Städtebauliche Entwicklungskonzepte Ordnungsrechtliche und planende Verkehrsaufgaben
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- Georg Morgenstern
- vor 7 Jahren
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1 Städtebauliche Entwicklungskonzepte Ordnungsrechtliche und planende Verkehrsaufgaben Gerhard Scholl
2 Nach der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) gilt grundsätzlich eine innerörtliche Geschwindigkeit von 50 km/h. Gemäß 45 Abs. 1 c StVO können insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf Tempo 30-Zonen angeordnet werden. Diese Zonen dürfen sich nicht auf Straßen des überörtlichen Verkehrs, also Bundes-, Landesund Kreisstraßen und weitere Vorfahrtstraßen erstrecken. Folie 2
3 Darüber hinaus können Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs durch Verkehrszeichen nach der geltenden Rechtslage gemäß 45 Abs. 9 StVO dann angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung bestimmter Rechtsgüter - insbesondere Sicherheit und Ordnung des Verkehrs, Schutz vor Lärm und Abgasen - erheblich übersteigt ( 45 Abs. 1 StVO). Folie 3
4 Die Straßenverkehrsbehörden treffen auch die notwendigen Anordnungen zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung ( 45 Abs. 1 b Nr. 5 StVO) und unterstützen in diesem Falle nicht nur mehr ordnungsrechtliche Verkehrsaufgaben, sondern auch planende. Allerdings setzt eine Anordnung nach 45 Abs. 1 b Nr. 5 StVO zur Unterstützung einer städtebaulichen Entwicklung das Vorhandensein eines städtebaulichen Konzeptes und ein hierarchisch gegliedertes "langsames" und "schnelles" Straßennetz voraus. Leistungsfähige und schnelle innerörtliche Hauptverkehrsstraßen oder Ortsumfahrungen zur Entlastung des "langsamen" Netzes sind somit unabdingbar. Folie 4
5 Seit ca. 2 Jahren wird in Deutschland eine intensive fachliche, öffentliche und politische Diskussion darüber geführt, ob mit dem sogenannten shared space -Prinzip innerhalb eines schilder- und regelungsfreien Straßenraums eine konfliktfreie(re) Nutzung durch alle Verkehrsteilnehmer stattfinden kann. Es ist festzustellen, dass die Darstellung der Inhalte von shared space und der damit erreichbaren Ziele oft in hohem Maß überzeichnet bzw. überbewertet wird. Insbesondere besteht die Tendenz, dass Nichtfachleute diesen raum- und verkehrsplanerischen Ansatz als vermeintliches Allheilmittel für innerstädtische Verkehrsprobleme interpretieren. Folie 5
6 Die Idee shared space wurde am niederländischen Keuninginstitut für soziale Studien in Groningen entwickelt und definiert als Grundprinzip die Stärkung der Selbstverantwortung im Straßenverkehr sowie den daraus abgeleiteten Verzicht auf Beschilderung, Markierung und Lichtsignalanlagen. Hauptvoraussetzung ist dabei eine funktionierende Netzhierarchie in Form eines schnellen und langsamen Straßennetzes und eines selbsterklärenden Straßenraumes. Gefordert wird die Aufhebung des Trennungsprinzips der Verkehrsarten und letztlich eine Änderung des Verkehrsverhaltens, die einem sozialen Verkehrsverhalten entsprechen soll. Folie 6
