Ambulant erworbene Pneumonie (CAP) Von der Prophylaxe zur Therapie
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- Rüdiger Schäfer
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1 Ambulant erworbene Pneumonie (CAP) Von der Prophylaxe zur Therapie MRE-Netzwerk Rhein-Main Frankfurt November 2016 Peter Walger Johanniter Krankenhaus 1
2 AWMF Reg.-Nr
3 Worüber reden wir? CAP ist nicht: Nosokomiale Pneumonie (klar!), > 48h nach Aufnahme Pneumonie bei Immunsuppression (egal ob ambulant oder nosokomial erworben) Pneumonie bei COPD (Infekt-exacerbiert) CAP kann vorliegen Bei Heimbewohneren (bettlägerig oder nicht) Bei Aspiration (oder ohne) Bei Komorbidität (außer COPD) 3
4 Pneumonie-Triade Pneumonie Ort des Erwerbs Immunstatus Ambulant erworben (communityacquired pneumonia, ambulant erworbene Pneumonie, CAP) Nosokomial erworben (hospitalacquired pneumonia, HAP) Unter Immunsuppression (pneumonia in the immunosuppressed host) außerhalb des Krankenhauses im Krankenhaus (> 48 h nach Krankenhausaufnahme) außerhalb des Krankenhauses oder im Krankenhaus erworben immunkompetent immunkompetent Schwere Immunsuppression S3-LL CAP, AWMF Reg.-Nr , S. Ewig et al Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie und Prävention Update
5 Diagnose der CAP Respiratorische Symptome Fieber Husten Auswurf Dyspnoe Tachypnoe - Schmerzen (atemabhängig) grippale Allgemeinsymptome Verwirrtheit Hypotonie - Eitriges Sputum Pathologischer Auskultationsbefund Nachweis von Infiltraten im Rö-Thorax in 2 E (pulmonale Sonografie, CT-Thorax) Schweregrad Bestimmung
6 CRB-65 Patientenmerkmal Mental Confusion Neu aufgetretene Pneumonieassoziierte Desorientierung Respiratory Rate Spontane Atemfrequenz 30 Atemzüge/min Blood Pressure Blutdruck systolisch < 90 mm Hg oder diastolisch 60 mm Hg Alter 65 Jahre nein oder ja CRB-65- Punktwert Risikoklasse 1: 0 Risikopunkte Risikoklasse 2: 1-2 Risikopunkte Risikoklasse 3: 3-4 Risikopunkte oder Beatmung bei Aufnahme S3-LL CAP, AWMF Reg.-Nr , S. Ewig et al Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie und Prävention Update
7 : Patienten; Letalität n = (14.0 %) Pflegeheim ja/nein Bettlägerigkeit ja/nein 7
8 death hazard rate 7% 6% 5% 4% 3% CRB-65=0 CRB-65=1 CRB-65=2 CRB-65=3 CRB-65=4 2% 1% 0% day after hospitalization 8
9 Ambulant erworbene Pneumonie Erregerspektrum: die drei führenden Erreger 1. Streptococcus pneumoniae 2. Streptococcus pneumoniae 3. Streptococcus pneumoniae... Alle Sonstigen 9
10 Keine ätiologische Relevanz als Pneumonie-Erreger Corynebacterium spp. Enterococcus spp. Neisseria spp. α-hämolysierende (vergrünende) Streptokokken Koagulase-Negative Staphylokokken Candida spp. 10
11 Keine ätiologische Relevanz als Pneumonie-Erreger Es gibt keine Enterokokken- und auch keine Candida-Pneumonie Corynebacterium spp. Enterococcus spp. Neisseria spp. α-hämolysierende (vergrünende) Streptokokken Koagulase-Negative Staphylokokken Candida spp. 11
12 Mikrobiologische Diagnostik der CAP Bei allen wegen einer mittelschweren bis schweren Pneumonie hospitalisierten Patienten soll eine Erregerdiagnostik erfolgen: Mindestens zwei Blutkulturpärchen Urin-Antigentest auf Legionellen Adäquates Sputum, das innerhalb von 2-4 Stunden für Gramfärbung und Kultur verarbeitet werden soll. Ist dies nicht möglich, soll eine Sputumuntersuchung unterlassen werden Optional Urin-Antigentest auf Pneumokokken Influenza-NAT bei epidemiologischen Hinweisen S3-LL CAP, AWMF Reg.-Nr , S. Ewig et al Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie und Prävention Update
