Soziale Kompetenz der kompetente Umgang mit Menschen in sozialen Situationen
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- Harald Krause
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1 13 Kapitel 1 Soziale Kompetenz der kompetente Umgang mit Menschen in sozialen Situationen Bettina Greimel-Fuhrmann 1. Einleitung Mit anderen Menschen kommunizieren, sich in ein Team einfügen und mit anderen zusammenarbeiten können, Konflikte lösen, überzeugend argumentieren und präsentieren, kurz: erfolgreich mit anderen Menschen umgehen können, sozial kompetent sein, das möchte vermutlich jede/r gerne. Dabei sind die empirischen Belege zur Bedeutung bzw. Wirksamkeit von sozialer Kompetenz eher vage. Wenige Studien sind der sozialen Kompetenz und deren Einfluss auf den beruflichen und/oder privaten Erfolg von Personen gewidmet, es liegen hauptsächlich Studien aus dem Bereich der Führungsforschung und der Konfliktforschung vor. Die Befunde der Führungsforschung etwa, die den günstigen Einfluss des kooperativen Führungsstils auf Leistung und Einstellungen der Mitarbeiter zeigen, können als erste Grundlage für die betriebswirtschaftliche Relevanz der sozialen Kompetenz dienen (vgl. Kanning 2005). Die Auswirkung einzelner Kompetenzen auf beruflichen Erfolg ist schwer empirisch zu untersuchen. Abgesehen vom Problem, beruflichen Erfolg adäquat zu messen (fraglich ist etwa, anhand welcher Kriterien der Erfolg gemessen werden könnte, z.b. an der Höhe des Gehalts oder den sich darbietenden Aufstiegschancen), spielen auch andere Kompetenzen wie insbesondere Fachkompetenzen und allgemeine kognitive Kompetenzen sowie die Spezifika des Unternehmens für den beruflichen Erfolg eine Rolle. Deshalb sind die gefundenen Korrelationen zwischen (sozialen) Kompetenzen und beruflichem Erfolg in der Regel niedrig (vgl. z.b. Hossiep & Paschen 2003). Trotzdem hat der Begriff der sozialen Kompetenz einen hohen Anmutungsgrad. Es erscheint plausibel, dass sie beim Zusammentreffen und in der Interaktion mit anderen Menschen wichtig ist. Und so erwarten sich Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, dass Bewerberinnen und Bewerber über diese Fähigkeiten verfügen, insbesondere wenn sie sich für eine Managementposition bewerben und ein wirtschaftswissenschaftliches Studium abgeschlossen haben. Kaum eine Stellenanzeige verzichtet darauf, ausdrücklich soziale Kompetenz oder zumindest einzelne Kompetenzen, die der sozialen Kompetenz zugerechnet werden können, als Anforderung für die
2 14 Soziale Kompetenz der kompetente Umgang mit Menschen in sozialen Situationen ausgeschriebene Stelle zu definieren. Es sind jedoch nicht nur die Kontakte nach außen, wie etwa mit Kund/inn/en, Lieferant/inn/en und anderen Geschäftspartner/inne/n, die soziale Kompetenz erforderlich machen. Auch innerhalb eines Unternehmens nimmt die Bedeutung sozialer Kompetenz durch die Bildung von Projektteams und Arbeitsgruppen zu, sodass soziale Kompetenz auch als wichtige Schlüsselqualifikation bezeichnet wird (vgl. Kanning 2005; Wellhöfer 2004), weil sie als Schlüssel zum beruflichen Erfolg gilt (vgl. Faix & Laier 1991). In diesem ersten Kapitel wird der Begriff soziale Kompetenz geklärt, gegenüber anderen Kompetenzarten abgegrenzt und seine Bedeutung diskutiert. Außerdem wird erläutert, wie die soziale Kompetenz einer Person gefördert und weiterentwickelt werden kann und wie für gewöhnlich versucht wird, die soziale Kompetenz einer Person festzustellen, ja sogar zu messen. 2. Was bedeutet der Begriff soziale Kompetenz? 2.1 Der Kompetenzbegriff im Allgemeinen Mit dem Begriff Kompetenz wird alltagssprachlich Fähigkeit und Zuständigkeit verstanden (vgl. z.b. die Begriffsklärung im Duden). Der Begriff Kompetenz stammt vom lateinischen Verbum competere ab, das zusammentreffen und zusammenfallen oder auch ausreichen, kräftig sein bedeutet. Das macht insofern Sinn, als man für den Fall, dass die Fähigkeiten einer Person mit den Anforderungen einer bestimmten Situation zusammentreffen, davon sprechen kann, dass die Person die notwendige Kompetenz besitzt, diese Situation zu bewältigen. Ursprünglich in die deutsche Pädagogik eingeführt wurden die Begriffe Kompetenz und soziale Kompetenz von Roth (1971), der soziale Kompetenz neben Selbst- und Sachkompetenz als ein Element der verantwortlichen Handlungsfähigkeit, der moralischen Mündigkeit, sieht und sie als Fähigkeit definiert, für sozial, gesellschaftlich und politisch relevante Sachbereiche urteils- und handlungsfähig zu sein. Kompetenzen werden im Allgemeinen als Fähigkeiten und Fertigkeiten und damit als Potenzial eines Menschen zur erfolgreichen Bewältigung von bestimmten Aufgaben und Problemstellungen in konkreten Situationen verstanden (vgl. z.b. Maag Merki & Grob 2005). Worin der Erfolg besteht etwa in der Interaktion mit anderen Menschen bzw. ob das Handlungsergebnis z.b. ein Verhandlungsergebnis als Erfolg bezeichnet werden kann, ist vom Wertesystem der beurteilenden Personen abhängig. Dies macht deutlich, dass die Beurteilung, ob eine Person sozial kompetent ist oder in einer bestimmten Situation sozial kompetent gehandelt hat, subjekt- und situationsabhängig sowie normativ geprägt ist.
