Partielle Differentialgleichungen

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1 Notizen zur Vorlesung Partielle Differentialgleichungen G. Sweers Sommersemester 0

2 ii

3 Inhaltsverzeichnis Einführung. Differentialgleichungen und klassische Lösungen Räume stetiger und differenzierbarer Funktionen Intermezzo zu glatten Rändern Linear und nicht-linear Schwache Ableitungen Schwache und distributionelle Lösungen Kriterien von Hadamard Modelle 3. Transportgleichung Wärmeleitungsgleichung Einfache Ergebnisse für die Wärmeleitungsgleichung auf beschränkte Gebiete Die Laplace Gleichung Ein Ergebnis für harmonische Funktionen Die schwingende Saite Die Wellengleichung Die Membran Der schwingende Balken Erster Ordnung: Transportgleichungen 5 3. Lineare und semilineare Transportgleichungen Mit konstanten Koeffizienten Allgemeine semilineare Transportgleichungen Quasilineare Transportgleichungen Stoßwellen Verdünnungswellen Klassifizierung zweiter Ordnung Die einfachsten Fälle als Begründung Standardbeispiele zu diesen Fällen Der Differentialoperator L = x y Der Differentialoperator L = x + y Der Differentialoperator L = x y Der Differentialoperator L = x + y Welche Randbedingungen passen? Partielle Differentialgleichungen zweiter Ordnung In zwei Dimensionen In höheren Dimensionen iii

4 iv INHALTSVERZEICHNIS 5 Die Wellengleichung und Distributionen Die Wellengleichung in Raumdimension Die d-wellengleichung auf einem Intervall Intermezzo zu Distributionen Die Wellengleichung in mehr Dimensionen Kirchhoff für Raumdimension Ergebnisse für beliebige Dimensionen Poisson für Raumdimension Raumdimensionen 4 und höher Gebiete mit Rand Die Wärmeleitungsgleichung I Diffusionskern Mittelwert und Maximum Maximumprinzip und Eindeutigkeit Die Wärmeleitungsgleichung II Eindeutigkeit unter einer Wachstumsbedingung Eindeutigkeit mit Hilfe der Energiefunktion Regularität Existenz auf beschränkten Gebieten Zwei Gegenbeispiele Die Laplace- und Poisson-Gleichungen Fundamentallösung Randwertprobleme Die Methode von Perron Mit Hilfe des Darstellungssatzes von Riesz Durch Variationsrechnung Ein Beispiel Ordnung und Existenz bei Laplace Greensche Funktionen auf Halbraum und Kugel Greensche Funktionen auf beliebigen Gebieten Tricks für Greensche Funktionen auf speziellen Gebieten Folgen der Greenschen Funktion auf der Kugel Maximum-Prinzip für harmonische Funktionen Harmonisch auf Kugeln Existenz nach Perron 3. Das Theorem von Perron Minimum und Infimum bei superharmonisch Beweis mit Barrieren am Rand Laplace und Regularität 9. Bemerkungen zur Regularität Regularität und Fundamentallösung Regularität und Rand Lösungen und Abschätzungen

5 INHALTSVERZEICHNIS v 3 Semilineare Laplace-Gleichungen Ein erweitertes Maximum-Prinzip Existenz und Perturbation Schwach harmonisch ist harmonisch Existenz zwischen Ober- und Unterlösung Variationelle Methoden

6 vi INHALTSVERZEICHNIS

7 Partielle Differentialgleichungen Kapitel Einführung. Differentialgleichungen und klassische Lösungen Eine partielle Differentialgleichung ist eine Gleichung für eine Funktion, nennen wir sie u : R n R, der Form F x, u, u, u,..., m u = 0.. Hier ist ein Gebiet, das heißt, eine offene zusammenhängende Teilmenge von R n, und u = x u. x n u, u = u x x x n u.., x x n u u x n Die höchste Ableitung die in. erscheint, nennt man die Ordnung der Differentialgleichung. Oft hat eine Variable eine besondere Rolle, nämlich die Zeit, und die wird üblicherweise mit t notiert. Für die Ableitung verwendet man neben t auch t. Die Frage ob und wenn ja, welche Lösungen eine solche Differentialgleichung hat, lässt sich meistens nicht sinnvoll beantworten, wenn nicht passende Rand- oder Anfangswerte gegeben werden. Ein Theorem wie das von Picard-Lindelöf für gewöhnliche Differentialgleichungen, welches für alle partiellen Differentialgleichungen eine Lösung bietet, gibt es nicht. In einer Vorlesung partielle Differentialgleichungen wird man dann auch nicht versuchen, die Theorie für alle zu bringen, sondern man wird sich mit den Typen, die in den Anwendungen auftauchen, beschäftigen. Wir werden dann auch, bevor wir näher auf die verschiedenen Typen eingehen, im nächsten Kapitel erst einige dieser Anwendungen vorzustellen. usw. Bevor wir mit einigen Modellen anfangen, soll man etwas sagen zu Lösung. Definition. Eine Funktion u : R, für die gilt: u C m, und u erfüllt die Gleichung., nennt man eine klassische Lösung von..

8 4. April 0 Kapitel, Einführung. Räume stetiger und differenzierbarer Funktionen Wir wiederholen die Definitionen von C m und die einiger verwandten Funktionenräume. Definition. Sei ein Gebiet in R n. C m ist die Menge aller Funktionen u : R, die m-mal differenzierbar sind und alle diese Ableitungen sind stetig. Bemerkung.. Man definiert C := m N C m. Wenn u : R k m-mal differenzierbar ist, sagt man auch u C m. Nur wenn man explizit machen möchte, dass man Funktionen mit Werten in R k hat, wird C m ; R k geschrieben. Auch begegnet man C m. Die Definitionen dieser Räume sind etwas weniger geradeaus. Definition.3 Sei ein Gebiet in R n.. Man definiert C 0 = C als die Menge aller stetigen Funktionen u : R.. Für m wird C m iterativ definiert als die Menge aller stetigen Funktionen u : R mit: u C m, u ist die Einschränkung von u auf und es gibt g,..., g n C m mit g i x = x i u x für x. Wenn beschränkt ist, ist kompakt und existiert sup x ux wenn u C 0. Für beschränkte Gebiete und u C m ist C m durch also wohldefiniert. u C m = m k=0 sup k ux.. x C m, C m ist ein normierter Vektorraum. Bemerkung.3. Wenn klar ist, welches Gebiet gemeint ist, schreibt man auch sup ux = u. x Übrigens ist auch eine Norm für den Raum L der beschränkten Funktionen auf. Bemerkung.3. Auf nicht abgeschlossenen oder unbeschränkten Gebieten gibt es unbeschränkte stetige Funktionen. So wie C m hier definiert ist, kann man. also nicht als Norm für C m verwenden. Das gleich trifft zu für C m mit unbeschränkt. Proposition.4 Sei m N und sei R n C m, C m ein Banachraum. ein beschränktes Gebiet. Dann ist

9 . Räume stetiger und differenzierbarer Funktionen 4. April 0 3 Bemerkung.4. Ein normierter Vektorraum heißt Banachraum, wenn jede Cauchy- Folge konvergent ist. Beweis. Wir betrachten vorerst den Fall m = 0. Sei {u k } k N C 0, C 0. Dann gilt: eine Cauchy-Folge in. Der Grenzwert ũx := lim k u k x existiert für jedes x, denn {u k x} k N ist eine Cauchy-Folge in R und R ist vollständig.. Gleichmäßige Konvergenz: Sei N ε > 0 derart, dass u k u l < ε für k, l > N ε. Für jedes x gibt es N x,ε derart, dass u l x ũx < ε für l > N x,ε. Man nehme nun l x = max N x,ε, N ε + und finde u k x ũx u k x u lx x + u lx x ũx < ε. Weil dies für beliebiges x gilt, folgt k N ε impliziert u k ũ < ε. Also konvergiert {u k } nicht nur punktweise sondern sogar gleichmäßig nach ũ. 3. Der Limes ũ ist stetig: Sei ε > 0, nehme k genügend groß so dass ũ u k < ε 3 und nehme δ ε,k > 0 derart, dass x y < δ ε,k impliziert u k x u k y < ε. Es 3 folgt ũx ũy ũx u k x + u k x u k y + u k y ũy < ε. Es gibt also ũ C 0 derart, dass u k ũ 0 für k. Die Aussage für m = 0 ist bewiesen. Sei nun m und {u k } k N eine Cauchy-Folge in C m, C m. Aus dem ersten Teil dieses Beweises wissen wir, dass es für jede Ableitung α x mit α m eine stetige Funktion g α C 0 gibt mit α lim C k u k g α = 0. x 0 C Wenn lim k x i u k g i = 0 und lim u k g 0 C 0 0 = 0, dann folgt, dass gleichmäßig für [a, a + he i ] k u k a + he i u k a g 0 a + he i g 0 a und u k a + he i u k a = u k x dx i x i [a,a+he i ] [a,a+he i ] Sei V, ein normierter Vektorraum. {u k } k N V ist eine Cauchy-Folge, wenn: ε > 0 m N : k, l > m = u k u l < ε. g i x dx i. Wir haben hier die Multiindex-Notation verwendet: α N n bedeutet α = α,..., α n und man setzt Man schreibt außerdem α = α + α + + α n. α α α αn =.... x x x x n

10 4 4. April 0 Kapitel, Einführung Der Hauptsatz für Integrale liefert x i g 0 x = g i x für x [a, a + he i ]. Ähnliches gilt für jede Ableitung und die Kombination ergibt g α = x α ũ, dass heißt lim k u k ũ C m = 0, oder anders gesagt, {u k } k N ist eine konvergente Folge in C m. Bemerkung.4. Man begegnet auch C m,γ mit m N und γ 0, ]: { α C m,γ = u C m x ux α } x uy ; sup x y x y γ < für α = m. So sind C 0, die Lipschitz 3 -stetigen Funktionen auf. Man nennt C 0,γ mit γ 0, die zum Exponenten γ Hölder 4 -stetige Funktionen. Die Vektorräume C m,γ werden Hölder-Räume genannt. Schlußendlich gibt es noch einige Funktionenmengen, die sich mit besonderem Benehmen am Rand beschäftigen. Definition.5 Man definiert C m 0 als die Teilmenge von C m der Funktionen u mit k ux = 0 für x und k m. Bemerkung.5. Sei beschränkt. Dann ist C0 m, als eine abgeschlossene Teilmenge von C m, bezüglich der C m -Norm ein Banachraum. Definition.6 Man definiert C 0 als die Teilmenge der Funktionen u C mit kompaktem Träger 5 innerhalb von. Beispiel.7 Die Funktion { + x f x, y = + x 3y exp für x + y <, x y 0 für x + y, hat einen kompakten Träger, ist beliebig oft stettig differenzierbar und liegt also in C0 R n. Dass sie beliebig oft differenzierbar ist, findet man mit den Standardableitungsregeln wenn x + y. Weil lim t tn e t = 0 für jedes n N, folgt x i f x = 0 für x + y =. Durch Induktion findet man, dass α f x = 0 für x + y = x und dass die Ableitungen x α f alle stetig sind. Gelegentlich findet man auch Cc m und Cc. Mit Cc m meint man die Teilmenge der Funktionen u C m, beziehungsweise Cc, mit kompaktem Träger. 3 Rudolf Otto Sigismund Lipschitz, Bönkein 83 - Bonn Otto Ludwig Hölder, Stuttgart Leipzig Sei A R n und u CA. Der Träger von u ist die abgeschlossene Teilmenge von R n definiert durch: supportu = {x A; ux 0}.

11 .3 Intermezzo zu glatten Rändern 4. April 0 5 Abbildung.: Darstellung der Funktion aus Beispiel.7..3 Intermezzo zu glatten Rändern Bei gewöhnlichen Differentialgleichungen hat man neben dieser Differentialgleichung oft Anfangs- oder Randwerte an einigen Punkten zu erfüllen. Bei partiellen Differentialgleichungen in n Dimensionen werden Anfangs- oder Randwertbedingungen typischerweise auf n -dimensionalen Mannigfaltigkeiten definiert. Haufig hat man zu tun mit Gebieten, die Ecken oder Kanten haben. Solche Gebiete geben spezifische Probleme, die kaum in einer Anfängervorlesung angesprochen werden können. Beispiel.8 Wir definieren die Function u α für α 0, π mit Hilfe von Polarkoordinaten x = r cos ϕ, y = r sin ϕ u α r cos ϕ, r sin ϕ = r π π α sin α ϕ für r [0, ] und ϕ [0, α]. Der Differentialoperator = x + y in Polarkoordinaten wird = r rr r + r ϕ und es folgt u α r cos ϕ, r sin ϕ = = r rr r + r ϕ r πα πα sin ϕ = = r π r α r π π α sin α ϕ + π α r π π α ϕ cos α ϕ = π π π π = r α sin α α ϕ π π r α sin α α ϕ = 0. Außerdem gilt π u α cos ϕ, sin ϕ = sin α ϕ, u α x, 0 = u α r cos α, r sin α = 0. Wir haben eine Lösung vom Randwertproblem { u α = 0 in α, u α = sin π α ϕ auf α. Hier ist α = {r cos ϕ, r sin ϕ ; 0 < r < und 0 < ϕ < α} und α der Rand des Gebietes.

12 6 4. April 0 Kapitel, Einführung Trotz der Tatsache, dass der Sinus eine unendlich oft differenzierbare Funktion ist, ist die Lösung nicht unbedingt differenzierbar. Die Differenzierbarkeit in 0 hängt ab von der Öffnung α: r u α r cosϕ, r sinϕ = π α r π π α sin α ϕ und nur für α π existiert v u α 0 wenn v = cos α, sin α. Skizzen zu diesen Funktionen u α findet man in Abbildung.. Abbildung.: Funktionen u α mit α =,,..., 6. Das Beispiel zeigt, dass bei Ecken eine Lösung nicht unbedingt differenzierbar sein muss. Es bedeutet auch, dass man um Ergebnisse genau formulieren zu können, die Regularität des Randes genau klassifizieren soll. Für den Rand des Gebietes R n schreibt man. Dieser Rand ist definiert durch = {x R n ; für alle ε > 0 gilt B ε x und B ε x c }. Definition.9 Sei R n ein Gebiet. Man sagt C m, wenn man für jedes Kompaktum K, endlich viele lokale kartesische Koordinatensysteme y i, y i,..., y n { } M i und Funktionen ψ i C m R n hat derart, dass es { } offene Blöcke B i = y R n ; a i k < y i k < b i k mit k n mit i M gibt, die K überdecken, und { } B i = y n i > ψ i y i, y i,..., y i n ; y B i B i. Die Blöcke können also rotiert sein bezüglich der Standardbasis. Man nimmt sie offen damit diese Blöcke sich notwendigerweise überlappen müssen und sich keine Singularitäten bei der Verknüpfung verstecken können. Aus der zweiten Bedingung folgt außerdem, dass das Gebiet mit C 0 lokal immer an einer Seite des Randes liegt. Ein typisches Bild findet man in Abbildung.3. Beispiel.0 Für einen HyperKubus = 0, n in R n mit n gilt C 0,. Beispiel. Für eine HyperKugel = B 0 in R n mit n gilt C. Man braucht mindestens n + Blöcke B i. Beispiel. Nicht jedes Gebiet hat ein C 0 -Rand. Siehe Abbildung.4. Noch etwas müßte man noch festlegen. Wenn man eine Funktion hat, die nur auf dem Rand definiert ist, wann kann man eine solche Funktion differenzierbar nennen? i=

13 .4 Linear und nicht-linear 4. April Abbildung.3: Mit Hilfe von lokalen Koordinaten auf Blöcke B i und Funktionen ψ i wird die Regularität von definiert. Abbildung.4: Ein Gebiet, dass nicht unsere C 0 -Bedingung erfüllt. Beim Doppelspitz liegt nicht an einer Seite vom Rand. Definition.3 Sei R n ein Gebiet mit C k und sei m k. Sei {ψ i } Menge endlich vieler Funktionen wie in Definition.9. Dann nennt man u C m, wenn y i,..., y i n u y i,..., y n, i ψ i y i,..., y i n C m, für jedes dieser ψ i. Bemerkung.3.} Man kann zeigen, dass diese Definition nicht abhängt von der gewählten Menge {ψ i, wenn diese den Rand wie in Definition.9 beschreiben. Bemerkung.3. Die Definition wird angepasst wenn es einen Teil des Randes betrifft. eine.4 Linear und nicht-linear Wir nehmen an, dass die Differentialgleichungen in den folgenden Definitionen alle von Ordnung m sind.

14 8 4. April 0 Kapitel, Einführung Definition.4 Partielle Differentialgleichungen der Form α a α x u x = fx.3 x α N n α m mit a α und f gegeben und u gesucht, nennt man linear. Diese Differentialgleichung heißt linear, weil der Differentialoperator L = α a α x x α N n α m linear ist: Wenn Lu = f und Lu = f, dann gilt für beliebige c, c R, dass L c u + c u = c f + c f. Die einfachste Änderung, die uns eine nicht-lineare Differentialgleichung liefert, ist die folgende: Definition.5 Partielle Differentialgleichungen der Form α a α x u x = fx, u.4 x α N n α m mit a α und f gegeben und u gesucht, nennt man semilinear. Es ist das Recht des Buchhalters wenn er sagt, dass linear ja auch semilinear sei. Eine folgende Erweiterung ist: Definition.6 Partielle Differentialgleichungen der Form a α x, u, u,... m u α u x = fx, u, u,... m u.5 x α N n α =m mit a α und f gegeben und u gesucht, nennt man quasilinear. Die restlichen partiellen Differentialgleichungen nennt man völlig nichtlinear..5 Schwache Ableitungen Für punktweise definierte Funktion ist die Definition einer partiellen Ableitung eindeutig. Gelegentlich wird man aber eine Definition brauchen für die Ableitung einer Funktion, die nur als Äquivalenzklasse festgelegt ist. Wir erinnern an die L p -Räume. Definition.7 Sei p [, ]. Dann ist L p der Raum der Lebesgue-messbaren Funktionen f, für die gilt: f L p < mit { f L p = fx p dx /p für p [,, ess sup { f x ; x } für p =.

15 .6 Schwache und distributionelle Lösungen 4. April 0 9 Definition.8 Sei f eine Lebesgue-messbare Funktion. Man sagt xi f existiert als schwache Ableitung in L lokal wenn es g L lokal gibt mit f x xi ϕ x + g x ϕ x dx = 0 für alle ϕ C0. Wenn f auf eine klassische Ableitung nach x i hat, dann folgt aus einer partiellen Integration, dass f x xi ϕ x + xi f x ϕ x dx = 0 für alle ϕ C0. Definition.9 Sei k N und p [, ]. Man definiert den Sobolev 6 -Raum W k,p als die Menge der Äquivalenzklassen der Funktionen u : R derart, dass u und deren schwache Ableitungen der Ordnung α mit α k in L p liegen. Bemerkung.9. W k,p, W k,p mit Norm u W k,p = ist ein vollständiger Banach-Raum. α k α ux x p dx.6 Schwache und distributionelle Lösungen Wie man bei gewöhnlichen Differentialgleichungen schon gesehen hat, kommt man mit klassischen Lösungen nicht immer aus. Man erinnere sich an das Reibungsproblem bei zum Beispiel einem bremsenden Fahrzeug. Man konnte da nur eine Lösung definieren, wenn man an einzelnen Stellen zuliess, dass da die Differentialgleichung nicht erfüllt ist. Beispiel.0 Die Reibungskraft für zwei sich übereinander bewegende feste Körper ist annäherungsweise nur abhängig vom Vorzeichen der relativen Geschwindigkeit: c für v > 0, F v = 0 für v = 0, c für v < 0. Sei v die Geschwindigkeit des Fahrzeugs und m die Masse, so gilt für die Beschleunigung v : mv = F v. Es gibt keine klassische Lösung. Wenn man jedoch die Integralform der Gleichung betrachtet: m vt v0 = t 0 F vs ds dann findet man die folgende Lösung wenn v0 > 0: { v0 c vt = t für t [0, t m ], 0 für t > t := c mv0. Für t = t ist v nicht differenzierbar und deswegen ist v keine klassische Lösung. /p

16 0 4. April 0 Kapitel, Einführung v 0 Abbildung.5: Skizze zu einer Geschwindigkeit t vt aus Beispiel.0. Bei gewöhnlichen Differentialgleichungen hat man also gelegentlich den Lösungsbegriff erweitern müssen und das hat man gemacht indem man die Differentialgleichung ersetzte durch eine Integralgleichung. Bei partiellen Differentialgleichungen ist die Sache etwas schwieriger, denn in welche Richtung soll man integrieren? Wie soll man von einer partiellen Differentialgleichung höherer Ordnung zu einem System erster Ordnung kommen? Auch hier gibt es kein Lösungsmittel, das alle Flecken rausbringt und wir müssen uns einschränken und brauchen dafür eine zweite Klassifizierung der Differentialgleichungen. Für semilineare partielle Differentialgleichungen kann man, wenn die Koeffizienten a α genügend glatt sind, den Lösungsbegriff relativ leicht erweitern. Definition. Man nennt u C eine distributionelle Lösung der Gleichung.4 wenn u x α a x α x ϕ x fx, uϕ x dx = 0.6 für alle ϕ C 0. α N n, α m Bemerke, dass diese Definition nur Sinn macht wenn a α genügend glatt ist, a α C m. Wenn dies gilt, dann ist x α aα x ϕ x und das Integral wohldefiniert. Es ist übrigens nicht notwendig, dass u C. Es reicht wenn für diese Funktion ein Integral definiert ist. Es gibt auch den Begriff schwache Lösung. Dabei werden nicht alle partielle Ableitungen zur Testfunktion ϕ gebracht sondern nur die Hälfte. Definition. Man nennt u C m eine schwache Lösung der Gleichung α aα,β x β x x u x = fx, u wenn α,β N n, α, β m für alle ϕ C 0. α,β N n, α, β m β x u x a α,β x α x ϕ x fx, uϕ x dx = 0.7 Bemerkung.. Die Spaltung zwischen den Ableitungen α und β ist nicht eindeutig. Für einzelne Probleme soll man genau definieren was mit einer schwachen Lösung gemeint ist. 6 Sergei Lwowitsch Sobolew, , war ein Russischer Mathematiker der arbeitete auf Partiellen Differentialgleichungen, Funktionalanalysis, Numerischer Mathematik und... Uranisotopenanreicherung.

17 .6 Schwache und distributionelle Lösungen 4. April 0 Um zu zeigen, dass klassische Lösungen auch schwache oder distributionelle Lösungen sind, brauchen wir eine Version des Hauptlemmas der Variationsrechnung: Lemma.3 Sei u C. Wenn uxϕxdx = 0 für alle ϕ C0, dann gilt u = 0. Beweis. Wenn u 0, dann gibt es x 0 mit u x 0 0. Nehmen wir an, dass ux 0 > 0, dann folgt aus der Stetigkeit von u, dass es eine Umgebung B ε x 0 gibt derart, dass ux c := ux 0 > 0 für x B ε x 0. Nehmen wir ϕ C0 B ε x 0 mit ϕ 0 in B ε x 0 und ϕ c > 0 in B ε/ x 0, so folgt uxϕxdx > 0, ein Widerspruch. Dass es eine solche Funktionen ϕ in dem letzten Beweis gibt, möge das Beispiel { ϕ ε x = e x ε für x < ε, 0 für x ε,.8 deutlich machen. Man kann zeigen, dass auf dem Kreisrand x = ε diese Funktion nicht nur stetig ist sondern, dass da auch alle Ableitungen existieren. Man verwende dazu, dass lim p t t e t = 0 für jedes Polynom p. Abbildung.6: Skizze zu der Testfunktion ϕ ε aus.8 mit ε =. Das folgende Ergebnis zeigt die Verbindung zwischen klassischen und schwachen Lösungen. Proposition.4 Für semilineare Gleichungen gilt: Klassische Lösungen sind distributionelle Lösungen. Wenn u C m eine distributionelle Lösung der Gleichung.4 ist, so ist u eine klassische Lösung. Bemerkung.4. Schwache Lösungen liegen zwischen distributionel und klassisch und ein ähnliches Ergebnis gilt.

18 4. April 0 Kapitel, Einführung Beweis. Durch partielle Integration findet man, wenn der auswärtige Normalenvektor ν = ν,..., ν n auf wohldefininiert ist und wenn die Ableitungen von f und g bezüglich x i stetig sind, dass fx x i gxdx = fxgx n i dσ x x i fx gxdx. Wenn gx = 0 oder fx = 0 für x, dann entfällt der mittlere Term und es folgt fx x i gxdx = x i fx gxdx..9 So kann man.6, wenn u C m und ϕ C0 angenommen worden ist, auch schreiben als a α x α x u x fx, u ϕ x dx = 0..0 α N n, α m Zum Beweis soll man bemerken, dass ϕ einen kompakten Träger K hat. Man kann zeigen dass es gibt mit K, und C. Im Integral.0 kann man durch ersetzen und öfters.9 anwenden. Das bedeutet klassische Lösungen sind distributionelle Lösungen und, mit Hilfe des obigen Lemmas, distributionelle Lösungen in C m sind klassisch..7 Kriterien von Hadamard Eine gewöhnliche Differentialgleichung n-ter Ordnung braucht n unabhängige Bedingungen um höchstens eine Lösung zu haben. War es bei einem Anfangswertproblem einer gewöhnlichen Differentialgleichung noch relativ einfach Bedingungen anzugeben wo es genau eine Lösung gibt, nämlich die Bedingungen aus dem Satz von Picard-Lindelöf, war es bei Randwertproblemen schon schwieriger. Und bei Randwertproblemen war die Existenz bei linearen wiederum einfacher als bei nicht-linearen. Für partielle Differentialgleichungen wird es sehr vom Type abhängen, welcher Art von Anfangs- oder Randwerte genau eine Lösung geben werden. Aber auch hier wird das Ziel sein, Bedingungen zu suchen derart, dass die Differentialgleichung mit festgelegten Anfangs- oder Randwerten die Kriterien von Hadamard 7 erfüllt: Eindeutigkeit: Das Problem hat höchstens eine Lösung. Existenz: Das Problem hat mindestens eine Lösung. Robustheit: Wenn man das Problem ein wenig ändert, ändert sich die Lösung auch nur wenig. Die dritte Eigenschaft wird auch als Stabilität oder stetige Abhängigkeit der Eingangsdaten benannt. Wenn ein Problem diese drei Eigenschaften hat, nennt man es wohlgestellt. Manchmal sagt man auch wohldefiniert. 7 Jacques Salomon Hadamard, , Französischer Mathematiker, hat seine Spuren hinterlassen in vielen Teilgebieten der Mathematik.

19 Partielle Differentialgleichungen Kapitel Modelle Dieses Kapitel versucht eine Verbindung herzustellen zwischen physikalischen Voraussetzungen und mathematisch formulierten Problemstellungen. Solche Modellierungsvorgänge sind eine Kunst an sich und bewegen sich außerhalb der üblichen Mathematik bei der man versucht aus einigen Axiomen eine zweifelsfreie Theorie aufzubauen. Modellierung fängt an mit Beobachtungen, Experimenten und Vermutungen, wie der Zusammenhang zwischen Ursache und Ergebnis erklärt werden kann. Die Mathematik an sich kann nicht erklären wieso ein solches Modell korrekt wäre. Wenn aber die mathematischen Schlußfolgerungen zu unerwarteten Ergebnissen oder sogar zu einem Widerspruch führen würden, müßte man sich ernsthaft Sorgen machen über die Richtigkeit des Modells. Neben der Vorstellung einiger Modelle, werden auch ein paar einfache mathematische Ergebnisse gebracht.. Transportgleichung Man stelle sich vor, dass sich eine Flüssigkeit oder ein Gas unter dem Einfluß einer Strömung bewegt. Diese Strömung ist gegeben durch ein Vektorfeld, dass die lokale Geschwindigkeit v x, t der Teilchen beschreibt. Die Variable x R oder R 3 beschreibt die Stelle und t die Zeit. Man möchte wissen, wie die Dichte ρ = ρ x, y, t ist. Sei t eine beschränkte Menge dieser Flüssigkeit. Wenn man t weiter in der Zeit ist, hat diese Menge sich etwas deformiert zu t + t unter Einfluß des Vektorfeldes. Siehe Figur.. Abbildung.: Von t zu t + t hat t sich bewegt nach t + t. 3

20 4 4. April 0 Kapitel, Modelle Weil die Masse erhalten bleibt, gilt t+ t ρ x, t + t dx = t ρ x, t dx. Diese Identität benutzt man wie folgt für die Ableitung der Differentialgleichung: = Es gilt t 0 = ρ x, t + t dx t t+ t ρ x, t + t ρ x, t dx + t t lim t 0 t und für das Ein- und Ausströmen: lim t 0 t t+ t\t t t+ t\t ρ x, t dx = t\t+ t ρ x, t + t dx. ρ x, t + t ρ x, t dx = t ρ x, t dx. t t t\t+ t ρ x, t + t dx = t ρ x, t v x, t ν dσ x. Hier ist t der Rand von t und ν der auswärtige Normalenvektor. Weil folgt t ρ x, t v x, t ν dσ x. = t t ρ x, t + ρ x, t v x, t t Weil diese letzte Gleichung für jedes Teilgebiet t gilt, hat man ρ x, t v x, t dx. dx = 0..3 t ρ x, t + ρ x, t v x, t = 0..4 Physikalisch beschreibt diese Gleichung die Erhaltung der Masse. Wenn v gegeben ist, ist.4 eine Differentialgleichung erster Ordnung für die unbekannte Dichte ρ. Man nennt eine solche Differentialgleichung eine Transportgleichung. In der Ableitung dieser Differentialgleichung haben wir einen Integralsatz benutzt. Zur Erinnerung: Lemma. Sei R n ein beschränktes Gebiet und derart, dass der auswärtige Normalenvektor ν = ν,..., ν n auf wohldefiniert ist. Dann gilt für u C ; R, v C ; R n und w C ; R n folgendes: x i u x dx = v x dx = w x dx = w x νdσ x = u x ν i dσ x, v x νdσ x, w x dσ ν x.