13 Besondere Erreger diagnostische Verfahren und Anamnese Erreger Typische Anamnese Verfahren Bakterien Mycoplasma pneumoniae Legionella pneumophila Chlamydophila psittaci Coxiella burnetii Burkholderia pseudomallei junger Patient, ambulant, manchmal Ausbrüche, epidemiologische Situation epidemiologische Situation, Reisen mit Hotelaufenthalt Tierkontakt (Papageien, Sittiche, Tauben) epidemiologische Situation, Tier-Kontakte (Schaf, Ziege) Reisen nach Südostasien (Melioidose) NAT * Serologie (IgM) Urinantigen NAT NAT Serologie NAT Serologie Kultur S3-LL CAP, AWMF Reg.-Nr , S. Ewig et al Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie und Prävention Update
14 Legionella pneumophila 14
15 Coxiella burnetii 15
16 Früherkennung von CAP- Ausbrüchen? Verschiedene Beispiele der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass mit Häufungen von ambulant erworbenen Pneumonien gerechnet werden muss Legionella pneumophila in Warstein, 2010 Legionella pneumophila in Ulm bis 2010 trat in den Niederlanden der größte bisher beschriebene Ausbruch mit Coxiella burnetii auf (Q-Fieber) Zur Erkennung von Epidemien ist eine erhöhte Wachsamkeit gegenüber Häufungen von Pneumonien notwendig Legionellen! 16
17 Schweregradklasse Primärtherapie Alternativtherapie Leichte Pneumonie ohne Komorbidität (orale Therapie) Leichte Pneumonie mit Komorbidität (orale Therapie) -chronische Herzinsuffizienz -ZNS-Erkrankungen mit Schluckstörungen -Schwere COPD, Bronchiektasen -Bettlägerigkeit, PEG Mittelschwere Pneumonie (in der Regel Sequenztherapie) Schwere Pneumonie (Beginn immer i.v., Sequenztherapie prinzipiell möglich) Amoxicillin Amoxicillin/Clavulansäure Amoxicillin/Clav. Ampicillin/Sulbact. Cefuroxim Ceftriaxon Cefotaxim Piperacillin/ Tazobactam Ceftriaxon Cefotaxim oral oral +/-Makrolid für 3 Tage +/-Makrolid für 3 Tage +/-Makrolid für 3 Tage +/-Makrolid für 3 Tage +/-Makrolid für 3 Tage iv jeweils + Makrolid für 3 Tage iv Moxifloxacin, Levofloxacin Clarithromycin, Azithromycin Doxycyclin Moxifloxacin, Levofloxacin Moxifloxacin, Levofloxacin Moxifloxacin, Levofloxacin (Monotherapie nicht bei septischem 17 Schock)
18 Crit Care Med 2014; 42:
19 Therapie bei Pneumokokken-Nachweis Therapie mit Penicillin Bei bakteriämischer Pneumokokken-Pneumonie Penicillin G intravenös Für die Deeskalation und gezielte Therapie bakteriämischer Pneumokokken-Pneumonien mit Penicillin wurde eine Reduktion der Krankenhaussterblichkeit beschrieben Bei kausalem Erregernachweis sollte eine Deeskalation bzw. Fokussierung der antimikrobiellen Therapie angestrebt werden 19
20 Wieviel MRE bei der Ambulant erworbenen Pneumonie? CAP 20
21 Clin Infect Dis 2009; 48: 1-12 E: Enterococcus spp. (VRE) S: Staphylococcus aureus (MRSA) C: Clostridium difficile A: Acinetobacter baumannii P: Pseudomonas aeruginosa E: Enterobacteriaceae (u. a. E. coli und Klebsiella pneum.) 21
22 MRE bei CAP? Multi-resistente Erreger, dazu gehören MRSA, ESBL-Bildner und Pseudomonas aeruginosa, sind bei der ambulant erworbener Pneumonie sehr selten (< 1%). Sie brauchen daher in der initialen kalkulierten Therapie von Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie nur in Ausnahmefällen erfasst zu werden. Was sind die Ausnahmen? 22
23 MRE - Risiko Individuell prüfen! Exposition Übertragung von resistenten Erregern Vorhergehende antimikrobielle Therapie Risikofaktor Stark: vorhergehende Hospitalisation Möglich: Dialyse, Pflegeheim Kollateralschäden der antimikrobiellen Therapie Modifizierende Faktoren Häufigkeit Dauer Setting (z. B. ICU) Intervention (z. B. invasive Beatmung) Spektrum Häufigkeit Dosis und Dauer S3-LL CAP, AWMF Reg.-Nr , S. Ewig et al Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie und Prävention Update
24 Therapiedauer 5 7 Tage Auch bei schwerer Pneumonie Auch bei bakteriämischen Pneumonien Bei Staph. aureus Pneumonie länger Bei Legionellen 7 10 Tage kürzere Therapiezeiten möglich z. B. bei 750 mg Levofloxacin Nach 2 Tagen klinischer Stabilisierung Kürzere Dauer möglich 24
