieren. Eine Gymnasiallehrerin beschreibt, wie die Schule auf diese Art die Eltern informiert: [ ] und haben dann im Juni Elternabende gemacht, also klassenstufenunabhängig, wo den Eltern der Bericht bzw. die letzte Seite des Berichts, die Tabelle, vorgestellt wurde mit den Ergebnissen. (L-GY-05) Die PPT-Berichtspräsentation stellt ein weiteres Medium zur Verbreitung der Ergebnisse in Schulen dar, indem sie Lehrkräften bzw. allen schulischen Akteurinnen und Akteuren zur Verfügung gestellt wird. Die Verbreitung des Berichts unterliegt in wenigen Schulen der Kontrolle durch die Schulleitung, indem der Bericht nur auf Nachfrage von den Lehrkräften zugänglich gemacht wird: Der liegt bei mir aus und ist für jeden Lehrer zugänglich. Und die Quintessenzen, die Zusammenfassung, habe ich kopiert. (SL-MS-09) Ein Schulleiter einer Mittelschule führt folgende Begründung dafür an: Ich habe dann entschieden, das nicht in der Art zu vervielfältigen, weil man aus Erfahrungen nicht weiß, wie wird das interpretiert, was in dem Bericht drin steht. Jeder, der das lesen möchte, kann das erhalten. Aber ins Netz stelle ich das nicht. Ich habe das im Elternrat kommuniziert, in der Schulkonferenz, also im Überblick [ ] mehr ist da ja auch nicht zu machen. (SL-MS-02) Die Rollenträger entscheiden allein über die Verbreitung und die dafür genutzten Medien, ohne mit Lehrkräften, Eltern, Schülerinnen und Schülern dieses Vorgehen zu besprechen. In den Beschreibungen sind es vor allem Lehrkräfte, die 46 Ergebnisse der RuN-Studie

45 über die Ergebnisse informiert werden. Hierin wird deutlich, dass schulische Qualitätsentwicklung aus Sicht schulischer Akteurinnen und Akteure in den Aufgabenbereich der Lehrkräfte einzuordnen ist. Eltern sowie Schülerinnen und Schüler werden in der Regel nicht direkt informiert, sondern ihre Vertretungen werden unterrichtet. Es bleibt unklar, ob und wie diese dann wiederum weiter informieren. Auch bezüglich der Medien haben Lehrkräfte mehr Möglichkeiten, über die Ergebnisse zu erfahren, als die breite Schulgemeinschaft. Der Einbezug aller schulischen Akteurinnen und Akteure in die Verbreitung der Ergebnisse ist gering. Hinzu kommt die Handhabung der Schulen, diese mit zusammenfassenden Darstellungen, hier mit dem letzten Berichtsteil, zu unterrichten. Mit der fehlenden Verbreitung der Berichtsergebnisse ist auch die Unmöglichkeit verbunden, dass Eltern sowie Schülerinnen und Schüler sich tiefgründig damit auseinandersetzen können, was wiederum Voraussetzung für die Teilnahme an schulischen Entwicklungsprozessen wäre Rezeption Die Aneignung der Berichte erfolgt sehr unterschiedlich und lässt sich in nachfolgende Kategorien unterteilen: kein Lesen des Berichts, selektives Lesen, Durchlesen, schneller Überblick und Lesen durch Schulleitung. Nur zwei Schulen machen Aussagen dazu, den Bericht nicht zu lesen. Ein Lehrer einer Grundschule begründet dies, wie folgt: Es kommt unwahrscheinlich viel auf uns am Anfang des Schuljahres zu. Es mit den Schülern alles einzurichten, der Elternabend kommt dann, dann kommen die ersten Arbeiten und dann sind da schon die Herbstferien und dann habe ich das ehrlich gesagt vergessen, dass ich da reinschauen wollte. Das gebe ich ehrlich zu und dann werde ich es wahrscheinlich auch in dem Schuljahr nicht mehr machen. (L-GS-10) Viele Schulen haben sich den Bericht durch selektives Lesen angeeignet. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer stellen zum einen dar, den Bericht nach interessierenden Aspekten zum Teil gelesen zu haben: [ ] also nach dieser Einführung konnte man den Bericht relativ einfach lesen. Da gab es die Tabellenform, da konnte man sich erst Mal einen Überblick verschaffen und wenn man es etwas ausführlicher wollte, war es nochmal in Wortform. Man konnte sich schon hineinversetzen, also man konnte das Wesentliche rauslesen. (L-MS-03) Zum anderen wird nach negativen Bewertungen innerhalb des Berichts gelesen. Ebenso äußern einige Schulen, dass das Rückmeldeformat nicht für alle schulischen Akteurinnen und Akteure gleichermaßen geeignet ist. So verweisen Eltern und Lehrkräfte darauf, dass für Eltern sowie für Schülerinnen und Schüler eine entsprechende Rückmeldung vom SBI gestaltet und zur Verfügung gestellt werden sollte, damit die wesentlichen Ergebnisse verständlich und adressatenorientiert vermittelt werden können. An einigen Schulen wird auch beschrieben, wie der Bericht oft aufgrund von Zeitmangel durchgeblättert wird, um einen schnellen Überblick über die Evaluationsergebnisse zu erhalten: /M/Und haben Sie denn den Bericht schon mal gelesen?/bwl/also eigentlich, denken wir, schon./awl/ich habe mal durchgeblättert, ja./bwl/wir haben mal durchgeblättert. (L-GS-04) Der Bericht wird in seinem vollen Umfang von sehr wenigen Schulen durchgelesen und oft in Verbindung damit gebracht, den Bericht nicht nur durchgeblättert bzw. überflogen zu haben: Und im Gegensatz zu meinen Vorrednern habe ich mir das Ding wirklich genau durchgelesen und habe mich gefragt, wie kommt es zustande. (L-MS-06) Das Lesen des Berichts wird in den Aussagen der Schulen vornehmlich als eine Aufgabe der Schulleitung betrachtet und geht zum Teil damit einher, den Bericht auch als erste Person der Schulgemeinschaft zu lesen: Also wie gesagt, ich hatte als Erstes das ja gelesen und ich musste mich ja auch damit beschäftigen, das habe ich auch gleich zeitnah gemacht. (SL-MS-03) Steuer- und Kontaktgruppen im Prozess der externen Evaluation 47

46 Ebenso wird von den anderen schulischen Akteurinnen und Akteuren das Lesen als eine Aufgabe an die Schulleitung herangetragen. Gleichzeitig schirmen sich insbesondere Lehrkräfte vor dieser Aufgabe ab und führen Zeitmängel und den zu umfangreichen Bericht als Begründungen dafür an, Berichte lediglich überblicksartig zu lesen Umgang mit den Ergebnissen Nach den Aussagen der Schulen werden die rückgemeldeten Ergebnisse resultierend aus der Evaluation unterschiedlich reflektiert. Grundsätzlich kann unterschieden werden zwischen einer Ergebnisübereinstimmung und Differenzen zur eigenen Wahrnehmung. Weiter erfolgen Externalisierungen der Ergebnisursachen. Viele Schulen beschreiben, dass ihre eigenen Wahrnehmungen über die schulischen Stärken und Schwächen sowie ihre Erfahrungen mit den Ergebnissen der Evaluation übereinstimmen. Eine Grundschullehrerin beschreibt die Übereinstimmung ihrer Einschätzungen, wie folgt: Und ich kann jetzt nur von mir ausgehen, weil ich ja nur weiß, was ich angekreuzt habe. Die Schwachpunkte, die dann ausgewertet worden sind, waren auch so, hatte ich dann auch so angekreuzt. Natürlich auch die vielen Stärken, worüber wir uns sehr gefreut haben. Es war auch so. Also es war auch etwa in dem Schema, wie ich es auch angekreuzt habe. Was ich erlebt habe oder auch immer die Schule erlebe. (L-GS-09) Andere Schulen führen an, dass die Ergebnisse der externen Evaluation mit den Ergebnissen der internen Evaluation übereinstimmen. Hierbei wird sich auf Schwerpunkte bezogen, da die interne Evaluation nicht so umfassend ist, wie ein Lehrer schildert: Mir fällt noch ein, es sind 30 Fragen in den Fragebögen, die waren immer zweigeteilt. Der Schüler wird zum Beispiel gefragt, motiviert dich der Lehrer von 1 ja bis 6 gar nicht und dann von 1 bis 4, ist mir wichtig, ist mir völlig egal. Und diese Ergebnisse halt dann, jeder Schüler hat einen Lehrer gezogen, bei dem er Unterricht hat, anonym halt. Sie wussten praktisch nur für sich und da sind wir dann eigentlich, soweit wir das gesehen haben, doch auf dem Punkt, was jetzt auch hier drinnen steht, also die Arbeit mit den Schülern, ist eigentlich mehrheitlich positiv bewertet worden, sowohl von den Schülern in der internen als auch in der externen Evaluation. (SL-MS-01) Einige Schulen schildern, dass es Differenzen zur Wahrnehmung schulischer Qualität gibt. Zum einen sind die Schulen positiv überrascht über die Ergebnisse, da sie sich selbst schlechter eingeschätzt hätten: Ich denke, wir waren alle angenehm überrascht über die Einschätzung. Also ich hätte das [-]. Also mir gefällt die Schule hier und wie gesagt, ich kenne viele, aber dass das so ausfällt, hätte, glaube ich, keiner erwartet. (L-GS-03) Zum anderen schätzen sich Schulen in bestimmten Bereichen selbst positiver ein. Eine andere Schule bemängelt, im Bereich der internen Evaluation zu positiv eingeschätzt worden zu sein, weil nach Einschätzung der Schule nie so tiefgründig evaluiert wurde, wie es die externe Evaluation im Qualitätsurteil bescheinigt. An einer anderen Schule schildert eine Lehrkraft eindrucksvoll, dass eins unserer Mankos, was im Übrigen auch überhaupt nicht erkannt worden ist, ist, dass wir schon über viele, viele Jahre uns schwer tun, miteinander zu reden (vgl. L-MS-06L). Die Reflexion der Evaluationsergebnisse umfasst auch die Ursachenerklärungen, die externalisiert werden. Die Ursachen werden unterschiedlich externalisiert. Das Kursangebot einer Schule ist beispielsweise an Vorgaben der Sächsischen Bildungsagentur gebunden und somit nicht von der Schule beeinflussbar, wie eine Lehrerin darlegt: Vielleicht auch noch, was uns negativ angekreidet wurde, das Thema Neigungskurse. Auch ein Thema, wo wir eigentlich gar keinen Einfluss drauf haben. Wir bieten an, wir suchen nach Möglichkeiten, die Lehrer engagieren sich und wir bieten fünf oder sechs Neigungskurse an, aber aufgrund der Schülerzahlen und das ist nun mal, also die 16 steht [ ] da sind uns die Hände gebunden. (L-MS-03) 48 Ergebnisse der RuN-Studie

47 In ihren Aussagen kritisieren Schulen auch, dass die Räumlichkeiten der Schule vom Schulträger zu verantworten sind. Andere Schulen beklagen das Fortbildungskonzept, das ein negatives Qualitätsurteil erhielt, obwohl zum Erhebungszeitpunkt keine klaren Anforderungen an dieses Konzept seitens des SBI gestellt wurden. Ebenso werden in den Aussagen der Schulen die negativen Evaluationsbewertungen zu den Aspekten Wiederholer und Schülerinnen und Schüler ohne Schulabschluss externalisiert, weil die Schülerschaft nicht die entsprechenden Leistungen von vornherein mitbringt. Daneben werden in den Äußerungen Ursachen externalisiert, welche die Datenqualität betreffen. So wird von einer stellvertretenden Schulleiterin beschrieben, wie die Aufregung der Schülerinnen und Schüler die Unterrichtsergebnisse beeinflusst: Weil ja doch jemand drinnen saß, den sie eigentlich ja nicht kannten. So bisschen, denke ich, deshalb auch die unterschiedlichen Einschätzungen der Lehrer, wie die Stunden gelaufen sind. Manche Klassen nehmen das so hin, da läuft es ganz normal weiter und manche sind dann doch ein bisschen aufgeregt und wollen es besonders toll machen und da kommen dann Ergebnisse raus, mit denen man nicht gerechnet hat, wenn man so die Stunden vorbereitet. (stsl-gs-07) Auch werden die Ursachen der Ergebnisse in den Fragebögen vermutet, die teilweise schwer verständlich waren bzw. Themenbereiche abfragten, die von den Befragten nicht eingeschätzt werden konnten (vgl. L und SL-GS-02). Diese Ursachenerklärungen tangieren letztlich die Validität der Daten. Auch auf die fehlende Repräsentativität der Erhebung durch die Stichprobenzusammensetzung führen die Schulen die Ergebnisse der Evaluation zurück: Das war vielleicht wirklich Pech, dass in den Stunden überall, sage ich mal, eine Einführungsstunde zum Beispiel war und Stoff vermittelt wurde in allen diesen 30 Hospitationsstunden und dann ist eben keine Differenzierung gewesen und dadurch ist das rot geworden. Also da kann man [ ] denn ansonsten mach wir so viel, dass wir uns eigentlich nicht vorstellen können, dass das so schlecht ist. (L-MS-07) Einstellungen zum Verfahren Das Verfahren der externen Evaluation wird von den Schulen insgesamt sehr unterschiedlich eingeschätzt. Es dominiert jedoch die Entwicklungsperspektive. Das heißt, die Schulen bekommen Rückmeldungen, mit denen sie weiterarbeiten können. Daneben gibt es Schulen, die der Evaluation ihren Nutzen für die Schulentwicklung absprechen. Die Kategorie lässt sich folglich untergliedern in: Ist-Stand, Außenperspektive und kein Nutzen. Schulen bekommen den Ist-Stand ihrer schulischen Qualität im Bericht der Evaluation zurückgemeldet, was von den Schulen positiv eingeschätzt wird, denn das Aufzeigen von Stärken und Schwächen wird als Voraussetzung für schulische Entwicklung verstanden, wie es die Aussagen einer Schulleitung illustrieren: Das allerwichtigste ist für mich bei dieser Evaluation, dass man mal eine genauere Ist-Stand-Analyse bekommen hat; wo stehen wir derzeitig und der zweite Punkt, dass wir Anregungen bekommen haben, wo kann es noch hingehen [.]. Man schwimmt nach einer gewissen Zeit einfach in seinen Fahrwassern und da ist es schon nicht schlecht, wenn mal jemand kommt und sagt, über einen längeren Zeitraum, das geht eben nicht in drei Schritten, und sagt, hier könnte vielleicht noch und da könnte ein bisschen und da könnte ein bisschen also, das ist schon nicht verkehrt. Das sollte man auch nicht immer nur als Kritik sehen, sondern man sollte es vielleicht auch mal als Chance sehen, wie kann man sich selber weiter entwickeln. Nicht bloß das als Kritik sehen. (SL-MS-11) Schulen stellen in ihren Aussagen dar, dass die Einschätzungen der Evaluation meist nicht neu sind und mit den eigenen Einschätzungen übereinstimmen. In den Erzählungen der Schulen wird dennoch deutlich, wie die Evaluation ein Bewusstsein dafür schafft, bestimmte Schwerpunkte zukünftig entwickeln zu wollen: Ich würde noch dazu sagen, zu dem Ergebnis, dass ja ich schon angenehm überrascht war, dass es so relativ gut ausgefallen ist und man hat natürlich gewusst, was man leistet, also wo wir gut sind. Da gab es so zwei, drei Punkte, zum Beispiel Differenzierung im Unterricht und so weiter, dass das ja vielleicht andere Schulen anders machen. Es wurden schon so ein bisschen die Augen geöffnet dafür, weil mir wäre Steuer- und Kontaktgruppen im Prozess der externen Evaluation 49

48 das vorher nie aufgefallen, dass es da ein bisschen, ja, dass man da dran ein bisschen arbeiten könnte. (L-MS-09) Einige Schulen betonen sogar, dass erst die Schulevaluation den entscheidenden Anstoß gibt, an der Qualität der Schule zu arbeiten, wie eine Schulleiterin beispielhaft beschreibt: Man denkt wieder über viele Dinge anders nach, ich denke schon. Ja, man wird erst mal wieder aus seinem Fahrwasser herausgeholt, um da über eine Kursrichtung, äh Kursänderung nachzudenken und ich denke schon, dass das Anstoß für bestimmte, na ja, Veränderungen oder nochmal Aktivitäten sein kann. (SL-GS-03) Viele Schulen schätzen die Evaluation dahingehend positiv ein, dass Personen evaluieren, die nicht in die zu evaluierende Einzelschule eingebunden sind, und verwenden dafür häufig in ihren Aussagen die Begriffe von außen oder Außenperspektive. Die Evaluatorinnen und Evaluatoren können Bereiche einschätzen, die man sich selbst nicht wagt, dem Kollegium zu offenbaren, oder die man allmählich als normal betrachtet. Dies wird oft mit den Worten im eigenen Saft schmoren oder Betriebsblindheit von den Schulen beschrieben, wie nachfolgendes Zitat darlegt: Aber es ist auch gut, wenn man von außen mal gesagt kriegt, weil man wird ja [ ] das ist die sogenannte Betriebsblindheit, man macht das immer wieder, wir versuchen zwar, Veränderungen vorzunehmen, aber bestimmte Dinge sind sicherlich immer wieder gleich. Und wenn man dann jemanden von außen hat, der sagt, also du musst schon mal dort hingucken, da gibt es bei dir Nachholbedarf, dann finde ich das schon in Ordnung. (SL-GS-07) In den Aussagen der Schulen ist grundsätzlich eine entwicklungsorientierte Wahrnehmung festzustellen, d. h. Schulen begreifen die Evaluationsdaten als objektive Rückmeldung. Gleichzeitig bringt die Rückmeldung einen Anstoß zur schulischen Weiterarbeit, vor allem durch die dargestellten Stärken und Schwächen. Demgegenüber äußern einige Schulen, in der Schulevaluation keinen Nutzen zu erkennen, wie nachfolgendes Zitat verdeutlicht: Es bringt eigentlich, um das mal richtig auf den Punkt zu bringen, es bringt eigentlich gar nichts. (L-GY-04) Die Schulen, die in der Gruppendiskussion der Evaluation keinen Nutzen beimessen, heben zum Teil an anderen Stellen in der Diskussion aber auch immer wieder hervor, dass die Evaluation eine Bestätigung für die Schule ist, eine positive Rückmeldung. Insofern sind die folgenden Ausführungen nicht absolut zu betrachten. Daher werden im Anschluss daran die Begründungen der Schulen aufgeführt, weswegen die Evaluation für sie nicht verwendet werden kann. Die Begründungen lassen sich entlang der Äußerungen zu folgenden Subkategorien einteilen: Diskussion über die Kosten- Nutzen-Relation, Lehrkräftemangel in Sachsen, Ergebnisse geben keine Impulse, häufigere Evaluationen und Schulen haben eigene kritische Sichtweise auf ihre Arbeit. Die Schulen fühlen sich durch die Evaluationsergebnisse in ihrer Arbeit bestätigt und fragen gleichzeitig danach, ob die Kosten-Nutzen-Relation, also der Aufwand und die dafür benötigten Gelder, in einem angemessenen Verhältnis zum Gebrauch der Evaluation stehen: Aber insgesamt [ ] ja weiß ich nicht [ ], ob Kosten und Nutzen in einem angemessenen Verhältnis stehen, bin ich mir immer noch nicht ganz sicher. (L-GY-05) Weiter wird in den Aussagen von den Schulen betont, dass der Lehrkräftemangel es in Sachsen erfordert, die durch die Evaluation beanspruchte Arbeitskraft der abgeordneten Lehrkräfte direkter für die Schulen selbst einzusetzen: Und die Kollegen, die das machen, die könnten dann auch wieder eingesetzt werden. Es fehlen doch überall Lehrer. (L-GS-10) Vor dem Hintergrund der Personalpolitik in Sachsen äußern manche Schulen wenig Verständnis für ein solches Verfahren. Die Evaluation und ihr antizipierter Nutzen ist folglich auch von den strukturellen Bedingungen abhängig, sofern diese durch massive Einsparungen und Aufgabenerweiterungen geprägt sind, kann das Verfahren nur schwer von Schulen akzeptiert werden. Die fehlenden Impulse der Evaluation werden ebenfalls als Grund für die fehlende Verwendung 50 Ergebnisse der RuN-Studie

49 der Ergebnisse angeführt. So werden die Ergebnisse der Evaluation für bestimmte Schulen zu positiv wahrgenommen, bezuckert (L-GY-04), sie können den Schulen und ihren Akteurinnen und Akteuren keine Impulse geben: L: Die Präsentation hat schon gezeigt, dass es so allgemeines Wohlbefinden und dass es dann halt schnell belanglos war. Das heißt, also ich glaube jetzt nicht, dass das irgendwelche großen Veränderungen oder Impulse ausgelöst hat und sollte dies gelingen, dann müsste es sicherlich ein sehr schwieriges Unter fangen sein. Das ist die Frage, die Du gestellt hast. Also ich denke nicht, dass das jetzt für die Masse der Kollegen eine sehr große Bedeutsamkeit hat. Es ist relativ stimmungsfrei vorübergegangen und erledigt, das war es. SL: So können wir bleiben. Das war es. (L und SL-GY-01) Andere Schulen beziehen sich auf ihre eigene kritische Sichtweise, die sie in ihrer schulischen Arbeit stetig verbessert, und verlassen sich auf ihre eigenen Einschätzungen über schulische Qualität: Aber na ja, es wird schwierig, das daran dann zu messen, inwieweit hat die Evaluation wirklich was gebracht? Hätte man Fortschritte vielleicht auch gemacht, man guckt ja immer auf Schulentwicklung. Dass diese Fortschritte, die man macht oder hoffentlich machen wird, auch ohne Evaluation gegeben wären. Ganz einfach aufgrund der Arbeit [ ] Da bleibt meine Frage: Aufwand und Nutzen. (L-GY-05) Andere Schulen sehen eine Notwendigkeit für häufigere Evaluationen, damit akute Probleme oder Arbeitsschritte kurzfristig bewertet werden können (vgl. SL-GS-09). Ein Lehrer eines Gymnasiums beschreibt, dass die Evaluation der Schule kaum helfen kann, weil Rückmeldungen zeitnah benötigt werden. Gleichwohl merkt er folgerichtig an, dass in seiner Schule dafür bestimmte Schwerpunkte bereits intern evaluiert werden: Es wird eine Weile vergehen, bis die wieder durch sind und [.] als Arbeitsmittel ist es so nicht zu gebrauchen. Es gibt ein paar Baustellen, die jetzt aufgrund der Farbgebung vorhanden sind, an denen gearbeitet werden kann, aber es gibt auch bestimmte Entwicklungen innerhalb einer Schule. Die müsste man einfach kurzfristig evaluieren. Zum Beispiel wurde es ansatzweise gemacht, jetzt bei dem fächerverbindenden Unterricht. (L-GY-03) Eng damit verbunden ist der Wunsch, am Evaluationsverfahren teilzuhaben, um auf akute Problemlagen in der Schule reagieren zu können. Hierbei schlagen Schulen vor, dass sie Bereiche vorab benennen können, die extern evaluiert werden sollen. Eine passgenaue und zeitnahe Evaluation auf Abruf hat für Schulen und deren alltägliche Problemlagen wahrscheinlich einen höheren Nutzen. Hierfür müsste die derzeitige Verfahrenskonzeption in Sachsen verändert werden. Unabhängig davon sollten umfassende Maßnahmen ergriffen werden, die Schulen zu einer internen Evaluation zu befähigen, und deren Bedeutung im gesamten Qualitätskreislauf kommuniziert werden Nutzungsabsichten Nach den Äußerungen der Schulen werden die Ergebnisse aus der Evaluation unterschiedlich genutzt. Die verschiedenen Aussagen der Schulen beziehen sich meist auf prospektive Handlungsschritte, zum Teil aber auch auf bereits vollzogene Handlungskonsequenzen. Nachfolgend wird hierbei nicht unterschieden. Grundsätzlich haben sich drei Nutzungsabsichten herausgebildet: Nutzung in Programmen, instrumentelle Nutzung und symbolische Nutzung. Die beiden letzten Nutzungstypen werden u. a. am häufigsten in der Literatur und Forschung unterschieden (für einen Überblick vgl. Stamm, 2003; van Ackeren, 2003). Auch führen die Evaluationsergebnisse zur Fortführung bisheriger Ziele der Schulen. Einige Schulen bearbeiten ihre Evaluationsergebnisse in Programmen, d. h. die Ergebnisse werden dafür genutzt, um Programme zu erarbeiten oder um diese nach ausgewählten Aspekten weiterzuentwickeln. Die Schulen schätzen die Rückmeldung der Stärken und Schwächen als eine Ist-Stand-Analyse als bedeutend ein und gebrauchen darauf aufbauend vor allem das Schulprogramm, um Schwerpunkte zu bearbeiten. Eine Lehrerin einer Grundschule beschreibt das prospektive Vorhaben: Ich denke, es soll ja auch jetzt nicht nur eine Auswertung für den Augenblick sein. Es soll ja [ ] Evaluation ist vielleicht in fünf Jahren wieder. Es soll uns ja zeigen, in den fünf Jahren auch einen Arbeitsschwerpunkt bewusst machen. Hier müsst ihr einfach mal dran bleiben. Hier seid ihr gut, das müsst ihr einfach Steuer- und Kontaktgruppen im Prozess der externen Evaluation 51

50 so versuchen beizubehalten und hier sind eure Schwerpunkte, hier müsst ihr weiter dranbleiben und wir haben ja nun mal auch Schulprogrammarbeit und ich denke, das wird auch ins Schulprogramm übernommen werden, was wir uns da als Ziel stellen. Es kommt ja dann auch noch der Schritt, dass mit dem Schulamt Zielvereinbarungen geschlossen werden und das sind alles so Punkte, die eigentlich unsere weitere Arbeit ja auch vorwärts bringen sollte. (SL-GS-02) Daneben bearbeitet eine Schule ihre Schwerpunkte systematisch mit der internen Evaluation. Ausgangspunkt stellt wieder der Bericht dar, der als eine Ist-Stand-Analyse fungiert: Das allerwichtigste ist für mich eigentlich bei dieser Evaluation, dass man mal eine genaue Ist-Stand- Analyse bekommen hat, wo stehen wir derzeitig und der zweite Punkt, dass wir Anregungen bekommen haben, wo kann es noch hingehen. Das ist als Erstes für mich wichtig, was B gesagt hat, interne Evaluation auszubauen, um dann die Hinweise, die hier im Bericht stehen, nach und nach umzusetzen. (SL-MS-11) In der instrumentellen Nutzung werden anhand der Evaluationsergebnisse direkte Entscheidungen abgeleitet. Schulen, welche die Ergebnisse der Evaluation als Information für Entscheidungen benötigen, orientieren sich in ihren Beschreibungen hierbei einheitlich an mittel bis schlecht bewerteten Kriterien ihrer schulischen Qualität: Gerade über dieses Mobbing, da waren wir ja alle ein bisschen erstaunt. Haben uns da alle unsere Gedanken gemacht, wie kriegen wir das wieder in der Schule zusammen in die Reihe, wie können wir die Eltern da miteinbinden und haben auch Maßnahmen festgelegt, die aber erst greifen müssen. (L-MS-04) Die Evaluationsergebnisse werden zum Teil von den Schulen für die schulische Qualitätsentwicklung verwendet und stellen eine wichtige Arbeitsgrundlage dar. Dennoch beschreiben einige Schulen, die Daten zu gebrauchen, um ihre schulische Arbeit zu legitimieren, und nutzen die formulierten Schwächen und Empfehlungen im Bericht nicht für die Schulentwicklung. Der symbolische Gebrauch wird innerhalb des Kollegiums verwendet bzw. gegenüber den Eltern, um bestehende Einstellungen bzw. Entscheidungen zu legitimieren oder um Standpunkte zu unterstützen: Am Anfang haben wir hier [Anmerkung KH: Lehrerzimmer] und haben uns gegenseitig vorgelesen in der Hofpause, wir Kollegen. Also der eine hat gesagt, hier, horch doch mal, das und das oder guck mal, was hier steht, weil uns das auch gute Argumente manchmal gibt für die Eltern in der Diskussion. (L-GS-08) An einer anderen Schule berichtet ein Elternteil, wie die Evaluationsergebnisse unterstützend genutzt werden, um die Schule von einem bestimmten Schwerpunkt zu überzeugen, an dem gearbeitet werden muss: [ ] und das ist eben jetzt so ein Punkt, wo man sagt: Jetzt hat man es schwarz auf weiß, da gibt es einen Verbesserungsbedarf. Haben Eltern schon immer gesehen, ist vielleicht aber nicht so wahrgenommen worden oder nicht so umgesetzt worden wie auch immer und das ist jetzt vielleicht nur noch der fehlende Schups, der zum Ganzen beitragen soll. (E-MS-04) Überdies gibt es Schulen, die ihre bisher verfolgten Ziele in den Evaluationsergebnissen bestätigt betrachten und somit bestehende Ziele fortführen: Im Prinzip hat uns diese Evaluation gezeigt, dass das Programm, was an der Schule gerade so läuft, lebbar und machbar und positiv ist und wenn wir einfach an der Einhaltung und Aktualisierung arbeiten. Das wird jetzt auch erst mal so weitergehen, ohne das jetzt so negativ zu reden, also das Ergebnis und das ist ja auch was. (L-GY-09) Zwischenfazit Es lässt sich festhalten, dass die Schulen darüber berichten, nach einer externen Evaluation die Schulgemeinschaft durch die Teilnahme an der Berichtspräsentation hinreichend über die Ergebnisse zu informieren. In den Beschreibungen sind 52 Ergebnisse der RuN-Studie