21 . Wärmeleitungsgleichung 4. April 0 5. Wärmeleitungsgleichung In vielen Fällen wird v in.4 bestimmt durch die Dichte ρ. Wenn es sich um eine Flüssigkeit in einem porösen Medium handelt, gilt das Gesetz von Darcy: ρ x, t v x, t = c P x, t wobei P der Druck ist. Wenn Druck und Dichte proportional sind, P = c ρ, findet man mit.4 und c = c c, dass t ρ x, t = ρ x, t v x, t = c P x, t = c ρ x, t. Ähnliches gilt für die Wärmeleitung. Das Wärmeleitungsgesetz das Gesetz von Fourier besagt T x, t v x, t = c T x, t. Nennt man c die Wärmekapazität, so gilt für die Energiedichte ρ = c T. Auch hier folgt mit.4: t T x, t = T x, t v x, t = c T x, t und die Wärmeleitungsgleichung t T x, t c T x, t = 0. Sorgt zusätzlich eine Wärmequelle f x, t im Innern für eine extra Zufuhr, dann bekommt man die inhomogene Wärmeleitungsgleichung T x, t k T x, t = f x, t..5 t Wenn wir die Wärmeverteilung in einem isolierten Körper betrachten, dann soll keine Wärme herein oder hinaus strömen. Das bedeutet, dass am Rande gilt T x, t ν = 0 für x und t > 0. Diese Randwertbedingung ist nach Neumann benannt worden. Man kann sie auch schreiben als T x, t = 0 für x und t > 0. ν Wenn man die Temperatur am Rande vorschreibt, heißt das eine Dirichlet Randwertbedingung. Das Rand-Anfangswertproblem für die Temperaturverteilung eines isolierten Körpers ist das folgende Problem: T x, t k T x, t = 0 für x, t t R+, T x, t = 0 für x, t ν R+, T x, 0 = T 0 x für x..6.. Einfache Ergebnisse für die Wärmeleitungsgleichung auf beschränkte Gebiete Lemma. Sei T C R + 0 eine Lösung von.6, so gilt T x, t dx = T x, 0 dx.

22 6 4. April 0 Kapitel, Modelle Bemerkung.. Dies ist ein Erhaltungssatz. T x, t = 0 bedeutet, dass keine Wärme herausfließt und die gesamte gespeicherte Wärme erhalten ν bleibt. Beweis. Betrachtet man so folgt I t = t = k und It ist konstant. It = T x, t dx = T x, t dx, t T x, t ν dσ x = k T x, t dx = k T x, t dx ν T x, t dσ x = 0 Statt zu isolieren, kann man auch das Problem betrachten, bei dem die Temperatur am Rand festgehalten wird, sagen wir auf 0: T x, t k T x, t = 0 für x, t t R+, T x, t = 0 für x, t R +, T x, 0 = T 0 x für x. Lemma.3 Sei T C R + 0 eine Lösung von.6 oder.7, so gilt T x, t dx T x, 0 dx. Beweis. Betrachtet man Et = T x, t dx, so folgt E t = t T x, t dx = T x, t t T x, t dx = k T x, t T x, t dx = k T x, t T x, t ν dσ x k T x, t T x, t dx = k T x, t dx 0. Man bemerke, dass T x, t T x, t ν dσ x = gilt sowohl für.6, als auch für.7. T x, t ν T x, t dσ x = 0.7 Korollar.4 Es gibt höchstens eine Lösung T C R + 0 für das Anfangs/Randwertproblem.6. Dies trifft auch zu für Problem.7. Beweis. Wenn.6 oder auch.7 zwei verschiedene Lösungen T und T haben, betrachte man T = T T. Die Funktion T erfüllt das Anfangs/Randwertproblem mit T = 0 am Anfang und am Rand. Aus Lemma.3 folgt 0 T x, t dx T x, 0 dx = 0

23 .3 Die Laplace Gleichung 4. April 0 7 und dann auch T x, t = 0 für x, t R. Das heißt T = T. Die Wärmeleitungsgleichung ist verwandt mit der Gleichung für die Strömung durch ein poröses Medium. Weil der Druck als Funktion der Dichte schneller als linear zunimmt, nämlich P = u m, wird die dazugehörige Differentialgleichung Man nennt.8 die Poröse-Medien-Gleichung. t u x, t k u x, tm = Die Laplace Gleichung Die Differentialgleichung k u x = fx nennt man die stationäre Wärmeleitungsgleichung oder Poisson Gleichung. Für einen Potentialfluss hat man die Gleichung u = 0..9 Hier ist u das Potential und v = u die Geschwindigkeit. Diese Gleichung beschreibt eine Strömung, bei der die Dichte/Wärme nicht zeitabhängig ist. Die Differentialgleichung in.9 heißt die Laplace Gleichung. Eine Funktion u C die.9 erfüllt, nennt man harmonisch auf..3. Ein Ergebnis für harmonische Funktionen Aus der Vorlesung Funktionentheorie soll man sich an einige schöne Ergebnisse für harmonische Funktionen in Dimensionen erinnern. Eine solche Eigenschaft von harmonischen Funktionen lässt sich auch in höheren Dimensionen zeigen: Proposition.5 Mittelwertsatz für harmonische Funktionen Wenn u C und u = 0 in, dann gilt für jede Kugel B r x 0 = {x R n ; x < r} mit B r x 0, dass u x u x 0 dσ x = 0..0 B rx 0 Bemerkung.5. Benennt man den Flächeninhalt der Kugel mit Radius mit ω n = dσ x,. dann kann man.0 wie folgt schreiben: B rx 0 B 0 u x dσ x = r n ω n u x 0. Anders gesagt, u x 0 nimmt den Durchschnittswert auf dem Kugelrand B r x 0 an. Eine Kugel mit Radius r hat dann den Flächeninhalt r n ω n.

24 8 4. April 0 Kapitel, Modelle Bemerkung.5. Die Gleichung in.0 kann man auch wie folgt formulieren: ux = u y dσ ω n r n y.. Wenn. gilt für alle r R, so gilt auch ux = n ω n r n B rx B rx u y dy.3 für alle r R und umgekehrt. Von. zu.3 kommt man durch r 0 r n uxdr mit u aus. zu integrieren. Die umgekehrte Richtung folgt aus r r n ux mit u aus.3. Beweis. Wir werden den Satz beweisen für x 0 = 0. Für n 3 und x 0 gilt folgendes x n = x n x n = n x n = n x n n x x x n+ = 0. So finden wir mit partieller Integration einerseits x n r n u x dx = B r0\b ε0 = x n r n u x dσ x x n r n u x dx B r0\b ε0 ν B r0\b ε0 = n r n u x dσ x ε n u x dσ x, B r0 B ε0 und andererseits = B r0\b ε0 x n r n u x dx = B r0\b ε0 x n r n ν u x dσ x x n r n u x dx B r0\b ε0 = 0 ν u x dσ x ε n ν u x dσ x. B r0 Zusammen folgt r n u x dσ x ε n B r0 B ε0 B ε0 u x dσ x = ε n x n B ε0 x u x dσ x..4 Wir betrachten die einzelnen Terme aus.4. x Weil u x beschränkt ist, sagen wir der Betrag ist kleiner c x, so findet man x x u x dσ x c ω n ε n. B ε0 Also gilt lim ε 0 ε n n B ε0 x x u x dσ x = lim ε 0 O ε = 0.

25 .4 Die schwingende Saite 4. April 0 9 Auch gilt, weil u C B r 0, dass u x u 0 dσ x u x u 0 dσ x B ε0 B ε0 c x dσ x c ε ε n ω n, und es folgt, dass B ε0 lim ε n u x dσ x = lim ε 0 B ε 0 ε0 ε n u 0 dσ x + O ε B ε0 Mit.4 findet man nun für ε 0, dass r n u x dσ x = ω n u 0, B r0 = ω n u 0. und somit das gewünschte Ergebnis für n. Für n = ist das Ergebnis in der Vorlesung Funktionentheorie bewiesen. Man kann auch den obigen Beweis wiederholen mit x n ersetzt durch ln x. Aus Proposition.5 folgt dass, wenn man auf dem Rand B r x 0 eine harmonische Funktion u ändert, auch u x 0 sich ändert. Man findet sogar das folgende starke Ergebnis. Korollar.6 Wenn u C harmonisch ist auf und ein Extremum innerhalb von hat, so ist u eine Konstante. Beweis. Nehmen wir an, u hat ein Maximum in x 0. Weil offen ist, gibt es r 0 > 0 mit B r0 x 0 und für jedes r 0, r 0 gilt u x 0 = uxdσ r n x ux ω n r n 0 dσ x = u x 0. ω n B rx 0 B rx 0 Diese Ungleichung ist streng und gibt einen Widerspruch, wenn u nicht identisch u x 0 ist auf B r x 0. Es folgt also, dass u konstant ist auf B r0 x 0. Man wiederholt diese Argumente für jedes x B r0 x 0, x B r x usw.. Die Annahme, dass offen und zusammenhängend ist, erlaubt es uns ganz mit Kugeln zu überdecken. Auf jede Kugel in ist u konstant, also ist u auch konstant auf..4 Die schwingende Saite Nehmen wir zur Modellierung an, dass diese Saite aus einer Reihe kleiner Massen besteht, die elastisch verbunden sind. Wir nehmen an, dass die Spannung in der Saite konstant ist. Sei u x, t die vertikale Auslenkung an der Stelle x zur Zeit t. Betrachten wir das Teil zwischen x x und x + x, dann wirken durch die Spannung S die folgenden Kräfte auf dieses Teil: F rechts = F links = S + u x x + x, t u x x + x, t S + u x x x, t u x x x, t,.

26 0 4. April 0 Kapitel, Modelle Addiert man diese beiden Kräfte und entwickelt man nach x, so folgt: F rechts + F links = S x +u xx,t u xx,t x + O x. x +u xx,t Abbildung.: Kräfte wirkend in einer schwingenden Saite. Wir vereinfachen die Herleitung durch die Annahme, dass diese Saite sich nur vertikal bewegt. Aus dem zweiten Gesetz von Newton, F = t mv, folgt für das Teil der Saite zwischen x x und x + x dass x S u x x, t x + O x x + x = t + u x x, t ρ t u x, t dx. + u x x, t x x Dividiert man durch x und nimmt den Grenzwert für x 0, dann folgt x S u x x, t = t + u x x, t ρ t u x, t. + u x x, t Für u x x, t, also für kleine Auslenkungen vernachlässigt man diesen Term und man findet mit c = S/ρ, dass.5 Die Wellengleichung u tt x, t c u xx x, t = 0..5 Wenn man eine kompressible Flüssigkeit oder Gas betrachtet, hat man erstens den Erhaltssatz aus.4: t ρ x, t + ρ x, t v x, t = 0..6 Wir betrachten nun den Fall, bei dem der Druck p proportional zur Dichte ρ ist: p x, t = c ρ x, t.7 und verwenden wieder das zweite Gesetz von Newton: F = mv mit der Kraft F und t dem Impuls mv. Die zugehörige Kräftegleichung, Impulsänderung von U = Druck auf U, wird t ρ x, t v x, t dx = p x, t ν dσ x,.8 U Lex II. Mutationem motus proportionalem esse vi motrici impressae, et fieri secundum lineam rectam qua vis illa imprimitur. Gesetz II. Die Änderung einer Bewegungsgröße ist der eingeprägten Bewegungskraft proportional und sie folgt der Geraden, entlang welcher diese Kraft eingeprägt wird. U

27 .6 Die Membran 4. April 0 für ein beliebiges Gebiet U. Mit wohldefiniertem auswärtigem Normalenvektor folgt aus dieser letzten Gleichung: t ρ x, t v x, t dx = p x, t dx. Dann gilt auch U Kombiniert man.9,.6 und.7, dann folgt Die Differentialgleichung nennt man die Wellengleichung..6 Die Membran U t ρ x, t v x, t = p x, t..9 p = t ρ v = t ρ v = t t ρ = c t p. t p t, x c p t, x = 0.0 Ähnlich wie bei der Saite ist bei einer elastischen Membran die Kraft gleich der Spannung multipliziert mit der Krümmung. Nur ist nicht so ganz klar welche Krümmung wir nehmen müssen, denn Funktionen x, y u x, y können sich in zwei Richtungen krümmen. Ein etwas einfacherer Ansatz ist folgender. Statt das Kräftegleichgewicht darzustellen, betrachten wir die Energie. Wir nehmen an, dass bei einer eingespannten Membran die Energie proportional zum Flächeninhalt ist. Abbildung.3: Ohne Kräfte von Aussen, hat eine eingespannte Membran oder Seifenblase die Form mit dem kleinsten Flächeninhalt. Wenn wir die Membran parametrisieren durch x, y x, y, u x, y R, dann wird diese Energie als Funktional der Funktion u wie folgt: E elastisch u := + u x + u yd x, y.. Lässt man außerdem Kräfte zu, die mit Dichte f x, y an der Stelle x, y vertikal eine Kraft ausüben, hat man zusätzlich einen Potentialterm durch Kraft mal Weg: E potentiel u := f u d x, y.

28 4. April 0 Kapitel, Modelle Die totale Energie ist E total u := + u x + u y f u d x, y Das Prinzip der kleinsten Wirkung, auch Hamiltonisches Prinzip genannt, wird angewendet. Dieses Prinzip sagt, dass die Funktion, die das passende physikalische Verhalten repräsentiert, dieses Funktional Die Physiker würden sagen: diese Wirkung minimiert. Mathematisch heißt das, dass das Funktional größer wird, wenn wir die Lösung u stören mit εφ: E total u + εφ E total u für alle ε R und φ C. Wenn die Funktion ε E total u + εφ differenzierbar ist, dann gilt ε E total u + εφ = 0 für alle φ C.. ε=0 Für u, φ C ist. gleich u φ f φ dx, y = 0. + u x + u y Wenn außerdem gilt, dass u C, dann können wir für φ C0 partiell integrieren und es folgt u f φ dx, y = 0. + u x + u y Weil dieses Integral gleich 0 ist für alle solche φ, findet man u = f..3 + u x + u y Auch hier vereinfacht man für u x + u y die Gleichung zu u = f. Beispiel.7 Für konstante f [0, ], = B 0 und h 0, so dass f + h = gilt, kann man zeigen, dass u x, y = + h x y h die Differentialgleichung.3 löst. Für f > kann man zeigen, dass es keine Lösungen gibt! Es gibt auch Membrane, die sich nicht durch x, y, ux, y parametrisieren lassen. Zum Beispiel kann man zeigen, dass ϕ, θ R cos ϕ sin θ, R sin ϕ sin θ, R cos θ + R mit ϕ, θ [0, π] [0, arcsin /R] eine Oberfläche parametrisiert, die man auch als Lösung zulassen sollte. Diese Lösung lässt sich nicht als Funktion von x, y schreiben. Die Skizzen in Abbildung.5 lassen sich nicht durch x, y, u x, y parametrisieren. Stattdessen kann man r ϕ, θ cos ϕ sin θ, r ϕ, θ sin ϕ sin θ, r ϕ, θ cos θ versuchen. Man kann das Funktional nach r, ϕ und θ umschreiben und kann sogar zeigen, dass die Bilder in.5 Lösungen einer Differentialgleichung wie in.3 erfüllen. Diese Lösungen sind jedoch keine Minima. Sie sind zwar stationäre Punkte für dieses Funktional, sind jedoch kein Minimum sondern ein Sattelpunkt. Seifenblasen versuchen ihren Flächeninhalt zu minimieren und haben darum die in. genannte Energie. Sie haben aber nicht die oben genannte potentielle Energie. Sie minimieren. unter der Nebenbedingung, dass ihr Volumen konstant ist. Sir William Rowan Hamilton

29 .7 Der schwingende Balken 4. April 0 3 Abbildung.4: Einige Lo sungen zu Beispiel.7 mit f gleich.4,.8,. und.4. Abbildung.5: Einige Membrane, die sich nicht durch x, y, ux, y parametrisieren lassen; f ist gleich.4,.,.8 und.6. Wie man erwarten sollte: Kugeloberfla chen..7 Der schwingende Balken Die Energie einer aufgespannte Saite zwischen 0, 0 und `, 0 ist proportional zu der Zunahme der La nge durch die Auslenkung: Z ` Z ` p s ux dx. + ux dx Eelastisch,S u = s 0 0 Wenn man statt einer Saite einen Balken betrachtet, der an beiden Enden in die vertikale Richtung zuru ckgehalten wird, wird die elastische Energie durch das Quadrat der Kru mmung verursacht: Z ` Z ` uxx Eelastisch,B u = σ dx σ uxx dx 3 + u 0 0 x fu r kleine Auslenkungen. Hat man zusa tzlich eine Kraft, welche die Saite oder den Balken lokal seitwa rts biegt, findet man Z ` Etotal,S u = s ux f u dx, 0 Z ` Etotal,B u = σ u f u dx. xx 0 Testen mit ϕ unter Anwendung des Hamiltonischen Prinzips und durch partielle Integration folgt fu r S: suxx = f, fu r B: σuxxxx = f. Wenn wir das zeitabha ngige Problem betrachten und die Kraftdichte durch die vertikale Beschleunigung verursacht wird, finden wir die linearisierte Gleichung eines schwingenden Balkens: utt x, t σuxxxx x, t = 0..4

30 4 4. April 0 Kapitel, Modelle

31 Partielle Differentialgleichungen Kapitel 3 Erster Ordnung: Transportgleichungen 3. Lineare und semilineare Transportgleichungen 3.. Mit konstanten Koeffizienten Eine sehr einfache Differentialgleichung aus dieser Klasse ist v u x = fx für x R n. 3. Hier sind v R n \ {0} und f : R n R gegeben und u ist gesucht. Wir betrachten eine Kurve x t = x 0 + t v. Dann gilt u x t = v u x t t und wenn wir uns auf eine solche Kurve beschränken, kann man 3. leicht lösen. Für U t := u x t und F t := f x t wird die Differentialgleichung U t = F t. Also hat man Zurückgeführt auf 3. folgt U t = U t 0 + t t 0 F s ds. u x 0 + t v = u x 0 + t 0 f x 0 + s v ds 3. und diese Funktion erfüllt die Differentialgleichung auf der Geraden durch x 0 in der Richtung v. Kennt man u x auf einer n -dimensionalen Mannigfaltigkeit M, die mit jeder Geraden {x 0 + t v; t R} höchstens einen Punkt gemeinsam hat, dann hat man eine Lösung der Differentialgleichung auf = {x 0 + t v; x 0 M und t R}. Etwas haben wir nicht beachtet. Wenn x M ux M nicht differenzierbar ist, kann man auch nicht erwarten, dass u für u in 3. definiert ist. Im schwachen Sinne ist es trotzdem eine Lösung. 5

32 6 4. April 0 Kapitel 3, Erster Ordnung: Transportgleichungen M v x 0 Abbildung 3.: Die Werte, vorgeschrieben auf der grünen Kurve, geben eine Lösung auf dem hellgrünen Gebiet. Man kann u nicht beliebig vorschreiben auf der Fortsetzung die rote Kurve. Beispiel 3. Wir suchen eine Lösung von { ux x, y + u y x, y =, u x, 0 = x. Die Differentialgleichung kann man schreiben als u x, y =. Betrachtet man die Kurven xt yt = x0 0 + t und setzt man U t = u xt, yt, dann bekommt man die gewöhnliche Differentialgleichung U t = t u xt, yt = u xt, yt = mit der Anfangsbedingung U0 = u x0, y0 = u x 0, 0 = x 0. Man findet Also gilt Ut = U0 + t = x 0 + t. u xt, yt = Ut = x 0 + t xt = x 0 + t und yt = t. Es folgt u x 0 + t, t = x 0 + t und man findet eine Lösung auf ganz R, nämlich ux, y = x y + y.

33 3. Lineare und semilineare Transportgleichungen 4. April Allgemeine semilineare Transportgleichungen Die Differentialgleichung, die gemeint ist, ist die folgende: v x u x = fx, ux für x R n. 3.3 Hier ist v und f gegeben und wir nehmen an, dass v C R n ; R n und f C R n R; R. Zusätzlich soll eine Randwertbedingung erfüllt sein: mit M eine n -dimensionale Mannigfaltigkeit. Das Problem lösst man in zwei Schritten. u x = u 0 x für x M 3.4 Man löse erstens x t = v x t. Wenn x v x die Lipschitzbedingung erfüllt, gibt es für jedes x 0 M genau eine Lösung von dem Anfangswertproblem { x t = v x t, 3.5 x 0 = x 0. Dies folgt aus dem Satz von Picard-Lindelöf. Die Lösung t x t; x 0 ist stetig differenzierbar. Die Lösungen von 3.5 nennt man die charakteristischen Kurven für 3.3. Aus der Eindeutigkeit und der Tatsache, dass x t = v x t autonom ist, folgt: Lemma 3. Sei v C R n ; R n. Wenn zwei charakteristische Kurven t x a t und t x b t zu der semilinearen Transportgleichung 3.3 sich schneiden, sind sie identisch : es gibt T R mit x a t = x b t + T für alle t R. Sei t x t; x 0 eine Lösung von 3.5 und schreibe U t = u x t; x 0. Definiere F t, u = f x t; x 0, u. Wenn u 3.3 erfüllt, dann gilt U t = x t; x 0 u x t; x 0 = v x t; x 0 u x t; x 0 = = f x t; x 0, u x t; x 0 = F t, U t. Wenn x, u f x, u die Lipschitz-Bedingung erfüllt, erfüllt t, u F t, u die Lipschitz-Bedingung. Auch hier kann man den Satz von Picard-Lindelöf anwenden um genau eine Lösung zu finden zu { U t = F t, U t, 3.6 U 0 = u 0 x 0. Schreibe für diese Lösung t U t; u 0 x 0. Für die Funktion u, die lösen soll, findet man u x t; x 0 = U t; u 0 x 0. Es ist noch nicht klar, ob u so tatsächlich wohldefiniert ist in einer Umgebung von M. Die Funktion könnte mehrfach oder sogar überhaupt nicht definiert sein. Wir brauchen dafür die folgende Bedingung.

34 8 4. April 0 Kapitel 3, Erster Ordnung: Transportgleichungen Bedingung 3.3 Sei M eine n -dimensionale C -Mannigfaltigkeit in R n und sei v C R n ; R n ein Vektorfeld. Wir schreiben ν x für einen Normalenvektor an M in x M. Man sagt die Transversalitätsbedingung ist erfüllt, wenn v x ν x 0 für alle x M. 3.7 Proposition 3.4 Sei M eine n -dimensionale C -Mannigfaltigkeit in R n und sei v C R n derart, dass die Transversalitätsbedingung 3.7 erfüllt ist. Sei außerdem f C R n R und u 0 C M. Dann gibt es lokal genau eine Lösung x u x von { v x u x = fx, u x, 3.8 u x = u 0 x für x M. Bemerkung 3.4. Die Lösungen lassen sich sogar definieren auf dem ganzen Gebiet, welches von diesen charakteristischen Kurven überdeckt wird. Bei diesen Kurven kann mehreres passieren: sie hauen ab nach ; sie häufen sich in einem Punkt; sie kommen zurück zu der Mannigfaltigkeit und auch Kombinationen sind möglich. Genaueres erfahren Sie in einer Vorlesung Dynamische Systeme. Beweis. Weil M eine n -dimensionale C -Mannigfaltigkeit in R n ist, gibt es in der Nähe von x M ein lokales Koordinatensystem für M Durch die Bedingung in 3.7 gibt Ψ : B 0 R n M R n. y,..., y n, t Ψ y,..., y n + t v Ψ y,..., y n ein lokales Koordinatensystem für R n in der Nähe von x M. Nun betrachten wir Weil y,..., y n, t x t; Ψ y,..., y n. 3.9 y x t; Ψ y,..., y n 0,...,0,0 = y Ψ y,..., y n 0,...,0, t x t; Ψ y,..., y n 0,...,0,0 = v x m, und diese Ableitungen stetig sind, ist auch 3.9 lokal ein wohldefiniertes Koordinatensystem. Anders gesagt, die Funktion u mit u x t; Ψ y := U t; Ψ y ist wohldefiniert. Wegen Lemma 3. und der Transversalitätsbedingung ist u sogar eindeutig definiert auf = { x t; Ψ y ; t [ 0, T Ψy und y M }. Hier ist TΨy 0, ] entweder definiert durch das maximale Existenzinterval oder durch die Bedingung x T Ψy ; Ψ y M. Die Konstruktion zeigt uns, dass die Differentialgleichung erfüllt ist und weil jeder Punkt in einer kleinen Umgebung eindeutig über eine charakteristische Kurve zurück zu führen ist auf ein Anfangswertproblem für eine gewöhnliche Differentialgleichung, ist diese klassische Lösung lokal eindeutig.

35 3. Lineare und semilineare Transportgleichungen 4. April 0 9 Beispiel 3.5 Finde die Lösung von { ux x, y + y u y x, y =, u x, = x +. Die Differentialgleichung kann man schreiben als u x, y =. y Wir suchen erst die charakteristischen Kurven: x t y = t y t und finden x t y t = x0 + t y 0 e t Wählen wir die Konstanten derart, dass für t = 0 genau s, erreicht wird, folgt x t s + t = y t e t Abbildung 3.: Skizzen zu Beispiel 3.5. Links die charakteristischen Kurven und rechts die Lösung. In rot ist die Bedingung ux, = x + dargestellt. Nun setzen wir U t = u x t, y t und suchen die Lösungen von { U t = U 0 = s + nämlich U t = t + s +. Es folgt u s + t, e t = t + s +. Gehen wir zurück zu den Standardkoordinaten folgt Für y 0 ist die Lösung nicht bestimmt. u x, y = x + + ln y für x, y R R +.

36 30 4. April 0 Kapitel 3, Erster Ordnung: Transportgleichungen 3. Quasilineare Transportgleichungen Gemeint sind Differentialgleichungen der Form v x, u u x = f x, u x. Wenn versucht wird, hier diese Methode mit den charakteristischen Kurven anzuwenden, bemerkt man, dass diese Kurven abhängig sind von der Lösung u. Das bedeutet, dass man das Finden dieser Kurven nicht mehr trennen kann von dem Lösen entlang dieser Kurven. Trotzdem gibt es die Möglichkeit beides gleichzeitig zu tun! Man betrachte das folgende System von n + Gleichungen { x t = v xt, U t, U t = f x t, U t. Hat man Anfangswertbedingungen u x = u 0 x für x M eine n -dimensionale Mannigfaltigkeit, bekommt man für jedes x 0 M das folgende Anfangswertproblem: x t = v xt, U t, U t = f x t, U t, x 0 = x 0 und U 0 = u 0 x 0. Wenn v und f differenzierbar sind, kann man den Satz von Picard-Lindelöf anwenden um eine eindeutige Lösung zu finden bei jedem x 0 M. Schreiben wir für die Lösung t x t; x 0, u 0, U t; x 0, u 0 Wenn u x wohldefiniert ist durch u x t; x 0, u 0 := U t; x 0, u 0, das heißt, wenn es genau ein t, x 0 R M gibt mit x = x t; x 0, u 0, dann gilt x t; x 0, u 0 u x t; x 0, u 0 = U t; x 0, u 0 = f x t; x 0, u 0, U t; x 0, u 0, und für solche x = x t; x 0, u 0 folgt v x u x = f x, u x. Auch hier gilt ein ähnliches Ergebnis wie in Proposition 3.4: Proposition 3.6 Sei M eine n -dimensionale C -Mannigfaltigkeit in R n. Sei v C R n+ ; R n, f C R n R und u 0 C M. Wenn v und u 0 derart sind, dass v x, u 0 x ν x 0 für alle x M, 3.0 dann gibt es lokal genau eine Lösung x u x von { v x, u x u x = fx, u x, u x = u 0 x für x M. 3. Beweis. Dieser ist ähnlich wie der für Proposition 3.4.

37 3. Quasilineare Transportgleichungen 4. April 0 3 Beispiel 3.7 Wir betrachten { u x, y ux x, y + u y x, y = 0, u x, 0 = π arctan x. 3. Um dieses System mit dem obigen Ansatz zu lösen, betrachtet man x t = U t mit x 0 = s, y t = mit y0 = 0, U t = 0 mit U0 = π arctan s. Es folgt, wenn wir nach t integrieren und anschließend die Anfangswerte einsetzen, dass und U t = U0 = π arctan s, y t = y0 + t = t, xt = x0 + t 0 Uτdτ = s + t π arctan s, Ut = u xt, yt = u s + t π arctan s, t = π arctan s. 3.3 Wenn wir versuchen die Lösung in x und y darzustellen, dann folgt t = y und s sollen wir lösen aus x = s + y π arctan s. 3.4 Das ist möglich wenn y, denn dann ist die Funktion s s y arctan s monoton. Für y > ist diese Funktion nicht monoton und ist 3.4 nicht eindeutig lösbar in s. y 0 3 u x,y x 0 Abbildung 3.3: Skizzen zu Beispiel 3.7. Links die teilweise sich überschneidenden charakteristischen Kurven und rechts eine Skizze zu den Parametrisierungen s, t xt; s, yt; s, Ut; s. In rot ist die Bedingung ux, 0 = π arctan x dargestellt. Die Mannigfaltigkeit s, t xt; s, yt; s, Ut; s lässt sich nur bedingt als Graphen einer Funktion x, y u x, y darstellen. 3.. Stoßwellen Bei quasilinearen Transportgleichungen gibt es also Probleme, weil charakteristische Kurven abhängen von der Lösung selber. Das bedeutet, dass die Differentialgleichung für die charakteristischen Kurven nicht autonom ist und die Lösungen zu den verschiedenen Anfangswerten sich schneiden können. Bei einer autonomen Differentialgleichung mit

38 3 4. April 0 Kapitel 3, Erster Ordnung: Transportgleichungen Lipschitz-Bedingung ist solches nicht möglich. In diesem Abschnitt werden wir erklären, wie man bei einem solchen Fall vorgeht. Wir werden uns beschränken auf zwei Dimensionen und sogar auf Anfangswertprobleme der Gestalt: { ut + F u x = 0 für t > 0 und x R, 3.5 u x, 0 = u 0 x für x R. Kommen wir zurück auf Beispiel 3.7. Die Differentialgleichung u u x + u y = 0 nennt man die unviskose Burgersgleichung. Üblicherweise wird sie geschrieben als u t + u = 0, 3.6 x wobei t die Zeit- und x die Raumvariable ist. Sie wird als ein einfaches Modell für eine eindimensionale Strömung gesehen wie zum Beispiel für die Verkehrsdichte im Straßenverkehr. Im letzten Beispiel haben wir gesehen, dass sich dieses Modell an bestimmten Stellen nicht mehr eindeutig fortsetzen lässt. Man hat nun zwei Möglichkeiten: Entweder verwirft man dieses Modell als nicht tauglich oder man erweitert den Lösungsbegriff, das heißt, man lässt allgemeinere Lösungstypen zu. Eine erste Möglichkeit, die man für 3.5 in Betracht zieht, ist wenn man statt 3.6 die viskose Burgersgleichung betrachtet: u t + u = εu x xx, 3.7 mit 0 < ε. Diese Gleichung ist zweiter Ordnung und passt nicht in dieses Kapitel. Eine zweite Möglichkeit wäre zum Beispiel distributionelle Lösungen zu betrachten. Wir passen die Definition von distributionelle Lösung an für beschränkte Funktionen und nehmen zusätzlich die Anfangswertbedingung mit herein: Definition 3.8 Wir nennen u L R R + eine Integrallösung von 3.5, wenn u ϕ t + F u ϕ x dxdt + u 0 x ϕ x, 0 dx = 0 für alle ϕ Cc R [0,. R + R R 3.8 Dieses Integral ist so gewählt, dass die Integralgleichung für klassische Lösungen erfüllt ist. Denn für u C R [0, und ϕ Cc R [0, gilt mit partieller Integration nach t beziehungsweise nach x, dass u ϕ t dxdt = u 0 x ϕ x, 0 dx u t ϕ dxdt, R + R R R + R F u ϕ x dxdt = F u x ϕdxdt, R + R R + R und 3.5 liefert 3.8. Und umgekehrt, wenn u C R [0, ist und 3.8 erfüllt, dann folgt sowohl die Differentialgleichung im klassischen Sinne als auch die Anfangswertbedingung. Die Frage ist nun, ob diese Definition auch reicht, um eine Lösung auszuwählen die fast überall eindeutig definiert ist. Oder, anders gesagt, welche characteristischen Kurven sollen wir in dem mehrfach belegten Gebiet folgen? Eine vernünftige Lösung scheint zu sein, dass wir annehmen, dass es eine trennende Kurve gibt. An dieser trennenden Kurve wird die Lösung einen Sprung haben. Johannes Martinus Burgers , Technische Hogeschool Delft, 940.

