Klinische Ernährung Assistentenfortbildung 25. Februar 2008
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1 Klinische Ernährung Assistentenfortbildung 25. Februar 2008 PD Dr. Kaspar Berneis Leiter Klinische Ernährung Klinik für Endokrinologie, Diabetologie & klinische Ernährung Universitätsspital Zürich
2 Messung und Berechnung des Ruheenergieverbrauchs Goldstandard = indirekte Kalorimetrie Messung der O 2 Aufnahme und CO 2 Abgabe Harris Benedict Formel (REE): Wird von gesunden Erwachsenen abgeleitet (indirekte Kalorimetrie) Berechnet den Ruheenergieverbrauch Zusätzliche Stress- und Aktivitätsfaktoren werden multipliziert REE für Männer: 66 + [13.7 x wt (kg)] + [5.0 x ht (cm)] - [6.8 x age] = kcal/day REE für Frauen: [9.7 x wt (kg)] + [1.8 x ht (cm)] - [4.7 x age] = kcal/day Berechung nur zuverlässig bei einem Gewicht innerhalb 20% des Normgewichts
3 Berechnung und Schätzung des Energiebedarfs EE = REE x Aktivitätsfaktor x Krankheitsfaktor Aktivitätsfaktor: bei wachem Spitalpatient: 1.2 bei ambulantem Patient: 1.6 Krankheitsfaktoren: Fieber 1.1 pro ºC Polytrauma Wahloperation Sepsis Hyperthryreose Malabsorption Künstliche Beatmung Vereinfachte Schätzung: 25 kcal/kg/tag
4 Ruheenergieverbrauch in verschiedenen Stoffwechselsituationen 200 Ruheenergieverbrauch (%) Verbrennung Sepsis Trauma Elektive Operation Hungern Tage
5 Metabolische Wirkung des Hungerns Glykogenreserven werden zuerst gebraucht < 24 h Fett wird zur Hauptenergiequelle Lipolyse und Bildung von Ketonkörper Protein lebensnotwendig für Struktur und Funktion Abnahme der Magermasse
6 Hormonelle Steuerung der Nahrungsaufnahme Fett Resistin? Adiponectin Leptin Appetit + + Magen Ghrelin Neuropeptid Y ZNS Insulinresistenz Plasma Glukose
7 Erfassung des Ernährungszustands Serumalbumin Gute Korrelation mit dem outcome Schlechter Marker für den Ernährungsstatus 30 Tage Mortalität nach Albumin Konzentration (mg/dl) > % % % % <2.1 62%
8 Serumproteine Albumin: Tage HWZ Langsamer Abfall bei Mangelernährung Langsamer Anstieg bei aufbauender Ernährung Transferrin: 8-9 Tage HWZ Beeinflusst durch Eisenspeicher Präalbumin: 2-3 Tage HWZ Früher Abfall bei Mangelernährung Schneller Anstieg bei aufbauender Ernährung
9 Elektrophorese von Serumproteinen
10 Prävalenz der Kalorien und Protein Mangelernährung im Westen Prevalence und in of Entwicklungsländern Calorie and Protein Deficiency
11 Körperzusammensetzung bei gesunden Probanden und bei Patienten mit katabolen Erkrankungen (z.b. Krebs) Gewicht (kg) kg 60kg -15% -39% +28% Fettmasse Fettfreie Masse Minus Zell-Masse Zell-Masse % 0 Normal Katabolie (DG Wilmore et al, N Engl J Med 325: 695, 1991)