25 Orale Sequenztherapie der CAP Geprüft und uneingeschränkt geeignet bei leichter bis mittelschwerer Pneumonie sind Moxifloxacin (400 mg pro Tag) und Levofloxacin (500 bis 1000 mg pro Tag). Exzellente orale Bioverfügbarkeit (> 90%). Doxycyclin ( mg pro Tag) Neuere Makrolide: Azithromycin (500 mg pro Tag, je nach Initialdosis) und Clarithromycin (2 x 500 mg pro Tag). Clindamycin (3 x 600 mg pro Tag). Amoxicillin (3 x mg pro Tag) Amoxicillin-Clavulansäure (3 x 625 mg oder 2-3 x 1000 mg pro Tag) Sultamicillin: Datenlage bei Pneumonie im Erwachsenenalter unzureichend 25
26 Rolle des PCT bei der CAP-Therapie Eine PCT-gesteuerte antimikrobielle Therapie kann zu einer Verkürzung der Therapiedauer führen Kein Unterschied hinsichtlich Therapieversagen bzw. Letalität. Problematisch: Vergleichsarm der Standardtherapie hat keine definierte Standardtherapiedauer Ausmaß des Unterschieds zur Biomarker-gesteuerten Strategie sollte an Standarddauer von 7 Tagen gemessen werden nicht an der tatsächlichen, oftmals beträchtlich längeren Therapiedauer S3-LL CAP, AWMF Reg.-Nr , S. Ewig et al Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie und Prävention Update
27 Rolle des PCT bei der CAP-Therapie Im Vergleich zu 7 Tagen würde sich ein Unterschied von 1-1,5 Tagen zugunsten der PCT-gesteuerten Strategie ergeben. Derartige Unterschiede wurden bisher kaum außerhalb der mit diesen Studien erfahrenen Zentren (ganz überwiegend in einer Schweizer Gruppe) reproduziert. Die externe Validität der Ergebnisse scheint damit eingeschränkt. S3-LL CAP, AWMF Reg.-Nr , S. Ewig et al Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie und Prävention Update
28 Prävention
29 CAPITA-Studie
30 Prävention Begründung der Impfempfehlung 1. Der Wirksamkeitsnachweis der PCV ist in einer großen, placebokontrollierten Studie eindeutig auch für Personen > 65 Jahre gegeben. 2. Er ist gegeben sowohl für IPD als auch für NB / NI CAP 3. Eine methodisch vergleichbare Evaluation für PSV gibt es nicht. 4. Einen eindeutigen Wirksamkeitsnachweis von PSV für NB / NI CAP gibt es nicht. 5. Trotz fehlendem head to head Vergleichs ist die Evidenz für eine Wirksamkeit von PCV höher als für PSV. 6. Die Reduktion der Serotypen durch die PCV7-Kinder-Impfung betrifft nicht in gleicher Weise nichtinvasive wie invasive Pneumokokken-Serotypen Coverage 61.5% ( ) and 59.7% ( ) in non-bacteremic pneumonia and 79% (for both periods) in bacteremic pneumonia, mainly due to an increase in pneumococcal serotypes 1, 3 and 7F during the second period. Pletz et al., Vaccine 2016; 34:
31
32 Prävention über das Impfen hinaus Aufgabe inhalativen Zigarettenrauchens Überprüfung Indikation PPI / H2-Blocker Überprüfung ZNS-wirksamer Medikamente Überprüfung Indikation und Typ Inh CS Keine Neuverordnung ACE-Hemmer Keine Neuverordnung Statine Diagnose und Therapie der Dysphagie Alkohol, Ernährung, Mundhygiene
33 Antibiotic Stewardship: Pathway oder Projekt? Pathway: direktives Therapiekonzept, verbunden mit Qualitätssicherung, auch außerhalb der infektiologischen Gesichtspunkte Projekt: gezielte Intervention zur Erzielung eines gewünschten Effekts
34 ABS: Elemente eines Pathway Initiale und kontinuierliche Therapiezielbestimmung Schweregradbestimmung (Pneumonie, Komorbidität) Set an Diagnostik (laborchemisch, mikrobiologisch, radiologisch) Definierte Optionen der initialen antimikrobiellen Therapie Definition der Wendepunkte innerhalb der Therapie Therapieansprechen, Deeskalation/Fokussierung Vorgehen bei Therapieversagen Therapiedauer Entlassungsmanagement, Nachsorge
35 ABS-Thema Nr. 1: Diagnostik Wurden bei Patienten mit Schweregardkriterien 2 x 2 Blutkulturen abgenommen? Wieviele koagulasenegative Staphylokokken? Antigentest auf Legionella?