39 3. Quasilineare Transportgleichungen 4. April Abbildung 3.4: Welche Unstetigkeitskurve ist die richtige? Nennen wir das Gebiet links von der Stoßwelle l und rechts r. Die Trennkurve nennen wir S und wir nehmen an, dass sie C ist. Links und rechts haben wir klassische Lösungen u l und u r. Es folgt 0 = u ϕ t + F u ϕ x dxdt = R + R = u l ϕ t + F u l ϕ x dxdt + u r ϕ t + F u r ϕ x dxdt l r F ul F ur = ϕ ν S u l dσ + ϕ ν l S u r dσ r F ul F u = ϕ r ν u l u l dσ. r Weil dies für alle Testfunktionen ϕ gilt, folgt F ul F u r u l u r S ν l = 0. Wir kennen so die Richtung von S. Eine Parametrisierung von S findet man durch F γ ul γτ F u τ = r γτ mit γ 0 = S u l γτ u r γτ 0, 3.9 wenn S 0 der Anfang der Unstetigkeitskurve ist. Statt 3.9 kann man auch wie folgt parametrisieren x τ F ul γτ F u r γτ t = u l γτ u r γτ x 0 mit = S τ t und man findet die Kurve xt, t durch x t = F u l xt, t F u r xt, t. u l xt, t u r xt, t Die Geschwindigkeit der Unstetigkeit an der Stelle S = x t ist v S = x t. Anders gesagt, es gilt: Bedingung 3.9 Die Rankine-Hugoniot-Bedingung 3 u l u r v S = F u l F u r. 3.

40 34 4. April 0 Kapitel 3, Erster Ordnung: Transportgleichungen 3 0 y u x,y x 3 4 Abbildung 3.5: Die Unstetigkeitskurve, die die Rankine-Hugoniot-Bedingung erfüllt. Vergleichen Sie mit Abbildung 3.3 Diese Bedingung soll wie folgt gelesen werden. Das Teilgebiet, in dem die Unstetigkeitskurve liegen sollte, also das Gebiet in dem mehrere charakteristische Kurven aufeinander treffen, wird sowohl durch charakteristische Kurven von rechts als auch durch charakterische Kurven von links beschrieben und sogar auch noch durch charakteristische Kurven dazwischen. Man definiert in diesem Teilgebiet u l durch die charakterischen Kurven von links und u r durch die charakteristischen Kurven von rechts. Auf dem Teilgebiet ist nun sowohl u l als u r definiert und so auch die Bedingung in 3.. Beispiel 3.0 Wir kommen zurück auf Beispiel 3.7. Welche Unstetigkeitskurve erfüllt die Rankine-Hugoniot-Bedingung? Für das Randwertproblem 3. gilt F u = u und folgt v S = u l u r u l u r = u l + u r. Wir können zeigen, dass die Unstetigkeitskurve durch x t, t mit x t = πt parametrisiert wird. Denn an der Stelle πt, t mit t > treffen sich die linke und die rechte charakteristische Kurve für s r = s l = µ t, wobei µ t die positive Lösung von µ = t arctan µ sei. Es gilt, dass x t = u l + u r = π arctan s l + arctan s r = π. Die passenden Bilder stehen in Abbildung 3.5. Die Kurve {x t, t ; t } ist eine Stoßwelle. Pierre-Henri Hugoniot , Französischer Mathematiker und Artillerieoffizier. 3 William John Macquorn Rankine 80 87, Schottischer Physiker, Bauingenieur und Dichter: The Three Foot Rule When I was bound apprentice and learnt to use my hands Folk never talked of measures that came from foreign lands Now I m a British Workman, too old to go to school So whether the chisel or file I hold, I ll stick to my three-foot rule. Some talk of millimetres and some of kilograms And some of decilitres to measure beer and drams But I m a British Workman, too old to go to school So by pounds I ll eat, and by quarts I ll drink, and I ll work by my three-foot rule. A party of astronomers went measuring the Earth And 40 million metres they took to be its girth Five hundred million inches though, go through from pole to pole So let s stick to inches, feet and yards and the good old three-foot rule. The great Egyptian pyramid s a thousand yards about And when the masons finished it they raised a joyful shout The chap that planned that building, I m bound he was no fool And now tis proved beyond a doubt he used a three-foot rule. Here s health to every learned man that goes by common sense And would not plague the workman by any vain pretence But as for those philanthropists who d send us back to school Oh! bless their eyes, if ever they tries to put down the three-foot rule. J. M. RANKINE

41 3. Quasilineare Transportgleichungen 4. April Verdünnungswellen Lösungen, wie sie in Definition 3.8 definiert sind, erlauben es, Anfangswerte u 0 in L R zu nehmen. Betrachten wir das Problem { u x, t ux x, t + u t x, t = 0, 3. u x, 0 = u 0 x. mit u 0 x = { 0 für x < 0, für x 0. Die Lösung mit Hilfe der charakteristischen Kurven findet man durch x t = U t mit x 0 = s, T t = mit T 0 = 0, U t = 0 mit U0 = u 0 s, nämlich U t = u 0 s, xt = s + t u 0 s, T t = t. 3.3 Für s < 0 finden wir xt = s und so folgt ux, t = 0 für x < 0 und t 0. Für s 0 gilt xt = s + t, und es folgt ux, t = für x t 0. Also { 0 für x < 0 und t 0 u x, t = für x t und t 0 Diese Methode gibt uns aber keine Lösung auf der Menge {x, t ; t > 0 und x [0, t}. Mathematisch gibt es viele Möglichkeiten, dieses Dreieck zu füllen. Wir geben mal drei an: { 0 für x < t und t 0, u x, t = 3.4 für x t und t 0, { 0 für x < t und t 0, u x, t = für x t und t 0, für x 0 und t 0, 3 u x, t = x/t für x 0, t und t für x t und t 0. Keine dieser drei Funktionen ist eine klassische Lösung. Die erste hat ein Problem auf der Geraden x = t; die zweite auf x = t; die dritte sowohl auf x = 0 als auch auf x = t. Die Funktionen in und 3 sind beide Integrallösungen. Welche würde physikalisch passen? In der Physik gibt es die sogenannte Entropie-Bedingung. Grob kann man diese Bedingung wie folgt beschreiben: Man meide Unstetigkeitskurven, wenn sie nicht notwendig sind. Wenn die Geschwindigkeit x t einer charakteristischen Kurve xt, t rechts von einer Unstetigkeit größer wäre als die Geschwindigkeit einer charakteristischen Kurve links von dieser Unstetigkeit bräuchte man keine Unstetigkeit, sondern hätte es durch eine Funktion, wie in 3.6, lösen können. Wenn für u t + F u x = 0 die Funktion F u x eine Unstetigkeit in S hat, sagt man:

42 36 4. April 0 Kapitel 3, Erster Ordnung: Transportgleichungen 3 Abbildung 3.6: Wie füllt man das leere Dreieck? Abbildung 3.7: Einige Möglichkeiten: die in der Mitte und rechts wären mathematisch vertretbar; physikalisch sinnvoll ist wegen der Entropie-Bedingung nur die rechte Lösung. Bedingung 3. Die Entropie-Bedingung ist erfüllt für eine Lösung von 3.5, wenn an einer Unstetigkeitsstelle S gilt F u l > F u r. 3.7 Wenn S = {σt, t ; t t, t }, dann ist mit 3.7 gemeint, dass F lim x σt u x, t > F lim x σt u x, t für alle t t, t. Die Geschwindigkeit der charakteristischen Kurve an der Stelle x, t ist übrigens F u x, t, denn wenn x τ, t τ eine charakteristische Kurve ist, gilt x τ F t = u x τ, t τ τ und es folgt t = τ und x τ = F u x τ, τ. Für eine streng konvexe Funktion F ist F eine streng wachsende Funktion und bedeutet 3.7 u l > u r. Man sieht nun auch sofort, dass diese Entropie-Bedingung für einen Unterschied sorgt bezüglich der Zeit -Richtung. Bei charakteristischen Kurven war es nicht wesentlich in welche Richtung man entlang geht; die Rankine-Hugoniot und die Entropie-Bedingung sind richtungsabhängig. Definition 3. u is eine physikalische relevante Lösung von 3.5, wenn u konstant ist entlang charakteristischen Kurven mit Ausnahme von Unstetigkeitskurven S, und

43 3. Quasilineare Transportgleichungen 4. April 0 37 wenn es eine Unstetigkeitskurve S gibt, ist da die Rankine-Hugoniot Bedingung und die Entropie-Bedingung erfüllt. Bemerkung 3.. Diese Bedingungen liefern das folgende: Wenn die anfänglichen charakteristischen Kurven, ein Teilgebiet eindeutig beschreiben, ist die Lösung konstant entlang jeder dieser Kurven. Wenn ein Teilgebiet mehrfach durch charakteristischen Kurven beschrieben wird, ist dieses Teilgebiet derart aufgeteilt, dass bei der Grenzkurve die Rankine-Hugoniot- Bedingung und die Entropie-Bedingung erfüllt sind. Das heißt, die Grenzkurve wird bestimmt von 3. und man darf bei dieser Kurve nur eine Unstetigkeit in der von 3.7 festgelegter Richtung haben. Unstetigkeitskurven, die diese Bedingungen erfüllen, nennt man Stoßwellen 4 Wenn ein Teilgebiet nicht durch die anfänglichen charakteristischen Kurven beschrieben wird, sind da neue charakterischen Kurven zu definieren. Die Entropie- Bedingung erlaubt nur Unstetigkeiten in eine Richtung und verhindert so das Entstehen von Unstetigkeitskurven am unteren Rand dieses Teilgebiets. Das bedeutet, dass man an der Stelle, wo dieses Gebiet sich auftut, nur eine stetige Verdünnungswelle 5 als Lösung zulassen kann. Bemerkung 3.. Man kann zeigen, dass die Rankine-Hugoniot-Bedingung und die Entropie-Bedingung derartig sind, dass die die Lösungen von 3.5 in der Abhängigkeit vom Anfangswert robust sind. Die genaue Beschreibung in welchem Sinne geben wir hier nicht. Die physikalische relevante Lösung zu hat eine Verdünnungswelle. Diese Lösung ist die dritte Möglichkeit 3.6. Eine Skizze findet man in Abbildung Abbildung 3.8: Eine physikalisch relevante Lösung zu Shock wave. 5 Als Überseztung von rarefaction wave.

44 38 4. April 0 Kapitel 3, Erster Ordnung: Transportgleichungen

45 Partielle Differentialgleichungen Kapitel 4 Klassifizierung zweiter Ordnung 4. Die einfachsten Fälle als Begründung Wir betrachten in diesem Abschnitt partielle Differentialgleichungen zweiter Ordnung in zwei Dimensionen und mit konstanten Koeffizienten. Das heißt, diese Differentialgleichungen sind wie folgt: au xx + bu xy + cu yy + du x + eu y + fu = ϕ, 4. mit a, b, c, d, e, f R. Eine solche Differentialgleichung ist rein zweiter Ordnung, wenn d = e = f = 0: au xx + bu xy + cu yy = ϕ 4. Wenn wir x durch ξ und y durch η in den zugehörigen Differentialoperator ersetzen, finden wir das Symbol der Differentialgleichung. Für 4. beziehungsweise 4. wird dieses Symbol L ξ, η = aξ + bξη + cη + dξ + eη + f, L 0 ξ, η = aξ + bξη + cη. Die Gleichungen 4.,4. kann man schreiben als L x, y u = ϕ, L 0 x, y u = ϕ. Wenn a 0 gilt, kann man ohne Verlust der Allgemeinheit a = setzen in 4.. Auf den Fall, dass a = 0, kommen wir noch zurück. Für a = versuchen wir das Symbol in Lineartermen zu zerlegen: L ξ, η = ξ τ η + σ ξ τ η + σ, L 0 ξ, η = ξ τ η ξ τ η. Die Idee, die dahinter steckt, ist, dass man dann vielleicht die Differentialgleichung als zwei Gleichungen erster Ordnung lösen kann: L 0 x, y u = x τ y x τ y u. 39

46 40 4. April 0 Kapitel 4, Klassifizierung zweiter Ordnung Wenn es eine solche Zerlegung gibt, dann sind τ,τ die Lösungen der algebraischen Gleichung τ + bτ + c = Es gibt grundsätzlich drei Möglichkeiten: I. wenn b > c folgt τ τ R. II. wenn b = c folgt τ = τ R. III. wenn b < c folgt τ, τ C \ R und τ = τ. Dies sieht man sofort, indem man 4.3 löst: τ, = b ± b c oder τ, = b ± i c b. Wir werden nun diese drei Fälle detaillierter anschauen. zu I. Wenn τ τ R folgt ξ τ η ξ τ η = ξ + bξη + cη. Man kann 4. mit a = umschreiben als { x τ y v = ϕ, x τ y u = v, 4.4 ein System erster Ordnung. Dieses System kann man in zwei Schritten als zwei Transportgleichungen lösen. Wenn τ τ kann man für 4. σ, σ R finden derart, dass ξ τ η + σ ξ τ η + σ = ξ + bξη + cη + dξ + eη + σ σ. Dann kann man 4. mit a = umschreiben als x τ y 0 0 x τ y u v + σ 0 f σ σ σ u v = 0 ϕ. 4.5 Dieses System lässt sich nicht mehr lösen als zwei aufeinanderfolgende Transportgleichungen aber man kann es trotzdem mit ähnlichen Methoden angehen. Wir kommen nun zurück auf a = 0. Für a = 0 und b 0 gilt ähnliches wie soeben beschrieben, denn es gilt 0ξ + bξη + cη = bξ + cη η. Man kommt wie vorher beschrieben weiter, wenn man nun die Rollen von x und y vertauscht. Wenn a = b = 0 und c 0 ist man in der nächsten Kategorie. Man kann L 0 ξ, η in ein Produkt von Lineartermen ξ τ η ξ τ η zerlegen, wenn L 0 ξ, η = 0 für ξ = τ i η. Also findet man diese τ i als Nullstellen von τ L 0 τη, η = τ + bτ + c η.

47 4. Standardbeispiele zu diesen Fällen 4. April 0 4 zu II. Wenn τ = τ funktioniert diese Aufspaltung nicht unbedingt. Für 4. findet man x τ y u = ϕ und dies ist eine gewöhnliche Differentialgleichung. Für 4. findet man x τ y + σ u + λ x µ y + ρ u = ϕ. Wenn µ λτ gilt, kann man diese letzte Differentialgleichung nicht als System erster Ordnung schreiben. Ein typisches Beispiel einer solchen Differentialgleichung ist u xx u y = ϕ. zu III. Wenn die Wurzeln von 4.3 nicht reell sind, scheint es zuerst hoffnungslos diese Differentialgleichung zu spalten, denn wie soll man mit komplexen Termen umgehen? Ein typisches Beispiel ist u xx + u yy = Das zugehörige Symbol ist L ξ, η = ξ +η = ξ iη ξ + iη. Lässt man komplexe Zahlen zu, dann kann man 4.6 mit ϕ = 0 auch schreiben als und man findet die folgenden Lösungen x i y x + i y u = 0 u x, y = u x + iy + u x iy, 4.7 wobei u und u beliebige differenzierbare Funktionen sind. Für komplexe Funktionen macht dies Sinn. 4. Standardbeispiele zu diesen Fällen Wir werden einige typische Gleichungen zu diesen unterschiedlichen Fällen betrachten. 4.. Der Differentialoperator L = x y Betrachten wir u xx u yy = f. Diese Gleichung kann man auch schreiben als x + y x y u = f 4.8 und man könnte sie lösen, indem man nacheinander den charakteristischen Kurven in Richtung, und in Richtung, folgt. In dem neuen Koordinatensystem x = s + t und y = s t Eine Funktion, die 4.6 erfüllt, nennt man harmonisch. In einer Vorlesung Funktionentheorie lernt man, dass der Realteil einer analytischen Funktion harmonisch ist. Das gleiche gilt für den Realteil einer anti-analytischen Funktion. Eine Funktion f ist analytisch auf C = {x + iy C; x, y }, wenn f komplex differenzierbar ist auf C. Eine Funktion f ist anti-analytisch, wenn f complex differenzierbar ist. Man findet auch so Lösungen wie in 4.7, nämlich durch u x, y = Re f x + iy + Re g x iy, wobei f und g komplex differenzierbare Funktionen sind.

48 4 4. April 0 Kapitel 4, Klassifizierung zweiter Ordnung wird dies etwas leichter. Setzen wir U s, t = u s + t, s t und F s, t = fs + t, s t, so ändert sich die Differentialgleichung 4.8 über in x + y x y U, x y = 4 U ss + U st + U 4 tt U 4 ss U st + U 4 tt s t U = F. 4.9 Welche Art von Randwertbedingungen würde eindeutig eine Lösung bestimmen? Betrachten wir den Fall = B 0. Für 4.9 finden wir und als nächstes U s, t = U s, ϕs + t U s, t = t U ψt, t + t ϕs s t U ψτ, τ dτ + ψt t F σ, t dσ 4.0 ϕs s ψτ F σ, τ dσdτ. 4. Hier beschreibt t = ϕs einen Randteil für t als Funktion von s und s = ψt beschreibt einen Randteil für s als Funktion von t. Um die Integrale in 4. durch eine Bedingung am Rande festzulegen, hat man die Möglichkeit rechts unten und links oben ; ähnlich für 4.0 wird es links unten oder rechts oben. Betrachten wir den Fall unten, dann hat man ϕ s = s und ψ t = t. Für ein Paar x, y werden die Integralkurven in Abbildung 4. skizziert. Schreiben wir Γ [α,β] = {cos ϕ, sin ϕ ; α ϕ β}. x,y t s Abbildung 4.: Links: Für x, y braucht man u t auf dem roten Randteil und u im grünen Randpunkt. Rechts: Um u auf der ganzen Kreisscheibe festzulegen, braucht man u t auf dem roten Randteil und u auf dem grünen Randteil. Wenn man u auf der ganzen Kreisscheibe festlegen will, braucht man t U auf Γ [ 3 4 π, 7 4 π] und U auf Γ [ 3 4 π, 4 π].

49 4. Standardbeispiele zu diesen Fällen 4. April 0 43 Aus Symmetriegründen, man vertausche s und t, passt auch U auf Γ [ 3 4 π, 7 4 π] und su auf Γ [ 3 4 π, 4 π]. Auf einem Rand, auf dem U und v U bekannt sind und wobei v eine nicht-tangentiale Richtung hat, und wenn U C gilt, kennt man alle Richtungsableitungen. So kann man sich sogar überzeugen, dass auch folgendes passt: U auf Γ [ 3 4 π, 9 4 π] und νu auf Γ [ 5 4 π, 7 4 π]. Wenn man sich dieses Beispiel genau anschaut, kann man folgendes Ergebnis bekommen. Proposition 4. Sei ein Gebiet in R mit C. Man setzt Γ R = {x ; es gibt zwei aufwärts gerichtete charakteristische Kurven in x}, Γ G = {x ; es gibt nur eine aufwärts gerichtete charakteristische Kurve in x}. Wenn die Randwerte es erlauben stetig sind und mögliche Kompatibilitätsbedingungen erfüllen kann man mit Hilfe der charakteristische Kurven, eine distributionelle Lösung in C von u tt u xx = f in, u = u 0 auf Γ R Γ G, ν u = v 0 auf Γ R, konstruieren. Wenn die Randwerte zweimal differenzierbar sind und mögliche zusätzliche Kompatibilitätsbedingungen erfüllen, ist diese Funktion u sogar in C. Bemerkung 4.. Kompatibilitätsbedingungen müssen erfüllt sein, wenn Γ R oder Γ G nicht zusammenhängend sind oder tangential an charakteristischen Kurven verlaufen. Abbildung 4.: Auf dem roten Rand Γ R gibt man u und ν u an, auf dem grünen Γ G nur u und auf dem blauen nichts, und man hat höchstens eine Lösung. Beweis. Die Konstruktion einer Lösung entlang charakteristischen Kurven liefert die Existenz einer schwachen Lösung. Ist diese Lösung eindeutig? Ja, ein direkter Beweis ist sehr geometrisch. Er geht zurück auf U st = F. Man sucht eine Zick-Zack-Kurve, entlang welcher s konstant oder t konstant ist und die auf dem roten Rand anfängt. Und wieso liegt die Lösung in C, wenn die Randwerte es erlauben? Erstens soll u 0 und v 0 genügend glatt sein. Zweitens, wie man in Abbildung 4. sehen kann, ist Γ R und auch Γ G nicht unbedingt zusammenhängend. Um eine C -Lösung zu finden, soll jeder Sprung von einer Komponente Γ R Γ G zu Γ R und Γ G kompatibel sein.

50 44 4. April 0 Kapitel 4, Klassifizierung zweiter Ordnung 4.. Der Differentialoperator L = x + y Statt x, y R werden wir wechseln zu x, x R. Betrachten wir also die partielle Differentialgleichung u x x + u x x = f. Wie nehmen auch ein spezielles Gebiet, nämlich die Einheitskugel B 0. Das heißt, wir betrachten u = f auf B 0. Wir betrachten eine besondere Funktion auf B 0 B 0: G x, y = log 4π x y y log x y. 4. y Weil x y y y = x y, x y x y, = y x x, y + y y + y y, y = y sieht man, dass G x, y = G y, x. Außerdem findet man, dass G unendlich oft differenzierbar ist sowohl in x als auch in y, wenn x { y, y/ y }. Auf B 0 B 0 trifft dies zu, wenn x y. Dann gilt Weil = x x log x y = x x log x y = x y x y = 4 x y x y x y x y 4 = 0. log x y y y = log x z + log y mit z = y/ y ist auch diese Funktion harmonisch. Es folgt, dass x G x, y harmonisch ist außerhalb von y. Weiter gilt G x, y = 0 für y =. Sei u eine Lösung von u = f CB 0. Dann gilt = B 0 = lim ε 0 B 0\B εx B 0 Für y B ε x gilt und G x, y u y dy = lim G x, y u y dy ε 0 B 0\B εx G x, y ν u y νy G x, y u y dσ y + + B 0\B εx G x, y u y dy νy G x, y u y dσ y lim G x, y ν u y νy G x, y u y ε 0 B dσ y. εx G x, y = O log ε νy G x, y = x y π x y ν y + O = πε + O.

51 4. Standardbeispiele zu diesen Fällen 4. April 0 45 Es folgt für ε 0, dass G x, y ν u y dσ y = πεo log ε 0, B εx B εx ν G x, y u y dσ y = πε Zusammen wird es: u x = B 0 νy G x, y u y dσ y πε + O u x + O ε u x. B 0 G x, y u y dy. 4.3 Diese Formel liefert uns eine Eigenschaft einer Lösung zu { u = f in B 0, u = u 0 auf B Wir fassen dieses Ergebnis zusammen in: Proposition 4. Sei f CB 0 und u 0 C B 0. Wenn u C B 0 eine Lösung ist von 4.4 und G die Funktion ist in 4., dann gilt 4.3. Die interessante Frage wäre, ob man, wenn u 0 und f gegeben sind, eine Lösung u von 4.4 mit Hilfe von u x = νy G x, y u 0 y dσ y G x, y f y dy. 4.5 B 0 finden würde. Das ist tatsächlich so, aber braucht noch einen Beweis. Eine zweite interessante Frage ist, ob es die einzige Lösung zu 4.4 ist. Diese Frage lässt sich sofort beantworten: B 0 Proposition 4.3 Es gibt höchstens eine Lösung u C B 0 zu 4.4. Beweis. Wenn es zwei Lösungen geben würde, nennen wir sie u und u, dann ist w = u u eine harmonische Funktion und es gilt w = 0 auf B 0. Wegen Korollar.6 hat w kein Extremum innerhalb von B 0. Es folgt, dass w 0 auf B 0. Ähnliches gilt für w. Dann gilt also w = 0 auf B 0 und u und u wären identisch. Bemerkung 4.3. Diesen letzten Beweis kann man verwenden für beliebige Gebiete Der Differentialoperator L = x y Diese Gleichung erscheint bei der Wärmeleitung. Weil y die Zeit darstellt, werden wir t statt y benutzen. Ein einfaches, physikalisches Problem wäre die Temperaturverteilung in einem Stab. Wir nehmen an, dieser Stab ist isoliert, außer an den beiden Enden. Die Anfangstemperatur nehmen wir 0 und die Enden halten wir auf 0. Das Problem wird: t x u = 0 in 0, l 0, T, u x, 0 = 0 auf 0, l, u0, t = ul, t = 0 auf 0, T.

52 46 4. April 0 Kapitel 4, Klassifizierung zweiter Ordnung Wenn man u x, 0 = sin kπ l x statt 0 hätte, findet man als Lösung u x, t = e kπ l t sin kπ l x. Man kontrolliert direkt, dass sowohl die Differentialgleichung als auch die Rand- und Anfangsbedingungen erfüllt sind. Hat man u x, 0 = 38 k= c k sin kπ x folgt, weil die l Differentialgleichung linear ist, als Lösung Als nächstes wenden wir an, dass = k=0 und versuchen für die Lösung u x, t = 0 38 u x, t = c k e kπ l t sin kπ x. l k= 4 k + π k + π sin x l k=0 für 0 < x < l 4 k+π e l t k + π sin x. 4.6 k + π l Konvergiert diese Reihe? Erfüllt sie die Differentialgleichung? Erfüllt sie die Rand- und Anfangsbedingungen? Die Antworter lauten: ja, ja und fast überall. Abbildung 4.3: Eine Skizze der Funktion in 4.6 Das Bild in Abbildung 4.3 gibt uns Hoffnung, dass man tatsächlich mit einer konvergenter Reihe zu tun hat. Schauen wir uns auch noch die Approximationen für ein kleines t mit endlich vielen Termen an in Abbildung 4.4. Schreibt man 4 k+ u x, t = 0 e l π t k + π sin x, 4.7 k + π l k=0 dann folgt e l π t < für t > 0 und man zeigt, dass die Reihe in 4.7 absolut konvergent ist. Innerhalb des Konvergenzradius ist das Ableiten nach z := e l π t wohldefiniert und mit Hilfe der Kettenregel existiert auch die Ableitung nach t. Ähnliches gilt für höhere

53 4. Standardbeispiele zu diesen Fällen 4. April Abbildung 4.4: Skizzen der Funktionen x 0 n 5 t 0= 0, 0 und n {, 0 3, 6, 5, 5} Ableitungen und Ableitungen nach x. Weil man so den Limes in den Ableitungen und den l 5 5 Limes in der Summe vertauschen kann für t > 0, folgt aus l t x e k+π l t sin k+π 4 e k+π 5 k=0 0 5 k l + π l x = 0, l t sin k+π dass die Differentialgleichung erfüllt ist für t > 0. Diese absolute Konvergenz liefert auch u 0, t = 0 = u l, t für t > 0. Die Stetigkeit von u bei t = 0 ist nur erfüllt für x 0, l. Um dies zu zeigen verwendet man eine Version vom Konvergenztest von Abel: Lemma 4.4 Abel Sei {a n } n N n=0 a nr n für r [0, ] und es gilt lim r l l x für C. Wenn n=0 a n konvergiert, dann konvergiert a n r n = n=0 a n. Beweis. Wenn n=0 a n konvergiert, hat n=0 a nz n einen Konvergenzradius R und konvergiert n=0 a nr n für r <. Wenn n=0 a n konvergiert, gibt es zu jedem ε > 0 einen N ε N derart, dass n=n a n < ε für alle N > N ε. Dann folgt für m > N > N ε, dass m a n a n a n < ε. 4.8 n=n n=n n=m+ Außerdem gilt für m > N, dass a n r n = a n r m + a m n k=n r k+ r k und m m m m a n r n = a n r m + a n r k+ r k Es folgt n=n m a n r n n=n = n=n n=n m m a n r m + n=n n=0 k=n n=n k=n k a n r k+ r k. m m a n r m k + a n r k+ r k n=n k=n n=n m m a n r m k + a n r k+ r k n=n ε r m + m k=n k=n n=n ε r k+ r k = ε r N ε l

54 48 4. April 0 Kapitel 4, Klassifizierung zweiter Ordnung und ähnlich wie in 4.8 hat man a n r n 4ε. 4.9 n=n Die Konvergenz von n=n a nr n ist also gleichmäßig bezüglich r [0, ]. Betrachte das Polynom pr = N ε n=0 a nr n. Nehme δ > 0 derartig, dass r < δ impliziert p pr < ε, 4.0 so folgt aus 4.8, 4.9 und 4.0, dass a n a n r n < 7ε. Das Lemma ist bewiesen. n=0 n= Der Differentialoperator L = x + y Wenn wir versuchen auf ähnliche Art das folgende Problem zu lösen t + x u = 0 in 0, l 0, T, u x, 0 = 0 auf 0, l, u0, t = ul, t = 0 auf 0, T, erhält man die Formel u x, t = 0 4 k + π k+π e l t k + π sin x. 4. l k= Auch hier müssen wir uns fragen, ob diese Reihe konvergiert? l l l l l Abbildung 4.5: Hier stehen Bilder zu den Approximationen für t = 0, 0 und n {, 3, 6, 5, 5} aus 4.. Man vergleiche mit den Bilder in Fig In Abbildung 4.4 stehen Skizzen zu den ersten Termen aus 4.6 und in Abbildung 4.5 ähnliche aus 4.: u n x, t = 0 n k=0 4 k+π e l t k + π sin x k + π l 4. Es hat den Anschein, dass die Formel aus 4. nicht konvergiert für t =.0. Kann man sich mit analytischen Mitteln überzeugen?

