Institut für Thermodynamik Prof. Dr. rer. nat. M. Pfitzner Thermodynamik I - Lösung 1. Einleitende Fragen
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- Jakob Seidel
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1 Einleitende Fragen 1. Was versteht man unter Thermodynamik? Thermodynamik ist die Lehre von den Energieumwandlungen und den Zusammenhängen zwischen den Eigenschaften der Stoffe. 2. Erklären Sie folgende Begriffe: (Quelle: Baehr, H.D., Thermodynamik, Springer, 9. Auflage, 1996) thermodynamisches System: Das thermodynamische System ist ein gegenüber der Umgebung durch die Systemgrenze beschränkter Bereich, in dem die jeweilige thermodynamische Untersuchung stattfindet. Grundsätzlich wird zwischen einem offenen, einem geschlossenen und einem abgeschlossenen System unterschieden. Um die Komplexität eines thermodynamischen Systems zu reduzieren, kann es in einzelne Teilsysteme unterteilt werden. Zwischen den Teilsystemen können dann innerhalb des Gesamtsystems Massen, Mole, Energien, Impulse etc. ausgetauscht werden. Phase: Eine Phase ist ein homogener Bereich, in dem Zustandsgrößen, wie zum Beispiel der Druck, die Dichte und das spezifische Volumen konstant sind. Komponente: Komponenten oder auch reine Stoffe sind die Bestandteile eines thermodynamischen Gesamtsytems. thermodynamisches Gleichgewicht: Wenn zwei Systeme in Wechselwirkung treten und kein Massen- und Energiestrom von außen einwirkt, so erhält man nach ausreichend langer Zeit ein thermodynamisches Gleichgewicht, in dem keine Gradienten/Variationen der Zustandsgrößen mehr existieren. 3. Wie sind Dichte und spezifisches Volumen definiert? Dichte: ρ = m V spezifisches Volumen: v = V m = 1 ρ 4. Was ist die universellen Gaskonstante? R m = 8, J molk spezifische Gaskonstante: R = Rm M, M molare Masse 1
2 5. Welche Einheiten sind richtig angegeben? (a) 1 kj = 1 kg s 2 m (b) 1 Pa = 1 kg s 2 m (c) 1bar = 10 5 N m 2 (d) 1 GJ = 10 3 kj Die Antworten b) und c) sind richtig. 1 kj = 1000 kgm2 s 2 1 GJ = 10 6 kj = 10 9 J 6. Was besagt der 0. Hauptsatz der Thermodynamik? Wenn sich die Systeme A und B und die Systeme B und C im thermischen Gleichgewicht befinden, dann sind auch die Systeme A und C im thermischen Gleichgewicht. 7. Welche Beziehungen sind richtig? (a) t = T (b) t = 5 T (c) t = T - 273,15 K Die Antwort c) ist richtig. 8. Erklären Sie den Unterschied zwischen Normzustand und Gleichgewichtszustand! Der Normzustand ist ein vereinbarter Bezugszustand (t n = 0 C, p n = kpa) zur Berechnung im thermodynamischen System. Mit Hilfe der Gleichgewichtszustände können weitere Zustandsgrößen berechnet werden. 9. Warum ist das Volumen eine extensive thermodynamische Größe und die Dichte eine intensive thermodynamische Größe? Ordnen Sie die Ihnen bekannten thermodynamischen Größen den Begriffen extensiv und intensiv zu. Nennen Sie verschiedene spezifische Größen! extensive Zustandsgrößen: wachsen im homogenen Systemen proportional zur Systemgröße (z. B.: Masse, Volumen, Energie) intensive Zustandsgrößen: sind nur für homogene Systeme definiert, können nicht additiv verknüpft werden (z. B.: Dichte, Druck, Temperatur) spezifische Zustandsgrößen: Quotient aus zwei Zustandsgrößen massenspezifisch: spez. Volumen v = V m volumenspezifisch: Dichte ρ = m V molarspezifisch: molare Masse M = m n 10. Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Masse eines Stoffes und der Molzahl des Stoffes? n = m M 2