51 es vor allem Lehrkräfte, die über die Ergebnisse informiert werden. Die Eltern sowie Schülerinnen und Schüler werden in der Regel nicht direkt informiert, sondern ihre Vertretungen. Es bleibt unklar, ob und wie diese wiederum die Informationen weiterleiten. In Bezug auf die Verfügbarkeit der Evaluationsergebnisse in Form von verschiedenen Medien stehen Lehrkräften im Vergleich zu anderen Beteiligten der Schulgemeinschaft zusätzliche Möglichkeiten zur Verfügung. Eine häufige Handhabung der Schulen zur Verbreitung der Ergebnisse besteht darin, die Akteurinnen und Akteure mit zusammenfassenden Darstellungen, d. h. mit dem letzten Berichtsteil, zu unterrichten. Eltern werden nicht über alle Ergebnisse im Detail informiert. In einigen Aussagen der Schulen wird deutlich, dass allein die Schulleitungen über die Verbreitung der Evaluationsergebnisse und die dafür gewählten Medien entscheiden, ohne mit Lehrkräften, Eltern sowie Schülerinnen und Schülern dieses Vorgehen zu besprechen. Die Verbreitung der Ergebnisse und die dafür genutzten Medien liefern die Grundlage für die Rezeption und Reflexion der Ergebnisse. Nach den Erkenntnissen zur Verbreitung haben Eltern sowie Schülerinnen und Schüler nicht die Möglichkeit, sich tiefgründig mit den Ergebnissen auseinanderzusetzen. Dies obliegt vor allem der Schulleitung und den Lehrkräften, in deren Aufgabenbereich die Auseinandersetzung gehöre, um einen Beitrag zur schulischen Qualitätsentwickelung zu leisten. Zeitmangel und der Umfang des Evaluationsberichts werden angeführt, um ein überblicksartiges Lesen des Berichts zu begründen. Von Schulleitungen wird jedoch dessen intensives Durchlesen erwartet. Es empfiehlt sich, für die verschiedenen Akteurinnen und Akteure jeweils entsprechend aufbereitete Rückmeldungen zu gestalten, um zukünftig adäquat über die Evaluationsergebnisse zu informieren. Die Übereinstimmung der Evaluation mit der eigenen Wahrnehmung schulischer Qualität bedingt die Akzeptanz des Verfahrens. Dies bewegt sich im Kontinuum zwischen den beiden Positionen, dass einerseits die Evaluationsergebnisse mit den persönlichen Einschätzungen übereinstimmen und dass andererseits erhebliche Diskrepanzen zwischen diesen beiden sichtbar werden. Die Schulen eröffnen in diesem Zusammenhang die Frage nach der Datenqualität und stellen damit letztlich die Validität der Schulevaluation in Frage. Der Umgang mit den Evaluationsergebnissen wird auch von den Ursachenerklärungen der Schulen beeinflusst. Ursachen für bestimmte Ergebnisse werden zum Teil extern, d. h. außerhalb des schulischen Einflusses liegend, vermutet, was eine Bearbeitung der Schwerpunkte an der einzelnen Schule hinfällig werden lässt. Die Akzeptanz der Evaluation ist zudem von den Einstellungen zum Verfahren abhängig. Hierbei überwiegt in den Aussagen der Schulen die entwicklungsorientierte Wahrnehmung, d. h. Schulen begreifen die Evaluationsdaten als objektive Rückmeldung. Gleichzeitig bringt die Rückmeldung einen Anstoß zur schulischen Weiterarbeit, vor allem durch die dargestellten Stärken und Schwächen. Demgegenüber äußern einige Schulen, in der Schulevaluation keinen Nutzen zu erkennen. Vor dem Hintergrund der Personalpolitik in Sachsen äußern manche Schulen wenig Verständnis für ein solches Verfahren. Die Evaluation und ihr antizipierter Nutzen ist folglich auch von den strukturellen Bedingungen abhängig: Sofern diese durch massive Einsparungen und Aufgabenerweiterungen geprägt seien, könne das Verfahren nur schwer von Schulen akzeptiert werden. Ebenso müssen Evaluationen auf die Bedürfnisse der Schulen eingehen, indem beispielsweise die Schulen Bereiche benennen können, die aufgrund akuter Probleme evaluiert werden sollten. Eine passgenaue und zeitnahe Evaluation auf Abruf hätte für Schulen und deren alltägliche Problemlagen wahrscheinlich einen höheren Nutzen. Die Evaluationsergebnisse werden zum Teil von den Schulen für die schulische Qualitätsentwicklung verwendet und stellen eine wichtige Arbeitsgrundlage dar. Dennoch beschreiben einige Schulen die Strategie, die Daten der Evaluation dafür zu verwenden, um ihre schulische Arbeit zu legitimieren. 5.3 Berichte der externen Evaluation Rezeption und Nutzung aus der Perspektive von Schulreferentinnen und -referenten Ralph Schubert Kohler (2005, S. 75) stellt fest, dass bisherige Erfahrungen darauf hindeuten, dass Lehrerinnen und Lehrer zum Teil erhebliche Verständigungsschwierigkeiten im Umgang mit empirischen Kennmarken haben. Es gelte herauszufinden, welche Art von Informationen sie [die Lehrkräfte, R. S.] wünschen, welche Form der Datenaufbereitung sie empfehlen, wie Verständnisschwierigkeiten generell vermieden werden können (ebd., S. 75). Gleiches gelte wahrscheinlich auch für Schulaufsichtsbeamtinnen und -beamte, wenngleich Kohler einräumt, dass über die Rezeption externer Evaluation durch diese Personengruppe nur wenige Erkenntnisse vorlägen (vgl. ebd., S. 314). Die Schulreferentinnen und -referenten haben den Auftrag (vgl. SMK, 2008, S. 2), die Schulen bei der Auswertung der Ergebnisse der externen Evaluation zu begleiten und zu beraten. Dies können sie nur leisten, wenn sie das Verfahren der externen Evaluation kennen und Berichte der externen Evaluation Rezeption und Nutzung aus der Perspektive von Schulreferentinnen und -referenten 53

52 die Berichte der externen Evaluation angemessen rezipieren. In diesem Kapitel wird beschrieben, wie Referentinnen und Referenten der Sächsischen Bildungsagentur (SBA) die Aneignung der Berichte der externen Evaluation schildern. Zunächst werden ihre Wahrnehmungen bezüglich der externen Evaluation dargestellt (Abschnitt 5.3.1). Das Verständnis von externer Evaluation, das sich in den beschriebenen Wahrnehmungen der Schulreferentinnen bzw. -referenten zeigt, beeinflusst die Prozesse der Rezeption und Nutzung der Berichte nachhaltig. Es schließen sich Ausführungen zur Verarbeitung und Bewertung der Berichte an (Abschnitt 5.3.2, S. 55). Weiterhin werden Vorschläge der Befragten vorgestellt, die diese zur Optimierung des Verfahrens der externen Evaluation sowie zur Gestaltung der Berichte der externen Evaluation als geeignet betrachten (Abschnitt 5.3.3, S. 58) Wahrnehmung der externen Evaluation Die externe Evaluation wird von den meisten Schulreferentinnen und -referenten als ein nützliches Instrument zur Erhebung des Ist-Standes der schulischen Arbeit eingeschätzt. Ihrer Wahrnehmung nach gehen die Schulen gestärkt aus der externen Evaluation hervor. Die Schulen erlebten die externe Evaluation als Herausforderung und Ausnahmesituation, der sie sich in der Regel mit Erfolg stellen. Dieses Erleben der eigenen Leistungsfähigkeit sei insbesondere für die Lehrkräfte eine Bestärkung ihres Handelns. Die Ergebnisse seien weiterhin eine Würdigung der Arbeit von Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften, Eltern sowie der Schulaufsicht und böten eine gute Basis für die inhaltliche Zusammenarbeit mit den Schulen. Auch wenn Schule mehr als die evaluierten Bereiche umfasse und die externe Evaluation nur Momentaufnahmen (SR-GY-02) liefere, ermögliche der Blick von außen (SR-GS-02) den Schulreferentinnen und -referenten einen Abgleich ihrer eigenen Wahrnehmungen der Arbeit der Schulen und beseitige zum Teil vorhandene blinde Flecken (ebd.). Insbesondere Referentinnen und Referenten, die schon viele Jahre mit einer bestimmten Schule zusammenarbeiten, sprechen von Routinen und effizienten Arbeitsabläufen in der Zusammenarbeit mit der Schule. Beide Seiten hätten ein Erwartungsbild von der Leistung des jeweiligen Gegenübers, wodurch solche blinden Flecken hinsichtlich der Wahrnehmung der Schulen entstünden. Hinzu komme, dass die inneren Strukturen der Schulen für Schulreferentinnen und -referenten nicht im Detail bekannt seien. Man ist zu wenig vertraut mit den inneren Strukturen der Schule. (SR-GY-01) Diese fehlenden Kenntnisse könnten zu einer verfälschten Wahrnehmung der Schulen führen. Der Blick von außen relativiert die eigene Sicht auf Schule. (SR-GS-01) Die Verfahrensschritte werden überwiegend als wissenschaftlich fundiert und die durch sie erzeugten Daten als aussagekräftig bezeichnet. Zwar ist die eigene Wahrnehmung der Schulen in einzelnen Teilbereichen teilweise anders, wobei aber die Summe der Einzelurteile dann wieder stimmt. (SR-MS-08) Die Schulreferentinnen und -referenten sehen es dabei als eine ihrer wesentlichen Aufgaben an, die Daten zusammen mit den Schulen im Detail zu analysieren. Kritisch wird das Verfahren der externen Evaluation hinsichtlich einzelner Verfahrenspunkte und der mit dem Verfahren verbundenen Erwartungen gesehen. Das betrifft auch die Entsendung von Evaluatorinnen und Evaluatoren aus fremden Schularten (z. B. Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen evaluieren Grundschulen). Hierbei könne z. B. nicht kompetent eingeschätzt werden, ob der evaluierte Unterricht dem Lehrplan entspreche. Der Unterricht wird von allen Schulreferentinnen und -referenten als das Kernelement von Schule bezeichnet. Um ihn herum gruppierten sich alle anderen Aufgaben. Deshalb werden insbesondere im Bereich des Unterrichtens Evaluatorinnen und Evaluatoren erwartet, welche die Spezifik der Schularten kennen. Wenn Fachleute für die evaluierte Schulart fehlen im Team, wie soll da der Unterricht eingeschätzt werden? (SR-GS-09) Diese Auffassung lässt vermuten, dass ein Konzeptverständnis für eine Bewertung von allgemeingültigen Merkmalen guten Unterrichts, welches unabhängig von dem unterrichteten Fach bzw. der Schulart ist, nicht zugrunde gelegt wird. Von der externen Evaluation wird erwartet, dass eine Überprüfung der Umsetzung vorhandener normativer Vorgaben (u. a. dem Lehrplan) erfolge. Ein von solchen bekannten Vorgaben losgelöstes Prüfen von Unterrichtsqualität wird als 54 Ergebnisse der RuN-Studie

53 unzureichend erachtet. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Schulreferentinnen und -referenten mit dieser Form der Messung von Unterrichtsqualität zu wenig vertraut sind. Einige Referentinnen und Referenten sind allerdings auch der Meinung, dass die Evaluatorinnen und Evaluatoren nicht aus dem Schulsystem kommen sollten, damit die Ergebnisse nicht durch Vorannahmen und eventuelle Vorurteile aus der Schulpraxis der Evaluatorinnen und Evaluatoren beeinflusst werden. Ich denke, der Blick von außen ist doch noch ein bisschen unverblümter. (SR-MS-09) Hier wird deutlich, dass teilweise ein Unbehagen hinsichtlich der Systemverhaftetheit der Evaluatorinnen und Evaluatoren besteht. Der Blick von außen der eigentlich mehr ein Blick von innen ist werde geschmälert, ein unabhängiges Bewerten in Frage gestellt. Die in den beiden vorangegangenen Zitaten formulierten Vorbehalte könnten dazu dienen, die im Bericht aufgeführten Ergebnisse der externen Evaluation zu relativieren, womöglich auch zu delegitimieren, wenn sie nicht mit der eigenen Wahrnehmung übereinstimmen. Die Menge an Daten, die aus Befragungen und Dokumentenanalysen stammen, ist einigen Schulreferentinnen und -referenten zu umfangreich. Dadurch könne das Gesamtbild durch die subjektiven Meinungen einzelner zu stark beeinflusst werden. Abhilfe wird in einer Erhöhung des Anteils der Beobachtungen gesehen. Ich nehme z. B. mal das Fortbildungskonzept, welches auf der Analyse eines Stückchen Papiers beruht. Da kann man geteilter Meinung sein. Das ist anders, wenn noch Beobachtungen oder Fragebögen dazu kommen. (SR-MS-08) Bei Referentinnen und Referenten scheint demnach ein individuelles qualitatives Ranking der Messinstrumente vorhanden zu sein, welches den den Daten beigemessenen Aussagewert beeinflusst. Die Methode der Beobachtungen steht an erster Stelle. Dieser empirischen Methode wird am ehesten zugetraut, ein objektives Abbild des Unterrichts zu liefern. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Methode aus eigenen Unterrichtsbeobachtungen vertraut ist. Angemerkt wird außerdem, dass auch der Zeitpunkt der Evaluation Einfluss auf die Ergebnisse der externen Evaluation habe. So werden zum Beispiel Unterrichtsbesuche zum Schuljahresbeginn bzw. Schuljahresende, aber auch in Zeiten hohen Unterrichtsausfalles als problematisch angesehen. Es mache in diesen Zeiten wenig Sinn zu evaluieren, da nicht das normale Bild der Schule abgebildet würde. Dementsprechend äußern einige Schulreferentinnen und -referenten, dass sie vom Verfahren der externen Evaluation enttäuscht sind. Ihrer Meinung nach eigne sich das derzeitige Verfahren nicht, um die Arbeit der Schulen und ihre eigene Arbeit zu unterstützen. Dazu sei das Verfahren zu undifferenziert und zu wenig auf die Spezifik einzelner Schularten zugeschnitten. Insofern bringe der Bericht der externen Evaluation auch kein zusätzliches Wissen über die Schulen, da sich im Bericht die Einzelschule nur ungenügend abbildet. Nein, das ist jetzt vielleicht etwas hart formuliert, aber der Bericht bringt keinen Zugewinn. Das bringt das Gespräch mit der Schulleitung. Sie können jetzt 10 nebeneinander legen, das ist alles ähnlich. (SR-GY-06) Allerdings ist nicht auszuschließen, dass die Interpretation der Berichtsdaten im Vergleich zu den Gesprächen mit den Schulleitungen auch deswegen als ineffizienter eingeschätzt wird, da dieser Prozess mehr Zeit benötigt Der Bericht der externen Evaluation Die Schulreferentinnen und -referenten erhalten den Bericht der externen Evaluation zumeist bei der Präsentation der Ergebnisse durch die Evaluierenden in den Schulen. Die Teilnahme an diesen Präsentationen bildet für sie eine Möglichkeit, sich über die Ergebnisse der Schule zu informieren und der Schule ihre Wertschätzung auszudrücken. Die Präsentation beeinflusst zum Teil die Intensität des nachfolgenden Lesens der Berichte. Ausführlich dargelegte positiv bewertete Teilbereiche werden von einigen Referentinnen und Referenten später nicht mehr kritisch hinterfragt, dagegen werden als Problemstellen identifizierte Bereiche umso intensiver studiert. Die Form der Präsentationen wird als sachlich, neutral, bisweilen auch etwas zu umständlich (z. B. Erklärung der Datenentstehung) eingeschätzt. Als positiv werden die Präsentationen dann empfunden, wenn die Evaluatorinnen und Evaluatoren ihre Einschätzung ganz speziell auf die evaluierte Schule projizieren. Berichte der externen Evaluation Rezeption und Nutzung aus der Perspektive von Schulreferentinnen und -referenten 55

54 Da wird nur abgehandelt, wie der Bericht aufgebaut ist. Manche sind aber auch darauf eingegangen, was diese Schule besonders macht und das fand ich immer angenehmer. (SR-GS-07) Ich empfand das damals als sehr unangenehm. Ich kann also nicht das geht mir ja genauso, wenn ich an den Schulen bin kritisieren und dann sagen: Jetzt nehmt das so hin. Ich muss das wenigstens begründen. (SR-GS-10) Die beiden Zitate verweisen auf einen als irritierend empfundenen Formalismus, der dem Verständnis der Zitierten von einer beratenden Funktion der externen Evaluation zuwider läuft. Form und Gestaltung der Berichte werden bezüglich des Aufbaus und der Druckausführung als qualitativ hochwertig eingeschätzt. Die Verwendung von Signalfarben zur Hervorhebung biete, den Aussagen der Befragten zufolge, eine schnelle Orientierung und lenke die Aufmerksamkeit auf das Wesentliche. Die im Bericht enthaltenen Tabellen sowie die Gesamtübersicht werden dabei als besonders schnell zugängliche Informationsquellen wahrgenommen, da sie viele Informationen in kompakter Form enthielten. Die Strukturierung der Kapitel ist nach Einschätzung der Schulreferentinnen und -referenten eindeutig und fördert das chronologische Lesen. Das gezielte Auffinden einzelner Textstellen werde aber bei der späteren Arbeit mit dem Bericht durch dessen Umfang erschwert. Insbesondere, wenn mehrere Berichte innerhalb eines kurzen Zeitraums gelesen werden müssen, treten Detailfragen in den Hintergrund. Das ist zu umfangreich, einfach zu viel, um sich wirklich im Detail damit zu befassen. Wir befassen uns dann, wenn wir die Zielvereinbarungen machen, mit einem Punkt. Da gehen wir in die Tiefe. (SR-GS-03) Als unterstützend empfanden die meisten Schulreferentinnen und -referenten die zentrale Fortbildung zum Umgang mit den Berichten der externen Evaluation. Die gemeinsame Aneignung exemplarischer Berichtsinhalte mit teilnehmenden Schulleitungen habe nicht nur verschiedene Lesarten verdeutlicht, sondern auch eine gemeinsame Gesprächsbasis mit den Schulen geschaffen. Absprachen in den Referaten ergänzen die zentralen Hinweise zur Rezeption der Berichte. Der regelmäßige Umgang mit den Berichten setzt einen Lernprozess in Gang, in dessen Verlauf der Erkenntnisgewinn als höher und der Umgang mit den Berichten entlastender empfunden wird. Ein chronologisches Lesen aller Berichtsteile erfolgt meist nur bei den ersten Berichten, da sich deren allgemeine Teile vielfach glichen und damit der Zeitaufwand für das Erfassen der jeweiligen Problematik verringert werden könne. Die Schulreferentinnen und -referenten haben unterschiedliche Strategien zur Rezeption der Berichtsinhalte entwickelt. Einige konzentrieren sich vorrangig auf die farblich markierten Problemfelder. Es fällt auf, dass diese Referentinnen und Referenten die Berichte vorwiegend aus der Perspektive einer Problem-Lösungs-Orientierung heraus zu lesen scheinen. Dabei stehen vor allem Aussagen zur Gestaltung des Unterrichts im Fokus des Interesses. Ja, ich weiß theoretisch, dass man sich an dem vielen Grün freuen soll, aber man schaut doch irgendwo erst nach den Baustellen. (SR-MS-05) Andere wiederum lesen erst die Zusammenfassung und suchen dann gezielt Details zu den Bereichen, die in der Zusammenfassung als problematisch beschrieben werden bzw. die ihnen aufgefallen sind. Einige interessieren die Stärken und Schwächen der Schule zuerst, da sie diese Aussagen als konkret empfinden und mit ihren eigenen Wahrnehmungen der Schule abgleichen wollen. Ja, diese Zusammenfassungen, Stärken und Schwächen der Schulen, sind für mich am interessantesten. Was vorher im Allgemeinen erklärt wird, das lese ich nicht nochmal. (SR-GS-07) Das Zitat verweist darauf, dass die Berichtsteile nach ihrem Informationsgehalt bewertet werden. Die Entstehung der im Bericht aufgeführten Daten wird als gegeben angesehen, diesbezügliche Ausführungen erfolgen auch in den Präsentationen. Dieser Teil der Berichte, der im Zitat SR-GS-07 als der Allgemeine Teil deklariert wird, enthält somit scheinbar keine zusätzlichen Informationen. Das Lesen erfolgt fokussiert auf die interessierenden Bereiche. Ausgangspunkte sind dabei die konkret fasslichen Beschreibungen der Schule durch die Lehrkräfte, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler. Für andere Referentinnen und Referenten stellen die Gesamtübersichten den Ausgangspunkt des Lesens dar, da sie so schnell zu einem Urteil gelangen können. 56 Ergebnisse der RuN-Studie

55 Um den groben Überblick zu haben, gefällt mir die Gesamtübersicht sehr gut. Um inhaltlich damit arbeiten zu können, muss man sich aber mit den detaillierten Aussagen des Berichtes befassen. (SR-MS-01) Mitunter werden Notizen aus der Präsentation genutzt, um den Bericht fokussiert auf bestimmte Ergebnisse, die für die Zielvereinbarungen wesentlich sind, zu lesen. Neben dem bereits beschriebenen Zusammenhang der Messmethoden mit der wahrgenommenen Aussagekraft der Daten spielt auch die Einschätzung der Glaubwürdigkeit der Datenquellen eine Rolle bei der Interpretation der Ergebnisse. So werden Lehrkräfte bezüglich der Befragungen zum Unterricht als eine verlässlichere Quelle angesehen als Schülerinnen und Schüler bzw. Eltern. Argumentiert wird, dass den zuletzt genannten Gruppen zum Teil das Wissen fehle, um die Fragen kompetent zu beantworten. Für aussagekräftiger und hilfreicher für ihre Arbeit empfinden die Schulreferentinnen und -referenten die Sicht der Schülerinnen und Schüler sowie der Eltern auf Stärken und Schwächen der Schule. Mit diesen konkreten Angaben erhalten sie ein Wissen über die jeweilige Schule, das ihnen sonst nicht zur Verfügung stünde. Von Schulreferentinnen und -referenten im Bereich der Grundschulen wird der hohe Anteil an grünen Bewertungen kritisch gesehen. Ich kann ja stolz sein auf die Berichte. Aber bei der Anzahl an Schulen, die man betreut, hat man ja auch ein gewisses Ranking der Schulen. Ganz am Anfang war es dann eben so gewesen, dass die Schule alles Grün hatte, dass man da einen Schreck bekommen hat. Man hat sich für die Schule gefreut, aber man hat die Schule selbst jetzt nicht so positiv gesehen. Und da habe ich gedacht: Was bekommen denn dann meine Schulen, die ganz oben stehen? Also ich fand das ein bisschen aber ich muss damit leben, ich kann ja froh sein. (SR-GS-01) Dieses Zitat zeigt, dass der Eindruck von den Ergebnissen der Evaluation von der Farbgebung überlagert wird. Schulreferentinnen und -referenten empfinden dies teilweise als Schwächung ihrer Position gegenüber den Schulen. Der Bericht negiert aus ihrer Sicht teilweise ihre zumeist kritischere Sichtweise auf die jeweilige Schule. Falle der Bericht zu grün aus, erschwere ihnen das die Argumentation hinsichtlich zusätzlicher qualitätssichernder Maßnahmen. Auch die Referentinnen und Referenten für Mittelschulen und Gymnasien empfinden diese Form der Ergebnisdarstellung als zu vereinheitlicht und wünschen sich eine differenziertere Darstellung in Bezug auf die Ergebnisse der einzelnen Schule. Im Bereich der Gymnasien wird angeführt, dass weder die Besonderheiten der Profile noch die besonderen Anstrengungen der Schulen berücksichtigt würden. Eigentlich sind zum Schluss alle mehr oder weniger durchschnittlich gut. (SR-MS-05) Aus dieser Aussage lässt sich interpretieren, dass Schulreferentinnen und -referenten die Berichte, zumindest aber einzelne Teile der Berichte, aufgrund der wenig differenzierten Ergebnisse unter den Schulen als beliebig austauschbar empfinden. Der ausbleibende Wiedererkennungseffekt der betreuten Schulen mindert damit auch die den Berichtsdaten eingeräumte Aussagekraft. Dennoch sind die Berichte für die meisten Schulreferentinnen und -referenten eine wesentliche Grundlage für die Vorbereitung der Zielvereinbarungsgespräche. Sie geben an, dass die zusätzlichen Informationen über die Schulen die Festlegung von Arbeitsschwerpunkten erleichtere. Zudem böten die Berichte die Chance einer gemeinsamen Gesprächsbasis. Die Berichtsergebnisse werden auch genutzt, um die eigene Argumentation gegenüber den Schulen zu stützen. Das ist eine Hilfe für mich. Wenn ich dort Probleme sehe, und die Eltern sehen das genauso, und die Lehrer schätzen sich grün ein, dann kann ich das gut als Grundlage nehmen, um darüber zu reden. (SR-GS-07) Die Berichte setzen ein Nachdenken über Schule zwischen der Schulaufsicht und den Schulen, aber auch zwischen den Referaten der Schulaufsicht in Gang. Einige Schulreferentinnen und -referenten für Mittelschulen und Gymnasien äußerten sich anerkennend über die Ergebnisse der Grundschulen im Bereich der Lehr- und Lernprozesse. Durch die Möglichkeit, Einblick in die Ergebnisse anderer Schularten zu nehmen, relativieren sich zum Teil verfestigte Bilder über die anderen Schularten. Über Grundschule, da herrscht ja teilweise die Auffassung: Die spielen ja nur. (SR-GY-01) Berichte der externen Evaluation Rezeption und Nutzung aus der Perspektive von Schulreferentinnen und -referenten 57

56 Die Berichte dienen auch der Vorbereitung eigener Schulbesuche und der Ermittlung des Fortbildungsbedarfs für Lehrkräfte, Schulleitungen sowie Schulreferentinnen und -referenten Veränderungsvorschläge zum Verfahren der externen Evaluation und zum Ergebnisbericht Hinsichtlich des Verfahrens wird von den Schulreferentinnen und -referenten angeregt, sie in der externen Evaluation auch zu ihrer Wahrnehmung bezüglich der Schulen zu befragen. Ein weiterer Vorschlag zur Optimierung besteht darin, speziell an Grundschulen darauf zu achten, dass die Befragungen altersgerechter erfolgen, da angezweifelt wird, dass die Grundschülerinnen und -schüler die in den Fragebögen verwendeten Formulierungen verstehen. An Grundschulen sollten auch Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 3 in die Befragung einbezogen werden, da es andernfalls möglich ist, dass die befragten Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 4 nicht mehr an der Schule sind, wenn die Präsentation der Ergebnisse in das neue Schuljahr hineinfällt. Damit ließe sich aber die Perspektive der Schülerinnen und Schüler nicht mehr exakt hinterfragen. Zugleich müsse die externe Evaluation deutlich schulartspezifischer gestaltet werden, damit in die Bewertung der Qualitätsbereiche die Besonderheiten der Schularten einflössen. Dadurch würden die Berichte differenzierter und der Wiedererkennungseffekt der Einzelschule bei den Rezipierenden größer. Dies wiederum dürfte positive Auswirkungen auf die Bereitschaft der Akteurinnen und Akteure haben, diese Berichte als Arbeitsgrundlage zu akzeptieren und zu nutzen. Diese Differenzierung könne u. a. durch unterschiedliche Evaluationsschwerpunkte in den einzelnen Schularten und durch die Verwendung schulartspezifischer Indikatoren erfolgen sowie dadurch, dass die Evaluierenden entsprechend ihrer schulartspezifischen Vorerfahrungen für die externe Evaluation ausgewählt werden. Auch die Dauer und der Zeitpunkt der Evaluationen müssten dieser Art der Differenzierung genügen. Der Umfang der Berichte sollte bei den folgenden Evaluationen reduziert werden. Das gelte besonders für die Erklärungen zum Entstehen der Daten, da dies schon im ersten Bericht ausführlich erfolge. Ein Verweis auf dieses Kapitel reiche in einem Folgebericht aus. Bei der Darstellung der Daten würden dann geeignete Symbole darauf hinweisen, mit welchem Instrument die Daten erhoben wurden. Das mache das Lesen effizienter. Die Berichte sollten den Handlungsbedarf der Schulen detaillierter aufzeigen und Hinweise für die Gestaltung der notwendigen Veränderungen geben. Einige Schulreferentinnen und -referenten bekunden ein großes Interesse an einer gemeinsamen Auswertung der Berichte mit den Evaluatorinnen und Evaluatoren. Es geht ihnen darum, deren Sichtweise auf diese Schule kennen- und verstehenzulernen sowie mit ihnen den Handlungsbedarf zu diskutieren. Entweder die Evaluatoren oder das SBI begleiten auch den Prozess der Zielvereinbarungen oder sie setzen sich gemeinsam mit den Schulreferentinnen bzw. -referenten und der Schule hin und reden über den Handlungsbedarf, da sie diesen ja festgestellt haben. (SR-GS-04) Zwischenfazit Die Rezeption der Berichte der externen Evaluation bietet nach Aussagen der meisten Schulreferentinnen und -referenten die Möglichkeit, sich zusätzliches Wissen über die von ihnen betreuten Schulen zu erschließen. Der Prozess der Berichtsaneignung wird von ihnen unterschiedlich gehandhabt und überwiegend als zeitaufwendig eingeschätzt. Präferiert werden Aneignungsstrategien, welche ein schnelles Erfassen wesentlicher Informationen ermöglichen. Dafür spricht u. a., dass bei der Rezeption der Berichte insbesondere die Teile als hilfreich beschrieben werden, in denen konkrete Aussagen zu den Schulen getroffen werden (z. B. Stärken und Schwächen). Auch die zusammenfassende Darstellung wird als eine Möglichkeit genutzt, um sich schnell ein Bild über die Bewertung der einzelnen Qualitätsbereiche zu machen. Für Schulreferentinnen und -referenten ist Effizienz bei der Informationsbeschaffung ein wichtiges Kriterium für die Auswahl und Nutzung von Datenquellen. Das dürfte ein Grund dafür sein, dass die Berichte zur Vorbereitung der Zielvereinbarungsprozesse genutzt, darüber hinaus jedoch selten als praktikables Instrument gesehen werden. Die Berichte konkurrieren mit anderen, gewohnten Informationsquellen (Auskünfte von schulischen Akteurinnen und Akteuren, eigene Unterrichtsbesuche), welche Daten liefern, aus denen nach Meinung der Referentinnen und Referenten schneller der konkrete Handlungsbedarf erkennbar wird. Hinsichtlich der 58 Ergebnisse der RuN-Studie