55 4.3 Partielle Differentialgleichungen zweiter Ordnung 4. April Welche Randbedingungen passen? Wir haben keineswegs jetzt schon den kompletten Beweis gegeben, welche Randbedingungen zu einem wohl-definierten Randwertproblem im Sinne von Hadamard führen werden. Die Vermutungen kann man jedoch schon mal bildlich darstellen. Abbildung 4.6: Ein roter Strich bedeutet, dass man einen Randwert vorschreibt. Bei zwei Strichen braucht es einen zweiten unabhängigen Randwert. Es gibt wohl-definierte und nicht-wohl-definierte Probleme im Sinne von Hadamard. 4.3 Partielle Differentialgleichungen zweiter Ordnung 4.3. In zwei Dimensionen Die allgemeine Form einer partiellen Differentialgleichung zweiter Ordnung sahen wir schon in 4.: au xx + bu xy + cu yy + du x + eu y + fu = ϕ, 4.3

56 50 4. April 0 Kapitel 4, Klassifizierung zweiter Ordnung mit a, b, c 0, 0, 0. Das Symbol ist L ξ, η = aξ + bξη + cη + dξ + eη + f. 4.4 Definition 4.5 Sei das Symbol wie in 4.4. Dann heißt 4.3 elliptisch, wenn es λ R gibt derart, dass L ξ, η = λ die Gleichung einer Ellipse darstellt; hyperbolisch, wenn es λ R gibt derart, dass L ξ, η = λ die Gleichung einer Hyperbel darstellt; parabolisch, wenn es λ R gibt derart, dass L ξ, η = λ die Gleichung einer Parabel darstellt. Bemerkung 4.5. Wenn a,..., e von x und y abhängt, dann kann es sein, dass der Typ verschieden ist an verschiedenen Stellen. Hyperbolisch und elliptisch wird bestimmt durch a, b, c. Lemma 4.6 Sei λ R. i. Wenn L ξ, η = λ eine Ellipse darstellt, dann gilt b < ac. ii. Wenn b < ac gilt, dann beschreibt L ξ, η = λ mit ξ, η R entweder eine Ellipse oder einen Punkt oder die leere Menge. i. Wenn L ξ, η = λ eine Hyperbel darstellt, dann gilt b > ac. ii. Wenn b > ac gilt, dann beschreibt L ξ, η = λ mit ξ, η R entweder eine doppelte Hyperbel oder zwei sich schneidenden Geraden. i. Wenn L ξ, η = λ eine Parabel darstellt, dann gilt b = ac und 3 { } d a b Span,. 4.5 e b c ii. Wenn b = ac und 4.5 gilt, beschreibt L ξ, η = λ eine Parabel. Für konstante Koeffizienten kann man 4.3 auch schreiben als a b d + + f u = ϕ. b c e a b Lemma 4.7 Seien µ, µ die Eigenwerte von. b c µ µ > ist elliptisch. µ µ < ist hyperbolisch. µ µ = 0 und 4.5 gilt 4.3 ist parabolisch. Beispiel 4.8 Die Tricomi-Gleichung u xx + xu yy = 0 ist elliptisch für x > 0 und hyperbolisch für x < 0. Beispiel 4.9 Die Differentialgleichung u xx + u xy + u yy + u x + u y = ϕ gehört nicht zu einem dieser drei Typen, denn 4.5 ist nicht erfüllt. Mit der Koordinatentransformation s = x + y und t = x y wird die Differentialgleichung 4u ss + u s = ϕ und die ist eine gewöhnliche Differentialgleichung. { 3 Span ϕ, ψ } { } = c ϕ + c ψ; c, c R.

57 4.3 Partielle Differentialgleichungen zweiter Ordnung 4. April In höheren Dimensionen Eine partielle Differentialgleichung zweiter Ordnung in n Dimensionen kann man wie folgt schreiben: M + v + c u = f, 4.6 mit M eine symmetrische und reelle n n Matrix, v R n und c R und f eine vorgeschriebene Funktion. Definition 4.0 Man nennt die partielle Differentialgleichung in 4.6 elliptisch, wenn alle Eigenwerte von M entweder alle positiv oder alle negativ sind; hyperbolisch, wenn n unabhängige Eigenvektoren von M Eigenwerte mit dem gleichen Vorzeichen haben und der letzte Eigenvektor einen Eigenwert mit dem entgegengesetzten Vorzeichen hat; parabolisch, wenn n unabhängige Eigenvektoren von M Eigenwerte mit dem gleichen Vorzeichen haben, der letzte Eigenwert 0 ist und v Spaltenraum M. Bemerkung 4.0. Man erinnere sich aus der Vorlesung Lineare Algebra, dass eine symmetrische und reelle n n Matrix M eine Basis aus Eigenvektoren besitzt. Man sollte sich auch erinnern, dass für eine n n Matrix die Determinante dem Produkt der Eigenwerte mit algebraischer Multiplizität gleicht: det M = n λ i M. Es gilt übrigens auch, dass n i= M ii =: spur M = n i= λ i M. Bemerkung 4.0. Lemma 4.7 zeigt, dass diese Klassifizierung auch gilt für Differentialgleichungen zweiter Ordnung in zwei Dimensionen. Bemerkung Diese Aufteilung umfasst nicht alle Möglichkeiten. Die wichtigsten partiellen Differentialgleichungen zweiter Ordnung aus physikalischen Modellen sind aber erfasst. Wenn die Differentialgleichung Koeffizienten hat, die nicht konstant sind, kann die Klassifizierung ortsabhängig sein. Dann wird klassifiziert, indem man den Parameter einfriert. Das heißt, man nennt eine semilineare Differentialgleichung n n a ij x xi xj u x + b j x xj u x = f x, u 4.7 i,j= elliptisch beziehungsweise parabolisch, hyperbolisch an der Stelle x 0, wenn L := i= j= n a ij x 0 xi xj + i,j= n b j x 0 xj elliptisch beziehungsweise parabolisch, hyperbolisch ist. Bei einer quasilinearen Differentialgleichung n a ij x, ux, ux xi xj u x = f x, ux, ux 4.8 i,j= j=

58 5 4. April 0 Kapitel 4, Klassifizierung zweiter Ordnung wird dieses Einfrieren sogar von der Lösung selber abhängen. Man nennt 4.8 elliptisch beziehungsweise hyperbolisch an der Stelle x 0, wenn es ist. L := n a ij x 0, ux 0, ux 0 xi xj i,j= Beispiel 4. Eine einfache Differentialgleichung für eine stationäre Potentialströmung von einem Gas in zwei Dimensionen ist c u x uxx u x u y u xy + c u y uyy = Hier ist u das Potential und u die Geschwindigkeit. Weil c det u x u x u y u x u y c u = c ux c u y ux u y = c c u y ist 4.9 elliptisch für u < c und hyperbolisch für u > c. Bei einer solchen Potentialströmung ist c die Schallgeschwindigkeit in diesem Gas. Diese Gleichung trifft auch zu, wenn das Gas zum Beispiel Luft ist und ein Flugzeug sich durch dieses Gas bewegt. Wenn sich das Flugzeug schneller als die Schallgeschwindigkeit bewegt, gibt es Stellen an dem u > c gilt. Das bedeutet, dass man dann für die Gleichung 4.9 sowohl elliptische Gebiete als auch hyperbolische Gebiete hat. Die Modellierung für Überschall- und Unterschallflug sind dann auch wesentlich verschieden.

59 Partielle Differentialgleichungen Kapitel 5 Die Wellengleichung und Distributionen Eine typische hyperbolische partielle Differentialgleichung ist die Wellengleichung: u tt c u = Die Variable t repräsentiert meistens die Zeit; der Differentialoperator = n i= x i ist die Summe der zweiten Ableitungen bezüglich der Raumvariablen. In Raumdimension beschreibt diese Gleichung zum Beispiel die Schwingungen einer Saite, in Dimension die Wellen in einem Teich und in Dimension 3 beschreibt sie, wie die Stimme eines Sängers sein Publikum erreicht. 5. Die Wellengleichung in Raumdimension Die Wellengleichung in einer Dimension haben wir schon betrachtet in Paragraph 4... Die folgende partiellle Differentialgleichung ist gemeint: u tt x, t c u xx x, t = fx, t. Diese Differentialgleichung ist hyperbolisch. Man kann durch Skalierung c = erhalten, so wie es in Paragraph 4.. gemacht wird. Weil c genau die Geschwindigkeit ist, mit der die Wellen sich seitwärts bewegen, lässt man der Anschaulichkeit halber c oft auch stehen. Die Funktion f ist gegeben und man versucht, bei geschickt gewählten Anfangs- und Randwerten, die Existenz einer eindeutigen Lösung zu zeigen. Das Anfangswertproblem ist ein solches Problem. u tt x, t c u xx x, t = fx, t für x R und t > 0, ux, 0 = u 0 x für x R, u t x, 0 = v 0 x für x R, 5. Proposition 5. Die Formel von d Alembert Sei f = 0, u 0 C R und v 0 C R. Dann hat 5. genau eine Lösung in C R [0,, nämlich u x, t = u 0x ct + u 0x + ct + c 53 x+ct x ct v 0 ydy. 5.3

60 54 4. April 0 Kapitel 5, Die Wellengleichung und Distributionen t x u x,t Abbildung 5.: Skizze der Lösung nach d Alembert von 5. mit u 0 x = e x und v 0 x = in rot. +x 6 in blau Bemerkung 5.. Wenn u 0 C R und v 0 C R, dann liefert 5.3 immer noch eine schwache Lösung u C R [0,. Beweis. Wenn f, u 0 und v 0 diesen obengenannten Funktionenräumen angehören, ist u zweimal stetig differenzierbar. Die erste Anfangsbedingung folgt direkt: Man findet u x, 0 = u 0 x. u t x, t = cu 0x ct + cu 0x + ct + v 0x + ct + v 0x ct, und es folgt Nochmals nach t ableiten ergibt u t x, 0 = v 0 x. u tt x, t = c u 0x ct + c u 0x + ct + cv 0x + ct cv 0x ct. Die Ableitungen nach x sind u x x, t = u 0x ct + u 0x + ct + c v 0x + ct c v 0x ct, u xx x, t = u 0x ct + u 0x + ct + c v 0x + ct c v 0x ct. Die Differentialgleichung ist erfüllt und u in 5.3 ist eine Lösung. Dass diese Lösung die einzige ist, findet man durch Verfolgung der charakteristischen Kurven. Proposition 5. Prinzip von Duhamel Sei f C R [0,, u 0 = v 0 = 0. Dann hat 5. genau eine Lösung in C R [0,, nämlich u x, t = t 0 U x, t; s ds 5.4 wobei U, ; s für s > 0 die Lösung ist von U tt x, t; s c U xx x, t; s = 0 für x R und t > s, Ux, t; s = 0 für x R und t = s, U t x, t; s = f x, s für x R und t = s. 5.5

61 5. Die Wellengleichung in Raumdimension 4. April 0 55 Abbildung 5.: Links: Jean Le Rond d Alembert, Rechts: Jean Marie Constant Duhamel, Bemerkung 5.. Die Funktionen x, t U x, t; s sind wohldefiniert für t s. Dies bedeutet auch, dass u in 5.4 wohldefiniert ist. Bemerkung 5.. Die Differentialgleichung ist linear. Das bedeutet, dass die Summe von 5.3 und 5.4 eine Lösung liefert für 5. mit u 0, v 0 und f ungleich 0. Beweis. Aus Proposition 5. folgt U x, t; s = c x+ct s x ct s f y, s dy. Wenn f C R [0,, dann ist auch x, t, s U x, t; s zweimal stetig differenzierbar. Man findet und Weil u x, 0 = u t x, t = U x, t; t + t u tt x, t = U t x, t; s s=t = fx, t + U t x, t; s ds = t 0 t = fx, t + c u xx x, t. 0 t 0 U t x, t; s ds U tt x, t; s ds = c U xx x, t; s ds = U x, 0; s ds = 0 und u t x, 0 = Für gt = t f t, s ds mit stetig differenzierbarem f gilt 0 t+h g t = lim f t + h, s ds = lim h 0 h h h 0 t+h t 0 f t + h, s ds + = ft, t + t 0 t 0 t f t, s ds U t x, 0; s ds = 0, = f t + h, s f t, s ds h f t t, s ds. =

62 56 4. April 0 Kapitel 5, Die Wellengleichung und Distributionen sind auch die Anfangsbedingungen erfüllt. Noch eine Bemerkung zu 5.3 und 5.4: In 5.3 steht, wie sich der Einfluß der Anfangswerte u 0 und v 0 auswirkt. In 5.4 sieht man, wo f an der Stelle x, t seinen Einfluss hat. Umgekehrt kann man sehen, wie der Wert von u x, t abhängt von u 0, v 0 und f. Man nennt diese Teilgebiete Einflußbereich und Abhängigkeitsbereich. Für u 0 sind es Kegelflächen. Für v 0 und f sind es Einflußkegel und Abhängigkeitskegel 3. Siehe Abbildung 5.3. x ct,t x ct,t x,t x ct,t x ct,t x,t x ct,s t x ct,s t x,t x,s Abbildung 5.3: Oben: Das Einflußgebiet und das Abhängigkeitsgebiet zu u 0. Mitte: Der Einflußkegel und der Abhängigkeitskegel zu v 0. Unten: Der Einflußkegel und der Abhängigkeitskegel zu f. 5. Die d-wellengleichung auf einem Intervall Wie man in Paragraph 4.. schon gesehen hat, kann man für beschränkte Gebiete eine Lösung finden, wenn man die Funktionen u 0, v 0 und f geschickt fortsetzt. Wir betrachten dies in den nächsten Beispielen. Beispiel 5.3 Betrachte das Anfangs-Randwertproblem u tt x, t c u xx x, t = fx, t für x > 0 und t > 0, ux, 0 = u 0 x für x > 0, u t x, 0 = v 0 x für x > 0, u0, t = 0 für t > Cone of influence 3 Cone of dependance

63 5. Die d-wellengleichung auf einem Intervall 4. April 0 57 Man definiere fx, t = ū 0 x = v 0 x = { fx, t für x 0, f x, t für x < 0, { u0 x für x 0, u 0 x für x < 0, { v0 x für x 0, v 0 x für x < 0, und betrachte 5. mit diesen erweiterten rechten Seiten. Wenn f0, t, u 0 0 und v 0 0 nicht identisch 0 sind, sind diese erweiterten Funktionen nicht länger stetig. Und sogar wenn diese Kompatibilitätsbedingung erfüllt ist, reicht es noch nicht für die Differenzierbarkeit. Sei ū x, t nun definiert durch 5.3 und 5.4. Dann folgt aus der antisymmetrischen Fortsetzung von f, u 0 und v 0, dass auch x ūx, t antisymmetrisch ist, das heißt ūx, t = ū x, t. Ist also die Kompatibilitätsbedingung erfüllt, findet man durch ux, t = ūx, t x 0 eine distributionelle Lösung u C [0, [0,. Beispiel 5.4 Für das Anfangs-Randwertproblem u tt x, t c u xx x, t = fx, t für x > 0 und t > 0, ux, 0 = u 0 x für x > 0, u t x, 0 = v 0 x für x > 0, u x 0, t = 0 für t > 0, 5.7 findet man eine Lösung durch symmetrische Fortsetzung. Beispiel 5.5 Für das Anfangs-Randwertproblem u tt x, t c u xx x, t = fx, t für x 0, l und t > 0, ux, 0 = u 0 x für x 0, l, u t x, 0 = v 0 x für x 0, l, u0, t = ul, t = 0 für t > 0, 5.8 findet man eine Lösung durch periodische Fortsetzung. Man definiert { u ũ 0 x = 0 x für x [0, l, u 0 l x für x [l, l, [ x ū 0 x = ũ 0 x l. l] Hier ist [s] = max {k N; k s}. Auf ähnliche Weise werden f, t und v 0 fortgesetzt. Eine solche Fortsetzung findet man in Abbildung 5.4.

64 58 4. April 0 Kapitel 5, Die Wellengleichung und Distributionen L L L 3 L 4 L Abbildung 5.4: Periodische Fortsetzung einer auf [0, L] definierten Funktion, die außerdem antisymmetrisch ist bezüglich 0 und L. 5.3 Intermezzo zu Distributionen Die Physik hat der Mathematik die Dirac-δ-Funktion 4 gebracht. Diese δ-funktion soll folgende Eigenschaften haben: R n δ x ϕ x dx = ϕ 0 für jedes ϕ C 0 R n. Wenn δ eine integrierbare Funktion wäre, folgt aus dem Satz von Lusin, dass δ stetig ist auf jedem beschränkten Gebiet mit Ausnahme einer beliebig kleinen Menge. Wenn δ stetig ist in x 0, folgt mit dem Hauptlemma der Variationsrechnung Lemma.3, dass δx = 0. Es gilt also δ = 0 fast überall. Dann folgt aber, dass R n δ x ϕ x dx = 0, und das ist ein Widerspruch. Das bedeutet nicht, dass es diese Dirac-δ-Funktion nicht gibt, sondern, dass wir etwas mehr Sorgfalt walten lassen müssen, wenn wir dieses δ definieren. Dazu brauchen wir Objekte, die den Begriff der Funktion erweitern. Diese Erweiterung hat den Namen Distribution bekommen. Ganz allgemein kann man eine Distribution auffassen als ein Element eines Dualraums: Definition 5.6 Der Dualraum B zum topologischen Raum B ist der Vektorraum der stetigen linearen Abbildungen von B nach R. Bemerkung 5.6. Wenn B ein normierter Raum ist, werden stetige Abbildungen wie üblich definiert. f : B R ist stetig, wenn es für jedes b B und für alle ε > 0 einen δ > 0 gibt derart, dass a b B < δ impliziert f a f b < ε. Wenn f auch noch linear ist, ist diese Bedingung gleichwertig zu: es gibt M > 0 derart, dass für jedes b B gilt f b M b B. Stetigkeit kann man auch noch definieren, wenn B kein normierten, sondern nur ein topologischer Raum ist. Für einen topologischen Raum sind die offenen Mengen definiert und die Klasse T der offenen Mengen erfüllt die folgende Bedingungen: B, T, T,..., T k T = T und 3 T i T für i I = T i T. i k i I Dann wird Stetigkeit einer Abbildung f : B R definiert durch: für jede offene Menge A R gilt f A T. Es ist üblich, den Namen Distribution zu reservieren für stetige lineare Abbildungen auf speziellen Funktionenräumen. Beispiel 5.7 Sei y mit ein beschränktes Gebiet in R n. Definiere δ y : C R durch δ y ϕ = ϕy für alle ϕ C. 5.9 Mit C ist der normierte Raum C, C mit u C = sup u x x 4 Paul Adrien Maurice Dirac, 90 Bristol GB 984 Tallahassee USA, Nobel Preis in Physik 933

65 5.3 Intermezzo zu Distributionen 4. April 0 59 gemeint. Diese Abbildung ist linear: δ y c ϕ + c ϕ = c ϕ + c ϕ y = c ϕ y + c ϕ y = c δ y ϕ + c δ y ϕ und stetig: δ y ϕ = ϕy ϕ C. Das heißt δ y C. Man nennt δ y die Dirac-δ-Funktion in y obwohl sie keine Funktion ist. Beispiel 5.8 Sei ein beschränktes Gebiet in R n. Jede Lebesgue-integrierbare Funktion f auf mit f L < liefert eine Abbildung F f auf C, definiert durch F f ϕ = fxϕxdx. 5.0 Die Linearität folgt sofort. Für Stetigkeit betrachte man: F f ϕ fx ϕx dx ϕ C fx dx = f L ϕ C. Lemma 5.9 Wenn F eine stetige lineare Abbildung auf C [a, b] ist, dann ist F, definiert durch F ϕ := F ϕ, eine stetige lineare Abbildung auf C [a, b]. Bemerkung 5.9. Ähnliches gilt in höheren Dimensionen mit partiellen Ableitungen. Beweis. Die Linearität von F folgt aus der Linearität von F, die Stetigkeit von F aus der von F : F ϕ = F ϕ ϕ C[a,b] ϕ C [a,b] für alle ϕ C [a, b]. Beispiel 5.0 Betrachtet man f : R R, definiert durch fx = sign x, dann ist die zugehörige Abbildung F auf C 0 [, ] definiert als F ϕ = f x ϕ x dx = Es gilt für F auf C [, ] C 0 [, ], dass F ϕ = F ϕ = 0 0 ϕ xdx ϕxdx ϕxdx. ϕ xdx = = ϕ0 ϕ ϕ + ϕ0 = ϕ0 = δ ϕ. Bezeichnen wir mit C m B Rn den Vektorraum der m-mal stetig differenzierbaren Funktionen mit beschränkten Ableitungen bis und inklusive Ordnung m, dann ist C m R n eine Norm auf C m B Rn. Für die zwei wichtigsten Klassen von Distributionen will man Funktionale zulassen, die auf beliebige Ableitungen von Funktionen wohldefiniert sind. Anders gesagt, man möchte unendlich differentierbare Funktionen betrachten. Dafür gibt es jedoch keine passende Norm und das heißt wiederum, dass die Stetigkeit umständlicher definiert ist.

66 60 4. April 0 Kapitel 5, Die Wellengleichung und Distributionen Definition 5. Schwartz-Distributionen Sei C0 R n der Vektorraum der beliebig oft differenzierbaren Funktionen mit kompaktem Träger.. Eine Menge T C 0 R n heißt offen, wenn es für jedes u T ein m N und ε > 0 gibt, mit {v C 0 R n ; u v CmRn < ε } T. Die Klasse T S der offenen Mengen ist eine Topologie. Man schreibt: D R n := C 0 R n, T S.. Eine lineare Abbildung F : D R n R ist stetig, wenn es m, M N gibt mit F u M u C m R n für alle u D R n. 3. Eine solche stetige lineare Abbildung heißt Schwartz-Distribution. D R n ist der Vektorraum der Schwartz-Distributionen. Definition 5. Temperierte Distributionen Sei { } Cs.f. R n := u C R n ; lim x xα D β u x = 0 für alle Multiindizes α, β der Vektorraum der sogenannten schnell fallenden, beliebig oft differenzierbaren Funktionen.. Definiere die Normen u m,k := a k β m sup x α D β u x. 5. x R n. Eine Menge T C s.f. Rn heißt offen, wenn es für jedes u T ein m N und ε > 0 gibt, mit {v C s.f. R n ; v u m,k < ε } T. Die Klasse T T der offenen Mengen ist eine Topologie. Man schreibt: S R n := C s.f. R n, T T. 3. Eine lineare Abbildung F : S R n R ist stetig, wenn es m, k, M N gibt mit F u M u m,k für alle u S Rn. 4. Eine solche stetige lineare Abbildung F heißt temperierte Distribution. S R n ist der Vektorraum der temperierten Distributionen. Bemerkung 5.. Es gibt keine vernünftige Norm auf C0 diese Vektorraüme vollständig sein lässt. R n oder C s.f. Rn, die Bemerkung 5.. Es gilt D R n S R n und S R n D R n.

67 5.3 Intermezzo zu Distributionen 4. April 0 6 Abbildung 5.5: Laurent Schwartz, 95-00, Französischer Mathematiker. Abbildung 5.6: Darstellung einer Funktion aus DR. Eine solche Funktion ist unendlich oft differenzierbar und hat einen kompakten Träger. Abbildung 5.7: Darstellung einer Funktion aus SR. Eine solche Funktion ist unendlich oft differenzierbar und schnell fallend. Bemerkung 5..3 Die Dirac-δ-Function liegt sowohl in S R n als in D R n, denn für ϕ C0 R n Cs.f. Rn gilt δ 0 ϕ = ϕ 0 ϕ C 0 R n = ϕ 0,0. Reguläre Distributionen sind Distributionen aus D R n oder S R n, welche sich wie in 5.0 mit Hilfe einer Funktion definieren lassen. Lemma 5.3 Sei f CR L R und definiere für ϕ in C0 R oder Cs.f. R F f ϕ = fxϕxdx. 5. Dann ist F f eine reguläre Distribution in D R und S R. Wenn f C R und f, f L R, gilt außerdem, dass Beweis. Es folgt F f ϕ = R R F f = F f. fxϕxdx f L R ϕ und dass F f eine reguläre Distribution in D R und S R ist. Die zweite Behauptung beweist man wie folgt. Wenn ϕ einen kompakten Träger hat, sagen wir ϕx = 0 für

68 6 4. April 0 Kapitel 5, Die Wellengleichung und Distributionen x > M, folgt = F f ϕ F f ϕ = M M R f xϕx + fxϕ x dx = f xϕx + fxϕ x dx = [fxϕx] M x= M = 0. Weil ϕ schnell fallend ist, verwenden wir, dass x fx = f sds f L R und folgt aus lim x fxϕx = lim x fxϕx = 0, dass F f ϕ F f ϕ = lim M [fxϕx]m x= M = 0. Wir betrachten nochmals ϕ ε aus.8: { ϕ ε x = e x ε für x < ε, 0 für x ε, 5.3 und setzen ψ ε x = ϕ ε x R n ϕ ε x dx. 5.4 Ein Bild zu diesen Funktionen findet man in Abbildung.6. Setze Ψ ε u y = ψ ε y x u x dx für u C B R n. 5.5 R n Für ε > 0 ist die Abbildung Ψ ε : C B R n C B R n wohldefiniert, und es gilt u C B R n = Ψ ε u C R n C B R n. Definition 5.4 Der Operator Ψ ε : C B R n C B R n aus 5.5 nennt man den Friedrichs schen 5 Glätter oder Mollifier. Lemma 5.5 Sei u C B R n. Es gilt Für u C B Rn gilt sogar lim Ψ ε u y = uy. 5.6 ε 0 Ψ ε u y δ y u u C B R n ε. 5.7 Bemerkung 5.5. Man kann dieses Ergebnis wie folgt lesen: {Ψ ε y} ε>0 sind reguläre Distributionen, die die Dirac-δ-Funktion an der Stelle y approximieren, wenn ε 0. Bemerkung 5.5. Weil 5.6 gilt, sind Ψ ε u für ε > 0 unendlich oft differenzierbare Funktionen, die u C B R n punktweise approximieren. Wenn u C B Rn ist diese Approximation wegen 5.7 sogar gleichmäßig. 5 Kurt Otto Friedrichs, 90 Kiel 98 New Rochelle, New York war ein deutsch-amerikanischer Mathematiker

69 5.3 Intermezzo zu Distributionen 4. April 0 63 Beweis. Da R n ψ ε xdx = und u stetig ist, gilt Ψ ε u y uy = ψ ε y x u x u y dx R n R n ψ ε y x sup z B εy u z u y dx = sup u z u y 0 für ε 0. z B εy Wenn u CB Rn, hat man u z u y u C B R n z y, und es folgt die letzte Ungleichung. Beispiel 5.6 Man könnte versuchen Distributionen als Anfangswerte zu zulassen. Wir betrachten u tt x, t c u xx x, t = f x, t für t > 0 und x R, ux, 0 = u 0 x für x R, 5.8 u t x, 0 = v 0 x für x R, und nehmen hier statt die Funktion u 0 die δ-distribution δ y und setzen v 0 = f = 0. Man bekäme formell eine distributionelle Lösung u, t = δ y ct + δ y+ct D R S R Hätte man u 0 = i δ y i, würde man durch die Linearität u, t = i δ y i ct + δ yi +ct als Lösung haben. Für eine allgemeine Anfangsbedingung u 0 kann man formell schreiben wir tun mal so, als ob δ y eine Funktion wäre: Die Lösung wäre = y R ux, t = u 0 x = y R y R δ y x u 0 y dy. δ y ct x + δ y+ct x u 0 y dy δ y x + ct + δ y x ct u 0 y dy = u 0 x + ct + u 0 x ct. 5.9 Wenn auch dies alles mathematisch erst noch mal zwielichtig ist, kann man leicht kontrollieren, dass das Endergebnis vernünftig ist. Für u 0 C R ist 5.9 tatsächlich die klassische Lösung, die wir schon vorher sahen. Beispiel 5.7 Man betrachte f x = x. Dann ist f und f nicht überall definiert. Definiert man F f D R oder S R durch F f ϕ = R f x ϕ x dx, dann folgt Man bemerke, dass F f ϕ = F R f ϕ = ϕ0. sign x ϕ x dx, f x = sign x für x 0.

