A. Einstieg in die Konzernrechnungslegung I. Ziele und Zwecke des Konzernabschlusses
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- Jörn Tiedeman
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1 I. Ziele und Zwecke des Konzernabschlusses Das HGB legt in 290 die Voraussetzungen fest, unter denen eine inländische Kapitalgesellschaft bzw. eine Personengesellschaft i.s.d. 264a einen Konzernabschluss aufstellen muss. Die Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses wird seit dem BilMoG allein auf Basis des Kriteriums des beherrschenden Einflusses bestimmt (wirtschaftliche Betrachtungsweise). Damit werden Off-Balance-Sheet- Konstruktionen (Zweckgesellschaften) stärker als bisher in den Konsolidierungskreis integriert. Die Kriterien des sog. Control-Konzeptes wurden als Beispiele für den nunmehr allein relevanten Tatbestand des beherrschenden Einflusses beibehalten und um einen neu eingeführten Sachverhalt ergänzt, der explizit auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise abstellt. Insgesamt liegt nunmehr ein beherrschender Einfluss eines Mutterunternehmens auf ein Tochterunternehmen vor, wenn entweder eines der bislang aufs dem Control-Konzept bekannten Kriterien erfüllt ist oder auf der Basis einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise eine solche Beziehung nachgewiesen werden kann. 290 Abs. 2 Nr.1-3 knüpft an konzerntypische Rechte des Control-Konzeptes an; danach besteht für ein Mutterunternehmen die Möglichkeit zum beherrschenden Einfluss, wenn ihm 1. die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter zusteht 2. das Recht, die Mehrheit der Mitglieder des die Finanz-und Geschäftspolitik bestimmenden Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen zusteht, wenn das Mutterunternehmen gleichzeitig Gesellschafter ist, 3. das Recht zusteht, die Finanz- und Geschäftspolitik aufgrund eines mit einem anderen Unternehmen geschlossenen Beherrschungsvertrages / Satzung zu bestimmen 19
2 Nach 290 Abs. 2 Nr. 4 liegt ein Mutter-Tochter-Verhältnis darüber hinaus auch dann vor, wenn das Mutter-unternehmen für die Mehrheit der Chancen und Risiken eines anderen Unternehmens einstehen muss. Ein Mutterunternehmen hält demnach ein Tochterunternehmen in der Form einer Zweckgesellschaft, wenn es die Mehrheit der Risiken und Chancen dieser Zweckgesellschaft trägt, die zur Erreichung eines eng begrenzten, genau definierten Ziels des Mutterunternehmens dient. Konzernrechnungslegungspflicht 290 HGB 290 Abs. 2 Nr. 1-3 HGB Control-Konzept 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB Wirtschaftliche Betrachtungsweise Mehrheit der Stimmrechte (Nr. 1) Recht zur Bestellung / Abberufung der Organmitglieder plus Gesellschafterstellung (Nr. 2) Beherrschungsvertrag (Nr. 3) 20
3 Konzernrechnungslegungspflicht 290 HGB a.f. Abs. 1 Abs. 2 Control-Konzept Tatsächliche Ausübung der einheitlichen Leitung Durch BilMoG wurde das Konzept der einheitlichen Leitung einer Beteiligung ersatzlos aufgehoben und durch das Kriterium des beherrschenden Einflusses ersetzt. Beteiligung nach 271 Abs. 1 HGB Erweiterung durch Zweckgesellschaften Risks & Rewards Approach SIC 12 21
4 Ziel der Neuregelung der Konzern-Aufstellungspflichten ist eine vollständigere Erfassung von Zweckgesellschaften. Eine Zweckgesellschaft ist ein Tochterunternehmen, wenn das Mutterunternehmen die Mehrheit der Chancen und Risiken der Zweckgesellschaft trägt. Chancen und Risiken i.s. 290 Abs. 2 Nr. 4 Positive und negative finanzielle Auswirkungen auf das Mutterunternehmen aus direkter oder indirekter Beziehung zur Zweckgesellschaft z.b. Auswirkungen auf Kostenreduktionen und Ausschüttungen Für Zwecke der Auslegung des 290 Abs. 2 Nr. 4 kann auf die Erfahrungen mit SIC 12 rekurriert werden: SIC (Standing Interpretation Committee): Aktivitäten der Zweckgesellschaft werden zu Gunsten der speziellen Bedürfnisse eines Unternehmens ausgeführt (SIC 1210.a); Mehrheit des Nutzens aus der Geschäftstätigkeit der Zweckgesellschaft liegt bei der Mutter (SIC 12.10b) Die Neuregelung wird durch Anhangangaben flankiert (Sonstige Pflichtangaben gem. 314 Abs. 1 Nr. 2 und 2a HGB). Verbleibende Off-Balance-Sheet-Gestaltungen sind damit mit neuen Informationspflichten belegt. 22
