Vorlesung. Komplexe Zahlen
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- Rolf Brauer
- vor 7 Jahren
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1 Vorlesung Komplexe Zahlen Motivation In den reellen Zahlen haben nicht alle Polynome Nullstellen. Der einfachste Fall einer solchen Nullstellen-Gleichung ist x = 0. Die komplexen Zahlen ("C") sind daraus entstanden, dass man eine Lösung dieser Gleichung definiert hat und zu den reellen Zahlen "hinzugefügt"hat. In diesen Zahlen eröffneten sich neue Perspektiven: In diesen Zahlen hat jedes Polynom vom Grad n genau n Nullstellen (Fundamentalsatz der Algebra). In den komplexen Zahlen ergibt sich ein sehr simpler und dennoch sehr nützlicher Zusammenhang zwischen der Exponentialfunktion und den trigonometrischen Funktionen, denn es gilt e iϕ = cos(ϕ) + i sin(ϕ). Auch in der Physik sind die komplexen Zahlen von entscheidender Bedeutung (siehe Wechselstromrechnung). 1 Grundlagen Betrachtet man nun das Ausgangsproblem x = 0, so scheint es nur das natürlichste ein x einzuführen, dass die Gleichung erfüllt. Dies führt zu folgender Definition 1. Die imaginäre Einheit i ist eine Lösung der Gleichung x = 0 i := 1 = i 2 = 1. Rechnet man mit i nun wie mit einer Variable und nimmt die bisherigen reellen Zahlen hinzu, so kann man Zahlen der Form a+b i mit a, b R erzeugen und außerdem feststellen, dass man durch die Grundrechenarten +,,, keine weiteren Zahlen erhält. Die so neu gewonnenen Zahlen definieren wir daher wie folgt: 1
2 Definition 2 (komplexe Zahl). Die Menge der komplexen Zahlen 1 ist definiert als C := {a + ib a, b R} = R 2 Hierbei heißt a = Re(z) Realteil und b = Im(z) Imaginärteil der komplexen Zahl z C. Es gibt nun einen sehr sinnvollen Weg, wie man komplexe Zahlen geometrisch darstellen kann. Dazu nimmt man sich ein zwei-dimensionales Koordinatensystem und trägt den Realteil auf der x-achse und den Imaginärteil auf der y-achse auf. Definition 3 (Rechenregeln). Für w, z C mit z = a + ib und w = c + id gilt (unter Verwendung von i 2 = 1): z + w = (a + b) + (c + d)i z w = (a + ib)(c + id) = (ac bd) + i(ad + bc) Weiterhin übertragen sich direkt das Assoziativ-, Kommutativ- und Distributivgesetz. Definition 4 (Betrag). Der Betrag einer komplexen Zahl z = a + ib ist definiert als z := z z = Re(z) 2 + Im(z) 2 = a 2 + b 2. Hierbei bezeichnet z := a ib die zu z komplex-konjugierte Zahl. Auch für den komplexen Betrag gilt die Dreiecksungleichung z 1 + z 2 z 1 + z 2. Bemerkung 1. Für die komplexe Konjugation z von z gelten folgende Rechenregeln: Es seien z, w C z = z z + w = z + w z w = z w z w = z w z/w = z/w Daher macht es keinen Unterschied, ob man erst rechnet und dann konjugiert oder umgekehrt. 1 Die Isomorphie zu R 2 sollte als alternative Schreibweise veranschaulicht werden. 2