12 Wer ist mangelernährt?
13
14 Malnutriton Risk Score (nach Kondrup) (Kondrup J. Can food intake in hospitals be improved? Clin Nutr 2001;20(Suppl 1): )
15 Mangelernährung Erhöhte Infektionsrate Längere Hospitalisation Verzögerte Wundheilung Häufigere Hospitalisation bei Älteren Häufigere postoperative Komplikationen Erhöhte Mortalität
16 Prävalenz der Mangelernährung nach Krankheiten (M. Pirlich et al, Dig Dis 2003;21: )
17 Malnutrition bei Betagten Malnutrition Mortalität (%) Keine Malnutrition Monate nach Spitaleintritt (T. Cederholm et al, Am J Med 98: 67, 1995)
18 Gewichtsverlust bei Malignomen Gewichtsverlust korreliert nicht mit Tumormasse Beispiel: Mamma-Carcinom versus Pankreas-Carcinom= wenig versus viel Gewichtsverlust. Gewichtsverlust bei Diagnosestellung: 14% des Ursprungsgewichts bei Pankreas-Ca. (DeWys, W. D et al, Am. J. Med. 69: , 1980)
19 Mechanismen des HIV induzierten Wastings Inflammatorische Zytokine: Kachectin Hormonelle Störungen -Hypogonadismus -IGF-I -Hyperkortizismus -Insulin Resistenz Malabsorption -Intestinale Infekte KACHEXIE/ WASTING Magermasse, Fettmasse Depression Malaise Hypermetabolismus -gesteigerter Proteinkatabolismus HAART Opportunistische Infektionen -erhöhter Energiebedarf Lipodystrophie
20 Abnormal Tongue
21 Zinc Deficiency
22 Pellagra (Niacin/Tryptophan Deficiency)
23 Scurvy (Vitamin C Deficiency)
24 Scurvy (Vitamin C Deficiency)
25 Ziele der zusätzlichen Ernährung Unterstützung der Abwehrfunktion Unterstützung der Organstruktur und funktion Reduzierte Morbidität und Mortalität Verbesserte Wundheilung
26
27 Behandlung von Mangelernährung Nicht die Menge zählt! 1. Erkennen 2. Wahl der Ernährungsform 3. Umsetzen 4. Erfolgskontrolle
28 Enterale oder parenterale Ernährung Gesicherte Indikationen, Medizin Längerdauernde Unmöglichkeit der oralen Nahrungszufuhr bei: Kurzdarmsyndrom (Dig Dis Sci 31: 718, 1986) Intestinaler Obstruktion (Gastroenterology 108: 1005, 1995) Neurologischer Schluckstörung Knochenmarktransplantation (Cancer Res 47:3309, 1987; Transplantation 43: 833, 1987) (Souba WW, N Engl J Med 336: 41, 1997)
29 Enterale oder parenterale Ernährung Gesicherte Indikationen in der Chirurgie 10 Tage präoperative Ernährung bei Mangelernährung: vermindert septische Komplikationen (Lancet 1:68, 1982; N Engl J Med 325: 525, 1991; JPEN 12: 195, 1988); Metaanalyse: Ann Intern Med 107, 195, 1987) > 14 Tage postoperative Nahrungskarenz bei initial gutem Ernährungszustand: Ernährung vermindert Komplikationen (Ann Surg 217: 185, 1993) (Souba WW, N Engl J Med 336: 41, 1997)
30 Totale parenterale Ernährung (TPN) IV Zufuhr von Kohlenhydraten, Aminosäuren, Fetten, Elektrolyten, Vitaminen und Spurenelementen Verhinderung des Abbaus von Muskulatur Verbesserung der Wundheilung und Infektabwehr Die TPN benötig einen zentralvenösen Zugang (hypertone Lösungen)
31 Partielle, nicht bedarfsdeckende parenterale Ernährung Bei vorübergehend unmöglicher oder ungenügender enteraler Ernährung 5% Glucose: hat Sparwirkung, kann den Eiweissverlust jedoch nicht verhindern Gefahr von Störungen im Elektrolythaushalt (Abfall Kalium und Phosphat) Kurzdarmsyndrom: parenterale Gabe von Fettemulsionen und fettlöslichen Vitaminen
32 Parenterale Ernährung: mögliche Indikationen Malabsorption Massive Darmresektion mit Folge eines Kurzdarmsyndroms (Ischämie, Trauma und Malignom) Ileus, Pseudoobstruktion Abdominelles Trauma, Verletzung, Infektion Entzündliche Darmerkrankung (M. Crohn, Kolitis ulcerosa) Schwere Pankreatitis