57 Einschätzung der Datengüte können die Schulreferentinnen und -referenten keine detaillierten Aussagen treffen. Dazu fehlt das Wissen über die Datenerhebung. Hierzu liefert auch der Bericht keine hinlänglichen Auskünfte. Das Verfahren wird als wissenschaftlich empfunden, an Stellen, an denen Eigenwahrnehmung und Fremdwahrnehmung voneinander abweichen, aber auch mit Skepsis gesehen. Dies führt stellenweise dazu, dass Teilergebnisse in Frage gestellt werden, ohne dass dieses Urteil argumentativ untermauert werden kann. Gradmesser ist hier das subjektive Gefühl der Stimmigkeit der Ergebnisse. Die Referentinnen und Referenten besitzen bezüglich der Erhebungsinstrumente keinen Wissensvorsprung gegenüber den Schulen. Sie kennen in der Regel weder die Fragebögen noch die Beobachtungsbögen der externen Evaluation, aus denen die Daten hervorgehen. Es ist ihnen nicht möglich, die Daten entstehung nachzuverfolgen und somit zu eigenen Urteilen zu gelangen bzw. den Schulen im Detail zu erklären, wie sich die einzelnen Beurteilungen zusammensetzen. Dies wird von einigen Schulreferentinnen und -referenten als Schwächung der eigenen Beratungsrolle empfunden. Die Rezeption der Berichte muss im situativen Rahmen der Arbeitsbedingungen der Schulaufsicht gesehen werden. Die hohe Arbeitsbelastung (u. a. Anzahl der betreuten Schulen, Querschnittsaufgaben, kein Ersatz bei Krankheit) führt dazu, dass eine intensive, nachhaltige Beschäftigung mit den Berichten die Ausnahme darstellt. Es fehlt an Zeit, um die Berichte zu studieren, die Ergebnisse zu hinterfragen. Zudem fehlt es an methodischem Wissen über die Erhebungen, wodurch die Qualität der Daten nur schwer eingeschätzt werden kann. Die externe Evaluation ist in die Arbeitsabläufe der Schulaufsicht aufgenommen, aber nicht integriert. Sie ersetzt keine schon vorhandenen Prozesse und schafft keine effektiveren Arbeitsstrukturen. Sie stellt in diesem Kontext für Schulreferentinnen und -referenten einen zusätzlichen Aufwand dar, dessen Nutzen sich erst noch erweisen muss. 5.4 Der Zielvereinbarungsprozess aus der Perspektive der Schulaufsicht Ralph Schubert Im Anschluss an eine externe Evaluation ist zwischen der Schule und den zuständigen Schulreferentinnen bzw. -referenten eine institutionelle Zielvereinbarung auszuhandeln. Sie soll für beide Seiten Klarheit über die mittelfristigen Entwicklungsziele der Schule sowie die Formen und den Umfang der weiteren Zusammenarbeit herstellen. Im Prozess zum Abschluss der Zielvereinbarung sind Schulreferentinnen und -referenten als Partner in einem Dialog gefordert, in dem sie sowohl die Interessen der Bildungsadministration als auch die der von ihnen betreuten Schule angemessen berücksichtigen müssen (SMK, 2008, S. 3). Es gilt, den Schulen mehr Eigenverantwortung bei der Gestaltung der schulischen Prozesse einzuräumen und sie dabei zu unterstützen, andererseits aber auch den Anspruch der staatlichen Kontrolle über das Schulwesen (GG, Artikel 7, Absatz 1) aufrechtzuerhalten. Dieses Kapitel geht der Frage nach, wie die Schulreferentinnen und -referenten die Gestaltung der Zielvereinbarungsprozesse aus ihrem Erleben reflektieren. Da die Aussagen dieses Kapitels auf den Narrationen der befragten Referentinnen und Referenten beruhen, lassen sich keine Rückschlüsse auf tatsächlich stattgefundene Prozesse ziehen. Vielmehr soll es um die subjektiven Repräsentationen der Prozesse gehen. Damit handelt es sich um subjektive Wahrnehmungen, die das tatsächliche Geschehen nicht eins zu eins abbilden. Im ersten Abschnitt werden die inhaltlichen und organisatorischen Verfahrensschritte dargestellt. Der zweite Abschnitt beschäftigt sich mit Reflexionen der Referentinnen und Referenten zu ihrer Rolle im Zielvereinbarungsprozess und zum Steuerungsinstrument institutionelle Zielvereinbarung Die Gestaltung der Zielvereinbarungsprozesse Die Teilnahme der Schulreferentinnen und -referenten an den Präsentationen der Ergebnisse der externen Evaluation an den Schulen wird als eine Informationsquelle bei der Vorbereitung auf die Zielvereinbarungsprozesse gesehen. Die Eindrücke und Informationen aus diesen Veranstaltungen werden von den meisten Befragten als unterstützend für ein vertiefendes Lesen des Berichtes der externen Evaluation beschrieben. Dabei erfolgt ein Abgleich der Eigenwahrnehmung der Schule mit der Fremdwahrnehmung der Evaluatorinnen und Evaluatoren. Das Schulprogramm, die Erkenntnisse aus vorausgegangenen Schulbesuchen und die Informationen anderer externer Akteurinnen und Akteure (z. B. Fachberaterinnen und -berater) sind Der Zielvereinbarungsprozess aus der Perspektive der Schulaufsicht 59

58 weitere Informationsquellen, die von einzelnen Schulreferentinnen und -referenten zur Vorbereitung auf die Zielvereinbarungsgespräche genutzt werden. Teamarbeit im Sinne der gemeinsamen Vorbereitung einer Gruppe von Referentinnen und Referenten auf die inhaltliche Gestaltung der Zielvereinbarungen für bestimmte Schulen stellt den Ausnahmefall dar und wird auf informeller Ebene organisiert. Einige wünschen sich institutionalisierte Möglichkeiten (z. B. referatsübergreifende Teamarbeit) zu diesem inhaltlichen Austausch. Die Mehrzahl der Befragten erachtet dies aber als unnötig, da sie die Schulen ohnehin allein betreuen müssten. Neben der Teilnahme an Vorabsprachen zur formalen Gestaltung der Zielvereinbarungen in den Referaten und an einer zentralen Fortbildung des SBI zu den Zielvereinbarungsprozessen haben einige Schulreferentinnen und -referenten auf Eigeninitiative hin weitere Fortbildungsveranstaltungen besucht. Die Handreichung des Staatsministeriums für Kultus (vgl. SMK, 2008) dient als Orientierung für die Gestaltung der Zielvereinbarungsprozesse. Das erste Gespräch wird ca. 2 bis 6 Wochen nach der erfolgten Präsentation der Berichte der externen Evaluation anberaumt. Dabei werden die Termine nicht selten mit weiteren dienstlichen Anlässen (z. B. Schulleitungsdienstberatungen) kombiniert. Findet die Präsentation erst kurz vor dem Schuljahresende statt, verlagert sich der Termin in das neue Schuljahr. Dies wird als ungünstig angesehen, da die Gespräche infolge der organisatorischen Arbeiten zu Schuljahresbeginn frühestens Ende September erfolgen. Die Aushandlungsgespräche zu den Zielvereinbarungen finden sowohl in den Regionalstellen der SBA als auch in den Schulen statt. Gesprächspartnerinnen und -partner sind in der Regel die Schulreferentinnen bzw. -referenten und die Schulleitungen. Der Teilnehmerkreis wird aber seitens der Referentinnen und Referenten nicht beschränkt bzw. vorgegeben. Ihnen ist es wichtig, dass die Gespräche ungestört und nicht unter Zeitdruck ablaufen. Die Gespräche werden als zielorientiert, partnerschaftlich und gleichberechtigt beschrieben. Die Berichtspräsentationen und die Berichte der externen Evaluationen dienen als Ausgangsbasis der Gespräche. In gleichem Maße fließen aber auch Erkenntnisse über die Schule ein, welche die Referentinnen und Referenten während der bisherigen Arbeit mit der Schule gewonnen haben. Ihrer Meinung nach bilden die Berichte der externen Evaluation die jeweilige Schule nicht trennscharf genug ab. Trennscharf bezieht sich hierbei sowohl auf die Abgrenzung verschiedener Schularten zueinander als auch auf die Abgrenzung von Schulen derselben Schularten. Der Bericht trage den Besonderheiten der Schularten und der untersuchten Schule zu wenig Rechnung. Eine Meinung hierzu lautet: Das, was aus unserer Sicht kritisch zu hinterfragen ist, ist, dass eine Matrize entwickelt wurde, die passgenau auf alle Schularten gelegt wird. Was aber aus unserer Sicht keinen Sinn macht, weil wir eine andere Schulart sind und weil jemand in der Grundschule anders arbeitet als an der Mittelschule oder am Gymnasium. (SR-GY-06) Weiterhin wird angeführt, dass die Berichte der externen Evaluation nicht die Gesamtheit der Schule abbilden, sondern eine Momentaufnahme der schulischen Realität darstellen. Das ist die Sicht einer Institution, die für einen bestimmten Zeitraum bestimmt ein relativ objektives Bild geben kann, aber es ist so etwas wie eine Momentaufnahme. Das ist das Problem. Der Bericht kann gut sein, der kann beschönigen, der steht auf dem Papier, der hat auch Nachteile. (SR-GY-02) Weitere Gespräche finden nach Notwendigkeit und Zeitbudget der Beteiligten statt. Dabei spielt es eine große Rolle, wie viele Schulen die jeweilige Schulreferentin bzw. der jeweilige Schulreferent zu betreuen hat und wie die alltägliche Zusammenarbeit mit den Schulleitungen erfolgt. So müssen dialogische Beratungsstrategien zwischen diesen beiden Parteien schon vorher aufgebaut worden sein, da aus dem Bericht keine Zielvereinbarung aus dem Boden gestampft (SR-GS-05) werden könne, weil vom Bericht bis zum fertigen Produkt der Zielvereinbarung mindestens ein halbes Jahr vergeht, eher ein halbes bis ein dreiviertel Jahr. (SR-MS-08) Zum Teil werden Zielvereinbarungen schon nach einem Gespräch fixiert und die Dokumente zur gegenseitigen Unterschrift mittels elektronischer Medien bzw. der Schulpost ausgetauscht. Das trifft insbesondere auf die Schulreferentinnen und -referenten zu, die 15 und mehr Schulen zu betreuen haben. Diese wohl effiziente Form der Kommunikation wird kritisch und für den Zielvereinbarungsprozess als nicht geeignet, aus Zeitgründen aber als notwendig angesehen. 60 Ergebnisse der RuN-Studie

59 Und über solche Sachen am Telefon zu reden und sich zu verständigen oder nur per Mail zu reden das ist mitunter so missdeutig. Da geht auch ein Stück Vertrauen zueinander verloren. (SR-MS-03) Die Anzahl und Qualität der Gespräche wird auch davon beeinflusst, für wie sinnhaft Schulreferentinnen und -referenten die Zielvereinbarungen halten. Diejenigen, die diesem Steuerungsinstrument aufgeschlossen gegenüberstehen, investieren mehr Zeit in die Gestaltung der Zielvereinbarungsprozesse. Auch daraus ergeben sich die unterschiedlich langen Zeiträume der Zielvereinbarungsprozesse. Ein weiterer Grund für die Verlängerung bzw. den Abbruch dieser Prozesse sind personelle Wechsel. Neubesetzungen führen zu einem Wissensverlust über den Zielvereinbarungsprozess. Wechselt die zuständige Schulreferentin bzw. der zuständige Schulreferent, ist eine Einarbeitungsphase notwendig. Die Vielzahl der dringlichen Aufgaben des Tagesgeschäftes verdrängt häufig die Beschäftigung mit den Zielvereinbarungen. Zusammen mit fehlenden Aufzeichnungen zu den bisherigen Arbeitsständen des Zielvereinbarungsprozesses führt dies im Extremfall zum Abbruch dieser Prozesse. Ich habe diese Schule erst vor kurzem übernommen. Es kam zu einer völligen Neuaufteilung der Sprengel. Von dem vorherigen Referenten haben wir noch keine Zielformulierung oder Zielvereinbarung gefunden. Also da ist nichts da. Wir prüfen derzeit, welche evaluierten Schulen mit Zielvereinbarungen zu versehen sind. Das heißt, wie weit zurückliegend macht es noch Sinn, Zielvereinbarungen zu machen. (SR-MS-10) Die inhaltliche Gestaltung der Zielvereinbarungen wird in der Regel von den Schulen vorgenommen. Zielvorgaben seitens der Schulaufsicht werden vermieden, angestrebt wird Einvernehmlichkeit bei den Zielen. Die Referentinnen und Referenten berichten davon, dass sie in die Gespräche eigene inhaltliche Vorstellungen einbringen. Sie akzeptierten aber in der Regel die Zielvorstellungen der Schulen, wobei der Abgleich der Ziele zwischen Schule und Schulreferentin bzw. Schulreferent hohe Übereinstimmungen aufweist. Es finden Aushandlungen statt und keine Zwangsvorgaben. (SR-MS-08) Einige Schulreferentinnen und -referenten übertragen den Schulen den Auftrag der Zielfindung explizit. Dabei wird argumentiert, dass die Schule selbst am besten wisse, welche Ziele ihr wichtig seien. Sie selbst dagegen kennen das jeweilige Umfeld der Schulen und die Rahmenbedingungen der schulischen Arbeit häufig nur aus der Perspektive der Schulaufsicht. Ein tieferer Einblick in die inneren Strukturen der betreuten Schulen ist nur vorhanden, wenn die Schule kontinuierlich über Jahre betreut wurde bzw. eine intensive Beschäftigung mit dieser Schule aus dienstlichen Gründen erforderlich war. Die Argumentation offenbart auch die Wahrnehmung der Schulreferentinnen und -referenten hinsichtlich der Begrenztheit der Unterstützungsmöglichkeiten für die Schulen seitens der Institution SBA. Dass die Schule wirklich die Möglichkeiten hat, sich zu entwickeln, um das, was sie sich als Ziele vornimmt, auch umzusetzen. Dass es nicht nur auf dem Papier steht. Das heißt, die personellen Voraussetzungen müssen da sein, die sächlichen Voraussetzungen müssen da sein, die Zusammenarbeit mit dem Schulträger muss gegeben sein, die Zusammenarbeit auch mit Eltern, Schülern. Das muss stimmig sein. Und wenn ich nicht alle zusammen in ein Boot bekomme, dann brauche ich nicht große Ziele zu formulieren. Wenn ich dann sage, deine Leistungsträger brauche ich jetzt für eine andere Schule. Und das ist eigentlich das Problem, die derzeitige Personalsituation. Dass wir eigentlich das, was sich Schulen auch aufgebaut haben, teilweise mühsam aufgebaut haben, dass wir dort viel zu sehr eingreifen müssen, um die Unterrichtsabsicherung überall zu gewährleisten. (SR-MS-02) Insofern erleben Schulreferentinnen und -referenten die Gespräche als asymmetrisch, da sie die vereinbarten Ziele der Schule kaum angemessen unterstützen können, mitunter sogar durch Entscheidungen torpedieren, da die Umsetzung der Zielvereinbarungen an bestimmte Personen an den Schulen gebunden ist. Werden entscheidende Personen an andere Schulen abgeordnet, bricht die Arbeit an der Zielvereinbarung weg. (SR-GY-04) Schulreferentinnen und -referenten nennen als begleitende Maßnahmen die Vermittlung von Fortbildnerinnen und Fortbildnern zur schulinternen Fortbildung (SCHILF), das Anregen und Fördern der Vernetzung der Schulen un- Der Zielvereinbarungsprozess aus der Perspektive der Schulaufsicht 61

60 tereinander, die kollegialen Beratungen in den Dienstkonferenzen der Schulleitungen des Sprengels. Die knappe Ressourcenlage wirkt sich auf die Verteilung der Verantwortlichkeiten in den Zielvereinbarungen aus und führt zu Einseitigkeiten. Es überwiegen die Ziele, für deren Umsetzung fast ausschließlich die Schulen zuständig und in der Verantwortung sind. Damit erhalten Teile der Zielvereinbarungen eher den Charakter einer Selbstverpflichtung der Schulen, da nur eine der beiden vertragsschließenden Seiten abrechenbare Verpflichtungen eingeht (vgl. Schmuck, 2010, S. 43). Die Schulreferentinnen und -referenten achten in den Gesprächen auf eine quantitative Begrenzung der von der Schule vorgeschlagenen Ziele. Die Umsetzung von mehr als zwei bis drei Zielen wird als nicht realistisch erachtet. Sie setzen sich dafür ein, dass Schulen auch die Qualitätssicherung schulischer Prozesse als Ziel wahrnehmen und in die Zielvereinbarungen aufnehmen. Also, wir haben das generell begrenzt, dass wir gesagt haben, wir wollen nicht mehr als zwei bis drei Aspekte. Das sind wirklich erst einmal die, die jetzt wesentlich und wichtig sind. Die anderen Punkte, die kann man auch später noch einmal angehen. (SR-GY-04) Die Schulreferentinnen und -referenten drängen auf die Formulierung umsetzbarer, abrechenbarer Ziele entsprechend der SMART-Regeln der Zielformulierung (SMK, 2008, S. 12). Dabei achten sie insbesondere auf die Einordnung der Ziele in den Zusammenhang der strategischen Ziele, die Messbarkeit der beschlossenen Maßnahmen und die Festlegung von Verantwortlichkeiten. Hinsichtlich dieser Punkte erfolgten Absprachen in den Referaten der Regionalstellen der SBA. Die Form der Zielvereinbarungen wird von den Schulreferentinnen und -referenten maßgeblich beeinflusst. Teilweise wird diese vorgegeben und deren Einhaltung eingefordert. Mit dieser Einheitlichkeit der Gestaltung der Zielvereinbarungen innerhalb ihres Bereiches wird deren Vergleichbarkeit sowie Übersichtlichkeit angestrebt. Die damit verbundene Standardi sierung und Reduktion der Inhalte wird im Hinblick auf die effiziente Arbeit mit den Zielvereinbarungen akzeptiert. Dieses Dokument soll einen schnellen Überblick zur jeweiligen Schule ermöglichen. Zum Teil werden die Zielvereinbarungen aber noch durch weitere, erläuternde Schriftstücke ergänzt. Ich habe dann auch eine Vorgabe, dass man sagt: Wir wollen das in Tabellenform. Das ist wegen der Vergleichbarkeit, wenn man sich mit anderen Schulen verständigt. (SR-MS-08) Die Ziele werden als verbindlich angesehen, müssen aber nicht zwingend in der einmal festgelegten Form umgesetzt werden. Zum Teil vereinbarte Zwischenevaluationen sind dafür gedacht, die Sinnhaftigkeit der Ziele zu prüfen und gegebenenfalls begründete Zielanpassungen vorzunehmen. Wie reagiert wird, wenn Ziele nicht erreicht werden, obliegt den jeweiligen Schulreferentinnen und -referenten. In diesem Fall sind von ihrer Seite keine negativen Konsequenzen für die Schule vorgesehen und es werden diesbezüglich auch keine Vereinbarungen zwischen den Aushandlungspartnerinnen und -partnern der Zielvereinbarungen getroffen. Dann beginnt der Kreislauf von vorne. Da müssen wir versuchen, das Ziel noch ein bisschen einfacher zu stellen und die Indikatoren etwas abzuschwächen. (SR-MS-07) Reflexionen zum Zielvereinbarungsprozess und zur Rolle der Schulreferentinnen und -referenten Das Konzept institutioneller Zielvereinbarungen stellt aus der Sicht der Schulreferentinnen und -referenten einen guten Ansatz für die inhaltliche Zusammenarbeit mit den Schulen und für die inhaltliche Arbeit an der SBA dar. Die Aushandlungsprozesse ermöglichen es ihnen, die internen Abläufe an den Schulen besser kennenzulernen und zu verstehen. Dies wird als wichtig für die eigene Wahrnehmung der Schule beschrieben. Der verbindliche Charakter von Zielvereinbarungen zwingt dazu, sich auch inhaltlich mit der Arbeit der Schule und der eigenen Arbeit bzw. der Institution SBA auseinander zu setzen. Zielvereinbarungen bringen die Personen im System wieder dazu, über ihr Handeln nachzudenken und sich darüber zu verständigen. (SR-GY-02) In Ausnahmefällen führen diese Prozesse zur Bildung von referatsübergreifenden Teams. In diesen Teams geht es nicht nur um organisatorische und formale Absprachen, sondern auch um die Klärung der Rolle der SBA bzw. der Schulrefe- 62 Ergebnisse der RuN-Studie

61 rentinnen und -referenten im Prozess der Qualitätsentwicklung an Schulen. Die beratende Rolle in den Aushandlungsgesprächen ermöglicht es den Referentinnen und Referenten, sich den Schulen in einer anderen Rolle als in der der Verwaltenden und Kontrollierenden zu präsentieren. Dies wird von vielen Schul referentinnen und -referenten als Zugewinn empfunden, da es den eigentlichen Intentionen ihrer Tätigkeit entspricht. So geben auch alle Interviewten an, dass sie sich gegenüber den Schulen in der begleitenden und unterstützenden Rolle sehen. Auf alle Fälle die Rolle des Begleiters. Begleiter deshalb, weil die Schulreferentin im Vertrauen oder in Zusammenarbeit mit der Schulleiterin darauf setzt, dass die Schulleiterin in erster Linie die richtige Entscheidung mit ihrem Team trifft und dass man diese Entscheidung am Ende mit unterstützt und trägt. (SR-GY-01) Den Schulreferentinnen und -referenten ist bewusst, dass sie trotzdem als Repräsentantinnen und Repräsentanten der staatlichen Schulaufsicht wahrgenommen werden. Sie bekennen sich auch im Rahmen von Zielvereinbarungen zu ihren Kontrollaufgaben und sehen sich in der Verantwortung, die Umsetzung der Ziele zu überprüfen. Einen Widerspruch zwischen der schulaufsichtlichen und der beratenden Rolle sieht die große Mehrheit der Befragten nicht. Diesen Tanz auf diesen beiden Stühlen, das bekommen wir ganz gut hin. (SR-GY-05) Einige Schulreferentinnen und -referenten registrieren für sich eine Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen sich und den Schulleitungen. Diese Verbesserung bringen sie mit den Zielvereinbarungsprozessen in Verbindung. Das trifft insbesondere auf diejenigen zu, die diese Schulen erst vor kurzem übernommen haben. Weiterhin wird positiv vermerkt, dass durch die Fixierung der Ziele die komplexe Arbeit an Schule überschaubarer und sachlich abrechenbar wird. Institutionelle Zielvereinbarungen werden als ein Arbeitsmittel gesehen, welches ein zielorientiertes und effizientes Arbeiten mit den Schulen ermöglicht. Allerdings müssen dazu die Rahmenbedingungen für Zielvereinbarungen stimmen. Die derzeitigen Rahmenbedingungen werden als nicht förderlich für die Aushandlung von Zielvereinbarungen bewertet. Insofern sehen die Schulreferentinnen und -referenten die Zielvereinbarungsprozesse ambivalent. Ganz ehrlich gesagt, es wird gewünscht, dass man Zielvereinbarungen abschließt. Man versucht es auch dort, wo es möglich und sinnvoll ist, umzusetzen. Ich gebe zu, ich habe jetzt nicht mit allen Schulen Zielvereinbarungen, weil es auch manchmal schlichtweg nicht die Zeit ist. Und in der jetzigen Situation fallen wirklich teilweise unsere Zielvereinbarungen hinten runter. Es hilft allerdings dahingehend, dass man gezwungen wird, mit der Schule auch einmal inhaltlich zu arbeiten und nicht nur über die Personalsituation und Ähnliches zu sprechen, sondern eigentlich das, was für uns ja die Hauptaufgabe sein sollte, einmal wieder auf den Tisch zu bringen. Und hier hilft es dann wirklich auch eben dahingehend, dass man ja zeitliche Vorgaben macht. In einem großen Zeitraum zu sagen, es ist notwendig, einmal wieder zu sehen, wie weit sind wir denn, wie läuft es denn, und ich denke, es hilft dann auch der Schule, dass auch die Schule, trotz aller Probleme ringsum, gezwungen wird, eben zu ausgewählten Punkten einmal ein Stück voranzukommen, inhaltlich. Und insofern wäre es einfach wünschenswert, dass, wenn irgendwann personaltechnisch einmal wieder mehr Ruhe einkehrt, wir uns dem Ganzen wieder mehr zuwenden könnten. Ja, es ist so, zurzeit fällt es ein bisschen hinten runter. (SR-GY-04) Für viele Schulreferentinnen und -referenten ist die angespannte Ressourcenlage der Hauptgrund dafür, dass das Prinzip der Partnerschaft auf Augenhöhe nicht umgesetzt werden kann. Es sei derzeit nicht möglich, die Schulen bei der Umsetzung der beschlossenen Ziele angemessen zu unterstützen. Das stellt für alle einen unbefriedigenden Zustand dar. Und natürlich steckt da jetzt gegenwärtig auch da dahinter, dass wir Probleme sehen hinsichtlich einer Zielvereinbarung zwischen Schule und Schulaufsicht aus diesem Bericht heraus. Wo wir auch wirklich dann als Partner gegenüber der Schule auftauchen können, wo wir der Schule etwas mehr bieten als wir das gegenwärtig tun können. (SR-MS-05) Und die Schulleiterin kann ja auch mit dem Lehrermangel oder -bedarf, den sie hat, nichts ändern, da Schule ja nicht die personalführende Stelle ist. Sie kann nur damit arbeiten, mit den Ressourcen, die sie von uns zur Verfügung gestellt bekommt. Und jetzt, muss man sagen, sogar noch vor dem Hintergrund, dass sie nicht einmal fachausgebildetes Personal bekommt. (SR-GS-06) Der Zielvereinbarungsprozess aus der Perspektive der Schulaufsicht 63