70 64 4. April 0 Kapitel 5, Die Wellengleichung und Distributionen Man zeigt diese Behauptungen durch partielle Integration: und F f ϕ = F f ϕ = [ 0 = lim xϕ x] 0 m m = 0 F f ϕ = F f ϕ = R 0 x ϕ x dx = m ϕ x dx + R ϕ x dx lim m 0 ϕ x dx = 0 sign x ϕ x dx = xϕ x dx 0 [ m xϕ x] m 0 [ = lim ϕ x] 0 lim [ ϕ x] m m m m 0 R sign x ϕ x dx, 0 xϕ x dx = ϕ x dx = ϕ x dx ϕ x dx = 0 = ϕ0 = δ ϕ. Im Sinne von Distributionen gilt also: = sign und sign = δ. Beispiel 5.8 Sei f L lokal Rn definiert durch fx = x n. Dann ist F f ϕ = x n ϕ x dx R n wohldefiniert für ϕ D R oder S R. Es folgt F f ϕ = F f ϕ = x n ϕ x dx = lim R n = lim x n ϕ x x n ϕ x νdσ x + ε 0 x =ε = lim ε 0 ε 0 x >ε x >ε x n ϕ x dx = ε n O ε n n x n x ϕ x x x =ε x dσ x + 0 x n ϕ x dx = = lim n x ε 0 x =ε n x ϕ x x x dσ x = n ω n ϕ0. = Wir nehmen ω n = B dσ wie auf Seite 7. Dann gilt im Sinne von Distributionen: 0 n n ω n Hier ist δ das n-dimensionale Dirac-Funktional in 0: = δ. δ ϕ = ϕ0 für ϕ D R oder S R.

71 Partielle Differentialgleichungen Kapitel 6 Die Wellengleichung in mehr Dimensionen 6. Kirchhoff für Raumdimension 3 Das Anfangswertproblem auf dem ganzen Raum ist u tt x, t c ux, t = fx, t für t > 0 und x R 3, ux, 0 = u 0 x für x R 3, u t x, 0 = v 0 x für x R Wir versuchen anzugeben, wie man zu einer Lösungsformel kommt und betrachten dazu erst den radialsymmetrischen Fall: u x, x, x 3, t = U x, t. Weil in 3 Dimensionen u x = r r r r ur r= x gilt, wird die Differentialgleichung wie folgt t c r rr r U r, t = 0. Setzen wir V r, t = ru r, t so folgt mit Hilfe von r rr r r V r, t = r rr r V r r, t V r, t r = r r rv r r, t V r, t = r V rr r, t, = dass t c r V r, t = 0. Die Lösungen dieser letzten Gleichung haben die Form V r, t = Φ r ct + Ψ r + ct, und man findet U r, t = r Φ r ct + Ψ r + ct. r Es bedeutet, dass wir formell Lösungen von 5. finden, die wie folgt sind: u x, t = Φ x ct + Ψ x + ct. x x 65

72 66 4. April 0 Kapitel 6, Die Wellengleichung in mehr Dimensionen Diese Funktionen erinnern uns an die mit Hilfe von charakteristischen Kurven definierten Lösungen in einer Raumdimension. Eine Funktion u x, t = Φ x ct wäre eine radialsymmetrische Welle, die sich mit Geschwindigkeit c nach außen bewegt. Analog einer x Raumdimension könnte man eine Distribution als generalisierte Lösung ansetzen: Als Distribution wäre das: F u,t ϕ = = ϕxdσ x = ct ct x =ct u x, t = x δ x ct = δ x ct. ct R ct 3 z = δ x ct ϕxdx = ϕ ctz dσ z =: ct ϕ ctω dω. ω S Für ω S schreiben wir weiter ω =. Es gilt lim t 0 F u,t ϕ = 0 und lim t F u,t ϕ = lim t 0 t 0 ω = c ϕ ctω + c t ω ϕ ctω dω = 4πc ϕ0. Ähnlich wäre u x, t = δ x y ct eine Welle, die in y startet. Wie in einer Dimension kann man vermuten, x dass u x, t = R 4πc 3 t δ x y ct v 0ydy = 4πc t y x =ct v 0 ydσ y eine Lösung wäre für f = u 0 = 0 von 6.. Die folgende Proposition sagt sogar, dass man auch für u 0 findet. eine verwandte Formel Theorem 6. Die Formel von Kirchhoff Sei f = 0, u 0 C 3 R 3 und v 0 C R 3. Dann hat 6. eine Lösung in C R 3 [0,, nämlich u x, t = v 4πc 0 ydσ y + t u t y x =ct 4πc 0 ydσ y t y x =ct 6. Bemerkung 6.. Betrachtet man wiederum das Einflussgebiet und das Abhängigkeitsgebiet wie auch in einer Dimension, dann bekommt man zwei Kegelränder, die schematisch die Bodenplatte soll R 3 darstellen in Abbildung 6. dargestellt sind. Bemerkung 6.. Die Formel in 6. kann man auch wie folgt schreiben: u x, t = tv 4πc t 0 y + u 0 y + u 0 y y x dσ y y x =ct Beweis. Wir zeigen erst, dass die Anfangsbedingungen erfüllt sind. Weil v 0 stetig differenzierbar und u 0 zweimal stetig differenzierbar ist, folgt Gustav Robert Kirchhoff, Königsberg 84 Berlin 887.

73 6. Kirchhoff für Raumdimension 3 4. April 0 67 Abbildung 6.: Einfluss- und Abhängigkeitsgebiet in 3 Dimensionen. Nach oben die Zeit; in blau das dreidimensionale! R 3 für t = 0. Nur der Rand des Kegels zählt. für die erste Randwertbedingung: lim t 0 4πc t y x =ct v 0 ydσ y = lim t 0 t v 0 x + ctωdω = 0, 4π ω = lim t u t 0 4πc 0 ydσ y = t y x =ct = lim u 0 x + ctω + ctω u 0 x + ctω dω = u 0 x; t 0 4π ω = für die zweite Randwertbedingung: und = lim t 0 4π ω = lim t 0 t v 4πc 0 ydσ y = v 0 x t y x =ct lim t u t 0 4πc 0 ydσ y = t y x =ct 3 cω u 0 x + ctω + ct ω i ω j xi xi u 0 x + ctω = lim t 0 i,j= c ω u 0 x + ctωdω = 0. 4π ω = dω = Beim letzten Schritt haben wir benutzt, dass ω i xi u 0 x + ctωdω x i u 0 x ω i dω+ ct u C B ω = ω = ω = ctx dω = O t. Bevor wir zeigen können, dass die Differentialgleichung erfüllt ist, brauchen wir das folgende Lemma. Lemma 6. Sei u C B R 0 mit B R 0 R n und n >. Dann gilt u y n dy = n ω n y <R ω n y = u0 uy ν dσ n ω n R n y uy dσ y =R ω n R n y. y =R

74 68 4. April 0 Kapitel 6, Die Wellengleichung in mehr Dimensionen Bemerkung 6.. Für n = 3 folgt u y dy = u0 4π y 4πR y <R Beweis. Man braucht Gauß, v udx = y =R uy ν dσ y uy dσ 4πR y. y =R v u v u dσ x + die Tatsache, dass y y n harmonisch außerhalb 0 ist, v u dx, y n = y n = n y n y = n n y n y y + n y n = 0 und, dass y y n integrierbar ist bei 0: u y u y y <R y n dy = lim ε 0 ε< y <R y n dy = = lim y n u y + u y y n νdσ y + ε 0 y =R y =ε + y n u y dy = ε< y <R y n u y ν + u y n y n y y =ε = lim ε 0 y =R = R n u y ν + u y n R n dσ y + y =R + lim = u y νdσ R n y n y =R R n ε 0 y =ε y =R y dσ y = y ε n u y ν + u y n ε n dσ y = u y dσ y + lim ε 0 O ε + n ω n u0. Beim letzten Schritt ist verwendet worden, dass der Flächeninhalt von B ε 0 gleich ω n ε n ist. Fortsetzung des Beweises von Theorem 6... Wir zeigen nun, dass die Differentialgleichung erfüllt ist und fangen an mit dem Teil, der zu v 0 gehört: c c t x v 4πc 0 ydσ y = x v 0 x + ctωdω = t 4π = c t 4π = 4πt ct = t r=0 ω = z =r = t v 0 x + 4πct z =ct y x =ct z =ct ω = x v 0 x + ctωdω = c t v 0 x + ctωdω = 4π ω = c v 0 x + zdσ z = z =ct 4π z v 0x + zdσ z = 4π z v 0x + zdrdσ z = t z <ct 4π z v 0x + zdz = v 0 x + z ν dσ z + v 4πc t 0 x + z dσ z =. z =ct

75 6. Ergebnisse für beliebige Dimensionen 4. April 0 69 Beim letzten Schritt ist das Lemma verwendet worden. Es folgt weiter, dass = 4π t z =ct z v 0x + z ν dσ z + z =ct z v 0x + z dσ z = t 4π z =ct z ν z v 0x + z dσ z = t 4πc lim ε 0 ε< z <ct z ν z v 0x + z dz = t 4πc lim ε 0 ω = ε<r<ct r r r v 0 x + rω r dr dω = t 4πc lim ct v 0 x + ctω ε v 0 x + εω dω ε 0 ω = t = t v 0 x + ctωdω 4π ω = = t v 4πc 0 ydσ y. t y x =ct Für den zweiten Teil können wir uns nun kurz fassen: c x t u 4πc 0 ydσ y t Der Beweis ist komplett. y x =ct = t t 4πc t = t c x 4πc t y x =ct u 0 ydσ y. y x =ct u 0 ydσ y Auch hier kann man für f das Prinzip von Duhamel verwenden. Da dieses Prinzip in jeder Dimension gilt, betrachten wir gleich die allgemeine Version. 6. Ergebnisse für beliebige Dimensionen Proposition 6.3 Prinzip von Duhamel Sei f C R n [0,, u 0 = v 0 = 0. Wenn für jedes s 0 die Funktion x, t U x, t; s C {x, t, s ; x R n und 0 s t < } eine Lösung ist von U tt x, t; s c Ux, t; s = 0 für x R n und t > s, Ux, t; s = 0 für x R n und t = s, U t x, t; s = f x, s für x R n und t = s, 6.3 dann ist eine Lösung von u x, t = t 0 U x, t; s ds. 6.4 u tt x, t c ux, t = f x, t für x R n und t > 0, ux, 0 = 0 für x R n, u t x, 0 = 0 für x R n. 6.5

76 70 4. April 0 Kapitel 6, Die Wellengleichung in mehr Dimensionen Beweis. Ähnlich wie in einer Dimension zeigt man: t t 0 U x, t; s ds = t U x, t; s s=t + = t U x, t; s s=t + t t 0 t t U x, t; s ds = t t U x, t; s ds = t U x, t; s ds = f x, s + t c U x, t; s ds. Die Ableitung der Kirchhoffschen Formel mag rätselhaft erscheinen. Wenn man hinterher zeigen kann, dass das Ergebnis stimmt, soll uns das eigentlich keine Sorgen bereiten. Trotzdem ist es vernünftig, dieser Ableitung etwas Beachtung zu geben. Die Idee ist wie folgt gekommen. Die -Differentialoperator ist drehungsinvariant: u R = u R für beliebige Drehungen R, denn sei M eine orthogonale Matrix, so findet man MM T = I und n n n n u Mx = M ji M ki k j u Mx = M ji M ki k j u Mx = = i= j,k= n MM T jk k j u Mx = j,k= j,k= i= n k u Mx = u Mx. Proposition 6.4 Euler - Poisson - Darboux Wenn t, x u t, x eine Lösung ist von { u tt x, t c ux, t = 0 für x R n und t > 0, ux, t = gx und u t x, t = hx für x R n 6.6, dann ist mit Gr := Ur, t := B rx g y dσ y B rx dσ y k= B rx u y, t dσ y B rx dσ y und Hr := B rx h y dσ y B rx dσ y eine Lösung von { Utt r, t c r n r r n r Ur, t = 0 für r > 0 und t > 0, Ur, t = Gr und U t r, t = Hr für r > Bemerkung 6.4. Die Differentialgleichung in 6.9 nennt man die Euler-Poisson- Darboux Gleichung. Diese Proposition liefert uns auch die Eindeutigkeit der Lösung in Raumdimension 3. Theorem 6.5 Das Anfangswertproblem für die Wellengleichung in 6. hat höchstens eine Lösung in C R 3 [0,. Leonhard Euler, Basel 707 St. Petersburg 783. Siméon Denis Poisson, , hat sich nie weit von Paris entfernt. Die folgende Aussage wird ihm zugeschrieben: La vie n est bonne qu à deux choses: à faire des mathématiques et à les professer. Siehe Seite 7 für ein Bild. Jean Gaston Darboux, Nîmes 84 Paris 97.

77 6.3 Poisson für Raumdimension 4. April 0 7 Beweis. Wenn 6. zwei Lösungen hat, sagen wir u und u, dann löst w = u u das Randwertproblem mit f = u 0 = v 0 = 0. Nehmen wir an, es gibt w x, t 0. Ohne Verlust der Allgemeinheit nehmen wir x = 0. Weil invariant unter orthogonalen Abbildungen ist, folgt U tt c r r r r U = 0 für B Ur, t = w y, t dσ r0 y dσ. B r0 y Setzen wir so folgt V r, t = rur, t r r r r U = r r r r r V = r r V + r r V = r r V und weiter, dass V r, t eine Lösung der Wellengleichung in einer Dimension ist mit V r, 0 = V t r, 0 = 0 für r > 0 und V 0, t = 0. Diese Lösung ist eindeutig und daher gilt V r, t = 0 für alle r, t > 0 und auch Ur, t = 0 für alle r, t > 0. Dann findet man w 0, t = 4π und dies ist ein Widerspruch. M SO3 w M0, t dσ = 4π U0, t = 0, 6.3 Poisson für Raumdimension Eine Lösungsformel wie die von Kirchhoff lässt sich in Dimensionen nicht direkt herleiten. Wenn man die Formel in drei Dimensionen verwendet für Funktionen die in einer Richtung konstant sind, bekommt man eine Formel für das zweidimensionale Problem. Anders gesagt, statt { u tt x, t c ux, t = 0 für x R und t > 0, ux, 0 = u 0 x und u t x, 0 = v 0 x für x R, 6.0 betrachten wir das ähnliche Problem in R 3 mit ũ 0 x, x, x 3 = u 0 x, x und ṽ 0 x, x, x 3 = v 0 x, x. Die Kirchhoffsche Formel gibt uns eine Lösung ũx, x, x 3, t, nämlich ũx, x, x 3, t = ṽ 0 ydσ y + t ũ 0 ydσ y. 4πc t y x =ct y R 3 4πc t y x =ct y R 3 Weil ũ 0 und ṽ 0 jedoch nicht von x 3 abhängen, hängt auch ũ nicht von x 3 ab. Es folgt außerdem, dass ũ 0 y, y, y 3 dσ y = u 0 y, y dσ y = y x =ct, y R 3 y x,x,0 =ct, y R 3 = u 0 x + z + wz dz. 6. z ct, z R

78 7 4. April 0 Kapitel 6, Die Wellengleichung in mehr Dimensionen Hier beschreibt w die Höhe y 3 der Sphäre als Funktion von z, z, das heißt y, y, y 3 = γ z, z := x + z, x + z, w z, z mit w z, z = ± c t z z. Out[4]= Abbildung 6.: Statt über die Sphäre B ct x, x, 0 in R 3 integriert man über eine Scheibe B ct x, x in R. Die in 6. folgt, weil man zwei Hälften hat. Der Faktor der Parametrisierung γ durch γ det z γ γ z z γ z = + w w w w det z z z z w w z z + w w z z γ z γ z γ z γ z + wz folgt aus = + wz. Mit findet man: + wz z = + c t z = ct c t z Theorem 6.6 Die Formel von Poisson Sei u 0 C 3 R und v 0 C R. Die Lösung von 6.0 ist für x R und t > 0 ux, t = v 0 y dy + t πc y x ct c u 0 y dy. t y x πc y x ct c t y x 6. Bemerkung 6.6. Betrachtet man wiederum das Einflussgebiet und das Abhängigkeitsgebiet wie auch in einer Dimension, dann bekommt man in Dimension zwei gefüllte Kegel die in Abbildung 6.3 dargestellt sind. Bemerkung 6.6. Wenn man auch für eine rechte Seite f x, t lösen möchte, kann man wiederum das Prinzip von Duhamel verwenden. Bemerkung Diese Idee in der Dimension abzusteigen wird Hadamard zugeschrieben. Lemma 6.7 Man kann die Formel in 6. wie folgt umschreiben: u x, t = tv 0 y + u 0 y + u 0 y y x dy. πct c t y x y x ct

79 6.4 Raumdimensionen 4 und höher 4. April 0 73 Beweis. Wir brauchen nur die zweite Hälfte von 6. zu betrachten und benutzen da die Substitution y = x + ctrω mit r 0, und ω R mit ω =. Mit dy = c t rdrdω folgt t πc y x ct = π u 0 y dy = t c t y x π ω = r=0 = πct ω = r=0 t u 0 x + ctrω rdrdω r u 0 x + ctrω + t crω u 0 x + ctrω rdrdω r y x ct u 0 y + y x u 0 y c t y x dy. Abbildung 6.3: Einfluss- und Abhängigkeitsgebiet in Dimensionen; die Zeit nach oben und in blau x, t R {0}. Im Gegensatz zu 3 Dimensionen ist der Kegel nun gefüllt. Die Eindeutigkeit der Lösung in zwei Raumdimensionen folgt aus der Eindeutigkeit in drei Raumdimensionen. 6.4 Raumdimensionen 4 und höher Wir betrachten erst die ungeraden Raumdimensionen. Wenn wir da Existenz, Eindeutigkeit oder sogar eine explizite Formel für eine Lösung gefunden haben, können wir mit dem Absteigetrick von Hadamard auch die geraden Raumdimensionen angehen. Wir definieren für eine Funktion x, t u x, t die 6.6 erfüllt, wie in 6.7 die Funktion r, t U r, t. Ähnlich werden auch G und H wie in 6.8 definiert. Lemma 6.8 Sei n 3 ungerade. Wenn r, t U r, t eine n + -mal differenzierbare Lösung ist von { Utt r, t c r n r r n r Ur, t = 0 für r > 0 und t > 0, 6.3 Ur, t = Gr und U t r, t = Hr für r > 0, dann ist r, t Ũ r, t, definiert durch Ũ r, t = r n 3 r r n U r, t eine Lösung von { Ũ tt r, t c r Ũr, t = 0 für r > 0 und t > 0, Ũr, t = Gr und Ũtr, t = Hr für r > 0, 6.4 für G r = r r n 3 r n G r und H r = r r n 3 r n H r.

80 74 4. April 0 Kapitel 6, Die Wellengleichung in mehr Dimensionen Beweis. Schreibe k = n 3. Man zeigt mit vollständiger Induktion nach k, dass Daraus folgt r r r k r k+ f r = r r k+ r k+ r f r. c r Ũ r, t = c r = c r n 3 r r r n 3 r n U r, t = r r r n r U r, t = = r r n 3 r n c r n r r n r U r, t = = t r r n 3 r n U r, t = t Ũ r, t. Die zugehörige Anfangsbedingungen kontrolliert man sofort. Man kann nun wieder raten, wie die Lösungsformel in ungeraden Dimensionen sein wird für die Wellengleichung: u tt x, t c ux, t = 0 für t > 0 und x R n, ux, 0 = u 0 x für x R n, u t x, 0 = v 0 x für x R n. 6.5 Verwendet man den Absteigetrick von Hadamard, dann findet man auch eine Formel für gerade Raumdimensionen. Die Eindeutigkeit einer solchen Lösung kann man mit Hilfe von Lemma 6.8 wie in Theorem 6.5 beweisen. Theorem 6.9 Sei n N, m = [ n ], f = 0, u0 C m+ R n und v 0 C m+ R. Wenn n ungerade ist, hat 6.5 die folgende Lösung: u x, t = C n t n 3 t v c n 0 ydσ y + t t n 3 t t c n t y x =ct Es gilt C n = ω nn n Wenn n gerade ist, hat 6.5 die folgende Lösung: u x, t = D n t n t c n Es gilt D n = ω nnn n Wie vorher ω n = B 0 dσ. y x ct + t t n t c n v 0 y c t y x dσ y + y x ct y x =ct u 0 ydσ y. u 0 y dσ y. c t y x Die Beweise dieser Formeln sind ähnlich wie die für die Formeln von Kirchhoff 6. und Poisson 6..

81 6.5 Gebiete mit Rand 4. April Gebiete mit Rand Eine natürliche Frage ist was passiert wenn man die Wellengleichung nicht auf ganz R n sondern nur auf ein Gebiet R n lösen möchte. Man kann zeigen, dass das folgende Anfangs/Randwertproblem sinnvoll ist im Sinne von Hadamard: u tt x, t c ux, t = f x, t für t > 0 und x, ux, 0 = u 0 x für x, u t x, 0 = v 0 x für x, u x, t = ϕ x, t für t > 0 und x. 6.6 Nur in einigen einfachen Fälle, wie zum Beispiel beim Halbraum = R n R +, kann man einen expliziten Formel für die Lösung herleiten. Für allgemeinere Gebiete gibt es kaum derartige explizite Formel und müssen wir andere mathematische Werkzeuge anwenden. Aber auch ohne solchen Formeln kann man die Fragen von Hadamard zu ein solches Problem angehen und für 6.6 Existenz, Eindeutigkeit und Robustheit zeigen. Theorem 6.0 Sei ein beschränktes Gebiet in R n. Dann hat 6.6 höchstens eine Lösung in C [0,. Beweis. Wenn es zwei Lösungen gäbe, sagen wir u und u, dann wäre u = u u eine Lösung von 6.6 mit f = u 0 = v 0 = ϕ = 0. Betrachte die Funktion Et = ut x, t + c u x, t dx. Man nennt diese Funktion die Energie. Es gilt E t = ut x, t u tt x, t + c u x, t u t x, t dx = = ut x, t u tt x, t + c u x, t u t x, t dx = = ν u x, t u t x, t dσ x + u t x, t u tt x, t c u x, t dx = 0. Im letzten Schritt verwenden man, dass u tt x, t c u x, t = 0 und dass aus u x, t = 0 für x, t R + folgt u t = 0 auf R +. Also gilt E t = E 0 = ut x, 0 + c u x, 0 dx = 0. Hier verwendet man u x, 0 = u t x, 0 = 0. Weil in E t die Summe zweier Quadraten ist, folgt u t x, t = 0 = u x, t für alle x, t R +. Wenn alle Ableitungen 0 sind, ist die Funktion konstant. Weil u am Rand 0 ist, gilt u = 0 auf R +. Es gibt also nur eine Lösung.

82 76 4. April 0 Kapitel 6, Die Wellengleichung in mehr Dimensionen

83 Partielle Differentialgleichungen Kapitel 7 Die Wärmeleitungsgleichung I Eine typische Frage bei der parabolischen Differentialgleichung t u = 0 betrifft die Lösung des Anfangswertproblems { t u x, t u x, t = 0 für x, t R +, 7. u x, 0 = u 0 x für x. Der Wert u t, x stellt die Temperatur an der Stelle x zur Zeit t dar bei durch u 0 gegebenen Anfangswerten. Wenn = R n braucht man keine Randwerte. Wenn es einen Rand gibt, kann man aus physikalischen Gründen vermuten, dass ein solcher Rand die Lösung mitbestimmt. Es wäre möglich den Fall zu betrachten, dass der Rand isoliert ist und dies würde bedeuten, dass keine Wärme herausfliesst: ν u x, t = 0 für x. Statt eines isolierten Randes könnte man am Rand die Temperatur festlegen: u x, t = ϕ x, t für x. Im Gegensatz zu der Wellengleichung werden wir bei der Wärmeleitungsgleichung sehen, dass dieser Einfluss vom Randverhalten sich mit unendlicher Geschwindigkeit im Gebiet verbreitet. Physikalisch widerspricht es der Annahme, dass sich nichts schneller als die Lichtgeschwindigkeit verbreiten kann. 7. Diffusionskern Die Wärmeleitungsgleichung in Raumdimension t x u x, t = 0 7. hat die folgende Skalierungseigenschaft. Wenn x, t u x, t eine Lösung ist, dann ist x, t u cx, c t für jede c R + auch eine Lösung. Weil dies für jedes c > 0 gilt, könnte man vielleicht sogar c = t / nehmen und es wäre x t x, t u, eine Lösung. Dann hätte man eine Funktion, die nur von einer Variablen abhängt, nämlich ξ := x t. Setzt man v ξ = u ξ, so folgt für v die folgende Differentialgleichung: 0 = x t x v x t = v x t t t v x t t = = t ξ v ξ + v ξ, 77

84 78 4. April 0 Kapitel 7, Die Wärmeleitungsgleichung I und diese gewöhnliche Differentialgleichung kann man lösen: und man findet Wenn wir c = 4π und c 3 = 0 setzen folgt ξ v ξ + v ξ = 0, v ξ v ξ = ξ oder v ξ = 0, ln v ξ = 4 ξ + c, v ξ = c e 4 ξ t x u x, t = v x t = c e 4 ξ dξ + c 3. U x := lim t 0 u x, t = 0 für x < 0, für x = 0, für x > 0. Im Sinne von Distributionen gilt x U = δ und mit einer Verschiebung x U y = δ y. Dies läßt uns vermuten, dass man eine Lösung von { t u x, t xu x, t = 0 für x, t R R +, u x, 0 = u 0 x für x R, 7.3 bekommen könnte durch u x, t = R x y u 0 y x t 4π e 4 ξ dξ dy. Es gilt x x y t 4π e 4 ξ dξ = 4πt e x y 4t und das folgende Theorem. Theorem 7. Wenn u 0 C b R beschränkt und stetig, dann ist u : R R + R wohldefiniert durch Es gilt: u x, t = 4πt Die Standardrechnung mit Polarkoordinaten: R e x y 4t u 0 ydy für t > 0. e 4 ξ dξ = e 4 x e 4 y dxdy = π/ re 4 r drdϕ = 4π.

85 7. Diffusionskern 4. April 0 79 u erfüllt die Differentialgleichung in 7.3; u C R R + ; lim t 0 ux, t = u 0 x und für u, fortgesetzt durch u 0 für t = 0, gilt u C b R [0,. Bemerkung 7.. Die Funktion x, t 4πt / e 4 x /t nennt man die Fundamentallösung oder Diffusionskern für die Wärmeleitungsgleichung in Raumdimension. Bemerkung 7.. Es gibt zwei wesentliche Unterschiede zu der Wellengleichung.. Die Lösung der Wärmeleitungsgleichung hat eine unendliche Ausbreitungsgeschwindigkeit.. Auch wenn u 0 nur stetig ist, ist u, t für t > 0 unendlich oft differenzierbar. Bei der Wellengleichung ist der Lösungsteil von u, t der von u 0 abhängt genauso oft differenzierbar wie u 0 und der Teil von u, t der von v 0 abhängt einmal mehr als v 0. Beweis. Die gleichmäßige Beschränktheit folgt aus 4πt e x y 4t u 0 ydy 4πt e x y 4t u 0 dy = u 0. R Stetigkeit und Differenzierbarkeit jeder Ordnung folgt für t > 0 und x R aus den Eigenschaften von exp x 4 y /t und aus der dominierter Konvergenz. Also kann man die Folge von Differenzieren und Integrieren vertauschen. Es gilt u C R R +. Die Differentialgleichung folgt aus t x 4πt e x y 4t u 0 ydy = t x 4πt e x y 4t u 0 ydy = 0 für t > 0. R R Für lim t 0 ux, t = u 0 x bemerkt man, dass lim t 0 4πt R R e x y 4t u 0 ydy = lim t 0 4π e 4 ξ u 0 x ξ tdξ. R Mit 4π R e 4 ξ dξ = folgt, dass u x, t u 0 x = 4π ξ >t 4 e 4 ξ u 0 x ξ t u 0 x dξ. Schreiben wir = +. Dann finden wir für t 0, weil u R ξ >t /4 ξ <t /4 0 < gilt, dass 4π e 4 ξ u 0 x ξ t u 0 x dξ 4 4π u 0 e 4 ξ dξ ξ >t 4 t 4 und t 4 e 4 ξ dξ t 4 e 4 ξt /4 dξ = 4t /4 e 4 0 für t 0.

