Die Tiefenmuskulatur - nur ein Modebegriff?

Transkript

1 Die Tiefenmuskulatur - nur ein Modebegriff? Stand: Jahrgangsstufen Fach/Fächer Übergreifende Bildungsund Erziehungsziele Zeitrahmen Benötigtes Material 13 (Ausbildungsrichtung Sozialwesen) Biologie Alltagskompetenz und Lebensökonomie, Gesundheitsförderung, soziales Lernen 90 Minuten Lehrbuch; wenn vorhanden: Muskelmodell, Gymnastikball, Flexibar, Balancekissen o.ä. Kompetenzerwartungen Diese Aufgabe unterstützt den Erwerb folgender Kompetenzen: Die Schülerinnen und Schüler erklären den Aufbau des Skelettmuskels und begründen die Bedeutung des Sarkomers als kleinste funktionelle Einheit für die Muskelkontraktion. (B13 3) Seite 1 von 8

2 Aufgabe Immer mehr Fitness-Center bieten Kurse an, die ein Workout versprechen, das bis tief unter die Haut geht. Eines der wirksamsten Fitnessgeräte hierbei ist der ursprünglich aus der Physiotherapie stammende Schwing- oder auch Wackelstab, der in der Fitnessbranche eher bekannt ist unter der Bezeichnung Flexibar oder SwingstickFlexi. Dabei handelt es sich um einen 1,50m langen flexiblen Kunststoffstab mit zwei Gewichten an den Enden und einem Griff in der Mitte. Eben dieser Flexibar erzielt durch Übertragung der Schwingungen eine außergewöhnliche, tiefgehende Stimulierung und Kräftigung der Tiefenmuskulatur. Durch reguläres Krafttraining kann die Tiefenmuskulatur meist nicht erreicht werden, da diese tiefliegenden Muskelbereiche nicht oder nur mit sehr viel Übung und Konzentration bewusst bzw. willentlich angesteuert werden können, z. B. wie bei Pilates. Andere Trainingsgeräte sind das Balancekissen oder die kompakten, nur 270 Gramm schweren Brasil. Balancekissen Flexibar handgroße, gefüllte Brasil mit Noppenprofil Seite 2 von 8

3 1. Informieren Sie sich in der Infobox über die Tiefenmuskulatur und bearbeiten Sie im Anschluss die nachfolgenden Aufgaben. Infobox zur Tiefenmuskulatur Unter dem Begriff Tiefenmuskulatur versteht man nicht nur einzelne Muskeln, sondern drei verschiedene Muskelgruppen. Diese arbeiten stets zusammen als sogenanntes Synergisten- Team zur Stabilisierung der Körpermitte. Zu den Muskelgruppen gehören: Die autochtone Rückenmuskulatur, die auch als primäre oder echte Rückenmuskulatur bezeichnet wird. Hierbei fasst man viele kleine Muskeln zusammen (Musculi multifidi), die entlang der Wirbelkörper vom Kreuzbein bis zum Kopf ziehen und dabei meist 3-5 Wirbel überspannen. Die vierte Schicht der Bauchmuskulatur, die vom Rücken kommend wie ein breites Band um die Taille bis nach vorne zur Körpermitte zieht (Musculus transversus abdominis). Die mittlere Schicht der Beckenbodenmuskulatur, welche die beiden Sitzbeinhöcker miteinander verbindet und das Becken zusammenhält. Durch diese Muskulatur ist es möglich, dass während der Schwangerschaft das Gewicht eines Babys getragen werden kann (Musculus transversus perinei superficialis). 2. Recherchieren Sie die Begriffe autochton und Synergist im Kontext Muskulatur. 3. Da die Tiefenmuskulatur an der Wirbelsäule bzw. den Beckenknochen ansetzt, gehört sie zur Skelettmuskulatur. Diesen Typ Muskulatur bezeichnet man auch als quergestreifte Muskulatur, da man eine deutliche Quermusterung erkennen kann je tiefer man in das Innere des Muskelgewebes vordringt. 3.1 Mit bloßem Auge erkennt man sogenannte Muskelfaserbündel, die einen Durchmesser von 0,1 bis 1mm besitzen und aus tausenden Muskelfasern bestehen. Man erkennt im Lichtmikroskop, dass sie ein Zehntel des Durchmessers eines Faserbündel haben und ganz eng parallel aneinander liegen. Es handelt sich bei einer Muskelfaser um die eigentliche Muskelzelle, die aus einer Verschmelzung vieler Zellen entstanden ist und bis zu 20 cm lang sein kann. Das Innere einer Muskelzelle ist wiederum von einigen Hundert Muskelfibrillen durchzogen, die bei elektronenmikroskopischer Betrachtung abwechselnd helle und dunkle Linien der Länge nach erkennen lassen. Fertigen Sie aus diesen Angaben über die drei genannten Betrachtungsebenen beschriftete Skizzen an und veranschaulichen Sie sich den Aufbau eines Muskels bei zunehmender Vergrößerung. Benutzen Sie zur Darstellung folgende Tabelle: Betrachtungsebenen makroskopisch mikroskopisch submikroskopisch Vergrößerungen µm µm 1 µm Name der Struktur Skizze Seite 3 von 8