62 Als problematisch führen die Schulreferentinnen und -referenten ihr zu knappes Zeitbudget für die inhaltliche Arbeit mit den Schulen an. Verwaltungstechnische Aufgaben nehmen den Großteil ihrer Arbeitszeit ein und verkürzen oder verhindern ihre Präsenz an den Schulen. Hinzu kommen Querschnittsaufgaben, welche zusätzlich Zeitressourcen beanspruchen. Referentinnen und Referenten der Grundschulen und Mittelschulen nennen den ungünstigen Betreuungsschlüssel als weiteren Grund für Verzögerungen von Zielvereinbarungsprozessen. Während die Befragten im Bereich der Grundschulen durchschnittlich 29 staatliche Schulen betreuen, sind es im Bereich der Mittelschulen durchschnittlich 11 Schulen. Nicht eingerechnet sind dabei die zu betreuenden Schulen in freier Trägerschaft, da diese derzeit nicht evaluiert werden. Werden in einem Schuljahr mehrere Schulen einer Schulreferentin bzw. eines Schulreferenten evaluiert, kommt es zu einer Häufung der Zielvereinbarungsgespräche. Zum Teil behindern auch interne Prozesse in der SBA Zielvereinbarungsprozesse. Neben den schon oben ausgeführten personellen Wechseln bereiten uneinheitliche Vorgaben und Absprachen zwischen den Regionalstellen bzw. den Referaten der Regionalstellen Probleme. Exemplarisch sei hier die fehlende Zielvereinbarungskaskade der vorgesetzten Ebenen genannt, welche von mehreren Interviewten als eine Voraussetzung für Zielvereinbarungen mit den Schulen gesehen wird. Dieser Prozess ist immer wieder ins Stocken geraten auf Grund der Tatsache, weil wir diese Zeiten dann leider nicht zur Verfügung hatten. Auch bestimmte Dinge, wo man uns z. T. auch gebremst hat, weil man gesagt hat: Also, bevor die Zielvereinbarungen der anderen Institutionen, die über uns liegen, nicht existieren, können wir dies noch nicht tun. (SR-MS-05) Einige Schulreferentinnen und -referenten geben an, dass sie sich für die Beratung der Schulen nicht ausreichend vorbereitet fühlen. Sie sind der Auffassung, dass die Schulen von externen Beraterinnen und Beratern begleitet werden sollten, die für diese Tätigkeit professionell ausgebildet sind. Ähnliches wünschen sie sich für ihr Arbeitsfeld in der SBA. In diesem Zusammenhang werden die vom Sächsischen Bildungsinstitut (SBI) angebotenen Veranstaltungen nur als teilweise zielführend bezeichnet. Ein Punkt, der von fast allen befragten Referentinnen und Referenten im Zusammenhang mit den Zielvereinbarungen thematisiert wurde, ist ihre personalrechtliche Stellung im Bereich der SBA. Das Prinzip der jährlichen Abordnungen an die SBA wird als nicht angemessen bezeichnet. Zum einen werde damit mit der Tradition von Schulaufsicht gebrochen, in der die Vertreterinnen und Vertreter der Schulaufsicht verbeamtet oder zumindest auf festen Haushaltsstellen beschäftigt waren. Zum anderen verhindere diese Abordnung ein Planen auf lange Sicht. Dass ich hier auf Stelle bin und nicht als Abgeordnete, die in Gesprächen oder Schulleiterberatungen immer degradierter dasteht als die Schulleiter, die ja verbeamtet sind. Ich wünsche mir, dass die Referenten, egal ob ich das bin oder andere, einfach wieder auf Stelle bestellt werden um damit auch anweisungsbefugter zu sein, als sich nur hinter dem Namen zu verstecken. Das ist ein anderes Gefühl. (SR-MS-04) Nein, eigentlich können wir keine Verpflichtung gegenüber der Schule eingehen. Wir sind alle abgeordnet hier und könnten jederzeit wieder an die Schule zurück müssen. (SR-GY-06) Die Arbeit mit institutionellen Zielvereinbarungen führt nicht zu einer Veränderung der Arbeitsweise der Schulreferentinnen und -referenten. Schulen werden nicht im Team, sondern in alleiniger Verantwortung einer Referentin bzw. eines Referenten betreut. Der Umfang der anderen dienstlichen Aufgaben wird nicht zu Gunsten der Zielvereinbarungsprozesse reduziert. Der Zielvereinbarungsprozess bringt ihnen in ihrer Arbeit keine Entlastung, sondern wird als zusätzliche Aufgabe wahrgenommen. Einige empfinden Zielvereinbarungen als einen Ausdruck des momentan präferierten schulaufsichtlichen Trends. Da sollte man vielleicht erst einmal sagen, dass Zielvereinbarungen momentan dem Zeitgeist entsprechen. (SR-GS-02) Einige Schulreferentinnen und -referenten plädieren dafür, den Abschluss von Zielvereinbarungen so lange auszusetzen, bis die SBA in der Lage ist, die Schulen angemessen bei der Umsetzung der vereinbarten Ziele zu unterstützen. Andere schlagen vor, die Gespräche mit den Schulen zu führen, Zielvereinbarungen aber nur abzuschließen, wenn beide Seiten gleichberechtigte Partnerinnen und Partner dieser Vereinbarung sind, d. h., gemeinsam die Verantwortung für das Erreichen der Ziele übernehmen können. 64 Ergebnisse der RuN-Studie

63 5.4.3 Zwischenfazit Schmuck definiert Zielvereinbarungen als verbindliche Absprache zwischen zwei Ebenen für einen festgelegten Zeitraum über die zu erbringenden Leistungen, deren Qualität und Menge, das hierzu erforderliche Budget beziehungsweise die zur Verfügung stehenden Ressourcen sowie über Art und Inhalt des Informationsaustausches (Schmuck, 2010, S. 126). Das Grundprinzip von Zielvereinbarungen, verbindliche Leistungen und Gegenleistungen auszuhandeln und zu fixieren (vgl. Schmuck, 2010, S. 36; Ulber, 2010, S. 297), kann bei der gegenwärtigen personellen Ressourcenlage durch die Schulreferentinnen und -referenten kaum umgesetzt werden. Den Schulen können derzeit weder zusätzliche Ressourcen für die Umsetzung der Ziele noch die Kontinuität ihrer derzeitigen personellen Situation garantiert werden. Auch wenn die Umsetzung der Ziele den Schulen überlassen bleibt (vgl. SMK, 2008, S. 3), sind dennoch Anreize nötig, um die Schulen zur Umsetzung der Ziele zu motivieren. Nur so kann die Steuerungswirkung von Zielvereinbarungen voll entfaltet werden, da es ansonsten gleichgültig für die Schule ist, ob sie ihre Ziele erreicht oder nicht (Schmuck, 2010, S. 133). Die Schulreferentinnen und -referenten lehnen das Steuerungsinstrument institutionelle Zielvereinbarungen aber nicht prinzipiell ab. Sie sehen die Chancen einer dialogischen inhaltlichen Arbeit mit den Schulen. Insbesondere der Zugewinn an Informationen über die Schulen wird als bedeutsam erachtet. Die Zielvereinbarungsgespräche stellen eine Möglichkeit dar, den angestrebten Rollenwechsel zur beratenden Einrichtung in den Schulen zu kommunizieren und die Perspektive der SBA transparenter zu machen. Diese Beratungsrolle nehmen Schulreferentinnen und -referenten als Bereicherung ihrer Arbeit wahr. Der beiden Seiten zur Verfügung gestellte Gestaltungsspielraum im Zielvereinbarungsprozess wird demnach maßgeblich darüber entscheiden, ob sich das Instrument institutionelle Zielvereinbarungen in der Praxis bewährt. 5.5 Schulleitungen im Zielvereinbarungsprozess Juliane Keitel Im Folgenden werden Ergebnisse dargestellt, die sich aus der Auswertung der Interviews mit den Schulleitungen zu den Zielvereinbarungen ableiten lassen. Die formale Aufbereitung orientiert sich an den Fragekomplexen des Leitfadens, zu denen sich besonders dichte und im Hinblick auf die Forschungsfragen bedeutsame Narrationen im Interview ergaben Zum konzeptionellen Verständnis von Zielvereinbarungen Ausgehend von der Annahme, dass konzeptionelle Vorstellungen von Zielvereinbarungen mit darüber entscheiden, ob und wie ein solches Instrument Eingang in berufliche Handlungspraxis findet, wurde den Erzählungen zu diesem Aspekt bei der Auswertung der Daten besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Die befragten Schulleitungen äußern unterschiedliche Vorstellungen von Zielvereinbarungen im Hinblick auf Sinn bzw. Bedeutung, auf Funktion und auf Wirksamkeit bzw. Nutzen. Dabei ist den meisten interviewten Schulleiterinnen und Schulleitern gemeinsam, dass sie das neue Steuerungsinstrument explizit oder implizit eher im Zusammenhang mit einer Verpflichtung thematisieren, die sie als Schule der SBA gegenüber zu erfüllen hätten. (Selbst-)Verpflichtung statt beiderseitige Vereinbarung Schulleitungen, die Zielvereinbarungen im Sinne einer Selbstverpflichtung thematisieren, gehen in ihren Erzählungen oft davon aus, dass sich die Schule verpflichtet bzw. sich etwas vornimmt, das sie in einem bestimmten Zeitraum erreichen will oder muss, ohne dass die andere Seite, die SBA, eine gleichwertige Gegenleistung erbringt. Dies wird u. a. daran deutlich, dass die SBA innerhalb der Interviewpassagen, in denen Aussagen zum Konzeptverständnis identifiziert werden können, als mögliche Partnerin oft gar nicht vorkommt. Dafür steht folgende Interviewaussage einer Schulleiterin: Ziele hat man ja oder sollte man zumindest immer haben und vereinbaren. Das klingt schon immer so nach Pflicht, aber letztendlich ist es einfach so, wenn wir uns nicht etwas genau vornehmen, und es dann auch, na ja, doch visualisieren, fällt manches untern Tisch. Also, es ist einfach eine Notwendigkeit, denke ich. (SL-GS-01) Schulleitungen im Zielvereinbarungsprozess 65

64 In den Erzählungen vieler Schulleitungen werden die Begriffe Zielvereinbarung und Arbeitsschwerpunkt synonym verwendet. Das dahinterliegende Konzeptverständnis geht über einen für sich selbst aufzustellenden Plan oder über Ziele, die sich die Schule sowieso setzt, nicht hinaus. Insofern gelangen bildungspolitische Intentionen, nach denen u. a. über ein Instrument wie die Zielvereinbarungen auch eine neue Konstellation zwischen Schulaufsicht und Schule angeregt werden soll, nicht in den Blick (vgl. auch Zitat SL-GS-01): Ja, ich hab den Begriff nicht ernst genommen. Sondern ich habe mir gesagt, ob das nun Zielvereinbarung heißt oder ob das nun jetzt hier Schwerpunkte in der zukünftigen Arbeit heißt. Das ist eigentlich egal. Klar brauch ich ein Ziel, aber das sind ja auch Ziele, die wir uns gestellt haben. Und demzufolge hat das für mich als Begriff nicht diesen vordersten Stellenwert gehabt. [ ] Wir haben s Arbeitsschwerpunkte genannt. Es sind aber eben Zielvereinbarungen. [ ] Ich meine, dass man einen Plan hat, das ist ja normal. (SL-GY-07) Im folgenden Interviewausschnitt grenzt eine Schulleitung die institutionelle Zielvereinbarung explizit ab von solchen Vereinbarungen, die ihrer Meinung nach die Qualität einer gegenseitigen Vereinbarung erfüllen. Damit charakterisiert sie diejenige, die sie mit der SBA abgeschlossen hat, als ein rein formales Dokument, in das etwas eingetragen wurde: Ich hab Kooperationsvereinbarungen. Und die beruhen immer auf Gegenseitigkeit. Das heißt, da gibt es zwei Kooperationspartner und die haben miteinander ausgemacht, was sie machen. Hier [SL klopft auf die Zielvereinbarung] hatte ich das Gefühl, aufgrund dessen, was aus dem Bericht rausgekommen ist, hat man sich was rausgesucht und hat s eingetragen. (SL-GS-08) Andere Schulleitungen formulieren ein Konzeptverständnis, das an die bildungspolitischen Absichten des SMK angelehnt ist. Sie rekurrieren z. B. auf die in der Handreichung für Schulen und Schulaufsicht im Freistaat Sachsen entfalteten Konzeptvorstellungen (SMK, 2008, S. 3) und sprechen von einer Vereinbarung mit gegenseitigen Verantwortlichkeiten oder vom Dialog (SL-GS-10), der mit der zuständigen SBA geführt wurde. Dennoch thematisieren die Schulleitungen, die sich zunächst im Sinne der bildungspolitischen Vorgaben äußern, an verschiedenen Stellen der Interviews oftmals den Zwang oder den Verpflichtungscharakter, den die Zielvereinbarung auf sie ausübte. Solche Inkonsistenzen weisen darauf hin, dass nicht zwangsläufig davon ausgegangen werden kann, dass ein dialogisches Vorgehen tatsächlich erwartet und/oder erlebt wurde. Die Schulleitung des folgenden Zitats spricht ein beiderseitiges Interesse von Schule und SBA am Schließen einer Zielvereinbarung an. Indem die Schulleitung in ihrer Erzählung dieses Verständnis einer Zielvereinbarung von einem formalen Akt abgrenzt, führt sie gleichzeitig vor Augen, dass grundsätzlich aber auch die Gefahr besteht oder bestand, Zielvereinbarungen könnten sich als eine reine Formalie gerieren, die lediglich zu erfüllen sei. Möglicherweise werden hier Erfahrungen mit administrativen Vorgaben aktiviert, die sprachlich ihren Ausdruck in diesem Vergleich finden: Es sollte nicht nur ein formaler Akt sein, ich muss jetzt was erfüllen und mach eine Zielvereinbarung, sondern, es sollte gut durchdacht und im beiderseitigen Interesse sein. (SL-MS-08) Im einer weiteren Erzählung wird ebenfalls das Wort Vereinbarung benutzt. Jedoch zeigt die Erzählrichtung, dass es im Verständnis des Schulleiters vorrangig um die Schule geht, die sich mit Erwartungen der anderen Seite, der SBA, konfrontiert sieht. Als angenehm wird herausgestellt, dass es offenbar keine strikten, automatischen Vorgaben seitens der SBA gegeben habe, dass beide Institutionen die Zielvereinbarung besprochen hätten und dass die überschaubare Zielvereinbarung dort, d. h. in der SBA, mitgetragen würde. Während es aus der Perspektive der Schule um die von der SBA in sie gesetzten Erwartungen geht, wird der anderen Seite eine eher passive Rolle des Mittragens zugeschrieben. Ähnlich wie in Beispiel SL-GS-08 (S. 93) wird durch den Aufbau der Erzählung der Aushandlungscharakter, der Zielvereinbarungsprozessen bildungspolitischer Intention nach zukommen sollte, von einer möglichen negativen Praxis ( Das und das wird vorgegeben. ) abgehoben. Auch hier liegt es nahe anzunehmen, dass die Erzählweise auf ein sonst übliches Zusammenarbeiten und diesbezügliche Erfahrungen mit der SBA verweist: Naja, ich find s ja erst einmal angenehm, dass diese Zielvereinbarung wirklich eine Vereinbarung ist. Das heißt also automatisch nicht, dass dort gesagt wird, von einer Seite: Das und das wird vorgegeben. Son- 66 Ergebnisse der RuN-Studie

65 dern das ist von beiden besprochen worden. Was kann die Schule leisten und was erwarten wir auch von der Schule von der anderen Seite, ne? Und wenn so eine Vereinbarung da ist, sind das schon erst einmal Anhaltspunkte, wie man dort mit trägt automatisch und dann sagt, das ist überschaubar und das kann man schaffen. (SL-MS-10) Auch weiter zurückliegende Erfahrungen aus dem biografischen Kontext beeinflussen das jeweilige Konzeptverständnis. Im Zitat SL-GS-04 vergleicht die Schulleitung die Verpflichtung, eine Zielvereinbarung abzuschließen, mit ihren Erfahrungen aus der DDR-Zeit. In ihrer Erinnerung wurde administrativen Forderungen offenbar eine Strategie des Auf- Distanz-Bringens entgegengesetzt, und die Schulleitung sieht sich heute erneut in der Situation, auf diese Strategien zurückgreifen zu müssen: Naja, da tun sich mir Parallelen auf. Also ich hab mich ja in der DDR nie engagiert für irgendwas, aber immer, wenn jemand kam sind wir erstmal gerannt. Und das hatten wir eigentlich mal fünf, sechs, zehn Jahre nicht. Jetzt ist es aber wieder soweit. Ich finde das (Pause) dumm. Ich find das dumm. (SL-GS-04) Das folgende Beispiel SL-MS-07 zeigt ein konzeptionelles Verständnis, das die in der Handreichung des SMK dargelegten normativen Vorstellungen von der Arbeit mit Zielvereinbarungen widerspiegelt. Indem der Schulleiter die eigene Auffassung von Zielvereinbarungen im Duktus einer Definition entfaltet, entspricht er den Normativitätskonzepten, die u. a. durch die Handreichung des SMK im schulpolitischen Diskurs in Sachsen präsent sind. Im gesamten Interview entfaltet die Schulleitung eine in Bezug auf das konzeptionelle Verständnis der institutionellen Zielvereinbarung relativ konsistente Erzählung und unterlegt ihr Verständnis mit konkreten Beispielen. So wird z. B. einige Abschnitte später eine Bringepflicht (SL-MS-07) der SBA zu einem spezifischen, die Schule betreffenden Fachlehrkräftemangel eingefordert, die auch in der schriftlichen Form der Zielvereinbarung festgehalten sei: Zielvereinbarungen sind ein Mittel zwischen der vorgesetzten Dienststelle und der betreffenden Schule, eine Vereinbarung zu treffen, mit der beide Seiten arbeiten, um sowohl die Schüler- als auch die Elternarbeit voranzubringen. (SL-MS-07) Festgehalten werden kann, dass in den Erzählungen von Schulleitungen, die auf einer objektsprachlichen Ebene auf Termini wie Vereinbarung, Gegenseitigkeit u. a. zurückgreifen, fast ausnahmslos konkrete Vorstellungen davon, wie gegenseitige Vereinbarungen mit einem beiderseitigen Interessenausgleich gestaltet sein könnten, fehlen; Hinweise darauf lassen sich auch in den verschriftlichten Formen der Zielvereinbarungen kaum finden (Kapitel 5.6, S. 79). Konstruktion und Dekonstruktion von Sinn und Bedeutung Das Antwortverhalten der Schulleiterinnen und Schulleiter bei der Frage nach einer Bedeutung von Zielvereinbarungen ist häufig durch Pausen im Redefluss, paraverbale Äuße rungen, Füllwörter und Redefloskeln (z. B. ja, wie soll ich sagen, s. Bsp. SL-GS-09) gekennzeichnet. Dies kann darauf hinweisen, dass eine Bedeutungszuschreibung zunächst schwerfällt und die Interviewten unsicher zwischen einer Antwort, die einerseits ihrer schulpolitischen Position als Schulleiterin bzw. Schulleiter gerecht werden sollte und einer Antwort, die sie andererseits als Schulleiterin bzw. Schulleiter einer ganz konkreten Schule mit ganz spezifischen Bedingungen und Problemen geben würden, abwägen. Die meisten Schulleitungen entschieden sich für eine auf semantischer Ebene ambivalente Antwort, die sowohl ihre politische Position als auch eine davon abgesetzte, auf ihre konkrete schulische Situation bezogene Auffassung vom Sinn einer Zielvereinbarung widerspiegelt. Das folgende Zitat verdeutlicht die Antinomie, in der sich Schulleitungen bei der Frage nach Sinn und Bedeutung von Zielvereinbarungen offenbar befanden: Hm, also die Zielvereinbarung hat für mich (längere Pause) ja, wie soll ich sagen (Pause), sie macht schon Sinn, aber sie hat im Endeffekt (Pause) eigentlich keine immense Bedeutung, jetzt im Verlauf des Schulprozesses. Sondern für mich sind die vielen kleinen Schritte viel wichtiger, die wir individuell festlegen. [ ] Wichtiger wäre, wenn, die SBA sagt: Gut, hier fehlt Lehrerpotential, was können wir tun, um die Ziele, die sich die Schule gesetzt hat, zu unterstützen, also welche Lehrer können wir da hinschicken, weil da eine Fachkraft Musik fehlt und zwei Lehrer langzeitkrank sind? Dann macht das Sinn. Dann kann ich auch an diesem Ziel arbeiten [ ]. Wir hatten große Schwierigkeiten im letzten Jahr, und ja von daher halte ich s immer bissel weit weg, die Zielvereinbarung, muss ich zugeben, sie liegt, und man schaut einmal im Jahr Schulleitungen im Zielvereinbarungsprozess 67

66 drauf. Wo wir dran bleiben, das ist unser erstes Ziel, das ist das, wo wir jeden Tag sind, im Unterricht, dort uns zu optimieren, auch im Kollegium fester zusammen zu wachsen. Aber das sind jetzt nicht Ziele, die die SBA möchte. Das sind aber für mich wichtigere Ziele. (SL-GS-09) Das Zitat SL-GS-09 ist gleichzeitig ein Beispiel dafür, wie die Herstellung von Sinn und Bedeutung bezüglich der Zielvereinbarungen und die jeweilige Auffassung davon, was eine Zielvereinbarung ist, einander bedingen. Die zitierte Schulleitung sieht die SBA nicht als eine Partnerin im Prozess der Zielerreichung an, sondern sie geht selbstverständlich davon aus, dass diese als die beteiligte Akteurin eine benötigte Unterstützung nicht geben wird. Insofern erscheint es als folgerichtig, dass die Schulleitung sich gegenüber den Zielen der Zielvereinbarung, die sie als von der SBA gewollt beschreibt, emanzipiert und diesen eigene Ziele, die ihrer Meinung nach für die Schule relevant sind und die den täglichen Arbeitsalltag bestimmen, gegenüberstellt. Eine Sinnzuschreibung für die Zielvereinbarung findet demzufolge nur auf einer objektsprachlichen Ebene am Redebeginn statt. In der weiteren Erzählung wird das Dokument als entsprechend bedeutungsarm für den schulischen Alltag konstituiert. Die Schulleitung des folgenden Zitats SL-MS-02 dekonstruiert eine Bedeutung von Zielvereinbarungen für die Arbeit an der Schule noch stärker. Auch hier geht dies mit der konzeptionellen Auffassung konform, dass es sich um eine verpflichtende Angelegenheit handelt. Dem entsprechenden Handlungsdruck, eine Zielvereinbarung abschließen zu müssen, unterliegt in der Erzählung der Schulleitung jedoch nicht nur die Schule, sondern auch die SBA: Die Schulleiterin entwirft in der Interviewpassage ein hierarchisches Kaskadenszenario, in dem Zielvereinbarungen nur deshalb abgeschlossen würden, weil die nächst höher gelegene Dienststelle dies jeweils verlangt. Die Aussage erhält insofern ein besonderes Gewicht, als sie auch vor dem Hintergrund eigener beruflicher Erfahrungen der Schulleitung als Schulreferentin getroffen wird: Es ist halt so, ich sag s mal ganz platt, (Pause) die Regionalstelle, die Referenten, müssen gegenüber ihren Dienstherren auch was abrechnen, und wenn der das will, dann müssen wir das so machen. (Pause) Also, ob ich das nun hingeschrieben hab oder was (Pause), ich meine (Pause), es gibt eine Schulentwicklung. Wir haben in der Schule Gremien und wir besprechen das und wir setzen uns neue Ziele, schon von der Steuergruppe aus. Also, ich sag es mal, ob ich nun noch so eine Zielvereinbarung brauch, weiß ich nicht. Aber, ich mein, ich kann mir schon vorstellen, dass mein Dienstherr, ich mein, ich war ja auch mal [ ] in der Regionalstelle, die müssen ja auch was abrechnen, die müssen ja auch was vorweisen. (SL-MS-02) Viele Schulleitungen berichten davon, dass sie von der Schulaufsicht eine Information über den bevorstehenden Abschluss von Zielvereinbarungen erhalten und eine Begründung, warum dies notwendig sei. Sinn wird demnach eher nicht gemeinsam konstruiert und gestaltet, sondern unidirektional gesetzt und kommuniziert. Damit im Zusammenhang stehen normative Vorschriften hinsichtlich der formalen Gestalt des entstehenden Dokuments. Die Schulen fühlen sich zumeist aufgefordert, zwischen den formalen Ansprüchen und ihren schulspezifischen Inhalten eine Passung eigenverantwortlich herzustellen. Dies korrespondiert wiederum mit einem Konzeptverständnis von Zielvereinbarungen, bei dem es sich um eine einseitige Pflichtgeschichte (SL-MS-09) handelt: Die Zielvereinbarung ist ja eigentlich eine Pflichtgeschichte und mein Referent hat also den Termin mit mir ausgemacht, hat mir erläutert (längere Pause) was der Sinn dieser Geschichte ist, und in welche Form diese Zielvereinbarung zu bringen ist, und hat mir dann natürlich überlassen, wie ich zu dieser Zielvereinbarung komme. (SL-MS-09) Ein Beispiel zum Umgang mit wenig überzeugenden Sinnkonstruktionen seitens der SBA bietet der folgende Interviewausschnitt SL-GY-01. Im Kontext des ausgewählten Zitats berichtet die Schulleiterin davon, dass ihrer Kenntnis nach viele andere Schulleitungen nur ein Zettelchen ausgefüllt hätten und das war s (SL-GY-01). Damit setzt sich die Schulleitung von solchen Praktiken ab und inszeniert sich als Schulleiterin, die souverän mit der vorgesetzten Dienststelle umgeht und Informationen zu Zielvereinbarungen von dieser einfordert. Konsistent dazu wird eine Erzählung entfaltet, in der die Schulleitung die Arbeit an einer Zielvereinbarung wegen fehlender Bedeutung zunächst ablehnte und auch den Evaluationsbericht nicht an die Schulaufsicht weitergab. Eine Sinnkonstruktion wird ebenfalls in unidirektionaler Weise von der SBA, die als Verantwortliche für die Kommunikation von Sinn und Zweck konstituiert wird, er- 68 Ergebnisse der RuN-Studie

67 wartet, ohne dass eine Beteiligung der Schule an der Herstellung von Bedeutung wie es im Konzept einer Vereinbarung möglich wäre in Betracht gezogen wird: Deswegen hab ich mich auch so lange gewehrt, ich hab gesagt, da zeige ich meinen Evaluationsbericht auch nicht im Amt. Muss ich nicht, mach ich nicht, habt ihr Pech. Wie wollt ihr da mit mir eine Zielvereinbarung schließen? Überzeugt mich mal, dass das Sinn macht, was ihr da mit mir vorhabt. [ ] Die wissen, dass ich gerne mitmache, aber ich möchte Sinn und Zweck verstehen. (SL-GY-01) Eine mögliche Erhöhung von Bedeutung und eine Bedingung dafür, dass diese auch Wirkung entfalten bzw. funktionieren könnte, knüpft die Schulleitung an die Vorbildwirkung des Kultusministeriums: Ich bin auch ein sehr kritischer Beleuchter von den systemischen Zielvereinbarungen, weil ich keine kenne, die wirklich funktioniert bis heute nicht. Kultus hat ja noch nicht einmal ordentliche Zielvereinbarungen gemacht mit den untergeordneten Behörden. Also, die Vorbildwirkung ist ja schon mal nicht da. (SL-GY-01) Erinnerungs-, Fixierungs- und Abrechnungsfunktion Die zur Frage nach der Funktion und der Wirksamkeit von Zielvereinbarungen aufgezeichneten Erzählungen der Interviewten stehen im Zusammenhang mit dem jeweiligen Konzeptverständnis und den entsprechenden Bedeutungskonstruktionen bzw. -dekonstruktionen und bedingen sich gegenseitig. Dabei verbleiben die Vorstellungen der Schulleitungen, ob und wie das Instrument Zielvereinbarung sie in ihrem beruflichen Alltag unterstützen und welche Wirksamkeit es entfalten könnte, eher auf einer organisatorischen, aber inhaltlich sehr unkonkreten Ebene. Korrespondierend mit einem Verständnis als Verpflichtung und einer weitgehenden Dekonstruktion von Bedeutung werden dem Dokument vornehmlich Abrechnungs-, Erinnerungs- und Fixierungsfunk tionen, im Sinne einer Gedächtnisstütze im Schulalltag, zugeschrieben: Das ist ganz gut zur planmäßigen Arbeit. Also man hat zwar so allgemeine Ziele, die man sich so immer vornimmt, wo man sagt, ok, das möchte ich jetzt in nächster Zeit erreichen, aber wenn man das nicht festhält, verliert man das eine oder andere Ziel aus den Augen und insofern find ich es schon ganz gut, dass man dann was hat, was man aufgeschrieben hat und sagt, ok (längere Pause) erstens, ich vergesse das Ziel nicht und dann, ich verzettele mich auch nicht. (SL-GS-07) Im folgenden Beispiel SL-GY-04 kommt ein sowohl mathematisches als auch ein pragmatisches Verständnis von Abrechenbarkeit zum Ausdruck, indem einerseits das Abschließen von Zielvereinbarungen überhaupt, andererseits die Abrechenbarkeit in Form von Größen, d. h. messbaren, zählbaren Variablen, miteinander ins Verhältnis gesetzt werden. In der Funktion, ein mögliches Verzetteln im Schulalltag zu verhindern, wird eine Zielvereinbarung zudem als eine Notwendigkeit beschrieben. Dass es die Schule ist, die dem Amt gegenüber abrechnungspflichtig ist, wird dabei als selbstverständlich vorausgesetzt: Ich bin natürlich nach wie vor, wenn man sowas macht, immer dafür, dass es wirklich abrechenbare Größen sind. Alles andere ist Nonsens. Bringt nichts. [ ] Irgendwo musst du ein paar Messgrößen mit dem Amt festmachen. Sonst verzettelt man sich. (SL-GY-04) Die Frage der Erreichbarkeit und Abrechenbarkeit von Zielen wird in einem weiteren Beispiel SL-GS-09 vor dem Hintergrund eines Konzeptverständnisses diskutiert, das eher von einer Gegenseitigkeit ausgeht. Die Schulleitung fragt sich, wie das Abrechnen möglich sei, wenn die SBA ihren Beitrag dazu nicht leistet: Ja, die Frage ist immer, äh, wie wird die SBA diese Zielvereinbarung abrechnen? Ja, was machen sie damit, wenn ich jetzt sage, das Personalentwicklungskonzept war zum vereinbarten Termin noch nicht möglich zu erstellen weil noch immer Lehrerpotential fehlt? Dann nimmt man das vielleicht in die nächste Zielvereinbarung auf, aber es hat sich nichts geändert. Also für mich muss ein Ziel auch greifbar sein, und erreichbar. Und erreichbar ist für mich nur eine Sache, an der ich auch arbeiten kann. (SL-GS-09) Schulleitungen im Zielvereinbarungsprozess 69