3 Geometrische Interpretation z = a + ib z = a ib z = a ib z = z = a + ib Addition und Subtraktion von komplexen Zahlen 2 Polarkoordinaten Wir haben gerade gesehen, wie sich komplexe Zahlen geometrisch interpretieren lassen. Aufgrund dieser geometrischen Interpretation lassen sich komplexe Zahlen auch mit zwei anderen Variablen darstellen, nämlich Radius r und Winkel ϕ. Es ist nämlich z = a 2 + b 2 = r. 3
4 Darstellung einer komplexen Zahl in Polarkoordinaten Damit lassen sich die Winkelfunktionen für komplexe Zahlen beschreiben: cos ϕ = a z sin ϕ = b z wobei z = a + ib und ϕ [0, 2π). Damit folgt: z = z (cos ϕ + i sin ϕ) 3 Exponentialform komplexer Zahlen Es gibt den wichtigen Zusammenhang e iϕ = exp(iϕ) = cos ϕ + i sin ϕ Dieser lässt sich auf folgende Art und Weise begründen. Es gilt e iϕ 2 = e iϕ e iϕ = 2 e iϕ e iϕ = e iϕ e iϕ = e 0 = 1 Das heißt für jedes ϕ R liegt e iϕ auf dem Einheitskreis, womit sich mit obiger Darstellung e iϕ = cos(ϕ) + i sin(ϕ) ergibt. Somit verkürzt sich eben diese Darstellung zu z = z e iϕ. (Exponentialform) 2 Folgt aus der Darstellung als Potenzreihe 4
5 Bemerkung 2. Die Exponentialform (auch: Normalform) erleichtert das Rechnen mit komplexen Zahlen. Es gilt nämlich für z 1 = z 1 e iϕ 1, z 2 = z 2 e iϕ 2 : z 1 z 2 = z 1 z 2 e i(ϕ 1+ϕ 2 ) z 1 z 2 = z 1 z 2 ei(ϕ 1 ϕ 2 ) e iϕ = e iϕ cos ϕ = 1 2 ( e iϕ + e iϕ) sin ϕ = 1 2i ( e iϕ e iϕ) 4 Potenzen und Wurzeln in C 4.1 Potenzen Mit der Exponentialform lassen sich Potenzen vereinfachen: z n = ( z e iϕ ) n = z n e niϕ 4.2 Wurzeln Die komplexe Wurzel ist nicht eindeutig - jede komplexe Zahl z für die gilt z n = y ist eine n-te Wurzel von y. Man betrachtet nun die Form der Potenzen und denkt daran, dass ϕ den Winkel angibt. Weil die Winkel zyklisch sind, das heißt ϕ äquivalent zu ϕ ist, gibt es mehrere mögliche Winkel ϕ k mit e iϕ kn = e iϕ, und zwar immer n Stück. Es gibt also für jede komplexe Zahl y n Zahlen z k, die eine n-te Wurzel von y sind. Suchen wir die n-te Wurzel von y = 1, so suchen wir n komplexe Zahlen, deren Winkel mal n ein Vielfaches von 360 ist. Dies sind genau die Zahlen z k = e k i 2π n mit k zwischen 0 und n 1. Beispiel: z 12 = 1 5
6 z 0 = 1 z 1 = e i 2π 12 = e i π 6 2π 8i z 8 = e 12 = e i 4π 3 Bemerkung 3. Alle Lösungen haben denselben Betrag, denn sie liegen auf dem komplexen Einheitskreis. Außerdem unterteilen die Lösungen den Kreis in n gleichgroße Kreisstücke die Winkelabstände der Lösungen sind gleich. Deshalb folgt: Wer eine Lösung kennt, kennt alle. Für allgemeine komplexe Zahlen z ist das Vorgehen ähnlich, allerdings muss der Betrag der Lösungen z k = n z sein, damit z k n = z gilt. Außerdem sucht man nun einen Winkel ϕ k mit ϕ k = ϕ+k 2π n, sodass n ϕ k (bis auf Vielfache von 360 = 2π) ϕ entspricht. Alle n-ten Wurzeln der komplexen Zahl z haben also die Form z k = z 1 ϕ+k 2π i n e n. 6
7 5 Punktmengen in der Gaußschen Zahlenebene A := {z z = 1} = Einheitskreis B := { z z 1 = 3 } 2 C := { z z + 2 2i = 1 } 2 D := {z 2 Re(z) Im(z) = 0} E := {z Re(z) = 3} 7
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