36 ABS-Thema 2: Initiale antimikrobielle Therapie Kalkulierte oder gezielte antimikrobielle Therapie? Antimikrobielle Therapie gemäß den drei Schweregraden? ß-Laktam als Therapie der Wahl bzw. Begründung für Abweichung? ß-Laktam plus Makrolid bei schweren Pneumonien?
37 ABS-Thema Nr.3: Deeskalation / Fokussierung Penicillin G bei sicherem Nachweis von Streptococcus pneumoniae? Umsetzen von intravenös auf orale antimikrobielle Therapie? Absetzen des Makrolids an Tag 4?
38 ABS-Thema Nr.4: Therapiedauer Maximal 7 Tage Bei gutem Ansprechen 5 Tage
39 ABS-Aufgaben beim CAP-Management Indikation: viraler oder bakterieller Infekt Pneumonietriade Auswahl der AB-Therapie nach S3-LL: Schweregrade + Risikofaktoren Mikrobiologie: Blutkulturen, Urin-Tests Deeskalation und ggf. gezielte Therapie nach Erregersicherung (Fokussierung) Beginn, Dauer, Ende 40
40 Danke für Ihre Aufmerksamkeit 41
41
42
43 Neue S3-CAP Leitlinie Wesentliche Änderungen gegenüber 2009 Neues Konzept CAP als heterogene Erkrankung - häufig leichtgradig - häufig terminales Ereignis - aber auch Notfall - mit Spätletalität Diagnostik Therapie Prävention Palliativtherapie Nuancen Einteilung erhalten in jedem Schweregrad definierte Erreger möglich MRE als Sonderfall Kombinationstherapie ß-Laktam/Makrolid unverändert keine Empfehlung für Steroide Empfehlung für konjugierten Pneumokokken-Impfstoff Empfehlungen für Nachsorge Empfehlungen zur Durchführung Ewig
44 Mikrobiologische Diagnostik der CAP (2) Urinantigentest auf Pneumokokken kann Molekulare Detektionsverfahren d.h. sogenannte Multiplextests auf alle Erreger routinemäßig nicht PCR auf Influenza A/B bei epidemiologischen Hinweisen (Saison, Epidemie und Pandemie) sollte S3-LL CAP, AWMF Reg.-Nr , S. Ewig et al Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie und Prävention Update
45 52
46 Mycobacterium tuberculosis Kulturell nach 3 Wochen 53
47 Erreger von CAP Häufige und mögliche Erreger -Streptococcus pneumoniae -Haemophilus influenzae -Staphylococcus aureus Seltene Erreger -Enterobakterien -(E. coli, K. pneumoniae, Proteus mirabilis) -Pseudomonas aeruginosa Keine Erreger -vergrünend wachsende Streptokokken -Staphylococcus epidermidis und andere koagulasenegative Staphylokokken -Enterokokken -Corynebakterien -Neisserien (außer (sehr selten) N. meningitidis) -Haemophilus spp. (außer H. influenzae) -Candida spp. S3-LL CAP, AWMF Reg.-Nr , S. Ewig et al Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie und Prävention Update
48 Gezielte Therapie - Fokussierung Fokussierung auf nachgewiesene Erreger: Bessere Wirksamkeit Geringerer Selektionsdruck oder Resistenzinduktion Reduktion der unerwünschten Wirkungen bzw. Therapietoxizität Geringere Kosten, z. B. durch Einsparung von Kombinationstherapien 55
49
50
51 Die neue S3-CAP- Leitlinie 2016 Verabschiedet am AWMF Reg.-Nr
52 Anti-inflammatorische Effekte der Makrolide Meijvis et al., J Intern Med
53 CAP: Schwerpunkte von Antibiotic Stewardship (ABS) Aufmerksamkeit für Faktoren, die eine andere Therapie als eine Standardtherapie erfordern Penicillin vor anderen Optionen Kombination (ß-Laktam/BLI/Makrolid) bei Patienten mit Schweregradkriterien Deeskalation Therapiedauer nicht länger als 7 Tage 63
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