HARMONISIERUNGSAMT FÜR DEN BINNENMARKT (MARKEN, MUSTER UND MODELLE) Die Beschwerdekammern
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- Berndt Schubert
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1 HARMONISIERUNGSAMT FÜR DEN BINNENMARKT (MARKEN, MUSTER UND MODELLE) Die Beschwerdekammern ENTSCHEIDUNG der Ersten Beschwerdekammer vom 30. September 2010 In dem Beschwerdeverfahren R 261/ Iromedica AG Haggenstraße 45 CH-9014 St. Gallen Schweiz Widersprechende / Beschwerdeführerin Vertreten durch PÖHLMANN KISLING FRÜCHTL OPPERMANN, Kaufingerstr. 9, D München, Deutschland gegen Nanol Handels GmbH Dorfplatz 6 A-6344 Walchsee Österreich Anmelderin / Beschwerdegegnerin Vertreten durch Dr. Johannes Hintermayr Dr. Franz Haunschmidt Dr. Georg Minichmayr Dr. Peter Burgstaller Mag. Georg J. Tusek Dr. Christian Hadeyer Mag. Peter Breiteneder Mag. Eva Maria Ecker Dr. Harald Lettner, Landstr. 12 / Arkade, A-4020 Linz, Österreich BESCHWERDE betreffend das Widerspruchsverfahren Nr. B (Gemeinschaftsmarkenanmeldung Nr ) erlässt DIE ERSTE BESCHWERDEKAMMER unter Mitwirkung von Th. Margellos (Vorsitzender), D.T Keeling (Berichterstatter) und C. Rusconi (Mitglied) Geschäftsstellenbeamter: C. Bartos die folgende Verfahrenssprache: Deutsch
2 2 Entscheidung Sachverhalt 1. Am 21. September 2007 beantragte die Nanol Handels GmbH ( die Anmelderin ) die Eintragung der Bildmarke als Gemeinschaftsmarke für folgende noch verfahrensgegenständliche Waren: Klasse 5 Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Nahrungsergänzungsmittel. 2. Die Anmelderin nahm die Farben Blau, Gelb und Grau in Anspruch. 3. Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 7/2008 vom 11. Februar 2008 veröffentlicht. 4. Die Iromedica AG ( die Widersprechende ) legte am 9. Mai 2008 gegen die Eintragung der angemeldeten Marke in Bezug auf die in Randnummer 1 genannten Waren Widerspruch ein. Sie stützt ihren Widerspruch auf A) die Wortmarke Carmol eingetragen als internationale Registrierung unter der Nummer mit Anmelde- und Eintragungsdatum vom 13. März 1952 und mit Wirkung für die Benelux-Staaten, Tschechische Republik, Deutschland, Italien, Ungarn, Österreich, Portugal, Rumänien, Slowenien und Slowakei, für folgende Waren der Klasse 5: Remedies, medicines, chemical pharmaceutical preparations, pharmaceutical drugs, galenic preparations, disinfectants;, preparations for destroying vermin and plants; von der Widerspruchsabteilung von Amts wegen übersetzt in Heilmittel, Medikamente, chemisch-pharmazeutische Zubereitungen, pharmazeutische Drogen, galenische Zubereitungen, Desinfektionsmittel; sowie in Deutschland unter der Nummer DD mit Anmeldetag vom 7. November 1906 und Eintragungsdatum vom 31. August 1907 für u.a. folgende Waren der Klasse 5: Arzneimittel, Pflaster, Verbandstoffe;
3 3 B) die Bildmarke eingetragen in Deutschland unter der Nummer DD mit Anmeldetag vom 5. März 1958 und Eintragungsdatum vom 30. Juli 1958 für u.a. folgende Waren der Klasse 5: Arzneimittel, chemische Erzeugnisse für Heilzwecke und Gesundheitspflege, pharmazeutische Drogen, Pflaster, Verbandstoffe, diätetische Nährmittel. 5. Die Widersprechende stützte ihren Widerspruch auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b GMV (Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke). 