68 Zielvereinbarungen dienen im Verständnis des nächsten Zitats SL-MS-10 vor allem durch ihre schriftliche Fixierung zum Konkretisieren von Zielen. In der Erzählung der Schulleitung erhalten sie auch die Funktion, das zu Leistende einzugrenzen und die Schule vor Überforderung zu schützen. Diese Schulleitung könnte dabei auf ihre Fürsorgefunktion, die sie gegenüber dem Kollegium wahrnehmen muss, sowie auf mögliche Erfahrungen mit bildungspolitischen Vorgaben und Anforderungen rekurrieren: Ein ganz wichtiger Part ist, dass man dort [in der Zielvereinbarung] ein Ziel so aufgezeigt bekommt, dass man sagt, ja, das verfolgt man jetzt in der bestimmten Zeit. Alles, was nur mündlich ist, kann erstens irgendwo im Sand verlaufen (längere Pause) und zweitens ist es auch so eine Sache, wo ich immer nur denke, das ist dann immer so schwammig. [ ] Und deshalb denke ich schon, dass die Zielvereinbarung ganz gut ist, die aber dann wirklich (längere Pause) na, wie will ich s, wie möchte ich es bezeichnen? Also (Pause) nicht, ich sag mal, (längere Pause) zusätzliche oder überhöhte Anforderungen stellt, beziehungsweise auch nicht zu niedrig, sondern das muss schon (Pause) ein gutes Mittel sein. (SL-MS-10) Die Nutzungserwartungen der folgenden Schulleitung SL-GY-04 werden in Konkurrenz zu anderen, aus Sicht des Interviewten wichtigeren Ergebnissen schulischer Arbeit formuliert. Beschriebenes Papier wird als Trend bezeichnet, das neben der Haupttätigkeit auch erledigt werden muss. Insofern kann geschlussfolgert werden, dass das Instrument Zielvereinbarung bei der zitierten Schulleitung kaum Wirksamkeitshoffnungen geweckt hat: Eher geteilt. Also, wir machen unsere Arbeit, und das, was unterm Strich rauskommt, also das Lernergebnis ist für mich das Zählende. Und eher weniger das geschriebene Papier einer Zielvereinbarung oder wie auch immer. Das ist ein Trend, nach wie vor. So. Also, nach der Devise (Pause), das müssen wir auch machen, aber das ist nicht jetzt unsere Haupttätigkeit. (SL-GY-04) Kontrollfunktion und -erwartungen In vielen Interviews werden Kontrollerwartungen in Form von Konsequenzen, die von der SBA erfolgen sollten oder könnten, thematisiert. Diese werden teils befürchtet, teils aber auch erhofft, z. B. um dem Instrument mehr Bedeutung und eine stärkere Kraft als Führungsinstrument (SL-MS-05) zu verleihen: Dass es von vielen als schwaches Führungsinstrument gesehen wird, hab ich auch bei den Fortbildungen jetzt gemerkt, unter den Schulleitern, dass die sagen: Ziele, und warum dann keine Konsequenzen? (SL-MS-05) Andere Schulleitungen berichten davon, dass sie die Zielvereinbarung auch innerschulisch zum Ausüben von Kontrolle und zum Einfordern von Rechenschaft nutzen oder einsetzen werden: Es ist doch unterstützend. Nachdem es erst irgendwo für mich, na ja, wie ein (Pause) Zwang war, hab ich dann aber rückwirkend gemerkt, dass es trotzdem für mich Dinge gibt, die ich mit den Kollegen konkret abrechnen kann. (längere Pause) Ich würd schon sagen, für mich ist es schon praktikabel. Und nutzbar (SL-GS-03) Das Beispiel SL-GS-03 lässt zudem erkennen, dass auch bei der Frage nach dem antizipierten Nutzen von Zielvereinbarungen aus einem Konzeptverständnis von Zwang und Verpflichtung heraus argumentiert wird. Die Schulleitung vollzieht eine Transformation bzw. eine Weitergabe des wahrgenommenen Zwangs, indem sie mithilfe der Zielvereinbarung Kontrollansprüche ihrem Kollegium gegenüber begründen und legitimieren kann. Die Argumentation erfolgt dabei unter der Zuhilfenahme von selbstbestärkenden Formulierungen (z. B. ist doch unterstützend und für mich ist es schon praktikabel ). Die Schulleitung des folgenden Zitats rechnet mit einer aktiven Rolle der SBA, die sich nach Meinung der Schulleitung in zwei Jahren wegen einer Abrechnung melden wird; sie ist sich aber, auch hinsichtlich einer konkreten Art und Weise der Umsetzung dessen, nicht ganz sicher. Dies wird z. B. anhand der sich selbst verstärkenden conclusio ( Denk ich schon. ) oder der pointierten Bezeichnung Abrechnungsdinge deutlich: 70 Ergebnisse der RuN-Studie

69 Es gibt ja einen Zeitrahmen von zwei Jahren, ne? Es kommen ja auch, Abrechnungsdinge, und ich geh mal davon aus, wie ich unseren Referenten kenne, der wird das schon nicht ganz in die Ecke geschmissen haben, sondern er wird schon darauf zurückkommen. Denk ich schon. (SL-MS-08) Als eine Variante von Kontrollerwartungen gibt es auch Erwartungen, die sich gleichzeitig als ein Bedürfnis nach Wahrnehmung und Anerkennung charakterisieren lassen. Die Schulleitung im Beispiel SL-GS-08 zeigt sich enttäuscht bzw. resigniert darüber, dass seit dem Abschluss der Zielvereinbarung niemand aus der vorgesetzten Dienststelle Interesse am Fortgang der Arbeit gezeigt hat, obwohl das Kollegium an der Umsetzung der Ziele arbeitet. Es wird ein Verständnis von Zielvereinbarungen ersichtlich, das neben der Auffassung von Zielvereinbarungen als Verpflichtung einen Prozesscharakter betont: Zielvereinbarung war für mich ein hochtrabendes Wort. Das war so ein Vertrag zwischen irgendwas. [ ] So. Und daraufhin gab s ja diesen tollen Zettel [die Zielvereinbarung], und ich muss sagen, seit diesem [Datum 1], wir haben heut den [Datum 2] hat sich nichts an dieser Zielvereinbarung auch nur sprachlich oder schriftlich oder sonst was geändert. Sie sehen, das ist eine Kopie, die bei mir im Ordner liegt. Alle Kollegen haben davon eine Kopie letztes Jahr von mir erhalten. Wir haben für uns angefangen daran zu arbeiten, aber seitens des Amtes, null. Also hier war nie jemand da, der irgendwas mit mir darüber gesprochen hat. (SL-GS-08) Anknüpfend an die im Zitat SL-GS-08 wahrgenommene Unsicherheit bezüglich dessen, welche Art von Kontrolle wann und wie auf die Schule zukommen wird, zeigt das folgende Zitat, dass die Implementierung der neuen Steuerungsinstrumente bei Schulleitungen emotionale Reaktionen ausgelöst hat und auslöst, die die Frage nach dem Nutzen und nach Wirkungserwartungen überlagern können. In der zitierten Erzählung SL-MS-10 operiert der Schulleiter zweimal mit dem Affekt der Angst und verknüpft ihn mit Situationen, in denen nicht gewusst wird oder wurde, was auf die Schule und die Schulleitung zukommt. Auch wenn er im Folgenden ein positives Bild von Evaluation und Zielvereinbarungen zeichnet, weist der Interviewausschnitt darauf hin, dass mangelnde Transparenz hinsichtlich der Ziele und Erwartungen sowie eine fehlende Gegenseitigkeit in den Gestaltungsprozessen im Vorfeld negative emotionale Reaktionen hervorrufen können. Solche Rahmenbedingungen können eine konstruktive Arbeit mit diesen Steuerungsinstrumenten jenseits einer Erledigungsmentalität (Altrichter, Soukup-Altrichter und Specht, 2004, S. 63) möglicherweise erschweren: Ob es nun (längere Pause) diese Kontrolle oder diese Evaluation oder auch diese Zielvereinbarung mit der Bildungsagentur betrifft, (längere Pause) klar, ist es am Anfang immer so, dass man etwas Angst davor hat (Pause). Angst in dem Sinne, dass man weiß nicht, was auf einen zukommt. (längere Pause) Aber, wenn man dann sieht, wie es umgesetzt wird und, wie dort auch gezeigt wird auf welcher sachlichen Art (längere Pause) wo man hinkommen könnte und wie man dort hinkommt und so. Dann ist das eigentlich schon gut so. Also ich würde es schon unterstützen. (SL-MS-10) Funktionszuschreibung wie Kontrolle, Erinnerung, Fixierung und Abrechnung scheinen andere, ebenfalls bildungspolitisch intendierte Funktionen und Nutzungsabsichten wie z. B. das Zusagen gegenseitiger Verantwortlichkeit, die Gewährleistung von Planungssicherheit, das Einbringen verschiedener Kompetenzen, das Potential von Aushandlung auf Augenhöhe (vgl. SMK, 2008, S. 3) zu überlagern, da diese von den Schulleitungen kaum oder lediglich auf einer objektsprachlichen Ebene (vgl. Bsp. SL-MS-08, S. 71, und SL-MS-07, S. 67) angesprochen werden. Nutzungserwartungen für die Schulentwicklung Gegenüber einem Nutzen für die Schulentwicklung besteht bei vielen Schulleiterinnen und Schulleitern Skepsis. Diese wird in mehreren Interviews an die Begründung geknüpft, dass Schulleitungen auch ohne Zielvereinbarungen an Schulentwicklung qua Amt interessiert seien und dies wie auch die Lehrerinnen und Lehrer in ihrer täglichen Arbeit selbstverständlich im Blick hätten. Externe Evaluation und Zielvereinbarungen erscheinen dem gegenüber als der schulischen Alltagswirklichkeit entrückt, wie folgendes Beispiel, ganz ähnlich auch den Erzählungen in den Zitaten SL-GS-09 (S. 69) und SL-MS-02 (S. 68), aufzeigt: Es wird also (längere Pause) zu viel aufgesetzt, was gar nicht Realität ist. Deswegen sollte die Evaluation gar nicht so hoch angebunden sein, sondern die sollten sich mehr auf den Unterricht konzentrieren; die Schulleitungen im Zielvereinbarungsprozess 71

70 sollten hospitieren und uns in dem Bereich Unterstützung geben. Alles andere, was Schulentwicklung und Schulprogramm ist, das läuft auch ohne dass da eine Zielvereinbarung geschrieben wird. Die Lehrer und Schulleiter, die machen das schon; das ist in ihrem eigenen Interesse; es ist einfach so. (SL-GS-07) Alternativ dazu wird die geringe Bedeutung der Zielvereinbarung in Bezug auf die Entwicklung der Schule im folgenden Beispiel SL-GY-01 begründet. Nachdem die Schulleiterin die Zielvereinbarung nicht finden kann, um im Interview daran etwas zu zeigen, wird formuliert, dass diese nicht mehr nötig sei, weil sie Leben bekommen hätte. Retrospektiv wird eine Bedeutung des Dokuments konstruiert, indem es als Auslöser für eine momentane Entwicklung an der Schule in Anspruch genommen wird, die der Schule Nutzen bringen wird und die inzwischen zum Selbstläufer geworden sei. Abschließend wird diese Bedeutung der Zielvereinbarung wieder marginalisiert, indem die Schulleiterin die aktuellen Entwicklungen an ihrer Schule rückbindet an das Engagement der eigenen Person. Die liegt so rum. Ich find sie ja nur nicht mehr. Die liegt wirklich so rum, weil sie ja, die hat ja Leben gekriegt. Es ist ja etwas vereinbart worden (längere Pause), was dieser Schule nützt. Was diese Schule auch wollen will. So. Davon hab ich sie alle überzeugt. (SL-GY-01) Im folgenden Beispiel wird ähnlich wie im Zitat SL-GY-01 davon gesprochen, dass die Zielvereinbarung täglich gelebt werden muss. Sie erfährt jedoch ebenfalls eine Relativierung, indem sie als Blatt Papier bezeichnet und mit der Metaphorisierung obendrüber schwebend als realitätsfern konnotiert wird: Naja, es sollte immer in einem Maß bleiben. Also immer ein Bestandteil der täglichen Arbeit und nicht der Bestandteil der täglichen Arbeit. Die Zielvereinbarung ist immer (Pause) ein Blatt Papier. Der Inhalt muss jeden Tag gemacht werden. So. Und das ist Schritt für Schritt, Baustein für Baustein. Und nicht die große (Pause) Zielvereinbarung obendrüber über den Dinge schwebenden, sondern ganz klar die tägliche Arbeit: Ich fang meinen Unterricht pünktlich an. Ich bin vorbereitet. Ich bin mental präsent als Lehrer. (SL-GY-04) Zum Zielvereinbarungsprozess In den Narrationen der Schulleitungen werden die Zielvereinbarungsprozesse häufig auf Absprachen zwischen zwei Personen reduziert, nämlich zwischen der Schulreferentin bzw. dem -referenten und der Schulleitung, wobei die Personen der Schulaufsicht die Prozesse initiieren und steuern. Von mehreren Zielvereinbarungsgesprächen zwischen Gruppen verschiedener schulischer Akteurinnen und Akteure vor dem Abschluss des Dokuments wird selten berichtet. Das Abschließen der Zielvereinbarung wird eher als pragmatisches Vorgehen beschrieben, als dass sich Prozesse gegenseitigen Aushandelns, Abwägens und gemeinsamen Entscheidens erkennen ließen. Dies widerspiegeln teilweise auch die schriftlichen Zielvereinbarungsdokumente (Kapitel 5.6, S. 79). Initiierung und Steuerung durch die Schulaufsicht Schulleiterinnen und Schulleiter berichten ausnahmslos von der Initiierung des Zielvereinbarungsprozesses bzw. der Terminfindung zur Unterschrift durch die SBA. Sie nehmen diese Initiative in der Regel hin und formulieren gelegentlich die Erleichterung, dass nicht ihnen als Schulen dieser Schritt oblag. Diese Sicht wird verständlich im Rückblick auf die bereits entfalteten Sinn- und Bedeutungsdekonstruktionen, welche die Schulleitungen in ihren Narrationen vornehmen, und sie steht auch im Zusammenhang mit einem Konzeptverständnis, das Zielvereinbarungen als Verpflichtung begreift. In Fortführung ihrer Initiativrolle weisen die Schulreferentinnen und -referenten den Schulleitungen eine eher reagierende Rolle zu, obwohl sie, den Erzählungen nach, gleichzeitig als Hauptverantwortliche für die Inhalte der Zielvereinbarungen konstituiert werden: Meine Referentin hatte damals zu mir gesagt, Frau X, wir müssen die Zielvereinbarung machen, schicken Sie mir mal was. Und da hab ich was hingeschickt. (SL-MS-03) Die SBAs sind verpflichtet, mit den Schulen diese Zielvereinbarung zu treffen. Also ich würde sowas nicht initiieren. Was soll ich hier irgendwo sagen, hört mal zu Leute, ich hab was Feines, ja? Die sind hergekommen, haben gesagt, wir müssen das machen, dass wir es schriftlich ordentlich haben, nach der Evaluierung muss was passieren. Und damit ist das hier entstanden. Wir haben einen Termin vereinbart und 72 Ergebnisse der RuN-Studie

71 haben uns dann hierher gesetzt und haben das Konzept erstellt für die Zielvereinbarung und ich denke, dann hat sie es noch mal ordentlich geschrieben, nochmal vorgelegt zur Durchsicht und ich hab s, wir haben es dann gleich unterschrieben. (SL-MS-04) Die Metaphorisierung der Zielvereinbarung im Beispiel SL-MS-04 als was Feines spiegelt Distanz und Ironie wider. Die Schulleitung dekonstruiert damit und mit dem Verweis auf die Verpflichtung, der die SBA unterliegt, die Bedeutung des Instruments Zielvereinbarung für beide Institutionen. Dieser Auffassung folgend, scheint der Schulleiter froh zu sein, die Verantwortung für die Steuerung der Prozesse nicht tragen zu müssen, und belässt diese, bis hin zum Schreiben des Dokuments, bei der Schulreferentin. Beim folgenden Zitat SL-MS-07 fällt auf, dass die SBA als treibender Mensch im Zielvereinbarungsprozess personifiziert wird. Die Wahl einer derartig starken Metapher beinhaltet immer auch eine starke, meist implizite Bedeutungskonnotation. Daraus kann geschlussfolgert werden, dass der Institution SBA eine gewichtige und aktive Bedeutung zuerkannt wird, die durch den Zusatz wie immer noch verstärkt wird. Wie schon des Öfteren bemerkt, ereignet sich damit auch in dieser Erzählung ein Anknüpfen an frühere Erfahrungen mit der Institution der Schulaufsicht: Es wurde angekündigt von Seiten der SBA, dass nach der Evaluation dann die Zielvereinbarungen verschriftlicht werden sollen. So geschah es dann auch. Ich formulierte das erst im fortlaufenden Text, das wurde dann mit dem Referenten besprochen und wir haben im Nachgang die strategischen Ziele von den vereinbarten Zielen getrennt und haben die Verantwortlichkeiten und Termine in die entsprechende Form gebracht. [ ] Treibender, treibender Mensch war wie immer die SBA. (SL-MS-07) Treffen zur Unterschrift Anhand vergleichender Analysen der Erzählungen zum Zielvereinbarungsprozess lässt sich im Anschluss an die Berichtspräsentation ein Prozessverlauf rekonstruieren, der für viele Schulen typisch ist. An dessen Beginn stand die Kontaktaufnahme durch die Schulaufsicht zu den Schulen, per oder per Telefon, seltener im Direkt kontakt. Im Ergebnis dieses Kontaktes sollten die Schulleitungen inhaltliche Schwerpunkte für eine Zielvereinbarung aufstellen, in Anlehnung an die Ergebnisse der externen Evaluation, und diese der SBA zukommen lassen. Über diese Zuarbeit wurde teilweise noch ein- bis zweimal kommuniziert; diese Kommunikation erfolgte teils im Direktkontakt, teils aber auch nur über und Telefon. Dabei ging es weniger um eine Diskussion über die Inhalte, sondern eher um Verbesserungen im Sinne einer Reduktion der Anzahl der Ziele, zu denen die Referentinnen und Referenten die Schulleitungen anhielten; ebenso spielten Verbesserungen des Zielvereinbarungsdokuments in formaler Hinsicht eine Rolle (S. 77). Am Ende des Prozesses traf man sich zum Unterschreiben an der Schule oder in der Regionalstelle. Andere schulische Akteurinnen und Akteure spielten offenbar nur an sehr wenigen Schulen eine Rolle. Die wenigen alternativen Beschreibungen von Prozessverläufen reichen von solchen, in denen zwischen Schulleitung und SBA-Referentin bzw. -Referent ausschließlich per kommuniziert wurde, bis hin zu Prozessen, in denen auf Seiten der Schule neben der Schulleitung alle Gremien sowie größere Gruppen innerhalb des Kollegiums, und auf Seiten der SBA neben der zuständigen Referentin bzw. dem zuständigen Referenten auch die Referatsleitung involviert waren. Die folgenden Beispiele SL-GS-09 und SL-GS-08 geben Einblicke in eher typische Prozessverlaufserzählungen. Als bedeutsam erscheint im ersten Zitat (SL-GS-09) die Einbettung der Erzählung, in der die Schulleitung suggeriert, Zielvereinbarungsprozesse könnten prinzipiell als eine Art persönlicher Werdegang gestaltet werden. Das einem Zielvereinbarungsprozess damit zugeschriebene Potential einer individuellen Ausgestaltung wird in den Augen der Schulleiterin durch das Agieren der Referentin verhindert, z. B. durch Korrekturen des Inhalts: Der Werdegang bis zur Zielvereinbarung war eigentlich kein persönlicher, sondern, die Schulreferentin war anwesend zur Eröffnung des Berichtes über die externe Schulevaluation, und geraume Zeit später meldete sich dann die Schulreferentin und meinte, also per Mail, es wäre doch jetzt nötig, die Zielvereinbarung auf Grund auch dieses abgeschlossenen Berichtes endlich zu erstellen, und ich sollte das schriftlich einreichen. Und das war die einzige Angabe, woraufhin ich mir dann Gedanken gemacht hab, und das halt schriftlich verfasst habe, und diese von mir formulierte Zielvereinbarung wurde dann per Mail korrigiert. Also ich wurde aufgefordert, das umzuformulieren mit dem Hinweis, nur auf das Ziel zu schauen, und es gab auch Umformulierungsvorschläge. (SL-GS-09) Schulleitungen im Zielvereinbarungsprozess 73

72 Zielvereinbarungen werden teilweise auch ohne vorherige Treffen und inhaltliche Zu- oder Vorarbeit von Schulleitungen abgeschlossen. In der Prozessbeschreibung des folgenden Beispiels SL-GS-08 erzählt die Schulleiterin, dass es ein Treffen zum gegenseitigen Unterschreiben gegeben und dass die Referentin das Dokument ausgefüllt habe. Die Metaphorisierung der Zielvereinbarung mit das Ding und die Betonung eines freien Termins wecken dabei den Eindruck, dass die Schulleiterin über die verlorene Zeit, die der Zielvereinbarungsprozess trotz der relativen Kürze dennoch beanspruchte und die ihr evtl. für andere Aktivitäten fehlte, auch in der Retrospektive noch emotional reagiert: In der letzten Schulleiterberatung des Jahres wurde dann mitgeteilt, dass alle, die in dem Sprengel evaluiert worden sind in dem Jahr, sich dann zu einem Termin mit der Schulrätin hier treffen und dass wir dann eine Zielvereinbarung machen. Und dazu hat sie erbeten, diesen (Pause) Bericht mitnehmen zu dürfen, den hat sie dann auch wieder mitgebracht. Und als sie dann kam haben wir das lediglich, das war ein Termin, wo ich Zeit hatte, haben wir uns hier früh hingesetzt, und dann hat sie mir das Ding hier ausgefüllt und dann haben wir das kopiert und dann ist sie wieder gegangen. (SL-GS-08) Aushandlung und Informierung Neben Zielvereinbarungsprozessen, die von Schulleitungen lediglich als Austausch von Unterschriften beschrieben werden, gibt es auch Erzählungen, die als Aushandlung im Sinne einer gemeinsamen Verständigung verstanden werden können. In der folgenden Interviewpassage wird ein Prozessverlauf geschildert, in den neben der Schulaufsicht mehrere Personen involviert waren und in dem Verständigungsprozesse in der Steuergruppe, in der auch die Referentin anwesend war, stattfanden: Die Regionalstelle kam auf uns zu, und wir haben dann in einer Steuergruppensitzung dann mit der Schulreferentin, haben wir uns dann in der Steuergruppe dazu verständigt, und die Referentin war mit dabei. Wir haben uns dann verständigt, wir haben das besprochen, dann hab ich das geschrieben, und dann kam s zur Unterschrift. Kurz und knapp sozusagen. (SL-MS-02) Im Beispiel SL-GY-01 wird zunächst die Kommunikation mit der SBA beschrieben, die aufgrund dessen, dass sich sowohl Referent als auch Referatsleiterin in die Gespräche mit hineinbegeben haben, als wertschätzend empfunden wurde. Außerdem wird thematisiert, dass der gelungene Kommunikationsbeginn ein Abholen der Schulleitung als der von der Zielvereinbarung Betroffenen bewirkt habe: Das fand ich auch sehr, dass die sagen, was würden Sie als Schulleiterin als sinnvoll erachten. Dann holt man den Betroffenen ab und macht ihn möglicherweise zum Beteiligten. Aber [ ] was brächte das Amt denn ein Stück mit ein? Das ist ja so ein Hin und Her, ne? Das kam dann von mir natürlich auch zurück. Und dieses Teilhabenlassen an dem Prozess war die Bedingung, ne? Also, es waren auch beide [ ] meine Schulreferentin und die Referatsleiterin jetzt am Freitag mit dabei. [ ] Was so in Ordnung ist. Dann seh ich auch die Wertschätzung für das, was wir da organisieren. [ ] Es gab zwei Runden mit den Referenten. Mit mir. War also die erste Runde zum Abgleichen, dann bin ich in die Schulkonferenz getippelt, hab s vorgestellt, hab s in der Gesamtlehrerkonferenz umrissen. (SL-GY-01) Einige Begrifflichkeiten, die in einer semantischen Nähe zu Aushandlungsprozessen stehen, können in dieser Erzählung SL-GY-01, bezogen auf die Ebene Schulleitung Schulaufsicht, identifiziert werden, wobei jedoch keine inhaltlichen Details benannt werden. Die Schulleiterin bewegt sich sprachlich im modernen bildungs- und schulpolitischen Vokabular, benutzt souverän das Wortpaar Betroffene Beteiligte oder Formulierungen und Begriffe wie Teilhabenlassen und Wertschätzung. Das bedeutet, dass auf einer objektsprachlichen Ebene und möglicherweise aus einem Funktionsverständnis als Schulleiterin bzw. -leiter heraus gewusst wird, welche Themen im aktuellen Bildungsdiskurs präsent sind. Leichte Inkonsistenzen bestehen, indem einmal von Beteiligung, womit auf ein aktives Mittun rekurriert wird, und ein anderes Mal von Teilhabenlassen gesprochen wird, als einem eher passiven Geschehen. Der Fortgang des Interviewausschnitts zeichnet zudem das Bild einer Schulleiterin, die, mit starker Betonung der eigenen Aktivitäten, den Zielvereinbarungsprozess sowohl auf der Ebene SBA Schule als auch innerhalb der Einzelschule aktiv vorantreibt und mitsteuert. Auch wenn an dieser Stelle des Interviews der Zielvereinbarungsprozess noch nicht abschließend erzählt ist, so wird hier doch deutlich, dass die Schulleitung zumindest die innerschulischen Akteurinnen und Akteure in ihrer Erzählung anstelle von Beteiligten eines möglichen Aushandlungsprozesses eher zu Informierten konstituiert. 74 Ergebnisse der RuN-Studie