4 3.2 Eine einzige Muskelzelle (=Muskelfaser) entspricht im grundlegenden Aufbau einer typischen eukaryotischen Zelle, sie ist jedoch durch die Verschmelzung von vielen Zellen entstanden. Alle Zellbestandteile, bis auf den Zellkern, werden in Anlehnung an das griechische Wort für Fleisch, sarko, entsprechend als Sarkolemm, Sarkoplasma, Sarkoplasmatisches Retikulum und Sarkosomen bezeichnet. Ordnen Sie den genannten Strukturen in einer Tabelle die analogen Bezeichnungen aus der Cytologie zu und geben Sie die speziellen Funktionen an. 3.3 Infolge der Verschmelzung einzelner Zellen (= sogenanntes Synzytium) entstehen Muskelzellen, die in der Fachliteratur als polyenergid oder auch polyploid bezeichnet werden. Leiten Sie ausgehend von Ihrem Wissen aus der Cytologie den Begriff Polyploidie inhaltlich ab und erklären Sie den Begriff polyenergid, indem Sie inhaltliche Parallelen zwischen den beiden Fachbezeichnungen aufzeigen. 3.4 Die kleinste funktionelle Einheit der quergestreiften Muskulatur ist das Sarkomer, welches als sich wiederholender, gleichartiger Abschnitt für die Querbänderung der Muskelfibrillen verantwortlich ist. Informieren Sie sich in Ihrem Lehrbuch über den Feinbau eines Sarkomers und veranschaulichen Sie die Informationen in einer beschrifteten Skizze. Gehen Sie dabei insbesondere auf die beiden Proteinmoleküle ein, die sich zu unterschiedlichen Filamenten zusammenlagern. 4. Speziell die tiefen Bauchmuskeln können außer mit dem Flexibar, dem Balancekissen oder den Brasil auch bei Sportarten wie Pilates und Yoga gezielt trainiert werden. Suchen Sie in Sportzeitschriften, im Internet oder geeigneter Literatur fünf Übungen heraus, die Sie in der nächsten Stunde mit Ihren Klassenkameraden ausprobieren können. 5. Die Tiefenmuskulatur des Beckenbodens wird aus sportlicher Sicht oft vernachlässigt, da sie meist nur in Verbindung mit Geburtsvorbereitung, Rückbildungsgymnastik oder Inkontinenzproblemen ein Thema ist. Man hat herausgefunden, dass diese Beckenbodenmuskulatur bei Frauen nur halb so stark ausgebildet ist, wie bei Männern. Finden Sie eine Erklärung hierfür, auch im Hinblick auf die in der Infobox genannte Funktion. Seite 4 von 8