7 Es ist bekannt, dass in Deutschland bereits die Vorstufe von shared space, der nach dem Mischprinzip organisierte sogenannte verkehrsberuhigte Bereich - Zeichen 325 StVO - mit Schrittgeschwindigkeit für den Fahrzeugverkehr als zulässiger Höchstgeschwindigkeit nicht ohne zusätzliche bauliche Maßnahmen funktioniert. Dies begründet sich einerseits in der Unkenntnis der Regeln und den zu hohen Geschwindigkeiten, andererseits sind oft auch die baulichen und verkehrlichen Voraussetzungen nicht gegeben, wenn bspw. Fahrgassenversätze nicht tief genug, Verkehrsstärken zu hoch und die Fahrtweiten zu groß sind. Folie 7
8 Die Verhaltenspflichten für die Verkehrsteilnehmer in einem gemeinsamen Verkehrsraum (Mischverkehr) sind in der StVO nicht hinreichend geregelt. Baden-Württemberg hat für die Sitzung des Bund-Länder-Fachausschusses StVO im Januar und Mai 2010 die Frage einer Regelung des Verhaltensrechtes bei Mischverkehrslösungen als Tagesordnungspunkt angemeldet. 1. Die Einführung eines neuen Verkehrszeichens Begegnungszone - Tempo 20 km/h wurde vom Bundesverkehrsministerium abgelehnt. 2. Der Bund-Länder-Fachausschuss ist einstimmig bei einer Enthaltung zu dem Ergebnis gekommen, dass Mischverkehrslösungen auf Straßen des überörtlichen Verkehrs nicht mit dem Straßenverkehrsrecht in Einklang gebracht werden können. Folie 8
9 Städtebauliche Anforderungen an die Gestaltung von Verkehrsräumen sind mit den vorhandenen und bewährten Zonen- und Bereichsregelungen - Tempo 30-Einzelregelung, - Tempo 30-Zone, - verkehrsberuhigter Geschäftsbereich und - verkehrsberuhigter Bereich zu lösen, sofern die verkehrlichen und straßenrechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Folie 9
10 In einer Tempo 30-Zone ( 45 Abs. 1c StVO) gilt die Vorfahrtsregelung rechts vor links, Lichtzeichenanlagen und Fußgängerüberwege sind (aufgrund der geringen Verkehrsstärken auf den einbezogenen Straßen) verzichtbar, die Verkehrsarten sind getrennt. In einem verkehrsberuhigten Geschäftsbereich ( 45 Abs. 1d StVO) gilt die Vorfahrtsregelung rechts vor links, Tempo 20 / (10); die Verkehrsarten sind getrennt, wobei allerdings die Fahrbahn auch auf einfache Weise (z. B. durch eine Pflasterrinne, vgl. Anm. zu 41 Abs. 3 Nr. 9) abgegrenzt werden kann. Folie 10
11 In einem verkehrsberuhigten Bereich ( 42 Abs. 4a StVO - Zeichen 325 StVO) gilt die Vorfahrtsregelung rechts vor links, Schrittgeschwindigkeit, Vorrang des Fußgängers, Parken nur auf gekennzeichneten Flächen, Abwicklung des Verkehrs im Mischverkehr. Folie 11
12 Karlsruhe, BESPRECHUNG STRASSENVERKEHRSBEHÖRDEN REGIERUNGSPRÄSIDIUM KARLSRUHE - TOP 3 - UNTERSTÜTZUNG DER GEORDNETEN STÄDTEBAULICHEN ENTWICKLUNG - 45 Abs. 1 b Nr. 5 StVO - AM BEISPIEL EINER LKW-SPERRUNG (3,5 t) AUSGENOMMEN LIEFERVERKEHR UND GESCHWINDIGKEITSBESCHRÄNKUNG 30 km/h IN DER HAUPTSTRASSE B 39 IN SINSHEIM 12
13 ZIELSETZUNG: VERKEHRSENTLASTUNG (LKW-VERKEHR) SICHERHEIT FÜR QUERENDE FUSSGÄNGER VERKEHRSBERUHIGUNG 1. SCHRITT: Karlsruhe, Besprechung Straßenverkehrsbehörden Regierungspräsidium Karlsruhe EINBEZIEHUNG ALLER ZU BETEILIEGENDEN DIENSTSTELLEN - MINISTERIUM FÜR UMWELT UND VERKEHR BADEN- WÜRTTEMBERG (seit Mai 2005 INNENMINISTERIUM / BEREICH VERKEHR) - REGIERUNGSPRÄSIDIUM KARLSRUHE HÖHERE STRASSENVEKEHRSBEHÖRDE UND BAUBEHÖRDE - POLIZEIDIREKTION HEIDELBERG - STRASSENBAUAMT HEIDELBERG (SEIT JANUAR 2005 RHEIN- NECKAR-KREIS) 13
