2 E 706/11 Me VERWALTUNGSGERICHT MEININGEN BESCHLUSS. In dem Verwaltungsstreitverfahren
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- Lioba Langenberg
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1 VERWALTUNGSGERICHT MEININGEN BESCHLUSS In dem Verwaltungsstreitverfahren 1. des Herrn Stefan Schweßinger, 2. der Fraktion Bündnis 90 - Die Grünen, vertreten durch den Fraktionsvorsitzenden Stefan Schweßinger, zu 1 und 2 wohnhaft: Karlstr.7, Eisenach zu 1 und 2 bevollmächtigt: Rechtsanwälte Bergerhoff und Kollegen, Alfred-Hess-Str.22a, Erfurt gegen den Oberbürgermeister der Stadt Eisenach, - Antragsteller - - Antragsgegner - wegen Kommunalrechts hier: Antrag nach 123 VwGO hat die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Meiningen durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts Michel, die Richterin am Verwaltungsgericht Meinhardt und den Richter am Verwaltungsgericht Viert am 15. November 2011 beschlossen: I. Die Anträge der Antragsteller gegen den Oberbürgermeister der Stadt Eisenach werden abgelehnt. II. Die Kosten dieses Verfahrens tragen die Antragsteller je zur Hälfte. III. Der Streitwert dieses Verfahrens wird auf ,- Euro festgesetzt.
2 Gründe: I. Der Antragsteller zu 1), Stadtrat der Stadt Eisenach und Mitglied der Antragstellerin zu 2), der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, begehren sinngemäß, dem Antragsgegner, dem Oberbürgermeister der Stadt Eisenach, zu untersagen, den Beschluss des Stadtrates TOP-Nr. 10, der 20. Stadtratssitzung der Stadt Eisenach, vom : 1. Dem Entwurf des Bebauungsplanes, bestehend aus der Planzeichnung (Teil A) und den textlichen Festsetzungen (Teil B) wird zugestimmt; die Begründung mit Umweltbericht wird gebilligt. 2. Der Entwurf des Bebauungsplanes ist im Zuge der Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß 3 Abs. 2 BauGB öffentlich auszulegen. die betroffenen Behörden und Träger öffentlicher Belange sind über die öffentliche Auslegung zu benachrichtigen und gemäß 4 Abs. 2 BauGB zur Abgabe einer Stellungnahme aufzufordern. zu vollziehen. Zur Begründung führen die Antragsteller aus, dass dieser Tagesordnungspunkt bereits am als TOP 14 Gegenstand der 19. Stadtratssitzung der Stadt Eisenach gewesen sei. Nach 12 Abs. 5 der Geschäftsordnung des Stadtrates der Stadt Eisenach (im Folgenden: Geschäftsordnung) könnten Anträge, die vom Stadtrat abgelehnt worden seien, frühestens nach 3 Monaten erneut in den Stadtrat eingebracht werden, es sei denn, dass sich die Sachund Rechtslage wesentlich geändert habe, was hier nicht der Fall sei. Der Antragsgegner tritt dem entgegen und ist der Auffassung, dass 12 Abs. 5 der Geschäftsordnung nicht für Anträge bzw. Beschlussvorlagen des Oberbürgermeisters gelte. Mit Beschluss vom wurde der Antrag der Antragsteller gegen den Stadtrat Eisenach abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 2 E 723/11 Me fortgeführt. Dieses Verfahren wurde auf Grund Klagerücknahme der Antragstellerseite vom mit Beschluss vom eingestellt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen. 2
3 II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach 123 VwGO bleibt ohne Erfolg. Das Gericht kann auch schon vor Klageerhebung auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (vgl. 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Der Grund für die Dringlichkeit der Eilmaßnahme (Anordnungsgrund) und der Anspruch, um dessen Durchsetzung es dem Antragsteller geht (Anordnungsanspruch) bzw. der Anspruch auf Regelung eines vorläufigen Zustandes sind glaubhaft zu machen ( 123 Abs. 3 VwGO i.v.m. 920 Abs. 2 ZPO in entsprechender Anwendung). Mit der einstweiligen Anordnung darf dabei regelmäßig nur eine vorläufige Regelung getroffen und grundsätzlich nicht die Hauptsache vorweg genommen werden. Eine Ausnahme hiervon greift nur dann ein, wenn der in der Hauptsache geltend gemachte Anspruch mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit besteht und bei Nichterfüllen dieses Anspruches mittels Erlasses einer solchen Eilentscheidung dem jeweiligen Antragsteller schwere, unzumutbare und andere nicht abwendbare Nachteile drohen (vgl. BVerfG, B. v , NJW 1989, 827; ThürOVG, B. v , Az.: 2 EO 326/96). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Ein Fall der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache dürfte hier nicht vorliegen. Es ist nicht gewährleistet, dass eine rechtskräftige Entscheidung in der Hauptsache ergeht, bevor die Frist der Auslegung des Entwurfs des Bebauungsplanes und gegebenenfalls nachfolgende Verwaltungsschritte eingeleitet bzw. abgeschlossen sind, so dass eine Entscheidung im Eilverfahren gerechtfertigt ist. Der Antragsteller zu 1), Stadtrat der Stadt Eisenach, und die Antragstellerin zu 2), die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, sind als Organe einer Kommune auch grundsätzlich in einem Kommunalverfassungsstreitverfahren beteiligtenfähig. Zweifelhaft allerdings ist, ob sie den hier geltend gemachten Verstoß - Nichtbefassung mit einem Gegenstand, der innerhalb von 3 Monaten bereits Gegenstand einer vorherigen Stadtratssitzung gewesen war ( 12 Abs. 5 der Geschäftsordnung, 35 Abs. 4 ThürKO) - als Mitgliedschaftsrechte eines Stadtratsmit- 3
4 glieds oder einer Fraktion geltend machen können oder ob dieser Verstoß nur durch den Stadtrat in seiner Gesamtheit als Organ geltend gemacht werden kann. Dies kann vorliegend dahinstehen. Denn ein Verstoß gegen 12 Abs. 5 der Geschäftsordnung liegt nicht vor. Diese Regelung, wonach Anträge, die vom Stadtrat abgelehnt worden sind, frühestens nach 3 Monaten erneut in den Stadtrat eingebracht werden können, es sei denn, dass sich die Sach- und Rechtslage geändert hat, gilt nicht für Anträge des Oberbürgermeisters. Dies ergibt sich aus Folgendem: Rechtliche Grundlage für die Durchführung einer Stadtratssitzung ist 35 ThürKO. Nach 35 Abs. 1 Satz 1 ThürKO beruft der Bürgermeister den Gemeinderat zu den Sitzungen ein. Nach 35 Abs. 1 Satz 4 ThürKO ist der Gemeinderat (zu einer Sitzung) unverzüglich einzuberufen, wenn ein Viertel der Gemeinderatsmitglieder es schriftlich unter Angabe des Beratungsgegenstandes verlangt. Dies gilt nach 35 Abs. 1 Satz 5 ThürKO nicht, wenn der Gemeinderat den gleichen Gegenstand innerhalb der letzten drei Monate bereits beraten hat, es sei denn, dass sich die Sach- oder Rechtslage wesentlich geändert hat. Weiter hat der Bürgermeister im Benehmen mit den Beigeordneten und dem Hauptausschuss die Tagesordnung nach 35 Abs. 4 Satz 1 ThürKO festzusetzen und die Beratungsgegenstände vorzubereiten. Dabei ist eine Angelegenheit in die Tagesordnung der nächsten Sitzung aufzunehmen, wenn es eine Fraktion oder ein Viertel der Gemeinderatsmitglieder schriftlich beantragt ( 35 Abs. 4 Satz 2 ThürKO). Nach 35 Abs. 4 Satz 3 ThürKO gilt 35 Abs. 1 Satz 5 ThürKO entsprechend. Diesen Regelungen ist zu entnehmen, dass die Beschränkung, eine Sitzung mit gleichem Gegenstand einzuberufen und damit auch einen Antrag auf Behandlung des gleichen Gegenstandes (Tagesordnungspunktes) für Fraktionen und ein Viertel des Gemeinderates gilt. Der (Ober-)Bürgermeister unterliegt dieser Beschränkung nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht. Dass der Bürgermeister keiner zeitlichen Beschränkung mit Anträgen oder Beschlussvorlagen unterliegt, wird auch belegt durch Sinn und Zweck der Regelungen des 35 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 4 Satz 2 ThürKO. Mit dieser Regelung soll einem immer wiederkehrenden Aufgreifen alter Themen vorgebeugt werden, wenn eine Gruppe, die sich mit ihrem Anliegen nicht durchsetzen konnte, die nochmalige (u.u. mehrmalige) Behandlung verlangt (Uckkel/Hauth/Hoffmann, Kommunalrecht in Thüringen, 35 ThürKO, Anm. 4). Diese Gefahr 4