5 Beispiele für Produkte und Lösungen der Schülerinnen und Schüler 2. Begriffsrecherche: - Autochtone Rückenmuskulatur bezeichnet eine primäre Muskulatur, die bereits in der Embryonalentwicklung angelegt wird und im Laufe der späteren Entwicklung nicht mehr verändert. Sie liegt der Wirbelsäule unmittelbar auf. - Synergisten sind Muskelgruppen, die stets alle zusammen als Team arbeiten, d. h. sich gegenseitig in ihrer Funktion ergänzen. Das Gegenteil dazu wäre ein Antagonist, wie z. B. von Bizeps (Beuger) und Trizeps (Strecker) bekannt. 3.1 Ausfüllen der vorgegebenen Tabelle Betrachtungsebenen makroskopisch mikroskopisch submikroskopisch Vergrößerungen µm µm 1 µm Name der Struktur Muskelfaserbündel Muskelfaser = Muskelfibrille Muskelzelle Skizze helle Linien bis zu 20 cm lang dunkle Linien einzelne Zelle Muskelfaser (einige tausend) einzelne Fibrille 3.2 Tabelle zur Darstellung der Analogie der Zellbestandteile einer Muskelzelle mit Funktionen Bestandteil der Muskelzelle Analogie in der eukaryotischen Zelle Funktion Muskelfaser = Muskelzelle analog zur eukaryontischen Zelle Funktion des Zellbestandteils Sarkolemm Zellmembran (auch Plasmalemma) Abgrenzung der Zelle, Stoffaustausch Sarkoplasma Zellplasma Einbettung der Organelle Sarkoplasmatisches Retikulum Endoplasmatisches Retikulum Stofftransport, Herstellung der Ribosomen Sarkosomen Mitochondrien Zellatmung Seite 5 von 8

6 3.3 Ableiten des Begriffs Polyploidie: - Bekannt sind die Begriffe haploid und diploid aus der Cytologie, in der Bedeutung eines einfachen bzw. doppelten Chromosomensatzes (1n; 2n). - Poly = viel, Folglich handelt es sich um eine Vervielfachung des Chromosomensatzes in einem Kern. - Ab drei Chromosomensätzen in einem Zellkern spricht man von Polyploidie. Dies kommt bei höheren Pflanzen öfter vor (Weizen, Farne, Orchideen), bei Tieren seltener (z.b. Teichfrosch Triploidie oder Viscacharatte Tetraploidie) und beim Menschen nur bei einigen wenigen Zelltypen in bestimmten Leberzellen, in Herzmuskelzellen oder in Zellen der Samenblase. Zum Begriff polyenergid: - Eine Muskelzelle enthält wegen der Verschmelzung vieler einzelner Zellen viele Zellkerne im Sarkoplasma. - Hier ist die Anzahl der Kerne in einer Zelle erhöht, dadurch auch die Anzahl der Chromosomensätze innerhalb der Zelle, wenn auch nicht innerhalb eines Kerns. Parallelen: - Polyenergid und polyploid werden beide auch in der Bedeutung der Mehrkernigkeit bei Zellen, die durch Verschmelzung entstehen, verwendet. Dies kann eine Folge von Endomitosen (bei Riesenzellen oder Tumorzellen) sein oder auch bei vorliegender Hypertrophie, wie beim wachsenden Skelettmuskel, vorliegen. Seite 6 von 8

7 3.4 Beispiel einer Zeichnung: Seite 7 von 8

8 4: verschiedene Übungen aus Pilates oder Yoga nach Wahl 5: Die Beckenbodenmuskulatur ist bei Frauen nur halb so stark ausgebildet wie bei Männern, weil sie sich ansonsten bei der Geburt nicht ausreichend genug dehnen könnte. Quellen- und Literaturangaben Bilder der Sportgeräte: Annette Zimmermann Skizzen und Zeichnungen: Annette Zimmermann Seite 8 von 8