73 An den Schulen findet eine Kommunikation über die Zielvereinbarung häufig nach abgeschlossener beiderseitiger Unterschrift statt. Dies geschieht meist im Format einer Informierung, z. B. im Rahmen von Dienstberatungen oder Gremiensitzungen. Schulleiterinnen und Schulleitern scheint bewusst zu sein, dass im Zuge der neuen Steuerungsinstrumente der Partizipation aller schulischen Akteurinnen und Akteure, vor allem auch der von Eltern, bildungspolitisch besondere Bedeutung beigemessen wird. So thematisieren viele Schulleitungen, ob bzw. wie sie die Eltern bzw. in weiterführenden Schulen auch die Schülerinnen und Schüler über die Inhalte der Zielvereinbarungen informiert haben (z. B. SL-MS-08, SL-MS-09); für stattgefundene Aushandlungsprozesse mit Eltern oder Schülerinnen und Schülern, um deren Lernprozesse bzw. um die Bedingungen für deren Lernen es in Zielvereinbarungen gehen sollte, finden sich in den Narrationen der Schulleitungen keine Anhaltspunkte. Konstituierung der Kolleginnen und Kollegen als Betroffene von Zielvereinbarungen Dass das Kollegium in den Erzählungen der Schulleiterinnen und Schulleiter eine besondere Stellung hinsichtlich der Informierung erhält, wird anhand der folgenden Zitatauswahl (SL-MS-10, SL-GS-09) deutlich. In den Narrationen der Schulleitungen werden Lehrerinnen und Lehrer dabei nur in seltenen Fällen als eine Gruppe konstituiert, für die eine Beteiligung an der Auswahl von Inhalten bzw. der Festlegung von Zielen in Betracht käme. Für den Schulleiter des Zitats SL-MS-10 ist das Kollegium die Personengruppe, für die die Information über die Zielvereinbarung als wichtig und notwendig erachtet wird; für die Eltern und Schülerinnen und Schüler würde er eher ausgewählte Informationen, die diese Adressatenkreise betreffen könnten, zusammenstellen. Es ist so gelaufen, dass ich natürlich offiziell das in der Dienstberatung benannt hab. Also dort die nächsten Ziele, die auch vereinbart wurden. [ ] Und damit ist es natürlich klar, dass man sagt, liebe Kollegen, das sind unsere nächsten Ziele, die ich auch in der Bildungsagentur vereinbart hab. So ist das dann dementsprechend gelaufen. Aber dass ich jetzt automatisch diese Zielvereinbarung den Schülersprechern oder den Eltern dort genannt hab, das hab ich natürlich eigentlich nicht für dringend notwendig erachtet. Deshalb ist für mich bloß, sag ich mal, dieses Kollegium das Entscheidende, wo ich sag, die sollen schon wissen, wo es hingeht und wo gearbeitet wird, und alles andere mit Eltern und Schülern, das muss man halt dann immer so speziell machen, dass man sagt, was ist jetzt von den Teilen zutreffend für sie. (SL-MS-10) Im Zitat SL-GS-09 (S. 75) beklagt eine Schulleiterin, dass die Zielvereinbarung auf sie als Schulleitung fokussiert sei und dass leider keine Gelegenheit war, über die Zielvereinbarung vorab mit dem Kollegium zu sprechen. Die Schulleiterin entfaltet einen diesbezüglichen Verbesserungsvorschlag, in dem sie das Formulieren der Ziele aus dem Kollegium heraus favorisiert. Dieser Vorschlag lässt Rückschlüsse auf verschiedene antizipierte und möglicherweise von der Schulleitung erhoffte Funktionen einer Zielvereinbarung zu. Einerseits unterstellt die Schulleitung dem Kollegium zunächst ein Bedürfnis nach Partizipation und appelliert an dessen Selbsterkenntnis, die sich innerhalb eines gemeinsamen Zielfindungsprozesses einstellen würde. Andererseits könnte dahinter das Bedürfnis der Schulleiterin aufscheinen, eine im Konsens ausgehandelte und auf Selbsterkenntnis des Kollegiums beruhende Zielvereinbarung auch als ein Instrument der innerschulischen Kontrolle und der Legitimation für Handlungen und Entscheidungen der Schulleitung nutzen zu wollen. Insofern würde einer Zielvereinbarung eine Entlastungsfunktion zukommen, die im Zitat mit der Aussage, dass eine Zielvereinbarung leider nur mit der Schulleitung allein festgelegt würde, angedeutet wird. Einer Zielvereinbarung, die vom Kollegium aus erarbeitet und formuliert wird, würde die Schulleiterin jedenfalls Wirksamkeit und Nachhaltigkeit zuschreiben: Die Zielvereinbarung habe ich in einer nachfolgenden Dienstberatung mit den Kollegen erst besprechen können, weil der Werdegang halt so war, ich wurde aufgefordert, diese Zielvereinbarung bis zu dem und dem Termin zu leisten, zwischendrin stand aber keine Dienstberatung an, so dass also ich selbst ohne Rücksprache mit dem Kollegium das formulieren musste.[ ] Und leider wird die Zielvereinbarung momentan auch nur mit dem Schulleiter allein festgelegt. Also, mein Ansinnen wäre es eher, in Zukunft, noch mehr mit den Kollegen das zu vereinbaren, nicht das festzulegen und dann ins Kollegium zu tragen, sondern vom Kollegium aus eine Zielvereinbarung zu formulieren, dass also aus dieser Selbsterkenntnis heraus dann das Ganze noch intensiver auch fortgeführt wird. (SL-GS-09) Schulleitungen im Zielvereinbarungsprozess 75

74 Ähnlich argumentiert der Schulleiter im Beispiel SL-MS-11 und benennt die Umsetzung der Ziele als Grund, weswegen er eine Zielvereinbarung auch als Vereinbarung mit dem Kollegium erachtet. Möglicherweise gibt die Schulleitung den Druck, den sie im Zielvereinbarungsprozess seitens der vorgesetzten Dienstbehörde erlebt hat und das Gefühl, für das Erreichen der Ziele die alleinige Verantwortung tragen zu müssen, an die eigenen Untergebenen weiter. Die Fokussierung auf das Kollegium lässt dabei außer Acht, dass weitere schulische Akteurinnen und Akteure Verantwortung im Rahmen einer Zielvereinbarung tragen könnten: Also, ich seh das nicht bloß, dass das eine Zielvereinbarung mit mir ist, sondern, es ist ja eigentlich eine Zielvereinbarung mit dem Kollegium (längere Pause) so seh ich das, es ist ja nicht bloß eine Zielvereinbarung mit dem Schulleiter. Der Schulleiter kann das alleine ja gar nicht umsetzen. (SL-MS-11) Zu Inhalten und zur Form der Zielvereinbarungen Der Zusammenhang, der im bildungspolitischen Diskurs zwischen der externen Evaluation und den Zielvereinbarungen transferiert wird, scheint von den Schulleitungen internalisiert worden zu sein. In ihren Narrationen zu den Inhalten der Zielvereinbarungen stellen Schulleiterinnen und Schulleiter häufig selbst den Bezug zum Bericht der externen Evaluation her, ohne dass es im Interview bereits eine explizit gestellte Frage dazu gegeben hätte. Die Schulleitungen thematisieren neben den Inhalten die formale Gestalt der Zielvereinbarung, welche die Kommunikation mit der SBA zu den Inhalten teilweise zu überlagern schien. Zuschreibung von Verantwortlichkeit Aus den Erzählungen der Schulleitungen über die jeweiligen Prozessverläufe und über das Formulieren von Inhalten für die Zielvereinbarung kann eine bestimmte Zuschreibung von Verantwortlichkeit abgeleitet werden. Als Initiatorin des ersten Schritts wird zwar stets die SBA genannt, die sich dann aber in die inhaltliche Diskussion kaum einbringt und die lediglich für die formale Gestalt des Dokuments Verantwortung übernimmt. Die Schulleitungen berichten, dass die Schulaufsicht eine Verantwortungsübernahme für die Inhalte von ihnen erwarten würde. Dies wird von ihnen meist als folgerichtig aufgrund der Tatsache bewertet, dass die Schulreferentinnen und -refe renten wegen der Vielzahl an Schulen, die sie betreuten, die einzelnen Schulen nicht immer so genau kennen würden. Eine andere Argumentation gibt es auch in der entgegengesetzten Richtung: Gerade weil die Schulen den Referentinnen und Referenten der SBA bekannt sind, vertrauten sie darauf, dass die Schule die für sie passenden Ziele aufstellen würde, und kümmerten sich deswegen nicht um die inhaltliche Diskussion. Im Beispiel SL-MS-09 stimmt die Schulleitung mit der Verantwortungsübertragung hinsichtlich der Inhalte überein, wenngleich die Formulierung Das haben wir alleine finden dürfen. einen leichten Widerspruch gegenüber der conclusio Das ist auch in Ordnung zum Ausdruck bringt: Die Gesprächsatmosphäre war ok, aber sie [die SBA] hat sich auf die Inhaltlichkeiten nicht eingelassen. Das ist unsere Sache. Sie hat also einfach auf die Formalie geachtet, sie kennt ja unsere Schule, ist ja logisch. Und hat dann zu mir gesagt, ok, das passt, das ist in Ordnung. Und hat also eigentlich das begrüßt, aber hat uns inhaltlich da keinen Rat gegeben, also keinen Hinweis. Das haben wir alleine finden dürfen. (Pause) Das ist auch in Ordnung. (SL-MS-09) Die Argumentation, mit der die folgende Schulleitung die alleinige Verantwortung für die Inhalte bejaht, ist eng an das Konzept der Selbstverpflichtung gekoppelt: Ich glaube nicht, dass die SBA für die Schulen mehr in Richtung Zielvorgabe, Zielformulierung machen sollte. Glaube ich nicht. Also, wenn sich die Schulen diese Ziele nicht selber setzen, dann sind s keine, dann wird s nicht. (SL-MS-05) Der Schulleiter der folgenden Passage SL-MS-05 vollzieht einen Perspektivwechsel und entschuldigt die SBA dafür, dass Inhalte von ihr nicht eingebracht werden können. Er relativiert die Evaluationsergebnisse in diesem Zusammenhang als zentrale inhaltliche Quelle für Zielvereinbarungen und äußert Verständnis für die Situation von Schulreferentinnen und -referenten, die er in der Situation sieht, den Schulen keine Angebote für eine Vereinbarung unterbreiten zu können. Aus dieser Sichtweise heraus, die sich in der Erzählung dieses Schulleiters maßgeblich auf die Erfahrung einer Fortbil- 76 Ergebnisse der RuN-Studie

75 dung stützt, erklärt er sich damit einverstanden, dass die Inhalte für die Zielvereinbarung von der Schule zu erbringen sind: Also insofern wusste ich, was auf mich zukommt. Und, wir haben das Ganze auch über Rollenspiele gemacht. Ich war teilweise auch selber Schulreferent im Rollenspiel. Und ich hab dort selber an mir gemerkt, was das eigentlich für eine total hässliche Position ist. Ich hab nichts zum Anbieten für die Schulen. Eine Vereinbarung muss sich ja irgendwo treffen. Ich habe jetzt einfach nur (längere Pause) relativ wenig Schulkenntnisse, als Schulreferent. Und nur die Evaluationsergebnisse (Pause). Und kann eigentlich nur erwarten, was bietet mir der Schulleiter an? Und mit diesem Hintergedanken bin ich aber auch reingegangen und habe gesagt, also (Pause) eigentlich muss das Ziel oder kann s nur von der Schule kommen und insofern hab ich natürlich dann auch die Ziele vorbereitet und bin nicht reingegangen, na, was wollen sie denn jetzt von mir? Das ist, glaube ich, an der Stelle, wäre das nicht gut. (SL-MS-05) Berichtsinhalte als Grundlage für die Zielvereinbarung Die Narrationen der Schulleitungen lassen erkennen, dass Zielfestlegungen häufig im Bereich des Unterrichts formuliert werden, speziell zum Thema Differenzierung, zu dem im gesamten sächsischen Schulsystem mithilfe von Daten aus der externen Evaluation Handlungsbedarf artikuliert und legitimiert wird (vgl. SBI, 2009). Jedoch werden auch andere Datenquellen bzw. Informationen für die Inhalte der Zielvereinbarungen genutzt, wie beispielsweise Feedbacks von Fachberaterinnen und Fachberatern, die Ergebnisse interner Evaluation, informelle Rückmeldungen von Kooperationspartnerinnen und -partnern oder weiterführenden Schulen, Anmeldezahlen von Schülerinnen und Schülern oder besonders akut erscheinende aktuelle Probleme des Schulalltages. Inhalte der Zielvereinbarungen beschränken sich also nicht nur auf den unterrichtlichen Bereich. Die Auswahl der Inhalte kann dabei ganz unterschiedlichen Funktionen dienen. Zielformulierungen wie Pflege von Traditionen, [ ], Erhöhung der Attraktivität der Schule (SL-MS-08) können beispielsweise vor dem Hintergrund einer drohenden Schulschließung und fehlender Anmeldezahlen gesehen werden. Des Weiteren erfüllen Zielvereinbarungen auch die Funktion, dass Themen, die für die Schulleitungen Relevanz haben, oder Vorhaben, die von der Schule ohnehin bearbeitet werden wollen, deutlicher auch einer Öffentlichkeit kommuniziert und sowohl gegenüber der Schulaufsicht als auch innerschulisch legitimiert werden, beispielsweise Projekte zum kompetenzorientierten oder zum fächerverbindenden Unterricht. (SL-GY-01; SL-GY-04) Im folgenden Beispiel beschreibt die Schulleitung, wie aus der Berichtsrezeption und den Erfahrungen mit der externen Evaluation Schwerpunkte für die Zielvereinbarung abgeleitet wurden. Die Schulleiterin geht davon aus, dass die Mängel im Evaluationsbericht die Grundlage für die Zielvereinbarung sein sollen. Gleichzeitig relativiert sie die zurückgemeldeten Mängel, indem der Zusatz in Anführungsstrichen verwendet wird. Das kann darauf hinweisen, dass der Handlungsbedarf, der der Schule durch den Bericht angezeigt wurde, nur teilweise akzeptiert wird. Die Wortkorrektur von wollen zu sollen am Ende des Zitats spiegelt eine mögliche Vorauswahl der Inhalte für die Zielvereinbarungen wider, die nicht nur auf die Schule, sondern auch auf die seit der externen Evaluation als schulpolitisch relevant thematisierten Themenschwerpunkte zurückgeht: Jeder hatte die Möglichkeit, die gesamte Auswertung [den Bericht der externen Evaluation] zu lesen, und ich hab dann nochmal die Schwerpunkte zusammengefasst, was alles bemängelt worden ist, in Anführungsstrichen, sag ich immer, und hab gesagt, und jetzt müssen wir uns daraus Gedanken machen; wie wollen wir daran arbeiten, dass diese Mängel, in Anführungsstrichen, beseitigt werden. Und da gab s bis zur nächsten Dienstberatung Zeit, und dann sind Vorschläge gemacht worden. [ ] Ein Schwerpunkt war, wir wollen, äh, sollen die Differenzierung im Unterricht verbessern. (SL-GS-07) Tabellenformalismus Während die Schulen Verantwortung für die inhaltliche Ausgestaltung der Zielvereinbarung tragen sollen, erscheinen in den Erzählungen der Schulleiterinnen und Schulleiter die Referentinnen und -referenten hauptsächlich als diejenigen, die auf die Einhaltung formaler Kriterien Wert legen. Die Schulreferentinnen und -referenten bringen die Zielvereinbarung in der Regel in eine Tabellenform bzw. halten die Schulen an, dies zu tun. In diesem Zusammenhang berichten Schulleiterinnen und Schulleiter, dass sie aufgefordert wurden, die Anzahl ihrer Ziele zu reduzieren. Dabei kollidieren formale Vorgaben der SBA teilweise mit individuellen, inhaltlichen Schwerpunktsetzungen der Schule, so dass die Ziel- Schulleitungen im Zielvereinbarungsprozess 77

76 vereinbarungen aus der Sicht der Schulen weiter an Bedeutung verlieren. Auch inhaltliche Vorgaben in Form der Tabellenköpfe erschließen sich den Schulleitungen nicht immer; häufig werden Schwierigkeiten mit den Begriffen Indikator oder strategische Ziele thematisiert. Die Schulleitung des folgenden Zitats nimmt Bezug auf die Tabelle, die in der Handreichung des SMK zur Benutzung vorgeschlagen wird: Das Blatt ist eine Vorgabe, und auch das, was hier oben steht ist eine Vorgabe. So. Und [ ] warum das hier strategische Ziele heißt, kann ich Ihnen nicht sagen. Das haben die ganz schlauen Menschen da oben irgendwo verzapft. (SL-MS-04) Ein Bedeutungsverlust manifestiert sich in dem folgenden Beispiel an der resignierten Aussage einer Schulleiterin, die Zielvereinbarung aufgrund der Kommunikation mit der SBA dann eben so zu formulieren und zu gestalten, wie es gewünscht wird. Die Phase der Erarbeitung der Zielvereinbarung, deren Ergebnisse mehrmals nicht die Akzeptanz bei der Schulaufsicht fanden, scheint die Schulleiterin als demütigende Erfahrung zu erinnern: Wie gesagt, unsere Ziele waren zu hoch gesteckt. Also, ich hab drei Anläufe gebraucht mit meiner Schulreferentin, ehe sie dann die Akzeptanz hatte, dass das so werden wird. Wir hatten zwei Punkte uns rausgesucht, sie hat mir dann (längere Pause, seufzt) das Ganze eingekürzt auf eine Sache, dass wir im Endeffekt haben wir dann gesagt, na ja, mh (Pause), wenn s so gewünscht wird, dann machen wir es so. (SL-GS-03) In der Erzählung der Schulleitung SL-GS-09 wird das Erstellen von Zielvereinbarungen als kleine Wissenschaft bezeichnet. Damit schreibt die Schulleiterin der Herstellung von Zielvereinbarungen den Charakter eines wissenschaftlichen Arbeitsprozesses zu, knüpft dies an die Art und Weise des Formulierens und konstituiert die Schulreferentin als diejenige Person, die die Kompetenz hat, Zielvereinbarungen richtig zu erstellen. Die Einleitung der Erzählung mit dem Rekurs auf Zielvereinbarungen, die der Schulleiterin womöglich aus anderen Schulen oder anderen Zusammenhängen bekannt sind, thematisiert zudem ein weiteres Problem: Wenn formale Vorgaben eine zu starke Verallgemeinerung zur Folge haben, dann verlieren Zielvereinbarungen in den Augen der Schulleiterin an Praktikabilität: Ich kenne natürlich auch Zielvereinbarungen, die so allgemein gehalten sind, dass man damit nicht konkret arbeiten kann. Also, eine Zielvereinbarung richtig zu stellen, das ist schon eine kleine Wissenschaft, würde ich mal behaupten, dann für sich selbst auch wirklich festzulegen, was wollen wir. [ ] Das beginnt eigentlich schon bei, wie muss das formuliert sein. Also ich habe natürlich aus meinem Dafürhalten heraus auch Ziele für uns festgelegt, aber im Nachhinein wurde mir dann erst bewusst, es muss halt so formuliert sein, dass es den Ist-Stand zu dem gewählten Datum, also gültig bis zum [Datum] darstellt, nicht den Weg dahin, sondern den Ist-Stand, den man erreicht haben möchte, und das war mir Vorab so nicht klar. (SL-GS-09) Im Zusammenhang mit den Schwierigkeiten beim Verfassen der Zielvereinbarung thematisieren Schulleitungen, dass ihnen nicht bekannt war, welchen formalen Vorgaben sie dabei gerecht werden sollten: Ja, also, es war so, dass ich aufgefordert wurde, eine Zielvereinbarung zu machen, die hab ich natürlich auch hingegeben, nach meinen Vorstellungen. So. Und da hatte ich angemahnt, dass ich im Prinzip gerne das auch ordentlich machen wollte, aber dass [ ] da eben keiner wusste, wie diese Zielvereinbarung aussah. [ ] Hab das hingeschickt eben auch mit der Bemerkung, [ ] und daraufhin hab ich dann zurück gekriegt, das können wir nicht ganz so machen, wir müssen das nochmal ändern. Und dann war wohl von [Ort] einer bei meiner Schulreferentin, und der hat ihr dann gesagt, wie so eine Zielvereinbarung aussehen soll. Und daraufhin hat sie mir dann einen Vorschlag gemacht, und dann sieht das so aus. Und das ist jetzt im Prinzip so, wie das wohl (längere Pause) aussehen sollte. (SL-MS-03) Dieser Interviewausschnitt einer Schulleiterin gibt einen Einblick in die Unsicherheiten, die bezüglich des Verfassens von Zielvereinbarungen nicht nur bei den Schulleitungen, sondern insgesamt im Schulsystem, auch auf der Ebene der Schulaufsicht, herrschen. Diese Unsicherheiten bestehen sowohl bezogen auf inhaltliche als auch auf formale Aspekte einer Zielvereinbarung. Auffällig sind das aus den Erzählungen rekonstruierbare starke Betonen von formalen Vorgaben und das häufige Insistieren auf der Tabellenform durch die Schulaufsicht. Möglicherweise zeigt sich darin eine 78 Ergebnisse der RuN-Studie

77 Strategie, mit deren Hilfe schulische Akteurinnen und Akteure versuchen, sich mit dem neuen Steuerungsinstrument zu arrangieren. So könnte die Fokussierung formaler Richtlinien beim Erstellen einer Zielvereinbarung auch dazu dienen, die mangelnden Bedeutungszuschreibungen im Schulsystem insgesamt zu kompensieren Zwischenfazit Im Hinblick auf die anfangs aufgestellten Forschungsfragen (Kapitel 4.1, S. 17) hat die Auswertung der Interviews zu Zielvereinbarungen gezeigt, dass die Bedeutung als Steuerungsinstrument für die Schulentwicklung von den interviewten Schulleitungen als gering eingeschätzt wird. Zielvereinbarungen erscheinen in den Erzählungen als einseitige Verpflichtung, deren mögliche Effekte oder antizipierte Wirkungen marginalisiert werden. Häufig lassen sich Funktionszuschreibungen wie Erinnerungs-, Fixierungs- und Abrechnungsfunktion rekonstruieren. Viele Befragte artikulieren eine Wahrnehmung der Zielvereinbarung als Kontrollinstrument, sowohl innerschulisch, bezogen auf die Kontrolle des Kollegiums durch die Schulleitung, als auch nach außen hin, indem es der Schulaufsicht zum Überprüfen aufgestellter Ziele dienen kann. Zumeist erfolgt keine Integration in schulische Regelstrukturen, sondern die Zielvereinbarung erscheint als abgehaktes Dokument, als eine Art Fremdkörper im schulischen Alltag. In den Narrationen der Schulleiterinnen und Schulleiter wird sie teilweise als in Konkurrenz stehend zu individuellen bzw. aktuellen, schulspezifischen Projekten, Vorhaben und Schuljahresarbeitsplänen thematisiert. Dennoch können sich die Schulleitungen der normativen und normierenden Beeinflussung durch die neuen Steuerungsinstrumente nicht entziehen und formulieren im Zielvereinbarungsdokument häufig solche Ziele, die auf den im Evaluationsbericht dokumentierten Handlungsbedarf Bezug nehmen. Aus den Erzählungen lässt sich herausarbeiten, dass formale Vorgaben durch die Schulaufsicht die Auseinandersetzung mit inhaltlichen Schwerpunkten überlagern bzw. mit diesen kollidieren können. In den Interviewpassagen zum Zielvereinbarungsprozess dominieren Prozessbeschreibungen, in denen davon berichtet wird, dass die Aushandlung bzw. die Verständigung über die Zielvereinbarung zwischen den Schulreferentinnen bzw. -referenten und den Schulleiterinnen bzw. Schulleitern ohne Einbezug weiterer schulischer Personengruppen stattfand. Bereits bestehende (hierarchische) Konstellationen zwischen schulischen Akteurinnen und Akteuren hier besonders zwischen Schulleitungen und Referentinnen und Referenten der Schulaufsicht sowie zwischen Kollegien und Schulleitungen erfahren durch die Zielvereinbarung und ihre Genese nicht selten eine weitere Befestigung. 5.6 Die Analyse der Zielvereinbarungen unter Berücksichtigung der Abschlussberichte der externen Evaluation Daniel Diegmann Im Folgenden sollen die wichtigsten Ergebnisse der Dokumentenanalyse dargestellt werden, die im Rahmen der RuN- Studie durchgeführt wurde. Als zentrale Dokumente des Datenkorpus gelten dabei die Abschlussberichte der externen Evaluation der untersuchten Schulen und die Zielvereinbarungsdokumente, die im Anschluss an die Evaluation entstanden. Ziel der Teiluntersuchung war es, die Verfasstheit und die internen Konstitutionsbedingungen der Dokumente zu beschreiben. Dabei stehen sowohl die inhaltliche als auch die strukturelle Gestaltung der Zielvereinbarungen im Fokus der Aufmerksamkeit. Insgesamt gehören 21 Zielvereinbarungen dem Datenkorpus an. Die Zeit zwischen der Präsentation der Evaluationsergebnisse des SBI und dem Abschluss der Zielvereinbarung variiert zwischen den einzelnen Schulen stark. Bei manchen Schulen liegen etwa 3 Monate, bei anderen wiederum bis zu 27 Monate zwischen den beiden Ereignissen. Die mittlere Dauer bis zur Erstellung einer Zielvereinbarung lag im Untersuchungszeitraum bei 9,5 Monaten Die formale Gestalt der Zielvereinbarungen In einem ersten Schritt wurden im Rahmen der Dokumentenanalyse die allgemeine formale Gestalt der Zielvereinbarungen analysiert, um im Anschluss daran die Frage nach dem Zusammenhang von Form und Inhalt der Dokumente zu beantworten. Dafür wurden die zentralen, das Dokument gliedernden Bestandteile (Überschriften, Textblöcke, Tabellenspalten, Tabellenzeilen, sonstige Bestandteile) identifiziert und deren Anordnung zueinander untersucht. Dabei kann Die Analyse der Zielvereinbarungen unter Berücksichtigung der Abschlussberichte der externen Evaluation 79

78 festgestellt werden, dass die 21 analysierten Zielvereinbarungen durch eine große Vielfalt in der formalen Gestaltung gekennzeichnet sind. Obwohl es Formatvorlagen (vgl. SMK, 2008, S. 14) gibt, die von Seiten der Schulen und der Schulaufsicht genutzt werden und die aufgrund ihres Charakters als offizielle Dokumente normative Kraft entfalten können, geschieht dies nur selten in der Art, dass die Formatvorlagen identisch übernommen werden. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass sich die Akteurinnen und Akteure in der größten Zahl der Fälle die Vorlagen aneignen und (auch kreativ) umgestalten. Betrachtet man die formale Gestalt, können drei Typen von Formaten beschrieben werden: (1) Die identische Übernahme der SMK-Vorlage: Hierbei wird eine exakte Kopie der Vorlage genutzt und mit Inhalten aufgefüllt. Die formale Gliederung des Dokuments und dessen Bestandteile entsprechen der Vorgabe des Kultusministeriums. (2) Die veränderte Übernahme der SMK-Vorlage: Die formale Gestaltung der Zielvereinbarung zeigt starke Anleihen bei der SMK-Vorlage, wird jedoch ergänzt oder abgewandelt. Dies kann beispielsweise dadurch geschehen, dass explizit Bezug genommen wird auf die externe Evaluation und deren Abschlussberichte (Abbildung 4). 12 (3) Zielvereinbarung ohne erkennbaren Bezug zur SMK-Vorlage: Hinzu kommen eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Formate, die die SMK-Vorlage nicht zitieren bzw. bei denen das Zitat nicht explizit erkennbar gemacht wurde. Dazu zählen beispielsweise Zielvereinbarungen, die (handschriftlich) in einem Fließtext verfasst wurden, oder Dokumente, die als Zielvereinbarungen firmieren und in Protokollform den Aushandlungsprozess zwischen Schulleitung und Schulaufsicht stichwortartig wiedergeben. Der (zugegebenermaßen recht bescheidene) Längsschnitt der RuN-Studie erlaubte es, die Frage zu stellen, ob sich im Laufe der Zeit ein bestimmtes Format der Zielvereinbarungen durchsetzt. Dies scheint bei den untersuchten Schulen nicht der Fall zu sein. Es konnte kein Zusammenhang festgestellt werden zwischen dem allgemeinen Dokumentenformat und dem Datum, an dem die Zielvereinbarung abgeschlossen wurde. Abbildung 4: Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-GY-01 Für die Orientierung an der Formatvorlage erscheint die zuständige Schulaufsicht als mögliche Bedingung. Sowohl aus den Interviews mit den Schulreferentinnen und -referenten und den Interviews mit den Schulleitungen (Kapitel 5.4, S. 59; Kapitel 5.5, S. 65, zum Zielvereinbarungsprozess) als auch vor dem Hintergrund der Dokumentenanalysen kann der Schluss gezogen werden, dass sich die Schulaufsicht in hohem Maße für die formale Gestaltung der Zielvereinbarungen verantwortlich zeigt und diese kontrolliert. Dies ist jedoch keine notwendige Bedingung. So nutzten beispielsweise vier der fünf Schulen des Sample aus der Regionalstelle Chemnitz das Standardformat. 13 Eine Schule aus dieser Regionalstelle war demgegenüber dem Typ (3) zuzuordnen Das Bedingungsverhältnis von Format und Inhalt Das allgemeine Format der Zielvereinbarungen kann deshalb von Bedeutung sein, weil es deren inhaltliche Gestaltung zu großen Teilen mitbestimmt. In den meisten Fällen korrespondieren Formate und Inhalte, wie im Nachfolgenden ge- 12 Alle Abbildungen im Kapitel, die auf Zielvereinbarungsdokumente des Sample verweisen, sind grafisch nachgebaut worden, um die Anonymität der Beteiligten zu gewähren. Dabei wurden lediglich Personen- und Ortsnamen wie auch andere Kennzeichen (bspw. Stempeldrucke) verändert. Die formale und inhaltliche Struktur der Dokumente blieb erhalten. 13 Insgesamt sind sieben der 21 Zielvereinbarungen dem Typ (1) zuzuordnen, bei dem eine nahezu exakte Kopie der Formatvorlage des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus genutzt wird. 80 Ergebnisse der RuN-Studie

79 zeigt wird. Sich über eine Formatvorlage hinwegzusetzen, bedeutet demgegenüber eine gewisse Widerständigkeit: ein Angehen gegen textstrukturelle Vorgaben, ein Anschreiben gegen das vorgegebene Format. Eine Öffnung der Formate erlaubt es den Beteiligten, den zur Verfügung stehenden Dokumentenraum vielfältiger zu nutzen. Dies betrifft bei den Zielvereinbarungen sowohl die Fragmente der Dokumente, in denen die eigentlichen Ziele formuliert werden, als auch die weiteren Fragmente, beispielsweise die Markierung durch Unterschriften beteiligter Akteurinnen und Akteure. Wenn bei letzterem in der Formatvorlage bereits die Unterschriften vom Schulleiter und vom Schulreferenten symbolisch verlangt und nur diesen Zeichen Platz eingeräumt wird, prädeterminiert dies das Verhalten der Beteiligten. Das Gegenbeispiel ist ein Raum im Dokument, der auf die Möglichkeit der Setzung mehrerer Unterschriften hinweist. Die Abbildungen 5 und 6, die zwei Zielvereinbarungen entnommen sind, sollen dies veranschaulichen. Abbildung 5: Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-GS-10 Abbildung 6: Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-GY-01 Erlaubt die Zielvereinbarung ZV-GY-01 (Abbildung 6) die Repräsentanz verschiedener Akteurinnen und Akteure der Schule und der Schulaufsicht, ermöglicht das Format der Zielvereinbarung ZV-GS-10 (Abbildung 5) allein die Repräsentanz durch den Schulleiter und den Schulreferenten obwohl es sich bei der betreffenden Schule ebenfalls um eine solche handelt, in denen die Partizipationsstrukturen stark ausgeprägt und viele verschiedene Akteurinnen und Akteure an Schulentwicklungs- und Zielvereinbarungsprozessen beteiligt sind (Kapitel 5.5, S. 65). Hinsichtlich der Benennung der Zielvereinbarungsdokumente scheint eine ähnliche Korrespondenz von Form und Inhalt feststellbar. Dokumente, die nicht als Zielvereinbarungen firmieren, sondern als Dokumente, in denen Arbeitsschwerpunkte zusammengefasst werden, entsprechen zumeist nicht den Konventionen von Zielvereinbarungsprozessen, die die Formulierung konkreter, terminierter Zielzustände vorsehen. In ihnen werden vielmehr schulische Bereiche aufgelistet, die im Zeitraum, den das Dokument absteckt, auf unbestimmte Art und Weise bearbeitet werden sollen (Abbildung 7). Abbildung 7: Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-GY-07 Die Analyse der Zielvereinbarungen unter Berücksichtigung der Abschlussberichte der externen Evaluation 81