6. Die Anmelderin erhob im Rahmen ihrer Stellungnahme zu dem Widerspruch vom 4. Dezember 2008 die Einrede der Nichtbenutzung. Sie führte hierzu aus, dass sich der Widerspruch auf eine eingetragene deutsche Marke sowie internationale Wortmarke Carmol sowie auf eine deutsche Wort-/Bildmarke Carmol stützte, die allesamt länger als fünf Jahre eingetragen sind und daher gemäß Artikel 43 Absatz 2 GMV dem Benutzungszwang unterliegen. Die Anmelderin erkannte jedoch ausdrücklich die Benutzung der älteren Marken für Heilkräutertropfen, Franzbranntwein-Fluid, Franzbranntweingel, Halspastillen, Cremes, Gele, Fluide und Bäder zur Verwendung im Zusammenhang mit sportlichen Betätigungen an und verlangte den Nachweis der Benutzung nur für über diese Waren hinausgehende von den älteren Marken erfassten Waren der Klasse Mit Mitteilung vom 12. Januar 2009 forderte die Widerspruchsabteilung die Widersprechende dazu auf, den Nachweis der Benutzung lediglich der älteren deutschen Bildmarke DD zu erbringen. 8. Im Anschluss hieran legte die Widersprechende mit Schreiben vom 9. März 2009 verschiedene Unterlagen, bestehend im Wesentlichen aus einem Ausdruck von der Webseite einem Beipackzettel der Carmol Magen-Galle- Darm Kräuter-Tropfen sowie einem Packmittel der Carmol Magen-Galle-Darm Kräuter-Tropfen, vor und teilte mit, dass diese Unterlagen die Benutzung aller älteren Rechte belegen würden. 9. Mit Entscheidung vom 22. Dezember 2009 im Widerspruchsverfahren Nr. B ( die angegriffene Entscheidung ) wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch zurück und legte der Widersprechenden die Kosten auf. Sie stützte sich dabei insbesondere auf folgende Gründe: Da die älteren Marken mehr als fünf Jahre vor der Veröffentlichung der angefochtenen Anmeldung eingetragen waren, muss der Nachweis der Benutzung der älteren Marke für den Zeitraum vom 11. Februar 2003 bis
4 4 10. Februar 2008 erbracht werden. Die von dem Nachweis der Benutzung ausgenommenen Waren sind nicht Bestandteil der eingetragenen Marken, weshalb der Nachweis der Benutzung für alle von den älteren Marken abgedeckten Waren geprüft werden muss. Zwar handelt es sich bei den eingereichten Unterlagen um zulässige Beweismittel, doch sind diese nicht geeignet, die ernsthafte Benutzung der älteren Marke im Hinblick auf Ort, Zeit, Umfang und Art der Benutzung der Widerspruchsmarken zu belegen, da die Auszüge aus der Webseite, die Beipackzettel und Packmittel nur ergänzendes Material darstellen, die für sich allein genommen eine ernsthafte Benutzung nicht belegen können. Weitere Unterlagen, wie eidesstattliche Versicherungen, Rechnungen, Geschäftsberichte, etc. wurden nicht vorgelegt. Mangels Nachweises der ernsthaften Benutzung der älteren Marken, musste der Widerspruch zurückgewiesen werden. 10. Die Widersprechende erhob gegen die angefochtene Entscheidung am 16. Februar 2010 Beschwerde und begründete sie am 20. April Sie beantragt, die Entscheidung aufzuheben und führt im Wesentlichen wie folgt aus: Unstreitig war zwischen den Beteiligten, dass die ältere Marke für Heilkräutertropfen, Franzbranntwein-Fluid, Franzbranntweingel, Halspastillen, Cremes, Gele, Fluide und Bäder zur Verwendung im Zusammenhang mit sportlichen Betätigungen benutzt wurde. Diese Waren wurden von der Anmelderin ausdrücklich von der Einrede der Nichtbenutzung ausgenommen. Ferner hatte die Anmelderin nicht bestritten, dass die von der Widersprechenden eingereichten Benutzungsunterlagen die ernsthafte Benutzung der älteren Marke für diätetische Nahrungsmittel belegen. Daher hätte die Widerspruchsabteilung diesen Sachverhalt als unstreitig hinnehmen müssen. Auf Basis dieser unstreitig benutzten Waren hätte die Widerspruchsabteilung eine Verwechslungsgefahr prüfen müssen, die im Übrigen auch vorliegt, da diese Waren und die angemeldeten Waren teilweise ähnlich, teilweise identisch und da die Zeichen hochgradig ähnlich sind. 11. Mit Schriftsatz vom 14. Juli 2010 nahm die Anmelderin zu der Beschwerdebegründung der Widersprechenden im Wesentlichen wie folgt Stellung: Das Warenverzeichnis der älteren internationalen Registrierung Nr wurde nicht in die Verfahrenssprache übersetzt, weshalb sie im weiteren Verlauf des Widerspruchsverfahrens nicht hätte berücksichtigt werden dürfen. Die Widersprechende hat die Benutzung der älteren Marke nicht fristgemäß beweisen können. Zwar ist richtig, dass die Anmelderin nicht die Benutzung sämtlicher Waren bestritten hat. Die diesbezüglichen Ausführungen bezogen