86 80 4. April 0 Kapitel 7, Die Wärmeleitungsgleichung I Wegen der Stetigkeit von u 0 folgt, dass 4π e 4 ξ u 0 x ξ t u 0 x dξ ξ <t 4 4π e 4 ξ sup { u 0 y u 0 x ; y x < t /4} dξ ξ <t 4 4π e 4 ξ dξ sup { u 0 y u 0 x ; y x < t /4} = R = sup { u 0 y u 0 x ; y x < t /4} 0. Es gilt also lim t 0 ux, t = u 0 x und diese Konvergenz ist gleichmäßig auf beschränkten Intervallen und sogar gleichmäßig auf R wenn u 0 gleichmäßig stetig ist. Weil u x, t u 0 y u x, t u 0 x + u 0 x u 0 y folgt wiederum mit der lokal gleichmäßigen Stetigkeit von u 0, dass lim x,t y,0 t>0 ux, t = u 0 y und so auch die Stetigkeit der Erweiterung von u, t bei t = 0 mit u 0. Abbildung 7.: Darstellung der Funktion aus Beispiel 7.. Beispiel 7. Man bekommt eine Lösung u C R R + C 0 R [0, \ {, 0, 0, 0,, 0} von 7.3 mit durch 0 für x,, für x [, 0, u 0 x = für x [0,, 0 für x [,, x + u x, t = erf t x erf x t erf t

87 7. Diffusionskern 4. April 0 8 mit erfξ = π ξ 0 e s ds. Obwohl diese Funktion nicht-stetige Anfangswerte hat, ist sie für t > 0 sogar unendlich oft differentierbar. Eine Skizze zu dieser Funktion findet man in Abbildung 7.. Für die Wärmeleitungsgleichung in mehr Dimensionen { t u x, t u x, t = 0 für x, t R n R +, u x, 0 = u 0 x für x R n, hat man: 7.4 Theorem 7.3 Wenn u 0 C b R n beschränkt und stetig, dann ist u : R n R + R wohldefiniert durch Es gilt: u x, t = 4πt n/ e x y R n u erfüllt die Differentialgleichung in 7.4; u C R n R + ; lim t 0 ux, t = u 0 x und 4t u 0 ydy für t > für u, fortgesetzt durch u 0 für t = 0, gilt u C b R n [0,. Bemerkung 7.3. Die Funktion p, definiert durch p n x, t = 4πt n/ e 4 x /t 7.6 nennt man die Fundamentallösung oder Diffusionskern für die Wärmeleitungsgleichung in Raumdimension n. Beweis. Wir zeigen, dass x, t 4πt n/ e 4 x /t für t > 0 die Differentialgleichung erfüllt: t t n/ e 4 x /t = t n/ n + 4 x t e 4 x /t, t n/ e 4 x /t = x t n/ e 4 x /t = t n/ n + x x t e 4 x /t. 4 Der Rest des Beweises ist ähnlich wie in einer Dimension. Wir betrachten anschließend die Wärmeleitungsgleichung mit einer Wärmequelle f: { t u x, t u x, t = fx, t für x, t R n R +, u x, 0 = 0 für x R n 7.7. Dazu nehmen wir die Lösungen U, ; s von { t U x, t; s U x, t; s = 0 für x R n und t > s, U x, s; s = fx, s für x R n. Man bekommt eine Lösung von 7.8 durch eine Zeitverschiebung in 7.5: U x, t; s = 4πt s n/ Ähnlich wie für die Wellengleichung hat man: e x y R n 7.8 4t s fy, sdy. 7.9

88 8 4. April 0 Kapitel 7, Die Wärmeleitungsgleichung I Theorem 7.4 Duhamel Sei f Cb Rn [0,. Für die Funktion u : R n R + R, definiert durch mit U wie in 7.9, gilt u x, t = t u erfüllt die Differentialgleichung in 7.7; lim t 0 ux, t = 0; u C R n [0,. 0 U x, t; s ds, Beweis. Weil f C b Rn [0, findet man U, ; s C b Rn [s, und es folgt t t U x, t; s ds = U x, t; s s=t + 0 Man bekommt t t 0 t U x, t; s ds = U x, t; s s=t + 0 t U x, t; s ds = f x, t + t 0 t 0 t U x, t; s ds. t U x, t; s ds = f x, t und aus der Beschränkheit von f, die zur Beschränktheit von U führt, dass lim t 0 t 0 U x, t; s ds = 0. Die letzte Aussage folgt aus U, ; s C b Rn [s,. 7. Mittelwert und Maximum Für harmonische Funktionen ist in Proposition.5 gezeigt, dass im Zentrum einer Kugel der Mittelwert über der Kugeloberfläche angenommen wird. Ein Ergebnis ähnlicher Art gilt für die Wärmeleitungsgleichung. Weil t und x sich nicht gleich verhalten, ist das Ergebnis komplizierter. Definition 7.5 Wir definieren eine Wärmeleitungskugel W x, t, r R n R durch { } W x, t, r = y, s R n R; s < t und 4π t s n/ x y e 4t s < r n. 7.0 Bemerkung 7.5. Sei p n der Diffusionskern. Dann gilt: x y 4π t s n/ e 4t s < r n < r n p n x y, t s. Sei v C {s, t ; 0 s t < }. Dann gilt für die rechte Ableitung von t vs, tds, dass: 0 + t t 0 = lim h 0 t+h vs, tds = lim h 0 h t+h t t vs, t + hds + 0 = vt, t + Ähnliches gilt auch für die linke Ableitung. vs, t + hds t 0 0 h t 0 vs, tds = vs, t + h vs, t ds h + t v s, t ds. =

89 7. Mittelwert und Maximum April 0 Abbildung 7.: Eine Wa rmeleitungskugel W x, t, r mit dem Punkt x, t in rot. Bemerkung 7.5. Einige Eigenschaften von W x, t, r. W x, t, r C fu r r > 0. Eine Wa rmeleitungskugel ist ein konvexes Gebiet, bei dem x, t der hoechste Punkt ist. Anders gesagt, x, t liegt in der Mitte oben auf W x, t, r. Fu r y, s W x, t, r gilt t mit cn = n n/. πe r < s < t und x y < cn r 4π Das letztere folgt aus n x y = x y n x y 4t s n/ 4π t s e π n/ 4 t sn/ n n/ n/ sup αn e α rn = rn. π πe α>0 x y e 4t s Weiter gilt y, s W x, t, c ry, r s W rx, r t, rc. Lemma 7.6 Sei W 0, 0, r wie in 7.0. Es gilt ZZ y dyds =. rn W 0,0,r 4s Beweis. Der Ausdruck ha ngt nicht von r ab, denn es gilt ZZ ZZ ZZ y ry n y dyds = r dy r ds = dyds. rn rn W 0,0,r 4s W 0,0, 4 r s W 0,0, 4s Wir substituieren σ = s und y = σz. Es folgt: Z Z e z /n 4π y 4σ z n σ dσdz = dyds = 4σ W 0,0, 4s z Rn σ=0 Z Z n+ h n i 4π e z /n ω n = σ z dz = n/ e r rn+ dr = π n r=0 0 z Rn n Z ωn ω n = n/ e t tn/ dt = n/ Γ n+ =. π n t=0 π n ZZ Fu r den Fla cheninhalt ω n der Einheitsspha re in Rn gilt na mlich ω n = nπ n/ /Γ n+.

90 84 4. April 0 Kapitel 7, Die Wärmeleitungsgleichung I Theorem 7.7 Mittelwerteigenschaft für die Wärmeleitungsgleichung Sei U R n R + ein offenes Gebiet. Wenn die Funktion u C U die Wärmeleitungsgleichung t u x, t u x, t = 0 auf U erfüllt, dann gilt u x, t = 4r n W x,t,r u y, s für jede Wärmeleitungskugel W x, t, r mit W x, t, r U. x y t s dyds Beweis. Ohne Verlust der Allgemeinheit können wir annehmen, dass x = 0 und t = 0. Wir betrachten φ r = u y, s y 4r n W 0,0,r s dyds = = u ry, r s ry 4r n W 0,0, r s rn+ dyds = u ry, r s y 4 W 0,0, s dyds. Es gilt Schreiben wir φ r = 4 = r n+ W 0,0, W 0,0,r y u ry, r s + rs t u ry, r s y s dyds = y y y u y, s + 4s s tu y, s dyds = ψ y, s, r = log r n p n y, s = n log r n log 4πs + y 4s so folgt ψ y, s, r = y s und sψ y, s, r = ns 4 y s. Bemerke, dass ψ y, s, r = 0 auf W 0, 0, r. Wir finden, wenn wir nach y, nach s und wieder nach y partiell integrieren, dass = y r n+ W 0,0,r 4s y u y, s + y ψ y, s, r su y, s dyds = = y r n+ W 0,0,r 4s y u y, s ψ y, s, r n su y, s + y s u y, s = r n+ Also gilt W 0,0,r = r n+ = n r n+ y 4s + sψ y, s, r y u y, s n ψ y, s, r s u y, s n s y u y, s n ψ y, s, r u y, s dyds = W 0,0,r W 0,0,r ψ y, s, r u y, s + ψ y, s, r u y, s dyds = 0. φ r = lim φ ρ = lim ρ 0 ρ 0 4ρ n W 0,0,ρ wegen der Stetigkeit von u. u y, s y dyds = u 0, 0 s dyds = dyds =

91 7.3 Maximumprinzip und Eindeutigkeit 4. April Maximumprinzip und Eindeutigkeit Für harmonische Funktionen folgt aus Korollar.6, dass eine harmonische Funktion ihr Maximum nur auf dem Rand annehmen kann. Auch für Lösungen der Wärmeleitungsgleichung gilt ein ähnliches Ergebnis. Definition 7.8 Sei R n offen. Man definiert den parabolischen Rand von 0, T durch P 0, T = {0} 0, T. Out[5]= Abbildung 7.3: 0, T und sein parabolischer Rand P 0, T Theorem 7.9 Das starke Maximumprinzip für die Wärmeleitungsgleichung auf beschränkten Gebieten Sei R n offen, beschränkt und zusammenhängend. Sei u C 0, T C [0, T ] eine Lösung der Wärmeleitungsgleichung Dann gilt: t u u = 0 auf 0, T.. Das Maximum wird auf dem parabolischen Rand angenommen: max { u x, t ; x, t [0, T ] } = max {u x, t ; x, t P 0, T }.. Wenn das Maximum in x 0, t 0 0, T ] angenommen wird, also dann ist u konstant auf [0, t 0 ]. u x 0, t 0 = max { u x, t ; x, t [0, T ] }, Beweis. Wir setzen M = max { u x, t ; x, t [0, T ] } und nehmen an, dass es x 0, t 0 0, T ] gibt, mit u x 0, t 0 = M. Dann gilt für jede Wärmeleitungskugel W x 0, t 0, r [0, T ], dass M = u x 0, t 0 = 4r n 4r n W x 0,t 0,r W x 0,t 0,r M x 0 y dyds = M. t 0 s u y, s x 0 y t 0 s dyds Gleichheit tritt nur auf, wenn u y, s = M für y, s W x 0, t 0, r. Wir können r so gross nehmen, dass P 0, T von W x 0, t 0, r berührt wird. In diese Berührungstelle x, t gilt u x, t = M und die erste Aussage ist bewiesen.

92 86 4. April 0 Kapitel 7, Die Wärmeleitungsgleichung I x 0, t 0 xt, t u M u M Abbildung 7.4: Die Verwendung von Wärmeleitungskugeln für das Maximumprinzip Für die zweite Behauptung nehmen wir an, dass es x, t [0, t 0 gibt mit u x, t < M. Sei x : [t, t 0 ] eine Kurve, die x mit x 0 verbindet. Dann verbindet t x t, t den Punkt x, t mit x 0, t 0. Setze t = sup {t [t, t 0 ] ; u x t, t < M}. 7. Es gibt W x t, t, r [0, T ] mit r > 0 und ε > 0 derart, dass x t, t W x t, t, r für t t ε, t. Weil u x t, t = M gilt, folgt aus dem ersten Teil des Beweises, dass u x, t = M auf W x t, t, r und dies ist ein Widerspruch zu 7.. Korollar 7.0 Eindeutigkeit auf beschränkten Gebieten Sei ein offenes und beschränktes Gebiet in R n und sei T > 0. Das Anfangs-/ Randwertproblem t u x, t = f x, t für x, t 0, T, u x, 0 = u 0 x für x, u x, t = ϕ x, t für x, t 0, T, hat höchstens eine Lösung u in C 0, T C [0, T ]. Beweis. Wenn es zwei Lösungen u und u gibt, wendet man Theorem 7.9 an auf w = u u und auf w für jede Zusammenhangskomponente von [0, T ].

93 Partielle Differentialgleichungen Kapitel 8 Die Wärmeleitungsgleichung II 8. Eindeutigkeit unter einer Wachstumsbedingung Theorem 8. Ein starkes Maximumprinzip für die Wärmeleitungsgleichung auf R n unter einer Wachstumsbedingung Sei T > 0 und sei u C R n 0, T C R n [0, T ] eine Lösung der Wärmeleitungsgleichung die die folgende Bedingung erfüllt: t u u = 0 auf R n 0, T, Es gibt C & A derart, dass u x, t Ce A x für x, t R n [0, T ]. Dann gilt sup {u x, t ; x, t R n [0, T ]} = sup {u x, 0 ; x R n }. Beweis. Nehme an, dass es y, t R n 0, T gibt mit u y, t > M := sup {u x, 0 ; x R n }. Wir fangen an mit dem Fall, dass t so klein ist, dass 4At <. Dann gibt es ε > 0 mit 4A t + ε <. Man definiere für δ > 0 die Funktion und man nehme δ so klein, dass δ v δ x, t = u x, t t + ε t v δ y, t = u y, t n/ exp x y 4 t + ε t δ > M. εn/ Es gilt t v δ x, t = 0 für x, t R n 0, t + ε. Nehme r = B r y. Wir haben v δ x, 0 u x, 0 M für x r, 87

94 88 4. April 0 Kapitel 8, Die Wärmeleitungsgleichung II und für x, t r 0, t gilt δ r v δ x, t = u x, t exp n/ t + ε t 4 t + ε t C exp A x δ r exp n/ t + ε t 4 t + ε t C exp A y + r δ exp n/ t + ε 4 t + ε r. Weil A < 4t +ε, folgt v δ x, t für x, t B r y 0, t, wenn r. Wir können dann r derart groß nehmen, dass Mit Theorem 7.9 gilt v δ x, t M für x r. M < sup {v δ x, t ; x, t r 0, t } = sup {v δ x, t ; x, t P r 0, t } M, ein Widerspruch. Wenn die Annahme 4At < nicht erfüllt ist, teilt man das Intervall 0, t auf in kleinere Intervalle und zeigt das Maximumprinzip nacheinander auf 0, n t, n t, n t, usw. Korollar 8. Eindeutigkeit auf R n bei einer Wachstumbedingung Sei T > 0. Sei u C R n 0, T C R n [0, T ] eine Lösung von { t u x, t = f x, t für x, t R n 0, T, u x, 0 = u 0 x für x R n, die die folgende Wachstumbedingung erfüllt: Es gibt C und A derart, dass Es gibt höchstens eine solche Lösung. u x, t Ce A x für x, t R n [0, T ]. Beweis. Man wende Theorem 8. an auf die Differenz zweier Lösungen. 8. Eindeutigkeit mit Hilfe der Energiefunktion Die Eindeutigkeit für das Anfangs-/ Randwertproblem lässt sich bei beschränkten Gebieten mit C einfacher zeigen. Wenn u und u Lösungen in C 0, T ] C [0, T ] sind von { t u x, t = f x, t für x, t 0, T, u x, t = ϕ x, t für x, t 0, T, 8. definiert man für w = u u die Energiefunktion E durch Et = w x, t dx. 8.

95 8. Eindeutigkeit mit Hilfe der Energiefunktion 4. April 0 89 Lemma 8.3 Sei, u, u, w und E wie oben. Dann gilt E t 0. Korollar 8.4 Sei beschränkt mit C und sei u 0 C. Dann hat 8. mit u x, 0 = u 0 x höchstens eine Lösung in C 0, T ] C [0, T ]. Beweis. Man findet, dass E t = w x, t t w x, t dx = w x, t w x, t dx = w x, t w x, t dx w x, t dx n = w x, t dx 0. Wir haben die Differentialgleichung und partielle Integration verwendet, und außerden dass w x, t = 0 für x. Das Lemma ist so bewiesen. Für das Korollar bemerkt man, dass aus der Definition folgt, dass E t 0. Also wenn E 0 = 0 gilt, dann folgt, dass E t = 0 für alle t 0. Weil w x, 0 = 0 hat man E 0 = 0 und so findet man 0 Et E 0 = 0. Wenn E t = 0 folgt w x, t = 0 und die Eindeutigkeit. Diese Energiefunktion E können wir auch verwenden um Eindeutigkeit der Anfangswerte zu zeigen. Dieses Problem ist wesentlich anders, denn eine Lösung rückwärts zu finden ist im Allgemeinen nicht möglich. Theorem 8.5 Wir betrachten 8. mit f und ϕ gegeben und u 0 unbekannt. Das Gebiet sei beschränkt und C. Wenn u, u C [0, T ] Lösungen von { t u x, t = f x, t für x, t 0, T, u x, t = ϕ x, t für x, t 0, T, 8.3 sind ohne u 0 vorzuschreiben! und dann gilt u = u auf [0, T ]. u x, T = u x, T, Beweis. Wir betrachten E t aus 8.. Es gilt E t = 4 w x, t t w x, t dx = = 4 w x, t t w x, t dx = 4 w x, t dx. Wir haben hier verwendet, dass w x, t = 0 auf [0, T ] und daher auch t w x, t = 0 auf [0, T ]. Mit Cauchy-Schwarz gilt dann, dass E t = w x, t w x, t dx w x, t dx w x, t dx,

96 90 4. April 0 Kapitel 8, Die Wärmeleitungsgleichung II t t x x Abbildung 8.: Schematische Darstellung vorgeschriebener Randwerte bei der Wärmeleitungsgleichung. Obwohl die Eindeutigkeit für beide Fälle gilt, heißt das noch nicht, dass beide Randwertprobleme wohldefiniert sind im Sinne von Hadamard. Mit Anfangswert u x, 0 = u 0 x und u 0 C kann man Existenz und Robustheit zeigen. Für u x, T = u x und u C gilt dies nicht. anders gesagt, dass E t EtE t. Wegen unserer Annahme gilt E T = 0. Wenn E t = 0 auf [0, T ] wären wir fertig. Nehmen wir also an, es gibt ein Interval [t, t ] [0, T ] mit E t > 0 für t [t, t und E t = 0. Weil E t > 0 auf diesem Intervall gilt, ist log E t wohldefiniert. Es folgt, dass d log E t = d dt dt E t = E tet E t 0. Et Et Dann ist t log E t convex auf [t, t und für t [t, t gilt log E s t + st s log E t + s log E t für s [0, ]. Anders geschrieben wird dies und weil E stetig ist, folgt E s t + st E t s E t s für s [0, ], E s t + st E t s E t s = 0 für s 0, ]. So findet man E t = 0 für t t, t ] und das widerspricht der Annahme. 8.3 Regularität Wir haben gesehen, dass die Lösung der Wärmeleitungsgleichung in R n 0, T mit f = 0 unendlich oft differenzierbar ist, sogar wenn x u x, 0 nur stetig ist. Dies gilt auch für die Wärmeleitungsgleichung in 0, T mit R n. Obwohl wir keine explizite Lösung zur Verfügung haben und sogar noch nicht einmal die Existenz einer Lösung gezeigt haben, können wir doch diese Regularität zeigen. Theorem 8.6 Sei u C 0, T C [0, T ] eine Lösung von 8. mit f x, t = 0. Dann gilt u C 0, T.

97 8.3 Regularität 4. April 0 9 x 0,t 0 Abbildung 8.: Die Zylinder Z Z Z 3 aus dem Beweis zu Theorem 8.6. Beweis. Sei x 0, t 0 0, T. Wir zeigen diese Regularität in x 0, t 0 und definieren dazu die Zylinder Z x 0, t 0, r = { x, t ; x x 0 < r und t 0 r < t < t 0 }. Nehme an Z x 0, t 0, r 0 0, T und setze Z = Z x 0, t 0, r 0, Z = Z x 0, t 0, 3 4 r 0 und Z3 = Z x 0, t 0, r 0. Sei χ C R n R so definiert, dass für x, t Z, χ x, t =... für x, t Z \ Z, 0 für x, t Z, und definiere v x, t = { χ x, t u x, t für x, t Z, 0 für x, t Z. Bemerke, dass v C R n 0, T C R n [0, T ] gilt, dass und außerdem, dass v x, 0 = t v x, t = t χ x, t u x, t χ x, t u x, t χ x, t u x, t =: f x, t 8.5 Weil χ x, t = auf Z und χ x, t = 0 auf Z für f x, t = 0 für x, t Z Z c und es gilt, dass f C R n [0, T ]. Mit Duhamel findet man eine Lösung von und weil diese beschränkte Lösung eindeutig ist wegen Theorem 8., folgt x y v x, t = exp f y, s dyds. n/ y,s Z \Z 4π t s 4 t s Für x, t Z 3 gilt χ x, t = und also auch x y u x, t = exp f y, s dyds für x, t Z n/ 3. y,s Z \Z 4π t s 4 t s

98 9 4. April 0 Kapitel 8, Die Wärmeleitungsgleichung II Es sei bemerkt, dass x, t Z 3 und y, s Z \ Z bedeutet, dass man der singulären Stelle im Integral, nämlich y, s = x, t, fern bleibt. Es gilt also, dass x y x, t exp C Z n/ 3. 4π t s 4 t s Mit dem Satz zu Majorisierter Konvergenz lässt sich Differenzieren und Integrieren vertauschen und es folgt, dass auch u C Z Existenz auf beschränkten Gebieten Wir werden hier skizzieren wie man die Existenz einer Lösung zu t u x, t = 0 für x, t 0, T, u x, 0 = u 0 x für x, u x, t = 0 für x, t 0, T, bekommen kann. Man versucht Lösungen zu finden für { t u x, t = 0 für x, t 0, T, u x, t = 0 für x, t 0, T, die folgende Form haben: Für eine solche Lösung gilt und wenn u nicht trivial ist, findet man Das bedeutet wiederum, dass u x, t = XxT t. 8.8 XxT t XxT t = 0 T t T t = Xx Xx. T t T t = Xx Xx Man findet eine passende Funktion u wie in dem Seperationsansatz 8.8, wenn man eine Lösung hat vom zugehörigen Eigenwertproblem. = c. Definition 8.7 Sei R n ein beschränktes und zusammenhängendes Gebiet. Man nennt { X x = λx x für x, Xx = 0 für x, 8.9 wo sowohl die Funktion X C C 0, als auch die Konstante λ R gesucht wird, ein Eigenwertproblem. Für ein Paar X, λ, das dieses Problem erfüllt, nennt man X eine Eigenfunktion und λ den zugehörigen Eigenwert. Bemerkung 8.7. Meistens reicht es, wenn die Eigenfunktion nur im schwachen Sinnen das Eigenwertproblem 8.9 erfüllt. Das heißt, man sucht X W, 0 derart, dass Xx ϕx λxxϕxdx = 0 für alle ϕ C0. Wenn das Gebiet keinen glatten Rand hat kann es sein, dass es nur schwache Lösungen gibt.

99 8.4 Existenz auf beschränkten Gebieten 4. April 0 93 Definition 8.8 Der Raum W, 0 ist definiert als der Abschluß von C 0 in der W, -Norm: W, 0 := C 0 W,, mit f W, = f L + f L. Bemerkung 8.8. Man hat C C 0 W, 0. Wenn mehrdimensional ist, sind Funktionen in W, 0 im Allgemeinen nicht mal stetig. Wie bei Eigenvektoren kann man auch eine Eigenfunktion mit einer Zahl multiplizieren und es bleibt eine Eigenfunktion mit dem gleichen Eigenwert. Es ist auch hier üblich, diese abhängigen Eigenfunktionen als eine Eigenfunktion zu benennen. Beispiel 8.9 Das Eigenwertproblem { X x = λx x für 0 < x <, Xx = 0 für x {0, }, hat als Lösungen {X k, λ k ; k N + } mit X k x = sin kπx und λ k = k π. Man kann folgendes zeigen: { X k ; k N +} ist ein vollständiges orthonormales System in L 0,. Orthonormal in L 0, bedeutet Xk, { für k = l, X l = 0 für k l, für f, g = fxgxdx. Vollständig bedeutet, dass es für jede u 0 0 L 0, eine Approximation im L 0, -Sinne gibt: lim n u 0 n k= Xk, u 0 Xk L 0, = 0. Out[43]= Abbildung 8.3: Darstellung der ersten 5 Eigenfunktionen aus Beispiel 8.9. Wenn X k eine Eigenfunktion mit Eigenwert λ k für 8.9 ist, dann hat man auch eine Lösung von 8.6 mit u x, 0 = X k x, nämlich Man sieht sofort, dass u x, t = e λ kt X k x. t u x, t = λ k e λ kt X k x + λ k e λ kt X k x = 0, u x, 0 = e λ k0 X k x = X k x, u x, t x {0,} = e λ kt X k x x {0,} = 0.

100 94 4. April 0 Kapitel 8, Die Wärmeleitungsgleichung II Für u x, 0 = n k= c kx k t findet man als Lösung dieser linearen Differentialgleichung u x, t = n c k e λkt X k x. k= Ohne Beweis beschreiben wir, wie man allgemeine Anfangswerte mit einem solchen Ansatz angehen kann. Behauptung 8.0 Ist folgendes erfüllt:. {X k } k N ist ein vollständiges orthonormales System von Eigenfunktionen in L, die 8.9 im schwachen Sinne erfüllen;. {λ k } k N hat höchstens endlich viele negative Eigenwerte; 3. u 0 L, dann gilt: Die Funktion u, t L ist für t 0 wohldefiniert durch t u, t L 0, T ; L ; lim t 0 u, t u 0 L 0, = 0; u x, t := lim n n k= e λ kt X k, u 0 X k x; Wenn zusätzlich gilt, dass u 0 W, 0, dann folgt t u, t L 0, T ; W, 0 ; u ist eine schwache Lösung der Differentialgleichung t u = 0. Das bedeutet, dass für alle ϕ C 0 T 0 0, T gilt u x, t t ϕ x, t u x, t ϕ x, t dxdt = 0. Ohne nähere Bedingungen am Rand, wie zum Beispiel C,γ, kann man nicht die Existenz einer klassischen Lösung zeigen. Auch wenn u 0 C kann es sein, dass u, t für t > 0 nicht stetig bis auf ist. Im Inneren von 0, T wird die Lösung wie vorher unendlich oft differenzierbar sein. Ein Seperationsansatz, der zu explizit berechenbaren Lösungsformeln führt, gibt es meistens nur, wenn genügend Symmetrie vorhanden ist und man keine wilden Randwerte hat. Für t u x, t = 0 für x, t R +, u x, 0 = u 0 x für x, 8.0 u x, t = 0 für x, t R +, findet man so eigentlich nur eine Lösung, wenn ein Rechteck, Quader, Kreis, Halbkreis, Kugel usw. ist.

101 8.4 Existenz auf beschränkten Gebieten 4. April 0 95 Beispiel 8. Für ein Rechteck, sagen wir = 0, a 0, b, braucht man die Eigenwerte und Eigenfunktionen zu { ϕ x = λϕ x für x, 8. ϕ x = 0 für x. Die Eigenwerte und Eigenfunktionen sind k λ k,l = a + l b π, ϕ k,l x, x = ab sin k π a x sin l π b x, und { ϕ k,l } k,l= ist ein vollständiges Orthonormalsystem für L. Für u 0 L kann man die Lösung zu 8.0 wie folgt schreiben: u x, t = u 0, ϕ kl e λklt ϕ kl x k,l= Out[38]= Abbildung 8.4: Darstellung der ersten 5 Eigenfunktionen aus Beispiel 8.. Beispiel 8. Für einen Kreis, sagen wir = B 0, braucht man die Eigenwerte und Eigenfunktionen zu 8., die man mit einem zweiten Seperationsansatz, nämlich ϕ r cos θ, r sin θ = R r Θ θ, via r rr r Θ θ r R r Θ θ = λr r Θ θ überführt in { r rr r = λ µ r R r für r 0,, R = R 0 = 0, 8. und { Θ θ = µ Θ θ für θ 0, π, Θ θ = Θ θ + π. 8.3 Die Eigenwerte und Eigenfunktionen für 8.3 sind µ n = n mit n N, Θ n,0 θ = cos nθ für n N, Θ n, θ = sin nθ für n N +.

102 96 Kapitel 8, Die Wa rmeleitungsgleichung II 4. April 0 Mit Hilfe der Besselfunktionen und ihrer Nullstellen findet man Lo sungen fu r 8. mit µ = n und so die Eigenwerte und Eigenfunktionen fu r das Eigenwertproblem 8. auf dem Kreis B 0: λn,m = jn,m, ϕn,m,0 r cos θ, r sin θ = cos nθ Jn jn,m r fu r n N und m N+, ϕn,m, r cos θ, r sin θ = sin nθ Jn jn,m r fu r n N+ und m N+. Hier ist Jn die n-te Besselfunktion erster Gattung und jn,m die m-te positive Nullstelle von Jn. Nach Normierung bilden diese Eigenfunktionen ein vollsta ndiges Orthogonalsystem. Dass dieses System vollsta ndig ist, haben wir hier jedoch nicht bewiesen. Out[4]= Abbildung 8.5: Darstellung von 5 Eigenfunktionen aus Beispiel 8.: ϕ0,,0, ϕ,,0, ϕ,,, ϕ,,0 und ϕ0,, Abbildung 8.6: Friedrich Wilhelm Bessel und die nach ihm benannten Funktionen. 8.5 Zwei Gegenbeispiele Beispiel 8.3 Wir haben gesehen, dass wenn u C Rn 0, T C Rn [0, T ] eine Lo sung ist von t u x, t = 0 fu r x, t Rn 0, T, 8.4 u x, 0 = u0 x fu r x Rn, sogar gilt, dass u C Rn 0, T. Dies bedeutet, dass das Ru ckwa rtsproblem t u x, t = 0 fu r x, t Rn T, 0, u x, 0 = u0 x fu r x Rn, nur mo glicherweise lo sbar ist, wenn u0 C Rn. 8.5

103 8.5 Zwei Gegenbeispiele April 0 Aber wenn es der Zufall sogar will, dass 8.5 lo sbar ist, zeigt folgendes Beispiel von Hadamard, dass die Robustheit verletzt ist. Sei uε x, t = εe t/ε sin x/ε. Man berechnet sofort, dass t x uε x, t = 0 fu r x, t R R und dass uε x, 0 = ε sin x/ε ε. Auch gilt fu r beliebige t < 0, dass lim kuε x, tkl R = lim εe t/ε sin x/ε ε 0 ε 0 L R = lim εe t/ε =. ε 0 Das heißt, man kann kleine Sto rungen beim Anfangswert angeben mit beliebig großen A nderungen in der Lo sung. 5 x x u 0 u t t 0.0 Abbildung 8.7: Links eine Skizze zu dem Gegenbeispiel von Hadamard mit ε = 5. Rechts die Funktion von Tychonov aus Beispiel 8.4. Beispiel 8.4 Wir haben die Eindeutigkeit gezeigt fu r die Lo sung zu t u x, t = f x, t fu r x, t Rn R+, u x, 0 = u0 x fu r x Rn, wenn die Lo sung zusa tzlich eine Wachstumsbedingung erfu llt: Es gibt C&A mit u x, t CeA x fu r alle x, t R [0,. Tychonov hat sich folgendes Beispiel u berlegt. Man definiere u x, t = X tn φ t n=0 mit φ t = e /t 0 xn fu r x, t R n! fu r t 6= 0, fu r t =

104 98 4. April 0 Kapitel 8, Die Wärmeleitungsgleichung II Man kann zeigen, dass die Reihe gleichmäßig konvergiert auf kompakten Teilmengen von R R und sogar dass n t φ t xn n! n n! x n exp x n exp. n! t 4t n! t 4t Es folgt und x 4x t u x, t exp exp = exp t 4t 4t lim u x, t = 0. t 0 Dieser Grenzwert gilt für jedes x aber die Konvergenz ist nicht gleichmäßig! Auch gilt 8.7 t x t n φ t xn n! = t n+ φ t xn n! n=0 n=0 n= n t φ t x n n! = 0. Die Funktion u ist also eine nicht-triviale Lösung von { t u x, t = 0 für x, t R R +, u x, 0 = 0 für x R. 8.8 Es folgt selbstverständlich nicht aus 8.7, dass die C&A-Bedingung nicht erfüllt ist. Man kann jedoch zeigen, dass die Abschätzung in 8.7 fast optimal ist und dass u tatsächlich die C&A-Bedingung nicht erfüllt. Mehr Details zu diesen Beispielen findet man im Buch von DiBenedetto.