5 ist in vorliegender Konstellation gerade nicht gegeben. Nicht eine Minderheitsgruppe wollte sich mit einem speziellen Tagesordnungspunkt (Auslegung eines Entwurfs eines Bebauungsplans) erneut/wiederholt auseinandersetzen, sondern die Mehrheit des Stadtrates. Nachdem der Oberbürgermeister sich mit den Beigeordneten und dem Hauptausschuss über diesen Tagesordnungspunkt ins Benehmen gesetzt hat ( 35 Abs. 4 Satz 1 ThürKO) wurde innerhalb der 3-Monatsfrist der gleiche Gegenstand als Tagesordnungspunkt für die 20. Sitzung festgesetzt. Die Antragsteller hatten - wie auch tatsächlich geschehen - die Möglichkeit, einen Antrag auf Nichtbefassung mit diesem Tagesordnungspunkt zu stellen, der hier aber durch Mehrheitsbeschluss des Stadtrates abgelehnt wurde. Will sich aber die Mehrheit eines Stadtrats innerhalb der 3-Monatsfrist erneut mit demselben Tagesordnungspunkt befassen, muss dies unter demokratischen Gesichtspunkten auch möglich sein. Insoweit ist 35 Abs. 1 Satz 5 und Abs. 4 Satz 2 ThürKO als Abwehrrecht des Stadtrates gegen Anträge oder Beschlussvorlagen auszulegen, nicht aber als Recht einer Minderheit (Fraktion oder Gemeinderatsmitglied), sich nicht mit einem bestimmten Tagesordnungspunkt befassen zu müssen. Demgemäß ist also eine erweiternde Auslegung des 35 Abs. 1 oder Abs. 4 ThürKO über den Wortlaut hinaus auf Anträge des Oberbürgermeisters weder systematisch noch vom Regelungsinhalt her zulässig. Durch die Geschäftsordnung eines Gemeinde- bzw. Stadtrates kann das Recht des Bürgermeisters, eine Sitzung mit gleichem Tagesordnungspunkt binnen 3 Monaten einzuberufen, auch nicht eingeschränkt werden. Unabhängig davon ist 12 Abs. 5 der Geschäftsordnung auch nicht auf den (Ober-) Bürgermeister anzuwenden. Er hat nach 11 der Geschäftsordnung die Möglichkeit, ohne Einschränkungen Beschlussvorlagen an den Stadtrat zu richten. Dass er nach 12 Abs. 1 der Geschäftsordnung antragsberechtigt ist, ist lediglich die Klarstellung, dass - über den Wortlaut des 35 Abs. 1 Satz 4 ThürKO bzw. 35 Abs. 4 Satz 2 ThürKO hinaus und in ständiger Rechtsprechung anerkannt - auch einzelne Gemeinderatsmitglieder bzw. der Bürgermeister berechtigt sind, Anträge zur Tagesordnung einzureichen (vgl. Uckel/ Hauth/ Hoffmann, Kommunalrecht in Thüringen, 35 ThürKO, Anm.10.4). 12 Abs. 5 der Geschäftsordnung ist insoweit lediglich die Wiederholung der Regelung des 35 Abs. 1 Satz 4 ThürKO bzw. 35 Abs. 4 Satz 2 ThürKO bezogen auf Fraktionen und ein Viertel der Gemeinderatsmitglieder. Der Wortlaut des 12 Abs. 5 der Geschäftsordnung lässt nicht den Schluss zu, dass der (Ober-)Bürgermeister innerhalb der 3-Monatsfrist bei dem Stadtrat keine Beschlussvorlage 5
6 einreichen dürfte. Insoweit ist 11 der Geschäftsordnung zu berücksichtigen. Diese Regelung sieht hinsichtlich des (Ober-)Bürgermeisters keine zeitliche Einschränkung vor. Da die Regelung des 12 Abs. 5 der Geschäftsordnung auf den Oberbürgermeister nicht anzuwenden ist, bedurfte die Frage, ob eine Änderung der Sach- und Rechtslage nach 12 Abs. 5 der Geschäftsordnung eingetreten ist, keiner weiteren Klärung. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus 154 Abs. 1, 159 VwGO, 100 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf 52, 53 GKG, wobei die Kammer unter Berücksichtigung von Nr des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 7./8. Juli 2004 (vgl. Kopp/Schenke, a.a.o., Anh. 164 Rn. 14) einen Betrag in Höhe von für jeden Antragsteller für angemessen erachtet und im Hinblick auf das Eilverfahren halbiert. Rechtsmittelbelehrung: Gegen Nrn. I und II des Beschlusses steht den Beteiligten die Beschwerde an das Thür. O- berverwaltungsgericht zu. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Verwaltungsgericht Meiningen, Lindenallee 15, Meiningen (Briefanschrift: Postfach , Meiningen), schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Diese Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, beim Thür. Oberverwaltungsgericht, Kaufstraße 2 4, Weimar, einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Hinweis: Für dieses Verfahren besteht, mit Ausnahme der Streitwertbeschwerde und der Prozesskostenhilfeentscheidung, Vertretungszwang nach 67 Abs. 2 und 4 VwGO. Gegen Nr. III des Beschlusses steht den Beteiligten die Beschwerde an das Thür. Oberverwaltungsgericht zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Verwaltungsgericht Meiningen, Lindenallee 15, Meiningen (Briefanschrift: Postfach , Meiningen), schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Hinweis: Für die Beschwerde gegen Nr. III des Beschlusses besteht kein Vertretungszwang. gez.: Michel Meinhardt Viert 6
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