5 5 sich aber nicht auf die eingetragenen Waren, sondern auf die auf der Webseite der Widersprechenden wiedergegebenen Produkte. Die Einschränkung der Einrede der Nichtbenutzung durch die Anmelderin muss daher, wie dies die Widerspruchsabteilung getan hat, außer Acht bleiben. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Widersprechende die Benutzung der älteren Marke nachgewiesen habe, besteht dennoch keine Verwechslungsgefahr. Bei Waren der Klasse 5 ist zu berücksichtigen, dass die relevanten Verbraucher sehr aufmerksam sind und auch sehr ähnliche Markenbezeichnungen nicht automatisch zur Verwechslungsgefahr führen. Die Übereinstimmung der Zeichen in den letzten beiden Buchstaben -OL, die bei Waren der Klasse 5 üblich und daher nicht sehr kennzeichnungskräftig sind, führt nicht zu einer Verwechslungsgefahr, zumal der Bestandteil NANO dominierend ist und gerade das L besondere Aufmerksamkeit erfährt. Entscheidungsgründe 12. Die Beschwerde erfüllt die Anforderungen von Artikel 58 bis 60 GMV in Verbindung mit Regeln 48 und 49 GMDV (Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der GMV). Sie ist daher zulässig. 13. Die Beschwerde ist jedoch im Hinblick auf den Antrag im Ergebnis unbegründet. 14. Unabhängig davon, ob die ältere internationale Registrierung Nr Carmol mangels Einreichung einer Übersetzung des Warenverzeichnisses durch die Widersprechende innerhalb der Frist zur Substantiierung hätte unberücksichtigt bleiben müssen und unabhängig davon, ob die Widersprechende den Nachweis der ernsthaften Benutzung für die älteren Rechte erbracht hat, was im Anbetracht der eingereichten Unterlagen mehr als fraglich erscheint, da diese Unterlagen insbesondere keine Rückschlüsse auf die Zeit und den Umfang der Benutzung zulassen, liegt zwischen den verfahrensgegenständlichen Zeichen auch bei Warenidentität schon keine Verwechslungsgefahr vor. 15. Nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b GMV ist auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Nach Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe a Ziffer ii GMV sind ältere Marken solche, die in einem Mitgliedstaaten eingetragen sind und die einen früheren Anmeldetag als den Tag der angegriffenen Anmeldung der Gemeinschaftsmarke haben. 16. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr setzt demzufolge eine Ähnlichkeit der
6 6 Zeichen voraus. Die angemeldete Bildmarke und die älteren Marken Carmol und sind aber offensichtlich unähnlich. 17. Auf der bildlichen Ebene stimmen die Zeichen nur in dem ersten Vokal A und den letzten beiden Buchstaben -OL überein. Im Gegensatz hierzu überwiegen jedoch die bestehenden erheblichen bildlichen Unterschiede zwischen den Marken. Die Zeichen unterscheiden sich bildlich darin, dass die älteren Marken sechs Buchstaben enthalten, während die Anmeldemarke aus fünf Buchstaben besteht. Ferner sind die jeweils ersten, dritten und vierten Buchstaben unterschiedlich und der letzte gemeinsame Buchstabe L unterscheidet sich darin, dass er im Falle der Anmeldemarke bildlich von den übrigen Buchstaben abgetrennt ist. Auch sind die übrigen Buchstaben der Anmeldemarke und die der älteren Marken in völlig unterschiedlichen Schrifttypen und Farben wiedergegeben und die Anmeldemarke enthält ein weiteres Zeichen. Dieses Ergebnis gilt umso mehr im Hinblick auf die ältere deutsche Bildmarke, deren Anfangsbuchstabe C bildlich besonders hervorgehoben ist und deren Bildelemente aus einer Mauer, die rechts und links von Türmen begrenzt wird, besteht, die in der Anmeldemarke überhaupt keine Entsprechung haben. Die Zeichen sind daher bildlich unähnlich. 