14 Karlsruhe, Besprechung Straßenverkehrsbehörden Regierungspräsidium Karlsruhe Täglich mehr als 400 Lkw bei Stauentwicklungen auf der A 6 noch eine deutlich höhere Anzahl von Lkw Fahrbahnquerschnitt bis zu 8 m und unzureichende Gehwegbreiten von z.t. nur 85 cm Nicht zu kanalisierende Fußgängerquerungen trotz vier Fußgängerfurten infolge zahlreicher fußgängerintensiven Institutionen in nahezu allen Gebäuden Hauptstraße ungeeignet als Bindeglied der nördlich und südlich vorhandenen Fußgängerzonen und verkehrsberuhigten Bereichen Schulweg nicht zuletzt von Kindern der Carl-Orff-Schule für Lernbehinderte Unangemessene Geschwindigkeiten auch infolge der nahezu gerade verlaufenden Fahrbahn 14
15 Karlsruhe, Besprechung Straßenverkehrsbehörden Regierungspräsidium Karlsruhe BESTAND HAUPTSTRASSE B 39 VOR DEM UMBAU 15
16 Karlsruhe, Besprechung Straßenverkehrsbehörden Regierungspräsidium Karlsruhe Reduzierung des Fahrbahnquerschnittes auf durchgehend 6,50 m Wegfall von Parkständen zu Gunsten von möblierten und von Anpflanzungen geprägten Aufenthalts- und Kommunikationsbereichen Deutliche Verbreiterung der Gehwege S-förmige Verschwenkung der Fahrbahn im exponiertesten Teilstück IN DER SUMME EINE MARKANTE STRASSENBAULICHE VERÄNDERUNG UNSERER HAUPTSTRASSE B 39 LÖSUNGSANSATZ: 45 Abs. 1b Ziffer 5 StVO ZUR UNTERSTÜTZUNG EINER GEORDNETEN STÄDTEBAULICHEN ENTWICKLUNG KÖNNEN VERKEHRSRECHTLICHE MASSNAHMEN ERFOLGEN. - EIN BISHER VERGESSENER PARAGRAF IN DER StVO - 16
17 Karlsruhe, Besprechung Straßenverkehrsbehörden Regierungspräsidium Karlsruhe PLANUNG HAUPTSTRASSE B 39 17
18 Karlsruhe, Besprechung Straßenverkehrsbehörden Regierungspräsidium Karlsruhe 18
19 Folie 19
20 Folie 20
21 Folie 21
22 Folie 22
23 Mit einem von der Stadt Nagold finanzierten städtebaulichen Modellprojekt soll unter der beratenden Mitwirkung des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr Baden- Württemberg untersucht werden, wie mit Verkehrsraum gestaltenden Elementen der Durchschneidung einer gewachsenen Ortslage durch Straßen des überörtlichen Verkehrs und der Verödung der Bebauung entgegen gewirkt werden kann. Ziel ist es, den Straßenraum in das städtebauliche Ensemble zu integrieren und das Geschwindigkeitsniveau zu dämpfen. Folie 23
24 Folie 24
25 Durch in der Perspektive wirkende Einengungen und Aufweitungen des Straßenraumes durch planerisch zu erarbeitende, gezielt angeordnete Begrenzungen und Einbauten im Verkehrsraum soll ohne die Aufgabe einer sicheren Abwicklung des Verkehrs der Fahrzeuglenker zu einer moderaten Fahrweise angehalten werden. Diese Konzeption entspricht der Grundphilosophie von shared space und ist in der geplanten Umsetzung auf Bundesstraßen ein Novum nicht nur in Baden-Württemberg. Die hier gewonnenen Erkenntnisse können auf andere Projekte übertragen werden. Folie 25
26 Unter Abwägung der Risiken und Chancen für neue städteplanerische und verkehrsplanerische Lösungsansätze können Mischverkehrslösungen auf Straßen - mit einer Verkehrsstärke von weniger als 3000 Kfz am Tag, - Straßen ohne hohem Durchgangs- und Schwerverkehrsanteil, - Straßen ohne hohem Parkdruck, in Frage kommen. Folie 26
27 Folie 27
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30 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Folie 30
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