3 Aufgabe 1 Beschreiben Sie die drei thermodynamischen Systeme und führen Sie dazu jeweils die charakteristischen Eigenschaften an! Überlegen Sie sich jeweils drei Beispiele aus dem Alltag und zeichnen Sie jeweils in einer Skizze die Systemgrenzen ein. offenes System: In diesem System sind Masse- und Energieaustausch möglich. Beispiele: Heizkörper, Motor eines Autos, Triebwerk eines Flugzeuges. geschlossenes System: Hier ist ein Energieaustausch möglich, es kommt aber zu keinem Massenaustausch. Beispiele: geschlossener Kühlschrank, elektrischer Heizlüfter, Glühbirne abgeschlossenes System: Es findet kein Energie- oder Massenaustausch über die Systemgrenzen statt. Beispiele: Abgeschlossene Systeme kommen in der Praxis nicht vor, da jede Systemgrenze (z.b. Behälterwand) eine gewisse Wärmeleitfähigkeit besitzt und somit Wärme überträgt. Abgeschlossene Systeme werden in der Thermodynamik herangezogen, um Prozessabläufe zu idealisieren. Ein annähernd abgeschlossenes System ist z. B. eine Thermoskanne, wenn man davon ausgeht, dass keine Wärme übertragen wird (der Kaffee kühlt also niemals ab). 3
4 Aufgabe 2 Zeichnen Sie in folgende Systeme die Systemgrenze ein und unterscheiden Sie zwischen: diabat - adiabat offen - geschlossen - abgeschlossen ruhend - bewegt homogen - heterogen a) perfekt isolierte Thermoskanne vollständig mit Glühwein gefüllt b) Gas in einem fliegenden Fußball c) Kondensator im Dampfkraftwerk d) Luft in einem steigenden Heißluftballon a ) Thermoskanne b ) Fußball c ) Kondensator Bei der perfekt isolierten Thermoskanne handelt es sich um ein adiabates System, da es zu keinem Wärmeaustausch mit der Umgebung kommt. Weiterhin ist das System annähernd abgeschlossen (kein Energie- oder Massenaustausch) und ruhend. Verläuft die Systemgrenze entlang des äußeren Umrisses der Thermoskanne, so handelt es sich um ein heterogenes System (Glühwein + Thermoskanne + Isolation). Wird die Systemgrenze von der Kontur der Isolation beschrieben, so enthält das System nur Glühwein und kann als homogen betrachtet werden. Die Luft in einem Fußball bildet ein geschlossenes System, da ein Energieaustausch in Form von Wärme mit der Umgebung stattfinden kann (diabat). Hätte der Fußball ein Loch, so würde es sich um ein offenes System handeln (Massenaustausch). Das System ist bewegt und homogen. Die Systemgrenze wird von der Innenhaut des Fussballs beschrieben. Der Kondensator eines Dampfkraftwerkes ist ein Beispiel für ein offenes System; Energie- und Massenaustausch finden statt. Es handelt sich aufgrund der Abwärme um ein diabates System im ruhenden Zustand. Da in dem Kondensator mehrere Aggregatzustände vorhanden sind, ist dieser als heterogenes System zu bewerten. Die Systemgrenze verläuft entlang dem rechteckigen Kondensatorgehäuse. 4
5 d ) Heißluftballon Die Luft in einem steigenden Heißluftballon kann als geschlossenes System betrachtet werden, welches idealisiert keinen Massezustrom zulässt (im Realfall würde bei steigender Höhe der Druck abnehmen und die expandierende Luft aus dem Ballon entweichen). Das System ist als diabat und homogen zu betrachten. Da der Ballon in der Luft fährt, wird das System als bewegt bezeichnet. Die Systemgrenze verläuft entlang der Ballonhülle und schließt mit derem unteren Rand ab. Aufgabe 3 Als Cäsar Ägypten (wegen diverser Misserfolge) verließ, soll er vor Alexandria ins Meer gespuckt haben. Unter der Annahme einer mittleren Meerestiefe von 3000 m und einer Meeresbedeckung von 60 % der Erdoberfläche berechne man diejenige Menge Meerwasser, in der sich noch heute ein Molekül von Cäsars Spucke befindet. Hinweis: Radius Erde = 6700 km, V Spucke = 1 cm 3, M Spucke = 18 g mol, ρ Spucke = 1 g cm 3 Gegeben: h Meer = 3 km A Meer = 60 % r Erde = 6700 km V Spucke = 1 cm 3 M Spucke = 18 ρ Spucke = 1 g g mol cm 3 Gesucht: Wassermenge mit einem Molekül Spucke! Rechnung: I) Berechnung des Volumens der Weltmeere: V Meer = 4 3 π (r3 Erde - (r Erde - h Meer ) 3 ) 60 % = 4 3 π ( ) l 0, 6 = 1, l 5