33 Zusammensetzung TPN: Kohlenhydrate Glukose = Hauptquelle, kann von allen Geweben verstoffwechselt werden Müssen wegen niedrigem Energiegehalt in hypertoner Lösung verabreicht werden (>10%, meist 20-40%) Sollen 40-75% der Gesamtenergiezufuhr decken Tagesbedarf g
34 Zusammensetzung TPN: Fettemulsionen Energiequelle von hoher Dichte und Lieferanten der essentiellen Fettsäuren sind isoton, können also auch periphervenös gegeben werden führen zu geringerer CO 2 Produktion im vgl. zu Glukose weniger Stoffwechsel NW als Glukose 1-2g/kg KG/d (max 3g/kg KG/d)
35 Zusammensetzung TPN: Fettemulsionen Patienten mit Glukoseintoleranz haben bessere BZ Spiegel, wenn Fett und dafür weniger Glukose verabreicht wird Patienten mit Ateminsuffizienz und CO 2 Retention können von der geringeren CO 2 Produktion profitieren Kachektische Patienten entwickeln unter TPN mit Glukose häufig eine Leberverfettung, die unter der Gabe von Fett und verminderter Zufuhr von Glukose verschwindet
36 Lipidemulsionen: Kontraindikationen Hypertriglyzeridämie (Fettverwertung nicht mehr gewährleistet) Schock Floride Sepsis Schwere Leberfunktionsstörungen
37 Aminosäureninfusionen Lösungen kristalliner Aminosäuren Zur Steigerung der Proteinsynthese Verwertung in der Proteinsynthese erfolgt nur, wenn pro g AS mindestens 25 kcal Energie (Glukose oder Fett) verabreicht werden Die alleinige Gabe von AS-Lösungen macht also keinen Sinn! Bei Leberinsuffizienz biochemische Vorteile von Lösungen mit erhöhtem Anteil an verzweigtkettigen AS (umstritten): Leucin, Isoleucin, Valin Bei Niereninsuffizienz biochemische Vorteile von Lösungen mit erhöhtem Anteil an essentiellen AS: Valin, Methionin, Leucin, Isoleucin, Phenylalanin, Tryptophan, Threonin und Lysin
38 Elektrolyte Können mit Aminosäuren oder Glukoselösungen infundiert werden Der Kaliumbedarf nimmt bei Beginn der Glukoseinfusion zu (Glukose/Insulin-vermittelter Kaliumeinstrom in die Zellen) Bei vermindertem Katabolismus sinkt der Kaliumbedarf Der Phosphatbedarf nimmt unter Glukosezufuhr ebenso zu
39 Vitamine und Spurenelemente Bei >3 Tage dauernder TPN: Gabe von wasser- und fettlöslichen Vitaminen in Form von Multivitaminpräparaten Spurenelementen
40 Berechnung des Bedarfs Gesamtenergiebedarf zwischen kcal/kg KG/d Glukose: 1/3-2/3 der Gesamtenergiezufuhr kontinuierliche Gabe über 24h weniger Hypo- und Hyperglykämien 1/3 bis 1/2 der Gesamtenergiezufuhr in Form von Fett (1-3g/kg KG/d) Aminosäurenbedarf liegt zwischen 1-1.5g/kg KG/d
41 Administration der TPN und Dauer Initiale Gabe über 24h Wenn schlecht toleriert muss die Rate herabgesetzt werden Bei stabilem klinischen Zustand ist auch eine zyklische Verabreichung möglich
42 TPN bei Schwerkranken... Ziele bei kritischer Erkankung und TPN kcal/tag Hyperglykämie vermeiden Ziel ist nicht Gewichtszunahme!!!
43 Komplikationen der Überernährung Hyperglykämie Hyperlipidämie Volumenüberladung Erhöhte metabolische Rate Erhöhte Atemarbeit Fettleber
44 Refeeding Syndrome Vorallem nach prolongiertem Hungern während der ersten Woche eines zu schnellen Nahrungsaufbaus Bei Beginn der Nahrungsaufbaus: Expansion des extrazellulären Flüssigkeitsvolumen führt zu Ödemen Extra- und intrazellulären Verschiebungen von Elektrolyten führen zu Hypokaliämie, Hypomagnesiämie und Hypophosphatämie
45 Refeeding Syndrom Allgemeine Müdigkeit, Muskelschwäche, kardiale Dysfunktion Tod Diese schwere Komplikation kann vermindert werden, indem mit der Häfte des Tagesbedarfes der Patienten gestartet wird Gutes Monitoring des Labors, Gewichts, Flüssigkeitstatus und der Elektrolyte
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