80 Auch die Benennung von Tabellenköpfen kann den Inhalt der zugeordneten Tabellensegmente mitbestimmen. Dies ist zumeist dann der Fall, wenn sich die Benennung auf einen konkreten Inhalt bezieht, beispielsweise die Festsetzung von Terminen oder Verantwortlichkeiten (Abbildung 8). Abbildung 8: Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-MS-11 Das Beispiel zeigt jedoch auch die Grenzen technologischer Determiniertheit, die mit dem Instrument(enformat) verbunden sind. Zwar wird, dem Format des Spaltenkopfs auch symbolisch folgend, durch Setzung von Schrägstrichen und Zeilenumbrüchen, eine Benennung der zeitlichen Dimension und einer bzw. eines Verantwortungstragenden vorgenommen. Die in Zielvereinbarungsprozessen geforderte Konkretion wird jedoch sowohl bei ersterem als auch bei letzterem unterlaufen, indem eine konkrete Terminierung (stattdessen: ständig ), als auch die Benennung einer konkreten verantwortlichen Person (stattdessen: Personalrat ) vermieden wird Die zeitliche Dimension der Zielvereinbarungen Eine bedeutsame Normvorgabe für die Erstellung von Zielvereinbarungen, die beispielsweise auch in Projektmanagementmodellen wie dem SMART-Modell Anwendung findet, ist die Terminierung der gesetzten Ziele. Mit der konkreten Festsetzung des Zeitpunkts, an dem ein Ziel erreicht sein soll, ist die Vorstellung verbunden, dass die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung erhöht wird. An die Terminierung von Zielen ist eine Vorstellung von Abrechenbarkeit (und erneuter Evaluation) gebunden, die rechtfertigen soll, dass die Schule sich um ein Erreichen der Ziele bemüht. Die Terminierungen der Ziele in den Dokumenten des Sample sind sehr unterschiedlich vorgenommen worden. Diese reichen von dem völligen Verzicht auf die Angabe einer zeitlichen Dimension bis zu sehr ausdifferenzierten Zeitplänen, die neben dem allgemeinen Zeitraum der Gültigkeit des Dokuments viele verschiedene, chronologisch geordnete Zeitpunkte für die Erreichung von Teilzielen anzeigen. Der Zeitraum, den die untersuchten Zielvereinbarungen abstecken, erstreckt sich von einem Jahr bis zu vier Jahren. Die meisten der untersuchten Zielvereinbarungen sehen eine Bearbeitungszeit von zwei Jahren vor. Ursache für eine bestimmte Terminierung kann beispielsweise die Vorgabe der Schulaufsicht sein (Kapitel 5.4, S. 59), aber auch die zeitliche Notwendigkeit, die sich aus einem bestimmten priorisierten Ziel ableitet. Wenngleich sich die Zielvereinbarungen bezüglich der anberaumten Dauer zur Umsetzung von Maßnahmen stark unterscheiden, so kann doch ein Strukturmerkmal festgestellt werden, das nahezu alle Zielvereinbarungen haben: Sie orientieren sich an der Schuljahresstruktur. Der Beginn einer Maßnahme wird fast immer mit dem Schuljahresbeginn festgesetzt, die Terminierung für die Erreichung von (Teil-)Zielen fällt mit dem Schuljahresende zusammen (Abbildung 9). Abbildung 9: Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-GS Ergebnisse der RuN-Studie

81 Dies kann festgestellt werden unabhängig davon, wann das Zielvereinbarungsdokument unterschrieben wurde, und auch unabhängig davon, welche und wie viele inhaltliche Ziele und Maßnahmen im Dokument formuliert wurden. Ähnlich wie bei der Aneignung der Evaluationsberichte ist die Arbeit mit Zielvereinbarungen somit stark an den (zeitlichen) Strukturen ausgerichtet, die bisher innerhalb der Schule etabliert wurden. Dies muss nicht notwendig problematisch sein. Es kann jedoch in einzelnen Fällen dazu führen, dass nicht sachbezogene Gründe für die Terminierung von Zielen herangezogen werden, sondern dass die gegebene Rhythmisierung der Schuljahresturnusse normierend wirkt. Es kann zudem Konsequenzen für die Nutzung der Berichte der externen Evaluation im Rahmen von Zielvereinbarungsprozessen haben. Geschehen Übergabe und Aneignung des Evaluationsberichts und der Abschluss der Zielvereinbarungen in zeitlicher Nähe zur Schuljahresplanung zu Beginn eines neuen Schuljahres, kann sich die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass auf die Evaluationsberichte bei der Formulierung von Zielen zurückgegriffen wird (Kapitel 5.1, S. 27). Die Konkretion der Terminierung erreicht in den untersuchten Zielvereinbarungen ein unterschiedlich hohes Maß. Die exakteste Benennung eines Termins im Sample war ein bestimmter Abschnitt innerhalb eines Monats ( Beginn Okt im Dokument ZV-GS-07). Daneben werden viele Ziele aber überhaupt nicht terminiert oder mit sehr vagen Zeitangaben versehen, beispielsweise mit der Angabe von Quartalen oder Jahren (bspw. 1. Quartal 2011 im Dokument ZV-MS-04 oder 2011 im Dokument ZV-GS-07). Eine vage Terminierung kann u. a. dadurch bedingt sein, dass es nur schwer möglich ist, ein bestimmtes Ziel und dessen Erreichung oder den Abschluss einer Maßnahme genau vorherzusehen. Es kann aber auch ein Ausdruck davon sein, dass bestimmte pädagogische Maßnahmen und Aktivitäten in der Schule nicht projektartig verlaufen, sondern kontinuierlich in der täglichen Praxis realisiert werden. Deshalb unterlaufen einige Schulen auch die Forderung nach einer konkreten Terminierung und bringen über die Zielvereinbarung die Kontinuität und das stete Handeln in ihrer Institution zum Ausdruck. Die folgende Abbildung (Abbildung 10) dient wie auch der angeführte Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-MS-11 (Abbildung 8, S. 82) als Beispiel für eine solche Angabe im Zielvereinbarungsdokument. Abbildung 10: Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-MS Lokalisation der Zielvereinbarungen In nahezu allen untersuchten Zielvereinbarungsdokumenten werden neben der zeitlichen Dimensionierung auch örtliche Verweise angeführt und topografische Bestimmungen der Texte vorgenommen. Zumeist geschieht dies im unteren Teil des jeweiligen Dokumentes in der Nähe zu abschließenden, offiziellen Unterschriften und Datumsangaben (Abbildung 11). Abbildung 11: Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-GY-09 Diese Kennzeichnungen können als symbolische Formen und Einschreibepraxen betrachtet werden, durch welche Zielvereinbarungen mit einem bestimmten Ort assoziiert und an diesen gebunden werden. Sie können die Identifikation der Ansässigen mit der Zielvereinbarung erhöhen, wie auch eine Verpflichtung auf ihre Ziele hin verstärken. Nur zwei der untersuchten Zielvereinbarungen nahmen hinsichtlich dessen keine Bestimmung vor. Alle anderen nannten genau einen Ort. In nahezu allen Dokumenten, in denen eine lokale Bestimmung vorgenommen wird, ist dies mit Hilfe des Orts namens geschehen, an dem sich die Schule befindet. Einige wenige Zielvereinbarungen markieren den Text mit dem Ort, an dem die Schulaufsicht ihren Sitz hat. Die symbolische topografische Festsetzung der Dokumente dokumentiert nicht nur, an welchem Ort (zufällig) die abschließenden Unterschriften geleistet wurden viele der Zielvereinbarungen Die Analyse der Zielvereinbarungen unter Berücksichtigung der Abschlussberichte der externen Evaluation 83

82 wurden postalisch übermittelt und an mehreren Orten unterschrieben, sondern über sie wird gleichsam performativ die Zugehörigkeit des Dokuments zu einem bestimmten lokalisierbaren, institutionellen Rahmen hergestellt. Infolgedessen kann darauf geschlossen werden, dass der Ort der Schulaufsicht nahezu vollständig ein anderer ist, als derjenige der Zielvereinbarungen, da er nicht in den Dokumenten vorkommt. Die Lokalität der Schulaufsicht bleibt den Dokumenten an dieser Stelle merkwürdig fern und schreibt sich nicht in diese ein. Diese Abwesenheit der Schulaufsicht spiegelt sich auch in anderen Teilen der Dokumente wider, wie im nächsten Abschnitt erläutert wird Subjektpositionierungen durch Zielvereinbarungen In Zielvereinbarungen werden nicht nur Orte, sondern auch Subjekte angerufen und deren relationale Positionierung aufgeführt. Das heißt, Subjekte werden benannt und ihre Beziehung zueinander im Text hervorgebracht, sowie bestehende Positionierungen aktualisiert. Die Positionierung der Subjekte realisiert sich in den Zielvereinbarungen über die Zuweisung unterschiedlicher Funktionen. Sie können dabei beispielsweise als Adressaten von schulischen Maßnahmen, als Maßnahmen Durchführende oder als Kontrolleure durchgeführter Maßnahmen aufgeführt und ins Verhältnis gesetzt werden. Die zentralen Subjekte der untersuchten Zielvereinbarungen sind die Schulleiterinnen und Schulleiter, die Lehrerinnen und Lehrer, die Schülerinnen und Schüler sowie die Schulreferentinnen und -referenten. Diese sind nicht nur wie in der Handreichung des SMK (2008, S. 8) ausgeführt die Gruppen, die die Zielvereinbarung zu Stande bringen sollen, sie sind auch die Subjekte, über deren Verhältnis zueinander im prospektiv entworfenen, imaginierten Prozess der Zielerreichung mittels des Zielvereinbarungsdokuments Aussagen getroffen werden. Die Subjektpositionierung, die strukturell in viele Zielvereinbarungen eingebaut ist, wird in Abbildung 12 dargestellt. Abbildung 12: Subjektpositionierungen durch Zielvereinbarungen Insbesondere dann, wenn eine große Unterrichtsfokussierung der Maßnahmen festzustellen ist, realisiert sich ein hierarchisches System der Maßnahmendurchführung und -kontrolle. Die Schülerinnen und Schüler wie auch die Eltern gelten dabei als Empfangende schulischer Aktivitäten, die von den Lehrerinnen und Lehrern adressiert werden. Die Lehrkräfte sind wiederum diejenigen, die verstärkt über die Zielvereinbarungen zum Handeln verpflichtet werden. Sie werden oft generalisiert ( jeder Kollege ist in der Pflicht aus ZV-MS-03) zu einem Verhalten angehalten (Einsatz bestimmter Instrumente und Unterrichtsmethoden, Dokumentations- und Informationspflichten etc.), das möglicherweise in der Vergangenheit bereits angemahnt und bisher scheinbar erfolglos eingefordert wurde. Dokument ZV-MS-02 gibt ein Beispiel dafür (Abbildung 13). Im Dokumentenausschnitt wird zudem die Funktion der Schulleitung ( SL ) deutlich, die in der Kontrolle der anberaumten Maßnahme liegt. Dies soll sowohl indirekt über Gespräche als auch über die direkte Beobachtung des Unterrichts geschehen. Eine korrespondierende Funktion wird in diesem Beispiel auch einem QM-Team und den Fachberatern zugewiesen. Ein funktionales Äquivalent zu den QM-Teams, das die Schulleitung in den Kontrollaufgaben ergänzt, nimmt in einigen wenigen Fällen in den Zielvereinbarungen auch die Schulaufsicht ein. Bezüglich der Positionierung der Schulaufsicht über die Zielvereinbarungsdokumente kann, ähnlich wie bereits zur örtlichen Dimension angemerkt, ein bemerkenswertes Fernbleiben konstatiert werden. Zwar wird die jeweilige SBA oder die 84 Ergebnisse der RuN-Studie

83 Schulreferentin bzw. der Schulreferent fast immer als Person aufgeführt, die die Zielvereinbarung repräsentiert und die als Partnerin bzw. Partner der Vereinbarung zu Beginn genannt wird und das Dokument rahmend durch die Unterschrift am Ende beschließt. Im Kontext der Textfragmente, bei denen die eigentliche inhaltliche Zielformulierung und Maßnahmenplanung vorgenommen wird, erscheint die Schulaufsicht jedoch nahezu überhaupt nicht. Über Protokolle, die dem Forschungsteam zugänglich sind und die Gespräche im Vorfeld des Abschlusses von Zielvereinbarungen dokumentieren, konnten Hinweise darauf gefunden werden, dass es durchaus für schulische Akteurinnen und Akteure denkbar ist, die Abbildung 13: Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-MS-02 Schulaufsicht ebenfalls in die Umsetzung von Maßnahmen einzubeziehen. In den eigentlichen Zielvereinbarungsdokumenten wird dies jedoch nicht mehr berücksichtigt. So lautet es in einem vorhergehenden Protokoll, in dem vier Arbeitsschwerpunkte aus der externen Evaluation abgeleitet und aufgelistet werden, wie Abbildung 14 zeigt. Abbildung 14: Auszug aus einem Protokoll zum Zielvereinbarungsprozess ZV-MS-03 Aspekte des Fortbildungskonzepts sind in der betreffenden endgültigen Fassung der Zielvereinbarung der Mittelschule jedoch nicht mehr aufgenommen worden. Hier spielen dann nur noch unterrichtliche Ziele, die Entwicklung von Lernund Methodenkompetenz der Schülerinnen und Schüler, eine Rolle. Eine mögliche Interpretation ist, dass die Fragen der Schulleitung im Laufe der Zeit geklärt werden konnten und eine explizite Formulierung als Ziel sich erübrigte. Eine weitere mögliche Hypothese lautet demgegenüber, dass es in Anbetracht des weiterhin als hierarchisch vorgestellten Verhältnisses zwischen Schulen und Schulaufsicht (Kapitel 5.5, S. 65) kaum möglich ist, die Zielvereinbarungen als Dokumente zu erstellen, in denen alle Beteiligten verpflichtet werden beziehungsweise sich gegenseitig als Vertragspartnerinnen und -partner verpflichten Intersubjektive Mitteilbarkeit Als institutionelle Zielvereinbarungen, wie sie von Seiten des Kultusministeriums (SMK, 2008) angedacht sind, sollen sich die diesbezüglichen Prozesse und Ergebnisse von personalen Zielvereinbarungen und Maßnahmen der Personalführung unterscheiden. Die Vereinbarungen sollen personenunabhängig Geltung erlangen und damit auch von Personalwechseln nicht tangiert werden. Auch die Konsequenzen aus der Zielerreichung sollen nicht an Personen gebunden sein, sondern an die Institutionen. Hinsichtlich der Gestaltung von Zielvereinbarungsprozessen bringt dies gleichsam den normativen Anspruch mit sich, dass möglichst viele Akteurinnen und Akteure der betreffenden Einrichtungen (der Schule, der Schulaufsicht) beteiligt werden. Dies soll über die Aushandlung und Abstimmung innerhalb der Institutionen geschehen. Die spezifische Person der Schulleiterin bzw. des Schulleiters und die spezifische Person der Schulreferentin bzw. des Schulreferenten dienen dann idealtypisch allein als Repräsentierende der Einrichtung, die zu Aushandlungsprozessen entsandt werden. Die Analyse der Zielvereinbarungen unter Berücksichtigung der Abschlussberichte der externen Evaluation 85

84 Auf der Ergebnisebene bringt die Realisierung institutioneller Zielvereinbarungen die Anforderung mit sich, dass die Dokumente, in denen die Ziele festgehalten werden, sich intersubjektiv decodieren lassen müssen, dass sie in ihren Bedeutungsgehalten verständlich sind und dass sie personenunabhängig jederzeit als Instrumente eingesetzt werden können. Oft stoßen Betrachtende hier an Grenzen, da die Dokumente für notwendige Ausführungen und Monosemierungen/ Konkretisierungen nicht genügend Raum bieten. Pädagogische Begriffe und Konzepte wie beispielsweise die Begriffe Differenzierung, Offenheit, Anwendungsorientierung (ZV-GS-01) oder auch alltagssprachliche Formulierungen wie beispielsweise die Begriffe Problemschüler (ZV-GS-07) oder Pflege von Traditionen (ZV-MS-08), die in hohem Maße bedeutungsoffen sind, können nicht durch die Einschränkung des semantischen Gehalts näher bestimmt werden. Dies betrifft gleichfalls den metaphorischen Gebrauch der Sprache, bei dem die Konnotation eine noch größere Bedeutung hat, als die Denotation der verwendeten Begriffe (beispielsweise wenn die externe Evaluation als Blick von außen bezeichnet wird). Bei einigen Zielvereinbarungen behelfen sich die Beteiligten diesbezüglich dadurch, dass sie dem eigentlichen Zielvereinbarungsdokument Dokumentenanhänge hinzufügen. Durch diese zusätzlichen Texte kann die Bedeutung der Texte im Zielvereinbarungsdokument selbst zwar nicht abschließend 14, jedoch ein wenig näher bestimmt werden. Auch durch den Verweis auf externe Texte, beispielsweise auf die Kriterienbeschreibung zur externen Evaluation des Sächsischen Bildungsinstituts (2010), sind nähere Bestimmungen des Bedeutungsgehalts möglich. Neben dieser Möglichkeit der Einschränkung von Bedeutungsoffenheit sind in den untersuchten Zielvereinbarungen jedoch auch einige Modi ableitbar, über die Bedeutungsoffenheit noch zusätzlich gesteigert wird. Dies können unter anderem folgende Aspekte sein: (1) Die Verwendung von metaphorischer Sprache, in der durch ein hohes Maß an konnotativem Gehalt zusätzliche Begriffsinhalte produziert werden, wie beispielsweise beim oben schon erwähnten Problemschüler. (2) Die Verwendung von Akronymen und anderen Abkürzungen, deren Bedeutung sich nur mit Hilfe eines gewissen Maßes an Kontextwissen erschließt (beispielsweise EB, PIT, TPM ) (3) Auch das handschriftliche Verfassen von Zielvereinbarungen kann, auch wenn dies auf den ersten Blick nichtig erscheint, Bedeutungsgehalte multiplizieren, nämlich genau dann, wenn schon die Textform (der Signifikant) nicht genau bestimmbar ist anders ausgedrückt: Wenn die Handschrift kaum noch durch die Person entzifferbar ist, die sie selbst angewendet hat Zielvereinbarungen und Innovation Eng geknüpft an den aktuellen Schulentwicklungsdiskurs ist die Vorstellung davon, dass durch die Einführung verschiedener Steuerungsinstrumente (Evaluationen, Zielvereinbarungen, Schulprogramme etc.) Neues in die Schulen kommt, dass die Bildungseinrichtungen Innovationen anstreben, die die kommende Arbeit von der bisherigen unterscheiden lässt. Diesem Innovationsoptimismus steht nicht selten eine Innovationsskepsis der schulischen Akteurinnen und Akteure gegenüber. Sie beurteilen sowohl die Steuerungsinstrumente als auch das eigene Handeln, das den schulpolitischen Interventionen folgt, bezüglich einer Innovationsfähigkeit ambivalent (vgl. Diegmann, Keitel et al., 2013). Im Rahmen der Dokumentenanalyse konnte der Frage nachgegangen werden, welche Ziele und Maßnahmen in Zielvereinbarungsdokumenten formuliert werden und ob es Hinweise darauf gibt, dass diese den Innovationserwartungen entsprechen. Gerade die Ausführungen zu geplanten Maßnahmen können dabei aufschlussreich sein. Auch wenn die Aufnahme einer konkreten Maßnahmenplanung in die Zielvereinbarungsdokumente nicht notwendig geschehen muss und auch nicht den Konventionen von Zielvereinbarungsdokumenten entspricht, nehmen viele Zielvereinbarungen Ausführungen dazu vor. So werden in den Dokumenten eine ganze Reihe von Maßnahmen formuliert, die darauf hinweisen, dass mit ihnen auf die Etablierung neuer Strukturen und Arbeitsbeziehungen gezielt wird. Dies kann beispielsweise die Knüpfung neuer 14 Den Annahmen der poststrukturalistischen Linguistik folgend, kann es nie eine abschließende Bedeutung eines Begriffs geben, da die begrifflich verfasste Bedeutung willkürlich und offen ist und wiederum auf weitere Bedeutungen verweist (vgl. u. a. Derrida, 2004). 86 Ergebnisse der RuN-Studie

85 Kooperationsbeziehungen innerhalb der Schule und zu außerschulischen Akteurinnen und Akteuren oder auch die erstmalige Erstellung von schulischen Dokumenten (Schullogos, Fortbildungskonzepte, Konzepte zum Übergangsmanagement oder zur Berufsorientierung etc.) sein. Die neuen Maßnahmen werden interessanterweise in den untersuchten Zielvereinbarungen als solche jedoch nicht explizit mit Attributen wie neu, erstmalig oder beginnend ausgewiesen. Möglicherweise ist auch dies ein Ausdruck der Innovationsskepsis der Beteiligten, die mit Hilfe der Zielvereinbarungsdokumente konsistent eine Narra tion aktualisieren, die in den neueren Steuerungsmaßnahmen eher die Wiederkehr bekannter politischer Steuerungs bemühungen zu erkennen glauben, als deren Veränderung. Dementsprechend knüpfen viele der formulierten Maßnahmen an bereits bestehende Institutionen und Strukturen der Schule an. Dies wird häufig auch durch begriffliche Zeichen wie Weiterentwicklung, Aktualisierung, Intensivierung und Überarbeitung angezeigt (Abbildung 15). Abbildung 15: Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-GY-08 Mit der Explikation der Verweise auf bereits etablierte Strukturen entlasten sich die Beteiligten sogleich von einer nachdrücklichen an sie herangetragenen Innovations- und Veränderungsforderung und fordern ihrerseits implizit eine Kontinuität und Anerkennung der bis dahin geleisteten Arbeit. Ein Großteil der geplanten Maßnahmen wird deshalb auch als Aufrechterhaltung, Weiterführung, [ ] Beibehalten (ZV-MS-07), Sicherung (ZV-GS-02), Erhalten (ZV-GS-01) oder Fortsetzung (ZV-MS-08) und Fortführung (ZV-GY-08) von bereits Realisiertem beschrieben. Der Auszug aus einer Zielvereinbarung (Abbildung 16) soll stellvertretend für diese Art der Texte stehen. Abbildung 16: Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-GS-01 Möglicherweise kommt in der Zielformulierung jedoch auch die Schwierigkeit, aus grünen Ergebnissen Maßnahmen abzuleiten, und die damit zusammenhängende Ambivalenz des derzeitigen Schulentwicklungsdiskurses zum Ausdruck: Selbst bei der positiven Bewertung der schulischen Qualität wird der Ausweis innovativen Handelns und damit die Anzeige von kontinuierlicher Veränderung und (steter) Aktivität eingefordert Zitieren des Evaluationsberichts und semantische Verschiebungen Es ist ein Teil der bildungspolitischen Strategie des Freistaates Sachsen, dass die Evaluationsberichte der externen Evaluation des Sächsischen Bildungsinstitutes als wichtige Quelle der Außensicht auf Schule (SMK, 2008, S. 6) in den Prozess der Zielaushandlung und -formulierung einbezogen werden. Damit ist die Vorstellung verknüpft, dass durch den Bericht und dessen inhaltliche Kategorien, Beschreibungen und Bewertungen eine dateninduzierte, selbstverantwortliche Entwicklung der Einzelschulen ermöglicht werden kann. Schulen sollen sich selbst, begründet durch Daten der externen Evaluation, Ziele setzen und Maßnahmen entwickeln, die die Erreichung dieser Ziele wahrscheinlich machen. Aus quantifizierenden Untersuchungen im deutschsprachigen Raum ist bereits bekannt, dass Schulen und Schulaufsicht auf die Ergebnisse der externen Evaluation und auf Referenzrahmen der Bundesländer zurückgreifen, um Zielvereinbarungsdokumente zu erstellen (Wolfgang Böttcher und Keune, 2012). Wie dies genau geschieht, ist bisher erst zu geringen Teilen untersucht worden. Auch im Rahmen der RuN-Studie konnte bei den Schulen des Sample ein Rückgriff auf die externe Evaluation und deren Ergebnisberichte festgestellt werden. Ein Rückgriff wurde immer dann als ein solcher bewertet, wenn eine der folgenden Zeichen(ketten) in die Zielvereinbarung eingeschrieben wurde: Explizite Bezugnahme: Die Zielvereinbarung stellt explizit auf der Textoberfläche eine Verbindung zur externen Evaluation und dem Evaluationsbericht über die Zeichen externe Evaluation, Schulinspektion oder SEA her. Die Analyse der Zielvereinbarungen unter Berücksichtigung der Abschlussberichte der externen Evaluation 87

86 Wörtliches Zitat: Über direktes, wortgenaues Zitieren des Evaluationsberichts schreibt sich die externe Evaluation in die Zielvereinbarungen ein. Dabei muss das Zitat nicht explizit so kenntlich gemacht werden. Zentrale Begriffe und Kategorien: In den Zielvereinbarungen werden zentrale Konzepte und Kategorien der externen Evaluation (bspw. Binnendifferenzierung, Anwendungsbezug, Fortbildungskonzept etc.) aufgegriffen und zitiert. Das Zitieren des Evaluationsberichts geschieht in den Schulen nicht ungebrochen. Jedes Zitieren bedeutet immer auch die Veränderung der Bedeutung des Zitierten, allein schon deshalb, weil Zeichen indexikal (kontextabhängig) sind. Dabei bietet der Evaluationsbericht einen anderen (Sub-)Kontext, als beispielsweise die Kriterienbeschreibung zur externen Evaluation des SBI oder die Zielvereinbarungsdokumente. 15 Die Folge ist, dass zwar auf Begriffe und Konzepte des Evaluationsberichtes zurückgegriffen werden kann, diese jedoch nicht einfach wiederholt, sondern im neu kontextualisierten Zitat verändert werden. Dies soll hier am Beispiel des Begriffes Methodenkompetenz verdeutlicht werden. Die folgende Tabelle stellt dar, wie das gleiche Zeichen (als Zeichenform) mit unterschiedlichen Bedeutungen in den verschiedenen Kontexten performativ hervorgebracht wird (Tabelle 5). Kontext Kriterienbeschreibung (SBI, 2010) Evaluationskriterien des Evaluationsberichts Institutionelle Zielvereinbarung ZV-MS-08 Methodenkompetenz Methodenkompetenz Methodenkompetenz Subjekte Merkmal von Schüler/innen/aussagen Merkmal von Schüler/inne/n Relation zum Lernen Abgrenzung von Lernkompetenz (Nicht-Lernkompetenz) Methodenkompetenz als Wissen über und Anwendung von Lerntechniken bedeutet Bewältigung von Aufgaben und Anforderungen; flexible Nutzung von Wissen; Planung von Arbeitsschritten; Verwenden von Techniken und Verfahren; Informationsbeschaffung und -bewertung; Beherrschen hermeneutischer und formal-operativer Verfahren; zur Erkenntnisgewinnung und Problemlösung; die Fähigkeit zur Präsentation Anwendung von Recherchetechniken; gezieltes Erschließen von Informationen und Quellen; sach- und problemorientierte Aufbereitung; Interesse am Lesen; Reflexion und Analyse von eigenem Verhalten, von Tätigkeiten und Situationen; zielorientiertes Handeln Anwenden von Lerntechniken (im Unterricht) pädagogische Implikation durch spezifische, singuläre Maßnahmen steuerbar ( Komplextag ) empirische Implikation messbar über Selbstauskünfte der Schüler/innen messbar über Prüfungsleistungen und zu beobachtende Unterrichtsaktivität Tabelle 5: Darstellung des semantischen Gehalts und der Indexikalität der Methodenkompetenz Vergleicht man die Konzepte von Methodenkompetenz miteinander, werden in den genannten Dimensionen nicht nur Unterschiede zwischen den Dokumenten des Sächsischen Bildungsinstitutes und der Zielvereinbarung deutlich, sondern auch zwischen der Kriterienbeschreibung und den im Bericht aufgeführten Evaluationskriterien. Gilt sie in der Zielvereinbarung als (variables) Merkmal von Subjekten, bedeutet sie im Evaluationsbericht das Merkmal einer Subjektäußerung. Grenzt sich Methodenkompetenz in der Kriterienbeschreibung von der Lernkompetenz explizit ab, weist sie in der Zielvereinbarung eine semantische Nähe dazu auf. Deutet sie in der Kriterienbeschreibung auf einen Modus der Anwendung und auf den Nutzen des Kriteriums, also einer Realisation im Handeln der Subjekte, werden in den Evaluationskriterien auch psychologische, motivationale Konstrukte, wie Interesse am Lesen, integriert. Neben diesen unterschiedlichen Bedeutungsgehalten sind auch unterschiedliche Leerstellen in den Dokumenten festzustellen, also Bereiche, die bedeutungsoffen und völlig unbestimmt bleiben. 15 Werden dann die Dokumente in sozialen Situationen ein weiteres Mal zitiert, wird wiederum ein neuer Kontext zur Verfügung gestellt, der den Zeichen Sinn und Bedeutung verleiht. 88 Ergebnisse der RuN-Studie

