Einführung in die. 8. Vorlesung
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- Kirsten Sauer
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1 Einführung in die Rechtswissenschaft 8. Vorlesung
2 I. Problematische Rechtsquellen des deutschen Rechts Naturrecht? = überpositives, für alle Menschen geltendes Recht, das von Gott, der Natur oder der menschlichen Vernunft stammt Große Naturrechtler im 17. und 18. Jahrhundert: - Hugo Grotius, Vom Recht des Krieges und des Friedens, Samuel Pufendorf - Gottfried Wilhelm Leibniz - Christian Thomasius
3 Hinweise Art. 1 II GG: Menschenrechte sind Grundlage und damit vor der Verfassung. Anwendung: Radbruchsche Formel BGH und BVerfG haben mit Hilfe dieser Formel einzelne Normen der NS-Diktatur und der DDR für ungültig erklärt
4 Radbruchsche Formel ( Gesetzliches Unrecht und Übergesetzliches Recht Der Konflikt zwischen der Gerechtigkeit und der Rechtssicherheit dürfte dahin zu lösen sein, daß das positive, durch Satzung und Macht gesicherte Recht auch dann den Vorrang hat, wenn es inhaltlich ungerecht und unzweckmäßig ist, es sei denn daß der Widerspruch des positiven Gesetzes zur Gerechtigkeit ein so unerträgliches Maß erreicht, daß das Gesetz als unrichtiges Recht der Gerechtigkeit zu weichen hat.
5 1946 Es ist unmöglich, eine schärfere Linie zu ziehen zwischen den Fällen des gesetzlichen Unrechts und den trotz unrichtigen Inhalts dennoch geltenden Gesetzen; eine andere Grenzziehung aber kann mit aller Schärfe vorgenommen werden: wo Gerechtigkeit nicht einmal erstrebt wird, wo die Gleichheit, die den Kern der Gerechtigkeit ausmacht, bei der Setzung positiven Rechts bewußt verleugnet wurde, da ist das Gesetz nicht etwa nur unrichtiges Recht, vielmehr entbehrt es überhaupt der Rechtsnatur.
6 Urheber der RadbruchschenFormel: Gustav Radbruch ( ) bedeutendster deutschsprachiger Rechtsphilosoph des 20. Jahrhunderts. In seiner Rechtsphilosophie von 1932 schreibt er: Für den Richter ist es Berufspflicht, den Geltungs- Für den Richter ist es Berufspflicht, den Geltungswillen des Gesetzes zur Geltung zu bringen, das eigene Rechtsgefühl dem autoritativen Rechtsbefehl zu opfern, nur zu fragen, was Rechtens ist, und niemals, ob es auch gerecht sei. Man möchte freilich fragen, ob diese Richterpflicht selbst, dieses sacrificium intellectus, diese Blankohingabe der
7 eigenen Persönlichkeit an eine Rechtsordnung, deren künftige Wandlungen man nicht einmal ahnen kann, sittlich möglich ist. Aber wie ungerecht immer das Recht seinem Inhalt nach sich gestalten möge es hat sich gezeigt, daß es einen Zweck stets, schon durch sein Dasein, erfüllt, den der Rechtssicherheit. Der Richter, indem er sich dem Gesetz ohne Rücksicht auf seine Gerechtigkeit dienstbar macht, wird also trotzdem nicht bloß zufälligen Zwecken der Willkür dienstbar. Auch wenn er, weil das Gesetz es so will, aufhört, Diener der Gerechtigkeit zu sein, bleibt er noch immer Diener der Rechtssicherheit.
8 Wir verachten den Pfarrer, der gegen seine Überzeugung predigt, aber wir verehren den Richter, der sich durch sein widerstrebendes Rechtsgefühl in seiner Gesetzestreue nicht beirren läßt; denn das Dogma hat nur als Ausdruck des Glaubens, das Gesetz aber nicht nur als Niederschlag der Gerechtigkeit seinen Wert, sondern auch als Bürgschaft der Rechtssicherheit, und vornehmlich als solches ist es in die Hand des Richters gegeben. (Rechtsphilosophie, Studienausgabe, S. 85.)