3 Was bedeutet der Begriff soziale Kompetenz? 15 Eine noch umfassendere und oft zitierte Begriffsbestimmung von Kompetenzen stammt von Weinert (2001, S. 27f.), der sie als die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können, definiert. Diese Begriffsbestimmung entspricht zwar im Wesentlichen der oben dargestellten, erfährt jedoch insofern eine inhaltliche Erweiterung, als sie auch die motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten als Voraussetzungen für die Nutzung von sozialer Kompetenz berücksichtigt. Eine Person muss also nicht nur über die Fähigkeit zu verhandeln verfügen, sondern diese Fähigkeit in einer konkreten Verhandlungssituation auch einsetzen wollen, um damit die Verhandlung willentlich zu gestalten und zu steuern. Weinert thematisiert darüber hinaus auch die Verantwortung, die mit der Problemlösung verbunden ist. Der (sozial) kompetenten Person ist auch bewusst, welche Konsequenzen ihr Verhalten und ihre Problemlösung für andere Menschen haben. 2.2 Kompetenz und Performanz Ob eine Person über eine bestimmte Kompetenz verfügt, zeigt sich erst im kompetenten Verhalten der Person, in der sogenannten Performanz. Das macht die Kompetenzmessung schwierig, denn die Kompetenz selbst ist nur durch das kompetente Verhalten erfassbar. Kompetentes Verhalten in einer (einzelnen) bestimmten Situation lässt aber nicht unbedingt den Rückschluss zu, dass eine Person tatsächlich über eine bestimmte Kompetenz in einem bestimmten Ausmaß verfügt (zu dieser Problematik siehe auch die Ausführungen im Kontext der Begriffsklärung von sozialer Kompetenz). Es ist möglich, dass eine Person in einer bestimmten Situation ein zufriedenstellendes Verhandlungsergebnis erzielt, auch wenn ihr das in anderen vergleichbaren Situationen nicht gelingt und/oder sie grundsätzlich über kein Verhandlungsgeschick verfügt. Umgekehrt kann aber auch die vorhandene Kompetenz nicht garantieren, dass sie in jeder Situation zum Erfolg führen wird. Nur weil ein Mensch über ein gewisses Potenzial verfügt, bedeutet das nicht, dass er es in jeder relevanten Situation auch in eine erfolgreiche Handlung umsetzen kann. Gelingt die Problembewältigung daher in einer konkreten Situation nicht, bedeutet das nicht unbedingt, dass die Person nicht über die fragliche Kompetenz verfügt, da es auch an anderen Faktoren liegen kann, dass ihr in dieser einen konkreten Situation die Problemlösung nicht gelungen ist (vgl. dazu auch Kanning 2002).