5 Zweckgesellschaften sind Unternehmen, die der Erreichung eines eng begrenzten und genau definierten Ziels der Muttergesellschaft dienen. Sie treten außer in Form von Unternehmen auch in Form sonstiger juristischer Personen des Privatrechts, wie Stiftungen, Vereine und eingetragene Genossenschaften auf. Unterstützungskassen und ähnliche externe Versorgungseinrichtungen (Pensionsfonds, Pensionskassen) können die Kriterien einer Zweckgesellschaft erfüllen. Inländische Spezial- Sondervermögen i.s.d. 2 Abs.3 InvG ist von der Definition einer Zweckgesellschaft ausgenommen. Zweckgesellschaften sind dann zu konsolidieren, wenn das Mutterunternehmen die Mehrheit der Chancen und Risiken trägt. Kriterien der Zweckgesellschaften: Im Vergleich zu anderen Unternehmen sind Zielsetzung und Tätigkeitsbereich stark eingeschränkt, daher im Zeitablauf kaum Anpassungsnotwendigkeiten an äußere Umstände, es bedarf kaum eines aktiven oder laufenden Managements, geschäftspolitische Entscheidungen (Resourceneinsatz) sind somit nicht (mehr) erforderlich. Entscheidungsmacht der Geschäftsführung häufig durch Autopilotmechanismus eingeschränkt. Beispiele : Projektabwicklungsgesellschaften, Leasingobjektgesellschaften, Forschungs- und Entwicklungsgesellschaften oder Verbriefungsvehikel. 23
6 Die Zielsetzung der Zweckgesellschaft ist auch der Ausgangspunkt für die Beurteilung der mit der Zweckgesellschaft verbundenen Risiken und Chancen. Risiken sind finanzielle und nicht-finanzielle Nachteile aus der Geschäftstätigkeit einer Zweckgesellschaft. Bei den finanziellen Nachteilen kann es sich um negative Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage des Konzerns handeln: z.b.: Verlust von Kapitaleinlagen, Ausfall von Darlehen, Inanspruchnahme aus Bürgschaften, Patronatserklärungen, sonstigen Bonitäts- oder Ertragsgarantien, Stillhalterverpflichtungen, Entgelte für Dienstleistungen sowie nicht marktübliche (günstige) Konditionen für Lieferungen und sonstige Leistungen. Zu den nicht-finanziellen Nachteilen gehören negative Auswirkungen auf die Lage des Konzerns, z.b. Reputationsschäden. 24
7 Chancen sind finanzielle und nicht-finanzielle Vorteile aus der Geschäftstätigkeit einer Zweckgesellschaft. Zu den finanziellen Vorteilen gehören alle positiven Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns: z.b. durch Gewinnbeteiligungen, Teilhabe an Wertsteigerungen und Liquidationserlösen, Kosteneinsparung, Kostenreduktion, Nutzung von Vermögensgegenständen, Entgelte für Dienstleistungen sowie nicht marktübliche (günstige) Konditionen hinsichtlich Lieferungen und sonstige Leistungen. Bei den nicht-finanziellen Vorteilen handelt es sich um sonstige positive Auswirkungen auf die Lage des Konzerns, z.b. Verbesserung der Reputation oder die Verbesserung von Kennzahlen, Ratings oder Finanzierungskonditionen. Bei der Mehrheit der Chancen und Risiken aus Geschäfts- oder Vertragsbeziehungen muss es sich um die absolute Mehrheit handeln. Hat ein Beteiligter lediglich die relative Mehrheit der Risiken und Chancen, erfüllt dieser Sachverhalt nicht die Voraussetzungen. Die Beurteilung der Chancen- und Risikotragung hat im Wege einer qualitativen Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls zu erfolgen und ist auf der Grundlage einer zukunftsorientierten Sicht durchzuführen. 25
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