105 Partielle Differentialgleichungen Kapitel 9 Die Laplace- und Poisson- Gleichungen Die Struktur bei elliptischen Gleichungen zweiter Ordnung ist nicht wesentlich verschieden bei Operatoren mit konstanten oder nicht-konstanten Koeffizienten. Technische Aspekte können leider unverhältnismäßig kompliziert werden bei allgemeinen elliptischen Randwertproblemen. Wir werden uns deshalb oft beschränken auf einen Prototyp elliptischer Differentialgleichungen, nämlich die Poisson-Gleichung u = f. 9. Den Differentialoperator = n i= nennt man Laplace-Operator 3. Setzt man f = 0 in 9., wird sie Laplace-Gleichung genannt. Meistens sucht man Lösungen von 9. auf einem Gebiet R n mit vorgegebenen Randwerten auf. i 9. Fundamentallösung Definition 9. Sei n {, 3, 4,... }. Die Funktion F n : R n [0, ] definiert durch F x = ln x, π nennt man die Fundamentallösung zu. F n x = n ω n x n für n 3, Bemerkung 9.. Man findet eine Fundamentallösung für einen rotationsinvarianten Operator wie wenn man eine passende Lösung von f x = 0 für x > 0 nimmt. Das heißt, man sucht f : R + R derart, dass r n r r n r f r = 0. Siméon Denis Poisson bekam in 80 eine Professur an die L École Polytechnique in Paris. Er war ein Schüler von Pierre-Simon Marquis de Laplace. Stochastiker nehmen oft = n i= x i und für Potentialtheoretiker gilt = n i= x i. 3 Pierre-Simon Marquis de Laplace war ein Schüler von Jean-Baptiste le Rond d Alembert. 99

106 00 4. April 0 Kapitel 9, Die Laplace- und Poisson-Gleichungen Es gilt nämlich und via = f x = n i= f x x x f xi x + f x x = n xi f x x i x + f x x x = i= n x x x x x f r + n f r = r n r r n r f r r = f x + n f x x folgt f r = c r n + c wenn n und f r = c log r + c wenn n =. Die zweite Konstante spielt keine Rolle und c sollte man derart wählen, dass folgendes gilt. Lemma 9. Im Sinne von Distributionen gilt F n = δ 0. Beweis. Man soll zeigen, dass für alle ϕ D R n oder S R n gilt R n F n x. ϕ x dx = ϕ0. Wie bei Proposition.5 verwendet man, dass F n L loc Rn C R n \ {0} und dass F n x = 0 für x 0. Nehmen wir ϕ D R n so gibt es eine Kugel B R 0, die den Träger von ϕ umfasst, und es gilt F n x ϕ x dx = lim F n x ϕ x dx = R n ε 0 B R 0\B ε0 = lim F n x ϕ x F n x ϕ x νdσ x + ε 0 B R 0\B ε0 F n x ϕ x dx = B R 0\B ε0 = lim F n x ϕ x νdσ x lim F n x ϕ x νdσ x. ε 0 B ε 0 ε0 B ε0 Man findet für n >, dass F n x ϕ x νdσ x ε n ϕ B ε0 n ω n F n x ϕ x ϕ 0 νdσ x ε n ϕ ω n B ε0 B ε0 B ε0 dσ x = ϕ n ε, x dσ x ϕ ε. Es folgt R n F n x ϕ x dx = lim ε 0 B ε0 = lim x ε 0 B n ε0 ω n ε n ϕ 0 dσ x = lim ϕ 0 ε 0 ω n F n x ϕ 0 νdσ x = B ε0 dσ x = ϕ 0.

107 9. Fundamentallösung 4. April 0 0 Für ϕ S R n benutzt man, dass ϕ und ϕ schneller als jedes Polynom nach 0 konvergiert für x. Wenn F n = δ 0 im Sinne von Distributionen, dann gilt im gleichen Sinne auch Anders gesagt F n y = δ 0 y = δ y. R n F n x y ϕ x dx = ϕy. Wenn ϕ = f gilt, so hat man, wenn man x und y vertauscht und F n z = F n z bemerkt, dass ϕ x = F n x y f y dy. 9. R n Man nennt 9. eine Darstellungformel für ϕ = f. Das heißt, wenn für ϕ und f gilt, dass ϕ = f, dann gilt auch 9.. Sie ist noch keine Lösungsformel. Das werden wir nun zeigen: Proposition 9.3 Sei f C0 R n und setze u x = F n x y f y dy. 9.3 R n Dann gilt u C R n und u = f in R n. Beweis. Wenn man bedenkt, dass u x = F n x y f y dy und R n R n F n x y f y dy = 0, dann kann man anscheinend Integral und -Operator nicht vertauschen, x F n x y f y dy = x F n x y f y dy R n R n Falsch denn dann wäre die Proposition falsch. Der Grund ist, dass die zweiten Ableitungen von x F n x y nicht integrierbar sind. Die Sätze über majorisierte oder monotone Konvergenz sind nicht anwendbar. Die ersten Ableitungen von x F n x y sind aber lokal integrierbar, und mit majorisierter Konvergenz und einer partiellen Integration folgt u x = F n x y f y dy = x F n x y f y dy = R n R n = y F n x y f y dy = F n x y f y dy. 9.4 R n R n Also ist u differenzierbar und weil f stetig ist und F n x y f y dy = F n z x f x z dy R n R n gilt, findet man, dass u stetig ist, also gilt u C R n.

108 0 4. April 0 Kapitel 9, Die Laplace- und Poisson-Gleichungen Auch gilt, dass xi xj u x = xi F n x y j f y dy = xi F n x y j f y dy = R n R n = i F n z j f x z dy R n existiert und sogar stetig ist. Also gilt u C R n. Weiter folgt u x = F n x y f y dy = R n x F n x y f y dy = R n = y F n x y f y dy. R n Wir bohren wieder ein kleines Loch, diesmal um x herum und finden y F n x y f y dy = lim y F n x y f y dy = R n ε 0 R n \B εx = lim y F n x y f y ν dσ y y F n x y f y dy = ε 0 B εx R n \B εx = lim x y ε 0 B n f y dσ x = f x. εx ω n Nicht nur der letzten Schritt ist ähnlich wie im Beweis von Lemma 9.. Dieses Lemma hat als Vorrausetzung, dass f stetig differenzierbar ist und eine kompakten Träger hat. Beide Bedingungen kann man abschwächen. Es reicht wenn f integrierbar ist und wenn die rechte Seite in 9.3 wohldefiniert ist. Wir werden diesem hier nicht weiter nachgehen. Wir möchten die Annahmen nur in einer Richtung etwas abschwächen. Um zu zeigen, dass u definiert durch 9.3 in x 0 zweimal stetig differenzierbar ist reicht es, wenn f in einer Umgebung von x 0 stetig differenzierbar ist. Sei x 0 R n. Man nehme χ C0 χx = Dann gilt u x = B ε x 0 R n derart, dass F n x y χ y f y dy + für x x 0 ε,... für ε < x x 0 < ε, 0 für x x 0 ε. R n \B εx 0 F n x y χ y f y dy. Nehmen wir x B ε x 0, so gilt für y R n \B ε x 0, dass x y ε. Dies bedeutet, das die singuläre Stelle im rechten Integral mindestens ε vom Integrationsgebiet entfernt liegt und somit folgt sogar für f L R n, dass x F n x y χ y f y dy C B ε/ x 0. R n \B εx 0 Für das linke Integral können wir Proposition 9.3 verwenden. Für f C B ε x 0 folgt x B ε x 0 F n x y χ y f y dy C R n.

109 9. Randwertprobleme 4. April 0 03 Übrigens gilt für f L R n mit kompaktem Träger, dass u in 9.3 wohldefiniert ist und sogar dass x F n x y f y dy C R n. 9.5 R n Es gilt nämlich, dass wenn der Träger von f in B R 0 liegt, dass F n x y f y dy = F n x y f y dy R n B R 0 f L R n F n x ydy C R f L R n. B R 0 Für f 0 kann man den Satz zur majorisierten Konvergenz verwenden um zu zeigen, dass lim F n z y f y dy = lim F n w f w z dw = z x R n z x R n = F n w f w x dw = F n x y f y dy. R n R n Das liefert 9.5. Wir fassen zusammen: Lemma 9.4 Sei f L R n und nehme an, f hat einen kompakten Träger. Dann ist u x = F n x y f y dy. R n wohldefiniert und es gilt u C R n. Wenn außerdem f Bε B C x 0 ε x 0, dann gilt u Bε/ B C x 0 ε/ x und ux = fx für x B ε/ x 0. Bemerkung 9.4. Statt anzunehmen, dass f einen kompakten Träger hat, reicht es wenn f genügend schnell fallend ist: für k R + genügend groß. lim + x k f x = 0 x 9. Randwertprobleme Das eigentliche Problem, an dem man interessiert ist, ist { u = f in, u = ϕ auf. 9.7 Wir werden grob einige Möglichkeiten beschreiben, wie man dieses Problem angehen kann. Vorher geben wir zwei Möglichkeiten an, wie man dieses Problem vereinfachen kann.

110 04 4. April 0 Kapitel 9, Die Laplace- und Poisson-Gleichungen Es sei bemerkt, dass wenn man { v = f in, v = 0 auf, und { w = 0 in, w = ϕ auf, 9.8 für allgemeine f und ϕ lösen kann, man auch 9.7 lösen kann. Denn seien v und w Lösungen von 9.8, dann ist u = v + w eine Lösung von 9.7. Manchmal braucht man aber nur eine der beiden aus 9.8 lösen zu können: Wenn man das rechte Randwertproblem in 9.8 lösen kann, dann kann man auch 9.7 lösen: Setze u = F n x y f y dy und sei w eine Lösung von { w = 0 in, w = ϕ u auf, so findet man, dass u = u + w eine Lösung ist von 9.7. Wenn man das linke Randwertproblem in 9.8 lösen kann und ϕ = Φ C, dann kann man auch 9.7 lösen: Sei v eine Lösung von { v = f + Φ in, für Φ v = 0 auf, so ist u = v + Φ eine Lösung von Die Methode von Perron Für harmonische Funktionen u auf, also u = 0 in, sagt Proposition.5, dass u x 0 = ux dσ ω n r n x für jede Sphäre B r x 0 mit B r x 0. B rx 0 Diese Aussage ist gleichwertig zu u x 0 = n ω n r n B rx 0 ux dx für jede Sphäre B r x 0. Den Flächeninhalt der Einheitssphäre in R n nennen wir ω n ; das Volumen der Einheitskugel in R n ist dann n ω n. Definition 9.5 Eine Funktion u C nennt man superharmonisch auf, wenn u x 0 n ux dx für jede Sphäre B ω n r n r x 0. B rx 0 Eine Funktion u C nennt man subharmonisch auf, wenn u x 0 n ux dx für jede Sphäre B ω n r n r x 0. B rx 0

111 9. Randwertprobleme 4. April 0 05 Für { u = 0 in, u = ϕ auf, kann man wie folgt verfahren. Ansatz 9. Mit Hilfe des Maximum Prinzips Perron 4 definiert S ϕ = { u C ; u superharmonisch in und u ϕ auf } und setzt ū x = inf { u x ; u S ϕ }. Man kann zeigen, dass ū harmonisch ist auf und dass u ϕ auf. Wenn man zusätzlich annimmt, dass einen netten Rand hat und ϕ stetig ist, kann man sogar zeigen, dass ū C und ū = ϕ auf. Was genau nett ist, soll noch erklärt werden. Das Maximum Prinzip sagt aus, dass eine subharmonische Funktion ein Maximum nur am Rand des Gebietes annehmen kann. Für eine superharmonische Funktion folgt, dass sie ein Minimum nur am Rande annehmen kann und so auch dass ū min {ϕx; x }. 9.. Mit Hilfe des Darstellungssatzes von Riesz Eine zweite Lösungmöglichkeit gibt es, wenn man die schwache Version zum Randwertproblem { u = f in, u = 0 auf, betrachtet. Die schwache Formulierung einer Lösung u ist wie folgt: Man hat u W, 0 derart, dass u v f v dx = 0 für alle v W, 0. Definition 9.6 Für p, ist W,p 0 der Sobolev-Raum definiert durch W,p 0 = C 0 W,p 9.9 mit u W,p = ux p + u x p dx /p. Mit C 0 W,p ist gemeint, dass W,p 0 der Abschluss ist von C 0 bezüglich der W,p -Norm. Man kann zeigen, dass W, 0 bezüglich des Skalarproduktes u, v = u x v x dx ein Hilbert-Raum ist. Für ein beschränktes Gebiet in R n und f L ist v f x v x dx : W, 0 R eine stetige lineare Abbildung. 4 Oskar Perron, 880 Frankenthal in der Pfalz 975 München

112 06 4. April 0 Kapitel 9, Die Laplace- und Poisson-Gleichungen Ansatz 9. Mit dem Darstellungssatz von Riesz Der Darstellungssatz von Riesz 5 für Hilbert-Räume besagt, dass für jede stetige lineare Abbildung v F v : W, 0 R eine Funktion u W, 0 existiert mit u, v = F v für alle v W, 0. Bemerkung 9.6. Anders gesagt, nehmen wir F v = f x v x dx so finden wir eine Funktion u W, 0, für die gilt u x v x dx = f x v x dx für alle v W, 0. Das heißt, dass u eine schwache Lösung ist. Ein Vorteil dieses Verfahrens ist, dass wir kaum Bedingungen an haben. Es ist aber nicht klar und meistens auch nicht richtig, dass dieses u eine klassische Lösung ist. Das ist meistens nur der Fall, wenn es α > 0 gibt mit f C α und C,α Durch Variationsrechnung Hilbert 6 betrachtete das Funktional definiert durch und konnte folgendes zeigen: Ju = J : W, 0 R u x fx ux dx Ansatz 9.3 Mit Hilfe der direkten Methoden der Variationsrechnung Für ein beschränktes Gebiet in R n und f L gibt es u 0 W, 0 derart, dass J u 0 = inf Ju. u W, 0 Für eine solche Funktion u 0 W, 0 gilt also und dann auch, dass Es folgt für die erste Variation dass 0 = J u 0, ψ = J u 0 J u für alle u W, 0, J u 0 J u 0 + εψ für alle ψ W, 0 und ε R. J u 0, ψ := lim J u ε 0 ε 0 + εψ, u x ψ x f x ψ x dx für alle ψ W, 0 und damit, dass die Funktion u 0, die J minimalisiert über u W, 0, eine schwache Lösung ist. 5 Frigyes Riesz, , war ein Ungarischer Mathematiker. 6 David Hilbert, 86 Königsberg 943 Göttingen, war wahrscheinlich der einflussreichste Mathematiker seiner Zeit.

113 9. Randwertprobleme 4. April Ein Beispiel Die verschiedenen Lösungstypen geben auch tatsächlich unterschiedliche Ergebnisse. Man betrachte für n = {x R n ; 0 < x < } und das Problem { ux = für x, u x = 0 für x. 9.0 Behauptung 9.7 Problem 9.0 hat keine Lösung in C C. Wenn es eine solche Lösung u 0 gibt, ist auch die rotierte Funktion u ϕ = u 0 R ϕ eine Lösung mit R ϕ irgendeine Rotation um 0. Sogar u rad := ω n ϕ B u 0 0 R ϕ x dϕ wäre eine Lösung. Weil u rad radialsymmetrisch ist, findet man für U x = u rad x die gewöhnliche Differentialgleichung r n r r n r U r =. Man hat r r n r U r = r n und via r n r U r = c n rn und r U r = cr n n r folgt U r = c + c r n n r für n >, U r = c + c log r 4 r für n =. Es gibt aber keine derartige Funktion, die U 0 = 0 = U erfüllt. Es gibt also keine Lösung u C C. Behauptung 9.8 Die Funktion u x = n x ist eine schwache Lösung von 9.0 in W, 0. Eine schwache Lösung ist hier eine Funktion u W, 0, also im W, -Sinne durch u n C0 approximierbar, die die folgende Gleichung erfüllt: u v dx = v dx für alle v W, 0. Wir werden diese Behauptung nicht bis ins Detail beweisen. Wir zeigen nur, dass der Funktionswert in einem Punkt nicht wahrgenommen wird im Raum W, 0 mit R n und n. Dies sieht man am folgenden Beispiel. Wir werden zeigen, dass die Funktionenfolge ϕ k x = log + k x log + k x in W, 0 B 0 gegen ϕ x = x konvergiert wenn n. Trotzdem gilt ϕ k 0 = 0 = ϕ 0.

114 08 4. April 0 Kapitel 9, Die Laplace- und Poisson-Gleichungen ϕ k x x Abbildung 9.: ϕ k konvergiert gegen in W, 0 B 0 und nicht in CB 0. Es gilt ϕk = log + k x W, 0 B B x dx = 0 log + k = ω n k r log + kr r=0 + kr log + k log + k r r n dr k r ω n r=0 + kr log + k + log + kr log + k r r n dr = log + k = = O log + k = O 0 für k. log k Zu den Pünktchen bemerken wir folgendes. Für n und auch nur dann gilt, dass k r r n + kr log + k log + k k r + k r und 0 k r + k r dr = log + k. Der Rest des Integrals lässt sich einfacher abschätzen.

115 Partielle Differentialgleichungen Kapitel 0 Ordnung und Existenz bei Laplace 0. Greensche Funktionen auf Halbraum und Kugel Bevor wir die oben genannten Lösungsmethoden anschauen, werden ein paar Fälle vorgestellt, bei denen man eine fast explizite Lösung geben kann. Beispiel 0. Für einige f ist es möglich eine Formel für eine Lösung auf dem Halbraum zu geben: { u = f in R + R n, u = 0 auf {0} R n. Man definiert f x, x,..., x n für x R + R n, f x, x,..., x n =... für x {0} R n, f x, x,..., x n für x R R n, und setzt u x = F n x y f y dy. R n 0. Wenn f C [0, R n, dann gilt f C R \ {0} R n L R n. Hat f auch noch einen kompakten Träger oder fällt sie genügend schnell für x, dann folgt mit Proposition 9.3, dass u = f = f auf R + R n. Man findet aus Symmetriegründen, dass u x, x,..., x n = u x, x,..., x n. Wenn f die Bedingungen von Lemma 9.4 erfüllt, ist u stetig und es folgt, dass u 0, x,..., x n = 0. Das heißt, u in 0. liefert eine Lösung. Man kann die Funktion in 0. noch anders schreiben. Wir setzen x, x,..., x n = x, x,..., x n 09

116 0 4. April 0 Kapitel 0, Ordnung und Existenz bei Laplace und finden u x = = = F n x y f y dy F n x y f y dy = R + R n R R n F n x y f y dy F n x y f y dy = R + R n R + R n G x, y f y dy R + R n mit G x, y = F n x y F n x y für x, y R + R n. Man bemerke, dass nur x F n x y eine Singularität innerhalb R + R n hat, weil y R + R n. Definition 0. Sei R n ein Gebiet. Eine Funktion G : [, ] derart, dass ux = G x, y f y dy für genügend nette Funktionen f eine Lösung von { u = f in, u = 0 auf, gibt, nennt man eine Greensche Funktion. Formell hat eine Greensche Funktion folgende Eigenschaften: x G x, y = δ y x für x, y ; Gx, y = 0 für x und y. x x x x Abbildung 0.: Halbraum und Kugel haben explizite Greensche Funktionen. Georg Green, , Britischer Mathematiker.

117 0. Greensche Funktionen auf beliebigen Gebieten 4. April 0 Beispiel 0.3 Betrachte das Gebiet = B R 0 R n. Definiere die Kelvin-Spiegelung von B R 0 \ {0} zu R n \ B R 0 durch x = R x x. Dann ist eine Greensche Funktion für y G BR 0 x, y = F n x y F n R x y 0. { u = f in BR 0, 0.3 u = 0 auf B R 0. Für y B R 0 folgt y > R und man sieht, dass x F y n x R y keine Singularität für x B R 0 hat. Man sollte sich fragen was passiert, wenn y = 0. Weil y R x y = y R x R y y = y x x y + R 0.4 R sieht man, dass F y n x R y für y = 0 sogar unendlich glatt fortsetzbar ist durch F n R. Formell folgt, mit y als Parameter, dass G BR 0, y = δ y y R δ y = δ y 0.5 für Funktionen mit Träger innerhalb. Weil 0.4 gilt, kann man x und y vertauschen, es folgt und wegen findet man G BR 0 x, y = F n x y F n x R y x x lim x R R y x = y x,, G BR 0 x, y = 0 für x B R 0 und y B R Die Gleichungen 0.5 und 0.6 lassen vermuten, dass x, y G BR 0 x, y tatsächlich eine Greensche Funktion ist für 0.3. Man verwende dazu die Ergebnisse aus Abschnitt Greensche Funktionen auf beliebigen Gebieten In Sektion 0. haben wir eine Lösungsformel für { u = f in BR 0, u = 0 auf B R 0. gefunden: ux = G BR 0 x, y fydy 0.7 B R 0

118 4. April 0 Kapitel 0, Ordnung und Existenz bei Laplace mit G BR 0 x, y = ω nn ln 4π + R x R y x y n für n =, y x R y n für n 3. R y R x y 0.8 Die erste Formel in 0.8 ergibt sich übrigens direkt durch 0.4 und die Eigenschaften vom Logarithmus. Eine Greensche Funktion existiert für allgemeinere Gebiete. Sucht man eine solche Funktion für { u = f in, 0.9 u = 0 auf, dass heißt ux = G x, y fydy ist eine Lösung 0.9, dann kann man sagen, dass mit h, y eine Lösung von G x, y = F n x y h x, y { h, y = 0 in, h, y = F n y auf. 0.0 Im Moment führen diese Überlegungen uns nicht weiter. Für die Existenz einer Greenschen Funktion auf müsste man erst mal 0.0 lösen können. Nur im Fall einer Kugel hatten wir eine explizite Funktion. Genau für diesen Fall kann man folgendes zeigen. Die Ergebnisse stimmen auch für andere Gebiete, aber das können wir hier noch nicht zeigen. Behauptung 0.4 Sei R n ein beschränktes Gebiet mit C. Eine Greensche Funktion für { u = f in, 0. u = 0 auf, hat die folgenden Eigenschaften:. G F n C, also folgt G C \ D ;. G C \ D ; 3. x G x, y = 0 für x, y \ D ; 4. G x, y = 0 für x und y. 5. G x, y = G y, x für x, y \ D. Hier ist D A = {x, x ; x A} die Diagonale von A A. Bemerkung 0.4. Für = B R 0 hat G BR 0 definiert in 0.8 diese Eigenschaften.

119 0. Greensche Funktionen auf beliebigen Gebieten 4. April 0 3 Nehmen wir an, hat eine solche Greensche Funktion G und dass außerdem gilt y G x, y C \ {x} für alle x. 0. Verwenden wir die Greensche Formel u v v u dx = u ν v v ν u dσ 0.3 für u C mit u = f und v = G x, auf \ B ε x statt, so finden wir u y y G x, y G x, y u y dy = \B εx = u y νy G x, y G x, y ν u y dσ y. 0.4 \B εx Aus Eigenschaften 3 und 4 folgt u y y G x, y dy = 0 und \B εx G x, y ν u y dσ y = 0. Aus Eigenschaft folgt lim u y νin G x, y dσ y = lim u y νin F n x y dσ y = ux, ε 0 B ε 0 εx B εx lim G x, y ν u y dσ y = lim F n x y ν u y dσ y = 0. ε 0 B ε 0 εx B εx Kombinieren wir diese Gleichungen mit 0.4 so folgt mit ε 0, dass G x, y f y dy = ux + u y νy G x, y dσ y. 0.5 Dies bedeutet, wir haben eine Darstellungsformel für { u = f in, u = ϕ auf, 0.6 bekommen. Proposition 0.5 Sei G eine Greensche Funktion für mit Eigenschaften wie in Behauptung 0.4 und sei 0. erfüllt. Dann ist der Poisson-Kern K x, y = νy G x, y 0.7 wohldefiniert für y und x \ {y}. Wenn 0.6 eine Lösung hat, wird sie dargestellt durch u x = G x, y fydy + K x, y ϕydσ y. 0.8 Bemerkung 0.5. Für viele Gebiete ist 0.8 sogar eine Lösungsformel für 0.6. Die Formel in 0.8 folgt aus 0.5.

120 4 4. April 0 Kapitel 0, Ordnung und Existenz bei Laplace 0.3 Tricks für Greensche Funktionen auf speziellen Gebieten Durch Kelvin-Spiegelungen kann man auf einigen Gebieten explizite Greensche Funktionen konstruieren. Wir geben ein paar Beispiele. Beispiel 0.6 Die Halbkugel D = {x R n ; x > 0 und x < } hat als Greensche Funktion G D x, y = F n x y F n y x y F n x ȳ + F n y x ȳ mit y = y y und ȳ = y, y,..., y n. x x x Abbildung 0.: Konstruktion der Greenschen Funktion auf der Halbkugel. Beispiel 0.7 Der Schlitz S = {x R n ; 0 < x < l} hat als Greensche Funktion G D x, y = k Z F n x y + kl e F n x ȳ + kl e mit ȳ = y, y,..., y n und e =, 0,..., 0. Abbildung 0.3: Konstruktion der Greenschen Funktion auf einem Schlitz.

121 0.3 Tricks für Greensche Funktionen auf speziellen Gebieten 4. April 0 5 Beispiel 0.8 Das Tortenstück T = { r cos φ, r sin φ R ; r > 0 und 0 < φ < 6 π} hat als Greensche Funktion G D x, y = 5 k=0 F x R k π/3 y F x R k π/3 ȳ + + F y x R k π/3 ȳ F y x R k π/3 y cos π/3 sin π/3 wobei R π/3 = sin π/3 cos π/3. Abbildung 0.4: Konstruktion der Greenschen Funktion auf einem Tortenstück. Für einfach zusammenhängende Gebiete in R kann man den Riemannschen Abbildungssatz verwenden. Dieser Satz besagt, dass es für so ein Gebiet eine bikonforme Abbildung h : B 0 gibt, das heißt, h ist konform auf und hat eine konforme inverse auf B 0. Konform oder winkeltreu bedeutet h x x, y = h y x, y und h x x, y = h y x, y. Hat man Funktionentheorie gehört, erkennt man hier die Cauchy-Riemann-Differentialgleichungen. Lemma 0.9 Sei h : B 0 eine bikonforme Abbildung. Dann gilt G x, y = G B 0 h x, h y. Beweis. Man findet mit Hilfe der Cauchy-Riemann-Differentialgleichungen, dass u h = = h u h + h x x h + u h + h y y h h x y h h y x h x u h + h y u h + h u h + x h u h y u h = J h u h.

122 6 4. April 0 Kapitel 0, Ordnung und Existenz bei Laplace Hier ist J h genau die Jacobi-Matrix zu der Abbildung h. Es folgt, dass { u = f in, u = 0 auf, und { ũ = f in B 0, ũ = 0 auf B 0, äquivalent sind via ũ = u h inv und f = J h inv f h inv. Das heißt, wenn man für das rechte Problem eine Lösung ũ hat, dann hat man auch eine Lösung u für das linke Problem. Es gilt weiter, dass u x = ũ h x = G B 0 h x, z f z dz = B 0 = G B 0 h x, z f h inv z J h inv z dz = B 0 = G B 0 h x, h y f y dy. Anders gesagt G B 0 h x, h y = G x, y. In höheren Dimensionen gibt es nur sehr wenige konforme Abbildungen, nämlich nur die Abbildungen sind konform, die sich zusammensetzen lassen aus Verschiebungen, Drehungen und Spiegelungen orthogonale Abbildungen, Skalierungen und Inversionen. Inversionen sind genau die Kelvin-Spiegelungen. 0.4 Folgen der Greenschen Funktion auf der Kugel Lemma 0.0 Sei u harmonisch auf R n, dann gilt für jede Kugel B R x 0 mit B R x 0, dass ux = R x x 0 u y Rω n x y n dσ y B R x 0 Bemerkung 0.0. Für x = x 0 finden wir den Mittelwertsatz für harmonische Funktionen, Proposition.5: ux = u y dσ ω n R n y. 0.9 B R x Bemerkung 0.0. Man sieht, dass G BR 0 x, y > 0 für x, y B R 0 B R 0 und auch, dass K BR 0 x, y > 0 für x, y B R 0 B R 0. Beweis. Weil y G BR 0 x, y = ω n folgt für y = R und ν = R y, dass νy G BR 0 x, y = ω n y x x y n x R y x x y R x n R x x R y x y n y R = R x Rω n x y n.

123 0.4 Folgen der Greenschen Funktion auf der Kugel 4. April 0 7 Die Greensche Funktion für B R x 0 folgt aus 0.8 wenn man sie um x 0 verschiebt, das heißt K BR x 0 = R x x 0 Rω n x y n, und mit Proposition 0.5 folgt das Lemma Maximum-Prinzip für harmonische Funktionen Theorem 0. Sei u harmonisch auf einem Gebiet R n. Wenn u ein Maximum oder Minimum innerhalb hat, dann ist u konstant. Beweis. Nehmen wir an, u hat ein Maximum in x 0. Aus dem Mittelwertsatz, Lemma 0.0 mit x = x 0 folgt, dass u = u x 0 gilt auf jeder Sphäre innerhalb mit x 0 als Zentrum. Weil zusammenhängend ist, kann man für jedes x einen Weg innerhalb finden, der x 0 mit x verbindet, und das Ergebnis folgt, wenn man diesen Weg mit passenden Kugeln überdeckt. x 0 x Abbildung 0.5: Man argumentiert von Kugel zu Kugel. Korollar 0. Sei R n ein beschränktes Gebiet und sei u C harmonisch innerhalb. Dann nimmt u sein Maximum und sein Minimum an auf. Beweis. Eine stetige Funktion auf der kompakten Menge hat ein Maximum und ein Minimum und wegen des letzten Theorems kann es nicht im Innern liegen. Korollar 0.3 Sei R n ein beschränktes Gebiet. Dann hat { u = f in, u = ϕ auf, höchstens eine Lösung u C C. 0.0 Beweis. Wenn es zwei Lösungen hätte, verwende man das letzte Korollar für die Differenz. Theorem 0.4 Die Ungleichung von Harnack Sei R n ein beschränktes Gebiet und sei u positiv und harmonisch innerhalb. Dann gibt es für jede zusammenhängende offene Teilmenge A mit Ā eine Konstante c A derart, dass sup ux c A inf ux. x A x A Carl Gustav Axel Harnack, Tartu damals Russland, heute Estland 85 Dresden 888.