87 Zitationen sind notwendig mit Bedeutungsveränderungen und -verschiebungen verbunden. Zum Teil wird diese Verschiebung aber auch strategisch von den beteiligten Akteurinnen und Akteuren eingesetzt. Dies kann u. a. dann der Fall sein, wenn die Evaluationsberichte bestimmte Veränderungsbedarfe anzeigen, die nicht (primär) im Interesse der Beteiligten sind. Um der normativen Wirkung des Evaluationsberichts und dessen Anrufung trotzdem nachzukommen (Kapitel 5.1, S. 27), zitieren manche Zielvereinbarungen diesen, führen dann im Prozess der Operationalisierung der Ziele Zeichen und Inhalte ein, die den eigentlichen Interessen und Vorhaben entsprechen. Beispielgebend ist hier die ZV-GY-01 (Abbildung 17). Abbildung 17: Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-GY-01 Bei der betreffenden Schule geriet die Forderung der externen Evaluation, Maßnahmen im Bereich Binnendifferenzierung zu initiieren, in Konflikt mit dem prioritären Interesse der Schulleitung, seit mehreren Jahren kompetenzorientierten Unterricht an der Schule einführen zu wollen wie es die Rekonstruktion des dazugehörigen Schulleitungsinterviews ergab. Dieser Konflikt blieb nicht folgenlos für die Zielvereinbarungen. Aus ihm ergab sich ein Dokument, in dem zum einen die Binnendifferenzierung als Arbeitsschwerpunkt benannt wird. In der Operationalisierung wird dieses Ziel jedoch nur noch am Rande verfolgt. Im Gegensatz dazu werden im Bereich kompetenzorientierte Unterrichtskonzepte unter der Verantwortung des Projektteam[s] kompetenzorientierter Unterricht Schwerpunkte gesetzt, Maßnahmen anberaumt und Termine festgelegt Kontingenz und Fragilität von Daten Nicht nur Daten aus wissenschaftlichen Forschungsprojekten, sondern auch Daten aus Evaluationen zeichnet ein hohes Maß an Kontingenz aus. Dabei ist es irrelevant, ob es sich um Daten aus qualitativen oder um Daten aus quantitativen Forschungskontexten handelt (vgl. Nassehi und Saake, 2002). Ihr Zustandekommen wie auch ihre Deutung ist in hohem Maße von situativen Kontexten, biografischen Erfahrungen der Beteiligten und diskursiv geformten Vorstellungen von Wahrheit und Wirklichkeit abhängig. Eine eineindeutige Interpretation ist nicht möglich, und so sind auch die praktischen Konsequenzen, die sich aus (wissenschaftlichen) Daten für das Handeln der Subjekte ergeben, nicht monokausal abzuleiten. Vielmehr muss angenommen werden, dass im Rahmen der Aneignung von Daten immer nur ein Möglichkeitsraum der Nutzung eröffnet wird, der eine Vielzahl an nicht-notwendigen Handlungsalternativen aufzeigt (vgl. Schmidt und Keitel, 2013). Daten bleiben dabei stets widersprüchlich und deren Interpretation fragil. Die Analyse der Zielvereinbarungen unter Berücksichtigung der Abschlussberichte der externen Evaluation 89

88 Daraus ergibt sich auch im Kontext der Aneignung der Berichte der externen Evaluation für die schulischen Akteurinnen und Akteure ein Spannungsfeld. Sie sehen sich mit widersprüchlichen, uneindeutigen Ergebnissen konfrontiert, müssen diese Uneindeutigkeit jedoch vereindeutigen, um die geforderte begründete Handlungsmaßnahme abzuleiten (Kapitel 5.1, S. 27). Potenziert wird die Möglichkeit der Datendeutung im Kontext der externen Evaluation in Sachsen durch mehrere Umstände. Zum einen erhalten die schulischen Akteurinnen und Akteure keinen Zugang zu den Instrumenten der externen Evaluation. Eine Rückführung der Konstrukte, die als Kategorien schulischer Qualität genutzt werden, auf die ihnen zugrundeliegenden Items ist nicht möglich. Die zur Verfügung stehenden Kriterienbeschreibungen sind auf recht allgemeinem Niveau formuliert und nur niedrig aufgelöst. Die Beschreibung von sog. Einzelurteilen geschieht oft nur beispielhaft und ist zum Teil tautologisch. So wird zum Beispiel das Einzelurteil Gestaltbarkeit [der Räumlichkeiten] folgendermaßen beschrieben: Die Schüler können Klassenräume, das Schulgebäude und das Schulgelände mitgestalten. (SBI, 2012, S. 24) oder die Allgemeine Schulzufriedenheit in folgender Art: Die allgemeine Schulzufriedenheit der Eltern ist ein Hinweis auf positive Einstellungen gegenüber der Schule. Sie nimmt eine bereichsübergreifende Ampelfunktion für die Qualität an der Schule ein. Die Eltern sind allgemein mit der Schule zufrieden. Sie schicken ihr Kind gern auf diese Schule, sie finden, dass diese Schule ihre Aufgabe gut erfüllt und würden sie anderen weiterempfehlen. (SBI, 2012, S. 10) Deutungspluralität kann auch dadurch erhöht werden, dass Kriterien und Urteilsbereiche ähnlich benannt im Bericht mehrfach aufgeführt werden. Dies trifft beispielsweise auf die Kategorien Differenzierung, Binnendifferenzierung und Vielfalt an Lehr- und Lehrformen zu, die an drei unterschiedlichen Positionen des Berichts bewertet, jedoch sehr ähnlich beschrieben werden. Eine Möglichkeit besteht für die schulischen Akteurinnen und Akteure nun darin, die sich ergebenden Widersprüchlichkeiten und Uneindeutigkeiten durch eine kursorische und selektive Lektüre einzugrenzen. Von manchen Schulen wird noch ein weiterer Weg beschritten: Durch neuerliche eigene Erhebung (wiederum kontingenter) Daten sollen Vereindeutigungen herbeigeführt und Kontingenz eingeschränkt werden. Aus der Unmöglichkeit eindeutiger Interpretation der Evaluationsdaten erwächst die Notwendigkeit neuer, interner Datenerhebungen. Dafür bietet die Zielvereinbarung ZV-GS-04 ein Beispiel (Abbildung 18). Abbildung 18: Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-GS-04 Hierbei ist eine interne schriftliche, standardisierte Befragung die Folge uneindeutiger Interpretation externer Evaluationsdaten. Die eigenen Datenerhebungen wiederum erlauben es der Schule dann, eigene Gütekriterien und -maßstäbe, d. h. eigene Normen für gute Daten, festzulegen und damit auch zu bestimmen, ab wann die Daten überhaupt eine Bedeutung erlangen und praktisches Handeln anleiten sollen. Dies geschieht beispielsweise über die Definition geeigneter Rücklaufquoten und Stichprobengrößen wie auch über eigene Bestimmungen der Signifikanz von Daten, wie folgendes Beispiel (Abbildung 19) zeigt, in dem die interne Evaluationspraxis protokollarisch festgehalten wird. Abbildung 19: Auszug aus einem Anhang zur ZV-GS-04 mit Ausführungen zur internen Evaluation Die interne Evaluation führt damit nicht nur zu neuen Daten, sondern auch zu einer Aneignung von Problemanzeigen und zu Möglichkeiten von deren Umdeutung. Sie sind damit für schulische Akteurinnen und Akteure gleichsam Spielräume, die es ihnen erlauben, sich den durch den Evaluationsbericht verobjektivierten Handlungszwängen zu widersetzen. 90 Ergebnisse der RuN-Studie

89 Zielvereinbarungen und deren Außenbeziehungen Zeichen verweisen nicht nur innerhalb ein- und desselben Textdokuments aufeinander. Sie besitzen zudem Außenbeziehungen und richten sich auf externe Texte und Diskurse. Sie sprechen immer auch von diesen, selbst wenn dies nicht ausführlich und konkretisiert geschieht. So weisen auch die Zielvereinbarungen nicht nur interne, sondern auch externe Verweisungszusammenhänge auf und beschreiben ein Außerhalb des eigentlichen Zielvereinbarungsdokuments, dem sie Bedeutung geben. Dies soll am Beispiel der Zielvereinbarung ZV-GS-10 (Abbildung 20) deutlich werden. Abbildung 20: Auszug aus dem Zielvereinbarungsdokument ZV-GS-10 Im Auszug der Zielvereinbarung ZV-GS-10 werden Ziele formuliert, die es zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erreichen gelte. Im Fokus der Aufmerksamkeit sollen an dieser Stelle jedoch nicht die Ziele selbst stehen, sondern wie diese in das Dokument eingeführt und ausgewiesen werden. Mit der Titulierung Wichtigste vereinbarte Ziele/Termine nimmt das Dokument eine Bestimmung des Darauffolgenden vor. Dabei impliziert die Zuschreibung Wichtigste zweierlei: (1) Zum einen eine Priorisierung von Zielen. Neben den Zielen, denen eine besonders große Bedeutung beigemessen wird, gibt es noch solche, die weniger wichtig oder überhaupt nicht wichtig sind. Dies ergibt sich bedeutungslogisch aus der Formulierung und deren semantischem Gehalt. Wer über wichtige Ziele spricht, spricht gleichzeitig auch über unwichtige(re) Ziele. 16 (2) Da diese wiederum im gesamten Zielvereinbarungsdokument nicht ausgewiesen werden, impliziert die Zuschreibung neben der Priorisierung, dass die (weniger wichtigen) Ziele außerhalb des Zielvereinbarungsdokuments existent sind. Das Dokument konstituiert damit ein Außen, in dem ebenfalls Ziele formuliert und umgesetzt werden. Die Zielvereinbarung wird an dieser Stelle als Dokument konstituiert, in welchem prioritäre Ziele expliziert werden, jedoch gleichzeitig ein vielfältiger Raum für weitere Zielformulierungen eröffnet wird. Dies wiederum korrespondiert mit Aussagen der am Zielvereinbarungsprozess Beteiligten, die eine kontinuierliche, stetige Setzung von Zielvorgaben und Vorhaben als selbstverständlichen Teil ihrer professionellen Arbeit verstehen und nicht die außeralltägliche, exponierte institutionelle Zielvereinbarung (Kapitel 5.5, S. 65) Zwischenfazit Durch die Analyse der Zielvereinbarungen konnte gezeigt werden, dass die Dokumentenformate und die inhaltliche Gestaltung der Dokumente in einem Bedingungsverhältnis zueinander stehen. Die formale Gestalt und die formatbedingte Normierung haben nicht selten einen Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung der untersuchten Texte. Dabei ist jedoch kein monokausaler, deterministischer Zusammenhang zu unterstellen. Zielvereinbarungsdokumente und deren formale Gestaltung implizieren im Gegensatz dazu immer auch schon die Möglichkeit, Normen zu umgehen und Widerstandspraxen zu etablieren. Zudem konnte mit Hilfe der Analysen gezeigt werden, dass Zielvereinbarungsprozesse im Anschluss an die externe Evaluation immer auch einen Umgang mit Bedeutungsoffenheit notwendig machen und stetig Monosemierungsprozessen den Versuchen der Bedeutungsreduktion semantische Pluralisierungen gegenüberstehen. Die Dokumentenanalysen erlaubten es außerdem, neben inhaltlichen und formatspezifischen Fragestellungen, die Fragen nach der relationalen Positionierung der Beteiligten zu beantworten. Hierbei konnte gezeigt werden, wie sich über Zielvereinbarungsdokumente hierarchische Subjektrelationen aktualisieren, Zugehörigkeit performativ hervorgebracht wird und sich Differenz konstituiert. 16 In der Sozio- und Psycholinguistik spricht man in solchen Fällen von Differenzbeziehungen. Die Bedeutung von Zeichen konstituiert sich über die Unterscheidungsgrenzen, die sie markieren (Lakoff, 1987). Die Analyse der Zielvereinbarungen unter Berücksichtigung der Abschlussberichte der externen Evaluation 91

90 6 Zusammenfassung Daniel Diegmann In der RuN-Studie konnten mit Hilfe verschiedener Methoden und der Untersuchung unterschiedlicher schulischer Akteu rinnen und Akteure Erkenntnisse gewonnen werden, die die Aneignung der Berichte der externen Evaluation und den Umgang mit institutionellen Zielvereinbarungen vertiefend beschreiben. Durch den Einbezug von Schulleitungen, Steuergruppen und Schulaufsicht in die Untersuchungen waren ein multiperspektivischer Blick auf die interessierenden Phänomene und ein Vergleich der Daten und Ergebnisse aus den unterschiedlichen Teiluntersuchungen möglich. Da es sich bei einem Großteil der Daten der RuN-Studie um Resultate von Gesprächen und Diskussionen handelt, ist die Rückführung der Ergebnisse auf das eigentliche Handeln der Beteiligten an der Schule nicht möglich. Die Ergebnisse dürfen deshalb nicht als Repräsentationen schulischer Wirklichkeit und des Verhaltens schulischer Akteurinnen und Akteure verstanden werden, sondern als Narrationen (über Verhalten) der Befragten, die sowohl individuell-biografisch als auch sozial-diskursiv geformt sind. 17 Aus diesen Formungen heraus lassen sich die Unterschiede und Widersprüchlichkeiten zwischen den Erzählungen von Schulleitungen und Schulreferentinnen bzw. Schulreferenten erklären. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die externe Evaluation eine normative Wirkung auf die Beteiligten entfaltet. Sie hat Effekte, die sich in den Erzählungen der Befragten spiegeln, unter anderem in Erzählungen zur Inszenierung guten Unterrichts während des Schulbesuchs, zu (verschieden intensiven) Rezeptions- und Nutzungsmodi, zur Selbstkontrolle durch Sichtbarmachung. Weiterhin zeigen sich die Effekte in Narrationen über neue Subjektkonstellationen und -positionierungen im schulischen Feld. Sie spiegeln sich im Zitieren des Evaluationsberichts in den Zielvereinbarungsprotokollen und in den abgeschlossenen Zielvereinbarungen. Die normative Wirkung der externen Evaluation ist, bedingt durch den wirkmächtigen aktuellen Diskurs um Schul- und Qualitätsentwicklung, selbst dann hoch, wenn die Beteiligten dem Verfahren eher kritisch gegenüberstehen. Eine Nicht-Beschäftigung mit dem Evaluationsbericht und mit Zielvereinbarungen gehört zum Bereich des Nicht-Sagbaren und findet in den Erzählungen der Untersuchten keinen Platz. Die im Rahmen der RuN-Studie rekonstruierten Narrationen sind jedoch auch ein Ausdruck davon, dass die Übernahme der Normen nicht bruchlos geschieht. Vielmehr kommt es auf dem Weg der Aneignung der Steuerungsinstrumente zu Umdeutungen, Bedeutungsverschiebungen, strategischen Handlungswahlen und Widerstandspraxen, die es den Beteiligten erlauben, institutionellen Anforderungen in ihrer Schule nachzukommen und die persönliche Handlungsfähigkeit zu bewahren. Eine Möglichkeit dafür ergibt sich für die schulischen Akteurinnen und Akteure aus dem Rückgriff auf Elemente aus dem wissenschaftlichen Diskurs. Indem die externe Evaluation mit diesem Feld assoziiert wird, ergeben sich daraus gleichsam Optionen der Kritik, die an die konventionalisierten Maßstäbe von Wissenschaftlichkeit und guter Forschung geknüpft sind. Sie erlaubt die Delegitimation von Daten mit Rückgriff auf Konzepte von Objektivität, Validität und Repräsentativität und damit auch eine Abweisung des Handlungszwangs, der mit den Evaluationsberichten einhergeht. Die schulischen Akteurinnen und Akteure knüpfen jedoch nicht nur an den Wissenschaftsdiskurs an, um die Gültigkeit von Ergebnissen zu hinterfragen. Sie beziehen sich gleichfalls auf den ökonomischen Diskurs, der mit den neueren Steuerungsmodi verbunden ist. Der Bezug darauf ist dadurch gekennzeichnet, dass einerseits die Konsequenzen eines erhöhten Wettbewerbs zwischen Schulstandorten befürchtet, andererseits eine größere schulische Autonomie (bspw. hinsichtlich der Budgetierung und der Personalauswahl) eingefordert wird Die Untersuchung der Berichtsaneignungspraxis und des Verhaltens in Zielvereinbarungsprozessen bedarf eines anderen Forschungsdesigns als desjenigen der RuN-Studie. Hierbei müssten (ethnografische) Beobachtungen durchgeführt werden, bei denen teilnehmend die Vorgänge der Evaluation selbst, der Berichtspräsentation und der Zielvereinbarung untersucht werden. Dies würde es erlauben, die eigentliche Praxis der Beteiligten hinsichtlich schulkultureller Rahmungen zu beleuchten. Zusammenfassung 93

91 Im Hinblick auf die Subjektpositionierungen kann festgestellt werden, dass sich über die externen Evaluationsberichte und die Zielvereinbarungen neue Verhältnisse der Akteurinnen und Akteure untereinander ergeben. Diese Dokumente und Instrumente erlauben es, spezifische Beziehungen zu etablieren und anzuzeigen sowie Grenzziehungen innerhalb der eigenen Institutionen, aber auch nach außen hin vorzunehmen. Damit besteht die Möglichkeit, Dinge und Personen zur eigenen Institution hinzuzuzählen, andere wiederum auszuschließen. Und es besteht die Möglichkeit, innerhalb der eigenen Einrichtungen Differenzierungen hervorzubringen. Dies konnte beispielhaft an den Strategien zur Veröffentlichung des Evaluationsberichts durch die Schulleitungen gezeigt werden. Über den Umgang mit den Evaluationsberichten und Zielvereinbarungen zeigen die Akteurinnen und Akteure jedoch nicht nur (voluntaristisch und intentionalistisch) an, wer zur Schule gehört und wer nicht. Darüber hinaus wird auch mittels der externen Evaluation eine Norm an die Schulen herangetragen, die darüber Auskunft gibt, wie das schulische Feld verfasst ist und wie Differenzmarkierungen vorzunehmen sind. Die große Bedeutung, die dem Einbezug der Eltern zukommt, der mit Verweis auf die externe Evaluation geschieht, ist ein Beispiel dafür, dass diese Normen Wirkmächtigkeit entfalten. Es etablieren sich mit den neuen Steuerungsinstrumenten jedoch nicht nur neue Subjektrelationen. Zum Teil werden auch herkömmliche Positionierungen durch diese aktualisiert, so gezeigt am Beispiel des Zielvereinbarungsprozesses und dem Verhältnis zwischen Schulen und der Schulaufsicht. Dabei konnte festgestellt werden, wie über das Mittel der formalen Kontrolle der Zielvereinbarungsdokumente eine hierarchische Beziehung der Beteiligten runderneuert wird. 94 Zusammenfassung

92 Abbildungsverzeichnis 1 Wirkmodell der externen Evaluation (Böttger-Beer, Koch und Vaccaro, 2010, S. 332) 6 2 Modell schulischer Qualität im Freistaat Sachsen (SBI, 2010a, S. 5) 14 3 Aufbau und Ablauf der RuN-Studie 19 4 Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-GY Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-GS Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-GY Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-GY Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-MS Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-GS Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-MS Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-GY Subjektpositionierungen durch Zielvereinbarungen Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-MS Auszug aus einem Protokoll zum Zielvereinbarungsprozess ZV-MS Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-GY Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-GS Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-GY Auszug aus der Zielvereinbarung ZV-GS Auszug aus einem Anhang zur ZV-GS-04 mit Ausführungen zur internen Evaluation Auszug aus dem Zielvereinbarungsdokument ZV-GS Abbildungsverzeichnis 95

93 Tabellenverzeichnis 1 Zusammensetzung der Stichprobe der RuN-Studie nach Schulart und Regionalstelle der SBA 19 2 Anzahl der Erhebungen nach Teiluntersuchungen 20 3 Verteilung der Zielvereinbarungen nach Schulart und Regionalstelle der SBA 25 4 Verteilung der Abschlussberichte der externen Evaluation nach Schulart und Regionalstelle der SBA 25 5 Darstellung des semantischen Gehalts und der Indexikalität der Methodenkompetenz Tabellenverzeichnis

94 Literaturverzeichnis Altrichter, H., K. Soukup-Altrichter und W. Specht (2004). Chancen und Schwierigkeiten einer breiten Initiative zur Förderung schulischer Qualitätsevaluation. In: journal für schulentwicklung 8.1, S Austin, J. L. (1972). Zur Theorie der Sprechakte. (How to do things with words). Stuttgart: Reclam. Bauer, Karl-Oswald (2002). Dialogische Schulprogrammentwicklung. In: Brennpunkt Schul leitung und Schulaufsicht. Hrsg. von Hans-Günter Rolff und Hans-Joachim Schmidt. Neuwied: Kriftel, S Beck, U. und W. Bonß (1989). Verwissenschaftlichung ohne Aufklärung? Zum Strukturwandel von Sozialwissenschaft und Praxis. In: Weder Sozialtechnologie noch Aufklärung? Analysen zur Verwendung sozialwissenschaftlichen Wissens. Hrsg. von U. Beck und W. Bonß. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S Bohnsack, Ralf, Iris Nentwig-Gesemann und Arnd-Michael Nohl (2007). Die dokumentarische Methode und ihre Forschungspraxis. Grundlagen qualitativer Sozialforschung. 2. Aufl. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Böttcher, W. (2002). Kann eine ökonomische Schule auch eine pädagogische sein? Schulentwicklung zwischen neuer Steuerung, Organisation, Leistungsevaluation und Bildung. Weinheim: Juventa. Böttcher, Wolfgang und Miriam Keune (2012). Schulentwicklung nach einer Schulinspektion? Unveröffentlichtes Tagungsmanuskript bis Gießen. Böttger-Beer, M., E. Koch und D. Vaccaro (2010). Wirkmodell zur externen Evaluation. In: Evaluation, Bildung und Gesel lschaft. Steuerungsinstrumente zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Hrsg. von W. Böttcher, J. N. Dicke und J. Hogrebe. 3. Aufl. Münster: Waxman, S Bröckling, U. (2000). Totale Mobilmachung. Menschenführung im Qualitäts- und Selbstmanagement. In: Gouvernementalität der Gegenwart. Studien zur Ökonomisierung des Sozialen. Hrsg. von U. Bröckling, S. Krasmann und T. Lemke. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S (2007). Das unternehmerische Selbst. Soziologie einer Subjektivierungsform. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Case, Peter, Susan Case und Simon Catling (2000). Please Show You re Working: A critical assessment of the impact of OFSTED inspection on primary teachers. In: British Journal of Sociology of Education 21.4, S Corbin, J. (2011). Grounded Theory. In: Hauptbegriffe qualitativer Sozialforschung. Hrsg. von R. Bohnsack, W. Marotzki und M. Meuser. 3. Aufl. Opladen: Budrich, S Dedering, Kathrin (2012). Schulinspektion als wirksamer Weg der Systemsteuerung? In: Zeitschrift für Pädagogik 58, S Derrida, Jaques (2004). Die différance: Ausgewählte Texte. Stuttgart: Reclam. Diegmann, Daniel, Juliane Keitel, Melanie Schmidt und Ralph Schubert (2013). Neue Steuerung und Innovation im Schulsystem. Ergebnisse der Leipziger RuN-Studie zur Rezeption und Nutzung externer Evaluationsergebnisse in Schulen des Freistaats Sachsen. In: Perspektiven der Erziehungswissenschaft: innovative Lösungen. Hrsg. von Aida Kruze und Zanda Rubene. Riga: LU Akademiskais apgads. Diegmann, Daniel, Melanie Schmidt, Doris Flagmeyer und Juliane Keitel (2011). Partizipationsmöglichkeiten durch externe Evaluation und Zielvereinbarungen im sächsischen Schulsystem. In: Bildung und Erziehung 67.3, S Diekmann, A. (2010). Empirische Sozialforschung. Grundlagen, Methoden, Anwendungen. 4. Aufl. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. Dietrich, F. und M. Lambrecht (2012). Menschen arbeiten mit Menschen. Schulinspektion und die Hoffnung auf den zwanglosen Zwang der besseren Evidenz. In: Die deutsche Schule 104.1, S Ditton, H. (2010). Evaluation und Qualitätssicherung. In: Handbuch Bildungsforschung. Hrsg. von R. Tippelt und B. Schmidt. 3. Aufl. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S Dreyfus, H. L. und P. Rabinow (1994). Michel Foucault. Jenseits von Strukturalismus und Hermeneutik. 2. Aufl. Weinheim: Beltz. Drinck, Barbara, Diegmann, Daniel, Schubert, Ralph, Keitel, Juliane, Marquardt, Kathleen, Schmidt, Melanie (2011). Literaturverzeichnis 97

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97 Autorinnen und Autoren Barbara Drinck Professorin für Schulpädagogik und Schulentwicklungsforschung Forschungsschwerpunkte und -interessen: Schulentwicklungsforschung, Inklusion in Schule und Hochschule, Heterogenitätsforschung sowie Forschung zu Schulabbrüchen Doris Flagmeyer Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig Forschungsschwerpunkte und -interessen: Einstellungen und Überzeugungen von Lehramtsstudierenden, Theorie- Praxis-Beziehungen im Studium, theatrales Lernen. Daniel Diegmann Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig Forschungsschwerpunkte und -interessen: Studien zur Gouvernementalität im Bildungswesen, Gender Studies, Intersektionalität, Diskursanalyse, Ethnografie Melanie Schmidt Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig Forschungsschwerpunkte und -interessen: Steuerung im Bildungssystem, insbesondere Forschungen zur externen Evaluation an Schulen und zur Auseinandersetzung schulischer Akteurinnen und Akteure mit Fremdbestimmtheit, Ökonomisierung der Bildung, Rolle der Schulleitung im neuen Steuerungsparadigma, Wissensverwendungsforschung, Methoden und Methodologien der qualitativen Sozialforschung (insbesondere Grounded Theory) Juliane Keitel Lehrerin im Hochschuldienst, abgeordnet an das Zentrum für Lehrerbildung und Schulforschung der Universität Leipzig (ZLS) Forschungsschwerpunkte und -interessen: Umgang von Schulleitungen mit Zielvereinbarungen im Anschluss an die externe Evaluation, Steuerungsinstrumente im Schulsystem, konstruktivistische Didaktik, religionspädagogische und -didaktische Fragestellungen Ralph Schubert Lehrer im Hochschuldienst, abgeordnet an das Zentrum für Lehrerbildung und Schulforschung der Universität Leipzig (ZLS) Forschungsschwerpunkte und -interessen: Steuerung im Bildungswesen, externe Evaluation, Zielvereinbarungen, Schulaufsicht Kathleen Herzog (geb. Marquardt) Vorbereitungsdienst für das Höhere Lehramt; zuvor wissenschaftliche Mitarbeiterin und Geschäftsführerin am Zentrum für Lehrerbildung und Schulforschung (ZLS) und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig Forschungsschwerpunkte und -interessen: Schulqualitäts- und Schulentwicklungsforschung, Steuerung im Bildungswesen (Educational Governance) 100 Autorinnen und Autoren

98 Herausgeber: Sächsisches Bildungsinstitut Dresdner Straße 78 c Radebeul Telefon: kontakt@sbi.smk.sachsen.de Redaktion: Universität Leipzig, Erziehungswissenschaftliche Fakultät Schulpädagogik unter besonderer Berücksichtigung der Schulentwicklungsforschung Dietrichring Leipzig Auflagenhöhe: 1000 Stück Satz und Druck: Union Druckerei Dresden Titelgrafik: Kerstin Haberkorn Redaktionsschluss: 8. Juli 2013 Bezug: Diese Druckschrift kann kostenfrei bezogen werden bei: Zentraler Broschürenversand der Sächsischen Staatsregierung Hammerweg 30, Dresden Telefon: oder Telefax: publikationen@sachsen.de Verteilerhinweis: Diese Informationsschrift wird vom Sächsischen Bildungsinstitut im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidaten oder Helfern im Zeitraum von sechs Monaten vor einer Wahl zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für alle Wahlen. Copyright: Diese Veröffentlichung ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die des Nachdruckes von Auszügen und der fotomechanischen Wiedergabe, sind dem Herausgeber vorbehalten.

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