9 Problematische Rechtsquellen des deutschen Rechts - Einzelne Urteile? Welche Gerichte? Nur staatliche. Urteile erwachsen in Rechtskraft zwischen den Parteien und können vollstreckt werden. Aber keine Präjudizienwirkung. Selbst wenn BGH entschieden hat, kann der Amtsrichter abweichen. Ausnahme: 31 I, II BVerfGG. - Richterrecht?: gefestigte und dann ständige Rechtsprechung. Jenseits der Rechtskraft inter partes und faktischer Wirkung aber rechtliche Verbindlichkeit erst wenn Gewohnheitsrecht
10 Problematische Rechtsquellen des deutschen Rechts -Allgemeine Grundsätze des Verwaltungsrechts? Werden nicht als Rechtsquelle anerkannt, sondern müssen anders begründet werden, etwa als: Gewohnheitsrecht, Konkretisierung der Verfassung, Anknüfung an gesetzliche Regelungen oder Ableitung aus sog. Rechtsgrundsätzen.
11 Problematische Rechtsquellen des deutschen Rechts -Verwaltungsvorschriften? Innenrecht, nicht Außenrecht. Man unterscheidet Organisations-und Dienstvorschriften; gesetzesauslegende, norminterpretierende, ermessenslenkende und gesetzesvertretende Verwaltungsvorschriften. Ihre Rechtsnatur ist umstritten. Sie hängt davon ab, ob man für Recht unmittelbare Außenwirkung fordert.
12 Problematische Rechtsquellen des deutschen Rechts - Geschäftsordnungen? Regelungen von Kollegialorganen, die nur die Mitglieder betreffen. Anerkennung als Rechtsquelle hängt davon ab, ob man Außenrecht fordert - Sonderverordnungen? Früher für Sonderrechtsverhältnisse wie zu Strafgefangenen. Heute nur als Verordnungen Recht und zulässig.
13 Problematische Rechtsquellen des deutschen Rechts - Verträge? Völkerrechtliche Verträge und arbeitsrechtliche Regelungen wie Gesamtvereinbarungen, Vereinbarungen im Betrieb und Tarifverträge sind Rechtsquellen. Aber was ist mit anderen Verträgen des Privatrechts-und Öffentlichen Rechts? Man kann vertreten, dass sie durch Gewohnheitsrecht oder Regelungen wie 54 S. 1 VwVfG Rechtsquellen werden.
14 II. Sicher keine Rechtsquellen des deutschen Rechts: - rechtswissenschaftliche oder sonstige Literatur - herrschende Meinung - Corpus Iuris Civilis - Billigkeit - Bibel, Koran, Scharia - Meinungen von Politikern - Medienberichte
15 III. Der Vorrang der Rechtsquellen Geltungsvorrang:Vorrang führt zur Nichtigkeit, also Nichtgeltung der nachrangigen Norm, und zwar ohne explizite Ungültigkeits- erklärung durch Gericht oder anderes Organ. Bsp.: verfassungswidriges Gesetz. Anwendungsvorrang: Beide Normen bleiben allgemein bestehen. Nur in der Anwendung in einzelnen Fällen setzt sich die eine gegen die andere durch.
16 Der Vorrang der Rechtsquellen In Deutschland Pluralität der Ebenen: Art. 31 GG: Bundesrecht bricht Landesrecht. Art. 25 S. 2 GG: Allgemeine Regeln des Völkerrechts gehen den Gesetzen vor. Art. 59 II: Ratifizierte Verträge sind Bundesgesetzen gleich
17 Der Vorrang der Rechtsquellen h. M. EU-Rechthat wegen. Art. 24 I, 23 I GG Vorrang vor staatlichem. Aber nur Anwendungsvorrang und wegen 23 I S. 2, 79 III GG beschränkt. Das unabänderliche dt. Verfassungsrecht hat Vorrang, also Art GG. Status von Gewohnheitsrechtfraglich: heute wohl wie Gesetzesrecht.
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