124 8 4. April 0 Kapitel 0, Ordnung und Existenz bei Laplace Beweis. Sei x A. Wenn x 0 B r x und B r +r x, dann gilt wegen der Mittelwerteigenschaft, Proposition.5, n ux = ω n r + r n u y dy B r +r x n r ω n r + r n n u y dy = r + r n ux B r x 0 x 0 x Abbildung 0.6: Kugeln bei Harnack Wir nehmen nun für R die Distanz von A bis zum Rand von, das heißt R = inf { a b ; a A und b }. 3 Nehme an, dass x, x 0 A und dass x x 0 R. Dann folgt, dass B R x 0 B R x und wir können wie in 0. abschätzen. Wenn x x 0 > R gilt, dann kann man eine endliche Anzahl, sage k Kugeln B R x i finden mit x i A, die eine Kette von x zu x 0 bilden. Es folgt, dass u x nk ux 0. Dass es höchstens endlich Kugeln viele braucht, folgt aus der Kompaktheit von Ā und eine endliche Teilüberdeckung aus {B R x ; x A} Harmonisch auf Kugeln Lemma 0.5 Sei R n ein Gebiet und sei u harmonisch auf. Dann gilt u C und für jedes k N gibt es C k,n derart, dass D α u x 0 C k,n u y dy ω n r n+k B rx 0 für jede Kugel B r x 0 und k = α mit α N n. Beweis. Für α = 0 folgt diese Aussage aus dem Mittelwertsatz. Durch Lemma 0.0 gilt ux = r x x0 u y x y n dσ y rω n B r/ x 0

125 0.4 Folgen der Greenschen Funktion auf der Kugel 4. April 0 9 und wenn man x B r/4 x 0 nimmt, gilt D α ux = Dβ r x x 0 x rωn β α C α r l l B r/ x 0 Dx α β B r/ x 0 x y u y n dσy r n+ α l u y dσ y C α r α u L B r/ x Aus.3 folgt für z B r/ x 0, dass B r/ z B r x 0 und n uz = ω n r/ n u y dy B r/ z n ω n r/ n u y dy. 0.3 B rx 0 Kombiniert man 0. und 0.3 so folgt das Ergebnis. Theorem 0.6 Liouville 3 Wenn u harmonisch und beschränkt ist auf R n, dann ist u konstant. Beweis. Aus dem letzten Lemma folgt u x C R n+ B R x u y dy und wenn u beschränkt ist, folgt u x C ω n u R für alle R > 0 und x R n. Das bedeutet u x = 0 und u ist konstant. Proposition 0.7 Sei G BR 0 die Greensche Funktion für B R 0 wie in 0.8 und sei K BR 0 x, y = νy G BR 0 x, y. Dann ist u x = B R 0 ϕx für x B R 0, K BR 0 x, y ϕydσ y für x B R 0, die eindeutige Lösung in CB R 0 C B R 0 von { u = 0 in BR 0, u = ϕ auf B R 0, 0.4 für ϕ C B R 0. Beweis. Die Eindeutigkeit folgt aus dem Maximumprinzip. Die Tatsache, dass K BR 0 x, y = 0 für x B R 0 kontrolliert man direkt; singuläre Stellen von x K BR 0 x, y findet man nur für x B R 0. Man soll nur noch beweisen, dass u stetig ist beim Rand. Dazu bemerkt man erst, dass K BR 0 x, y dσ y =. B R 0 Diese Identität folgt aus der Darstellungsformel, weil ux = eine Lösung ist von 0.4 mit ϕ =. Sei nun x B R 0 und sei δ > 0 derart, dass y B R 0 und x y < δ = ϕx ϕy < ε. 3 Joseph Liouville, Französischer Mathematiker,

126 0 4. April 0 Kapitel 0, Ordnung und Existenz bei Laplace Dann folgt ux ux = ux ϕx = K BR 0 x, y ϕy ϕx dσ B R 0 ε K BR 0 x, y dσ y + ϕ B R 0 L B R 0 K BR 0 x, y dσ y x y <δ ε K BR 0 x, y dσ y + ϕ L B R 0 B R 0 B R 0 x y δ B R 0 x y δ R x Rω n x y n dσ y =. y Wenn x x < δ und x y δ gilt, folgt x y x y x x δ δ = δ x x und ε + ϕ L B R 0 B R 0 R x Rω n δ n dσ y n. ε + ϕ L B R 0 R x R n δ Weil R x = R + x R x R x x R x x gilt, können wir x genügend nahe an x nehmen um ϕ L B R 0 R x R n n δ beliebig klein zu bekommen. Genügend klein wie zum Beispiel ux ux < ε. Weil ε > 0 beliebig ist, ist u stetig in x. Theorem 0.8 Sei ein Gebiet in R n und sei u C. Dann sind folgende Aussagen gleichwertig: u ist harmonisch. ux = ω nr n B R x u y dσ y für alle B R x mit B R x. Beweis. Die eine Richtung ist der Mittelwertsatz. Für die andere Richtung verwenden wir, dass wir eine Lösungformel haben für harmonische Funktionen auf Kugeln bei vorgeschriebenen stetigen Randwerten. Das heißt, für jede Kugel B R x 0 mit B R x 0 ist wx = R x x 0 Rω n B R x 0 harmonisch innerhalb B R x 0 und stetig auf B R x 0. Man hat also w u CB R x 0 und sogar u y x y n dσ y wx ux = 0 für x B R x Dann hat w u die folgende Mittelwerteigenschaft auf jeder Sphäre B r x innerhalb B R x 0 : wx ux = wy uy dσ ω n r n y, B rx und das bedeutet, dass w u kein Extrem in x haben kann. Anders gesagt, die Funktion w u kann sein Maximum und Minimum nur auf dem Rand B R x 0 annehmen. Wegen 0.5 bedeutet es w = u auf B R x 0 und dass u harmonisch ist.

127 0.4 Folgen der Greenschen Funktion auf der Kugel 4. April 0 Korollar 0.9 Sei ein Gebiet in R n und seien {u k } k N C harmonisch auf. Wenn u k lokal gleichmäßig zu u konvergiert, so ist auch u harmonisch auf. Beweis. Wenn u k u konvergiert, dann gilt für jede Kugel in, dass u x = lim u k x = lim u k k ω n R n k y dσ y = B R x = lim ω n R u n k y dσ y = u y dσ k ω n R n y. B R x Wegen Theorem 0.8 ist u harmonisch. B R x Korollar 0.0 Sei ein Gebiet in R n und seien {u k } k N C harmonisch auf. Nehme an, dass die Funktionen lokal gleichmäßig beschränkt sind. Dann existiert eine Teilfolge {u kl } l N, die lokal gleichmäßig gegen eine Funktion u konvergiert und die harmonisch ist auf. Beweis. Lemma 0.5 zeigt, dass auf jede Kugel B R x mit B R x die Ableitungen u k gleichmäßig beschränkt sind. Wegen der Offenheit von gibt es r > 0 mit B R+r x und man wende das Ergebnis an auf B r x 0 für x 0 B R x. Dann folgt, dass die u k gleichgradig stetig sind auf B R x. Der Satz von Arzelá-Ascoli besagt, dass es eine konvergente Teilfolge gibt. Korollar 0.9 liefert die gewünschte Teilfolge.

128 4. April 0 Kapitel 0, Ordnung und Existenz bei Laplace

129 Partielle Differentialgleichungen Kapitel Existenz nach Perron. Das Theorem von Perron Wie schon angekündigt liefert die Methode von Perron für { u = 0 in, u = ϕ auf,. eine Lösung u C C, angenommen ϕ ist stetig und genügend nett. Wir haben auch gesehen, dass = B 0 \ {0} kein nettes Gebiet ist. Es wird Zeit für eine Bedingung, die uns genügend nett sein läßt. Bedingung. Ein Gebiet erfüllt die äußere Kugelbedingung, wenn es für jedes x eine Kugel B R n \ gibt mit x B Abbildung.: Die äußere Kugelbedingung Bemerkung.. Diese äußere Kugelbedingung läßt sich leicht als ausreichende Bedingung verwenden. Tatsächlich kann man man diese Bedingung abschwächen. Eine äußere Kegelbedingung e statt u! reicht auch. Leider wird der Beweis aufwendiger. 3

130 4 4. April 0 Kapitel, Existenz nach Perron Bemerkung.. Isolierte Punkte als Teil des Randes erfüllen klar weder die äußere Kugelbedingung noch eine äußere Kegelbedingung. Derartige Ränder sind jedoch nicht die einzigen, die Schwierigkeiten bereiten. Henri Lebesgue hat gezeigt, dass es auch zusammenhängende Ränder gibt, die keine Lösung in C zulassen. Sein Gegenbeispiel in drei Dimensionen in der Form einer hineingerichteten Spitze ist als das Lebesgue thorn bekannt geworden. Abbildung.: Bild einer Kugel mit einem Lebesgue thorn. Das Horn oder der Dorn ist hier wie folgt definiert: D = {x, y, z : x + y < exp /z für z > 0}. Also gilt = B 0 \ D. Theorem. Perron Sei R n ein beschränktes Gebiet, das die äußere Kugelbedingung erfüllt. Dann gibt es für jedes ϕ C eine eindeutige Lösung u C C zu... Minimum und Infimum bei superharmonisch Man definiert S ϕ = { u C ; u superharmonisch in und u ϕ auf } und sucht die Lösung durch ux := inf { v x ; v S ϕ }. Wir werden das Theorem in mehreren Schritten beweisen. Lemma.3 S ϕ ist nicht leer und für u S ϕ gilt ux min {ϕx; x }. Beweis. Weil ϕ stetig ist auf einer beschränkten und abgeschlossenen Menge, existiert min {ϕx; x } und max {ϕx; x }. Die Konstante m = max {ϕx; x } liefert eine konstante Funktion in S ϕ. Weiter gilt es, dass ux min {ux; x } min {ϕx; x } weil eine superharmonische Funktion ihr Minimum am Rand annimmt.

131 . Minimum und Infimum bei superharmonisch 4. April 0 5 Lemma.4 Sei u, u S ϕ und definiere Dann gilt u S ϕ. ux = min u x, u x. Bemerkung.4. Durch wiederholte Anwendung folgt auch: u,..., u k S ϕ impliziert x min u x,..., u k x S ϕ. Beweis. Sei x 0 und nehme an, ux 0 = u x 0. Dann gilt für B r x 0, dass ux 0 = u x 0 u ω n r n ydσ y uydσ ω n r n y. Die Bedingung u ϕ ist direkt erfüllt. B rx 0 B rx 0 Lemma.5 Sei u S ϕ und sei B R x 0. Definiere u x für x \B R x 0, ũ x = R x x 0 u y Rω n x y n dσ y für x B R x 0. Dann gilt ũ u und ũ S ϕ. B R x 0. Bemerkung.5. Die Änderung einer superharmonischen Funktion u zu ũ u nennt man harmonic lowering von u. Besser bekannt ist die ähnliche Änderung einer subharmonischen Funktion u zu ũ u, die als harmonic lifting von u bezeichnet wird. Beweis. Die Funktion u ũ ist superharmonisch und identisch 0 auf B R x 0. Wegen Proposition 0.7 ist ũ und darum auch u ũ stetig. Es folgt u ũ 0 in B R x 0. Außerhalb gilt u ũ = 0. Proposition.6 Sei beschränkt und ϕ C. Dann ist die Funktion harmonisch. ux := inf { v x ; v S ϕ }..3 Beweis. Sei x 0 und sei {u k } k N S ϕ derart, dass u k x 0 ux 0. Setzen wir U k x := min {u x,..., u k x}, so ist {U k x} k N eine monoton fallende Folge für alle x. Sei B R x 0 und definiere Ũk wie in.. Auf B R x 0 sind die Funktionen Ũk harmonisch. Korollar 0.0 liefert eine Teilfolge, die gegen eine harmonische Funktion U auf B R/ x 0 konvergiert. Aus dieser Konstruktion folgt U x 0 = u x 0 und U x ux auf B R/ x 0. Wir wollen zeigen, dass Ux = u x auf B R/ x 0. Nehmen wir an, dass es x B R/ x 0 gibt mit U x > ux. Dann gibt es v S ϕ mit Ähnlich wie vorhin betrachten wir U x > vx ux..4 V k x := min {vx, u x,..., u k x} und finden eine harmonische Funktion V auf B R/ x 0 mit U x 0 = V x 0 und U x V x auf B R/ x 0. Dann folgt aus der Mittelwerteigenschaft, Proposition.5, dass U = V auf B R/ x 0 im Widerspruch zu.4. Also gilt Ux = u x auf B R/ x 0, und u ist harmonisch in B R/ x 0. Weil x 0 beliebig ist, ist u harmonisch auf.

132 6 4. April 0 Kapitel, Existenz nach Perron.3 Beweis mit Barrieren am Rand Wir müssen noch zeigen, dass diese Lösung u stetig auf ist. Wenn u C, dann folgt aus dem Maximum Prinzip, dass die Lösung eindeutig ist. Definition.7 Eine Funktion b C heißt eine Barrierenfunktion bezüglich x, wenn. b ist superharmonisch in ;. bx = 0; 3. bx > 0 für x \ {x }. Lemma.8 Wenn die äußere Kugelbedingung erfüllt an der Stelle x, dann existiert eine Barrierenfunktion bezüglich x. Beweis. Sei B r x eine solche Kugel. Dann definiere für n 3 die Funktion bx = r n x x n. Die Funktion ist sogar harmonisch. Die beiden anderen Eigenschaften in Definition.7 zeigt man direkt. Für n = setzt man bx = log x x log r. In zwei Dimensionen kann man Barrierenfunktionen konstruieren, die lokal nur eine äußere Kegelbedingung voraussetzen mit Hilfe der Funktionen, die in Abbildung. dargestellt sind. Proposition.9 Sei ein beschränktes Gebiet, das die äußere Kugelbedingung erfüllt an der Stelle x. Dann gilt für die Funktion u in.3, dass lim x x x Beweis. Sei ε > 0. Dann gibt es δ > 0 derart, dass Man nehme k > 0 derartig, dass u x = ϕx..5 x x < δ und x = ϕ x ϕx < ε. x x δ und x = k bx > ϕx ϕx. Dann gilt für die Funktion w, definiert durch dass w S ϕ. Es gilt also, dass wx := ϕx + ε + k bx ux wx für x..6 Auf ähnliche Art kann man auch eine harmonische Funktion nx finden durch nx := inf { v x ; v S ϕ }..7

133 .3 Beweis mit Barrieren am Rand 4. April 0 7 Für v S ϕ und v S ϕ folgt v +v S 0 und weil v +v superharmonisch ist, dass v + v 0 auf. Anders gesagt Es folgt dann auch, dass v v auf. ux = inf { v x ; v S ϕ } sup { v x ; v S ϕ } = nx für x..8 Auch hier kann man zeigen, dass es k > 0 gibt mit der Funktion wx := ϕx ε k bx derart, dass Aus folgt wx nx für x..9 wx nx ux wx für x und dass es δ > 0 gibt so, dass für x und x x < δ folgt ux ϕx < ε. Weil ε beliebig ist, ist.5 erfüllt.

134 8 4. April 0 Kapitel, Existenz nach Perron

135 Partielle Differentialgleichungen Kapitel Laplace und Regularität. Bemerkungen zur Regularität Wir haben gezeigt, dass es für f C und R n ein beschränktes Gebiet mit einer äußeren Kugelbedingung, eine Lösung u C C gibt zu { u x = fx für x,. ux = 0 für x. Wenn man vergleicht mit dem eindimensionalen Randwertproblem { u x = fx für x a, b, ux = 0 für x a, b,. dann folgt für., dass für f C [a, b] die Lösung u sogar in C 3 [a, b] liegt. Und wenn man nur f C[a, b] hat, folgt immer noch eine Lösung u C [a, b]. Ganz allgemein kann man für. direkt zeigen, dass f C k,γ [a, b] eine Lösung u C k+,γ [a, b] ergibt. Kann man ähnliches vielleicht auch für. erwarten? Eine extra Schwierigkeit hat man durch den Rand, der im eindimensionalen Fall sehr trivial ist. Wenn wir nun annehmen, dass der Rand sehr schön ist, sagen wir C, oder wenn wir vom Rand weg bleiben, gibt es dann ähnliches? Die Perronsche Methode gibt uns eine Lösung zu. in zwei Schritten:. Man setzt u x = F n x y fydy.3 und bekommt für f C L, dass u C C mit u x = fx für x.. Man findet anschließend eine Lösung u C C von { u x = 0 für x, u x = u x für x..4 Die Funktion u = u u ist die Lösung von.. Die Eindeutigkeit folgt dabei aus dem Maximum-Prinzip. 9

136 30 4. April 0 Kapitel, Laplace und Regularität. Regularität und Fundamentallösung In Proposition 9.3 haben wir schon bewiesen, dass für f C0 R n folgt, dass für w, definiert durch w x = F n x y fydy,.5 R n gilt w C R n. Hier ist F n die Fundamentallösung aus Definition 9.. Wenn f C0 R n gilt, dann kann man wie folgt verfahren: xi w x = xi F n x y fydy = R n = xi F n z fx zdz = F n z xi fx zdz = R n R n = F n x y yi fydy..6 R n Man kann also eine Ableitung durch das Integralzeichen schieben. Für f C 0 R n gilt i f C 0 R n und deshalb folgt aus Proposition 9.3 für.6, dass i w C R n gilt. Dies gilt für jedes i, also gilt w C 3 R n. Man kann diese Schritte beliebig wiederholen und so folgt: Lemma. Sei k N +. Für f C k 0 R n und w definiert in.5 gilt w C k+ R n. Mit mehr Mühe kann man sogar zeigen, dass für k N und γ 0, gilt: f C k,γ 0 R n w C k+,γ R n. Die Hölder-Stetigkeit der Lösung ist + besser als die Hölder-Stetigkeit der rechten Seite. Für C0 k R n oder C k, 0 R n und Dimensionen n gilt die Erhöhung der Differenzierbarkeit um nicht: f C k 0 R n w C k+ R n. Wir werden nun ein Beispiel geben bei dem f C und die Lösung von. nicht zweimal stetig differenzierbar ist. Beispiel. Die Funktion { x x log log x + x für x 0, 0, u x, x = 0 für x = 0, 0, ist eine Lösung von { u x = fx für x Br 0, ux = 0 für x B r 0, mit r = / e und f x, x = 4x x logx +x x +x logx +x für x 0, 0, 0 für x = 0, 0..7 Die Funktion f ist stetig auf B r 0, denn die rationale Teilfunktion ist beschränkt und der Logarithmus im Nenner sorgt für Konvergenz gegen 0 für x 0, 0. Man kann

137 .3 Regularität und Rand 4. April 0 3 auch zeigen, dass u C,γ B r 0 für jede γ <. Die Funktion u ist aber nicht zweimal differenzierbar in 0, 0. Die zweite Ableitung von u nach zum Beispiel x ist nicht definiert in 0, 0 und unbeschränkt bei 0, 0: x x u x, x = log log x + x + + x 4 + x 4 x + x log x + x 4x x x + x log x + x Von den drei Termen hat der erste eine Singularität in 0, 0. Die zwei übrigen Terme kann man stetig durch 0 in 0, 0 fortsetzen. Man kann sich noch fragen, ob denn dieses u tatsächlich die einzige Lösung zu.7 ist. Wenn es eine zweite Lösung u gäbe, dann betrachte man w = u u. Das Maximumprinzip oder der Mittelwertsatz hat zwar als Vorraussetzung, dass w C B r 0 CB r 0, doch man kann zeigen, dass w W,p B r 0 CB r 0 mit p groß reicht. Es folgt so, dass w = 0. u x x u x x u u Abbildung.: Skizzen zu den Funktionen aus Beispiel.:.3 Regularität und Rand Um den soeben gezeigten Ansatz zu verwenden, müsste man f : R auf k mal stetig differenzierbare Art erweitern können.

138 3 4. April 0 Kapitel, Laplace und Regularität Lemma.3 Sei f C k [0, R n. Dann gibt es eine Erweiterung f C k R n. Beweis. Man definiere für x < 0 und x R n mit a m bestimmt durch = f x, x = k+ m= k+ m= a m f mx, x m l a m für l {0,,..., k}..8 Anders gesagt, a m erfüllt 3 m 3 m.... k k 3 k m k a a a 3. a k+ =.. Dieser Typ von Matrix ist nach Vandermonde benannt und bekanntlich invertierbar wenn die zweite Zeile keine gleichen Zahlen enthält. Es gibt also eine eindeutige Lösung a,..., a k+. Wenn die Gleichungen in.8 erfüllt sind, findet man für l + α k, dass l x α x f 0, x = lim x 0 l x α x = = lim k+ x 0 m= k+ m= k+ m= a m f mx, x a m m l l x α x f mx, x = a m m l l x α x f 0, x = l x α x f 0, x. = Dann folgt, dass f x, x = { f x, x für x 0, f x, x für x < 0, eine k-mal stetig differenzierbare Funktion ist. Beispiel.4 Die C -Erweiterung von f C [0, wird auf diese Art definiert: und a, a werden bestimmt durch fx = a f x + a f x für x < 0, f 0 = lim x 0 fx = a f 0 + a f 0 = a + a f 0, f 0 = lim x 0 f x = a f 0 a f 0 = a a f 0. Man löst = a + a und = a a, und man findet a = 3 und a =.

139 .3 Regularität und Rand 4. April Π 4 Π 3 Π Π Π Π Π 3 Π 4 Π 5 Π Abbildung.: Die Funktion fx = 9e x + cos x auf [0, und ihre C 0 -, C - und C -Erweiterung auf R. Abbildung. zeigt, dass die Erweiterung bedeutend größer sein kann als die ursprüngliche Funktion. Man kann jedoch zeigen, dass diese Vergrößerung beschränkt ist. Für den Operator E k : C k b [0, Rn C k b Rn, definiert durch { E k f x, x = fx, x für x, x [0, R n, k+ m= a mf mx, x für x, x R R n, mit a m anhängig von k als in.8, kann man folgendes zeigen: Lemma.5 Es gibt C k derart, dass E k f C k b R n C k f C k b [0, R n für alle f C k b [0, R n. Anders gesagt: E k : C k b [0, Rn C k b Rn ist ein beschränkter linearer Operator. Beweis. Weil E k f C k b Rn gilt E k f C k b R n = E k f C k b [0, R n + E k f C k b R R n = k+ f C k b [0, R n + für alle f C k b [0, Rn. m= a m α + α k m α α x x α f { + k + max am m k} f C k m k+ b [0, Rn Proposition.6 Sei R n ein beschränktes Gebiet mit C k. Dann gibt es einen beschränkten linearen Operator E k, : C k C k 0 R n mit E k, fx = fx für x und f C k.

140 34 4. April 0 Kapitel, Laplace und Regularität Beweis. Wir geben nur eine Skizze. Für gibt es wie in Definition.9 beschrieben, eine Überdeckung des Randes mit Blöcken {B i } l i=. Sei {χ i} l i=0 eine Zerlegung der Eins derart, dass support χ i B i für i =,..., l. Auf jedem dieser Blöcke kann man den Rand in lokalen Koordinaten beschreiben durch x i = ψ i x i,..., x i n und durch x i > ψ i x i,..., x i n. Weil ψ i C k kann man den Rand glatt bügeln durch S i x i, x i,..., x i n = x i ψ i x i,..., x i n, x i,..., x i n, und lokal wird eine Funktion zu einer auf dem Halbraum transformiert durch Formal schreiben wir S i f y, y = f y + ψ i y, y. E k, f = l Si E k Si χ i f i= und die Tatsache, dass diese Definition den gewünschten Erweiterungsoperator liefert, darf der Leser selbst überprüfen. Auch kann man sich davon überzeugen, dass E k, f einen kompakten Träger hat, der nur abhängt von {χ i } l i=. Korollar.7 Sei R n ein beschränktes Gebiet mit C k. Dann gilt für jedes f C k mit k k, dass w C k + für w x = F n x y E k, f y dy. R n Bemerkung.7. Für x gilt wx = E k, f x = f x. Dies bedeutet, dass man eine Lösung von. bekommt, wenn man { u = 0 für x, u = w für x,.9 löst und u = w u nimmt. Weil u C folgt für f und wie in Korollar.7, dass u C k +. Möchte man sogar die Regularität einschließlich des Randes zeigen, kann man für Gebiete, die die äußeren Kugelbedingungen erfüllen, die Funktion u mit Oberlösungen und Unterlösungen annähern und mit Harnackschen Ungleichungen Abschätzungen erzeugen, die dafür sorgen, dass man u C zeigen kann. Für höhere Regularität betrachtet man ein Problem wie.9 nun für xi u usw..4 Lösungen und Abschätzungen In diesem Abschnitt beschreiben wir einige Ergebnisse für Lösungen von { u = f in, u = 0 auf,.0 in verschiedenen Rahmen. Um diese Ergebnisse zu beweisen wäre eine Spezialvorlesung nötig.

141 .4 Lösungen und Abschätzungen 4. April 0 35 Theorem.8 Seien k N und γ 0,. Sei R n ein beschränktes Gebiet mit C k+3. Dann gibt es für jedes f C k,γ genau eine Lösung u C k+,γ zu.0. Außerdem gibt es eine Konstante c,k,γ > 0 derart, dass für jedes f C k,γ und die zugehörige Lösung u gilt: u C k+,γ c,k,γ f C k,γ. Für einen Beweis schaue man nach in [6]. Wir haben in Abschitt 9.. bemerkt, aber nicht bewiesen, dass es bei einem beschränkten Gebiet für f L eine schwache Lösung u W, 0 gibt zu.0. Eine schwache Lösung heißt hier: u W, 0 und u v f v dx = 0 für alle v W, 0.. Der Raum W, 0 wurde in 9.9 definiert. Die Sobolev-Räume W k,p findet man in Abschnitt.5. Theorem.9 Nehmen wir k N und p,. Sei R n ein beschränktes Gebiet mit C k+3. Sei u W, 0 die schwache Lösung vom Type.7. Wenn zusätzlich f W k,p gilt, dann folgt u W k+,p. Außerdem gibt es eine Konstante c,k,p > 0 derart, dass für jedes f W k,p und für die dazugehörige Lösung u W, 0 W k+,p gilt: u W k+,p c,k,p f W k,p. Für einen Beweis schaue man bei [3, Seite 37] für p = oder in [6] für allgemeine p,. Wie verhalten sich diese beide Typen von Lösungen? Eine Richtung möge deutlich sein. Weil C k,γ W k,p gilt für beschränkte Gebiete und dass es sogar c,k,γ > 0 gibt mit f W k, c,k,γ f C k,γ für alle f Ck,γ, findet man für f C k,γ nicht nur u C k,γ, sondern auch u W k,p. Kann man auch in der umgekehrten Richtung eine Inklusion erwarten? Für f W k,p findet man im Allgemeinen keine Lösung u C k+,γ aber manchmal schon, dass u C k+,γ. Die sogenannte Sobolev Einbettungen geben Antwort auf diese Art von Fragen. Die Sobolevschen Einbettungssätze, die für beschränkte Gebiete R n gelten, die eine innere! Kegelbedingung erfüllen, geben uns die folgenden Abschätzungen: Wenn k m und k n p > m n q dann gilt u W k,p c,k,p,m,q u W m,q. Wenn k n p > m + γ dann gilt u W k,p c,k,p,m,γ u C m,γ.

142 36 4. April 0 Kapitel, Laplace und Regularität Wenn man ganz genau wäre, müßte man bei der letzten Abschätzung eigentlich sagen, dass es für jede Äquivalenzklasse U W k, einen Vertreter u C m,γ gibt mit U W k, c,k,p,m,γ u C m,γ. Man kann diese Ergebnisse kombinieren zur folgenden Aussage. Korollar.0 Sei R n ein beschränktes Gebiet mit C 3. Dann gibt es für jedes f C genau eine schwache Lösung u W, 0 zu.0. Außerdem gilt u C, und es gibt c > 0 derart, dass für jedes f C und die zugehörige Lösung u gilt: u C c f C. Beweis. Wenn f C, dann gilt f L p für alle p, also auch für p =. Dann gibt es genau eine schwache Lösung in u W, 0, die sogar in W,p liegt für alle p,. Für p > n folgt, dass u C,ε für ε 0, n p. Die Abschätzungen folgen: u C u C,ε c u W,p c f L p c 3 f C. Die Konstanten hängen nur von und n ab. Man kann p = n und ε = 4 wählen. Diese Überlegungen führen dazu, dass man für f C und C 3 nur eine Lösung u W,p C findet, und im Allgemeinen nicht in C. Das bedeutet, dass man eine Gleichung u = f nicht punktweise ux = fx für alle x lesen soll, sondern nur u = f fast überall in.

143 Partielle Differentialgleichungen Kapitel 3 Semilineare Laplace-Gleichungen 3. Ein erweitertes Maximum-Prinzip In diesem Abschnitt betrachten wir { u x + cxux = fx für x, ux = 0 für x, 3. mit c C. Theorem 3. Starkes Maximum-Prinzip Sei c 0. Wenn u W,p C eine Lösung ist von 3. mit 0 f C und p, dann folgt, dass entweder u > 0 in oder u = f = 0 in. Wir werden diese Aussage in mehreren Schritten beweisen. Das erste Ergebnis ist eine schwächere Version des obigen Theorems. Proposition 3. Schwaches Maximum-Prinzip Sei c 0. Wenn u W,p C eine Lösung ist von 3. und 0 f C und p, dann folgt, dass u 0 in. Beweis. Nehmen wir an, dass min u = u x 0 < 0. Weil u stetig ist, gibt es eine Kugel B r x 0 mit ux < 0 für alle x B r x 0. Wir können r sogar so groß wählen, dass es x B r x 0 gibt mit ux = 0. Es folgt auch, dass fx cxux 0 auf B r x 0 und damit, dass u superharmonisch ist auf B r x 0. Wir finden einen Widerspruch zu ux = 0. Also folgt u 0 in. Lemma 3.3 Sei R n ein beschränktes Gebiet und sei u C eine nichtnegative Funktion. Wenn es x 0, x gibt mit ux 0 > 0 = ux, dann gibt es x 4, x 5 und R > 0 mit. u x 4 = 0 und x 4 B R x 5 ;. u x > 0 für x B R x 5 \ {x 4 }; 37

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