18. Auch klanglich weisen die Zeichen keine Ähnlichkeiten auf. Aufgrund der besonderen Schreibweise der Anmeldemarke wird diese aufgrund ihrer besonderen Darstellung entweder als NA-NO-L oder als NA-NOL ausgesprochen, während die älteren Marken als CAR-MOL betont werden. Bei der Aussprache als NA-NO-L verfügt die Anmeldemarke über eine weitere Silbe, die in den älteren Marken keine Entsprechung hat. Darüber hinaus führt bereits die jeweils erste Silbe der Zeichen NA- / CAR- wegen ihrer unterschiedlichen Anfangsbuchstaben und wegen des zusätzlichen Buchstabens R in den älteren Marken zu einer völlig unterschiedlichen Aussprache. Diese Unterschiede werden in keiner Weise von den identischen letzten Buchstaben O und L neutralisiert, zumal der letzte Buchstabe L wegen seiner Abtrennung von dem Bestandteil NANO im Falle der Anmeldemarke als eigenständige, dritte Silbe ausgesprochen werden könnte. Aber selbst wenn die Anmeldemarke als NA-NOL ausgesprochen würde, bestehen erhebliche
7 7 klangliche Unterschiede zu der Widerspruchsmarke. Damit sind die Zeichen ebenfalls klanglich zu einem sehr geringen Grad ähnlich, wenn nicht gar unähnlich. 19. In begrifflicher Hinsicht ist festzustellen, dass die Zeichen in Bezug auf die relevanten Waren der Klasse 5 keine klare, auf den ersten Blick erkennbare Bedeutung haben, weshalb der begriffliche Vergleich keine Auswirkungen auf die Verwechslungsgefahr hat. 20. Wegen der erheblichen bildlichen und klanglichen Unterschiede zwischen den Zeichen, kann auch bei Warenidentität keine Verwechslungsgefahr bei dem relevanten Publikum festgestellt werden. Dies gilt umso mehr als die relevanten Verbraucher ihre Aufmerksamkeit eher auf die Anfangsbestandteile der Marken richten, die vorliegend aber keinerlei Ähnlichkeiten aufweisen, die zu einer Verwechslungsgefahr führen würden. An diesem Ergebnis würde sich selbst dann nichts ändern, wenn die älteren Marken eine erhöhte Kennzeichnungskraft durch Benutzung hätten, die von der Widersprechenden auch nicht geltend gemacht wurde. 21. Aus diesem Grunde kam es auf die Frage, ob die ältere internationale Registrierung Nr überhaupt substantiiert und ob die ernsthafte Benutzung der älteren Marke in ausreichendem Maße bewiesen wurde, nicht an. 22. Da keine Verwechslungsgefahr gegeben ist, ist die Beschwerde mithin im Ergebnis zurückzuweisen. Kosten 23. Nachdem die Widersprechende mit ihrer Beschwerde erfolglos war, hat sie gemäß Artikel 85 Absatz 1 und 2 GMV und Regel 94 Absatz 1 GMDV die Kosten der Anmelderin im Beschwerdeverfahren zu tragen. 24. Aufgrund von Artikel 85 Absatz 6 Satz 1 GMV setzt die Beschwerdekammer in der Entscheidung über die Beschwerde auch die zu erstattenden Kosten fest, nämlich in Höhe von 550 Euro für die Kosten eines berufsmäßigen Vertreters gemäß Artikel 93 Absatz 1 GMV. 25. Die angegriffene Entscheidung der Widerspruchsabteilung, enthält bereits eine Kostenentscheidung sowie eine Festsetzung der Kosten des Widerspruchsverfahrens.
8 8 Tenor der Entscheidung Aus diesen Gründen entscheidet DIE KAMMER wie folgt: 1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. 2. Die Widersprechende hat die Kosten der Anmelderin im Beschwerdeverfahren zu tragen, die auf 550 Euro festgesetzt werden. Th. Margellos D.T. Keeling C. Rusconi Geschäftsstellenbeamter: C. Bartos
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