4 16 Soziale Kompetenz der kompetente Umgang mit Menschen in sozialen Situationen 2.3 Soziale Kompetenz im Besonderen Euler & Bauer-Klebl (2008) definieren den Begriff soziale Kompetenz als Disposition zur zielgerichteten Interaktion mit anderen Menschen über sachliche, soziale oder persönliche Themen in spezifischen Typen von Situationen. Soziale Kompetenz ermöglicht demnach die Bewältigung von Lebenssituationen, die durch Interaktionen mit Menschen bestimmt sind und entsprechende Anforderungen an das soziale Handeln eines Menschen stellen, kurz: Sie ermöglichen den kompetenten Umgang mit anderen Menschen. Die folgende Grafik hebt die wesentlichen bedeutungstragenden Elemente der Definition von Euler & Bauer-Klebl (2008) hervor: Soziale Kompetenz Disposition zur (zielgerichteten) Interaktion mit anderen Menschen über sachliche, soziale oder persönliche Themen in spezifischen Typen von Situationen (nicht beobachtbares) Potenzial eines Menschen Austausch zwischen Menschen im Rahmen einer sozialen Beziehung verschiedene Themen erfordern unterschiedliche Kompetenzen situationsspezifisch (Erwerb und Anwendung) Abbildung 1: Explikation der Definition des Begriffs soziale Kompetenz von Euler & Bauer-Klebl (2008) Die hervorgehobenen Elemente dieser Definition entsprechen im Wesentlichen der eingangs dargestellten Begriffsklärung von Kompetenzen im Allgemeinen: Soziale Kompetenz als Disposition ist wie ein Potenzial eines Menschen zu sehen, das er in bestimmten Situationen entfalten kann, aber nicht notwendigerweise auch in jeder Situation entfalten muss. Das Potenzial selbst ist nicht beobachtbar, soziale Kompetenz wird erst durch sozial kompetentes Verhalten in bestimmten Situationen sichtbar. Ein Problem besteht freilich darin, dass aus dem Verhalten einer Person in einer singulären Situation nur schwer auf das generelle Vorhandensein von Kompetenzen dieser Person geschlossen werden kann. Das bedeutet, dass auch das Erzielen eines respektablen Verhandlungsergebnisses in einer bestimmten Verhandlungssituation nicht den Schluss zulässt, dass die Person tatsächlich über ausgezeichnete Kompetenzen in der Verhandlungsführung verfügt. Dementsprechend unterscheidet Kanning (2005) zwischen sozialer Kompetenz und sozial kompetentem Verhalten. Er beschreibt sozial kompetentes Verhalten als Verhalten, das in einer spezifischen Situation dazu
5 Was bedeutet der Begriff soziale Kompetenz? 17 beiträgt, die eigenen Ziele zu verwirklichen, wobei gleichzeitig die soziale Akzeptanz des Verhaltens gewahrt wird. Sein Verständnis von sozialer Kompetenz verbindet daher Elemente der Entwicklungspsychologie, die soziale Kompetenz als Anpassung des einzelnen Menschen an die Normen und Werte einer sozialen Gemeinschaft sieht, mit Elementen der klinischen Psychologie, die den Aspekt der Durchsetzung eigener Interessen in sozialen Kontexten betont. Das Element zielgerichtete Interaktion soll zum Ausdruck bringen, dass es beim sozial kompetenten Handeln nicht nur um Handlungen eines Menschen geht, die eine Auswirkung auf andere Menschen haben. Vielmehr geht es um den Austausch zwischen Menschen im Rahmen einer sozialen Beziehung, um die Abstimmung des eigenen Handels mit dem Handeln der anderen Person(en) unter Berücksichtigung der Ziele, Interessen, Positionen, Erfahrungen und Gefühle der eigenen und der anderen Person(en). Dieser Austausch kann über sachliche, soziale und persönliche Themen erfolgen, d.h. über Theorien und Fakten genauso wie über persönliche Aspekte (Gefühle, Intentionen) und soziale Themen (z.b. die Interaktion selbst). Diese sehr verschiedenen möglichen Themen einer Interaktion legen es nahe, dass je nach dem konkreten Thema auch sehr unterschiedliche Kompetenzen erforderlich sein können. Die konkret geforderte soziale Kompetenz ist daher themenspezifisch. Die erforderliche soziale Kompetenz ist nicht zuletzt von der konkreten Situation und deren Anforderungen abhängig. Es erscheint plausibel, dass in einer Verhandlungssituation mit einem/einer kooperativen Verhandlungspartner/in andere Fähigkeiten erforderlich sein werden als in einer Situation, in der mit Partner/inne/n verhandelt werden muss, die Kampftechniken anwenden. Soziale Kompetenz wird daher nur situationsspezifisch erworben und angewendet, wobei manche soziale Kompetenz in einer Vielzahl von unterschiedlichen Situationen (situationsübergreifend) angewendet werden kann, wie etwa verständliches Präsentieren, überzeugende Argumentation oder die Bereitschaft, Fehler einzugestehen und sich dafür zu entschuldigen. Kanning (2003) bezeichnet diese als allgemeine soziale Kompetenz, während die spezifische soziale Kompetenz nur situationsspezifisch (in ganz bestimmten Typen von Situationen) angewendet werden muss, etwa bei einer Verhandlung mit potenziellen Lieferanten. Entscheidend für die Situation und damit für die Angemessenheit bestimmten sozialen Verhaltens ist nicht zuletzt auch der kulturelle Background, in dem es zu einer Interaktion zwischen Menschen kommt. Dieselben Verhaltensweisen können in einer vergleichbaren Situation in einem anderen Kulturkreis als vollkommen unangemessen gelten und daher die betreffende Person sozial inkompetent wirken lassen.
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