6 II) Berechnung der Stoffmenge: n Spucke = m Spucke M Spucke = ρ Spucke V Spucke M Spucke = 1 g 1 cm cm g mol = 0, 056 mol Stoffmenge oder Molzahl: Zahl der in einem System enthaltenen Mole. Mol: Ein Mol ist definiert als die Menge eines Systems bestimmter Zusammensetzung, das aus genauso vielen Teilchen besteht, wie Atome in 12 g des Kohlenstoffnuklids 12 C enthalten sind. III) Berechnung der Teilchenzahl N N Spucke = n Spucke N A = 0,056 mol 6, mol = 3, Teilchen Teilchenzahl: Zahl der Teilchen, die das System enthält, seien es Atome, Moleküle, Ionen oder Elektronen. Avogadro-Konstante: Anzahl der in einem Mol enthaltenen gleichen Teilchen N A = 6, mol IV) Berechnung des Meerwasservolumens, welches ein Molekül aus Cäsars Spucke enthält: x = V Meer N Spucke = 1, l 3, = 0,0303 l = 30,3 ml Aufgabe 4 In einer Stahlflasche mit dem Volumen von 50 l wird reines Helium transportiert. Die Flasche wurde zuvor bei einer Umgebungstemperatur t U = 25 C auf den maximalen Fülldruck = 20 MPa aufgefüllt. Hinweis: Helium kann näherungsweise als ideales Gas betrachtet werden Molmasse M He = 4,0026 kg kmol Gegeben: t U = 25 C T U = 298,15 K = 20 MPa = 200 bar V Stahlflasche = 50 l M He = 4,0026 kg kmol ideales Gas kleine Teilchen ohne Volumen große Abstände Wechselwirkung nur bei direkten Stößen reales Gas Eigenvolumen Wechselwirkung 6
7 a ) Welche Heliummenge (in mol) und welche Heliummasse (in kg) befanden sich nach der Füllung in der Flasche? I) Heliummenge in mol: p V = n R m T n = pv R mt = J m m 3 J 8,3143 molk 298,15 K = 403,40 mol II) Heliummenge in kg: m = n M = 0, 4034 kmol 4, 0026 kg kmol = 1, 6147 kg b ) Beim Transport der Gasflasche zum Verbraucher erwärmt sich die Stahlflasche samt Gasinhalt aufgrund der Sonneneinstrahlung auf t 1 = 50 C. Welcher Druck stellt sich jetzt in der Gasflasche ein? t 1 = 50 C T 1 = 323,15 K Zustand 0: V 0 = m 0 R T 0 Zustand 1: p 1 V 1 = m 1 R T 1 V 0 = V 1 und m 0 = m 1 = V 0 m 0 = V 1 m 1 = const v = V m = const = isochore Zustandsänderung p V = m R T V m = R T p RT 0 = RT 1 p 1 p 1 = T 1 T 0 p 1 = T 1 T 0 = const = const = 20 MPa 323,15 K 298,15 K = 21, 68 MPa = 216, 8 bar c ) Beim Abladen der Flaschen wird das Flaschenventil beschädigt, sodass ständig ein kleiner, mit exponentiell fallendem Flaschendruck geringer werdender Heliumstrom aus der Flasche ausströmt. Beschreiben Sie diesen Vorgang mit Hilfe eines geeigneten analytischen Ansatzes, wenn der Techniker vor Ort feststellt, dass der Druck in der Flasche nach einem Tag um 1 MPa gefallen ist. Ansatz für degressiven Druckabfall: p(τ) = e aτ 7
8 Randbedingungen: 1. p(τ = 0) = 2. p(τ = 1d) = p 1 = p = 20 MPa 1 MPa = 19 MPa Einsetzen der 2. Randbedingung in exponentiellen Ansatz um Konstante a zu bestimmen: p 1 p 1 = e a 1d = e a 1d ln ( p1 ) = a 1d = e a 1d ( ) ( a = 1 1 d ln p0 p 1 = 1 24 h ln 20 MPa 19 MPa ) = 2, h p(τ) = exp( 2, h τ), τ in [h] 8
9 Aufgabe 5 Auf welchen Wert steigt der Druck in einer mit Stickstoff gefüllten Glühbirne, wenn sich diese nach dem Einschalten auf 120 C erwärmt? Der Fülldruck der Glühbirne bei 15 C betrug 250 Pa. Stickstoff kann näherungsweise als ideales Gas mit R N2 = 296,78 betrachtet werden. Glühbirne mit V Gas = const m Gas = const geschlossenes System mit v = V Gas m Gas J kgk und M N 2 = 28,013 = const isochore Zustandsänderung kg kmol Zustand 0: = 250 Pa t 0 = 15 C T 0 = 288,15 K Zustand 1: p 1 =? t 1 = 120 C T 1 = 393,15 K Zustandsgleichung: p V = m R T Mit V = const und m = const folgt p T p 1 = T 1 T 0 p 1 = T 1 T 0 = 393,15K 288,15K = const 250 Pa = 341,1 Pa 9
Stickstoff kann als ideales Gas betrachtet werden mit einer spezifischen Gaskonstante von R N2 = 0,297 kj
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